ST:A:R_22
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Printmedium Wien – Berlin<br />
<strong>ST</strong>/A/R<br />
Zeitung für Hochkultur Mittelmaß und Schund<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
04Z035665M – P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien • Adresse: 1060 Wien Capistrangasse 2/8 • office@star-wien.at • Europa € 3,00 • Nr. <strong>22</strong>/09<br />
KUB<br />
Angelo Roventa<br />
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Jetzt auch im Haus der Architektur in Graz erhältlich!<br />
3,– Euro<br />
vai
2 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch I - Angelo & Superrudi Nr. <strong>22</strong>/2008<br />
EDITORIAL :<br />
Heidulf Gerngross<br />
Dank an Elisabeth Penker, die uns als Mitherausgeberin von<br />
<strong>ST</strong>/A/R <strong>22</strong> verlassen hat. “Verlassen hat” heisst sie geht nach<br />
Kärnten und hat ein Künstlerstipendium in Rom.<br />
ADIO und Du bist und bleibst ein grosser Teil unserer<br />
Gedanken und Geisteswelt.<br />
ADIO DA DA DA.<br />
Penker going<br />
Puppa Goodyear<br />
thanks for your nice birthdayparty<br />
for Heidulf.<br />
Denker coming<br />
Nun bin ich ab Ausgabe 23 Mitherausgeber des *<strong>ST</strong>/A/R*-Printmedium-Wien<br />
und freue ich mich von Herzen. Ich möchte den<br />
*<strong>ST</strong>/A/R* um einige internationale Akzente bereichern, die Website<br />
reorganisieren und Artikel zu aktuellen Entwicklungen liefern, besonders<br />
zu Kunst, Philosophie und Verdauung.<br />
Mit Wien verbinden mich meine Freunde (besonders auch in der<br />
*<strong>ST</strong>/A/R*-Redaktion), Lehraufträge am Institut für Philosophie, der<br />
Passagen-Verlag, die Fa. Trenka / Eucarbon und 5p. International vernetzt<br />
bin ich besonders nach Paris (wo ich 12 Jahre lang studiert und gearbeitet<br />
habe), Brüssel (dort lebe ich mit meiner Familie) und Zürich (wo ich<br />
mich zukünftig verstärkt engagieren werde).<br />
Für den *<strong>ST</strong>/A/R* habe ich seit meinen ersten Tagen in Wien begeistert<br />
und bei der redaktionelle Arbeit sowie der Organisation von Events<br />
unterstützt. Am *<strong>ST</strong>/A/R* begeistert mich das unverwechselbare Licht,<br />
das er in die “konventionelle” Presselandschaft wirft, sein unverkranfter<br />
Umgang mit lokalen und internationalen Kulturereignissen und seine<br />
Offenheit für Lebensfreude. Er efördert die Freiheit der ästhetischen<br />
Erscheinung, entkommt manchem Cliché der gesellschaflichen Gefüge,<br />
hat Mut zum spielerischen Umgang mit Wort und Bild und vieles andere<br />
mehr zur Bereicherung des Lebens in Wien und anderswo. Dazu möchte<br />
ich beitragen.<br />
Christian W. Denker (Dr. art)<br />
Italia in der Aera 53<br />
Go and see!<br />
Ismael Basran <strong>ST</strong>/A/R-Amigo<br />
Habsburgergasse 4
Nr. <strong>22</strong>/2008 Buch I - Angelo & Superrudi<br />
<strong>ST</strong>/A/R 3<br />
Inhaltsangabe<br />
Buch I - Seite 1–8 Buch II - Seite 9–16 Buch III - Seite 17–24 Buch IV - Seite 25–32 Buch V - Seite 33–40 Buch VI - Seite 41–48<br />
Buch VII - Seite 49–56 Buch VIII - Seite 57–64 Buch IX - Seite 65–72 Buch X - Seite 73–80 Buch XI - Seite 81–88 Buch XII - Seite 89–96<br />
Impressum<br />
<strong>ST</strong>/A/R Printmedium Wien<br />
Europäische Zeitung für den direkten kulturellen Diskurs<br />
Erscheint 4 x jährlich, Nr. <strong>22</strong>/2009, Erscheinungsort Wien<br />
Erscheinungsdatum: Dezember 2009<br />
Medieninhaber:<br />
<strong>ST</strong>/A/R, Verein für Städteplanung/Architektur/Religion<br />
A–1060 Wien, Gumpendorferstrasse 42 – 44 / 2 /R1<br />
Herausgeber: Heidulf Gerngrss<br />
Redaktionelle Mitarbeit: Heidulf Gerngross (Architektur) , Wladimir Jaremenko-Tolstoj,<br />
Markus Hinterthür (Science Fiction), Helmut Wimmer (Architektur), Heike Nösslböck (Kunst), Iris Julian (Kunst), Bibi Lechner<br />
(Kunst), Kathrin Pandora (Kunst), Manfred Stangl (Ganzheitliche Ästhetik), Rudolf Gerngroß (Waran), David Staretz (Auto), Dr.<br />
Christian Denker und Brigitte Bercoff (Paris-Brüssel-Wien), Angelo Roventa (Architektur), Philipp Konzett (Galerie), Alexander<br />
Schiessling (Redaktion), Arkan Zeytinoglu (Architektur), Elisabeth Penker (Redaktion), Mirjana Rukavina (Foto),.<br />
Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterrreich und Burgenland,<br />
Artdirektion & Produktion & WC-Reinigung: Mathias Hentz<br />
Druckproduktion: Michael Rosenkranz<br />
Andreas F. Lin der Mayr<br />
7 Jahre Stahlstadt Linz, IV<br />
Nach meiner Zeit beim Bundesheer kehrte ich Juni 1976 wieder in den Atomreaktorbau<br />
der VöE<strong>ST</strong>-ALPINE in Linz zurück. Mir war von vornherein klar, dass ich niemals Technischer<br />
Zeichner bleiben würde.<br />
Die Entwicklung um mich herum, betrachtete ich mit wachsender Skepsis. Einige meiner<br />
Kollegen waren schon 1976 mit 19, 20 Jahren Väter, sie heirateten, gründeten eine Familie,<br />
nicht zuletzt, weil es seit Kreisky Geld vom Staat dafür gab. Es lastete ein Tabu darauf, zu hinterfragen,<br />
warum jemand mit 18 schon sein ganzes bevorstehendes Leben, beratschlagt von<br />
Banken und Gewerkschaften, bis zur Pensionierung verplante.Als gäbe es gar nichts anderes!<br />
Ich konnte mich mit halbwegs Gleichgesinnten, etwa potentiellen Indienfahrern, nur darüber<br />
wundern. Gegen jene Häuslbauer-Mentaltiät, wie sie damals gerade groß als von den staatlichen<br />
Institutionen abgesegneter Lebensentwurf im Kommen war, hegte ich eine tiefgreifende<br />
Abneigung. Mir war nach unendlich mehr.<br />
De facto gab‘s zunächst aber nur eines: Abhängen am Zeichentisch, tagein, tagaus, Jahr für<br />
Jahr. Von irgendwas musste man ja leben! So dämmerte ich in vager Hoffnung auf ganz was<br />
anderes, unzählige farb- und geruchlose Bürotage dahin, bis ich im Mai 79 so mürbe und<br />
morsch geworden war, dass ich wie ein fauler Zahn aus allem herausfiel, was mir Halt und<br />
Stütze, freilich einen falschen Halt und eine falsche Stütze gab. Mein Vater rotierte, als er von<br />
meinem Ausscheiden aus der VÖE<strong>ST</strong> mitbekam.<br />
Beim Militär gedachte ich, Bergrettungsdienst bewährt, tapferen, freimütigen Menschen<br />
zu begegnen. Die mochte es vielleicht vereinzelt noch in irgendwelchen Enklaven gegeben<br />
haben, da, wo ich hinversetzt wurde, traf ich keinen. Was mir tatsächlich von Anfang an beim<br />
Heer entgegentrat, waren die kleinen, töricht tückischen Machtspiele, wie sie mir seit den<br />
Tagen des Kindergartens auf die Nerven gingen, - hier fand ich sie auf die Spitze getrieben.<br />
Fortgesetzte Interesselosigkeit an den Abartigkeiten eines Grundwehrdienstes versetzten meinen<br />
Ausbildner derart in Rage, dass er mich von Hörsching in die so genannte Strafkompanie<br />
nach Langenlebarn versetzen lie√ü. Dort herrschte unter blitzblanken Gewehrläufen und<br />
peinlichst observierter Sauberkeit, Hauptmann Stinkwut, glühender Pseudo-Wagnerianer und<br />
offensichtlich gescheiterter Bodybilder, der dir bei geringster Abweichung von seinen hinaus<br />
gebrüllten Befehlen, den Arsch aufzureissen drohte.<br />
Vom Gymnasium für Berufstätige in der Spittelwies, das ich ab September 76 Abend für<br />
Abend besuchte, erhoffte ich mir naiv eine Vertiefung beziehungsweise Erweiterung meiner<br />
humanistischen Bildung. Ich gedachte weltfremd und edelmütig, mich an der Weisheit<br />
Brüste zu laben. Aber mit Ausnahme zweier älterer Professoren, waren alle Lehrer nur daran<br />
interessiert, ihr Programm rasch abzuwickeln. Konkret ging es ja lediglich um das Nachholen<br />
Organisation: Nösslböck Heike<br />
Druck: Herold Druck und Verlags AG, Wien<br />
Vertrieb: <strong>ST</strong>/A/R, Morawa GmbH.<br />
Aboservice: starabo@morawa.com<br />
oder: starabo@morawa.com<br />
Bezugspreis: 3,- Euro (inkl. Mwst.)<br />
Kontakt: grafik@star-wien.at” grafik@star-wien.at<br />
Redaktion: editors@star-wien.at” editors@star-wien.at<br />
Adresse: Gumpendorferstr 42 – 44 / 2/ R1, 1060 Wien<br />
0043-664-521-3307 Österreich<br />
Cover: Angelo Roventa / Foto: Gerhard Klocker<br />
<strong>ST</strong>/A/R wird gefördert von: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und Stadt Wien.<br />
<strong>ST</strong>/A/R unzensuriert / unlektoriert / Bussi.<br />
<strong>ST</strong>/A/R ist ein Gesamtkunstwerk und unterliegt dem Urheberrecht.<br />
<strong>ST</strong>/A/R dankt allen BeitragslieferantInnen, MitarbeiterInnen, KünstlerInnen,<br />
UnterstützerInnen und FreundInnen.<br />
der Matura, nicht um die Hochschulreife per se, sondern nur um einen<br />
Zettel als Beleg für eine solche Reife.Die lange Zeit bis dorthin sollte<br />
uns in den Deutschstunden durch Witze-erzählen versü√üt werden. Die<br />
„Amseln“ ( von AMS - Arbeitermittelschule) hätten es ohnedies schwer<br />
genug. Das war zunächst richtiggehend lustig, wurde aber ab dem Moment<br />
schier unerträglich, da sich die Witze zum dritten und vierten Mal<br />
wiederholten. Godot lie√ü grüssen. Gewaltig! Samuel Beckett und Co.<br />
waren auch die Wenigen in dieser Entwicklungsphase, die mich wirklich<br />
was angingen.<br />
Als ich im Juni 76, frisch aus der „Strafkompanie“ ins Büro im Stahlbau<br />
der VöE<strong>ST</strong> in Linz zurückkehrte, empfing mich der Senior-Chef,<br />
Hochschulabsolvent, mit einem Grinsen. Er reichte mir nach kurzem<br />
Zögern seine kalte Hand mit den sehr bemerkenswerten Worten: „Meuhoiden und Auzaahn!<br />
Vastehst? „ Und mit Nachdruck ,“Hamma uns vastaundän?“ Was blieb mir anderes übrig, als<br />
zähneknirschend Ja zu sagen und mich auf meinen Arbeitsplatz zurückzuziehen.<br />
Das Jasagen indes fiel mir in der Folge immer schwerer, zumal die Geschäfte mit der Atomkraft<br />
boomten, ohne dass die Sicherheitsrisiken, vor allem menschlich-moralischer Natur,<br />
sich nur um einen Deut verringert hätten. Mir wurde der Abstellring anvertraut, der für den<br />
Wechsel der Brennelemente erforderlich ist. Bemerkenswert die Form dieses Gestells, es<br />
erinnert mit seinen acht Speichen an das buddhistische Dharma-Rad. Ich fühlte mich daran<br />
festgenagelt in ewiger Wiederholung des Gleichen. Sein Karma erfüllen und tun, was man<br />
nicht lassen kann? Ich konnte mich nicht damit abfinden. Ein Projekt jagte das andere. Auf<br />
Grafenrheinfeld folgte Grohnde, dann Iran 1, gleich darauf Iran 2. Dass das Schah-Regime<br />
wackelte, tat den lukrativen Geschäften keinen Abbruch. Als es so weit kam, dass man sogar<br />
Atomkraftwerke im brasilianischen Urwald errichtete, weit über allen Köpfen einer angestammten<br />
Bevölkerung hinweg, machte ich kein Hehl mehr daraus, dass mir die Sache stinkt<br />
und sprach im Büro offen über meine Bedenken. Die höheren Angestellten, die vor lauter<br />
Gier nach noch mehr Provisionen fast schon zu erblinden drohten, nahmen ohnehin kaum<br />
Notiz von meinem Vorhandensein. Nach erfolgreich geführten Verhandlungen mit dem<br />
T√úV vergnügten sie sich in der Regel bei üppigen Geschäftsessen. Roger Whitaker stand als<br />
Beruhigungsmittel für blank liegende Nerven hoch im Ansehen. Die kleinen Angestellten,<br />
Familienväter, geduckt vor Existenz-Angst, redeten sich alle darauf hinaus, dass man froh sein<br />
müsse, überhaupt Arbeit zu haben. Das also ist der wahre Stand der Demokratie, 30 Jahre<br />
nach Hermann Göring, dachte ich mir und dröhnte mich zu mit Punk Rock.<br />
Im Mai 79 fasste ich unter Furcht und Zittern den freien Entschluss, der VöE<strong>ST</strong> den Rücken<br />
zu kehren und wagte nach ein paar Monaten Arbeitslosigkeit den Schritt, so gut wie mittellos,<br />
nach Wien zu gehen. Peter Altenberg und Egon Friedell, die ich zu dieser Zeit mit glühenden<br />
Ohren las, übten eine viel stärkere Faszination auf mich aus, als alle hochgestochenen Reden<br />
über Atomkraftwerke, die von einem hochdekorierten Fachidioten als die Kathedralen der<br />
Zukunft ausgerufen wurden.
Städteplanung / Architektur / Religion Buch I - Angelo & Superrudi <strong>ST</strong>/A/R 5<br />
vai hat weltweit als erste Institution das elastische Wohnen von Angelo Roventa gezeigt.<br />
Dank vai jetzt: Austellung „Das Spiel der Mächtigen“ mit Angelo Roventa im MAK-Wien.<br />
Ab 1. Dezember 09 bis 10. Jänner 10<br />
Angelo ROVENTA gibt den Weltarchitekten Frank O‘Gurry,<br />
Wolf Grand Brie und Sahaha Hadid eine Watsche.<br />
<strong>ST</strong>/A/R gratuliert dem Erfinder des elastischen Wohnens.
6 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch I - Angelo & Superrudi Nr. <strong>22</strong>/2008<br />
CURY
Nr. <strong>22</strong>/2008 Buch I - Angelo & Superrudi<br />
<strong>ST</strong>/A/R 7<br />
Tony Oursler<br />
24 | 10 | 09 – 17 | 01 | 2010<br />
Tony Oursler | Drag Queen Chorus, 2009 | Videostill | Foto: Tony Oursler Studio | © Tony Oursler<br />
Dialog<br />
Dialogführung und Performance<br />
• Donnerstag, 10. Dezember, 19 Uhr | Der Künstler Götz Bury führt<br />
im Dialog mit Kunstvermittler Winfried Nußbaummüller durch die<br />
Ausstellung. Anschließend wird Bury bei einer seiner berühmten<br />
Kochshows die Besucher mit weihnachtlichen Sägemehlbusserln<br />
aus Feigenholz verwöhnen.<br />
• Donnerstag, 17. Dezember, 19 Uhr | Gesprächspartner von Winfried<br />
Nußbaummüller sind bei dieser Führung die Künstler Maria Anwander<br />
und Ruben Aubrecht, deren konzeptuelle Werke den Kunstbetrieb<br />
und seine gesellschaftliche Relevanz kritisch beleuchten. Nach der<br />
Führung durch die Ausstellung werden die beiden Künstler einige<br />
ihrer Videoarbeiten präsentieren.<br />
Führung<br />
Fix<br />
Öffentliche Führungen werden am Donnerstag 19 Uhr,<br />
Samstag 14 Uhr und Sonntag 16 Uhr angeboten.<br />
Direktorführung<br />
• Donnerstag, 3. Dezember, 19 Uhr<br />
Architekturführung<br />
• Sonntag, 6. Dezember und 3. Januar, jeweils 11 Uhr<br />
Familienführung<br />
• Sonntag, 27. Dezember und 10. Januar, jeweils 14 Uhr<br />
Backstageführung<br />
• Donnerstag, 7. Januar, 19 Uhr<br />
KUB + Kaffee<br />
• Dienstag, 12. Januar, 15 Uhr | Einem geführten Rundgang<br />
durch die Ausstellung folgt die Nachlese im KUB-Café.<br />
Subjektiv<br />
• Donnerstag, 14. Januar, 19 Uhr | Bei dieser Führung stehen<br />
die Sensibilisierung der Wahrnehmung sowie die Reflexion<br />
des psychischen und physischen Erlebens im Mittelpunkt.<br />
Kunsthaus Bregenz<br />
Karl-Tizian-Platz, A-6900 Bregenz<br />
Telefon (+43-5574) 485 94-0<br />
www.kunsthaus-bregenz.at<br />
Film<br />
Filmabend<br />
• Donnerstag, 3. Dezember und 7. Januar, ab 18 Uhr | Auf Wunsch von<br />
Tony Oursler wurde ein dezidiert schrilles Filmprogramm zusammengestellt,<br />
in dem einerseits frühere Videoarbeiten gezeigt, andererseits<br />
mit fremden Filmen die Zwischentöne der Ausstellung reflektiert werden.<br />
Unter anderem präsentiert werden Billy Wilders »Lost Weekend«<br />
(1945), Anti-Drogen-Filme der 1950er- bis 70er-Jahre, der Dokumentarfilm<br />
»Obedience« (1962, Stanley Milgram), der nach Beendigung<br />
des berühmten Milgram-Experiments gedreht wurde und erstaunliche<br />
Ergebnisse über den Gehorsam gegenüber Autoritäten vor Augen<br />
führt, und aktuelle Beispiele der A&E-TV-Serie über Messies (»Hoarders«,<br />
2009).<br />
Jugend – Kind<br />
ART CRASH<br />
• Freitag, 4. Dezember und 8. Januar, 16–18 Uhr | Beim ART CRASH<br />
haben Jugendliche die Möglichkeit, zusammen mit der Künstlerin<br />
Kirsten Helfrich Ausstellungen zu besuchen, Künstlern in ihrem<br />
Atelier über die Schulter zu schauen und ganz generell über Kunst zu<br />
sprechen. Außerdem bieten wir immer wieder coole Jobs an! Infos<br />
unter: k.helfrich@kunsthaus-bregenz.at oder(+43-55 74) 4 85 94-415.<br />
»Leise rieselt …«<br />
• Samstag, 19. Dezember, 10 –13 Uhr und 14–17 Uhr | Noch rechtzeitig<br />
vor Weihnachten besteht die Möglichkeit, mit Marco Ceroli kreative<br />
Geschenke und Weihnachtsdekora tionen zu basteln. Für Kinder von<br />
5 bis 12 Jahren; keine Anmeldung erforderlich.<br />
»Dosenschleim mit Augen«<br />
In den Weihnachtsferien von Dienstag, 29. bis Donnerstag,<br />
31. Dezember ( jeweils 10 – 13 Uhr) bietet Marco Ceroli einen Workshop<br />
nach der Munari-Methode für Kinder von 6 bis 12 Jahren an.<br />
Präsentiert werden die Ergebnisse am Donnerstag, 31. Dezember,<br />
um 13 Uhr im Kunsthaus. Buchung einzelner Tage möglich;<br />
Anmeldung erbeten: (+43-55 74) 4 85 94-415.<br />
Kunstdrache<br />
Der Kunstdrache erzählt dieses Mal zusammen mit dem Dosenschleim<br />
am Mittwoch, 13. Januar um 15 Uhr für Kinder im Alter von 4 bis<br />
10 Jahren Kunstgeschichten.<br />
Workshop<br />
Für Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren findet jeden Samstag von<br />
10 bis 12 Uhr ein Workshop statt. Nach einem Rundgang durch die<br />
aktuelle Ausstellung werden die vermittelten Inhalte anschließend<br />
beim praktischen Arbeiten vertieft.<br />
Öffnungszeiten<br />
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr
8 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch I - Angelo & Superrudi Nr. <strong>22</strong>/2008<br />
Superrudi<br />
NEU!!!<br />
EX- ’KRONE’ - <strong>ST</strong>AR im <strong>ST</strong>/A/R<br />
Auch monatlich im neuen Satiremagazin Rappelkopf.<br />
Hier ein paar nie in der ‘KRONE’ erschienene Strips.<br />
<strong>ST</strong>/A/R kennt keine Zensur.
