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EBM-Report 6-2020

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Infoblatt für die EBM-

Gruppenmitglieder

EBM-Report

(vormals HÜTTENREPORT)

www.einheit-berlin-mitte.de +++ Ausgabe 6/2020

(Nr. 88)


Inhalt

Editorial Seite 3

Novemberblues 5

Hüttenherbst 6

Neues von der Hütte 7

Elbsandstein-Splitter 9

Bemerkenswerte Zahlen 12

Die etwas andere Pandemie 14

Bouldern-Klettertriebsentlastung 16

Studie: Neue Orte entdecken 17

New-Climbing-Generation 19

Das Mittelseiten Rätsel 20

Bergführerausbildung – Nur wenige schaffen sie 22

Sammelsurium 23

30 Jahre Wende – 30 Jahre Nationalpark 25

Rate mal, wo ich bin 26

Waldesrauschen digital 27

Leute 28

Der Kampf gegen Müll und Massen 31

Vor 10 Jahren – Kurt Albert tödlich verunglückt 37

Buchtipp 39

EBM-Kompakt 40

_________________Ω _________________

Titelfoto: Sanduhr (H. Wiemann)

Fotos: S. 6/7 Steffi Göricke ;alle anderen Fotos: Internet

Texte, soweit nicht anders gekennzeichnet, sowie Layout, Druck und Versand:

H. Wiemann

__________________________________________________________________

Nachruf auf den Sommer

Von heißer Lebenslust entglüht,

hab ich das Sommerland durchstreift;

Drob ist der Tag schön abgeblüht

Und zu der schönsten Nacht gereift.

Ich trete auf des Berges Rücken

Einsam ins off’ne Waldestor

Und beuge mich mit trunk’nen Blicken

Hoch in die stille Landschaft vor.

Gottfried Keller

2


Editorial

einer der typischsten Begriffe für uns Kletterer

ist unbestreitbar die Sanduhr. Solche

Felsgebilde wie auf der Titelseite verleihen

uns beim Klettern ein Gefühl der Sicherheit.

Sanduhren im Fels sind aber auch ein Zeichen

der Vergänglichkeit, denn sie sind ja

aus Erosionsprozessen entstanden.

Für mich sind sie darüber hinaus ein Hinweis

darauf, dass alles irgendwann ein

Ende hat. Und so teile ich Euch mit, dass

dieses Heft die letzte Ausgabe unter meiner

Federführung ist. Es ist übrigens – ich habe

nochmals nachgezählt - die 88igste. Das

sind mehr als 3000 Seiten.

Ich kann mich nicht mehr so richtig für

das Schreiben motivieren, da ich in den

letzten Jahren - mit Ausnahmen - zunehmend

mit Zuarbeiten allein gelassen worden

bin. Manche Hefte sind komplett von

mir gefüllt worden und sind oft auch nur

3


zu einer Berichterstattung über meine und

Steffis Aktivitäten geworden.

Ich bedanke mich bei allen denen, die mir

beim Füllen der Seiten in der Vergangenheit

mit Texten, Bildern oder interessanten

Informationen geholfen haben.

Berg Heil Harald

_________________________________________________________

Coronazeiten:

Keiner fragt uns, was wir wollen.

Jeder sagt nur, was wir sollen!

Uns’re Nasen zu verstecken,

mit ’ner Maske zu verdecken.

Das ist lästig und gemein.

Trotzdem aber muss es sein.

Etwas mehr würd‘ mir es bringen,

uns’re Felsen zu bezwingen.

Für ein Urlaubsgefühl in den eigenen vier Wänden

streue ich etwas Vogelsand in die Schuhe,

schütte etwas Chlor ins Badewasser und beschwere

mich beim Essen, dass nur Deutsche da sind.

4


Novemberblues

„Novemberblues“, so hatte Thomas seine Mail an uns tituliert, mit der er die

Absage der Novemberzusammenkunft mitteilte. Im Blues werden ja stets die

Widrigkeiten aller Art, die einem im Leben so begegnen, in Musik umgesetzt.

Wenn die Absage also eine Widrigkeit ist, so heißt das ja, wir sind traurig,

dass das Treffen ausfällt. Und das wiederum heißt für mich im Umkehrschluss,

wir wollen noch zusammen sein. Und das sehe ich positiv.

Die Absage an jedwede Kultur im November durch die Behörden trifft in diesem

Jahr auch das traditionelle Totengedenken an der Hohen Liebe. Ich wäre

gern hingegangen, jährte es sich doch dann zum ersten Mal, dass ich mit Evi

Sievers das letzte Mal geklettert bin. Das war genau vor einem Jahr, als wir

beide zum Totengedenken die Hütte bevölkert haben.

Aber sich derer zu erinnern, die von uns gegangen sind, geht auch ohne Gesang

der Bergfinken und Gedenkrede. Ich blättere einfach in meinem Klettertagebuch

und schaue mir Fotos der vergangenen Jahre an.

Für alle, die das Leben noch genießen können, habe ich ein schönes Gedicht

gefunden, das das bekannte „Carpe diem“ (Nutze den Tag) in Verse gesetzt

hat:

Was will ich mehr

Noch halt mit beiden Händen ich

des Lebens schöne Schale fest,

noch trink und kann nicht enden ich

und denk nicht an den letzten Rest.

„Doch einmal wird die Schale leer,

die letzte Neige schlürftest du.“

So trank ich doch, was will ich mehr,

dem Tod ein volles Leben zu.

Gustav Falke (1853-1916)

5


Hüttenherbst

Zwei Dinge habe ich während der Corona-Zeit

schmerzlich vermisst: Die Kultur und das Klettern,

genauer den Aufenthalt auf der Hütte.

Im September, noch vor dem zweiten

Lockdown, holten Steffi und ich beides nach.

Das Wetter meinte es gut mit uns, und so war

auch ein Klettertag möglich. Wir sind am

Nashorn geklettert und waren damit im

Brand unterwegs, den ich eher selten besucht

habe. Wir haben es genossen, auf der Kleinen

Freiheit vor der Hütte Kaffee getrunken zu haben

und das Treiben am Weinberg zu beobachten. Und

haben dabei auch unsere Blicke auf die abgebrochenen

Fichten in Nachbarschaft der Hütte gerichtet.

Die verbliebenen Teile sind von oben her braun

und welk geworden. Kein schöner Anblick. Hoffentlich

werden die Fichten auf dem Hüttengrundstück,

die ja ebenfalls gekürzt worden sein werden, wenn

dieses Heft fertig ist, nicht

das gleiche Aussehen haben. Und am Abend haben

wir dann noch Evi-Sievers-Gedenk-Triomini gespielt.

Die Steine sind jetzt auf der Hütte deponiert. An einem Abend haben wir

auch noch in Hohnstein eine Vorstellung im Kaspertheater besucht. Auch ohne

Kinder eine höchst amüsante Sache und sehr zu empfehlen. Und damit

hatten wir dann Kultur und Klettern, unsere K&K-

Freizeit also, trotz Corona vereint.

Daneben haben wir uns natürlich auch um die Hütte

und das Umfeld gekümmert. Es gibt da immer etwas zu

tun. Erfreut war ich, dass der Weinstock auf der Ecke

des Grundstücks zum ersten Mal eine kleine Traube

entwickelt hat. Leider mussten wir aber auch feststel-

6


len, dass manche Besucher nicht immer ihren Kopf einschalten. Vor allem

deshalb an dieser Stelle der Hinweis: Auf den Kompost gehören ausschließlich

unbearbeitete Biosachen, also keine gekochten Essensreste, Backwaren

oder gekochtes Fleisch und auch keine ineinander gesteckte Eierschalen.

Nach den Tagen auf der Hütte sind wir noch bei Ruth Martin im Pflegeheim

Großschönau vorbeigefahren. Sie lässt alle die grüßen, die sie noch von früheren

Fahrten her kennen. Wir sind über Hrensko und Varnsdorf gefahren

und waren entsetzt, wie der Borkenkäfer in der Böhmischen Schweiz gewütet

hat. Ein deprimierender Blick ging entlang der Straßen, denn rechts und links

waren auf eine reichliche Baumlänge, mal auch noch mehr die Hänge von

den verdorrten Fichten befreit worden (Verkehrssicherungsmaßnahmen). So

war der Blick oft frei bis in die auch kahlen Kammlagen der umgebenden Berge.

