Walser in Triesenberg – von damals bis heute
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Triesenberg</strong><br />
<strong>–</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong>…<br />
Semesterarbeit<br />
Stefan Schädler<br />
schaeds@hilti.com<br />
Dezember 2003
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
1. Inhalt<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Berufsmittelschule SG<br />
Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 1 / 20<br />
1. Inhalt...............................................................................................................................1<br />
2. E<strong>in</strong>führung.....................................................................................................................2<br />
2.1. Vorwort...............................................................................................................2<br />
2.2. Kurzzusammenfassung....................................................................................2<br />
3. Querschnitt <strong>–</strong> Europa im Hochmittelalter...................................................................2<br />
4. Die <strong>Walser</strong>......................................................................................................................3<br />
4.1. Herkunft..............................................................................................................3<br />
4.2. <strong>Walser</strong> Wanderbewegungen und Gebiete......................................................4<br />
4.3. Gründe für die Wanderungen..........................................................................6<br />
4.4. Das <strong>Walser</strong>recht................................................................................................7<br />
4.5. <strong>Walser</strong>kulturgut und Sprache..........................................................................7<br />
5. <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong>...................................................................................................8<br />
5.1. Die Geme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong>..............................................................................8<br />
5.2. Vor der E<strong>in</strong>wanderung der <strong>Walser</strong>..................................................................9<br />
5.3. Besiedlung durch die <strong>Walser</strong>.........................................................................10<br />
5.4. Verlust der <strong>Walser</strong>rechte................................................................................11<br />
5.5. Landwirtschaft <strong>–</strong> Wichtigste Erwerbsquelle ................................................12<br />
5.6. Nomadenleben, Siedlungsform, Bau- und Wirtschaftsweise....................13<br />
5.7. <strong>Walser</strong>tum <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>heute</strong> ...................................................................16<br />
5.8. Chronik.............................................................................................................16<br />
6. <strong>Walser</strong>vere<strong>in</strong>igung......................................................................................................18<br />
7. Konvergenz <strong>–</strong> Deutsche Ostsiedlung.......................................................................18<br />
8. Anhang .........................................................................................................................19<br />
8.1. Bildverzeichnis................................................................................................19<br />
8.2. Bezugsquellennachweis ................................................................................19<br />
8.3. Danksagung.....................................................................................................20
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
2. E<strong>in</strong>führung<br />
2.1. Vorwort<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Berufsmittelschule SG<br />
Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 2 / 20<br />
„Re<strong>in</strong> im Klange, treu im Wort, freie <strong>Walser</strong> immerfort“. Dieser Satz schmückt die<br />
Fahne der Harmoniemusik <strong>Triesenberg</strong>, bei der ich als Aktivmitglied tätig b<strong>in</strong>.<br />
Schon <strong>in</strong> der Primarschule behandelten wir das Thema <strong>Walser</strong> <strong>in</strong>tensiv. Vor e<strong>in</strong>igen<br />
Monaten wurde me<strong>in</strong> Interesse an der Thematik me<strong>in</strong>er Vorfahren durch e<strong>in</strong>en<br />
Vortrag über die <strong>Triesenberg</strong>er <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de erneut geweckt. Naheliegend<br />
war der Entschluss, auch me<strong>in</strong>e Semesterarbeit darüber zu schreiben.<br />
2.2. Kurzzusammenfassung<br />
Die Wurzeln me<strong>in</strong>er Heimatgeme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong> reichen rund 800 Jahre zurück.<br />
<strong>Triesenberg</strong> ist e<strong>in</strong>e der knapp drei Dutzend <strong>Walser</strong>gebieten, die <strong>in</strong> der Schweiz,<br />
Norditalien, Fürstentum Liechtenste<strong>in</strong> und Westösterreich verteilt s<strong>in</strong>d.<br />
<strong>Triesenberg</strong> und Planken s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen <strong>Walser</strong>geme<strong>in</strong>den im Fürstentum<br />
Liechtenste<strong>in</strong>. Erstmals urkundlich erwähnt wurde <strong>Triesenberg</strong> im Jahre 1355. Man<br />
vermutet, dass die <strong>Walser</strong> (e<strong>in</strong>gewanderten „Walliser“) unser Geme<strong>in</strong>degebiet am<br />
Ende des 13. Jahrhunderts dauerhaft besiedelten.<br />
3. Querschnitt <strong>–</strong> Europa im Hochmittelalter<br />
Europa war im Hochmittelalter geprägt durch Bevölkerungsbewegungen, Kriege und<br />
kulturelle Leistungen. Die Landbevölkerung befand sich mehrheitlich <strong>in</strong><br />
wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit <strong>von</strong> adeligen und klerikalen (streng<br />
kirchlich ges<strong>in</strong>nt) Grundbesitzern. In Westeuropa erreichte der Bevölkerungszuwachs<br />
e<strong>in</strong>en Höhepunkt, der sich <strong>in</strong> der Vergrösserung und Neugründung <strong>von</strong> Städten und<br />
<strong>in</strong> der Kolonisierung <strong>bis</strong>her kaum genutzter Flächen niederschlug. Holländer<br />
urbarisierten Niederungen an Weser und Elbe, Flamen und Westfalen kolonisierten <strong>in</strong><br />
der slawischen Landschaft Wagre<strong>in</strong>. Wenig später setzten Wanderungen nach dem<br />
Osten (Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, Lausitz, Schlesien, Polen, Böhmen<br />
usw.) e<strong>in</strong>. In den Alpen wurden die Hochwälder systematisch gerodet.<br />
1176 besiegte der Lombardische Städtebund <strong>in</strong> der Schlacht <strong>von</strong> Legnano den mit<br />
Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) verbündeten norditalienischen Landadel und<br />
verunmöglichte dadurch die Wiederherstellung der Kaisermacht <strong>in</strong> Ober- und<br />
Mittelitalien. Im Konstanzer Frieden <strong>von</strong> 1183 anerkannte Kaiser Friedrich I. die<br />
Selbstverwaltung der lombardischen Städte, diese anerkannten ihrerseits die<br />
kaiserliche Oberhoheit. Die Vorherrschaft der Geme<strong>in</strong>den über den Adel war e<strong>in</strong><br />
Ereignis, das bei der <strong>Walser</strong> Ansiedlung <strong>von</strong> Bedeutung werden sollte. In<br />
Deutschland kämpften Städte wie Augsburg, Strassburg und Worms gegen die<br />
Bischofsgewalt, was ihnen den Rang e<strong>in</strong>er unmittelbar dem Kaiser unterstellen<br />
Reichsstadt e<strong>in</strong>brachte.<br />
Universitäten wurden gegründet, darunter jene <strong>von</strong> Montpellier, Siena und Rom. Der<br />
deutsche Philosoph und Naturforscher Albertus Magnus kommentierte und<br />
verbreitete die Werke des Aristoteles; <strong>in</strong> Italien lehrte se<strong>in</strong> Schüler Thomas <strong>von</strong><br />
Aqu<strong>in</strong>, der 1273 die berühmte „Summa theologica“ abfasste. Neue Klöster und Orden<br />
entstanden, <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z und Rom wurden die Kaiserdome fertig gestellt, <strong>in</strong> Frankreich<br />
entstanden die Kathedralen <strong>von</strong> Poitiers, Chartres und Reims und <strong>in</strong> Italien begann<br />
man mit dem Bau der Dome <strong>von</strong> Cremona, Ferrara und Siena. Ende des 12.<br />
Jahrhunderts schrieb der Franzose Chrétien de Troyes die berühmte Verserzählung
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
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Parzival, <strong>in</strong> Deutschland brachte Neidhart <strong>von</strong> Reuenthal das dörfliche Milieu <strong>in</strong> die<br />
ritterliche Dichtung e<strong>in</strong>, während Ulrich <strong>von</strong> Liechtenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lehrgedicht das<br />
Verschw<strong>in</strong>den der ritterlichen Sitten beklagte und 1265 wurde <strong>in</strong> Italien der grosse<br />
Dichter Dante Alighieri geboren.<br />
Für die Landwirtschaft brachte das Hochmittelalter e<strong>in</strong>e Verbesserung der<br />
Anbaumethoden und der landwirtschaftlichen Geräte. Bessere Pflüge und<br />
zweckmässiges Zuggeschirr erleichterten die Bearbeitung des Bodens,<br />
Verbesserungen an Sichel und Sense ermöglichten e<strong>in</strong> schnelleres Arbeiten. Im 13.<br />
Jahrhundert bereitete sich im Alpenraum die Grossviehhaltung verstärkt aus, was die<br />
Intensivierung der Alpwirtschaft und den Bau neuer Wege auf die Alpen nach sich<br />
zog. Bergbau und Handwerk erfuhren e<strong>in</strong>en Aufschwung. Die Kreuzfahrer brachten<br />
aus dem Orient Buchweizen, Mais, Reis, Pfeffer, Zitrone und Aprikose, ferner Stoff,<br />
Kleidung, Möbel, Spielkarten und die Technik der Glas- und Seidenherstellung nach<br />
Europa. Brügge, Gent und Löwen kristallisierten sich zu Messezentren der<br />
Tuch<strong>in</strong>dustrie heraus, <strong>in</strong> Deutschland und <strong>in</strong> Italien entstanden erste<br />
Seidenwebereien. Daraus resultierte e<strong>in</strong>e Zunahme des Transportwesens. Als die<br />
Städte Venedig, Pisa und Genua Konstant<strong>in</strong>opel als Handelsort verdrängten, nahm<br />
der Passverkehr über den Alpenkamm zu. An Transitorten wandte sich die ansässige<br />
Bevölkerung dem Säumerwesen zu, gleichzeitig fasste das Handwerk Fuss, wo<strong>von</strong><br />
die <strong>Walser</strong> oft profitieren konnten. Dass das Hochmittelalter aber auch e<strong>in</strong>e Zeit der<br />
Kriege, Fehden und Solddienste war, das bekamen die Söldner aus dem Wallis wie<br />
die <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> Graubünden zu spüren.<br />
Nach dem Tod Friedrich II. im Jahr 1250 war die Blütezeit des mittelalterlichen<br />
Kaisertums zu Ende. Das Haus Habsburg betrat die europäische Bühne. 1291<br />
schlossen sich die Eidgenossen <strong>in</strong> der Zentralschweiz zu e<strong>in</strong>em Bund gegen die<br />
habsburgische Herrschaft zusammen, der die Bündner <strong>Walser</strong> im Laufe der<br />
Geschichte wiederholt ausgeliefert waren.<br />
4. Die <strong>Walser</strong><br />
4.1. Herkunft<br />
Um 500 n. Chr. s<strong>in</strong>d die Alemannen endgültig über den Rhe<strong>in</strong> <strong>in</strong> das <strong>von</strong> den Römern<br />
verlassene Gebiet Helvetiens und des nordöstlichen Rätiens e<strong>in</strong>gewandert. Vorher<br />
werden schon e<strong>in</strong>zelne Übergriffe stattgefunden haben. Vermutlich waren dies ke<strong>in</strong>e<br />
ausgesprochenen Krieger gewesen, vielmehr dürften diese Leute gewaltlos neues<br />
Land gesucht haben. Es erfolgten Kolonistenschübe, die sicher auch <strong>von</strong><br />
Grundherren gelenkt worden waren. Damit breiteten sich die germanisch-deutschen<br />
Siedler vom Mittelland her <strong>bis</strong> <strong>in</strong> die Alpentäler h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> aus und damit besteht im<br />
wesentlichen die Kulturlandschaft der deutschen Schweiz.<br />
Im 8./9. Jh. gelangten alemannische Siedler über die Alpen an den Oberlauf der<br />
Rhone. Das ist das Gebiet des heutigen deutschen Wallis. Hier kann man den<br />
Ausgangspunkt der Wanderungen sehen.<br />
Seit dem 12. Jh. ist nun e<strong>in</strong> starker Wanderungsdrang der Walliser Siedler zu<br />
erkennen. Die genauen Vorgänge dieser Wanderungsbewegungen s<strong>in</strong>d nicht mit<br />
Sicherheit nachzuzeichnen, denn geschichtliche Materialien aus dieser Zeit s<strong>in</strong>d<br />
kaum vorhanden. Jedoch bilden Sprachrelikte, Flurnamen und Volksüberlieferungen<br />
auch brauchbare Mittel, um den Vorgang zu erhellen.
Semesterarbeit Geschichte<br />
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4.2. <strong>Walser</strong> Wanderbewegungen und Gebiete<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Grafik: Die Wanderungen der <strong>Walser</strong><br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 4 / 20<br />
Im 13. Jahrhundert bewegten sich die Walliser über die Walliser Alpen <strong>in</strong> die<br />
italienischen Südtäler und bildeten dort die Grundlage für die noch <strong>heute</strong> vere<strong>in</strong>zelt<br />
anzutreffenden walserdeutschen Sprachgeme<strong>in</strong>schaften. Diese Täler waren häufig<br />
nur mit grösster Mühe zu erreichen. Familie und Habe mussten über grosse Höhen<br />
und auch Gletscher bewegt werden (Theodulpass, 3317m). Dass die deutschen<br />
Walliser nicht die ersten Bewohner dieser Täler waren, auch nicht <strong>in</strong> den höheren<br />
Regionen, lässt sich an den zahlreichen romanischen Örtlichkeitsnamen ablesen. Mit<br />
der Zeit können dann Veränderungen <strong>in</strong> der Sprachherrschaft stattgefunden haben.<br />