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch II - Denker <strong>ST</strong>/A/R 9<br />
“Art-Free Territory”, Art Basel Miami Beach<br />
© Lena Lapschina<br />
Die fünfziger Jahre<br />
Kunst und Kunstverständnis in Wien<br />
Museum auf Abruf<br />
6.11.2009 – 9.1.2010<br />
Felderstraße 6-8, Wien 1<br />
(neben dem Rathaus)<br />
Di–Fr 11.00 –18.00, Do 11.00 –20.00<br />
Sa 11.00 –16.00<br />
Eintritt frei<br />
www.musa.at
10 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch II - Denker Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Bosnien und<br />
Herzegowina<br />
Geschichte, Kultur, landschaft und reiseinfo<br />
ein ausgezeichneter reiseführer von elisabeth gschaider.<br />
314 seiten, mit etwa 450 Farb- und s/w-Fotos und diversen Karten.<br />
alle wichtigen sehenswürdigkeiten, fundierte Hintergrundinformationen<br />
über Land und Leute, ausführliche Kapitel zu<br />
geschichte und Kultur, verlässliche Tipps für sympatische Hotels und<br />
restaurants, Transporthinweise, Tipps für aktivitäten<br />
erhältich im gutsortierten Buchhandel (isBn-13 978-3-200-00619-5)<br />
sowie unter e.gschaider@ottensheim.at
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch II - Denker<br />
<strong>ST</strong>/A/R 11<br />
CATHERINE PANDORA<br />
<br />
im metallischen leben aalglatt verbeult scheint der geist gläsern<br />
glatt spiegelblau und parzelliert- wie ein wortloses licht wie eine<br />
atomare diskrepanz
Städteplanung / Architektur / Religion Buch II - Denker <strong>ST</strong>/A/R 13<br />
“WHY IS IT WE’RE HERE....?<br />
WE’RE HERE TO GO!” (W.S.BURROUGHS)<br />
HANS BIWI LECHNER “THE TRAVELER” 2009<br />
www.getstoned.cc
14 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch II - Denker Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Radikal in der<br />
Gesprächsverwurschtung<br />
mit Gerald Kofler<br />
Radikal: Du frogst, i trink<br />
Kofler: Lieber Radikal, jetzt<br />
hast Du.....<br />
Radikal: Naa, nix kein neues Barock.<br />
3 Fragen und aus.<br />
Kofler: Ok. Was war dein<br />
Berufswunsch<br />
Radikal: Eichkatzl in Schönbrunn.<br />
Weu erstens, waun dem Eich<br />
katzl fad is, kauns auf<br />
an dünnen Ast steign und Zü<br />
scheißn auf irgendan Tou<br />
ristn.<br />
Zweitens, waun dem Eich<br />
katzl no fader is, kauns<br />
umme ins Poimenhaus und<br />
a Bissl Peyote knabbern<br />
Drittens, wann des Eich<br />
katzl daun vur lauter Stress<br />
an Ruhetog braucht,<br />
kanns owe ge und ein<br />
gemütliches Frühstück zu<br />
sich nehmen.<br />
Kofler: Was is dei liabstes Hobby<br />
Radikal: Vermeintliche Niederlagen<br />
in persönliche Siege umwan<br />
deln, wauns´t ma scho so<br />
amtliche Fragen stöst<br />
Kofler: Du sagst, Deine Wohnung<br />
sei ein psychodelisches Aus<br />
kunftsbüro. Wieso?<br />
Radikal: Weil ich mir die Feiheit her<br />
ausgenommen hab, dass<br />
i meinem Leben so weit Aus<br />
druck gebe, dass erkennbar<br />
ist, dass es auch anders geht.<br />
Kofler: Naja. Aber was hat das mit<br />
Psychodelik zu tun?<br />
Radikal: Herr Redakteur, sie sind zu<br />
wenig entspannt.<br />
Kofler: Wieso?<br />
Radikal: Jetzt sind wir dort, wo eigent<br />
lich Dei Psychotherapeut<br />
Geld verdienen möchte.<br />
Kofler: OkOk. Red ma über Deine<br />
künstlerische Sendung.<br />
Radikal: Künstlerische Sendung ist<br />
Arbeitsunfähigkeit<br />
mal Kreativität. Soll kaaner<br />
sagen ich hob mi net<br />
bemüht.<br />
Fotos, Grafik, Layout Gerald Kofler
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch II - Denker<br />
<strong>ST</strong>/A/R 15<br />
RADIKAL, Rene<br />
Nach erfolgreicher Abwicklung der Geburt zunächst intensive<br />
Beschäftigung mit dem Phänomen Wachstum, dann eine Phase<br />
des Studiums der Halluzinogene und der unermüdicher Kampf für<br />
den Sieg des Individualanarchismus. Lebt und leidet in Wien und<br />
Indien. Veröffentlichungen im Falter, Wiener, MOZ, ÖHxpress, Der<br />
rote Maulwurf.<br />
Arbeit macht high<br />
Meine Fleischerin trägt einen blutigen Arbeitsmantel. Sie zerschneidet<br />
ein Herz. Über ihren geschickten Fingern wölbt sich ihr üppiger Körper.<br />
Ihr gewaltiger Fleischwolf glänzt im Neonlicht wie eine Rakete<br />
- einmal Orgasmus und zurück. Sie füttert die Maschine mit einem<br />
gut abgehangenen Bullen und streut noch einen Sauschädel vom<br />
Magistrat drüber. Zwischen ihren allerliebsten Wurstfingern quellen<br />
hellrosa Fleischpatzen hervor. Mit einer raschen, geradezu eleganten<br />
Bewegung ihrer kräftigen Arme wischt sie ihre Hände am Arbeitsmantel<br />
sauber und reibt sich kurz aber eenüsslich die Oberschenkel.<br />
Ich schlachte inzwischen eine allzu zutrauliche Insassin des nahe<br />
gelegenen Altersheimes. Auf Grund der geringen Fleischausbeute<br />
tippt sich meine Chefin an die Stirn und sieht dabei drein wie Jazz-<br />
Gitti während ihrer 37.ten Abmagerungskur. Ich zucke nur mit den<br />
Achseln und schleppe die alte Dame ins Kühlhaus. Der Fleischerhaken<br />
fährt aanz leicht durch den Pepitamantel. Meine Fleischerin knackt<br />
zwischenzeitlich den Quadratschädel eines Kompaniekommandanten,<br />
klatscht das bisschen Hirn auf die Waage und brummelt grantig: „Das<br />
wird teuer.“<br />
Unter ihrem prall gefüllten Arbeitsmantel zeichnen sich die Ränder<br />
einer gerippten Baumwollunterhose ab. Ich freu‘ mich schon auf<br />
Ladenschluss. „Der Offizier ist aber flachsie“, meint meine Chefin. Ich<br />
komme ihr mit der Kettensäge zu Hilfe, denn das Militär verarbeiten<br />
wir mit Ausnahme des Hirns und der Innereien grundsätzlich zu<br />
Hundefutter.<br />
Langsam geraten wir ins Schwitzen und ich öffne das Fenster zum<br />
Hof.<br />
Während sich meine Chefin nun beim Zubereiten der Leberknödel<br />
erholt, weide ich meinen Vater aus, der mich unvorsichtigerweise an<br />
meinem Arbeitsplatz besuchen wollte. Seine Segelohren behalte ich<br />
als Souvenir, obwohl sie uns für den Presskopf fehlen werden. Ich bin<br />
ein ziem lich sentimentaler Mensch.<br />
Jetzt müssen wir nur noch die Mutter Oberin vom Kloster zur<br />
unbefleckten Empfängnis zerteilen. Ich reiße mir heimlich ihre Klitoris<br />
unter den Nagel. Man gönnt sich ja sonst nichts. Ein rascher Blick auf<br />
die Uhr, schon wieder ist ein Arbeitstag vorbei. Ich putze noch rasch<br />
den Laden und meine Chefin lässt inzwischen das Badewasser ein.<br />
Dann steigen wir benommen aber glücklich gemeinsam in die Wanne.<br />
ARBEIT MACHT HIGH!
16 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch II - Denker Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
2<br />
1<br />
3<br />
6<br />
Leopoldstadt, 2004, © Atelier Erwin Wurm<br />
4<br />
5<br />
Kunst 09 Zürich 15. Internationale Messe für Gegenwartskunst, 13. bis 15. November: 1-Muyan Lindena: Arbeit am Innenleben der Readymades; Galerie<br />
Chelsea, Laufen. -Wer genau hinschaut sieht mehr: Alexandra Huber, “Die Mannsprächtige” (Ausschnitt), 2008; Galerie Brunner, Zürich. 3-Es wäre noch<br />
Platz da gewesen: Tür in einem freien Raum der ABB-Industriehallen. 4-Saubere Ästhetik aus ungewohner Perspektive: Messebesucher hinter Kunsstofftür<br />
vor Zaccheo Zilioli, Ohne Titel, 2008; Galerie Carzaniga, Basel. 5-Orientierungshilfe in Zürich-Oerlikon. 6-Österreichische Kunst auf Erfolgskurs: Elmar<br />
Trenkwalders erkundet spirituelle Sexualität; Galerie Jordan, Paris, Zürich. 7-Alle bewundern Sissi, auch ihr Herr Gemahl: Gemälde von Nina Childress; Galerie<br />
Jordan, Paris, Zürich. 8-Kunst an der Grenze zwischen Wahrnehmung und Erscheinung: Zhang Peng, “Gaze of Sorrow” (Ausschnitt), 2006; Galerie Art<br />
Seasons, Zürich. 9-Objekt und Gedanke als einmalige Form: Marie-Louise Leus, “Schmeichler”, 1997; Galerie Chelsea, Laufen. 10-Der Kunstmarkt lebt! Schildlein<br />
neben einer Arbeit von Raphaël Renaud; Galerie Schlesinger, Zürich. 11-Träumen Hunde von klaren Formen? Messestand der Galerie La Ligne, Zürich.<br />
12-Kunst ohne konzeptuelle Blöße: Vera Molnar, “Dédale Carré”, (Ausschnitt), 2008, Galerie La Ligne, Zürich.<br />
10<br />
7<br />
11<br />
12<br />
8<br />
9
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch III - Kammer<br />
<strong>ST</strong>/A/R 17<br />
DI Andreas Gobiet, Zivilingenieur für Bauwesen,<br />
Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten<br />
für Wien Niederösterreich und Burgenland<br />
Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten<br />
für Wien Niederösterreich und Burgenland<br />
Leitbild<br />
Als gesetzliche Interessensvertretung sind wir berufen, innerhalb unseres örtlichen<br />
Wirkungsbereiches die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der<br />
Architekten und Ingenieurkonsulenten wahrzunehmen und zu fördern.<br />
Im Wissen über den Wert der Leistungen der Ziviltechniker für die Gesellschaft<br />
als Ganzes verstehen wir uns über den gesetzlichen Auftrag hinaus als aktive Lobbyplattform,<br />
die sich systematisch für die Verbesserung der Modalitäten der Berufsausübung<br />
einsetzt.<br />
Dies tun wir durch konsequente Pflege der Beziehungen zu und Verhandlungen mit<br />
den wesentlichen öffentlichen und privaten Auftraggebern, durch Einflussnahme<br />
auf die Formulierung der einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Normen, Richtlinien<br />
und Empfehlungen sowie durch die Vernetzung mit den wesentlichen Protagonisten<br />
des Planungs- und Baugeschehens national und international.<br />
Neben der Interessessensvertretung steht die Erbringung von konkreten Serviceleistungen<br />
für unsere Mitglieder gleichrangig im Zentrum unserer Bemühungen.<br />
Tragende Säulen dabei sind die kostenlose Rechtsberatung für Mitglieder, das<br />
Angebot attraktiver, dem jeweiligen Stand der Diskussion entsprechender Weiterbildungsveranstaltungen<br />
sowie eine aktive Öffentlichkeitsarbeit.<br />
wien.arching.at<br />
Die Kammermitglieder<br />
ArchitektInnen: 1.635, davon 281 Frauen.<br />
IngenieurkonsulentInnen: 1.127, davon 53 Frauen<br />
DI Hans Polly, Ingenieurkonsulent<br />
für Vermessungswesen,<br />
Sektionsvorsitzender Ingenieurkonsulenten<br />
DI Thomas Kratschmer,<br />
Architekt Sektionsvorsitzender<br />
Architekten<br />
Interessenvertretung und Service<br />
sind unsere Stärken<br />
Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten stellt ihren<br />
Mitgliedern ein umfangreiches Lobbying- und Servicepaket zur<br />
Verfügung. Die Serviceleistungen reichen von der Unterstützung<br />
auf dem Weg in die Selbständigkeit über Rechtsberatung bis hin zur<br />
Förderung der Aus- und Weiterbildung von Ziviltechnikern.<br />
Beratung von Mitgliedern in Rechts- und Honorarfragen-<br />
Beratung von Auftraggebern in Verfahrensfragen<br />
Wettbewerbsinformation für Mitglieder<br />
Positionierung in der Gesellschaft<br />
Service bei Bürogründung<br />
Rechtsberatung für Mitglieder<br />
Verbesserung planerischer und<br />
gestalterischer Rahmenbedingungen<br />
Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung<br />
Wettbewerbsinformation<br />
Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />
Kammerzeitung DerPlan<br />
Gobiet
18 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch III - Kammer Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
www.archingakademie.at<br />
Die Förderung lebenslanger Aus- und Weiterbildung ist eine wesentliche Aufgabe einer modernen Berufsvertretung.<br />
Die Kammer bietet seit nunmehr mehr als zehn Jahren aktuelle, praxisbezogene Bildungsveranstaltungen im<br />
Rahmen einer eigenen Akademie.<br />
Dienstleistung „at its best“ –<br />
Wissen schafft Sicherheit.<br />
Für mich bedeuten mehr als zehn Jahre Arch+Ing<br />
Akademie zehn Jahre Dienstleistungserbringung<br />
für Mitglieder der Kammer auf Top-Niveau. Die<br />
Arch+Ing Akademie hat in dieser Zeit nicht nur unzählige<br />
Berufsanwärter und Mitglieder mit Seminaren,<br />
Kursen und Lehrgängen „versorgt“, sie hat auch<br />
die wesentlichen Partner der Architekten und Ingenieurkonsulenten,<br />
im Planungs- und Bauprozess<br />
erfolgreich angesprochen und sich damit zu einer<br />
Wissensplattform für die wesentlichen „Spieler“ des<br />
Baugeschehens entwickelt. Wir, die Architekten und<br />
Ingenieurkonsulenten haben dabei die Gelegenheit,<br />
unsere Inhalte strukturiert in die verwandten<br />
Branchen zu tragen: Bildungsarbeit als Maßnahme<br />
zur Sicherung strategischer Interessenpositionen<br />
des Berufsstandes. Dieser Aspekt scheint mir von<br />
überragender Bedeutung zu sein.<br />
Neben dem Austausch von Wissen findet aber auch<br />
Vernetzung von Planern untereinander sowie von<br />
Planern mit Vertretern anderer Branchen statt.<br />
Beide Faktoren sind für eine gedeihliche Projektentwicklung,<br />
Planung und Umsetzung unabdingbare<br />
Voraussetzung. Last, but not least ist es der<br />
Arch+Ing Akademie gelungen, all ihre Aktivitäten<br />
auch wirtschaftlich erfolgreich zu organisieren.<br />
Neben dem eingezahlten Stammkapital von 35.000<br />
Euro waren weitere Bezuschussungen nicht erforderlich.<br />
Im Gegenteil, die wirtschaftlichen<br />
Erfolge der Arch+Ing Akademie kamen und kommen<br />
den Mitgliedern unserer Kammer unmittelbar<br />
zugute: Zum einen wurde der Umbau der Kammer<br />
2000 zu einem modernen Seminar- und Tagungszentrum<br />
ausschließlich von der Arch+Ing Akademie<br />
finanziert, zum anderen schüttet die Arch+Ing<br />
Akademie regelmäßig Gewinne aus, die direkt<br />
in das Budget der Kammer fließen. Aus heutiger<br />
Sicht gilt es für die Kammer, den eingeschlagenen<br />
Weg abzusichern und vorhandene Potenziale zu<br />
nutzen. Ich habe mich daher seit Beginn meiner<br />
Amtszeit dafür eingesetzt, die Arch+Ing Akademie<br />
strukturell zu stärken. Mit der Einführung eines<br />
zweiten Geschäftsführers, der unter der Leitung<br />
des Kammerdirektors vor allem im Bereich der<br />
Produktentwicklung tätig ist, haben wir eine wichtige<br />
Voraussetzung für eine kontrollierte Expansion<br />
geschaffen.<br />
Unter Expansion der Arch+Ing Akademie verstehe<br />
ich primär die Expansion des Bildungsangebotes<br />
mit dem Ziel, allen Mitgliedern unserer Kammer<br />
Weiterbildungsangebote in verschiedenen Formaten<br />
zur Verfügung zu stellen, die sie in ihrem konkreten<br />
Arbeitskontext unmittelbar unterstützen. Denn so<br />
viel ist klar: So wie Europa im globalen Wettbewerb<br />
nur als Wissensgesellschaft überleben kann, wird<br />
letztlich auch der Wettbewerb auf unternehmerischer<br />
Ebene über das Wissen entschieden.<br />
DI ANDREAS GOBIET<br />
Präsident, Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten<br />
für Wien, Niederösterreich und Burgenland<br />
Branchen- und disziplinenübergreifende<br />
Vernetzung<br />
Schärfung des Profils<br />
Praxisnähe<br />
Förderung berufspolitischer<br />
Interessen<br />
Aktualität und Pluralität<br />
Nähe zum Kunden<br />
Dialog zwischen den wichtigen<br />
Spielern des Planungsund<br />
Baugeschehens<br />
Top-Referenten und Trainerpool<br />
Offenheit und Internationalität
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch III - Kammer<br />
<strong>ST</strong>/A/R 19<br />
Ein Leben für zeitgemäßen Brückenbau<br />
Prof. Alfred Pauser erhielt den ersten Wiener Ingenieurpreis<br />
Gemeinsam mit der Stadt Wien<br />
vergibt die Kammer der Architekten<br />
und Ingenieurkonsulenten<br />
für Wien, Niederösterreich und<br />
Burgenland alle zwei Jahre den Wiener<br />
Ingenieurpreis.<br />
Als erster Gewinner übernahm am 23.<br />
Oktober 2008 der Grandseigneur des<br />
Wiener Brückenbaus, Prof. Alfred Pauser,<br />
den mit 10.000 Euro dotierten Preis<br />
aus den Händen von Stadtrat Rudolf<br />
Schicker und Kammer-Präsident Andreas<br />
Gobiet.<br />
Obwohl Ingenieurleistungen für den<br />
Bau und Erhalt der technischen Infrastruktur<br />
der Gesellschaft sorgen,<br />
wird ihre Arbeit von der Öffentlichkeit<br />
kaum wahrgenommen. Reibungsloser<br />
Verkehr auf Straße und Schiene, sichere<br />
Versorgung mit Wärme, Strom und<br />
Trinkwasser, Abfallentsorgung – alle<br />
diese im Alltag so selbstverständlich<br />
genutzten Dienste werden durch die<br />
im Hintergrund geleistete Arbeit der<br />
Ingenieure bereitgestellt. Mit der Vergabe<br />
des Wiener Ingenieurpreises soll<br />
auf das Können der österreichischen<br />
Ingenieurinnen und Ingenieure aufmerksam<br />
gemacht und ihr Beitrag zum<br />
gesellschaftlichen Wohlstand hervorgehoben<br />
werden. Gleichzeitig sollen damit<br />
junge Talente für die technischen Berufe<br />
begeistert werden.<br />
Nachwuchsmangel<br />
Trotz der wichtigen gesellschaftlichen<br />
Funktion, die Ingenieure ausüben, ist<br />
ihr Ansehen in der breiten Öffentlichkeit<br />
heute unangemessen gering. Diese<br />
fehlende Wertschätzung schlägt sich in<br />
einem bedenklichen Mangel an Nachwuchskräften<br />
nieder; und das, obwohl<br />
die Nachfrage nach Absolventen technischer<br />
Studien ständig steigt. Angehenden<br />
Jungingenieuren bietet sich ein<br />
weites Betätigungsfeld: von der technischen<br />
Chemie, dem Maschinenbau, der<br />
Elektrotechnik und Elektronik über das<br />
Bauwesen und die Kulturtechnik bis hin<br />
zur Raumplanung.<br />
Alfred Pauser, der Grandseigneur des<br />
Wiener Brückenbaus<br />
Wien ist eine Brückenstadt: Brücken<br />
überspannen die Donau und den sich<br />
durch das Stadtzentrum schlängelnden<br />
Donaukanal. Auch im übrigen Stadtgebiet<br />
finden sich viele Brücken, weithin<br />
sichtbare Hochstraßen und tiefliegende,<br />
verdeckte Straßenbrücken. Wer sich<br />
eingehend mit den Wiener Brücken befasst,<br />
findet viele interessante Objekte.<br />
An dieser beachtlichen Sammlung haben<br />
österreichische Ingenieure seit 200<br />
Jahren mitgewirkt. In der zweiten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts trat der Bauingenieur<br />
Alfred Pauser als Ausnahmeerscheinung<br />
auf den Plan. Wissenschaftliche<br />
Interessen ließen ihn sich früh mit<br />
neuen Konstruktionsverfahren wie dem<br />
Spannbeton befassen, zugleich blieb er<br />
in engem Kontakt mit der Realisierungspraxis,<br />
sodass er einige Pionierwerke<br />
errichten konnte. Er suchte und hielt<br />
international Kontakt und förderte den<br />
Wissensaustausch. Als einer der Wenigen<br />
seines Berufsstandes interessierte<br />
er sich für die Geschichte der eigenen<br />
Disziplin, um daraus zu lernen. Immer<br />
wieder erprobte er neuartige Tragkonzepte,<br />
die besonders bei Brücken im<br />
städtischen Umfeld zu beachtlichen Resultaten<br />
führten. Nicht nur die Ansicht,<br />
auch und insbesondere die Untersicht<br />
ist perfekt durchgearbeitet, sodass eine<br />
nächtliche Beleuchtung ihre Attraktivität<br />
noch steigert. Schönheit und Eleganz<br />
seiner Brücken sind immer integrierende<br />
Bestandteile ihres konstruktiven<br />
Konzepts; nie sind sie bloß appliziert.<br />
Dank seiner breiten Kenntnisse sind<br />
zahlreiche Bauwerke entstanden, die<br />
nicht nur kraftvoll und elegant wirken,<br />
sondern für die der schmale Bereich<br />
gestalterischer Möglichkeiten, den Ingenieurbauwerke<br />
aufweisen, optimal ausgeschöpft<br />
wurde. So bereichern seine<br />
Werke die Stadt Wien nicht bloß funktional,<br />
sondern ebenso ästhetisch.<br />
Geboren wurde Alfred Pauser 1930 im<br />
niederösterreichischen Gmünd. Er studierte<br />
an der Technischen Hochschule in<br />
Wien Bauingenieurwesen. 1964 gründete<br />
er sein eigenes Zivilingenieurbüro.<br />
1982 wurde er als Ordinarius für Hochbau<br />
an die Technische Universität Wien<br />
berufen, 1997 emeritiert.