Sogar das Prebischtor und die Gaststätte waren von der Straße her zu sehen.

Irgendwie deprimierend, auch wenn man weiß (hofft), dass sich die

Wälder langfristig erholen werden.

Harald

Neues von der Hütte

Zeitweise sah das Hüttengelände

im linken Teil wie eine Mondlandschaft

aus. Grund waren die erforderlichen

Grabungsarbeiten für die neuen Wasserleitungen.

Von alledem ist jetzt nicht

mehr viel zu sehen, höchstens noch zu

ahnen. Mit dazu beigetragen hat auch

die Ansaat von vielen Studentenblumen

auf dem zugeschütteten Hang. Die haben

sich dort sichtlich wohl gefühlt, wie

auf dem Foto gut zu sehen ist. Einige der

Samenkapseln sind schon gesichert worden,

so dass im kommenden Jahr wieder

mit so einem Tagetesteppich gerechnet werden kann.

7


Die Triomini-Steine von der leider so plötzlich verstorbenen Eveline

Sievers sind einschließlich des von Bärbel Söhler so kunstvoll gehäkelten Aufbewahrungssäckchens

in der Spieleabteilung

unserer Hütte zur endgültigen Bleibe eingetroffen.

Es hat eine ganze Weile gebraucht,

bis das für Evi charakteristische Anlegespiel

aus ihrem Nachlass in unseren Bestand gelangt

ist. Wenn wir uns mit den Steinen dann

abends auf der Hütte die Zeit vertreiben,

werden unsere Gedanken auch bei Evi sein

und sie wird so nicht in Vergessenheit geraten.

Die Hütte auf dem Weinberg macht

dem Namen des Geländes nun auch wirklich

Ehre, denn auf dem Hüttengrundstück hat

der an der Ecke gepflanzte Weinstock erstmals

eine Traube gezeugt. Zu hoffen ist, dass

sich noch mehr dieser Reben zeigen.

Übrigens sind die blauen von gegenüber süß

und schmackhaft. Vielleicht entwickelt sich

ja auch bei uns eine solche Ernte.

Die Baumfällaktion rund um die

Hütte ist erst einmal verschoben worden.

Die Corona-Bestimmungen haben dies nicht zugelassen und auch das Wetter

spielte nicht mit. Es war für eine solche Aktion zu windig. Zu hoffen bleibt,

dass die Herbst-, Winter- und Frühlingsstürme moderat ausfallen und keine

Schäden anrichten. Die Aufgabe bleibt aber bestehen, denn von den Bäumen

geht eine nicht wirklich beherrschbare Gefahr für die Hütte aus.

Die Wasserversorgung der Hütte ist bis zum Frühjahr jetzt unterbrochen.

Eine Winternutzung ist natürlich möglich. Frischwasser muss natürlich

mitgebracht werden.

Ω

8


Elbsandsteinsplitter

Erneute Sperrung.- Der Amselgrund muss erneut wegen Steinschlaggefahr

gesperrt werden. Bei Nacharbeiten zu den bisherigen Sicherungsarbeit

wurde festgestellt, dass weitere Absturzgefahr für einzelne Felsbereiche

besteht. Der Weg durch den Amselgrund nach Rathewalde ist in

diesem Zeitraum für Wanderer wiederum nicht passierbar.

Pause im Streit um Johanniswacht.- Der Streit zwischen moderaten

Befürwortern der Erhöhung der Sicherheit und Hardcore-Traditionalisten

ist mit einem Kompromisspapier von einer eingesetzten Mediatorengruppe

vorläufig beruhigt worden. Das Ganze ist ja ein Projekt zur Erhöhung der Sicherheit

in Kletterwegen im mittleren Schwierigkeitsbereich. Es wurden solche

Wege ins Projekt einbezogen werden, die eigentlich lohnend sind, aber

durch ihre mageren Absicherungsmöglichkeiten bisher eher gemieden worden

sind. Als Nebeneffekt sollte das auch zur Entlastung der oft stark beanspruchten

Modewege führen. Das Projekt war mit großer Mehrheit vom SBB

beschlossen und auch anschließend umgesetzt worden. Hardcoretraditiona-

9


listen fühlten sich aber berufen (natürlich anonym), die installierten Ringe zu

beschädigen beziehungsweise sogar zu entfernen. Diese selbstherrliche

Handlungsweise hatte nicht nur ahnungslose Kletterer gefährdet, sondern

führte folgerichtig auch zu Anzeigen bei der Polizei.

Um den Streit zu entschärfen wurde eine Mediationsgruppe gebildet, die paritätisch

aus Vertretern beider Lager bestand. Diese durchstiegen die infrage

stehenden Wege selbst, um nicht vom grünen Tisch aus zu urteilen. Im Ergebnis

wurden einige Maßnahmen des Projekts einvernehmlich gebilligt, andere

allerdings auch nicht.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Situation weiter entspannt. Ob der Burgfrieden

aber auch bei weiteren Projekten dieser Art hält, bleibt abzuwarten.

Hinweise zum Forststeig und zu neuen Biwakplätzen

Aufgrund der aktuell sehr ungleichmäßigen Nutzung und der überdurchschnittlich

starken Nutzung an Wochenenden und auf den Biwakplätzen, gibt

es hier folgende Hinweise vom Sachsenforst:

Die Waldübernachtungsplätze sind in erster Linie für die Langstreckenwanderer

gedacht. Auf Grund des limitierten Platzes sind die Plätze nicht für Gruppen

mit mehr als 4 Personen geeignet. Außerdem ist die Übernachtung durch

Fahrradfahrer und Tagestouristen aufgrund der Zweckbindung an die Langstreckenwanderung

ebenfalls nicht vorgesehen. Aufgrund der aktuell großen

Nachfrage kann es daher passieren, dass die Mitarbeiter vom Sachsenforst

Fahrradgruppen abends wegschicken müssen, um den Platz für die Übernachtung

der Wanderer zu sichern.

Für Gruppen und Fahrradtouristen sind die Unterkünfte der Forststeigpartner

geeignet: https://www.forststeig.sachsen.de/partner-unterkuenfte-

4121.html. Bitte plant die Wanderung möglichst so, dass die Waldübernachtungsstellen

eher in der Woche und nicht am Wochenende genutzt werden.

Außerdem sollten die Wanderer möglichst zeitig auf dem Übernachtungsplatz

ankommen, damit sie gegebenenfalls auch noch zum nächsten Platz laufen

können. >>>

10


>>> Außerdem gibt es ab sofort zwei neue Übernachtungsplätze am

Forststeig. Zum einen gibt es einen Biwakplatz am Quirl. Und das Zehrbornbiwak

in der Nähe der Grenzplatte ist auch ab sofort nutzbar.

Alle Informationen zum Forststeig findet man auf der Website des Forststeigs.

Inzwischen gibt es auch ein Buch zum Forststeig aus dem Bergverlag

Rölke.

Zwei bemerkenswerte Jubiläen gab es 2020. Zum einen 50 Jahre

„Schiefer Tod“ am Findling und zum anderen die Erstersteigung der Vorderen

Gans über den „Gühnekamin“ vor 125 Jahren. Letzterer gehört zu den Wegen,

die jeder Sandsteinkletterer gemacht haben muss. Für manche Kletterer

war er ein Standardweg, der x-mal immer wieder geklettert wurde. Dazu gehören

zum Beispiel Hans Heilmaier (816 mal). Ihn habe ich noch als Anfänger

bei meinem ersten Durchstieg erlebt, wie er locker und natürlich seilfrei an

mir vorbeikletterte, während ich mich auf dem kleinen Absatz vor dem Ausstiegskamin

kaum zu bewegen wagte. Für Karl Däweritz war dieser Weg eine

Trainingsstrecke, die er wohl über 600 Mal bewältigte, an einem Tag sogar 14

Mal. Der „Schiefe Tod“ wurde von Helfried Hering erstbegangen.

Und hier noch ein Splitter aus dem Zittauer Gebirge:

Keine Abfallbehälter mehr.- Im Naturpark "Zittauer Gebirge" sollen

die Papier- und Abfallbehälter komplett entfernt werden. Am erst erneuerten

Rastplatz an den Kelchsteinen in Oybin ist das schon so. "Je mehr

Abfallbehälter, desto mehr Müll", sagt der Leiter des Oybiner Bauhofs, der für

die Leerung bzw. den Abtransport des Mülls zuständig ist. Was in den Alpen

normal sei, müsse doch auch in der Zittauer Felsenlandschaft möglich sein,

argumentiert der Naturpark-Geschäftsführer Peter Pachl.