Erst überwog mit den neu zugezogenen Deutschen deren Sprache, dann stellte sich<br />
wieder die romanische e<strong>in</strong>.<br />
Es fand auch e<strong>in</strong>e Bewegung „zurück“ statt, als sich Volksteile nach Norden <strong>in</strong> den<br />
Aarerraum ausbreiteten. So gibt es Belege für Leute aus dem Lötschental, die diesen<br />
Weg genommen haben. Hier können dann auch wieder Familiennamen bei der<br />
Suche nach der Herkunft der Siedler helfen, wenn im Berner Oberland der Name<br />
Lötscher auftaucht, dann liegt hier mit grosser Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong> Herkunftsname<br />
vor, der dem Siedler nach se<strong>in</strong>er Herkunft verliehen wurde. Der weiteste nördliche<br />
Vorstoss dürfte der <strong>bis</strong> nach Oberbalm im Schwarzenburgerland se<strong>in</strong>. Auch hier wird<br />
im Jahre 1423 e<strong>in</strong> Hensli Wallaszer erwähnt. Wie lange <strong>Walser</strong> hier schon ansässig<br />
s<strong>in</strong>d ist jedoch nicht geklärt. Vere<strong>in</strong>zelt s<strong>in</strong>d auch H<strong>in</strong>weise auf <strong>Walser</strong> auf den<br />
Jurahöhen zu f<strong>in</strong>den. Direkte Spuren liegen kaum noch vor, auch hier als Relikt der<br />
Familienname <strong>Walser</strong>.<br />
Etwas klarer zu fassen ist die Ostwanderung der <strong>Walser</strong> nach Rätien. Diese<br />
Bewegung erfolgte <strong>in</strong> mehreren Schüben. Das Kle<strong>in</strong>e <strong>Walser</strong>tal an der deutschösterreichischen<br />
Grenze ist das östlichste Gebiet. Die erste Bewegung über den<br />
Furkapass und den Oberalppass wird um die Wende des 12. Jh. begonnen haben. Im<br />
14. Jh. dürfte der obere Abschnitt des Rhe<strong>in</strong>tals bereits deutsch-walserisch gewesen
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<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 5 / 20<br />
se<strong>in</strong>. Doch auch hier kehrten sich die Verhältnisse wieder um und ab dem 18. Jh.<br />
herrschten hier wieder romanische Gepflogenheiten vor (Sprache, Geme<strong>in</strong>deplanung,<br />
dörfliche konzentrierte Siedlungsweise). Weiter rhe<strong>in</strong>abwärts bildete sich ebenfalls<br />
schon früh (1213) die Kolonie Obersaxen. Weiter breiteten sich die <strong>Walser</strong> <strong>in</strong>s<br />
Calfeisental (1346) und <strong>in</strong>s Weisstannental aus.<br />
E<strong>in</strong>en anderen Weg nahmen die Siedler, die dann die Stammkolonie im Rhe<strong>in</strong>wald<br />
bildeten. Sie waren wohl über Domodossola gekommen. Von den Ansiedlungen des<br />
H<strong>in</strong>terrhe<strong>in</strong>s ausgehend bildeten sich <strong>in</strong> den umliegenden Tälern weitere Kolonien<br />
aus (Safiental).<br />
Die nächste wichtige Gruppe der <strong>Walser</strong> bildete sich um Davos. E<strong>in</strong> Brief <strong>von</strong> 1289<br />
belegt, wie e<strong>in</strong>em „Wilhelm, dem ammen und s<strong>in</strong>en gesellen … daz guot ze Tavaus<br />
ze rechtem lehen“ verliehen wird. Vor diesem Erbleihvertrag s<strong>in</strong>d sicher schon<br />
Walliser aus eigenem Antrieb hier hergekommen und haben sich angesiedelt. Die<br />
Davoser Gruppe breitete sich stark aus. Im Westen <strong>bis</strong> Arosa, im Süden <strong>bis</strong><br />
Monste<strong>in</strong>, im Osten <strong>bis</strong> Dischma und im Norden <strong>bis</strong> nach Klosters und <strong>in</strong>s Prättigau<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. 1355 wird <strong>Triesenberg</strong> erstmals urkundlich erwähnt. Sie sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> gewissem<br />
Zusammenhang zu stehen mit den Davosern.<br />
In Vorarlberg treten ungefähr zur selben Zeit <strong>Walser</strong> auf. Sie können aus den ersten<br />
Nachkommen anderer Kolonien bestanden haben oder es erfolgte e<strong>in</strong> Zuzug aus<br />
dem Rhonetal. Sie bewegten sich <strong>in</strong>s Grosse <strong>Walser</strong>tal h<strong>in</strong>über. Zum Lech h<strong>in</strong> bildete<br />
sich e<strong>in</strong> Kernbereich Tannberg <strong>von</strong> dem aus Kolonisten <strong>in</strong>s Kle<strong>in</strong>e <strong>Walser</strong>tal gelangt<br />
se<strong>in</strong> dürften.<br />
Ausser diesen grösseren Stationen fanden sich aber auch sonst <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> Gruppen<br />
oder vere<strong>in</strong>zelt zerstreut auf den Höhen Vorarlbergs.<br />
Grafik: Ausbreitung der <strong>Walser</strong>gebiete<br />
Somit haben die <strong>Walser</strong> ausgehend <strong>von</strong> ihrer Heimat im Rhonetal über 200 km<br />
zurückgelegt. Die Spanne zwischen den östlichen und westlichen Siedlern beträgt<br />
nahezu 300 km. Die Wanderbewegung, die dieser Ausbreitung zugrunde liegt, darf<br />
nun nicht als e<strong>in</strong>e grosse „Völkerwanderung“ betrachtet werden. Vielmehr muss man<br />
hier e<strong>in</strong> Neben- und Nache<strong>in</strong>ander <strong>von</strong> Auszügen aus der Heimat annehmen.
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
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Grafik: <strong>Walser</strong>siedlungen <strong>in</strong> der Schweiz, Italien, Liechtenste<strong>in</strong> und Österreich<br />
4.3. Gründe für die Wanderungen<br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 6 / 20<br />
Bis <strong>heute</strong> kann nicht mit Sicherheit e<strong>in</strong> Hauptgrund genannt werden, der zur<br />
Wanderung der <strong>Walser</strong> geführt hat. Man vermutet, dass das Zusammenwirken<br />
verschiedenster Faktoren und e<strong>in</strong> wohl nicht nachprüfbarer „Wandertrieb“ der <strong>Walser</strong><br />
die Auslöser für die Auswanderung gewesen s<strong>in</strong>d.<br />
Die Faktoren können <strong>in</strong> zwei Gruppen gegliedert werden, die Push- und die Pull-<br />
Faktoren, wobei <strong>in</strong> der Situation der <strong>Walser</strong>, die Pull-Faktoren wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
entscheidender gewesen s<strong>in</strong>d.<br />
4.3.1. Push-Faktoren<br />
� Überbevölkerung des Wallis<br />
Es ist schwer zu sagen, wie die Tragfähigkeit des Wallis zur damaligen Zeit zu<br />
quantifizieren ist. Hohe K<strong>in</strong>derzahlen könnten zur Überbevölkerung geführt haben.<br />
� Klimaverschlechterung<br />
Zunehmende Trockenheit könnte Rückgänge der Erträge <strong>in</strong> der Landwirtschaft<br />
hervorgerufen und die angestiegene Bevölkerung zur Abwanderung gezwungen<br />
haben.<br />
� Naturkatastrophen<br />
Bergstürze, Law<strong>in</strong>en und Überschwemmungen der Rhone könnten mite<strong>in</strong>gewirkt<br />
haben.<br />
4.3.2. Pull-Faktoren<br />
� Rechtliche und sozialpolitische Gründe<br />
Die Gewährung <strong>von</strong> Sonderrechten bzw. Vergünstigungen durch die an der<br />
Kolonisation beteiligten Herrschaften. In diesem Fall kam es zu e<strong>in</strong>er
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<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 7 / 20<br />