Städteplanung / Architektur / Religion Buch III - Kammer <strong>ST</strong>/A/R 21<br />
Der junge Ziviltechniker 2009<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Was will der junge Ziviltechniker?<br />
Lukas Goebl: Die Welt umbauen... nicht die Ganze, aber so viel wie mögich!<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Was macht dich so zuversichtlich?<br />
Lukas Goebl: Ich hatte eine hervorragende Ausbildung, u.a. bei Wolf D. Prix auf der<br />
Angewandten, wo ich auch Heidulf Gerngross kennen lernte und bei seinen Projekten<br />
und Ausstellungen mitgestalten konnte, vor allem bei der Architekturbiennale von<br />
Venedig. Meine 3 Jahre Praxis absolvierte ich bei meinem Vater Fritz Göbl, der<br />
schon mehr als 2000 Wohnungen und einige Kulturbauten, darunter das Forum<br />
Frohner, geplant und gebaut hat.<br />
ZT<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Hattest du dich auch schon früher für die Arbeit als selbstständiger<br />
Architekt vorbereitet?<br />
Lukas Goebl: Sofort nach meinem Diplom 2005 habe ich das Explicit Architecture<br />
Lab gegründet. Kurz darauf sind mein Architekturpartner<br />
Dipl.Ing. Oliver “Giger” Ulrich, sowie der Audio- Videodesigner Boris “BiBo”<br />
Steiner dazugestoßen. Seitdem arbeiten wir an nationalen und internationalen<br />
Wettbewerben, Ausstellungen, Ausstellungsgestaltungen, Videodesign,<br />
Stadtutopien und natürlich an konkreten Architekturprojekten.<br />
Ich hab den Ziviltechnikerkurs der ArchIng-Akademie absolviert und bemerkt, dass<br />
ich einiges zur Vorbereitung meiner Selbständigkeit lernen konnte.<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Ist eure Arbeit schon bemerkt worden?<br />
Lukas Goebl: Wir haben beim Wettbewerb Science Center Wels einen Ankauf<br />
errungen, das Margarete Schütte-Lihotzky Stipendium 2009 bekommen, sind<br />
zu internationalen Architekturausstellungen eingeladen (Kosice, Wien, Krems,<br />
Bratislava, Kopenhagen, Lubljana, etc...) und bekommen nun die Chance, die eine<br />
oder andere Arbeit realisieren zu dürfen.<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Und jetzt?<br />
Lukas Goebl: Jetzt sind wir ein neues Büro in die Brunnenmarktgegend gezogen<br />
und arbeiten an 3 Projekten, die realisiert werden könnten. Weiters habe ich<br />
einen Lehrauftrag an der New Design University St. Pölten, im Masterlehrgang<br />
“Innovation- und Gestaltungsprozesse”. In Kosice an der technischen<br />
Universität, leiten Oliver und ich ein Städtebaustudio. Wir arbeiten auch an<br />
zwei Städteplanungsprojekte, Twin City Wien-Bratislava und Kosice-Presov.<br />
Zusätzlich bereiten wir zwei Ausstellungsbeitrage vor.<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Wir wünschen Euch viel Erfolg und es wird uns freuen über euren<br />
Fortschritt zu berichten.<br />
Lukas Goebl: Kann ich noch unsere Homepage bekannt geben?<br />
<strong>ST</strong>/A/R: Selbstverständlich: www.explicit-architecture.com<br />
Ankauf Science Center Wels in Passivbauweise<br />
GALERIE <strong>ST</strong>EINEK
<strong>22</strong> <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch III - Kammer Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
<strong>ST</strong>/A/R Architekt Helmu<br />
TANZ MIT DEN<br />
BÄUMEN<br />
Die Baukörper wiegen sich im Takt<br />
mit den Bäumen, sie schmiegen<br />
sich an, sie weichen zurück, sie<br />
drehen sich. Der Charakter des<br />
Parkes mit dem herrlichen alten<br />
Baumbestand bleibt erhalten.<br />
Ein wunderschönes<br />
Grundstück – fast eine<br />
Parkanlage mit prachtvollem,<br />
altem Baumbestand.<br />
Was liegt näher, als das<br />
Gebäude dem Baumbestand<br />
anzupassen,<br />
einen „Tanz mit den Bäumen“<br />
zu versuchen und zu wagen,<br />
vier Ebenen, jede Ebene anders<br />
geschwungen konfiguriert,<br />
auf denen eingeschossige<br />
Stadtvillen ruhen.<br />
Durch die differenzierte<br />
Konfiguration der Decks<br />
entstehen vollkommen<br />
besonnte als auch gedeckte<br />
Terrassenflächen.<br />
DI Helmut Wimmer Architekt<br />
Margaretenstraße 70D/2<br />
1050 Wien<br />
Schönbrunnerstraße 26<br />
1050 Wien<br />
Tel. 01 587 85 33<br />
Fax. 01 587 85 33 – 21<br />
E-Mail: wimmer@ats-architekten.at<br />
Mitarbeit:<br />
DI Andreas Gabriel (Projektleiter)<br />
DI Bernhard Weinberger<br />
Ing. Manuel Hajek<br />
DI Angela Wimmer<br />
Ing. Gudrun Alk<br />
DI Peter Hinterkörner<br />
Ausführungsplanung:<br />
uma Architektur ZT GmbH<br />
DI Ernst Unterluggauer<br />
Landschaftsplanung<br />
EGKK Landschaftsarchiktektur<br />
Mollardgasse 85a/11/107<br />
1060 Wien<br />
Statik und Bauphysik:<br />
Vasko + Partner Ingenieure GesmbH<br />
Grinzinger Allee 3<br />
1190 Wien<br />
DI Alexander Krakora<br />
Generalunternehmer:<br />
Bauunternehmung Rudolf Gerstl<br />
Kalkofenstraße 25<br />
4600 Wels
*<br />
*<br />
WM<br />
*<br />
*<br />
WM<br />
*<br />
*<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch III - Kammer<br />
<strong>ST</strong>/A/R 23<br />
t Wimmer<br />
Le Corbusiers Thema, „das Wohngebäude<br />
nicht nur als Teil der Stadt, sondern als<br />
Stadtlandschaft selbst“ gesehen, als vertikal<br />
geschichtetes Bauland, das Gebäude<br />
als Katalysator für die Verdichtung und<br />
Schichtung des städtischen Raumes.<br />
WM<br />
WM<br />
WM<br />
WM<br />
1m 5m 10m<br />
1 : 250; CUMBERLAND<strong>ST</strong>RASSE - HELMUT WIMMER<br />
1m 5m 10m<br />
Wohnungsanzahl:<br />
Bauteil Migra (Straßenriegel):<br />
32 Wohnungen (von ca.62m2 bis ca.140m2):<br />
26 geförderte Mietwohnungen<br />
3 geförderte Eigentumswohnungen<br />
3 freifinanzierte Eigentumswohnungen<br />
32 Garagenplätze<br />
1 : 250; CUMBERLAND<strong>ST</strong>RASSE - HELMUT<br />
Bauteil Arwag (Gartengebäude):<br />
24 Wohnungen (von ca.87m2 bis ca.130m2):<br />
6 geförderte Eigentumswohnungen<br />
18 freifinanzierte Eigentumswohnungen<br />
27 Garagenplätze
24 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch III - Kammer Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Kontakt Kunst und Kultur<br />
Kontakt. Das Programm für Kunst<br />
und Zivilgesellschaft der Erste Bank<br />
www.kontakt.erstegroup.com<br />
PARTNER<br />
KLANGFORUM<br />
PARTNER<br />
VIENNALE<br />
PARTNER<br />
TANZQUARTIER<br />
PARTNER<br />
VIENNAFAIR<br />
PARTNER<br />
SECESSION
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch IV - ZEYTINOGLU <strong>ST</strong>/A/R 25<br />
Weltarchitekt<br />
Arkan Zeytinoglu<br />
Foto: Katharina Gossow<br />
DU
26 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch IV - ZEYTINOGLU Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Arkan Zeytinoglu (Traditionalist)<br />
Jede Veränderung die keine Verbesserung ist, ist eine Verschlechterung. (nach A. Loos)<br />
Arkan Zeytinoglu ist als Architekt,<br />
freier Künstler und Designer<br />
in Wien tätig. 1968 wurde er<br />
in Klagenfurt geboren, besuchte<br />
das Gymnasium in Viktring und<br />
studierte von 1986 – 1994 Architektur<br />
an der Technischen Universität<br />
Graz. 1988 – 89 studierte<br />
er Design bei dem Architekten<br />
und Künstler Raimund Abraham<br />
(NewYork). 1993 besuchte er die<br />
Sommerakademie bei der international<br />
renommierten Architektin<br />
Zaha Hadid in Graz. Nach dem<br />
Diplom 1994 arbeitet er ein Jahr<br />
in New York an der Cooper Union<br />
(5th Year Design Studio mit John<br />
Hejduk). Seit 1995 ist er staatlich<br />
befugter und beeideter Ziviltechniker.<br />
Der eine macht<br />
Wurstsemmeln, der<br />
andere Architektur.<br />
Wichtig ist doch, dass<br />
man lebt.<br />
1995 gewann Arkan Zeytinoglu<br />
den Generalplanerwettbewerb für<br />
den Neubau des Bezirksgerichts<br />
Graz und gründete Büros in Wien<br />
und Klagenfurt.<br />
Derzeit deckt die Zentrale in Wien<br />
mit 15 Mitarbeitern sämtliche Leistungen<br />
im Bereich von Architektur<br />
und Interior Design ab, arbeitet<br />
ebenso im Bereich Masterplanung<br />
und realisiert als Generalplaner<br />
Projekte für staatliche und private<br />
Bauherren.<br />
In den vergangenen Jahren wurde<br />
eine Vielzahl von Projekten im<br />
In- und Ausland realisiert, von Bürogebäuden<br />
über Privatobjekte bis<br />
Aus dem Nichts entsteht<br />
nichts. Vielmehr ist es,<br />
dass Vieles viel ist.<br />
hin zu Hotels, Restaurants und<br />
Bars, wobei der Hotelbau einen besonderen<br />
Schwerpunkt darstellt.<br />
Nach gewonnenem Wettbewerb,<br />
ist das Büro zusammen mit SPAN<br />
Architects für den Bau des österreichischen<br />
Pavillon für die Expo<br />
2010 in Shanghai beauftragt.<br />
Architekturbüro Zeytinoglu<br />
ZT GmbH<br />
Mariahilfer Straße 101/3/51<br />
A-1060 Wien<br />
Tel.: +43 (1) 595 38 04-0<br />
Fax: +43 (1) 595 38 04-16<br />
office@arkan.at<br />
www.arkan.at<br />
Dachaufbau Mariahilferstrasse 1:<br />
Das in der Gründerzeit geplante bzw. gebaute Gebäude war ursprünglich mit einer reich dekorierten<br />
Fassade und einer turmartigen Ausbildung an der nordöstlichen Ecke versehen.<br />
Nach einem schweren Bombenschaden im Zweiten Weltkrieg erhielt das Haus eine „Sparfassade“, die<br />
gänzlich auf Dekor verzichtete und nur durch die verbliebenen Fensterflächen strukturiert wurde.<br />
Im Erdgeschoss entstand im Laufe der Jahre der in der Mariahilfer<br />
Es ist der Geist, der im<br />
Haus wohnt.Wenn er<br />
da nicht wohnt, dann<br />
ist es ein leeres Haus –<br />
im wahrsten Sinne des<br />
Wortes.<br />
Strasse gewohnte Fassadenmix aus verschiedenen Geschäftsportalen.<br />
„Der Umbau lässt das Haus wieder als einheitliches Ganzes<br />
erscheinen. Die Erdgeschoßzone wurde heutigen Geschäftsportalen<br />
einer Einkaufsstraße gerecht<br />
gestaltet“, so der beauftragte Architekt Zeytinoglu. „Die Eckgaupenlösung<br />
der Dachflächen am Kreuzungspunkt Mariahilfer Straße<br />
- Getreidemarkt resultierte aus der konsequenten Weiterführung<br />
der Grundrissgeometrie des Bestandes, nämlich einer turmartigen<br />
Lösung, die in die Dachneigung knickt. Es wurde kein Eckturm aufgesetzt,<br />
sondern ein Dachgrat ausgeformt, der mit der Geometrie<br />
der bestehenden Ecklösung korrespondiert.“<br />
„Die Mariahilfer Straße 1 ist Ausdruck unseres Design- und Qualitätsanspruchs“, sagt DDr. Michael Tojner, Vorstand<br />
der WertInvest. „Die WertInvest erwirbt Objekte in bester innerstädtischer Lage mit historischer, oft unter<br />
Denkmalschutz<br />
stehender Bausubstanz und<br />
entwickelt und revitalisiert<br />
diese wertvollen Immobilien<br />
Leben ist Leben –<br />
wenn man lebt.<br />
in Kombination mit moderner<br />
Architektur, wie auch im Fall<br />
der Mariahilfer Straße 1.“<br />
Die Gebaute Landschaft:<br />
Weg und Bewegung. Täler und Schluchten.<br />
Projekt: Hotel Falkensteiner Carinzia, Kärnten<br />
Das Hotel Carinzia am Fuße des Nassfeldes manifestiert den Dialog „Landschaft und Gebautes“ und<br />
definiert innere wie äußere Landschaften in einer ganzheitlichen architektonischen Komposition. Als<br />
gebauter Ausläufer der Sonnenalpe nimmt das Ressorthotel die umliegende Natur auf. Großzügige<br />
Atrien, ausgestattet mit Wasserläufen und ausreichendem Grün lassen Naturerlebnisse im Inneren<br />
des Hotels entstehen. Plätze, Wasserfälle, Galerien dienen anstelle von langen Gängen, als Erschließungsstruktur.<br />
Zentrale Schnittstelle bildet immer wieder die großzügig verglaste Lobby, die als „Atriumschlucht“,<br />
die komplexe Anlage (Gastrobereich, Bars, 160<br />
Gäste-Zimmer und Wellness+Spa Zone) um sich versammelt“.<br />
Die Entstehung von einem<br />
Gebäude ist wie eine<br />
schöne Tonalität. Wie<br />
wenn ein Orchester eine<br />
schöne Musik spielt.<br />
Das ganze Gebäude ist Landschaft, die sich zu besonderen Räumen<br />
erweitert: „Jeder einzelne Schritt bietet dem Auge ein neues<br />
Klangelement der architektonischen Komposition, sei es den Ausblick<br />
auf die bebauten oder grünen Fernen oder die Ansicht der<br />
anmutig geordneten nahen Umgebung.“<br />
Unterschiedliche Raumerlebnisse lassen für den Gast eine Stimmungsreise<br />
durch das Gebäude zu: Sakrales Ambiente in der<br />
Saunawelt, die sich in Licht und atmosphärischer Materialität ausdrückt<br />
und Ruhe- und Sinnessräume schafft. Der Gastronomiebereich<br />
teilt sich in stimmungsvolle Zonen, die von Farb- und Lichtgestaltungen differenziert sind.<br />
Nach außen erweitert die Hotelanlage die dörfliche Struktur und bildet ein neues, starkes Zentrum.<br />
Ecken, Kurven und leichte Kanten strukturieren den 200 Meter<br />
langen Baukörper und lösen die Maßstäblichkeit auf. Indem<br />
Erde-Architektur erscheint<br />
nur im Licht. Sonst ist<br />
schwarz. Da seh i nix.<br />
eine permanente Verschmelzung zwischen Außen- und Innenraum<br />
inszeniert wird, wird auch der Außenraum maximiert und<br />
in das Gebäude geholt.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch IV - ZEYTINOGLU<br />
<strong>ST</strong>/A/R 27<br />
Dachausbau Mariahilferstrasse 1 , Der schönste Dachboden von Wien<br />
ausgeführt durch Metallbau Heidenbauer Ges.m.b.H & Co KG<br />
Hotel Falkensteiner Carinzia, Kärnten
Städteplanung / Architektur / Religion Buch IV - ZEYTINOGLU <strong>ST</strong>/A/R 29<br />
Dachausbau Mariahilferstrasse 1
30 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch IV - ZEYTINOGLU Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Cityhotel Falkensteiner, Bratislava
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch IV - ZEYTINOGLU<br />
<strong>ST</strong>/A/R 31<br />
CITYHOTEL BRATISLAVA<br />
Ein Ort der Kommunikation und Entspannung.<br />
Beim Betreten der Eingangshalle befindet sich der Gast in direkter Sichtbeziehung<br />
zur Rezeption - ein in Bronze gekleideter Solitär.<br />
Mittels transparenter Verglasung zur Lobby getrennt, erstreckt sich entlang<br />
des Eingangbereiches ein offener Restaurantbereich mit Buffet und Showküche,<br />
der sich anhand von luftigen, textilen Elementen öffnet oder schließt<br />
und dadurch die Wandlungsfähigkeit des Erdgeschosses unterstreicht.<br />
Den Mittelpunkt des Eingangs-und Empfangsbereiches bildet die Lobbybar,<br />
ebenfalls als Solitär im Raum wahrnehmbar, eingebettet in unterschiedlich<br />
definierte, räumliche Beziehungen.<br />
Hotelbar, Communication Zone, Cigar Lounge und Business Zone formen<br />
sich zu einem ausgewogenen loungeartigen Wohnensemble in der grosszügigen<br />
Hotelhalle.<br />
Die Lobby des Hotels transportiert das Innen nach Außen und das Außen<br />
nach Innen. Beides verschmilzt in der Dramaturgie des Lichts und der Farben<br />
– ein Ort des Sehens und Gesehen Werdens.<br />
Edle, elegante, weiche und im Kontrast stehende metallische warme Farben<br />
und Materialien bilden das Ambiente des Innenraums. Eiche, Velours und<br />
Bronze stehen im Einklang miteinander, vermitteln Wärme und Glanz.<br />
Über die, der Rezeption angeschlossenen Konferenzstiege, erschließt sich<br />
das erste Obergeschoss, das sich jeweils auf einen grosszügig dimensionier-<br />
ten Seminarbereich, sowie denersten Zimmertrakt erstreckt.<br />
Wiederum sind im Foyer der Konferenz der Infopoint, sowie ein Loungemö-<br />
bel, das sich um eine Säule windet, als frei stehende Elemente spürbar.<br />
Der gesamte Gebäudekomplex umschließt dabei einen mittig platzierten<br />
Innenhof, der durch raumhohe Verglasungen den Grünraum ins Innere des<br />
transportiertḋu<br />
Körpers transportiert.<br />
Chic, dynamisch, entdeckungsfreudig Von der hell/dunkel kontrastierenden<br />
Gangatmosphäre, taucht man ein in ein frisches, elegantes Wohngefühl, das<br />
sanft und zurückhaltend den „Flair“ der Stadt unterstreicht.<br />
Das Zimmer vermittelt durch die Auswahl der Materialien, Oberflächen und<br />
Farben eine dynamische, urbane Leichtigkeit, die von einem weiß lackiertem<br />
Möbelensemble getragen wird.<br />
Durch die Verspiegelung des Vorraums und den Glanz des Lacks reflektiert<br />
und öffnet sich der Raum, lässt vorhandene Strukturen ahnend zur Geltung<br />
kommen.<br />
Über den insgesamt 5 Zimmergeschossen thront eine Business -Skylounge,<br />
über die man eine rund umlaufende Terrasse erschließt und die einen Ausblick<br />
auf den historischen Kern Bratislavas freigibt. Weiters befindet sich ein<br />
Wellnessbereich am Dach des Hotels und beherbergt ein Foyer mit Sauna<br />
und Dampfbad. Ruheraum und Fitnessraum sind, wie auch ein Solarium,<br />
vorhanden.<br />
Zwischen Foyer und Fitnessraum erstreckt sich ein kleiner intimer Terrassenbereich,<br />
der zum Verweilen einlädt.<br />
Klassische, zeitgenössische Eleganz erzeugt einen gewissen modernen<br />
„Simple Chic“, der den urbanen Geist reflektiert und und trotzdem ein Gefühl<br />
des „Zuhauseseins“ vermittelt.<br />
Ein Ort mit Seele<br />
und Stil.