11


Bemerkenswerte Zahlen

45 Prozent der Landesfläche von Nepal sind bewaldet, das trotz ausgedehnter

Hochgebirgsregionen, und die bewaldete Fläche wächst weiter.

1992 waren es erst 26 Prozent. Zwei Gründe sind maßgebend. Zum einen ist

in Nepal ein groß angelegtes, gemeinschaftliches Aufforstungs- und Pflegeprogramm

seit Jahren wirksam und zum anderen wandern sehr viel junge

Leute in die Städte oder das Ausland ab, wodurch sich der Landwirtschaftsbetrieb

merklich eingeschränkt hat. Die Terrassenfelder werden nicht mehr bewirtschaftet

und dadurch wächst zunächst Buschwerk und dann kommen

auch Bäume dazu. Außerdem hat sich der Holzverbrauch auch durch eine andere

Bauweise (Ziegeln und Beton statt Holz und Steine) und moderne Kochgeräte

reduziert.

16.000 Bäume an

Staats- oder Bundesstraßen

sind allein in Sachsen

in den Jahren 2017

und 2018 verschwunden.

Da fallen doch die paar

Fichten, die in der Sächsischen

Schweiz dem

Borkenkäfer zum Opfer

fallen, kaum noch ins

Gewicht.

Zu 100 Prozent deckt das österreichische Bundesland Kärnten seinen

Stromverbrauch aus eigenen regenerativen Quellen. Dabei sind die Pumpspeicherwerke

sogar nur zu einem geringen Teil ausgelastet. Kein Wunder,

dass bei dieser Ausgangslage der dortige Alpenverein der geplanten Errichtung

von Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von bis zu 166 Metern (240

m Gesamthöhe) auf den Bergen vehement widerspricht.

Denn: Für deren Errichtung müssen Straßen gebaut, eine rund 2000 Quadratmeter

ebene und befestigte Rangierfläche muss jeweils bereitgestellt

und der Strom muss ja schließlich auch abgeleitet werden.

Durch das übergeordnete Interesse des Staates (Export ins restliche Staatsgebiet)

werden im Grunde aber nur Einzelinteressen begünstigt (lukrative

gesetzliche Vergütungsgarantien).

12


Rund 10 Milliarden Lebewesen stecken in

einer Handvoll Waldboden. Diese Winzlinge erledigen

im Waldboden die „Drecksarbeit“.

Einer neueren Studie zufolge bedecken derzeit

14.394 Gletscherseen auf der Erde eine Gesamtfläche von fast 9000

Quadratkilometern. Deren Zahl und Fläche sind in der Zeit zwischen 1990

und 2015 deutlich gestiegen – und zwar um jeweils rund 50 Prozent. Besonders

schnell ist das Wachstum in Skandinavien, Island und

Russland vonstattengegangen. Die Gletscherseen dort sind im internationalen

Vergleich jedoch klein. Die Seen in der südamerikanischen Region Patagonien

und in Alaska haben zwar langsamer zugelegt, sind im Schnitt aber

deutlich größer. Manche Gletscherseen, zum Beispiel im Südwesten Grönlands,

wurden aber auch kleiner. Das dürfte damit zu tun haben, dass das

Schmelzwasser in diesen Fällen bereits abgeflossen ist. Drastisch gestiegen ist

der Studie zufolge auch die Wassermenge, die in den Gewässern gespeichert

ist – und zwar um 48 Prozent. Sie liegt nun bei 156,5 Kubikkilometern. Bildlich

gesehen sind dies also fast 160 Wasserwürfel mit einer Kantenlänge von jeweils

einem Kilometer. Würde all dieses Wasser in die Ozeane fließen, ergäbe

sich dadurch ein Meeresspiegelanstieg von 0,43 Millimeter. Das heißt aber

auch: Die tauenden Eisschilde von Grönland und der Antarktis sind für dieses

Thema deutlich wichtiger.

13


Bis zu 100.000 Borkenkäfer können

aus einem Käferpaar sich im Jahr entwickeln.

Fachleute geben Landstrichen unter 400 Metern

Meereshöhe langfristig nur wenig Überlebenschancen

für Fichten.

ooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Die etwas andere Pandemie

Wenn man Pandemie davon abhängig macht, dass ein länderübergreifendes

Gebiet betroffen ist, und dass der Krankheitsverlauf progredient ist, kann

man beim Borkenkäferbefall im Elbsandsteingebirge durchaus von einer Pandemie

sprechen.

Alle für eine Pandemie typische Maßnahmen laufen auch hier bei deren Bekämpfung.

So müssen Teilgebiete für Wanderer gesperrt werden, wie zum

Beispiel der Hochhübel. Oberstes Ziel bleibt – und das jetzt bereits seit Jah-

14


ren – die Beherrschbarkeit des Käferbefalls. Vor allem durch die Verringerung

des Fichtenbestandes soll dies geschehen. Schwere Verläufe sind an der Tagesordnung,

denn da die Entnahme der Bäume besonders im Winter passiert,

sind schwere Wegeschäden vorprogrammiert, was in der Folge ebenfalls zu

Teilsperrungen führen kann und auch so schon passiert ist. Denn seit 2018,

spätestens seit 2019 ist die Kontrolle des Geschehens nicht mehr gegeben.

Die Trockenheit der letzten drei Jahre hat letztlich dazu geführt, dass der gewünschte

Erfolg nicht zu schaffen war. Dazu kamen erhebliche Winterstürme

und damit gab es viel von den Borkenkäfern bevorzugtes Bruchholz.

Die AHA-Regeln bei der Corona-Pandemie lassen sich auf Fichtenbestände

nicht einfach übertragen. Allenfalls das Abstandhalten ist durch Fällen machbar.

Desinfektion, also das Spritzen von Pestiziden verbietet sich im Nationalpark.

Und das Händewaschen (Regen) nützt hier auch nicht viel. Das Abstandhalten

hat unvermeidlich bereits zu großen Kahlschlägen geführt, auf

deutscher Seite zum Beispiel auf den Rapinzen, einem kleinen Hochplateau

oberhalb der Kirnitzsch, auf böhmischer Seite entlang der Straße zwischen

Hrensko und Mezni Louka. (siehe auch Artikel „Hüttenherbst“ in diesem

Heft). Insgesamt etwa 40 Hektar sind kahl.

Spätestens seit 2019 ist aber klar, dass man auch durch größere Kahlschläge

die Borkenkäferplage nicht beherrscht. Erste Wahl bei den Maßnahmen ist es

jetzt, die abgestorbenen Stämme stehen zu lassen und zu warten bis sie von

alleine umfallen. Das garantiert dem nachwachsenden Wald eine geschützte

Entwicklung. Andererseits wird es aber so auch gefährlich, sich in solchen

Gebieten zu bewegen. Wie sich das auf den Zugang zu Kletterfelsen auswirken

kann, bleibt abzuwarten. Andererseits haben sich schon jetzt neue Blickachsen

gebildet und mancher Felsen wird freier stehen, was für das Klettern

ja auch von Vorteil sein kann.

Die wie beim Mikado zugefallenen Wanderwege sollen, so sagt die Nationalparkverwaltung,

später nach und nach freigeschnitten werden. Was hier später

konkret heißt, müssen wir abwarten. Die Nationalparkverwaltung bittet

um Verständnis und Unterstützung für diese Prozesse der Waldumgestaltung.

Es ist der Beginn, naturnäherer Wälder in der Zukunft.

15


Bouldern – eine Klettertriebentlastung?

Was ist denn nun Bouldern im Vergleich zum

Klettern? Wenn man es kurz und bündig sagen

will, gibt es beim Bouldern eigentlich keinen

Unterschied zum Klettern, lediglich ist die

Kletterrichtung unterschiedlich. Beim

Bouldern bewegt man sich im wesentlichen

horizontal, beim Klettern dagegen im wesentlichen

vertikal.

Der Ketterer (und Theologe) Harald Weiß hat

es in seinem Buch „Vom BergGefallen“* etwas

ausführlicher beschrieben. „Wenn man

klettern gehen wollte, aber nicht klettern

konnte, ging man bouldern. Oder man ging

joggen, Klimmzüge machen oder Kuchen essen.