Interessenkongruenz der Herren und der potentiellen Siedler. Mehr zu diesem Thema<br />
im Folgekapitel „Das <strong>Walser</strong>recht“.<br />
4.4. Das <strong>Walser</strong>recht<br />
„Wo immer <strong>in</strong> jener Zeit auf der Grundlage der Feiwilligkeit durch Rodung der Wälder,<br />
durch Trockenlegung <strong>von</strong> Sümpfen, durch Abdeichung <strong>von</strong> Land gegen die Fluten<br />
des Meeres, durch mühsame und entbehrungsreiche Arbeit neues Kulturland<br />
gewonnen, neue wertvolle Kulturen und Bauwerke geschaffen wurden, s<strong>in</strong>d diese<br />
Leistungen durch die Gewährung <strong>von</strong> Freiheit und Nutzungseigentum ermöglicht und<br />
belohnt worden. So war es im Norden und Osten Deutschlands, so war es <strong>in</strong><br />
Frankreich und Italien, so war es im schweizerischen Berg- und Waldgebiet…“,<br />
schreibt Peter Liver <strong>in</strong> der Abhandlung „Ist <strong>Walser</strong>recht Walliserrecht?“ (1943/1970).<br />
Das <strong>Walser</strong>recht entsprach dem mittelalterlichen europäischen Kolonistenrecht. Die<br />
<strong>in</strong> ihrer Heimat weniger freien Walliser ermutigte dieses bessere Recht abzuwandern<br />
und im Alpenraum neue Heimstätten zu gründen.<br />
Es kam zu e<strong>in</strong>er Interessenkongruenz der Herren und der Siedler. Durch die<br />
Urbarmachung <strong>von</strong> <strong>bis</strong>her ungenutzter Areale entstanden für die Herren beträchtliche<br />
Vorteile, da sie für verbessertes Land zusätzlichen Z<strong>in</strong>s verlangen konnten. Die<br />
Siedler führte die Auswanderung zur Freiheit. Folgende Punkte umfasste das<br />
<strong>Walser</strong>recht: Persönliche Freiheit, Freie Erbleihe und die Selbstverwaltung der<br />
Geme<strong>in</strong>de. Ausserdem genossen die <strong>Walser</strong> e<strong>in</strong> freies Abzugsrecht, vertraglich als<br />
„Zugrecht“ genannt.<br />
Die <strong>Walser</strong> hatten für ihre Herren Kriegsdienste zu leisten und mussten e<strong>in</strong>en<br />
unveränderbaren jährlichen Z<strong>in</strong>s entrichten. Die <strong>Walser</strong> bewirtschafteten ihre Güter<br />
als freie Erblehen. Das auf unbeschränkte Zeit verliehene Gut g<strong>in</strong>g, sofern die daran<br />
geknüpften Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt wurden, nach dem Tod des Belehnten an dessen<br />
„rechten Erben“ über, seien diese Söhne oder Töchter. In den Belehnungsbriefen <strong>von</strong><br />
Damüls und der Ugenalpe im Vorarlberg heisst es dazu „den ersamen leuten… und<br />
iren erben, es seyend sön oder tochtera“. Der Z<strong>in</strong>s konnte aus Naturalien bestehen.<br />
Die bereits im Davoser Vertrag erwähnte Möglichkeit, den Z<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> Geld zu<br />
entrichten, wurde im Spätmittelalter immer üblicher und markierte den Übergang <strong>von</strong><br />
der Tausch- zur Geldwirtschaft. Ganz unterschiedliche Bestimmungen galten bei<br />
Z<strong>in</strong>sversäumnissen. Im Extremfall fiel das Lehen bei Ausbleiben des Z<strong>in</strong>ses bereits<br />
am Tag nach dem Z<strong>in</strong>sterm<strong>in</strong> an den Lehensherrn zurück, <strong>in</strong> der Regel jedoch wurde<br />
e<strong>in</strong> Z<strong>in</strong>saufschub gewährt.<br />
Nach <strong>Walser</strong>recht war es auch möglich, dass der Inhaber e<strong>in</strong>es Erblehens dieses<br />
bzw. dessen Nutzungsrecht verkaufen und verpfänden konnte, wobei der Grundherr<br />
sich das Vorkaufsrecht vorbehalten liess.<br />
Die freie Erbleihe war anfänglich für beide Kontrahenten e<strong>in</strong>e günstige Vere<strong>in</strong>barung.<br />
Den Lehensnehmer schützte sie vor willkürlichen Abgabenerhöhungen, für den Herrn<br />
resultierte daraus e<strong>in</strong>e feste Grundrente. Mit der zunehmenden Geldentwertung<br />
(Inflation) verschob sich das Verhältnis mehr und mehr zu Gunsten der <strong>Walser</strong>.<br />
4.5. <strong>Walser</strong>kulturgut und Sprache<br />
Das bedeutendste geme<strong>in</strong>same Merkmal der <strong>Walser</strong> ist ihre Sprache. Sprachforscher<br />
Prof. Paul Z<strong>in</strong>sli (1906-2001) bezeichnete die <strong>Walser</strong>sprache als echtes <strong>Walser</strong>erbe<br />
und als geme<strong>in</strong>sames Gut, das alle <strong>von</strong> den hochmittelalterlichen Auswanderern<br />
gegründeten Kolonien umschliesst und sie noch <strong>heute</strong> mit dem Mutterland an der
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 8 / 20<br />
Rhone verb<strong>in</strong>det. Hans Kreis schreibt treffend: „E<strong>in</strong> köstliches Gut, haben se<strong>in</strong>erzeit<br />
die <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> ihre Aussenorte mitgenommen, das ihnen nicht geraubt werden konnte<br />
und unverlierbar war, sofern sie es nicht selbst preisgaben, ihre Sprache. Bis auf den<br />
heutigen Tag verrät sie ihre geme<strong>in</strong>same Abstammung und lässt sie als <strong>Walser</strong><br />
erkennen, wo direkte urkundliche Beweise für ihre Herkunft aus dem Wallis fehlen.<br />
Und wo nach Jahrhunderten die Tradition erlosch, vermochte die Sprachforschung<br />
ihnen auf Grund ihres Idioms den verloren gegangenen Heimatsche<strong>in</strong> zu erneuern.<br />
Denn die Sprache der <strong>Walser</strong> ist, wie könnte es auch anders se<strong>in</strong>, im Grunde die<br />
Sprache der Deutschwalliser…“<br />
E<strong>in</strong>ige Eigenheiten unserer Sprache:<br />
� „k“ wird am Wortanfang als „ch“ ausgesprochen<br />
Ch<strong>in</strong>d (K<strong>in</strong>d), Chilcha (Kirche), Chemi (Kam<strong>in</strong>)<br />
� Im Wort<strong>in</strong>laut wird nach „n“ das „k“ als „ch“ ausgesprochen<br />
tr<strong>in</strong>cha (tr<strong>in</strong>ken), dencha (denken), dancha (danken)<br />
� sch-Laut für „s“<br />
böösch (böse), ünsch (uns), schi (sie), Müüsch (Mäuse)<br />
� Verkle<strong>in</strong>erungsformen ti, li, i (auch Flurnamen)<br />
Rütelti, Eggalti, Nasi (Näschen), Hasi (Häschen)<br />
� Grammatikalische Eigenheit: prädikative Übere<strong>in</strong>stimmung des Adjektivs<br />
mit dem Subjekt<br />
Dr Ätti ischd chrancha. D Mamma ischd chränchi. Ds Meiti ischd chranchs.<br />
5. <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong><br />
5.1. Die Geme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong><br />
<strong>Triesenberg</strong> ist die höchstgelegene (700 <strong>bis</strong> 2000 m ü. M) und flächenmässig grösste<br />
Geme<strong>in</strong>de im Fürstentum Liechtenste<strong>in</strong>. Heute zählen wir rund 2700 wohnhafte<br />
Personen. Die E<strong>in</strong>heimischen stehen selbstbewusst zu ihrer <strong>Walser</strong>-Herkunft und<br />
sprechen <strong>heute</strong> noch e<strong>in</strong>en gut erhaltenen, kernigen <strong>Walser</strong>-Dialekt. Durch diesen<br />
hebt sich <strong>Triesenberg</strong> als Geme<strong>in</strong>de eigener Prägung <strong>von</strong> den anderen<br />
Liechtenste<strong>in</strong>er Talgeme<strong>in</strong>den ab.