32 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch IV - ZEYTINOGLU Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
moved by<br />
experience<br />
Arkan Zeytinoglu:<br />
„Material ist Stoff. Stoffe<br />
ergeben Material. Stoff<br />
als solchen zu entwickeln,<br />
ist förmliche und farbliche<br />
Ideengebung von Material,<br />
welches uns beseelt.“<br />
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2008 eröffnet wurde, steht der Aspekt<br />
des sich Wohlfühlens an erster Stelle.<br />
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Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch V - PENKER <strong>ST</strong>/A/R 33<br />
8<br />
έτσι έχουν τα πράγματα<br />
დავდგეთ იქ სადაც ქარიშხალია<br />
טאָכעס אױפֿן טיש<br />
wyobrazić sobie coś, oznacza zobrazować swoją własną świadomość<br />
ВСИЧКО, КОЕТО НЕ МЕ УБИВА МЕ ПРАВИ ПО-СИЛЕН.<br />
so sind die Dinge<br />
Does the system make the language?<br />
нумер<br />
so sind die dinge<br />
www.dadadaacademy.org
34 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch V - PENKER Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
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Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch V - PENKER<br />
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Ei Arakawa / Nikolas Gambaroff, “Two - Alphabet Monograms” 2009<br />
Jos De Gruyter Jana Euler Ei Arakawa Nikolas Gambaroff Henning Bohl Sabine Reitmaier
Städteplanung / Architektur / Religion Buch V - PENKER <strong>ST</strong>/A/R 37<br />
„Flower Structure“<br />
Elisabeth Penker (sonic structure) /Tran Van Anh<br />
(Chello) /Sweet Susie (electronics)<br />
Komposition: Tran Van Anh / ElisabethPenker/Tri Minh<br />
Die Komposition Flower Structure verwendet die 6-Ton Sprache<br />
vietnamesisch als morphologische Struktur Je nach Tonlage hat ein Wort<br />
auf vietnamesisch mehrer Bedeutungen. Das Wort Blume bedeutet<br />
je nach Tonlage Medizin-Maler-Friede-Feuer. Flower Structure ist nach<br />
diesen Tönen/Wörtern arrangiert und wurde erstmals bei den Wiener<br />
Festwochen aufgeführt.<br />
Elisabeth Penker spielt auf ihrem entwickelten Instrument „Sonic<br />
Structure“ mit der Cellistin Tran Van Anh. Van Anh spielte als Cellistin<br />
beim Symphony Orchestra in Hanoi und beim Asian Youth Orchester.<br />
Wiener Festwochen „Flower Structure“ Foto: Marina Faust<br />
Elisabeth Penker (sonic Structure) Van Anh (Chello) Tri Min (electronics)<br />
„Sonic Structure“ hat eine vage Ähnlichkeit mit einem Keyboard und<br />
ist aus Holz und industriellen Materialien gefertigt. Alle Klänge, die auf<br />
dieser Konstruktion erzeugt werden, werden mithilfe einer Reihe von<br />
in unterschiedlicher Höhe montierten Mikrofonen verstärkt, wodurch<br />
es Penker ermöglicht wird, Musik zu machen. Ihre Würdigung von<br />
Luigi Russolos „The Art of Noise“ und Jack Foley.s Aufnahmemethoden<br />
für Filmsoundtracks ermöglicht ihr, ein Vokabular für Rhythmus und<br />
sprachliche Transformationen zu finden. Mithilfe eines Orchesters,<br />
das, obwohl es nur aus industriellen Materialien gefertigten<br />
Instrumenten besteht, in der Lage ist, jene Kräfte einzubinden, die in<br />
die differenzierteste Klangstruktur überhaupt -die Sprache- eingebettet<br />
sind, gelingt Penker eine geglückte Neuformulierung der alten Formel<br />
der Avantgarde.<br />
Wiener Fest Wochen 2009-11-21<br />
Link zu Video von Wiener Festwochen „Asian Village“2009 http://vimeo.com/7205727<br />
Ein Projekt von Wolfgang Schlag & Susanne Roggenhofer<br />
*************<br />
Studio<br />
Elisabeth Penker<br />
Franzengasse 13/1a<br />
A-1050 Vienna<br />
M:0043 (0)681 1036 5210<br />
E: elpenker@gmx.at
38 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch V - PENKER Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Marina Faust<br />
arbeitet seit 1989 in Zusammenarbeit mit Maison Martin Margiela<br />
als Fotografin und Videokünstlerin.<br />
Ihre Fotos, Texte und künstlerischen Projekte wurden in<br />
Zeitschriften wie Purple Fashion, Le Purple Journal, Numéro<br />
Magazine (Japan), A Guide Magazin und Rondo (Wien), A Magazin<br />
(Belgien) & Ppaper Shop Magazine (Taiwan) veröffentlicht.<br />
Eine Gruppe ihrer traveling chairs, die 2007 in der Galerie Song<br />
Song zu sehen waren sind Teil der Sammlung im MAK (Museum<br />
für Angewandte Kunst, Wien)<br />
Ihre Fotoserien, persönliche Visionen über die Arbeit und<br />
Persönlichkeit anderer Künstler, werden regelmäßig in der<br />
Französischen Kunstzeitschrift Frog publiziert.<br />
Marina Faust bezeichnet für sich selbst den Publikations-Raum<br />
(Zeitung, Magazin, Buch) als Wahrnehmungs- und somit als<br />
künstlerischen Raum.<br />
Ihre Arbeiten wurden in Japan, Korea, Frankreich und Österreich<br />
ausgestellt.<br />
Ihre nächste Ausstellung ist für das Jahr 2010 in Wien in der<br />
Galerie Song Song geplant.<br />
www.gallerandethefilm.com.<br />
Marina Faust, Selbstporträt mit Punkten, 2009, C-print, 80cm x 46cm, Paris, courtesy the artist
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch V - PENKER<br />
<strong>ST</strong>/A/R 39<br />
Marina Faust, Installation, 2004, Mohair und Styropor, 230cm<br />
x 130cm x 90 cm, mit Purple Institute, Bibliothek des Institut<br />
Culturel Français, Mailand, courtesy the artist<br />
Marina Faust, traveling stool und traveling chair, 2009, Holz, Metal, Chrom, Gummireifen,<br />
80cm x 80cm x 67cm und 80cm x 80cm x 100cm, Paris, courtesy the artist<br />
Marina Faust<br />
Marina Faust, Pleaser, 2008, Vinyl und Glas, 55cm x 35cm x 15cm, Paris, courtesy the artist
40 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch V - PENKER Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
JULIE RYAN 303 Gallery, NY<br />
Julie Ryan artist, writer and curator of „The Red Thread“, which most recently<br />
occured at Dana Charkasi Gallery here in Vienna, is presently an artist in<br />
the Linikus sponsored Artists Residency in Bauernmarkt. Though Ryan is<br />
not new to vienna, she is searching for her position in Vienna, a place which<br />
generally doesn’t embrace arists who also write and curate.<br />
Q: How did you come to Vienna initially (was it to paticipate in Franz West’s<br />
opera?)<br />
Julie:<br />
Yes, I was living in Paris and Mary Heilmann called me from Vienna. She had<br />
an exhibition here and was travelling alone and invited me to visit. 14 and<br />
half hour train ride later I joined her. I met Franz then and he invited me to<br />
return and perform for the opening of MUMOK. Since then I have spent my<br />
time in Vienna.<br />
In 2005 you curated „the Read Thread“ shows in Seattle & New York of Austrian<br />
(and others living or connected to Vienna) about the artists you were<br />
directly in contact with at the time Franz West, Muntean Rosenblum, Markus<br />
Schinwald, Lisa Ruyter etc., were as the new ve<br />
rsion here at Dana Charkasi is moving forward, new contacts and new<br />
people in vienna, but also backward as a portrait of the gallery... can you<br />
explain a little.<br />
Julie:<br />
I had had the idea to organize an exhibtion in Vienna. But not seconds after<br />
thinking of it, it seemed a political quagmire. It dawned on me that I was in<br />
a unique position by having access to a space in NYC, the Educational Alliance<br />
where I had curated a series of well received exhibtions over the years.<br />
At this time in 2003, a series of Austrian shows were in the US and I felt<br />
that though they represented an aspect of the Austrian artscene that there<br />
was a vital international scene here that was not being seen or heralded.<br />
Hence, The Red Thread. A cross section of Austrian born and also artists<br />
who choose to live or spend time in Austria that were not on the Austrian<br />
radar as such.<br />
The shows opened almost simultaneously in NYC and a private gallery in<br />
Seattle WA (on both coasts). The Red Thread was conceived as a fexible<br />
platform presenting various aspects of Vienna art scene both conceptual<br />
and physical. It its most recent incarnation at Dana Charkasi Galerie I took<br />
a few artists from the original show and also looked back into the gallery’s<br />
own history by including Joseph Bauer and Johann Fruhmann.<br />
<strong>ST</strong>/A/R:<br />
Your Paintings which are small quirky abstractions with bits of<br />
lanscape references but also ‚painting about painting’ in the way<br />
you are dealing with composition, brushstrokes etc.<br />
Julie:<br />
Painting is the most fundamental aspect of my work. I am interested in the<br />
qualities of paint and painterly allusions to those qualities. Things that look<br />
Fast being made slow, slow appearing fast and throughout that process<br />
glimpsing back at the paintings own history of being made and paintings history<br />
of becoming. The most recent paintings refer to landscape but all paintings<br />
are landscapes or still lifes to some degree. I am interested in how we<br />
live with art. Images that are grasped quickly or emerge over time and are<br />
intended to be viewed at a certain distance away from the space of making.<br />
Guston make entire paintings without walking away from the canvas. Created<br />
at arms length, literally. One feels both the centrality of that experience literally<br />
on the canvas and also that the image itself has a peripheral stance.<br />
This physical experience before an artwork fascinates me as an artist.<br />
<strong>ST</strong>/A/R:<br />
...and the objects or „Wandgeiger“ which are sort of a deconstructed violin<br />
re-assembled onto the wall and which can be played with a bow. Can you<br />
explain how you came accross this idea and how its changed (or developed)<br />
through the various versions which you have presented in Vienna, Belgrade<br />
and most recently at 303 Gallery in New York.<br />
Julie:<br />
If painting, image making, is about space then music is about time. And<br />
I have struggled to conjoin the two. To make an image that seems ideally<br />
viewed at some distance necessitate a closer approach, a touch even. The<br />
Wall Violins which originally came out of a perversion of the story of the Magic<br />
Flute amputates the wing of the Vogelfanger’s bird. What may seem romanticized<br />
or idealized actually has a bit of bloody stump at the end of the feather bits. The<br />
Wall violins also plays the wall - the history of the building where it is installed, the<br />
resonation of the architecture. It can also exist as a substructure over a wall. The<br />
sound itself is more percusive than melodic though each instrument surprises<br />
me. How much sound can emerge from a strung wall. The bridges suspending the<br />
strings are based on actual stringed instrument bridges but I designed to mimick<br />
mountains or fi re to create the tension to be played.
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR <strong>ST</strong>/A/R 41<br />
David Staretz<br />
schreibt, redigiert und fotografiert den Auto-<strong>ST</strong>/A/R
42 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
BENTLY<br />
Bentley Continental Supersports<br />
ZUCKERROHR UND PEITSCHE<br />
Der neuen Bentley Continental Supersports ist der stärkste<br />
und in konkreter Weise erdverbundenste Bentley aller Zeiten<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Christina Surer kann meinen Annäherungsversuchen<br />
nicht mehr standhalten. Ok, ihr stehen<br />
nicht 680 PS zur Verfügung, ihr SLR McLaren<br />
Edition 7<strong>22</strong> hat um 30 PS weniger als mein Hardcore-<br />
Racing-Tool (das kann man allerdings als Serienstreuung<br />
durchgehen lassen), aber so knallhart, wie ich<br />
aus der Fahrerlagerkurve von oben runtergestochen<br />
komme, so verwegen, wie Baron Richthofen sich aus<br />
der Sonne in den Nacken des Gegners fallen ließ, das<br />
scheint sie doch überrascht zu haben. Gebietet es meine<br />
Höflichkeit, zu blinken? Ach nein, es gibt ja keinen<br />
Blinker hier in der Rennversion des SLR McLaren7<strong>22</strong><br />
GT. Rennversion? Was läuft hier eigentlich?<br />
Bitte erst mal von vorn. Also, wir erinnern uns:<br />
Mercedes entwickelte zusammen mit McLaren einen<br />
Supersportwagen auf der Höhe seiner Zeit, dem trotz<br />
extremer Features wie Sidepipes, völlig glatter Unterboden,<br />
Carbon-Body vorgeworfen wurde, ein bißchen zu<br />
fancy zu sein, sich beliebt machen zu wollen bei Leuten,<br />
die nicht so viel Sachverstand wie Geld besaßen. Es<br />
ist auch kein Geheimnis, dass der Wagen dann nicht so<br />
kompromisslos wurde, wie McLarens Headbrain Gordon<br />
Murray dies vorgestellt hätte. Er hätte sich wohl<br />
eine Steigerung seines F1 gewünscht.<br />
Herbst 2008, fünf Jahre später: Der Wagen lebt, verkauft<br />
sich nach Belieben, beherrscht seinen Auftrag,<br />
die Funktion eines Imageträgers zu verwalten, um der<br />
breiten Mercedes-Käuferschaft klarzumachen, dass<br />
man sehr gut weiß, wie die lauten Töne gespielt werden.<br />
Man offenbarte den SLR McLaren Roadster und danach<br />
noch den auf 150 Exemplare limitierten Edition 7<strong>22</strong> mit<br />
strafferem Fahrwerk, leistungsgesteigertem Motor (um<br />
25 PS auf 650 PS), weniger Gewicht (minus 44 kg) und<br />
Keramikbremsen.<br />
Um die Zündschnur der Begeisterung am Brennen zu<br />
halten, gründete man den Club SLR, der den Vorteil<br />
hat, keinerlei Eintrittsgebühr zu verlangen, allerdings<br />
ausschließlich SLR-Besitzern vorbehalten ist.<br />
Unter diesen Passionierten wiederum gründete man<br />
eine Gentlemen-Renngesellschaft, einen Markencup<br />
oberster Gehobenheit, befeuert von der auf 21 Exemplare<br />
limitierten Racing-Version namens 7<strong>22</strong> GT.<br />
Hier, in der kompromisslosen Zurichtung auf Rennmaschine,<br />
herrschen Rennfahrwerk, funktionale Aerodynamik,<br />
680 PS, ein Drehmoment von 830 Nm und<br />
ein Leistungsgewicht von zwei Kilogramm pro PS, kontrollierbar<br />
aus einem kompromisslos zugeschneiderten<br />
Renncockpit.<br />
So. Und hier, wo von den Privat-Racern richtig viel<br />
Geld ausgegeben wird, um die vom Rennstall und<br />
Engineering-Unternehmen Ray Mallock präparierten<br />
Fahrzeuge zu erwerben, sie unter Dampf zu setzen<br />
samt Mechanikern, Boxencrew, Telemetrie, Catering,<br />
Hostessen, und was noch alles zu einem gelungenen<br />
Wochenende gehört, wollte man dem Spaß noch eins<br />
draufsetzen. Also lud man hochverdiente Haudegen<br />
des Rennsports dazu, wie Christian Ludwig, Jochen<br />
Mass, und Jean Alesi, sowie Chris Goodwin, Michael<br />
Mallock oder Christina Surer aus der jüngeren Fahrergeneration.<br />
Zusammen mit den Privatfahrern werden<br />
sie zu den Teams gelost, um dem ganzen Renngeschehen<br />
mehr Pep zu verleihen.<br />
Vorläufig sind etwa elf Fahrzeuge im Einsatz, das ist ok<br />
für die erste Saison, sollte aber noch besser werden.<br />
Erstmals wagte man sich auch daran, zwei, drei Journalisten<br />
ans Steuer zu lassen, also einen nach obenhin<br />
kaum zu beziffernden Schaden in Kauf zu nehmen.<br />
Um der Sache die Spitze zu nehmen: Nach dem kom-<br />
Abenddämmerung über Sevilla, so wie man sie als Bentley-Gast von der<br />
Dachterrasse des Italienischen Consuls aus genießen kann. Flying Canapées,<br />
Champagnerempfang.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR<br />
<strong>ST</strong>/A/R 43<br />
plizierten Reinturnen war nichts mehr so mühevoll<br />
(außer dem Aussteigen). Multimillionären wird auch<br />
nichts geschenkt.<br />
Aber dann: Die tiefe Sitzposition, dieses Eingepacktsein<br />
in die Schale, das Heranwachsen von Lenkrad und<br />
Paddles, die grandiose Knopfgalerie, das abknöpfbare<br />
Steuer, das heisere Anfachen des Maschine in der Box,<br />
nachdem die Mechaniker die Luft für die vier im Wagenboden<br />
integrierten Hebestempel aus der Hydraulik<br />
gelassen haben und der Wagen schlagartig um zwanzig<br />
Zentimeter zu Boden fällt, das Rausrollen ans Tageslicht<br />
unter frenetischen Gasstößen, nochmals zurück,<br />
(Retourgangfummeln im E-Display) weil der geringe<br />
Einschlag nicht reicht, jetzt aber richtig voran und<br />
Christina Surer hinterher, die mir die Pace macht und<br />
längst schon in die Schikane einschneidet.<br />
Das macht alles unerhörten Spaß, von dem ich gar<br />
nicht erklären könnte, woher er kommt, denn jetzt ist<br />
alles netzfrei ungesichert, dröhnend laut und metallen<br />
schroff, doch mein Vertrauen in Fahrwerk, Bremsen<br />
und Christinas Linie lässt Raum, um diese frenetische<br />
Kraftentfaltung, das massige Einfurchen, das<br />
sideslide-gewandte Durchspulen der wie getöpferten<br />
Nocksteinkehre oder der sich zur Schikane einkringelnden<br />
Fahrerlagerkurve richtig zu genießen, somit<br />
aber nahe an eine gefährliche Selbstgefälligkeit zu rücken,<br />
der Gegenhaltung zur angebrachten Demut; und<br />
einen Moment lang denke ich an einen Tennisspieler,<br />
der nach seinem Outsider-Sieg sagte: „Sobald man sich<br />
im Vorsprung sonnt, sich an der anbahnenden Sensation<br />
delektiert, vergisst man, das es um nichts anderes<br />
als den Kampf um den nächsten Punkt geht. Nur der<br />
zählt! Sonst verliert man Konzentration und Spiel“. Das<br />
rückt mich wieder zurecht, und ehe ich wirklich glaube,<br />
dass Christina mich resigniert vorbei lässt, um mir<br />
freies Bolzen zu gewähren, schau’ ich lieber noch in<br />
den zittrigen Rückspiegel und ziehe gleich den Nacken<br />
ein (und klemme die Backen zusammen), denn hinten<br />
kommen Jochen Mass und seine Trainee, ein Privatfahrer,<br />
im Duett herangeröhrt und brausen vorbei, dass es<br />
mir beinah Heckspoiler aufstellt. Sie hat also nur meinetwegen<br />
gebremst, um schnelleren Verkehr vorbeizulassen.<br />
Naja, lern deinen Platz kennen. Immerhin ist<br />
der gar nicht so übel hinter einem der prominentesten<br />
und hübschesten aller Racinggirls, dem es perfekt gelingt,<br />
zwischen echten Renn-Einsätzen, ihren Aufgaben<br />
als Model und Markenbotschafterin (etwa für Seat<br />
und Yokohama) und, wie hier, als Driver/Trainer zu<br />
brillieren.<br />
Sie kultiviert am Salzburgring, (immer noch ein unerforschtes<br />
Gelände für Sucher der Ideallinie), die flache<br />
Linie, eine umstandslose Kampfspur, wo dir niemand<br />
ins Gewand fahren kann. Sie macht schon kurveneingangs<br />
klar, wem die Führung gehört, und wenn du<br />
durchaus imponieren möchtest, so darfst du beim Anbremsen<br />
ein wenig später und härter ins Eisen steigen,<br />
aber wie sich schnell zeigt, ist Geschmeidigkeit immer<br />
noch die bessere Taktik, das Mitnehmen von Geschwindigkeit<br />
in die Kurve, wie es Christina so beispielhaft zelebriert,<br />
aber wie eine gute Freundin und Pferdediebin<br />
wartet sie hinter der nächsten Ecke, lupft hie und da einmal<br />
das Hauptpedal für dich, und flash-artig muss ich<br />
dran denken, wie ich mit siebzehn in eine gleichaltrige<br />
Schilehrerin verliebt war und wie schnell ich damals<br />
lernte im reinen Bestreben, sie nicht aus den Augen zu<br />
verlieren. Ich sehe Christinas Locken vor mir die Zielgerade<br />
entlang fliegen. Ob auch masselose Schönheit<br />
der Fliehkraft unterworfen sind? Wüsste ich nicht, dass<br />
sie Helm trägt, ich würde dringend vermuten, dass sie<br />
den Lidstrich nachzieht und die Lippen auffrischt, während<br />
ich hinter ihr mit Klauen und Zähnen am Lenkrad<br />
kämpfe, um noch ein Zipfelchen Windschatten zu erhaschen.<br />
Tease me, please me, thrill me, grill me, aber<br />
bitte don’t kill me. Als sie in die Boxenstraße einbiegt,<br />
wirkt das wie eine Einladung zum Cocktail. Aber wir<br />
sind hier Professionisten in unseren Kisten, erst mal<br />
das Interview in den Kasten bringen.<br />
*<br />
Es wäre übertrieben gewesen zu sagen, dass Frau Surer<br />
schon umgezogen war, als ich an die Box zurückhechelte,<br />
aber ihre Frische und Geschminktheit waren<br />
beschämend. Gekonnt vermied sie jeden Kommentar<br />
über unseren Pas de deux, denn sie ist eine höfliche<br />
und anregende Gesprächspartnerin, mit der man sich<br />
über allerlei unterhalten kann, auch über das Wetter.<br />
Aber dieses Thema würden wir gewiss nicht anschneiden.<br />
Übrigens: Christina ist nicht die Tochter, sondern die<br />
Exfrau des ehemaligen F1-Piloten Marc Surer. Und natürlich<br />
vergeben.<br />
Das Hotel der<br />
Veranstaltung, die<br />
Hazienda Benazuza.<br />
Besser drinnen sein<br />
als draußen vor der<br />
Kamera.<br />
Warnung am<br />
Schaltkasten:<br />
So<br />
kann dich<br />
der Blitz<br />
treffen.<br />
Das Cockpit, bewußt metallen,<br />
Reminiszenz an die Great Racing Days.<br />
Der abgespeckte Ledersitz. Carbon hält<br />
den Rücken steif.<br />
Das B, hier im Speichenkranz, prangt<br />
sogar auf den Ventilkappen der Reifen.<br />
Brunnenfigur, mit Bronze-Inlay liebevoll<br />
ausgebessert.<br />
Bentley Continental Supersports am Rande eines Raumalphabets.