Bouldern war ein Klettersurrogat, unbefriedigender

als Klettern, aber eindeutig klettriger als Kuchen essen. Wobei

aber auch letzteres durchaus befriedigend sein kann. [ … ] Wenn der Kletterfels

zu fern, zu kalt oder zu nass war oder man niemanden fand, mit dem man

klettern gehen konnte, der Klettertrieb aber stark war, musste der an anderer

Stelle befriedigt werden. Zum Beispiel an Friedhofsmauern, Sandsteinbrückenpfeilern

oder Felsblöcken. Besser das als gar nichts. Bouldern war also

Klettertriebsentlastung. Bouldern war also klettern von rechts nach links und

wieder zurück. [ … ] Heute hat sich das Bouldern aber vom Klettern emanzipiert.“

Mittlerweile gibt es Welt- und Europameisterschaften und Bouldern ist eine

eigenständige Richtung im Klettersport geworden.

*) Harald Weiß „Vom BergGefallen“; Panico Alpinverlag; ISBN 978-3-95611-

087-0

16


Studie: Neue Orte zu entdecken, macht glücklich.

Als ich mich im Juni auf Entdeckertour begeben habe, nämlich endlich mal die

„Neuen Gipfel“ zu suchen, habe ich mich hinterher gefragt: Nichts gefunden,

aber anschließend trotzdem zufrieden und irgendwie glücklich gewesen. Wie

kann das sein?

Eine aktuelle amerikanische Studie könnte eine Erklärung dafür liefern. Wer

nämlich neue, ihm unbekannte Orte bereist und entdeckt, der tut etwas Gutes

für sein seelisches Wohlbefinden. Denn die Erfahrung des Neuen, also das

Ausleben des eigenen Entdecker-Drangs, steigert unser Wohlbefinden und

löst Glücksgefühle aus. Zu diesem Schluss kommt die genannte Studie, die

auf "nature.com" einsehbar ist. Und sie kommt zu einem weiteren, höchst

erfreulichen Ergebnis, denn eigentlich müsste man für dieses Hochgefühl gar

nicht verreisen.

Die Studie untersuchte nämlich drei Monate lang die Bewegungsprofile von

120 Probanden anhand der GPS-Funktion ihrer Handys. Es wurde aufgezeichnet,

wie oft sich die Teilnehmer, die in New York und Miami lebten, nach

draußen begaben und wie viele verschiedene Orte sie aufsuchten. Parallel

dazu wurde mit einem Fragebogen ermittelt, ob und wie intensiv sich diese

Ausflüge auf ihre Stimmung ausgewirkt hatten.

Die Studie bestätigt eindeutig, dass die Erkundung eines neuen Ortes positive

Gefühle auslöst. Das kommt wenig überraschend, schließlich ist das einer der

Hauptgründe, warum die meisten Menschen oft und gerne verreisen. Im Umkehrschluss

könnte man auch schließen, dass man es bei Stubenhockern mit

echten Miesepetern zu tun hätte, aber dieser Aspekt wurde bei der Studie

außen vorgelassen. Viel wichtiger ist ein anderer Aspekt: Denn keiner der

Probanden hatte eine große Reise angetreten.

Die Hauptvoraussetzung an der Studienteilnahme war, dass sich die Probanden

während der Dauer der Untersuchung ausschließlich an ihrem Wohnort

17


aufhielten. Aber auch das genügte eben, um neue Erfahrungen und damit

verbundene Glücksgefühle zu erleben! Denn auch in der vermeintlich vertrauten

Region ließen sich ständig neue Orte und auch Menschen entdecken.

Wer seinen Wohnort ausschließlich über eingefahrene Bewegungsprofile wie

den Weg zum Arbeitsplatz oder zum Supermarkt erführe, der wisse schlicht

und einfach nicht, was ihm alles entgeht, heißt eines der Studienergebnisse.

Wenn man die gewohnten Muster dagegen verlasse, ließe sich immer Neues

und bislang Unbekanntes entdecken.

Diese Erkenntnis ist gerade im Zusammenhang mit der Coronakrise äußerst

erfreulich. Denn für viele Menschen fällt in diesem Jahr die gewohnte Urlaubsreise

aus. Aber genau das sei eine gute Gelegenheit, die heimische Umgebung

neu und kreativ zu erkunden, heißt es in der Studie. Wie gut kennt

man eigentlich seine eigene Stadt und die nähere Region? Die Antwort lautet

fast immer, dass es eine Unzahl von Orten gibt, an denen man noch nie war.

Das könnten Grünflächen, Stadtviertel oder auch Restaurants sein. Überall

kann uns das Neue begegnen. Am besten genieße man es mit dem Rad oder

bei ausgedehnten Wanderungen.

Fazit: Wer neue Orte entdeckt, ist zufriedener und im besten Fall auch

glücklicher. Also auf zur Entdeckung noch nicht bestiegener Gipfel in der

Sächsischen oder Böhmischen Schweiz.

(Limerick 30:)

Es hatte ein Klett’rer aus Halle

am Seile ’ne Dame, ’ne dralle.

Die ließ ihren Herren

sie hoch am Seil zerren.

Da war’n seine Kräfte schnell alle.

har

18


New-Climbing-Generation-Whatsup-Speech

Okay. wann und wo genau?

High, habe am Wochenende Zeit. Könnten ein paar

geile Moves machen.

Ins Elbi, kann aber erst am Sonnabend ab mittags,

will vorher noch bouldern .

Muss das sein?

Hab doch für die Halle ein Abo.

Kann'ste das nicht canceln?

Na, gut.

Nehmen wir Dein Auto oder meins?

Meins hat Britta, wir müssen deins nehmen.

Gut, also 12.oo Uhr ab Hermannplatz.

Haste 'nen Seil?

Nö, du hast doch noch das von Peter.

Ja, das ist aber nur ein Neuerfaden.

Macht nichts, für's Topropen reicht's allemal.

Wo chillen wir dann abends ab?

Schlage 'ne Boofe vor.

.....

Nee, ich brauche abends immer 'ne Dusche.

Also, da telefonieren wir lieber nochmal.

19


Corona-taugliches Klettern: Erkenne die Unterschiede auf beiden Kletterbildern

(gefunden in der B.Z.)



Bergführerausbildung - nur wenige schaffen sie

Es ist bei der Bergführererausbildung so ähnlich, wie bei der Erringung der

Fahrerlaubnis. Solange man einigermaßen klar im Kopf ist, ist der theoretische

Teil zu schaffen, jedenfalls wenn man die Sache ernst nimmt und sich

gegebenenfalls etwas auf den Hosenboden zu setzen, in der Lage ist. Das

praktische Fahren ist die wirkliche Hürde.

Den theoretischen Teil der Bergführerausbildung

würde ich mir schon noch

zutrauen. Aber die praktische Seite

würde mich glatt überfordern. Selbst

die Zulassung als Kandidat wäre aussichtslos.

Die Ausbildung ist übrigens

international angelegt, und so hatten

sich in diesem Jahr etwa 120 Aspiranten

für die dreijähriger Ausbildung angemeldet.

Zunächst findet eine Eignungsprüfung

im Winter (Skifahren,

Eisgehen) statt. Das Sieb hat 48 Kandidaten

übrig gelassen. Die letzte Etappe

ist dann das Klettern (Alpinklettern,

Sportklettern). Die dabei verlangten Leistungen haben es in sich. Die Anwärter

müssen Schwierigkeiten im oberen siebenten Schwierigkeitsgrad frei klettern,

ohne Rasten im Seil und natürlich auch ohne Sturz. Letztlich haben von

den anfangs 120 Aspiranten noch 28 auch diese Hürde genommen. Die, und

nur die können nun die dreijährige Ausbildung beginnen.

"Das Auswahlverfahren ist auch deshalb so hart, weil es ein verantwortungsvoller

Beruf ist, mit Gefahren für sich selbst, aber auch für seine Gäste. Daher

sollen unsere Bergführer auf dem allerhöchsten Niveau sicher unterwegs

sein", betont der Vorsitzende der Berg- und Skiführer, Walter Zörer.

har

22


Sammelsurium...