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Karte: Liechtenste<strong>in</strong>er Oberland mit <strong>Triesenberg</strong> und Malbun<br />
5.2. Vor der E<strong>in</strong>wanderung der <strong>Walser</strong><br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 9 / 20<br />
Verschiedene Funde beweisen, dass sich schon <strong>in</strong> prähistorischer Zeit Menschen <strong>in</strong><br />
unseren Regionen aufhielten. Die Funde stammen aus der Bronzezeit (2000-750 v.<br />
Chr.) und der späten Eisenzeit (450-15 v. Chr.). Im Jahre 15 v. Chr. eroberten die<br />
Römer Rätien. Während der 400-jährigen Herrschaft der Römer nahmen die Räter<br />
deren Sprache an. Aus dieser Zeit stammen romanische Orts- und Flurnamen wie<br />
Gufl<strong>in</strong>a, Runggel<strong>in</strong>a, Lavad<strong>in</strong>a, Stav<strong>in</strong>iel, Malbun usw. Diese weisen auf e<strong>in</strong>e<br />
vorwalserische Nutzung des Gebietes h<strong>in</strong>. Ausgewählte Punkte des heutigen<br />
Geme<strong>in</strong>degebietes sche<strong>in</strong>en also schon sehr früh, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den<br />
Sommermonaten, besiedelt und bewirtschaftet gewesen zu se<strong>in</strong>. Mit dem Zerfall des<br />
römischen Reiches drangen die Alemannen <strong>von</strong> Norden her nach Rätien vor. Damit<br />
begann die allmähliche Verdrängung der rätoromanischen Sprache durch die<br />
deutsche. Dieser Vorgang war <strong>in</strong> unserer Gegend etwa zur Zeit der<br />
<strong>Walser</strong>e<strong>in</strong>wanderung abgeschlossen.
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Bild: Eisenaxt aus Malbun, 600 v. Chr.<br />
Bild: Speerspitze <strong>von</strong> der Alpe Sücka, 1200 v. Chr.<br />
5.3. Besiedlung durch die <strong>Walser</strong><br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 10 / 20<br />
„Die Liechtenste<strong>in</strong>er und Vorarlberger <strong>Walser</strong> waren wohl e<strong>in</strong>e eigene<br />
Kolonistengruppe, die zusammen mit den Bündner <strong>Walser</strong>n der sogenannten<br />
Davoser Gruppe aus dem unteren Teil des deutschen Oberwallis, aus dem Gebiet<br />
unterhalb <strong>von</strong> Brig, wenn nicht gar aus den <strong>von</strong> dort aus verdeutschten<br />
(alemannisierten) Monte-Rosa-Tälern, gekommen s<strong>in</strong>d,“ erklärte der Dialektforscher<br />
Eugen Gabriel zu diesem Thema. Lange Zeit nahm man an, dass <strong>Triesenberg</strong> se<strong>in</strong>e<br />
deutschsprachige Bevölkerung direkt aus dem Wallis erhielt. Jedoch vor allem<br />
sprachliche Merkmale legen den Schluss nahe, dass die Bevölkerung aus Davos<br />
oder dem Prättigau stammt.<br />
Klangvolle Flurnamen wie Gaflei, Profatscheng Silum, Masescha, Lavad<strong>in</strong>a und<br />
Malbun er<strong>in</strong>nern daran, dass e<strong>in</strong>ige Gebiete <strong>von</strong> <strong>Triesenberg</strong> schon vor der <strong>Walser</strong><br />
E<strong>in</strong>wanderung <strong>von</strong> Romanen genutzt, wenn nicht bewohnt wurde. Die <strong>Walser</strong>
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Seite: 11 / 20<br />
erweiterten den Flurnamenschatz um alemannische Bezeichnungen wie Steg, Gufer,<br />
Litze, Wangerbärg, Ste<strong>in</strong>ord, Rotaboda.<br />
Grundherren der <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> waren die Grafen <strong>von</strong> Werdenberg. Das Land<br />
wurde den Neusiedlern <strong>in</strong> Form der freien Erbleihe <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem freien<br />
Abzugsrecht überlassen. Dazu hatten die <strong>Walser</strong> <strong>von</strong> <strong>Triesenberg</strong> das Recht, Strafen<br />
und Bussen nach ihren Gewohnheiten festzusetzen. Sie besassen also die niedere<br />
Gerichtsbarkeit. Die erste Wohnsiedlung der <strong>Walser</strong> entstand auf der Terrasse <strong>von</strong><br />
Masescha (1250m), wo sie bald schon die dem <strong>Walser</strong>heiligen Theodul geweihte<br />
Kapelle errichteten.<br />
Die <strong>Walser</strong> s<strong>in</strong>d erstmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>–</strong> allerd<strong>in</strong>gs nur mehr als Abschrift aus dem Jahr<br />
1625 erhaltenen - Schiedsspruch des gräflichen Ammanns Ulrich <strong>von</strong> der Lachen<br />
vom Jahre 1355 erwähnt.<br />
Urkunde: Erste urkundliche Erwähnung der <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> (1355)<br />
Im Laufe der Jahrhunderte stiessen die <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> tiefere Lagen vor, wo sie e<strong>in</strong>e<br />
Anzahl Höfe selbst unter der 1000-m-Grenze anlegten. Dank dieses<br />
Umsiedlungsprozesses konnten die höheren Lagen <strong>in</strong>tensiver für die Viehwirtschaft<br />
genutzt werden.<br />
5.4. Verlust der <strong>Walser</strong>rechte<br />
Lange vermochten die <strong>Triesenberg</strong>er <strong>Walser</strong> ihre Vorrechte nicht zu behaupten.<br />
Schon im Jahre 1400 war bei Handwechsel des Lehensgutes der Ehrschatz, e<strong>in</strong>e<br />
Handänderungsgebühr, zu bezahlen. Ebenfalls ab 1400 hatten die <strong>Walser</strong> der<br />
Herrschaft den Milchertrag e<strong>in</strong>es Alptages <strong>in</strong> Butter und Käse, den „Vogelmolken“,
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Datum: Dez. 2003<br />
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abzuliefern. 1513, nachdem die Vertreter der vier Dörfer und Genosssamen Schaan,<br />
Vaduz, Triesen und Balzers (ohne <strong>Triesenberg</strong>) vor dem Landesherrn Graf Rudolf<br />
<strong>von</strong> Sulz auf Schloss Vaduz e<strong>in</strong>e neue Steuerordnung verlangt hatten, verordnete der<br />
Graf, die Steuerfreiheit der <strong>Walser</strong> sei fallen zu lassen. Diese Steuerfreiheit hatte <strong>in</strong><br />
der Tat dazu geführt, dass die <strong>Walser</strong> ihre Vermögen stets vermehren konnten,<br />
während die der übrigen Bevölkerung aufgebürdete Steuerlast, bed<strong>in</strong>gt durch die<br />