Städteplanung / Architektur / Religion Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR <strong>ST</strong>/A/R 45<br />
KAUM<br />
ERSCHIENEN,<br />
SCHON IM<br />
MUSEUM<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Der Lamborghini Reventón ist nur mehr<br />
auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu haben,<br />
allerdings wird man ihn hier auf<br />
keinem Monitor finden: Nur zwanzig<br />
Stück wurden aufgelegt, und wer einen bekommen<br />
konnte, weiß ganz genau, was er da in der<br />
Garage hat. Und dass ihm jetzt mindestens eine<br />
Million Euro auf dem Konto fehlt (Nettokaufpreis<br />
zuzüglich Steuern). Der Reventón, etwas<br />
makaber nach einem Kampfstier benannt, der<br />
im Jahre 1943 den Torero Felix Guzman im<br />
Kampf getötet hatte, basiert auf dem Murcielago<br />
LP 640..Das heißt: Die Hundertermarke durchschießt<br />
der Reventón binnen 3,4 Sekunden.<br />
Und seine Höchstgeschwindigkeit liegt über<br />
340 km/h. Das automatisierte Schaltgetriebe<br />
e.gear knüppelt die Gänge schneller als selbst<br />
ein geübter Fahrer. Und der permanente Allradantrieb<br />
Viscous Traction sorgt dafür, dass die<br />
enormen Kräfte stets in Vorwärtsbewegung umgesetzt<br />
werden. Jedenfalls, solange man nicht in<br />
die Sechskolben-Carbonkeramik-Bremsen steigt,<br />
die den Wagen bei Bedarf wie gegen eine Wand<br />
prallen lassen.<br />
Wie beim Basismodell besteht die Außenhaut aus<br />
CFK, dem ebenso stabilen wie leichten Kohlefaser-Verbundstoff.<br />
Dabei sind die Exterieur- Teile<br />
mit der einzigartigen Karosseriestruktur des<br />
Reventón aus CFK und Stahl verklebt und vernietet.<br />
Der im hauseigenen Centro Stile designte Wagen<br />
ist übrigens asymmetrisch: Auf der Fahrerseite<br />
ist der Schweller opulent ausgeformt, um<br />
die Anströmung des Ölkühlers zu steigern. Auf<br />
der rechten Fahrzeugseite dagegen ist er glattflächig,<br />
um nichts weiter Unterbodenströmung<br />
zu unterstützen. Der aerodynamisch optimierte<br />
Unterboden endet am Heck in einem Diffusor.<br />
Materielien des Innenraums: Alcantara, Carbon,<br />
Aluminium und Leder. Wie im modernen<br />
Flugzeugbau bestehen die Instrumente aus<br />
drei TFT-Flüssigkristall-Flachbildschirmen. Auf<br />
Knopfdruck kann der Fahrer zwischen zwei<br />
Darstellungsformen wählen. Eingefasst sind die<br />
Instrumente übrigens in einem Gehäuse, das<br />
aus einem vollen Aluminiumblock gefräst und<br />
mit einer Haube aus Kohlefaser abgedeckt ist.<br />
Völlig neu ist das G-Force-Meter: Diese Anzeige<br />
zeigt die fahrdynamischen Kräfte, die Längsbeschleunigung<br />
beim Gasgeben und Bremsen wie<br />
auch die Querbeschleunigung in Kurven. Dargestellt<br />
werden diese Kräfte als Bewegung einer<br />
Kugel in einem Kreis, je nach Richtung und<br />
Intensität der Beschleunigung. Ein ähnliches<br />
Instrument findet sich in Höchstleistungs-Flugzeugen.<br />
Auch in der Formel 1 verwendet man<br />
solche Darstellungen zur Analyse der Dynamikkräfte.<br />
Wer einen Reventón aus der Nähe betrachten<br />
will, muss sich ins Museum nach Sant’ Agata Bolognese<br />
bemühen. Dort steht das einzige nicht in<br />
Privatgaragen eingesargte Modell mit der Nummer<br />
20.<br />
LAMBORGHINI REVENTÓN
46 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
NEU Ferrari 458 Italia<br />
SURFING AT THE EGDE OF THE MOMENT<br />
Große Emotionen, aufwändig erarbeitet. Ein Ferrari zum Ferrarifahren, am besten täglich.<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Abseits von Jubiläen, künstlichen Emotionen und<br />
historischen Reminiszenzen hat man wieder<br />
einen Ferrari für des Alltags süßen Wahnsinn<br />
hervorgebracht, einen kompromißlosen Supersportwagen,<br />
nicht gefällig, nicht verfettet, nicht mit dem US-<br />
Markt kokettierend. Der 458 Italia ist eine echte Home<br />
Breed, rennsportnah und detailversessen, völlig funktional<br />
konzipiert und aerodynamisch durchsetzt. ”Der<br />
Ferrari 458 Italia führt die Tradition Ferraris fort, durch<br />
technologische Innovationen<br />
aus dem Rennsport den Spaß am Fahren zu erhöhen,<br />
und wurde geschaffen, um die Erwartungen und Ambitionen<br />
unserer leidenschaftlichsten Kunden zu erfüllen”,<br />
heißt es im Pressetext.<br />
Das neue V8-Triebwerk mit 4.499 ccm, 570 PS stark,<br />
ist als Heck-Mittelmotor direkt hinter dem Cockpit versenkt.<br />
Das F1-Getriebe mit Doppelscheibenkupplung<br />
knüppelt sieben Gänge auf Fingerzug durch. Das Fahrwerk<br />
ist rennsportmäßig aufwändig konzipiert, lässt<br />
sich über Lenkradbedienung nachschärfen bis hin zur<br />
absoluten Nürburgring-Konfiguration.<br />
Und, so sagt seine langjährige Privatsekretärin, Sabine<br />
Kehm, es sei kein Marketinggag – Michael (Schumacher)<br />
habe sich wirklich von der ersten Planungsstufe<br />
an laufend eingebracht und das Auto mit Freude und<br />
Engagement bis zur Feinabstimmung begleitet.<br />
Selbst wenn er nur seinen Namen hergegeben hätte, so<br />
hätte er das für eine faszinierende Fahrmaschine getan.<br />
Ein feuriges, befeuerndes, mit dem Fahrer eine innige<br />
Symbiose abziehendes Supersportgerät ohne Reue,<br />
zugeschliffenes Autofahren in einer gegebenen Höchstform,<br />
der nur mehr der Fahrer mutig zuarbeiten kann.<br />
(Selbst auf niedrigst mögliche CO2-Werte wurde geachtet.<br />
Und wer einen schlechtgelaunten Tag hat, kann mit<br />
13,3 l/100 km voranstochern.)<br />
Der völlig neu entwickelte V8 mit 4,5 Liter Hubraum<br />
(was sich aus dem Typencode auslesen lässt) liegt balancegünstig<br />
im Heck, aber vor der Hinterachse, wovon<br />
man sich mit einem Blick durch den Plexiglasdeckel<br />
überzeugen kann.<br />
Seine 570 PS werden über ein F1-Getriebe mit sieben<br />
Gängen und Doppelkupplungsschaltung per stehendem<br />
Lenkpaddle abgefeuert. Das Handschaltgetriebe, einst<br />
geliebte Kulisse, gibt es endgültig nicht mehr. Nur zwei<br />
Prozent aller F430-Käufer hatten es noch bestellt.<br />
Das trotz Fensterheber, Klimaanlage, elektrischer Sitzverstellung<br />
und ähnlichen Annehmlichkeiten erstaunlich<br />
geringe Gewicht von 1380 kg reduziert das PS-Paket<br />
auf 2,42 kg/PS, was es jedermann erlaubt, den Wagen<br />
per LAUNCH-Knopf in 3,4 Sekunden gegen die Hundert<br />
zu werfen. Aber das sind ungefragte Werte in dieser<br />
Liga, wo man ein höheres Verständnis angewandt<br />
schnellen Fahrens sucht, eingespielt mit diesem phantastischen<br />
Doppelquerlenker-Fahrwerk, dessen unterer<br />
Vorderachs-Lenker zwecks geschmeidigerer Anlenkung<br />
L-förmig ausgeführt ist. Hinten arbeitet ein kompliziertes<br />
Multilenker-Gefüge in geradezu organischer<br />
Sehnen-Kinematik die Fahrbahn ab, dass man jetzt<br />
nicht weiß, ob es sich mehr dem Komfort oder mehr der<br />
Sportlichkeit verpflichtet, so geschmeidig geht es auf<br />
jede Straßen- und Fahrsituation ein. Natürlich lässt sich<br />
alles noch nachschärfen in Richtung Sport und RACE<br />
(Rausfliegen erlaubt!), was man mittels ”Manettino”-<br />
Schalterchen direkt auf der Lenkradnabe bewerkstelligen<br />
kann, der neuen Schalterplatte für erste, zweite und<br />
dritte Bedienungshierarchien bis hin zum Scheiben-<br />
Wischwasch. (Selbst der Blinker wird per Daumendruck<br />
abgefeuert, was man in schnellen Kurzschlüssen<br />
manchmal anstelle des Hochschaltens praktiziert.) Nur<br />
das Radio muss per Hand geregelt werden, aber das ist<br />
einfach: Ausschalten genügt, denn diese Musik kommt<br />
aus keinem Sender, die gibt es nur als Live-Orchester,<br />
und sie erfüllt einen symphonischen Auftrag.<br />
Die Sitzposition ist so ins Auto hineinkonzentriert, dass<br />
sich der Beifahrer zum Balancepaket reduziert. Füße<br />
weit vorgestemmt und rechte Hand am Türgriff. Mehr<br />
Funktion hat er nicht.<br />
Alles ist dem Fahrer zugewandt, allen voran der zentrale<br />
Drehzahlmesser, eine Ikone der Motorenanbetung, deren<br />
Gnadenfeuer bis 9000 Touren reicht, was natürlich<br />
zu neuen klanglichen Dimensionen kontrollierter Hysterie<br />
führt, einem Lied über sämtliche Oktaven sinnlicher<br />
Wahrnehmung, sprühend, freudvoll, und erhebend,<br />
das den Fahrer als integrierten Resonanzkörper<br />
in die Gesamtkomposition Ferrari Italia miteinbezieht,<br />
bis er sich schäbig vorkommt, all dies mit schnödem<br />
Geld erkauft zu haben. 236.900 Euro. Es gibt Leute, so<br />
erzählt man bei Ferrari, die bestellen schon automatisch<br />
die nächsten vier, fünf Modelle vor, damit sie garantiert<br />
bei der Erstauslieferung dabei sind. Sonst muss man<br />
sich dreinfügen, achtzehn Monate auf die Auslieferung<br />
eines neuen 458 Italia zu warten.<br />
Dabei hat man nur die reine Dinglichkeit bestellt. Nichts<br />
am Fahrzeug ist überflüssig, nichts geschmäcklerisch.<br />
Die gesamte von Pininfarina entworfene Karosserielinie<br />
ist der Aerodynamik, aber auch dem inneren Luftdurchsatz<br />
verpflichtet. Kleine Ritzen wie die an den Scheinwerfern<br />
spielen eine große Rolle, die Luft tritt über den<br />
Kotflügeln wieder aus, liegt gebändigt an der Karosserie<br />
an, kühlt und drückt den Wagen (bei Vmax mit 360<br />
kg) zu Boden, so dass man von einer virtuellen Existenz
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR<br />
<strong>ST</strong>/A/R 47<br />
Schumi wohnt hier nicht mehr. Aber er kommt immer<br />
wieder gern vorbei, um seinen lukrativen Beratervertrag<br />
abzuarbeiten.<br />
eines Negativkörpers aus Luftfluss und Wirbelströmen<br />
sprechen kann – selbst der Luftaustritt im Heck legt<br />
noch ein Schäufelchen nach und verabschiedet den<br />
Wind so, dass er nicht lästig nachhängen möchte, sondern<br />
grußlos entschwindet. Auch die Menjou-Bärtchen<br />
an der Frontlippe sind funktional: Bei zunehmender Geschwindigkeit<br />
ändern die Winglets ihre Lage und steuern<br />
den eindringenden Luftstrom zunehmend in die Kanalrichtung<br />
”weniger Kühlung, mehr Downforce”. Also<br />
in Richtung des flach ausgebildeten Unterbodens.<br />
Der neue V8 mit Trockensumpfschmierung ist völlig<br />
kompromisslos aufgebaut. 127 PS pro Liter sind eine bei<br />
Saugmotoren bisher unerreichte Dimension. Er besitzt<br />
einen kompromisslos durchkonstruierten Aufbau, um<br />
die maximale Drehzahl von 9.000 U/Min. zu erreichen<br />
– ein Wert, der noch nie zuvor in einem Straßenwagen<br />
erzielt wurde. Das Kompressionsverhältnis beträgt 12,5:1<br />
bei einer Leistung von 570 PS. Dies führt zu einer spezifischen<br />
Leistung von 127 PS/L, was ebenfalls ein neuer<br />
Richtwert für Saugmotoren ist.<br />
Das enorme Drehmoment – 540 Nm bei 6.000/min,<br />
über achtzig Prozent davon ab 3.250/min – lässt den<br />
Spaß schon früh einsetzen. Dennoch steigt die Leistungskurve<br />
bis zur 9000er-Marke hin ununterbrochen<br />
an. Auch das spezifische Drehmoment von 120 Nm/l<br />
ist ein Rekordwert.<br />
Man achtete auf geringste innere Reibung (etwa dank<br />
graphitbeschichteter Kolbenschäfte) und erdachte ein<br />
neues Schmiersystem, das die sogenannte fluidodynamische<br />
Effizienz erhöhen half. Bildhaft übertrieben: Es<br />
wird nicht mehr mit Öl gepritschelt, sondern mittels<br />
Pumpendruck und Gegenvakuum ein kontrollierter<br />
Ölfluss erzeugt, der innere Reibungen reduziert. Dazu<br />
wurden auch spezielle Ölpumpen mit variablem Druckaufbau<br />
erdacht, die ihre Leistung bei höheren Drehzahlen<br />
reduzieren.<br />
Das Motormanagement stellt vier verschiedene Konfigurationen<br />
der Ventile für optimierte Drehmomentwerte<br />
in sämtlichen Drehzahlbereichen zur Verfügung. Drei<br />
pneumatische Drosselklappen befördern à la Trompete<br />
den idealen Luftdurchsatz in jeder Lastsituation.<br />
Split Injection verbessert die Motorleistung. dank Zwei-<br />
Phasen-Einspritzung werden die Verbrennungseffizienz<br />
und das Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich<br />
gesteigert. Ein hoher Einspritzdruck (200 bar) garantiert<br />
eine ausreichende Zerstäubung des Benzins sowie<br />
ein optimales Luft/Benzin-Gemisch bis hin zu 9.000<br />
min. Auch dies führt zu gesteigerter Leistung und niedrigerem<br />
Benzinverbrauch.<br />
Die Abgasanlage wurde so durchkomponiert, dass man<br />
jede Fahrsituation akustisch unterlegt bekommt, ohne<br />
dabei aber je genervt zu sein.<br />
Das 7-Gang F1-Getriebe mit Doppelscheibenkupplung<br />
wurde in seiner Funktion zugespitzt,, um möglichst<br />
schnelle, dabei sanfte Gangwechsel zu ermöglichen. Diese<br />
Technologie basiert auf den voneinander unabhängigen<br />
Managements der geraden und ungeraden Gänge,<br />
die durch zwei separate Eingangswellen vorgewählt werden.<br />
Die Schaltzeiten, also das Überlappen der Phasen<br />
des Öffnens und Schließens der beiden Kupplungen,<br />
liegt bei Null, wodurch es keine Unterbrechung des Motordrehmoments<br />
auf die Antriebsräder gibt, sondern<br />
nur sprühendes Voranbeschleunigen, so lange man am<br />
Gas bleibt<br />
Nach den Setzkasten-Beauties 612 Scaglietti, 599 GTB<br />
und dem schillernden California mit V8-Frontmotor<br />
besetzt der 458 Italia wieder das Dino-Fach, also die<br />
Rolle des Junggesellen-Ferrari zum Fahren aus Freude<br />
am Ferrarifahren, das idealerweise keinen Zweitwagen<br />
verträgt. Kann man sich dann wahrscheinlich eh nicht<br />
mehr leisten.<br />
Alles fließt. Die Linie ist durchgängig und aerodynamisch<br />
auf gleichmäßig anliegenden Fahrtwind hin konzipiert.<br />
Im Uhrzeigersinn: Wie eingeschmolzen wirkender<br />
Motor, Mittelkonsole minus Schalthebel,<br />
Lenkrad wie im Rennsport, Lichtgranate<br />
mit Leuchtdioden im Heck und ein vom<br />
Beamten handsigniertes Probekennzeichen<br />
oberhalb der Auspuffbatterie.
48 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Glückwunsch von Dr. Denker an Fa. Trenka<br />
Der Café als Suppe, die Zigarre aus Brot,<br />
der Cognac ein Sherry: Die Vorspeise zu<br />
Daniel Spoerris palindromischen Diner.<br />
Energisch, dynamisch, langer<br />
Atem: Michaela Kamler vor<br />
dem Geburtstagskuchen<br />
Auch Nachts imposant: Der<br />
Eingang zu den Festsälen in<br />
den Hofstallungen.<br />
100 Jahre Eucarbon, 100 Jahre Erfolg mit Kohle!<br />
100 Jahre, das ist ein klar beschriebener Zeitraum. Kaufen Sie Eucarbon! So fördern Sie<br />
nicht nur die Ökonomie*, sondern auch die Lebensfreude, denn Eucarbon fördert nicht nur<br />
die Verdauung sondern auch Kunst und Philosophie (Siehe: www.eucarbon.com).<br />
Der *<strong>ST</strong>/A/R* gratuliert herzlich zum Geburtstag und freut sich<br />
auf die weitere Zusammenarbeit.<br />
Die feinsten Häuser vor Ort feiern mit:<br />
MAK, MUMOK und HOTEL SACHER.<br />
Daniel Spoerri<br />
Fachkraft für<br />
EATART und<br />
andere gute<br />
Dinge.<br />
* Besonders in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten erweist sich Gute Verdauung als vorteilhaft, Detailinformationen erteilt die *<strong>ST</strong>/A/R*-Redaktion gerne, Stichwort: „Kohle durch Kohle“
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VII - Häupl & Wittgenstein<br />
<strong>ST</strong>/A/R 49<br />
Architektur und Sprache<br />
Heidulf Gerngross, 2009<br />
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Visualisierung: Kurt Caballero
50 <strong>ST</strong>/A/R<br />
BEITRAG ZUM<br />
LITERARISCHEN DISKURS<br />
ÜBER DEN FEHLENDEN<br />
DISKURS<br />
(aus ganzheitlicher Sicht) v. Manfred Stangl<br />
Über den Begriff der Moderne rümpft<br />
Helmut A. Gansterer anlässlich<br />
deren hundertjährigen Bestehens<br />
im Profil 6 vom 4. Februar vergangenen<br />
Jahres die Nase. Am besten schenke man<br />
der Moderne zum runden Geburtstag<br />
die Vernichtung ihres Namens, meint er.<br />
Attraktiv klingt seine Idee, den Zeitpunkt<br />
für das Geburtsjahr deswegen zu wählen,<br />
weil nur 19o8 der Anteil der Frauen an der<br />
„Werdung der klassischen Moderne“ gleich<br />
hoch wie der Männeranteil gewesen sei.<br />
Weniger schön finde ich seinen Vorschlag,<br />
nicht den Künstlern weiterhin überholte<br />
Einteilungen wie Moderne, Postmoderne<br />
usw. zuzumuten. Alle paar Monate bezauberten<br />
uns neue KünstlerInnen mit neuer<br />
Kunst, daher solle man diese jeweils mit<br />
der Bezeichnung Avantgarde plus entsprechender<br />
Jahreszahl erfassen. Etwa für die<br />
(voriges Jahr) aktuelle Kunstproduktion<br />
Avantgarde 2oo8 usf. Die Zeit der Ismen<br />
sei vorüber. Die Moderne, gerade weil - in<br />
ihren klassischen Erscheinungsformen wie<br />
Fauvismus, Expressionismus, Futurismus -<br />
leicht abgrenzbar, sei ein alter Hut. Die heutige<br />
Kunst solle endlich dahingehend erlöst<br />
sein, wo sie hingehöre: in die Einzigartigkeit<br />
der KünstlerInnen, die ihren eigenen Weg<br />
gingen.<br />
Bestechend wohlig hört sich der Vorschlag<br />
an - wer möchte nicht einstimmen, alle<br />
Einordnungen, Beschränkungen und<br />
Schubladisierungen abzuschütteln, ob<br />
Künstler oder keiner.<br />
Nichtsdestoweniger steckt hinter dem verführerischen<br />
Angebot ein korrumpierender<br />
Ansatz. Auch wenn positiv gemeint:<br />
die Inkraftsetzung jener Anti-Diktion<br />
würde zu weiteren Relativierungen bestehender<br />
Begrifflichkeiten - ob für die Kunst,<br />
die Philosophie oder die Politik - führen.<br />
Die Verschwammung der Begriffe ermöglicht<br />
denen, die Begriffe zum Zwecke<br />
der Irreführung benutzen, erfolgreicher<br />
Menschen hinters Licht zu führen, was<br />
heißt, ihnen unter Vorspiegelung falscher<br />
Realitäten zu verkaufen, was verkauft<br />
werden soll. Entweder das Image des sozial<br />
engagierten Politikers oder das eines<br />
Künstlers, der stets Allerneuestes erschaffend,<br />
als Künstler hoch im Kurs stehend<br />
erkannt werden muss.<br />
Bezüglich politischer Begriffsverwirrung<br />
argumentierte Andreas Mölzer, man dürfe<br />
das alte Links/Rechts-Schema nicht zu<br />
ernst nehmen: sozialpolitisch etwa stünde<br />
die FPÖ links – ich meine, laut Mölzers<br />
Definitionsverwischungsversuch wäre sozialpolitisch<br />
Hitler ebenfalls links zu verorten,<br />
weil er in Wien nach der Besatzung<br />
Österreichs Gulasch für die hungernden<br />
Arbeiterfamilien verteilen ließ und<br />
Arbeitsplätze in der Rüstung schuf.<br />
Ein Künstler sollte deswegen nicht<br />
Avantgardist 2oo8, 2oo7 oder o9 genannt<br />
werden, weil der Avantgardebegriff zwar<br />
die Schaffung von „Neuem“ annonciert,<br />
das „Neue“ aber als Hauptkriterium für<br />
Kunst zu setzen, einer Idee aus der Zeit der<br />
Aufklärung entstammt. Damit erweist sich<br />
diese Kunstdefinition selbst als Produkt<br />
der Moderne, deren Anfänge durch die<br />
Abschaffung des Begriffs „Moderne“ ins<br />
Dunkel zu stoßen, zur Mythologisierung<br />
von Kunst beitrüge.<br />
Außerdem bewirkte die Abschaffung aller<br />
Begriffe die endgültige Verunmöglichung<br />
des Kunst/Literaturdiskurses. Der Künstler/<br />
Literat, aber nicht nur dieser - ihm sei’s<br />
verzieh’n -sondern alle, die einen verbindlichen<br />
Diskurs, aus welchen Gründen auch<br />
immer, verweigern, würden bei jeder grif-<br />
Buch VII - Häupl & Wittgenstein Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
figeren Beschreibung eines Kunstobjektes/<br />
Textes sofort mit Phrasen wie: „jede<br />
Bezeichnung ist eine unzulässige Reduktion<br />
und damit Herabsetzung“ und „da beschneidet<br />
wer die Freiheit der Kunst“, oder:<br />
„da will wer begnadetes Schaffen repressiv<br />
eindämmen“, auch: „man darf niemanden<br />
verurteilen“, zur Stelle sein.<br />
Die Übereinkunft betreffs der hochgradigen<br />
Individualisierung gerade am Kunstsektor<br />
führt heute bereits zu beinahe militanter<br />
Ablehnung von Kritik, weil (folgere ich)<br />
das geniale Programm des Kults um das<br />
Individuelle gefährdend.<br />
Jegliche Steigerung obiger Haltung erstickte<br />
freilich eine Diskussion über Kunst<br />
schon im Keim. (Und ich weiß aus eigener<br />
leidvoller Erfahrung, wie schnell Diskurse<br />
abgewürgt werden können). Wolfgang<br />