Helmpflicht?- Ein Helm ist beim Klettern bei den meisten inzwischen zumindest

im Vorstieg Standard geworden. Nun ist aber zu überlegen, ob man diesen

"Kopfschmuck" nicht sogar sinnvollerweise beim Begehen von - auch touristisch

erschlossenen - Klammen oder Schluchten tragen sollte. Denn in diesem

Sommer sind In Österreich bei einem Felssturz mehrere Wanderer verletzt

worden. Der Unfall ereignete sich in der Bärenschützklamm bei Mixnitz

in der Steiermark. Offenbar waren mehrere Felsstücke aus den Steilwänden

herausgebrochen und hatten die Wanderer getroffen. Zwei Menschen sind

dabei getötet worden.

Früher Rekord.- Der ehemalige Spitzenkletterer Charles la Quiante von der

Berliner Sektion kletterte in nur 17 Minuten den Falkenstein rauf und wieder

runter. Das Ganze passierte bereits 1906 und dieser Rekord besteht wohl

auch heute noch.

Matterhorn im Ohr.- Wanderlust, Tiefschneegipfel,

Almseemorgen oder Basaltsäulennebel, das

sind Titel einer CD mit dem Namen "Matterhornmassiv".

Laut Werbung ist darauf eine Musik zu

hören, die einen abschalten lässt von Stress, von

der Enge heißer Sommertage und von all dem

Trubel und den nervenden Sorgen. Die Musik ist

23


nach Aussage der Schöpfer, Thomas Lemmer und Christoph Sebastian Pabst,

die Vertonung ihrer Impressionen im Angesicht des Matterhorns. Nun ja,

herausgekommen ist für meinen Geschmack eine etwas zu pathetisch geschriebene

Musik, neudeutsch: Deep House. Aber über Geschmack lässt sich

bekanntlich trefflich streiten, deshalb selbst reinhören in die CD "Matterhornmassiv"

und gegebenenfalls mit Kopfhörern, geschlossenen Augen und

im bequemen Sessel sich von den Tönen von Synthesizer und neoklassizistischen

Sequenzen einschmeicheln lassen. ( www.sine-music.com)

Kreide gefressen?- Könnte man eventuell sogar wörtlich nehmen, wenn man

die Kletterpartie von zwei Jugendlichen an den Kreidefelsen von Rügen sich

vergegenwärtigt. Ein 18- und ein 19Jähriger wollten den an dieser Stelle 70

Meter hohen Küstenabschnitt runter klettern. Einer rutschte ab und konnte

sich in etwa 60 Meter Höhe gerade noch an einem Ast festklammern. Und

um Hilfe konnten beide noch schreien. Das wurde von einem Urlauber auch

gehört, und der alarmierte die Feuerwehr. Etwa 20 Einsatzkräfte rückten an,

darunter Höhenretter der Feuerwehr und eine Drohne. Die Wagemutigen

konnten bis auf ein paar Schrammen unverletzt geborgen werden. Hier der

Bericht der Feuerwehr:

Datum: 24.09.2020

Alarm: 15:03 Uhr

Einsatzende: 19:40 Uhr

Meldung: Höhenrettung, Personen in Notlage - Steilküste Lohme => Königsstuhl

Kräfte und Mittel: ELW1 + Drohne und zweimal MTW Höhenrettung mit 13 Kameraden

weitere Kräfte: FFw Lohme, Rettungsdienst, Polizei, Wasserschutzpolizei, Nationalparkamt

Lage: Vor Ort bestätigte sich die Meldung. Zwei Personen hingen unterhalb des Königsstuhls

in der Steilküste des Nationalparks Jasmund fest. Da die genaue Position

nicht zu erkennen war, wurde unsere Drohne zur Lageerkundung eingesetzt. Außerdem

suchte die Wasserschutzpolizei seeseitig die Steilküste ab. Nachdem die genaue

Position der zwei Personen festgestellt wurde, seilte sich ein Höhenretter ab und rettete

beide unverletzt zum Strand. (Gesamthöhe in dem Bereich 117 Meter) Anschließend

wurden die Geretteten zum nächsten Aufstieg gebracht und an den Rettungsdienst

übergeben.

Danke an die Mitarbeiter des Nationalparks Jasmund, die die Einsatzkräfte mit Essen

und Getränken versorgten!

24


An diesem Beispiel kann man den Aufwand ermessen, der von Rettungskräften erbracht

werden muss. Ganz ähnlich sieht das auch bei uns im Elbsandstein aus, ganz

besonders auch bei Waldbrandeinsätzen.

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

30 Jahre Wende – 30 Jahre Nationalpark

An dieser Stelle soll an einen Mann erinnert

werden, der kurz vor dem Ende der DDR dafür

sorgte, dass viele Flächen dem Naturschutz gewidmet

werden konnten und nicht irgendwelchen

Immobilienmanagern zufielen. Die standen

gewissermaßen schon in den Startlöchern. Es

geht um Professor Michael Succow. Der war in

den letzten Tagen der DDR stellvertretender

Umweltminister. Und er arbeitet damals Tag

und Nacht, um noch vor dem Beitritt Gesetze in

der Volkskammer beschließen zu lassen, die

große Gebiete unter Naturschutz zu stellen,

manche auch als Nationalpark festzuschreiben.

Dabei unterstützte ihn damals auch der CDU-

Politiker Klaus Töpfer, der klar sah, dass das „Tafelsilber der deutschen Einheit“ verloren

zu gehen drohte.

4,5 Prozent des DDR-Staatsgebiet wurden so unter Schutz gestellt. Darunter auch unsere

Sächsische Schweiz, neben der Müritz, dem Nordharz oder dem Jasmunder

Bodden. Verteidigungs-, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium zogen den Kürzeren.

Als die Wende kam, war die Zeit der Funktionäre vorbei und die Zeit der Fachleute

begann auch im Umweltschutz. Das war die Chance für Michael Succow. Er holte

Umweltexperten in sein Ministerium und sorgte unter anderem dafür, dass auch in

den nachgeordneten Behörden Planstellen für Fachleute geschaffen wurden.

1997 erhielt Succow den alternativen (hochdotierten) Nobelpreis. Von dem Geld

gründete er eine Stiftung, die sich dem Naturschutz widmet.

25


Rate mal, wo ich gerade bin!

In den letzten Jahren haben sich ein paar neue Rituale und

Trends auf dem Berggipfel entwickelt. Für immer mehr Menschen

spielt die persönliche, sportliche Leistung eine große

Rolle beim Bergsteigen. Sie prüfen auf dem Gipfel den Puls, werfen einen

Blick auf das Fitness-Armband und kontrollieren den Zeitplan. Diese Dinge

sind ihnen wichtig, um die eigene Besteigung in Zahlen und Daten festzuhalten.

Der Gipfel ist auch der Ort geworden, an dem man bei einem Tagesausflug

Kontakt zu all denjenigen aufnimmt, die Zuhause geblieben sind. Viele führen

ein Telefonat oder checken ihre Social-Media-Kanäle. Auch das Gipfelbild

spielt eine immer größere Rolle. Es ist der moderne Beweis dafür, dass man

den Gipfel erreicht hat und dient auch dazu sein eigenes Erlebnis über Social

Media mit all seinen Freunden zu teilen.

Die fünf Wörter der Überschrift sind deshalb kaum überraschend die meistgesprochenen

auf der Zugspitze, jedenfalls ins Handy oder Smartphone. Auf

der Zugspitze wollen die meisten Besucher Fotos machen und eben eine

Message ins Handy sprechen.

„Ich war da“, das ist eines der Leitmotive im

heutigen Tourismus. Der Zugspitzwirt von der

Alpenvereinshütte oben berichtete, dass er

einmal eine Grillzange als Souvenir verkaufen

wollte, bei der „Zugspitze“ eingraviert war. Hätte

keiner gekauft, sagt er. Erst als er auf die eine

Seite zusätzlich „Ich war da“ eingravieren

ließ, waren die Dinger in kurzer Zeit verkauft.

Eigentlich müsste man auf der Zugspitze die

Handys verbieten, denn häufig hört man auch

solche Chats wie: „ … Hallo. Ja die obere Spalte

…. und dann …… ja, links oben …. der Arbeitgeberanteil

….. dann musst du noch ….“ usw.

Aber das will hier eigentlich keiner hören. Dazu

kommt man nicht her, >>>

26


>>> weder oben auf dem Berg, Deutschlands Mount Everest, noch in der

neuen Seilbahn mit den einzigartigen Daten weltweit.

Seit Corona grassiert, ist es auf der Zugspitze noch voller geworden, denn viele

Länder haben für Touristen dichtgemacht. Auch Nepal mit seinen 8000ern.