Konzentration des Bodens <strong>in</strong> den Händen der <strong>Walser</strong>, immer drückender wurde. Ab<br />
1600 hatten die <strong>Triesenberg</strong>er die Fastnachtshenne abzuliefern, das Symbol der<br />
Leibeigenschaft schlechth<strong>in</strong>. Mit dem Übergang an die Grafen <strong>von</strong> Hohenems war es<br />
um die freien <strong>Walser</strong> endgültig geschehen. Im Urbar <strong>von</strong> 1618 heisst es: „E<strong>in</strong> jeder,<br />
der <strong>in</strong> dieser Grafschaft hausheblich wohnt, der ist oder wirdt der Herrschaft<br />
Leibaigen, darunder auch die Trisnerberger, so sich freie walser nennen, <strong>in</strong><br />
Leibaigenschaft ergeben, dargegen man Ihnen die geme<strong>in</strong>dtsrecht wie anderen<br />
underthanen ertheilt.“ Als das Fürstentum Liechtenste<strong>in</strong> im Jahre 1806 dem<br />
Rhe<strong>in</strong>bund beitrat, wurde die Leibeigenschaft im Lande bald aufgehoben (1808), die<br />
Fastnachtshenne aber flatterte noch <strong>bis</strong> 1865 <strong>in</strong> den Kochtopf der Herrschaft.<br />
5.5. Landwirtschaft <strong>–</strong> Wichtigste Erwerbsquelle<br />
Bis zu Beg<strong>in</strong>n des Zweiten Weltkriegs waren die <strong>Triesenberg</strong>er fast ausschliesslich<br />
Bergbauern. Die Landwirtschaft, im besonderen die Viehzucht, war fast die e<strong>in</strong>zige,<br />
auf jeden Fall aber die wichtigste Erwerbsquelle unserer Vorfahren. Die Bauern<br />
waren daher bestrebt, den raren Boden möglichst rationell zu nutzen.<br />
Fast dreissig Prozent der Bodenfläche unseres Landes entfallen auf das Alpengebiet,<br />
aber nur die sechs Oberländer Geme<strong>in</strong>den haben Alpen im Lande selbst. Die<br />
Unterländer Geme<strong>in</strong>den besitzen Alpen im benachbarten Vorarlberg. Die<br />
<strong>Triesenberg</strong>er <strong>Walser</strong> zeigten sich als rührige Kolonisten und tüchtige Alpwirte mit<br />
regem Geme<strong>in</strong>schaftss<strong>in</strong>n. Sie erwarben nach und nach e<strong>in</strong>e ganze Reihe schöner<br />
Alpen. Die Geme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong> verfügt über den grössten Alpbesitz.<br />
In der Feudalzeit waren die Alpen noch im Besitze der Landesherren (Graf der alten<br />
Herrschaft Vaduz). Diese gaben sie an die Geme<strong>in</strong>den oder an e<strong>in</strong>zelne<br />
Privatgenossenschaften zu Lehen. Später g<strong>in</strong>gen sie allmählich <strong>in</strong> den Besitz der<br />
Geme<strong>in</strong>den oder der Lehensleute über. Schon im Jahre 1562 legten die <strong>Walser</strong> ihre<br />
Alpen, die Privatkorporationen gehörten, zusammen und nutzten sie als<br />
Geme<strong>in</strong>dealpen. Auf den Geme<strong>in</strong>dealpen haben alle Bürger Alprecht. Die drei<br />
Maiensässalpen Silum, Grosssteg und Kle<strong>in</strong>steg h<strong>in</strong>gegen blieben <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
Alpgenossenschaften. Dort haben die Alpgenossen unterschiedlich viele Anteile oder<br />
Weidrechte, die frei veräussert, verkauft oder vererbt werden können.<br />
Auch <strong>in</strong> der Bewirtschaftung blieben die <strong>Walser</strong> ihrer Eigenart treu. Bis 1888 wurde<br />
auf ihren Alpen ausschliesslich E<strong>in</strong>zelsennerei betrieben. Jeder Bauer besorgte se<strong>in</strong><br />
Vieh nicht nur im Maiensäss, sondern auch auf der Hochalpe selbst. Er war se<strong>in</strong><br />
eigener Hirte und se<strong>in</strong> eigener Senn. Allen Bürgern, die e<strong>in</strong>en eigenen Viehbestand<br />
hatten, wurde vom Alpausschuss das Recht zum Viehauftrieb auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Alpe zugewiesen. Die Alpen der Geme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong> zählten im Jahre 1879 noch<br />
252 Alpwirtschaftsgebäude. Die E<strong>in</strong>zelsennerei erforderte zudem e<strong>in</strong>en sehr grossen<br />
Aufwand an Personal und Zeit. E<strong>in</strong>zelne Alpen s<strong>in</strong>d drei Stunden weit vom Heimgut<br />
entfernt. Täglich musste der lange Weg h<strong>in</strong> und zurück unter die Füsse genommen<br />
werden.
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
5.6. Nomadenleben, Siedlungsform, Bau- und Wirtschaftsweise<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Der Jahresablauf des <strong>Walser</strong> Bauern war vor allem geprägt durch den Viehauftrieb<br />
und <strong>–</strong>abtrieb zwischen Heimgut, Stallgütern, Maiensäss und Alpe sowie die<br />
Heuernten <strong>in</strong> den verschiedenen Lagen.<br />
Anfangs Juni bezog man die Maiensässe. Nach ungefähr drei Wochen wurde das<br />
Vieh auf die höher gelegenen Alpen getrieben. Um den 7. <strong>bis</strong> 9. September kehrten<br />
die Tiere auf die Maiensässe zurück. Dann wurden sie zu den Gütern im Dorfgebiet<br />
getrieben, um dort die Wiesen abzuweiden.<br />
Nach Allerheiligen kam das Vieh auf die höchstgelegenen Stallgüter. Nun zog man<br />
<strong>von</strong> Gut zu Gut, um das im Sommer gewonnene Heu zu verfüttern.<br />
Bild: Malbun<br />
Wer im Malbun Besitz hatte, fütterte dort <strong>von</strong> Allerheiligen <strong>bis</strong> vor Weihnachten.<br />
Länger zu bleiben hätte niemand gewagt. Oftmals soll es vorgekommen se<strong>in</strong>, dass<br />
die ganze männliche Bevölkerung der Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> den Tagen vor Weihnachten<br />
e<strong>in</strong>en Weg durch den Schnee schaufelte, um den Malbunern mit ihrem Vieh die<br />
Rückkehr zu ihrem Heimgut zu ermöglichen. E<strong>in</strong>e mühsame Angelegenheit, wenn<br />
man bedenkt, dass der Weg <strong>damals</strong> noch über den Kulm führte. Bis zum Heiligen<br />
Abend mussten alle Bauern das Malbun verlassen haben. Danach gehörte das<br />
Malbuntal <strong>bis</strong> zum Frühjahr den Geistern. Hätte es e<strong>in</strong> Bauer gewagt, länger zu<br />
bleiben, so hätte ihm niemand mehr Hilfe geboten.