Ullrich stellte in „Tiefer Hängen“ längst<br />
den Trend in jene Richtung fest, dass Kritik<br />
an einem Kunstwerk sofort als unfreundlicher<br />
bis aggressiver Akt gedeutet wird. Mir<br />
widerfuhr die Auslegung meiner sachlichen<br />
Kritik an moderner Literatur als Verächtlich-<br />
Machung der AutorInnen : nichts liegt mir<br />
ferner – natürlich breche ich ein Tabu<br />
(wenn ich das heilige Ich der Moderne zerpflücke)<br />
und wird deshalb meine Analyse<br />
als besonders abgefeimt eingestuft, aber<br />
ich achte alle die zeitgenössischen oder verstorbenen<br />
Ikonen der Moderne und sogar<br />
der Aufklärung als Personen, selbst wenn<br />
ich dem Großteil ihrer Weltanschauungen<br />
harsch entgegenarbeite.<br />
Beschäftigung mit Kunst heißt übrigens<br />
immer Kritik. Einmal fällt sie bezüglich<br />
eines Objekts positiver, einmal negativer,<br />
meist von beiden etwas aufweisend, aus.<br />
Dennoch heißt’s zu Recht „Kunstkritik“<br />
nicht „Kunstvergottung“. Da diejenigen<br />
Ströme in der Kunstkritik derzeit vorherrschen,<br />
die Aussagen über Kunstobjekte<br />
ohnehin nur in Bezug auf innere<br />
Mechanismen und Stimmigkeiten zulassen,<br />
führte die gänzliche Aufhebung umreißender<br />
Grenzen endgültig ins Begriffs-<br />
Nirwana. Franz West – wie es scheint ein<br />
hochtalentierter Künstler – formulierte<br />
seine Abneigung begrenzender Begriffe<br />
mit der Aussage: „Eigentlich kann der<br />
Betrachter stets nur sein persönliches Urteil<br />
treffen. Ein Kunstwerk gefällt einem eben,<br />
oder es gefällt einem nicht.“ Mit diesem<br />
„Kritikansatz“ würde Kunstkritik auf ein<br />
höchstpersönliches Geschmacksurteil<br />
herunter gebrochen und damit jeglicher<br />
objektivierenden Anstrengung enthoben.<br />
Nun sei selbstredend jedem sein persönliches<br />
Geschmacksempfinden und damit<br />
Geschmacksurteil zugestanden. Aber<br />
das Ergebnis muss nicht, wie implizit erträumt,<br />
die Verfeinerung und Ausprägung<br />
des individuellen Geschmacks bedeuten:<br />
meiner Meinung nach geschieht eher<br />
die Nivellierung des Individuellen, das<br />
mangels verbindlicher Kriterien neben<br />
dem „gefällt mir, gefällt mir nicht“ auf<br />
vorgegebene Codes zurückgreifen wird,<br />
und diese beleuchte ich ja in meiner<br />
„Ästhetik der Ganzheit“ kritisch, wobei,<br />
was die Auflistung solcher Codes betrifft,<br />
C. Saehrendt und S. T. Kittl in ihrem Buch<br />
„Gebrauchsanweisung für Moderne Kunst“<br />
hervorragende Arbeit leisten.<br />
Die Disziplin des Diskurses geriet allein<br />
deshalb in Misskredit, weil eine<br />
Inszenierungs- und Medienkultur wie die<br />
unsere überhaupt zu keinem Thema längere<br />
Debatten zulässt. (Außer zum Thema<br />
Islam/Islamismus vielleicht, wo in übergreifender<br />
Islamophopie sich gar Falter-<br />
Journalisten mit BZÖ- Politikern beinaheverbrüdern<br />
– gesehen im Talk of Town<br />
anlässlich der Religionslehrerpolemiken).<br />
Ansonsten finden zu diversen jeweils aktuellen<br />
Gelegenheiten Club 2 Diskussionen<br />
statt, oder werden Stehgesprächsrunden<br />
zusammengetrommelt, doch die Reduktion<br />
von Information zur Ware, der zu<br />
Folge selbst (insbesondere) emotionale<br />
Betroffenheit rasch in bare Münze (bzw.<br />
Verkaufs- und Zuseherzahlen) umgesetzt<br />
wird, verunstaltet die Ideale der globalen<br />
Dauerinformation zum Medienrummel.<br />
Geschehnisse scheinen nur an einem Tag<br />
interessant, längstens solange nicht zu<br />
viele andere Fernsehstationen darüber<br />
berichteten. Zusammenhänge zwischen<br />
den Begebenheiten sind irrelevant,<br />
werden weder gesucht noch wenigstens<br />
anerkannt und das grausigste Ereignis<br />
ist einige Tage nach dessen medialer zu<br />
Tode Aktualisierung in der Flut der nachfolgenden<br />
„Informationen“ vergessen.<br />
Deshalb fordert das Volk kaum politische<br />
Verantwortung ein bei Krisen. Deswegen<br />
nimmt es sich selbst als außerhalb der<br />
Ereignisse stehend wahr. Darum sind die<br />
Informationsofferten der Massenmedien<br />
nur Unterhaltungsprogramm, bei dem<br />
Wichtiges erst wieder in den Fokus rückt,<br />
wenn die nächste unglaubliche Nachricht<br />
die Erde erschüttert – bis zum allernächsten<br />
Tag. So wächst indessen unbeachtet<br />
die alltägliche Gewalt, so verkommen<br />
unsere Kinder zu psychischen und emotionalen<br />
Krüppeln, so verdrängen wir die<br />
Probleme der Pflege in einer überalterten<br />
Gesellschaft, so auch ignorieren wir die<br />
erbarmungslose Ausbeutung Afrikas und<br />
schlittern starrenden Auges in die nächste<br />
Weltkrise (Klima und/oder Finanzen) - und<br />
blicken uns dann erstaunt um, weil keiner<br />
warnte.<br />
Alexander Schießling stellte im letzten<br />
(dem Winter-)st/a/r fest, dass desgleichen<br />
keine Literaturdiskurse (oder Kunstdiskurse<br />
generell) stattfinden. Saehrendt und Kittl<br />
bemerken eine Mutation der Kunstkritik<br />
(durch Kuratoren und Kritiker) hin zum<br />
elaborierten Werbeslogan, der Mega-<br />
Ausstellungen gewinnbringend einem<br />
Massenpublikum anpreisen soll. Diesen<br />
Überhang zu Vermarktungskriterien<br />
und vor allem zu einer allgegenwärtigen<br />
Oberflächenkunst konstatiert ebenfalls<br />
Schießling. Er meint allerdings, dass dieser<br />
Konsumkunst jene Talente gegenübergestellt<br />
gehörten, die im Schattendasein darbend<br />
im Leid ihrer Existenz die Initiation<br />
des Künstlers/Dichters erfahren. Meiner<br />
Einschätzung nach ist gegenwärtig (im<br />
Gegensatz zur klassischen Moderne)<br />
nicht Leid der Nährboden, aus dem Kunst<br />
quillt, sowenig ich freilich die augenblickliche<br />
Überhöhung des Erfolgreichen,<br />
Bekannten und Teuren (was alles meist<br />
im Originalitätsspektakel zusammenfließt)<br />
als Kunstkriterium anerkennen möchte.<br />
Der Zorn einiger gegenwärtig bedeutender<br />
AutorInnen/KünstlerInnen (gerade in<br />
Österreich – siehe Streeruwitz oder Jelinek,<br />
welcher im Speziellen für ihr unermüdliches<br />
politisches Engagement Anerkennung<br />
zu zollen ist) richtet sich gegen die<br />
Scheinschönheit der Glitzerwelt, wie sie<br />
Werbeindustrie und Hochglanzmagazine<br />
feilbieten. Doch funkeln die beiden - scheinbar<br />
sich ausschließenden - Welten als die<br />
zwei Seiten derselben Medaille. Auf der künstlich<br />
schillernden prostituieren sich junge<br />
Frauen, die gerne Top-Models wären durch<br />
den Seelenstriptease (bis von den Seelchen<br />
nichts mehr eigenes bleibt - Model im<br />
wahrsten Sinne des Wortes, hineingegossen<br />
die Erwartungen der schönen neuen<br />
Bilderwelt: wobei am katastrophalsten sich<br />
bei allen Super-Star-Shows die - nicht allzu<br />
- unterschwellige Botschaft auswirkt, es<br />
zählten nur die Besten, die Fittesten, die<br />
Konkurrenzbereitesten, Ehrgeizbesessenst<br />
en,Wettbewerbsgierigsten, Erfolgsgeilsten:<br />
trägt dann die Masse der „Verlierer“ nicht<br />
zu größerer Hoffnungslosigkeit in der<br />
Gesellschaft, zu Selbsthass und Projektion<br />
der verzweifelten Wut auf Randgruppen<br />
bei?) und über die Fernsehkanäle flimmern<br />
die Storys der Reichen, Schönen und<br />
Berühmten, doch auf der anderen Seite - im<br />
„Schatten“ - tummeln sich ebenfalls einige<br />
eitle GesellInnen, die ihren Schmerz zur<br />
Schau stellen, ihn zu vermarkten gemäß der<br />
Regel: der groß Leidende müsse zugleich<br />
der große Künstler sein. Solch Auffassung<br />
brachte nach meinem Verständnis eine<br />
Kunstideologie hervor, die Kunst seit der<br />
Aufklärung als Ersatzreligion begreift, die<br />
einerseits als eigenständige Religion (mit<br />
den entsprechenden Merkmalen, wie völlige<br />
Autonomie etc.) sich selbst verheißt,<br />
sowie andrerseits eine gewichtige Säule<br />
des Überbau der Moderne-Kultur mit<br />
deren Zentrierung ums Ich darstellt. Dazu<br />
müssen, wie in jeder richtigen Religion,<br />
Märtyrer die Übermenschlichkeit der<br />
Ideologie beglaubigen, die sich ja als weitaus<br />
wertvoller präsentieren will, als ein<br />
einzelner Mensch – sei es ein Genie –<br />
je sein kann. Optimal ist natürlich die<br />
Verquickung von beidem: Das Genie ist<br />
zugleich der jung versterbende und als<br />
Held der Moderne(-n Kunst) im Gedächtnis<br />
bleibende Einzelne. Das Genietum wird<br />
damit gewürdigt, der Einzelne unter die<br />
Idee vom Geniesein untergeordnet, doch<br />
verweist der Genialitätskult wieder auf<br />
Vergottung des Einzelnen, des Besonderen,<br />
des Individuellen zurück.<br />
Dass der im Schatten Wuchernde in seiner<br />
Vereinzelung leidet, dass er kein halbwegs<br />
normales, angenehmes Leben führt, tut der<br />
Idee des Großartigen keinen Abbruch. Im<br />
Gegenteil: dieses Unglücklich-Sein, dieses<br />
Leid garantiert ja erst die Wichtigkeit der<br />
von solch Verzweifelten hervorgebrachten<br />
Kunst. Hier muss ich Schießling widersprechen:<br />
ein gewaltiges Stück Narzissmus<br />
gehört zu einem Leben, das auf jegliche<br />
„normale“ Lebensqualität verzichtet, um<br />
vor sich selbst als Außerordentlicher, als<br />
Originaler, als Genie gelten zu können.<br />
Meiner Erfahrung nach quälen gerade die<br />
Talentierten unter den Künstlern/Dichtern<br />
sich leicht ein Leben lang mit dieser<br />
Märtyrerrolle herum, vor allem dann, wenn<br />
sie mehr oder weniger Erfolg haben und<br />
deshalb die Moderne-Masche durchzuziehen<br />
sich berufen fühlen, anstatt Wege aus<br />
dem Schlamassel persönlich zu suchen und<br />
künstlerisch aufzuzeigen.<br />
Aus ganzheitlicher Sicht liegt die<br />
Lösung weder im schönen Schein<br />
der Luxuskunst sich selbst vermarktender<br />
Künstler-Manager, noch in den<br />
Entbehrungen der Schattenexistenz oder<br />
der (oftmals) larmoyanten Konfrontation<br />
der „Durchschnittsbürger“ mit dieser<br />
Gräuel-Welt. Nicht soll den Leuten die<br />
Auseinandersetzung mit den verdrängten,<br />
mit den persönlichen und kulturellen<br />
Schatten erspart bleiben, nicht sollen<br />
die Schandflecken einer Kultur übertüncht<br />
werden, die - wie Schießling spannend hervorhebt<br />
- bereits heute Züge eines szientistischen<br />
Faschismus zeigt. „Der Fritzl steckt<br />
in jedem von uns“, spricht Hubsi Kramer<br />
mutig aus und wird dafür angefeindet, wie<br />
einst Urs Allemann, als er im „Babyficker“<br />
die Sichtweise des Kleinkinderschänders<br />
einnahm, den Leser mit verdrängten<br />
Schemen zu konfrontieren. Entrüstet brüllen<br />
gerade diejenigen auf, welche sich den<br />
eigenen Schatten nicht stellen: Kramer<br />
nutzt den öffentlichen Diskurs, um Kunst/<br />
Theater dorthin zu führen, wo sie/es auch<br />
Wolf Guenter Thiel gerne hätte: in den<br />
Fokus gesellschaftlicher Relevanz, den<br />
Kunst umfassender wieder erhalten könnte,<br />
sobald sie ethisch orientiert (alleine deshalb<br />
schon in einer gleichgültigen, auf Ignoranz<br />
und Profit ausgerichteten Welt) provoziert,<br />
und ihre diversen Stilmittel verstärkend zu<br />
diesem Zwecke nützt.<br />
Natürlich wird der Künstler/Autor den<br />
Einsatz der ästhetischen Mittel genau<br />
abwägen müssen. Provokation als beliebtes<br />
modernes Mittel allein erscheint zu<br />
wenig: sie dürfte nur Mittel zum Zweck<br />
sein – eben, wie es Kramer gelingt, um<br />
Aufmerksamkeit für Inhalte zu schaffen, sodass<br />
er den Zusehern bei „Talk of Town“ zu<br />
vermitteln vermag, dass die allgegenwärtige<br />
Sexualisierung und Pornographisierung<br />
der Gesellschaft zu vermehrtem sexuellen<br />
Missbrauch in den Familien führt.<br />
(Inwieweit ein Künstler dabei wieder bloß<br />
den Medienmarkt bedient wäre gesondert<br />
zu diskutieren, allzu großer Pessimismus<br />
erwiese sich als Hemmnis. Provokation<br />
als Selbstzweck allerdings dient nur der<br />
Eigenwerbung der Super-Markt-Künstler<br />
und der Profilierung sich aufplusternder<br />
Medienkonservativer).<br />
In einem Essay (erschienen in der wienzeile
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VII - Häupl & Wittgenstein<br />
<strong>ST</strong>/A/R 51<br />
Nr.51) zum Werk Michel Houellebecqs arbeitet<br />
Schießling heraus, dass jener (zumindest)<br />
einer Vorstufe eines szientistisch-biologistischen<br />
Faschismus huldigt, welcher<br />
letztlich den genverbesserten, schönen, jungen<br />
und kräftigen neuen Menschen zum<br />
Ziel hat, woraufhin Schießling von Peter<br />
Gutjahr (im wienzeile Heft 53) gescholten<br />
wird, eine wissenschaftsfeindliche Position<br />
zu vertreten, und wir wüssten ja alle wohin<br />
solch - die Irrationalität beschwörende<br />
- Geisteshaltung führe. Bei allem Respekt<br />
vor Peter Gutjahr als integre Person - ich<br />
musste über diesen Reflex lachen, jede<br />
Kritik an unserer modernen, wissenschaftsgläubigen<br />
und entfremdeten Zeit sofort als<br />
rechtslastig anzuprangern; zu genau erinnere<br />
ich mich an die völlig unsachliche und<br />
undurchdachte Ablehnung meiner ganzheitlichen<br />
Einstellung, die von intellektualistischer<br />
Seite geradezu automatisch als<br />
faschistoid denunziert wurde.<br />
Dabei beschreibt Schießling Houellebecq<br />
zutreffend, lautet die Quintessenz von<br />
„Elementarteilchen“ doch, dass die<br />
Sexualkraft sowie Monopole und Kriege in<br />
Zusammenhang stünden. Diese im Grunde<br />
kryptochristliche Haltung, welche die Natur,<br />
die Sinne und die Emotionen der Menschen<br />
verantwortlich für alles Böse auf der Welt<br />
macht, trägt in Wahrheit zur Verdrängung<br />
und damit zu größerem Leid bei: nicht die<br />
Gefühle zerstörten die Welt, sondern des<br />
Menschen Fähigkeit zum instrumentellen<br />
Gebrauch des Verstandes, der reichlich<br />
unvernünftig eingesetzt, Natur, die Erde,<br />
das Überleben des Menschen bedroht. In<br />
meiner „Ästhetik der Ganzheit“ bekenne<br />
ich mich zu Emotion und Sinnlichkeit, zu<br />
Mitgefühl und Intuition und werde am<br />
schärfsten attackiert von wohl jenen, die<br />
ihre Körperlichkeit, ihre Gefühle, ihr Sein<br />
unter der Zementdecke der Zivilisation am<br />
rigidesten ersticken.<br />
Die Gläubigen der Wissenschaft und<br />
Vernunft übersehen, dass die wissenschaftliche<br />
Denkweise und die psychische<br />
Verkrüppelung einander nicht nur nicht<br />
ausschließen, sondern gar bedingen. Der<br />
Herrschaft des Verstandes, der Schärfe der<br />
Logik entspricht im Faktischen die Gewalt,<br />
heißt es sinngemäß in Peter Oberdorfers<br />
Roman „Kreuzigers Tod“. Sehr wohl kann<br />
der Verstand mit seiner Fähigkeit zu intellektualisieren,<br />
zu verdrängen, zu rationalisieren<br />
(wie wir aus der Psychologie wissen),<br />
allerlei Ursachen für Probleme erfinden,<br />
indessen aber die abgrundtiefe Wut im<br />
eigenen Inneren, die verkrüppelte Seele und<br />
die verkümmerten Gefühle total übersehen<br />
– gar all jene „negativen“ Eigenschaften leicht<br />
auf Andere projizieren: auf die Künstler<br />
und Autoren etwa, die darüber aufzuklären<br />
versuchen. Ein Diskurs darüber scheint<br />
dennoch unmöglich, da die Künstler,<br />
welche der Kunst als Religionsersatz frommen<br />
und dem Glauben an die Ratio anhängen,<br />
selber die Diskussion über das verstandesorientierte<br />
Ich der Moderne, über<br />
die daraus folgende Relativierung ethischer<br />
und moralischer Werte und den Verlust von<br />
Liebe und Mitgefühl, als Tabubruch - weil<br />
Verstand und Denken kompromittierend -<br />
verweigern.<br />
Die alleinige Beschwörung der Vernunft,<br />
die Analyse der Zustände (zumal mit<br />
Fokussierung der Extreme) gilt aus ganzheitlicher<br />
Sicht jedoch als unzureichend.<br />
Die etwa von einer Jelinek wiederholte<br />
und nicht enden wollende Abspulung von<br />
Zerstörtheit und Schmerz überschwemmt<br />
die tatsächlichen Gründe des Leids wortund<br />
bildgewaltig. Wie anfänglich gesagt:<br />
Kunst ist nicht selbstredend Leid, und die<br />
überbordende Auflistung von Negativem<br />
zeichnet gefährlich kompakt eine Welt<br />
des Schreckens und der unauflöslichen<br />
Zerstörung, die gerne als die wirkliche<br />
Welt missdeutet wird, sodass keinerlei<br />
Überwindung oder wenigstens Linderung<br />
möglich scheint.<br />
Damit sind die Zyniker und Quasirealisten<br />
aus dem Schneider, welche Provokation<br />
oder postmoderne Relativierung und<br />
Dekonstruktion fordern: oftmals - ohne jegliche<br />
ethische Ausrichtung - letztlich alles<br />
ums Ich rotieren lassen, sämtliche Mittel<br />
der Kunst schänden, sich selbst darzustellen<br />
und zu erhöhen, sodass in der scheinbaren<br />
Höhe ihrer Kunst bloß die tatsächliche<br />
Größe ihres (meist narzisstischen)<br />
Komplexes sichtbar wird. Natürlich darf<br />
dem Künstler nicht sein Schmerz auch noch<br />
vorgehalten werden; sein Leid resultiert<br />
zumeist aus der seelenzerstörenden Gewalt<br />
einer, das Sein erdrückenden, Kultur: die<br />
Methode aber, die eigene Zerstörtheit<br />
als Turbo-Antrieb zur Befriedigung und<br />
Inszenierung narzisstischer Wünsche nach<br />
Erfolg und Anerkennung zu missbrauchen,<br />
muss schon kritisiert werden dürfen, ohne<br />
gleich in Verdacht zu geraten, Begriffe wie<br />
„Entartung“ in die Debatte einführen zu<br />
wollen. Immerhin verhindert gerade der<br />
blühende Narzissmus zahlreicher Künstler/<br />
Philosophen/Intellektuelle die Möglichkeit<br />
der Einsicht in die Zusammenhänge von<br />
(formal oftmals brillanter, doch inhaltsleerer)<br />
Oberflächenkunst und Imagegesellschaft<br />
- ärger noch: trägt deren Narzissmus ja<br />
zur Verbreitung von phantasmagoriescher<br />
Oberflächlichkeit bei.<br />
Wie verstrickt die Pseudoethik intellektueller<br />
Erwägungen und schierer Zynismus unter<br />
einer Decke stecken können, dokumentiert<br />
gerade Houellebecq, wo dessen kryptochristliche<br />
Moral aus „Elementarteilchen“<br />
zu blanker Verhöhnung der Ausgebeuteten<br />
gefriert, wenn in „Plattform“ er den Tausch<br />
von Geld (aus der reichen Welt) gegen Sex<br />
(in der dritten Welt) billigt, überhaupt die<br />
Begegnungen zwischen Männern und<br />
Frauen (in der Karibik und Thailand) eher<br />
an Softporno-Männerphantasien als an irgendeine<br />
Realität erinnern. Nun lasse ich<br />
mir von niemandem sagen: „Das ist ja der<br />
künstlerische Kniff dabei, so will er provozieren<br />
und Aufmerksamkeit gewinnen<br />
und fürs Thema sensibilisieren.“ Nein, das<br />
genaue Gegenteil ist der Fall: der Autor hat<br />
nicht - wie in heutiger Kunstauffassung -<br />
nichts mit dem Werk gemein, er und die<br />
Romanfiguren hängen sehr wohl zusammen,<br />
allein H. nutzt die diesbezügliche<br />
Verwirrung zur Geschäftemacherei und<br />
(siehe Schießlings Analyse) zur Verbreitung<br />
einer beispiellos bedenklichen Ideologie.<br />
Seit der Aufklärung beherrscht der Verstand<br />
die Kunst. Bald erklärte die Kunst ihre<br />
Unabhängigkeit von der Welt. Vor nicht allzu<br />
langer Zeit galt auktoriales Erzählen als<br />
ideologisch und verpönt, da ein Erzähler in<br />
dritter oder erster Person dem Autor „gottähnliche<br />
Macht“ über die Romanfiguren<br />
bescheren würde, als ob die Sprachwülste<br />
des interpunktionslosen und betont inhaltsleeren<br />
Dauerreflektierens „experimenteller“<br />
Literatur nicht ebenso einer bestimmten<br />
Denkungsart folgten: der Weltanschauung<br />
der Aufweichung nämlich, der Auflösung,<br />
der Absurdität, die aber - wider aller<br />
Beteuerungen - prompt in die Allmacht des<br />
dahinterstehenden, uneingegrenzten Ichs<br />
(und dessen Ideen) steuerte. Die Autoren<br />
erklärten schließlich ihre Wahrnehmungen,<br />
ihre Gedankenwelten als unabhängig<br />
von sich selbst – als quasiobjektiv: welch<br />
Anmaßung der Allmacht des Denkens!<br />
Gleichzeitig definierten die Kritiker die<br />
Unabhängigkeit des Werkes vom Autor,<br />
und schließlich verfiel die Kunstwelt der<br />
Phantasie, Kunst/Literatur sei, was der jeweilige<br />