Also begnügt man sich mit dem heimischen Nonplusultra.

Ich war da – das ist heute das Leitmotiv der Tourismusbranche, schreibt der

SPIEGEL (Nr. 32/2020). Als ob man dafür belobigt wird, wenn man ein Urlaubsziel

abgearbeitet hat. Urlaub als Erledigung.

Aber selbstkritisch: Einen solchen Abhake-Tourismus habe ich gesprächsweise

auch schon unter uns gehört.

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Waldesrauschen

Falls jemand Corona bedingt Entzugserscheinung hinsichtlich des Waldesrauschens

hat, für den kommt jetzt im Internet Abhilfe.

Denn ab in den Wald bei timberfestival.org.uk/soundsoftheforest-soundmap

und dort dem Rauschen und Rascheln von Wäldern in aller Welt lauschen.

Die Sächsische Schweiz ist leider nicht dabei, aber zum Beispiel der Tegeler

Forst.

27


Leute…Leute…Leute…Leute…Leute…Leu

Charles la Quiante von der Sektion Berlin erkletterte den Falkenstein in 17

Minuten rauf und wieder runter. Das Ganze spielte sich bereits 1906 ab, und

wurde bis heute meines Wissen nicht unterboten. Vielleicht weiß dazu der

Buchführer über die "Alle-Gipfel-Besteiger", Dietmar Heinicke, mehr.

Gisbert Ludewig (Gisi) wurde

in diesem Jahr 90 Jahre alt. Und

er klettert noch immer. Zwei Tage

vor seinem 90igsten kletterte er

zusammen mit Bernd Arnold,

Frank Richter und Günter Priebst

über die Schuellervariante (V) auf

den Vorderen Gansfels. Schon

1950 war er bei einer Erstbegehung

von Hans Peuker (Kleiner

Halben, Nordwestwand, VIIc) dabei,

1972 bei der Erstbegehung

"Meisterschreck (IXa) von Hermann

Potyka. Später kletterte er

oft mit Bernd Arnold. Mit ihm gelangen

Erstbegehungen bis zum

Grad Xc (Garten Eden am

Rokokkoturm).

Bekannt ist der Kletterer auch für

seine unermüdliche Suche nach neuen Klettergipfeln. Dabei gelangen ihm etliche

Erstbesteigungen, meist im unteren und mittleren Schwierigkeitsgrad.

Ludewig gehörte auch zu den Wiederbegründern des SBB nach der Wende.

Er ist Ehrenmitglied des SBB.

Hermann Sattler war nicht nur ein eifriger Erschließer vieler Kletterwege in

der Sächsischen Schweiz, sondern auch ein penibel Buch führender

Tagebuchschreiber. Im Heft 1/2020 der Reihe "Sächsische

Bergsteigergeschichte“ sind interessante Auszüge nachzulesen. Unter

anderem zum Schmunzeln dies, dass er "... vom Erklären und vom langsam

Gehen ..." mit seinen Eltern in der Felsenwelt abends todmüde ins Bett fiel.

28


Reinhold Messner reicht mit 75 Jahren sein

Erbe weiter: Mit einer "Final Expedition" will er

sein Verständnis vom Bergsteigen und seinen

Appell zum Respekt für die Berge weitergeben.

Bei Auftritten rund um die Welt, die Festivalcharakter

haben sollen, wolle er seine Haltung vortragen

und diskutieren, sagte Reinhold Messner

der Deutschen Presse-Agentur. "Ich bin nicht der

Einzige, der es kann, aber ich bin einer der derjenigen, die überlebt haben."

Deshalb sieht er sich verpflichtet, für den traditionellen Alpinismus zu kämpfen.

Messner hatte sich stets gegen eine massive Erschließung der Berge ausgesprochen.

"Das traditionelle Bergsteigen ist und bleibt gefährlich." Ohne Gefahr

gebe es kein Abenteuer.

Stattdessen aber würden die Berge durch immer mehr Erschließung oder gar

Funparks präpariert, inszeniert und "banalisiert". "Das ist genau das, was wir

nicht tun sollten", sagt Messner. "Die Berge verlieren damit ihre Ausstrahlung."

Erschließen oder bewahren? "Diese Auseinandersetzung ist weiter zu

führen." Schnell werde ein Foto geknipst, "das ist dann die Erinnerung, die

bleibt." Der Trend im Bergsport gehe hin zum abgesicherten und risikoarmen

Massensport. "Die traditionellen Bergsteiger werden weniger, aber sie sind

viel besser als wir früher."

Wann er zu der "Final Expedition" starten könne, sei wegen Corona offen, jedenfalls

"sobald wie möglich". "Sonst schaffe ich es nicht mehr." Hätte nicht

das Virus die Pläne durchkreuzt, wäre er jetzt in Australien. "Diese letzte

Expedition wird mich um die ganze Welt führen. Das wird mich beschäftigen

bis in die letzten Züge."

Nach seinen Expeditionen auf die höchsten Berge und durch die Wüsten der

Welt hat sich Messner in Büchern, mit seinen Museen und zuletzt mit Filmproduktionen

der Geschichte des Bergsteigens gewidmet.

(sh. auch EBM-Report 4/20 Seite 22)

29


Mario Bornschein, stellvertretender

Leiter der DAV-Sektion „Brandenburger

Tor“ und Betreiber von Outdoor-Läden,

in Berlin und Potsdam, hat in einem Info-Radio-Interview

gefordert, unsere

Natur nicht zu belasten, sondern sie zu

schützen, aber auch zu nutzen. Dies sei

in Corona-Zeiten besonders wichtig. In

seinen Geschäften beobachte er unter

den Kunden einen Trend zu nachhaltigeren

Produkten und zu Ausrüstungen, die

der ortsnahen Erholung in der uns umgebenden

Natur dienen. So habe er zum

Beispiel ein Vielfaches an Hängematten

und Ergänzungsartikel für das Radfahren

verkauft als sonst. Dagegen habe der

Absatz von Produkten, die üblicherweise bei Fernreisen gekauft werden,

stark nachgelassen.

Reinhard Mittag, einer der besten Alpinisten aus DDR-

Zeiten und Erstbegeher etlicher schwerster Wege in der

Sächsischen Schweiz, beklagt im SBB-Mitteilungsheft

3/2020 einige nach seiner Meinung schädlichen Tendenzen.

Er hatte im „Koma von Corona“ die Felsen

durchstreift. Da fiel ihm insbesondere das ausufernde

Topropen auf. Begleiterscheinung dieser, oft von Kletterkursanbietern

praktizierten Kletterunart, waren Autos

auf Wegen im Nationalpark (Materialtransport für trageunwillige Kunden?).

Straff im Seil hängend und mit den Füßen den Fels polierend wurden

überforderten Kunden ein zweifelhaftes „Klettererlebnis“ geboten. Der Falkenstein

scheint da besonders beliebt zu sein.

Er plädiert für ein Verbot des Topropens.

30


Der Kampf gegen Müll und Massen: Müssen

wir die Berge besser schützen?

Ein Sherpa sammelt Abfälle auf dem Mount Everest ein. Seit einiger Zeit müssen Bergsteiger

hier eine Müllgebühr von 1.500 Dollar zahlen

Die hohen Berge waren lange Zeit ein Mythos, Heimat von Drachen, Zwergen

und anderen Fabelwesen. Ein gefährlicher Ort also, an den der Mensch nicht

hingehört, die meisten hohen Gipfel galten lange als unbesteigbar.

Und heute? Bilden sich am Mount Everest Schlangen, ein Nepalese besteigt

in nur sechs Monaten und sechs Tagen alle Achttausender der Welt. Jüngst

schleppte der Brite Matthew Paul Disney eine Rudermaschine auf den Mont

blanc – für einen PR-Gag. Wurde aus dem Mythos Berg eine Marketingplattform?

Welche Folgen hat das?

Jener Brite brachte Jean-Marc Peilex, Bürgermeister von Saint Gervais am

Fuße des Montblancs, endlich die mediale Aufmerksamkeit, für die er seit

Jahren kämpft. Er hat einen offenen Brief geschrieben, in dem er Präsident

31


Emmanuel Macron darum bittet, den höchsten aller Berge Europas nicht

mehr für alle frei zugänglich zu machen. Seitdem kommen Fernsehteams

nach Saint Gervais, alle wollen ein Interview mit Peilex. Und der kann erzählen

– vom Mont Blanc als Segen für seinen Ort, aber auch als Fluch.