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
Bild: Steg<br />
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Erst 1867 wurde der Kulmtunnel und die erste Strasse <strong>bis</strong> zum Steg gebaut. Bis 1947<br />
war die schmale Strasse über den Kulm der e<strong>in</strong>zige befahrbare Zugang <strong>in</strong> das<br />
Alpengebiet.<br />
Für die <strong>Walser</strong>siedlung charakteristisch war früher die Trennung <strong>von</strong> Haus und Stall.<br />
Der Stall stand stets <strong>in</strong> e<strong>in</strong>iger Entfernung vom Wohngebäude. Dabei bestand kaum<br />
Gefahr, dass bei e<strong>in</strong>em Brand die ganze Habe vernichtet wurde.<br />
Die Häuser wurden vorwiegend <strong>in</strong> Holzbauweise erstellt. Der Kellerstock und<br />
gewöhnlich auch der bergwärts gelegene Teil des Hauses, <strong>in</strong>sbesondere der<br />
Küchenteil, waren gemauert. Ursprünglich waren die Häuser wohl allgeme<strong>in</strong> aus<br />
Rundholz gebaut. Die Fugen waren mit Moos verstopft. Später wurden die<br />
Hauswände mit nach der Schnur „Schwerzischnuar“ behauenen oder gesägten<br />
Balken „gestrickt“. Das Haus wurde mit e<strong>in</strong>em Sch<strong>in</strong>deldach (früher „Schwardach“,<br />
mit Ste<strong>in</strong>en beschwert, später „Nageldach“) gedeckt.<br />
Bild: Mit 400 Jahren <strong>heute</strong> e<strong>in</strong>es der ältesten Häuser am <strong>Triesenberg</strong>
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Erw<strong>in</strong> Poeschel erwähnt das Haus Nr. 48, das <strong>heute</strong> unter Denkmalschutz steht und<br />
fachgerecht renoviert wurde, als typisches <strong>Triesenberg</strong>er Haus. Der Grundriss mit<br />
Vorhaus, Küche, Stube und Nebenkammer und bergwärts angebautem Schopf<br />
entspricht der <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> früher allgeme<strong>in</strong> üblichen E<strong>in</strong>teilung. In <strong>Triesenberg</strong><br />
schauen die Häuser <strong>in</strong> der Regel mit der Giebelseite gegen das Tal. Diese Bauweise<br />
konnte erfreulicherweise <strong>bis</strong> <strong>heute</strong> erhalten werden.<br />
Neben dem Heimstall besassen die <strong>Triesenberg</strong>er Bauern noch viele Stallgüter. Die<br />
Stallgüter lieferten jeweils nur für e<strong>in</strong>e beschränkte Zeit Futter, so dass die Bauern mit<br />
ihrer Viehhabe wie Nomaden <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Stall zum anderen „naahifaahra“ mussten.<br />
Der Bauer g<strong>in</strong>g also mit dem Vieh zum Futter. Heute wird das Futter mit den<br />
Transportfahrzeugen zum Heimstall geführt. Alle Ställe waren <strong>von</strong> ähnlicher Bauart.<br />
Auf e<strong>in</strong>em Ste<strong>in</strong>fundament ruht der Blockbau, nicht abgedichtet, damit die Luft<br />
durchstreichen kann und das Heu gut austrocknet. Von der Talseite aus geht die Türe<br />
<strong>in</strong> den Viehstall. Folgend der Grundriss e<strong>in</strong>er Alphütte im Grosssteg.<br />
Bild: Grundriss e<strong>in</strong>er Alphütte im Grosssteg
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
Bild: Nachbildung des Sennraums e<strong>in</strong>er Maiensässhütte<br />
5.7. <strong>Walser</strong>tum <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>heute</strong><br />
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Seite: 16 / 20<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte e<strong>in</strong> grosser wirtschaftlicher Aufschwung und e<strong>in</strong><br />
grosser Teil der arbeitstätigen Bevölkerung <strong>Triesenberg</strong>s fand <strong>in</strong> den Industrie- und<br />
Dienstleistungsbetrieben im Tal Beschäftigung. <strong>Triesenberg</strong> wurde zur<br />
Pendlergeme<strong>in</strong>de. Die Landwirtschaft g<strong>in</strong>g seit dem Zweiten Weltkrieg stetig zurück.<br />
1955 zählte man bei 1354 E<strong>in</strong>wohnern noch 142 landwirtschaftliche Betriebe, 1968<br />
war die Zahl auf rund 50 Betriebe abgesunken, da<strong>von</strong> waren nur noch gerade 12<br />
Vollerwerbsbetriebe. Um die Jahrtausendwende gab es <strong>in</strong>sgesamt noch knapp 20<br />
Betriebe.<br />
Alltäglichen Kontakt zur zugezogenen Bevölkerung und der Umstand, dass die K<strong>in</strong>der<br />
ab dem 6. Schuljahr <strong>in</strong> Vaduz und Triesen die Schule besuchen sowie das tägliche<br />
Pendeln zum Arbeitsplatz <strong>in</strong>s Tal dürften <strong>in</strong> absehbarer Zeit zum Verlust der<br />
kulturellen Eigenständigkeit der <strong>Triesenberg</strong>er Bevölkerung und zum Verschw<strong>in</strong>den<br />
der <strong>Walser</strong>sprache führen.<br />
5.8. Chronik<br />
� 1355<br />
Erste urkundliche Erwähnung (Belehnungsstreit der <strong>Walser</strong> mit dem Kirchspiel<br />
Schaan)<br />
� 1465<br />
Erste urkundliche Erwähnung der Kapelle Masescha<br />
� 1513<br />
Verlust der Steuerfreiheit (Sonderstellung der Freien <strong>Walser</strong>)<br />
� 1618<br />
Völlige Gleichstellung unter den Grafen <strong>von</strong> Hohenems gegenüber den anderen<br />
Landesbürgern, Leibeigenschaft<br />
� 1767/68<br />
Bau der ersten Pfarrkirche (Kirchenpatron St. Josef) und des Pfarrhauses, Stiftung<br />
des Landesfürsten Josef Wenzel
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Seite: 17 / 20<br />
� 1867<br />
Erschliessung der Geme<strong>in</strong>de mit e<strong>in</strong>er schmalen Fahrstrasse <strong>von</strong> Vaduz, Meierhof,<br />
<strong>Triesenberg</strong>, Lavad<strong>in</strong>a, Kulm zum Steg. Bau des Tunnels (48m lang) auf dem Kulm<br />
� 1887<br />
Kauf der fürstlichen Alpe Sücka<br />
� 1888<br />
Auflassen der E<strong>in</strong>zelsennerei (unrentable Wirtschaftsart)<br />
� 1908<br />
Erstes Alpenkurhaus und Touristenstation Malbun<br />
� 1925<br />
Eröffnung Schloss-Strasse<br />
� 1940<br />
E<strong>in</strong>weihung der zweiten Pfarrkirche St. Josef<br />
� 1947<br />
Eröffnung des Strassentunnels Gnalp-Steg und Bau des Sam<strong>in</strong>akraftwerkes<br />
� 1951<br />
E<strong>in</strong>segnung der Friedenskapelle Malbun<br />
� 1954<br />
Bau e<strong>in</strong>es Schulhauses mit Turnhalle und Geme<strong>in</strong>desaal<br />
� ab 1960<br />
Beg<strong>in</strong>n der Melioration / Bodenzusammenlegung<br />
� 1961<br />
Eröffnung des <strong>Walser</strong> Heimatmuseums im alten <strong>Walser</strong>haus Nr. 19<br />
� 1961<br />
Bau des ersten Skiliftes im Malbun (Hocheck)<br />
� 1964<br />
Bau der Sesselbahn Malbun <strong>–</strong> Sareis<br />
� 1972<br />
Eröffnung der Sportanlage Leitawis<br />
� 1980<br />
Eröffnung des neuen Geme<strong>in</strong>dezentrums mit Hotel, <strong>Walser</strong> Heimatmuseum, Post,<br />
Bank und Arztpraxis<br />
� 1986<br />
E<strong>in</strong>führung des Frauenstimmrechts auf Geme<strong>in</strong>deebene<br />
� 1994<br />
E<strong>in</strong>weihung des neuen Schulhauses im Obergufer
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� 2000<br />
Die <strong>Triesenberg</strong>er Stimmbürger<strong>in</strong>nen und Stimmbürger genehmigen den Zonenplan<br />
und die Bauordnung für das rhe<strong>in</strong>talseitige Geme<strong>in</strong>degebiet<br />
� 2001<br />
Eröffnung des Geme<strong>in</strong>de-Werkhofes Guferwald<br />
6. <strong>Walser</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />
Logo: Internationale Vere<strong>in</strong>igung für <strong>Walser</strong>tum<br />
Es besteht e<strong>in</strong>e Internationale Vere<strong>in</strong>igung für <strong>Walser</strong>tum. Im Vorstand dieser<br />
Organisation f<strong>in</strong>den sich Vertreter aus der Schweiz, Italien, Liechtenste<strong>in</strong> und<br />