Betrachter/Leser selber in das Werk<br />
hineinblicke, womit jeder mögliche Diskurs<br />
endete.<br />
Gegenwärtig kehrt die Literatur zum<br />
Erzählen zurück, nimmt aber häufig die<br />
Relativierungen und den Wertverlust der<br />
Dekonstruktionsphase und des vorangegangenen<br />
quasiwissenschaftlichen Experiments<br />
mit der Sprache in dieses neue Erzählen hinein.<br />
Autoren üben also wieder Macht über<br />
ihre Romanfiguren aus, zugleich indes<br />
wird so getan, als ob diese nun, geläutert<br />
im wissenschaftlichen Experiment und den<br />
Weihen der Dekonstruktion, nie mit einer<br />
Grundeinstellung des Autors zusammenhingen,<br />
sondern als weiterhin vom Autor getrennte<br />
Entitäten existierten. Doch es ist der<br />
Autor, der etwa die Erzählfigur in bestimmte<br />
ausgewählte Szenen stellt, in denen<br />
diese übers Geschehen berichtet; also vermittelt<br />
der Autor wiederum Ideologie, doch<br />
offiziell, mystifizierend, werden explizite<br />
Weltanschauungen nach wie vor empört<br />
abgelehnt.<br />
Es ist der Verdienst Alexander Schießlings<br />
in seinem Essay über Houellebecq deutlich<br />
zu machen, dass mittlerweile ungeniert ein<br />
szientistisch-biologistischer Faschismus<br />
sich Bahn bricht, gespiegelt im kaum verhüllten<br />
Weltbild des Autors, was wohl nur deshalb<br />
übersehen werden konnte, weil in den<br />
Begriffs- und Diskursverwirrungen einer<br />
abgehobenen, scheinautonomen Kunstwelt<br />
der Überblick über das Augenscheinliche<br />
verloren gegangen ist.<br />
Schießling stellt drastisch den<br />
Zusammenhang des Denkens der<br />
Erzählfigur mit dem des Autors her und<br />
resümiert: „H. könnte an jeder Stelle seiner<br />
Romane uns wissen lassen, dass er anders<br />
als die Erzählfigur denkt.“<br />
Ich bemängle, dass H. sich spätestens<br />
in „Plattform“ überhaupt nicht<br />
von der Erzählfigur abgrenzt, sodass<br />
der Romanantiheld (der notabene das<br />
neue Erzählen zuhauf bevölkert) seinen<br />
Sarkasmus und die psychische Kälte durch<br />
H. „autorisiert“ bekommt: Wodurch die<br />
entfremdeten Mittelstands-Leser des reichen<br />
Europas sich in ihren selbstbefriedigenden<br />
Meinungen durch den berühmten<br />
Superstar bestätigt fühlen dürfen.<br />
In „Ausweitung der Kampfzone“ ironisiert<br />
H. die Erzählfigur souverän und hilft<br />
Verdrängtes und Ausbeuterisches aufzuarbeiten.<br />
Später aber vertritt H. die (nun eher<br />
intellektualistisch<br />
gefühls- und naturfeindliche denn kryptochristliche)<br />
Weltanschauung eines szientistischen<br />
Rassismus, dem folgend die reichen,<br />
schönen, zwar seelisch angekränkelten, aber<br />
nichts desto trotz zahlreichen Bürger (deshalb<br />
verkauft er sich so gut) Europas (und<br />
den USA) das Recht haben, für ihr Geld<br />
sich an der weniger gestörten Sinnlichkeit<br />
der Wilden zu bedienen. Zudem habe die<br />
Natur uns schwer geschädigt, da wir altern<br />
und sterben müssen, deswegen könnten<br />
wir uns an den „Schwächeren“ schadlos<br />
halten, zudem vermögen wir die Natur und<br />
unser Schicksal nur mittels Gentechnik<br />
und Klonkörper zu überwinden.<br />
Schießling schließt: „Elementarteilchen“<br />
und H.’s letzter Roman „Die Möglichkeit<br />
einer Insel“, seien der Entwurf eines szientistischen<br />
Faschismus, der die Macht über<br />
die Menschen einer wissenschaftlichen<br />
Elite zu Füßen legt.<br />
Schießlings Analyse ist hochbrisant,<br />
ergänzen möchte ich, dass Szientismus<br />
(also der Glaube, die Wissenschaften<br />
könnten die Welt lückenlos erklären) und<br />
Intellektualismus zwei Pfeiler desselben<br />
Überbaus der Ich-Ideologie (der Moderne)<br />
bilden. Der Intellektuelle wird, wie in<br />
Diskussionssendungen im TV beobachtet,<br />
die Reduktion des Menschen auf seine<br />
biochemischen neuronalen Impulse erbost<br />
zurückweisen, doch er selbst, der an<br />
einen Geist glaubt, der an das einzelne<br />
Hirn gekettet ist, unterscheidet sich in<br />
den Konsequenzen seines Glaubens (der<br />
Verstand könne die Welt restlos erläutern –<br />
wenigstens begreifen) nicht wesentlich vom<br />
Biologisten oder Szientisten. Künstliche-<br />
Intelligenz Forscher basteln an einem<br />
Bioroboter, der - unter Ausmerzung der<br />
Erbsünde Körperlichkeit - das Denken als<br />
gottgleich für ewige Zeiten konserviert.<br />
Ästhetische Prinzipien zu erarbeiten,<br />
welche primär ethische Aspekte beinhalten,<br />
die obige Schreckensszenarien der<br />
Gegenwart und nahen Zukunft zu bewältigen<br />
helfen, wäre die Aufgabe derjenigen,<br />
deren Hauptanliegen in der Überwindung<br />
der Dekonstruktionswut der Postmoderne<br />
liegt; wie z.B. für einen Wolf Guenter<br />
Thiel.<br />
In der von mir verfassten - noch nicht abgedruckten<br />
- „Ästhetik der Ganzheit“ finden<br />
sich die Prinzipien Stille, Einfachheit,<br />
Mitgefühl, Ausgewogenheit (zwischen<br />
Provokation/Ironie/„Negativität“ und<br />
Erkenntnis des Schönen), Emotionalität/<br />
Sinnlichkeit/Intuition (genauer ausgeführt<br />
im Winter-st/a/r Heft Nr. 2o und unter<br />
www.sonneundmond.at).<br />
Als kleinsten gemeinsamen Nenner könnte<br />
man gelten lassen, was Eva Menasse über<br />
die Gestaltung von Romanfiguren eines<br />
amerikanischen Schriftstellers sagt: Es geht<br />
nicht allein um die präzise Ausarbeitung,<br />
wirklich schön wird’s, wenn der Autor<br />
seine Figuren geradezu liebt. „Liebe“ ist<br />
ein starkes Wort, aber hier das einzig<br />
richtige. Sympathien für die Figuren zu<br />
empfinden, gar für eine Erzählfigur, die<br />
dann sympathischen Sex mit einer netten<br />
Farbigen hat, oder mit einem Antihelden<br />
sich zu identifizieren, der linkisch einige<br />
Abenteuer bewältigen muss, dann aber eh<br />
die Karriereleiter nach oben fällt („Was wir<br />
tun sollen“), oder der die Welt vermessend,<br />
Natur und Exotik sich untertan macht, verweisen<br />
auf das Ich der Moderne, auf die<br />
narzisstische Bespiegelung der persönlichen<br />
Einzigartigkeit und Grandiosität,<br />
haben aber mit Liebe zur Welt, zu andern<br />
Menschen, zur Schöpfung, zum eigenen<br />
inneren Selbst überhaupt nichts gemein.<br />
(Wobei die provokante und ängstigende<br />
Frage sich aufdrängt: Hat der Erfolg Daniel<br />
Kehlmanns gar mit der szientistisch ästhetisch-faschistischen<br />
Gesinnung bereits unheimlich<br />
vieler Zeitgenossen zu tun?).<br />
Im Mittelpunkt steht der Mensch. Und rundum<br />
stirbt die Natur. Die Haltungen ganzheitlicher<br />
Kunst münden in Lebensfreude<br />
und Naturliebe. Das „Sein“ des Menschen<br />
ist umfassender als das Konzept seines Ich.<br />
Die Ich-Konzeption ist zeitlich und kulturell<br />
bedingt. Das Ich der gegenwärtigen<br />
Ich-Ideologie klammert fast vollständig das<br />
„Sein“ aus, definiert sich über den Verstand<br />
(den instrumentellen speziell: was meint,<br />
die Geschicklichkeit des Denkens zum<br />
eigenen Vorteil zu nutzen), den Erfolg (also<br />
hierarchische Maßstäbe) und zunehmend<br />
über das, was Schießling als ästhetischen<br />
Faschismus beanstandet („ästhetisch“ heißt<br />
hier: das gesellschaftliche Wertesystem<br />
infiltrierend; vorerst (!) nicht als „Recht“<br />
verbindlich).<br />
„Sein“ meint die Eingebundenheit in Welt<br />
und Natur. Bedeutet Gefühle und Intuition<br />
zuzulassen. Ein Eiszeitatheismus muss jegliche<br />
Rückverbindung des Menschen an<br />
etwas Anderes, Größeres wüst bekämpfen.<br />
Hier verschmolzen Kunst und Wissenschaft<br />
zu unheilvollen Verbündeten. Intellekt und<br />
der Glaube ans Sichtbare, Materielle zerren<br />
den Menschen aus der Einheit mit der<br />
Welt, zerschmettern sein Urvertrauen (bereits<br />
in der Kindheit, wenn körperängstliche<br />
Mütter ihre Kinder unbewusst ablehnen<br />
bzw. symbiotisch vereinnahmen, was heißt:<br />
es fehlt das Gefühl für lebendige Grenzen;<br />
und später wenn die Kinder bloß über ihre<br />
Leistungen bestätigt werden und dadurch zu<br />
Gefolgsleuten der Karriere/Konsumkultur<br />
herangebildet werden). Isolation,<br />
Entfremdung, Zynismus, Misanthropie,<br />
Gewaltausbrüche aus Hoffnungslosigkeit<br />
und Angst sind die Folge. Der heutige<br />
Moderne schreit und schreibt aus dieser<br />
Angst heraus, er findet den Ausweg nicht,<br />
weil seine Vorurteile, seine Analyse- und<br />
Zerstückelungszentriertheit ihn davon<br />
abhalten, den kulturellen Narzissmus zu<br />
überwinden, in dem er mit der eigenen<br />
Seele feststeckt; ein Narzissmus, der ihm<br />
Heilung als etwas Kitschiges, Romantisches<br />
bis Faschistoides rationalisiert. Im<br />
Fortschreiten der Moderne kam zudem das<br />
Verständnis des sogenannten „Finalzwecks“<br />
abhanden; alle Analyse richtet sich derzeit<br />
auf Ursachen, auf letzte Entstehungsgründe<br />
für Leid und Übel, sodass wir immer unverständiger<br />
und verbitterter auf das harte<br />
Los der Lebensbewältigung starren, statt<br />
die Herausforderungen zu schätzen, die<br />
in Problemen und Krisen liegen, um etwa<br />
den eigenen Anteil an Konflikten zu erkennen<br />
und/oder die Lehren des Schicksals für<br />
uns (und die Kultur) zu begreifen und anzunehmen,<br />
was allerdings eine spirituelle<br />
Sichtweise der Dinge voraussetzt.<br />
Religiosität allein schützt freilich vor<br />
Narzissmus nicht. Wie wir gerade am Ex<br />
US-Präsidenten und dessen Gut/Böse-<br />
Ausschließlichkeitsreligion erfahren mussten.<br />
Ohne Vertrauen und ganzheitliche<br />
Sicht der Zusammenhänge jedoch gehen<br />
wir inmitten all unserer Rationalität<br />
(nicht zuletzt in Begriffslabyrinthen,<br />
Relativierungsdiffusionen und emotionaler<br />
Dissonanz) verloren. Viel gäbe es zu debattieren.<br />
Wenigstens ein kleiner Beitrag möge<br />
geleistet sein.<br />
Informationen zur „Ästhetik der<br />
Ganzheit“ sowie zum Sonne und<br />
Mond Förderungsverein für ganzheitliche<br />
Kunst und Ästhetik unter<br />
HYPERLINK “http://www.sonneundmond.at”<br />
www.sonneundmond.at
Städteplanung / Architektur / Religion Buch VII - Häupl & Wittgenstein <strong>ST</strong>/A/R 53<br />
Landmarks & Talking heads 2009<br />
Ungewöhnliche Architektur-Portrait-Fotos von Peter Korrak<br />
„schwindelerregend“ wirken auf den ersten Blick viele der Photographien von Peter Korrak,<br />
die er über längere Zeit hinweg mit seinem Projekt „landmarks & talkingheads“ realisiert hat.<br />
Mit diesem einzigartigen Vorhaben werden aus einer ungewöhnlichen Perspektive heraus Persönlichkeiten<br />
aus Kultur, Kunst, Politik, Sport, Klerus und Wirtschaft mit „ihren“ Bauwerken und deren<br />
Architekturen gewissermaßen verschmolzen.<br />
Nicht nur die phototechnische Brillanz (Hasselblad H3D – die Digitalkamera mit dem derzeit höchsten<br />
Auflösungvermögen von 60 Millionen Pixel ist ihm gerade gut genug) fasziniert, sondern auch<br />
die Intention und Konzeption: Die spezifische Verschränkung von Portrait- und Architekturphotographie<br />
eröffnet neue Wahrnehmungsformen, indem die Individualität der Persönlichkeiten mit der<br />
Individualität der Architekturen korreliert und dadurch neue Blicke auf Bekanntes und Vertrautes<br />
ermöglicht.
54 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VII - Häupl & Wittgenstein Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
<strong>ST</strong>/A/R-Kulturinitiative<br />
Buchmesse – Frankfurt am Main<br />
sponsered by<br />
Distribution of 400 <strong>ST</strong>/A/R’s<br />
in Frankfurt<br />
13–18 Okt. 2009<br />
Dr. Tolstoj<br />
DI.Heidulf Gerngross<br />
Vallie Airport<br />
aka Goeschel<br />
Protest gegen China.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VII - Häupl & Wittgenstein<br />
<strong>ST</strong>/A/R 55<br />
Volksbuch neuauflage -<br />
auch als ebook<br />
Größter Mann der Welt<br />
Gerngross<br />
Kleinster Mann<br />
der Welt<br />
Cubasch (Verlag der Apfel /<br />
www.verlagderapfel.at) im<br />
Gespräch mit<br />
Heidulf Gerngross
56 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VII - Häupl & Wittgenstein Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Anna-Maria Bogner<br />
www.ambogner.com<br />
„DER ZU-GEDACHTE RAUM“, 2007<br />
Installation/ Verlegeplatten, Stahl, Licht;<br />
(Breite: 0,70m, Höhe: 2,50m, Länge: 9,90m)
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch VIII - Presseinformationsdienst <strong>ST</strong>/A/R 57<br />
Hauptbahnhof Wien<br />
Mehr als ein Bahnhof.<br />
Der Südbahnhof ist bald Geschichte. An seine Stelle tritt der Hauptbahnhof Wien, modern und zentral gelegen. Gleichzeitig mit dem<br />
neuen Bahnhof entsteht ein attraktives Stadtviertel – optimale Verkehrsanbindung und hohe Wohnqualität inklusive.<br />
Schnellere Zugsverbindungen, hoher Reisekomfort, beste Anbindungen in die City: Der neue Hauptbahnhof Wien wird eine wichtige Drehscheibe<br />
im Herzen Europas. Mit einem entscheidenden Vorteil: Züge können aus allen Richtungen kommen. Und danach in alle Richtungen weiterfahren.<br />
Der Hauptbahnhof entsteht zwischen dem derzeitigen Südbahnhof und dem Südtiroler Platz, auf dem sich auch der Haupteingang befinden wird.<br />
Neben der U1 garantieren 11 S-Bahnen, 3 Straßenbahnen und Busse eine gute Anbindung in die Stadt. Das Bahnhofsgebäude selbst wird modern, hell<br />
und barrierefrei. Ein bunter Mix aus Geschäften und Gastronomie lädt zum Bummeln und Verweilen ein.<br />
Am Puls der Zeit: Ein neues Stadtviertel für Wien<br />
Insgesamt 59 Hektar wird er groß sein, der neue Stadtteil entlang dem Hauptbahnhof- Areal. Zwischen Wiedner Gürtel im Norden, Arsenalstraße<br />
im Osten und Sonnwendgasse/Gudrunstraße im Süden und Westen. Rund um einen weitläufigen Park entsteht im Süden des Areals ein attraktives<br />
Wohnviertel. Mit 5.000 Wohnungen für zirka 13.000 Menschen – Richtung Ostbahn gut abgeschirmt durch Büro und Gewerbegebäude. Die Stadt<br />
Wien sorgt für gute soziale Infrastruktur: Unter anderem mit einem Bildungscampus mit Schule und Kindertagesheim.
58 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VIII - Presseinformationsdienst Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Alle Wege führen durch Wien<br />
Wien hat in Europa zunehmend an Bedeutung<br />
gewonnen. Besonderen Stellenwert hat die<br />
Stadt als Verkehrsknoten: hier kreuzt der Donau-<br />
Korridor West-Ost die Nord-Süd-Achse Berlin-<br />
Prag-Wien.<br />
Parallel verläuft die sogenannte<br />
„Magistrale für Europa“, eine Eisenbahn-Hochleistungsverbindung<br />
zwischen den Städten Paris,<br />
Straßburg, Stuttgart, München, Salzburg, Wien<br />
und Budapest, für deren Ausbau die Stadt Wien<br />
verstärkt eintritt.<br />
Durch die Reformen in Osteuropa und die EU<br />
besteht die Chance, den Donauraum wiederzubeleben,<br />
der seit jeher eine Kultur-und Wirtschaftsachse<br />
ist.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VIII - Presseinformationsdienst<br />
<strong>ST</strong>/A/R 59<br />
HAUPTBAHNHOF WIEN – Ab 13. Dezember: Südbahnhof, adieu!<br />
Demnächst geht’s los:<br />
Wien baut einen neuen, modernen Hauptbahnhof und ein attraktives<br />
Stadtviertel. Auf dem Areal zwischen Wiedner Gürtel, Arsenalstraße,<br />
Gudrunstraße und Sonnwendgasse.<br />
Schnelle Zugsverbindungen, hoher Reisekomfort, optimale Anschlüsse:<br />
Der neue Hauptbahnhof Wien wird Drehscheibe für<br />
den regionalen, nationalen und internationalen Reiseverkehr. Mit<br />
einem modernen Bahnhofsgebäude direkt am Südtiroler Platz mit<br />
der U1-Station. Baustart ist Anfang 2010 – erste Veränderungen im<br />
Schienenverkehr gibt’s bereits heuer.<br />
13. Dezember 2009:<br />
Südbahn endet in Meidling<br />
Der Südbahnhof schließt – die Bahnsteige 11-19 werden stillgelegt.<br />
Der Bahnhof Wien Meidling übernimmt teilweise die Funktion des<br />
Südbahnhofs. Die Fernverkehrs- und Nahverkehrszüge der Südbahn<br />
und die Fernverkehrszüge der Ostbahn enden und beginnen zum<br />
Großteil in Wien Meidling. Die meisten Nahverkehrszüge der Südbahn<br />
werden über die Stammstrecke durchgebunden.<br />
S-Bahn-Stammstrecke durchgehend in Betrieb<br />
S-Bahnzüge und Nahverkehrszüge, die Richtung Floridsdorf fahren<br />
und von dort kommen, verkehren wie bisher. Die S-Bahn-Station<br />
Südbahnhof ist während der Errichtung in Betrieb und erhält provisorische<br />
Stiegen-Aufgänge und Lifte in den Schweizer Garten.<br />
Wien Südbahnhof (Ostbahn)<br />
Ein provisorischer Ostbahnhof für den Nah- und Regionalverkehr der<br />
Ostbahn sowie für die S 60 wird auf Höhe Schweizer-Garten-Straße<br />
errichtet. Dieses Provisorium bietet die übliche Bahnhofs-Infrastruktur.<br />
Großer Baustart 2010<br />
Der Südbahnhof wird Anfang 2010 abgetragen. Danach stehen Aushubarbeiten<br />
auf dem Programm, um die Fundamente errichten zu<br />
können.<br />
Die ersten Züge ab Ende 2012<br />
Im Dezember 2012 erfolgt die Teil- Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs<br />
– der Hauptbahnhof Wien wird erstmals im Fahrplan der ÖBB<br />
aufscheinen.<br />
Gesamtfertigstellung des Bahn- Infrastrukturprojekts 2015. Der provisorische<br />
Ostbahnhof wird auf Höhe Schweizer-Garten-Straße<br />
errichtet.<br />
Hauptbahnhof Wien – Zeitplan<br />
Ab 13. Dezember 2009:<br />
• Sperre Südbahnhof (Südbahn):<br />
Bahnsteige 11-19 werden stillgelegt.<br />
• Fern- und Nahverkehrszüge der Südbahn<br />
und Fernverkehrszüge der Ostbahn ab/bis<br />
Wien Meidling.<br />
• Provisorischer Ostbahnhof für den Nah- und<br />
Regionalverkehr der Ostbahn auf<br />
Höhe Schweizer-Garten-Straße.<br />
• S-Bahn-Stammstrecke durchgehend<br />
in Betrieb.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.hauptbahnhof-wien.at<br />
2010:<br />
• Abriss des Südbahnhofs und großer<br />
Baustart<br />
• Aushub- und Fundamentarbeiten<br />
• Beginn des Umbaus des Wiedner Gürtels<br />
Ende 2012:<br />
• Teilinbetriebnahme Hauptbahnhof Wien<br />
2013/14:<br />
• Fertigstellung erster Wohnbauten und<br />
eines Parkteiles
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch VIII - Presse<br />
Neben dem Bahnhof entsteht ein neues<br />
Stadtviertel direkt im Zentrum Wiens:<br />
Aufwertung des gesamten Gebietes.<br />
Beseitigung der Barriere zwischen den Bezirken.<br />
Ca. 5.000 Wohnungen für ca. 13.000 Menschen<br />
Büroflächen für ca. 20.000 Menschen<br />
8 ha Park (doppelt so groß wie der Rathauspark)<br />
Schulcampus (Volks-+ Mittelschule, Kindertagesheim)<br />
gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln:<br />
U1, Verlängerung der U2 in den neuen Stadtteil, S-Bahnen (S1, S2, S3, S5, S6, S8, S9,<br />
S15), Straßenbahn Linien 18, 0, D, Autobuslinien 13A, 69A
idualverkehr.<br />
U<br />
-Bahn, S-Bahn, Bus: Der der U1 am Südtiroler Platz:<br />
Hauptbahnhof ist gut an Durch eine Passage gelangen<br />
informationsdienst llem im Bereich Matzfer<br />
Platz zu Behinde-<br />
angebunden. So werden etwa<br />
das öffentliche Verkehrsnetz Sie direkt zum Bahnhof. <strong>ST</strong>/A/R 61 ■<br />
für<br />
Zahlen,<br />
den Individual-<br />
Daten<br />
die<br />
&<br />
Buslinien<br />
Fakten<br />
13A<br />
zum<br />
und 69A<br />
. So wird es ab Juli in sowie die Straßenbahnlinie O<br />
ester<br />
Projekt<br />
Straße und<br />
Hauptbahnhof<br />
in direkt am nördlichen<br />
Wien<br />
Vorplatz<br />
eine Haltestelle erhal-<br />
runstraße zunächst<br />
swärts – ab August in ten. Die Linie 18 wird ihre<br />
Fahrtrichtungen >> Leistungsdaten – zu jetzige Bahn-Infrastruktur Haltestelle behalten. Projekt<br />
änkungen kommen.<br />
itig mit Schulbeginn Passage zur U1-Station<br />
nt sich • Gesamtfläche die SituationInfrastrukturprojekt Neu bei der Linie ca. 50 D: ha Sie wird<br />
Bis • dahin Länge werden des Bahn-Infrastrukturprojektes in das Wohngebiet ca. verlängert, 6 km<br />
fahrerInnen • Gesamtfläche um Ver-Brückenneubas gebeten. • ca. 100 km Gleis ■ Garten aufgehoben. Neu bei Ebenfalls geplant bis zum neuen Stadtteil: U2.<br />
die Schleife ca. beim 30.000 Schweizer m²<br />
• ca. 300 Weichen<br />
7<br />
• ca. 8 km Lärmschutzwände<br />