Der Mont Blanc - das Ungetüm aus Granit in den französischen Alpen ist ein

Traum vieler Alpinisten. Plötzliche Wetterumschwünge, 4810 Meter Höhe,

Schnee und Eis machen

den Aufstieg zu

einem Wagnis. Er ist

einer der Seven

Summits, jener sieben

Gipfel also, die

als besondere Herausforderung

für

passionierte, erfahrene

Alpinisten gelten.

Er ist aber auch

der einzige der sieben,

der frei für jedermann

zugänglich

ist – das bringt den

Berg und besonders

die Menschen in Gefahr.

Denn: Bergsteigen ist im Trend – und leider oft mehr Event, als ernstzunehmende

Herausforderung. Es komme vielen auf das Selfie auf dem Gipfel an,

das auf sozialen Netzwerken gepostet werden kann, klagt Bürgermeister

Peilex. Und diese Jagd nach Likes nimmt mitunter skurrile Züge an: Besagte

Rudermaschine blieb – in einer Hütte untergestellt – auf dem Berg. Der

Brite behauptet, wegen des Wetters habe er die Tour abbrechen müssen.

Peilex sagt, er habe schlappgemacht und will ihm die Bergung der Rudermaschine

in Rechnung stellen.

Nicht die Erfahrung, auf dem höchsten Gipfel Europas zu stehen, lockt viele

Bergsteiger, sondern die Aufmerksamkeit, die sie sich davon erhoffen. Eine

Gruppe schleppte einen aufblasbaren Whirlpool auf den Gipfel, um daraus

ein Selfie zu posten, eine andere drehte ein Musikvideo – mit Gitarre und

Kontrabass. Als ein Amerikaner mit seinen beiden Kindern >>>

32


>>> im Alter von nur neun beziehungsweise elf Jahren beinahe von einer

Lawine mitgerissen wurde, rechtfertigte er sich gegen die öffentliche Kritik:

Er habe doch lediglich den Weltrekord des jüngsten Bergsteigers auf dem

Gipfel brechen wollen.

Schneller, höher, weiter. Und wenn das nicht klappt, gibt es ja noch die Helikopter

der französischen Bergwacht – und deren Einsätze sind für die Geretteten

prinzipiell kostenlos, so will es das französische Gesetzbuch. Lange

wurde auf die Vernunft und Erfahrung derjenigen vertraut, die es wagten, einen

Berg wie den Mont Blanc zu besteigen.

Oft sind die Bergsteiger nicht gut genug ausgestattet, oft fehlt es an Erfahrung

oder der richtigen Begleitung: Zwar empfehlen Experten, den Aufstieg

nicht ohne Bergführer zu machen, viele wagen es trotzdem – auch der vermeintlich

einfachste Weg zum Gipfel, über den Hörnligrat ist im

Gesteinlabyrinth des Berges nur schwer zu finden. Wer den Einstieg verpasst,

verschlägt sich leicht, verliert Zeit. Wer dann trotzdem noch auf den Gipfel

will, der kann leicht in einen Wetterumschwung oder in die Dunkelheit geraten.

Aber auch die schiere Masse an Bergsteigern birgt Gefahren – kreuzen

sich die Wege von absteigenden und aufsteigenden Seilschaften an exponierten

Stellen im Berg, kann es gefährlich werden. Zu vermeiden ist das allerdings

kaum, wenn die Bedingungen perfekt sind, versuchen bis zu 200 Bergsteiger

an einem Tag ihr Glück. Der Mount Everest - er ist der König aller Ber-

33


ge, der höchste Punkt, auf dem ein Mensch auf dieser Erde stehen kann: auf

8848 Metern. Zuerst oben waren 1953 Edmund Hillary und Tenzing Norgay.

Der wahre Everest-Boom ab den Achtzigerjahren ist auch Reinhold Messner

zu verdanken, der als Erster ohne Sauerstoff auf dem Gipfel ankam und den

Everest-Traum populär machte: Waren es in den ersten 27 Jahren nach der

Erstbesteigung 99 Menschen, die den Aufstieg schafften, wagten es 1993

erstmals mehr als hundert Bergsteiger in einem Jahr. In der Rekordsaison

2007 schafften es 604 Bergsteiger nach oben.

Die kommerzielle Massenbesteigung fordert seinen Preis: Elf Menschen starben

allein im April und Mai diesen Jahres am höchsten Berg der Welt. Die Leichen

von rund 300 Verunglückten wurden nicht geborgen - zusammen mit

Unmengen Müll sind sie eindrucksvolle Zeugen menschlicher Präsenz an einem

Ort, der lebensfeindlicher kaum sein könnte. Eine Organisation tibetischer

Bergsteiger versucht, zumindest das Ausmaß einzudämmen: 2018 holten

sie fast zehn Tonnen Müll vom Berg. Kaputte Zelte, Gaskattuschen,

menschliche Exkremente – was unnütz geworden ist, wird zurückgelassen,

jedes Gramm im Rucksack wird am Berg zum Kilo.

Doch die Behörden reagieren, auch weil Bilder von langen Schlangen am Ruf

des großen Mysteriums Everest kratzen. Das Basislager für Touristen wurde

aus ökologischen Gründen um einige Kilometer verlegt, die Zahl der Gipfelbesteigungen

pro Jahr auf 300 begrenzt. Bereits seit einigen Jahren müssen

Bergsteiger ihren Müll mitnehmen: Kommen sie heil am Fuße des Berges an,

müssen sie mindestens acht Kilogramm Müll mit sich tragen – sonst droht eine

Geldstrafe. Neu ist auch die Müllgebühr von 1.500 Dollar pro Abenteurer.

Ähnliche Probleme – wenn auch in ganz anderen Dimensionen – gibt es in

Deutschland. „Wir haben hier eher die Hüttenproblematik“, sagt Thomas Bucher,

Pressesprecher des Deutschen Alpenvereins und meint: Viele Bergsteiger

lassen ihren Müll rund um die Berghütten einfach liegen. Dort gibt es oft

keine Mülleimer, die Hüttenbetreiber müssten eigenständig den Müll aller

Gäste entsorgen; eine Müllabfuhr fährt nicht durch die Alpen. „Deshalb verstecken

die Leute ihren Müll regelrecht in den Hütten“, klagt Bucher. Insgesamt

jedoch werde weniger Müll in den Bergen zurückgelassen, trotz steigender

Besucherzahlen: „Die Menschen haben verstanden, wie schön und

damit auch schützenswert unsere Natur ist."

Wie gefährlich sie sein kann, ist bei vielen Bergfreunden noch nicht angekommen.

Seit 2006 hat sich die Zahl der jährlichen Rettungseinsätze der bayrischen

Bergwacht im Sommer mehr als verdoppelt. >>>

34


>>> Aber nicht nur oben geht es müllig und gefährlich zu.

Beliebt bei Instagramern ist zum Beispiel der Königsbachfall im Nationalpark

Berchtesgaden. Im April 2019 sind zwei junge Männer in einer Gumpe ertrunken.

Die Strudeltöpfe sind berühmt für Selfies, aber Wasserwalzen machen

sie sehr gefährlich. Für das perfekte Foto in den Gumpen des Wasserfalls

übersteigen Instagram-Nutzer Drahtseile, hangeln sich an Felswänden

entlang und was den Nationalpark Berchtesgaden am meisten stört, sie halten

sich nicht an den geltenden Naturschutz.

Der Ruhm, der mit einer Gipfelbesteigung einhergeht, sei schon immer Teil

des Bergsteigens gewesen.

Aber auch an exponierten

Orten gibt es Parallelen

zur verrückten

Jagd nach medialer Aufmerksamkeit

an Everest

oder Montblanc. Für ein

tolles Foto auf Instagram

wagen viele mehr als sie

sollten. Paradebeispiel

hierfür: Der Königsbachfall

in Oberbayern. Er ist

relativ einfach zu erreichen

und bietet einen

szenischen Ausblick über

den Königssee. Unter

dem Hashtag #königsbachfall

posten

Influencer Fotos von sich im Gumpen unterhalb des Wasserfalls. Hunderte

Nutzer liken die Posts, und wenn ist etwas nackte Haut zu sehen, eher Tausende.