Österreich. Unter anderem organisiert die Vere<strong>in</strong>igung alle vier Jahre <strong>in</strong><br />
verschiedenen <strong>Walser</strong>orten Internationale Treffen. Das kommende Treffen wird am<br />
11. und 12. September 2004 <strong>in</strong> Galtür stattf<strong>in</strong>den, an dem rund 3000 Personen<br />
erwartet werden.<br />
Als parallele Organisation versteht sich die Vorarlberger <strong>Walser</strong>vere<strong>in</strong>igung.<br />
Im Internet f<strong>in</strong>det man die zwei Vere<strong>in</strong>igungen unter folgenden L<strong>in</strong>ks:<br />
� http://www.wir-walser.ch<br />
� http://www.vorarlberger-walservere<strong>in</strong>igung.at<br />
7. Konvergenz <strong>–</strong> Deutsche Ostsiedlung<br />
Sehr ähnlich wie die Wanderungen der <strong>Walser</strong>, verlief die deutsche Ostsiedlung.<br />
Auch hier s<strong>in</strong>d als Gründe für die Auswanderung Überbevölkerung und wirtschaftliche<br />
Faktoren zu nennen. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts setzte e<strong>in</strong> bemerkenswertes<br />
Bevölkerungswachstum e<strong>in</strong>, das <strong>bis</strong> <strong>in</strong> das 14. Jahrhundert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> anhielt. In den<br />
bereits dichter besiedelten Gegenden Frankreichs und Englands stieg die<br />
Bevölkerung, so schätzt man, vom Ende des 11. <strong>bis</strong> zum Beg<strong>in</strong>n des 14.<br />
Jahrhunderts auf das Dreifache, im dünner besiedelten Sachsen sogar auf das<br />
Zehnfache. Die <strong>in</strong>tensivere Bodennutzung und damit die Steigerung der Ernteerträge<br />
im Altsiedelland reichte nicht aus, um die stets wachsende Zahl <strong>von</strong> Menschen zu<br />
ernähren. Es musste <strong>bis</strong>lang unbewirtschaftetes Land durch Rodung dazu gewonnen<br />
werden. Rodungsland war zunächst Waldgebiet und Gebirge <strong>in</strong> Westeuropa selbst;<br />
die Küstengebiete der Nordsee wurden e<strong>in</strong>gedeicht, die Sümpfe trockengelegt. Erst<br />
allmählich zogen wagemutigere Bauern als Siedler weiter nach Osten.<br />
He<strong>in</strong>rich der Löwe warb für die Erschliessung Holste<strong>in</strong>s und Mecklenburgs flämische,<br />
holländische und niederdeutsche Bauern als Siedler an. E<strong>in</strong> knappes Jahrhundert<br />
später bemühte sich der Deutsche Orden um deutsche Siedler für das Prussenland<br />
(Ostpreussen) und Litauen, weil die e<strong>in</strong>heimische Bevölkerung zahlenmässig nicht<br />
ausreichte, um das Land weiter zu erschliessen. Aber auch polnische Fürsten
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<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
8. Anhang<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 19 / 20<br />
versuchten Bauern aus dem volkreicheren Westen <strong>in</strong> ihr Land zu ziehen. Für die<br />
Neugründung <strong>von</strong> Dörfern setzten diese Landesherren meist Lokatoren e<strong>in</strong>. Männer,<br />
die mit e<strong>in</strong>er ganzen Gruppe <strong>von</strong> Siedlern den Standort e<strong>in</strong>es Dorfes festlegten, die<br />
Hofstätten und Felder vermassten und die Anfangsschwierigkeiten durch e<strong>in</strong><br />
Startkapital überbrückten. Der Lokator selbst erhielt dann <strong>in</strong> dem neuen Dorf e<strong>in</strong>en<br />
grösseren Bauernhof zu besonders günstigen Bed<strong>in</strong>gungen und wurde meist der<br />
„Schulze“ des Dorfes, der Beauftragte des Landesherrn. Auch die<br />
Zisterziensermönche waren an der Erschliessung des Landes <strong>in</strong>tensiv beteiligt.<br />
Unabhängig <strong>von</strong> der Nationalität g<strong>in</strong>g es den Landesherren bei der Erschliessung des<br />
Landes um den Ausbau ihrer Herrschaft, zu der der Arbeitse<strong>in</strong>satz und die Steuern<br />
der Neusiedler beitragen sollten. Wie auch bei den <strong>Walser</strong>wanderungen, können<br />
deshalb auch diese mittelalterlichen Siedlungen nicht mit dem Kolonialismus der<br />
Neuzeit verglichen werden, denn es g<strong>in</strong>g nicht um die Beherrschung<br />
unterentwickelter Völker. Die Ostsiedlung war Teil des ganz Europa im<br />
Hochmittelalter erfassenden Landesausbaus, bei der E<strong>in</strong>heimische und Zugereiste <strong>in</strong><br />
den neuen Dörfern <strong>in</strong> gleicher Weise sesshaft wurden.<br />
8.1. Bildverzeichnis<br />
Grafik: Die Wanderungen der <strong>Walser</strong>.............................................................................4<br />
Grafik: Ausbreitung der <strong>Walser</strong>gebiete...........................................................................5<br />
Karte: Liechtenste<strong>in</strong>er Oberland mit <strong>Triesenberg</strong> und Malbun ......................................9<br />
Bild: Eisenaxt aus Malbun, 600 v. Chr..........................................................................10<br />
Bild: Speerspitze <strong>von</strong> der Alpe Sücka, 1200 v. Chr. ....................................................10<br />
Urkunde: Erste urkundliche Erwähnung der <strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> (1355) ................11<br />
Bild: Malbun...................................................................................................................13<br />
Bild: Steg .......................................................................................................................14<br />
Bild: Mit 400 Jahren <strong>heute</strong> e<strong>in</strong>es der ältesten Häuser am <strong>Triesenberg</strong>.......................14<br />
Bild: Nachbildung des Sennraums e<strong>in</strong>er Maiensässhütte............................................16<br />
Bild: Grundriss e<strong>in</strong>er Alphütte im Grosssteg.................................................................15<br />
Logo: Internationale Vere<strong>in</strong>igung für <strong>Walser</strong>tum..........................................................18<br />
8.2. Bezugsquellennachweis<br />
Die Informationen zur Erstellung me<strong>in</strong>er Semesterarbeit bezog ich <strong>von</strong> folgenden<br />
Informationsquellen:<br />
� Literatur: „Unterwegs zu den <strong>Walser</strong>n“, Max Waibel<br />
� Referat: „<strong>Triesenberg</strong>er s<strong>in</strong>d <strong>Walser</strong>“, Josef Eberle<br />
� Referat: „Die <strong>Walser</strong>“, Re<strong>in</strong>er Fuest<br />
� Internet: http://www.triesenberg.li, Geme<strong>in</strong>de <strong>Triesenberg</strong><br />
� Internet: http://www.wir-walser.ch, Int. <strong>Walser</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />
� Internet: http://www.vorarlberger-walservere<strong>in</strong>igung.at<br />
� Museum: <strong>Walser</strong> Heimatmuseum, <strong>Triesenberg</strong>
Semesterarbeit Geschichte<br />
<strong>Walser</strong> <strong>in</strong> <strong>Triesenberg</strong> <strong>–</strong> <strong>von</strong> <strong>damals</strong> <strong>bis</strong> <strong>heute</strong><br />
8.3. Danksagung<br />
<strong>Walser</strong>_<strong>in</strong>_T'berg.doc<br />
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Von: S. Schädler<br />
Datum: Dez. 2003<br />
Seite: 20 / 20<br />
Ich möchte mich bei allen herzlichst bedanken, die mich bei der Semesterarbeit<br />
unterstützt haben. Besonders auch bei Herrn Josef Eberle, der durch se<strong>in</strong>en Vortrag<br />
me<strong>in</strong> Interesse geweckt hat, mich mit der Thematik me<strong>in</strong>er Vorfahren erneut<br />
ause<strong>in</strong>ander zusetzen.