Die Folgen können dramatisch sein: Im April 2019 starben zwei 21-jährige

Touristen aus Bautzen am Instagram-Hotspot Königsbachfall. Gerade im Frühjahr

kann dieser sehr gefährlich werden, Schmelzwasser aus den Bergen

schießt in den Gumpen und bildet eine Wasserwalze – einmal darin gefangen,

gibt es fast kein Entkommen. Rund 300 Kilometer westlich, in dem Naturschutzgebiet

Allgäuer Hochalpen, kämpft der Schrecksee mit ähnlichen Problemen.

Auf 1813 Metern Höhe gelegen, führt nur ein anspruchsvoller Aufstieg

nach oben. Den aber nehmen Feierwütige gerne in Kauf, um den Berg-

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see in eine Partylocation zu verwandeln. In lauen Sommernächten zelten bis

zu 80 Menschen direkt an den Ufern, mitgebrachte Soundsysteme und meterhohe

Lagerfeuer sorgen für Festival-Atmosphäre.

Seit sich solche Bilder auf

Instagram verbreitet hatten,

reisen Menschen

aus ganz Deutschland,

aber auch dem Ausland

an, um eine Nacht im

Allgäu zu feiern.

Und wer feiert, der hinterlässt

Spuren. Naturschützer

klagen über

Massen zurückgelassener Verpackungen und Flaschen, überall um den See

sei die Notdurft der Feiernden verteilt. Deshalb greift die Alpinpolizei hart

durch: Wer beim Wildcampen am Schrecksee erwischt wird, zahl ein Bußgeld

von 300 bis 500 Euro.

Einen vollen Arbeitstag kostet ein Kontrollgang am See die Beamten. Anders

jedoch scheint Naturschutz in den deutschen Alpen nicht zu funktionieren.

Handzettel mit Informationen zum Naturschutz um den Schrecksee verpufften

wirkungslos.

Früher habe es alle vier bis fünf Jahre Zwischenfälle gegeben, heute seien es

zehn bis zwanzig im Jahr.

Das Matterhorn ist ein Mythos,

der 500 Menschenleben

kostete.

Was der Montblanc für

Frankreich ist, ist das Matterhorn

für die Schweiz.

4478 spitz zulaufende Meter

festes Gestein, ganzjährig

bedeckt mit Schnee und

Eis jagen Furcht und Respekt

ein – wecken aber

auch den Traum, einmal

dort oben zu stehen. Dort

hat die Ruhmessucht der

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Gipfelstürmer Tradition: 1865 lieferte sich der Brite Edward Whymper mit einer

italienischen Seilschaft ein wahres Wettrennen um die Erstbesteigung,

Berichten zufolge soll Whymper sich für die letzten Meter sogar aus der Seilschaft

ausgebunden haben und sei gerannt, um als erster Mensch auf dem

Gipfel zu stehen.

Den Ruhm jedoch heimsten nur drei der sieben Erstbegeher ein. Die anderen

stürzten beim Abstieg in den Tod und bilden damit den Auftakt für tragische

Ereignisse, die immer mehr zum Alltag werden: 2500 bis 3000 Bergsteiger

versuchen sich jede Saison am Gipfel, über 500 Menschen ließen dabei seit

Whympers Gipfelsprint ihr Leben. Ungefähr 80 Mal fliegt der Rettungshelikopter

pro Jahr zum Matterhorn.

Dieser Artikel stammt leicht gekürzt von Matthias Thome.

…Ω…

Vor 10 Jahren –

Kurt Albert tödlich verunglückt

Im September jährte sich zum zehnten Mal der Todestag von Kurt Albert. Albert,

geboren 1954 war einer der größten und geistreichsten Kletterer und

Bergsteiger aller Zeiten. In Nürnberg geboren, zählte er zu den Pionieren der

internationalen Frei-Kletterbewegung, die im Frankenjura eines ihrer Zentren

hatte. Mit der Erfindung des Rotpunkts schrieb Kurt Albert Klettergeschichte.

Sein scharfer Verstand, seine Offenheit gegenüber Menschen und Ideen, seine

Abenteuerlust und sein Witz machten ihn zum Mittelpunkt einer sportlichgesellschaftlichen

Subkultur, deren Einflüsse weit über das Klettern und Bergsteigen

selbst hinausgingen. Mit ihr veränderten sich auch Traditionen, Werte

und Denkmuster, Klettern wurde zum Breitensport, dessen ökonomische

37


und ästhetische Bedeutung heute in vielen Teilen der Gesellschaft deutlich

sichtbar ist.

Mit zahlreichen Erstbegehungen

hinterließ Kurt Albert

seine Spuren in den

Bergen der Welt. Noch

bemerkenswerter als seine

alpinistischen Leistungen

ist aber die Konsequenz,

mit der er seinen Lebensstil

über Jahrzehnten hinweg

beibehielt. Kurt Albert

war nicht nur Freikletterer

– er führte vor allem

und zuvorderst ein freies,

unabhängiges Leben.

Tom Dauer, mehrfach ausgezeichneter

Autor und

Filmemacher hat das Leben

von Kurt Albert in einer

Biografie zu Papier gebracht

und füllt damit eine

Erinnerungslücke. Das

Buch wird all jene ansprechen, die Klettern und Bergsteigen nicht nur als

Sport, sondern zugleich auch als Lebensgefühl begreifen.

Tom Dauer: Frei denken – frei klettern – frei sein

Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2020

ISBN 978-3-7022-3874-2 für ca. € 29,95

als E-Book: ISBN 978-3-7022-3897-1, für ca. € 24,99

38


Buchtipp

Mount Everest auf zwei weiteren Achttausendern.

Den Everest zu besteigen,

ist wahrlich kein

Spaziergang, erst recht

nicht nach einer

Krebserkrankung mit

Chemotherapie. Die

Bergsteigerin Heidi

Sand hat das geschafft

und erzählt das Wie

und die Vorgeschichte

dazu in diesem

Mutmacherbuch. Ihre

Vision war, sich eine

Belohnung für die Zukunft

vorzunehmen,

um damit die Krankheit

besiegen zu können.

Und das war in

diesem Fall, ihren

Traum wahr zu machen,

den Mount Everest

zu besteigen. Am

Ende hat sie den Krebs

besiegen können und

stand neben dem

Heidi Sand: Auf dem Gipfel gibt es keinen Cappuccino

Verlag kurz&bündig; 18,50 Euro (als eBook 12,99 Euro);

ISBN 978-3-907126-31-8

39


EBM-Kompakt:

Gruppenabende monatlich, jeweils am 3. Dienstag 18 Uhr (im Dezember am

2. Dienstag). im Begegnungszentrum LIBEZEM, Rhinstraße 9, 10315 Berlin-

Friedrichsfelde Tel.: 5229200

Gruppenmitgliedschaft 10,– Euro Beitrag/Jahr unabhängig von einer Mitgliedschaft

im Deutschen Alpenverein (DAV). Eine Mitgliedschaft im DAV ist

nicht Bedingung.

Eine Hütte in Prossen steht allen Gruppenmitgliedern zur Nutzung offen,

genauso deren Freunden und Bekannten, vorausgesetzt, es ist jemand von

der Gruppe mit auf der Hütte, wenn es ein Erstbesuch ist.

Übernachtungsgebühr 6.- Euro pP, Schüler ab 10 Jahren 3.- Euro und unter

10 Jahren 1 Euro.

Hüttenmitgliedschaft 30 Euro/Jahr, dann Übernachtungsgebühr nur 2,50

Euro, Schüler ab 10 Jahre 1 Euro, darunter frei. Abrechnung bei Willy

Göricke (siehe unten).

Die Hütte befindet sich in 01814 Prossen, in der Ferienanlage Weinberg,

Bungalow-Nummer 20/21; Anfahrt über Bergstraße

Hüttenschlüssel gegen Pfand bei Thomas Klenz.

Anmeldung bei Ulf Knoll (im Verhinderungsfall auch bei Thomas Klenz).

Kontakte:

Ulf Knoll 0160/98 15 98 77, Alfred-Randt-Str. 16, 12559 Berlin

Thomas Klenz 67820278, Walchenseestr. 12, 12527 Berlin

Jochen Söhler 564 87 73, Cecilienstr. 172, 12683 Berlin

EBM-Finanzen: Willy Göricke, wgo99@t-online.de

IBAN: DE51160500001100334366, BIC: WELADED1PMB

Ausführliche Infos über: www.einheit-berlin-mitte.de (Dort gibt es auch eine

aktuelle Belegungsübersicht für die Hütte.)

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