>> Leistungsdaten Verkehrsstation Hauptbahnhof Wien<br />
einschl. BahnhofCity<br />
• 5 überdachte Inselbahnsteige - 10 Bahnsteigkanten<br />
• Bahnsteigbreiten: durchschnittlich 12,10 m<br />
• 14 Personen- und 5 Lastenaufzüge<br />
• 29 Rolltreppen<br />
• Durchgehend barrierefrei<br />
• Direkte Anbindungen an den Fern- und Nahverkehr durch S-Bahn,<br />
U-Bahn, Straßenbahn, Busbahnhof<br />
• Kreuzungspunkt dreier TEN-Korridore:<br />
• TEN 17: Paris-Straßburg-Stuttgart-Wien-Bratislava<br />
• TEN <strong>22</strong>: Athen-Sofia-Budapest-Wien-Prag-Nürnberg/Dresden<br />
• TEN 23: Danzig-Warschau-Brünn/Bratislava-Wien-Venedig<br />
• Tiefgarage mit ca. 630 Auto-Stellplätzen<br />
• Fahrradgarage mit ca. 1.150 Fahrradabstellplätzen<br />
• Behindertenstellplätze, Kiss & Ride, Taxistandplätze<br />
• Einkaufszentrum mit ca. 20.000 m 2 in der Verkehrsstation<br />
• ca. 100 Geschäfte und zahlreiche Gastronomiebetriebe<br />
>> Leistungsdaten Neues Stadtviertel – Immobilienprojekt<br />
• Lage zwischen Wiedner Gürtel, Sonnwendgasse, Gudrunstraße und Arsenalstraße<br />
• 59 ha Gesamtausmaß:<br />
• davon 8 ha Grünfläche<br />
• Gemischte Nutzung: Büros, Wohnungen, Handels-, Dienstleistungsbetriebe,<br />
Hotel, Schulen, Kindergarten<br />
• 550.000 m 2 Bürofläche<br />
• 20.000 Arbeitsplätze<br />
• 5.000 Wohneinheiten für 13.000 Menschen<br />
Wiener Linien
62 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VIII - Presseinformationsdienst Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Beste Verkehrsanbindung<br />
HAUPTBAHNHOF WIEN<br />
Wien baut einen neuen Hauptbahnhof. Und damit die wichtigste Drehscheibe für den regionalen, nationalen und internationalen Reiseverkehr.<br />
Mit dem Abriss des Südbahnhofs starten die Bauarbeiten.<br />
Bis 13. 12. 2009 ist der alte Südbahnhof die Endstation von Süd- und Ostbahn. Dann wird ein Durchgangsbahnhof errichtet, von dem Züge aus<br />
allen Richtungen kommend in alle Richtungen weiterfahren können. Mit der Schaffung dieser hochleistungsfähigen Nord-Süd- und Ost- West-<br />
Verbindung wird der Bahnhof zu einem zentralen Knotenpunkt im transeuropäischen Schienennetz.<br />
Egal wohin man in der Stadt will:<br />
Beste Anbindungen sind garantiert<br />
Das Gebäude des neuen Hauptbahnhofes rückt vom heutigen Standort des Südbahnhofes in Richtung Südtiroler Platz. Eine neue, großzügige<br />
Passage wird den neuen Hauptbahnhof direkt mit der U1-Station am Südtiroler Platz, den zahlreichen S-Bahn-<br />
Linien und der unterirdischen Straßenbahnhaltestelle der Linie 18 verbinden. Alle Zugänge werden barrierefrei gestaltet, insofern wird es auch<br />
kein mühsames Kofferschleppen über Stiegen geben. Die Entfernung der U-Bahn zum Bahnhof wird jener am Westbahnhof zur U3 entsprechen.<br />
Weiters garantieren oberirdisch die Straßenbahnlinien D (die in das neue Stadtviertel verlängert wird) und O, die Buslinien 13A und 69A sowie die<br />
regionalen Busse die Anbindung in die Stadt und in die Region. Das Stadtviertel im Süden wird in Zukunft mit der U-Bahn-Linie U2 erschlossen.<br />
Ein neues Stadtviertel entsteht<br />
Im Süden des Areals entsteht ein attraktives Wohnviertel. Mit 5.000 Wohnungen, einem Schulcampus und einer Parkanlage.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch VIII - Presseinformationsdienst<br />
<strong>ST</strong>/A/R 63
64 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VIII - Presseinformationsdienst Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Südbahnhof-”Augen” sind im ZKM<br />
Hofstetter Kurt’s “Ein Augenblick Zeit” am Wiener Südbahnhof wurden vor<br />
dem Abriss an das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe<br />
übergeben, um dann als Symbol der Erinnerung im neuen Hauptbahnhof<br />
wieder zu erscheinen.<br />
„bahnorama“<br />
Informationszentrum Hauptbahnhof Wien<br />
Ω Neuer Name „bahnorama“:<br />
Aussichtsplattform auf 40 m Höhe für<br />
attraktives PanORAMA auf den neuen<br />
HauptBAHNhof<br />
Ω Interaktive Ausstellung auf 4<br />
„Plattformen“ mit Informationen<br />
für unterschiedliche Zielgruppen:<br />
BahnkundInnen, AnrainerInnen,<br />
ExpertInnen, Kinder<br />
Ω 3D-Animationen, Modell, Filme...<br />
Ω Gastronomie/Cafe<br />
Ω Ort für Veranstaltungen,<br />
Präsentationen etc.<br />
Ω Führungen durch die Ausstellung<br />
Ω Zielpublikum: Interessierte<br />
Öffentlichkeit, SchülerInnen,<br />
StudentInnenen, Wien-Touristen etc.<br />
Ω Baubeginn November 2009<br />
Ω Eröffnung Sommer 2010<br />
Ω Adresse: 1100, Favoritenstraße 49-53 /<br />
Ecke Sonnwendgasse<br />
Visualisierung: Sigi Herzog
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch IX - Dr.Tolstoj - GAS-<strong>ST</strong>ATION<br />
<strong>ST</strong>/A/R 65<br />
Unser Café<br />
U N S E R C A F É<br />
Kunstwerk von Heidulf Gerngross der Zweite, courtesy: <strong>ST</strong>/A/R Sammlung
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch X - Heike<br />
<strong>ST</strong>/A/R 73<br />
Natura Morte<br />
1 Seitental eines Seitentales<br />
1 alte Schmiede im Villgratental<br />
1 temporär adaptierter Ausstellungsraum<br />
9 Künstlerpositionen<br />
1 Lesung von Franz Schuh<br />
3 Tage im Sommer<br />
Ein Projekt von: Heiri Häfliger, Sabine Jelinek, Lukas Schaller, Edith Bergmann<br />
CHRI<strong>ST</strong>IAN GANZER<br />
CHRI<strong>ST</strong>OF GAGGL<br />
ANJA MANFREDI<br />
EDITH BERGMANN<br />
SABINE JELINEK<br />
JUDITH PICHLMÜLLER<br />
HEIRI HÄFLIGER<br />
LUKAS SCHALLER<br />
PETRA MÜHLMANN<br />
Natura Morte, 24. Juli - 27. Juli 2009, Schmiede Erschbaum, A-9931 Außervillgraten/Osttirol<br />
www.erschbaum.at
74 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch X - Heike Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Architekturzentrum Wien<br />
Museumsplatz 1 im<br />
1070 Wien<br />
T++43 -1- 5<strong>22</strong> 31 15, www.azw.at<br />
bis100_star-274x205.indd 1<br />
<strong>22</strong>.07.2009 11:09:18 Uhr<br />
Tabor<br />
Hafner<br />
Wondra<br />
Gartler<br />
Gerngross<br />
Frey<br />
„Die österreichische Architektur der 60er Jahre ist<br />
ohne steirische Impulse undenkbar.” Friedrich Achleitner<br />
Eine Veranstaltung des Az W – a_schaufenster 11:<br />
TU Graz 1964–1968 – regt zu einer Wiederentdeckung der „Situation Graz“ an.<br />
Im Gegensatz zu den Wiener Kollegen ging es den „Grazern“ nie um eine „Medialisierung“ oder um die Ausbildung eines spektakulären Formenrepertoires.<br />
Im Mittelpunkt des Interesses steht eine technisch-ökologische Bauweise, bei der es sehr mehr um Abläufe als um formale<br />
Details geht.w<br />
Im Architekturzentrum Wien wurden anhand der Impulsreferate von Frey, Hafner, Gartler und Gerngross Vielfalt und Eigenständigkeit der<br />
Grazer Entwicklung greifbar. Die gezeigten Architektur- und Städtebauprojekte mit ihrem strukturellen Ansatz überraschen bis heute. Das<br />
Interesse des Publikums zeigte, dass die Diskussion über den Begriff der „Grazer Schule“ längst nicht abgeschlossen ist ...<br />
Gäste:<br />
Konrad Frey mit Bernhard Hafner, Heidulf Gerngross, Klaus Gartler<br />
Moderation: Jan Tabor, Architekturtheoretiker u. -publizist<br />
Mittwoch, 28. Oktober 2009, 18:00 Uhr<br />
Ein ausführlicher Veranstaltungsbericht von Jan Tabor erscheint im Hintergrund 45.
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch X - Heike<br />
<strong>ST</strong>/A/R 75<br />
1989. Ende der Geschichte oder Beginn der Zukunft?<br />
Anmerkungen zum Epochenbruch<br />
9. Oktober 2009 – 7. Februar 2010<br />
1989 markierte einen Epochenbruch. Der Atem der Geschichte wehte durchs kollektive Bewusstsein,<br />
Utopien wurden begraben und gleichzeitig neue, bislang ungeahnte Zukunftsszenarien aufgerissen.<br />
Die Ausstellung spürt den Chiffren, Metaphern und Metonymien nach, die mit dem Verfall eines Systems<br />
und einem politischen Umbruch verbunden sind: Es geht nicht um Dokumentation alltäglicher<br />
Realitäten oder historische Analyse sondern um Begrifflichkeiten und Anmutungen wie Bürokratie,<br />
Verrat, Überwachung, Nostalgie, Gewalt, Manipulation und Ironie, die mit den Mitteln der Kunst auf<br />
ihre Tauglichkeit zur gesellschaftlichen Selbstanalyse hin untersucht werden.<br />
Mit mehr als 30 teilnehmenden KünstlerInnen aus Ost und West: Marina Abramovic,<br />
Chantal Akerman, Erik Bulatov, Sophie Calle, Maurizio Cattelan, Harun Farocki und Andrej Ujica,<br />
Anna Jermolaewa, Ilya & Emilia Kabakov, Alexander Kosolapov, Komar & Melamid, Barbara Kruger, Josephine<br />
Meckseper, Boris Mikhailov, Marcel Odenbach, Martin Parr, Susan Philipsz, Marek Piwowski,<br />
Pushwagner, Neo Rauch, Nedko Solakov, Jane & Louise Wilson u. a. m.<br />
Begleitprogramm zu 1989: Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Diskussionen, Lectures,<br />
Filmvorführungen, Lesungen und Künstlergesprächen beleuchtet den Themenbereich „1989“ unter<br />
Gesichtspunkten wie „Kulturpolitik“, „Nationalismus“, „Religion/Spiritualität“, „Ökonomie“ und „Vision/Illusion“<br />
kritisch und stellt philosophische sowie künstlerische Positionen zur Diskussion.<br />
- Mo, 14.12.2009, 19 Uhr: Vortrag von Michail Ryklin (Philosoph, Akademie der Wissenschaften, Moskau) –<br />
Kunst und Tabu. Neue russische Beispiele im internationalen Kontext<br />
- Do, 14.01.2010, 19 Uhr: Künstlergespräch mit Harun Farocki (Künstler, CZ/D)<br />
- Do, 28.01.2010, 19 Uhr: Lesung von Bora Ćosić (serbischer Schriftsteller) – Westlich vom Paradies und Gespräch<br />
mit Stefan Gmünder (Der Standard)<br />
Alexander Kosolapov, Gorby, 1991, Karl<br />
Kostyál Collection, Courtesy Galerie<br />
Hussenot, Paris © VBK, Wien, 2009<br />
Informationen zu Ausstellung und weiteren Programmpunkten unter: www.kunsthallewien.at<br />
Kunsthalle Wien, Museumsplatz 1, A-1070 Wien, Infoline: +43-1-52189-33, www.kunsthallewien.at<br />
Öffnungszeiten: täglich 10 – 19 Uhr, Do 10 – <strong>22</strong> Uhr<br />
Bina Klingler<br />
Ausschnitte “Little Book of Paradox”,<br />
2009, Moleskine Sketchbook, Copic Marker<br />
big-time-tough-bunny-girl - Protagonistin,<br />
Heldin, ambivalente Muse, Du, Ich...<br />
Messer - zukunftsträchtiges Werkzeug,<br />
Motivator, scharf, präzise, sanft...<br />
Blut - emotionale Kraft, aufgewendet, eingesetzt,<br />
verspielt für das was war, was ist, was<br />
kommt und was niemals sein wird...<br />
kleiner Hase - schließt den Kreis, Vergangenheit,<br />
Beobachter, Retter, Zauberer,<br />
Zeuge...<br />
Kontakt: binaklingler@gmx.net
French Manicure, 2009, Horn, Nagellack, 70 x 67 x 60 cm –<br />
Heike Nösslböck Heike<br />
Galerie Strickner<br />
Fillgradergasse 2/7, 1060 Wien<br />
Mob.: +43-680-201 44 52<br />
Nösslböck ist Künstlerin und maßgebliche Partnerin im <strong>ST</strong>/A/R-Team. E: office@galeriestrickner.com<br />
Foto: Christof Gaggl ©
78 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch X - Heike Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Über Synergien zwischen Geometrie und Kunst von Hofstetter Kurt<br />
Die Entdeckung vertrauter Proportionen<br />
in der Geometrie der Durchdringung<br />
Die Umsetzung zur Skulptur<br />
N.I.C. – nature is cool<br />
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit<br />
Zirkel und Lineal<br />
2001 habe ich beim Entwerfen des Sonnenpendel<br />
Pavillons #2 – der Station PHI – eine einfache Konstruk-tion<br />
des Goldenen Schnittes entdeckt. 1)<br />
Die Konstruktion 1 (siehe unten)<br />
A und B sind zwei beliebige Punkte. Ihr Abstand<br />
voneinander – die Strecke AB – ist der Radius des<br />
Kreises K mit Mittelpunkt A und auch des Kreises K’<br />
mit Mittelpunkt B. Die doppelte Strecke AB, d.h. der<br />
Durchmesser von K, ist der Radius des Kreises KD mit<br />
Mittelpunkt A und auch des Kreises KD’ mit Mittelpunkt<br />
B. 2)<br />
Die Kreise K und K’ durchdringen einander und schneiden<br />
sich in S1 und S2. Ihre linsenförmige Schnittmenge<br />
wird als Vesica Piscis (Fischblase) bezeichnet – ein<br />
uraltes Fruchtbarkeitssymbol.<br />
Die Schnittpunkte aller 4 Kreise S1, S2, S3, S4<br />
liegen auf einer Geraden, die sowohl die Vesica Piscis<br />
als auch die Strecke AB halbiert. Ihre Abstände<br />
zueinander sind in der vertrauten Proportion des<br />
Goldenen Schnittes 3) , d.h. das Verhältnis der Strecke<br />
S1S2 (major) zur Strecke S2S3 (minor) = dem Verhältnis<br />
der Strecke S1S2 (major) zur Strecke S1S4<br />
(minor) = PHI. 4)<br />
Diese Konstruktion wurde 2002 im Journal „Forum Geometricorum“<br />
als wissenschaftliche Neuerung publiziert. 5)<br />
Interessant in der Konstruktion 1 ist, dass es nur zwei<br />
weitere Kreise mit demselben Radius AB gibt, die<br />
sowohl K als auch K’ berühren, nämlich K’’ mit Mittelpunkt<br />
S3 und K’’’ mit Mittelpunkt S4. Sie sind alleine<br />
durch die Punkte A und B bzw. K und K’ bzw. die<br />
Vesica Piscis eindeutig bestimmt. 6)<br />
Darüberhinaus vermittelt mir die Stellung der Kreise<br />
K’, K’’ und K’’’ eine entscheidend vertraute Proportion.<br />
Meine Intention, diese Proportion der drei Kreise<br />
künstlerisch umzusetzen und mitzuteilen, führte mich<br />
zur Skulptur N.I.C., wobei ich die zweidimensionalen<br />
Kreise zu dreidimensionalen Kugeln erweiterte und<br />
aus Edelstahl mit dem Durchmesser von 111 cm<br />
materialisierte. 7)<br />
Diese räumliche Ausformulierung der Proportion erfuhr<br />
eine extreme Gleichzeitigkeit von Stabilität und Labilität.<br />
Ihre Unbedingtheit zum Goldenen Schnitt verweist<br />
auf Muster der Natur, wie die vertraute Stellung der<br />
Blütenblätter der Rosen oder der Blütenstände der<br />
Sonnenblumen. 8)<br />
Die Existenz von 2 Polen definiert in den wechselwirkenden<br />
Translationen von ihrem Abstand zueinander<br />
sowie in den interferierenden Rotationen ihrer Durchdringungskreise<br />
kanonisch vertraute Proportionen.<br />
Meiner Faszination am ekstatischen Auftritt des<br />
Goldenen Schnittes in den zahlreichen Verbindungen<br />
der Berührungspunkte, Scheitelpunkte und Schnittpunkte<br />
von N.I.C. mit ihren horizontalen und vertikalen<br />
Achsen (siehe Bild) folgten weiterführende<br />
Proportionsstudien (Figur 1 - Figur 6). Dabei entdeckte<br />
ich einfachste Konstruktionen des Goldenen<br />
Schnittes mit Zirkel und Lineal oder mit Zirkel alleine,<br />
die als neue wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht<br />
wurden. 5)<br />
Zum Beispiel die Konstruktion 2 – veröffentlicht 2005:<br />
Die Kreise K’’ und K’’’ berühren die Kreise K und K’ in<br />
B1, B2, B3, B4. Die Verbindungsstrecke B1S2 teilt die<br />
Strecke AB in G exakt im Goldenen Schnitt, d.h. das<br />
Verhältnis der Strecke AG (major) zur Strecke GB<br />
(minor) = PHI . 9)<br />
Darüber hinaus liegen die Berührungspunkte auf dem<br />
Kreis K’’’’ mit dem Mittelpunkt Z und Radius AB, d.h.<br />
sie sind vom Zentrum exakt um die Strecke AB entfernt.<br />
Aus den Konstruktionen entwickle ich seit 2002 Muster<br />
und Parkettierungen, die im wesentlichen durch den<br />
Winkel B1S2S1 bestimmt sind und in der Rezeption<br />
ihrer statischen Musterbilder zwingend optische<br />
Dynamik erfahren. 10)<br />
1) Sonnenpendel ist ein internationales Medienkunstprojekt von Hofstetter<br />
Kurt - siehe http://www.sunpendulum.at<br />
2) K’ und KD’ ergeben sich jeweils auch aus der Parallelverschiebung von K<br />
und KD um die Strecke AB.<br />
3) Für mich ist der Begriff „vertraute Proportion“ treffender als der Begriff<br />
„harmonische Proportion“ des „Goldenen Schnittes“.<br />
4) PHI ist eine irrationale Zahl. Sie wird auch als die Goldene Zahl bezeichnet;<br />
ihr Wert = 5^,5*,5+,5 = 1,6180…<br />
5) scientific papers von Hofstetter Kurt @<br />
Forum Geometricorum ISSN 1534-1178:<br />
2008 A simple compass-only construction of the regular pentagon<br />
2008 A simple ruler and rusty compass construction of the regular pentagon<br />
2006 A 4-step construction of the golden ratio<br />
2005 Division of a Segment in the Golden Section with Ruler and Rusty<br />
Compass<br />
2004 Another 5-step Division of a Segment in the Golden Section<br />
2003 A 5-step Division of a Segment in the Golden Section<br />
2002 A simple construction of the Golden Section<br />
Crux Mathematicorum ISSN: 1496-4309 (print 1706-8142):<br />
2006 An Efficient Construction Of The Golden Section<br />
6) Im Dialog PHI von Bob Hewis (Wien, 2003) Hofstetter Kurt:<br />
“For me every interpenetration of two bodies implies a harmonic relationship<br />
with the bodies derived, that simply touch and do not interfere ... “<br />
7) In Experimentierreihen sind zahlreiche N.I.C. Miniaturen aus Nirosta-<br />
Hohlkugeln in Größen zwischen 12 – 60 cm entstanden. Darunter auch freistehende,<br />
bewegliche N.I.C. Miniaturen, die sich durch die Erdanziehungskraft<br />
und einer asymmetrischen Verteilung zusätzlicher Gewichte in der untersten<br />
Kugel selbstständig aufrichten und sich stets vertikal justieren.<br />
2007 hat der Wiener Architekt Heidulf Gerngross die Skulptur N.I.C.<br />
zu einem 70 m hohen „Dreieinigkeitsbauwerk Kurt“ für den Wiener Karlsplatz<br />
archistriert.<br />
8) http://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Vorkommen_in_der_Natur<br />
9) http://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Konstruktionen_mit_Zirkel_und_Lineal<br />
10) http://www.sunpendulum.at/tilings<br />
Konstruktion 1 Figur 1<br />
Figur 2 Figur 3<br />
FIGUR 2<br />
FIGUR 3<br />
FIGUR 4<br />
minor<br />
major<br />
MINOR MAJOR<br />
m i n o r m a j o r<br />
m i n o r<br />
m i n o r<br />
m i n o r<br />
m a j o r<br />
m a j o r<br />
m i n o r<br />
m a j o r<br />
Konstruktion 2 Figur 4<br />
Figur 5 Figur 6<br />
FIGUR 6<br />
FIGUR 7<br />
FIGUR 8<br />
MINOR<br />
minor<br />
MINOR<br />
MAJOR<br />
MINOR<br />
major<br />
MAJOR<br />
major<br />
minor<br />
major minor<br />
MAJOR<br />
m i n o r<br />
m a j o r<br />
N.I.C. – nature is cool – eine Skulptur von Hofstetter Kurt, die extreme Proportionen von gleichzeitiger<br />
Stabilität und Labilität als Referenz zum Ort mitteilt und markiert.<br />
Der Kreuzungsbereich Langegasse – Laudongasse im 8. Wiener Gemeindebezirk ist durch den doppeltrassigen<br />
Viertelkreis der Strassenbahnlinie geprägt. Dieser mächtige Zirkelschlag steht in Spannung<br />
zur Richtungsbeibehaltung in der Langegasse und Laudongasse. Der Fußgängerverkehr wird aus<br />
dem Kreuzungsbereich extrapoliert auf einen Punkt konzentriert – einem komplementären Pol. An<br />
dieser Stelle ist N.I.C. direkt am Gehsteig installiert.<br />
Drei Kugeln sind so übereinander angeordnet, dass die mittlere Kugel aus der vertikalen Achse verschoben<br />
seitlich die obere und untere berührt. Es entsteht der Eindruck schwebender Leichtigkeit.<br />
Die Positionen ihrer Berührungspunkte leiten sich direkt aus der 2001 von Hofstetter Kurt entdeckten<br />
Zirkelkonstruktion des Goldenen Schnittes ab und beziehen sich auf Muster der Natur.<br />
HOF<strong>ST</strong>ETTER KURT<br />
N.I.C. – nature is cool<br />
Kreuzung Lange Gasse - Laudongasse, 1080 Wien Q: www.wien.gv.at<br />
Inauguration 09.10.2009<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Zwei Kongruent Null<br />
Verein zur Förderung von Projekten aus Kunst und Wissenschaft<br />
Lange Gasse 42/3.2, 1080 Wien<br />
unterstützt von BMUKK und WienKultur/Wissenschaft<br />
Inhalt, Bilder und Grafik: Hofstetter Kurt. Alle Rechte vorbehalten. Wien © 2009<br />
Kontakt: hofstetter@sunpendulum.at<br />
Die Skulptur N.I.C. – nature is cool wurde realisiert durch
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch X - Heike<br />
<strong>ST</strong>/A/R 79<br />
HOF<strong>ST</strong>ETTER KURT<br />
N.I.C. nature is cool<br />
Der Plakatfolder wurde unterstützt von BMUKK und WienKultur/Wissenschaft.
80 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Rz_inserat-star.qxd:Rz_plakat 07.11.2009 15:16 Uhr Seite 1<br />
Buch X - Heike Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
MICHAEL NAGL<br />
Aspekte der Sexarbeit<br />
k/haus Passagegalerie<br />
18. 12. 09 – 10. 01. 10<br />
künstlerhaus<br />
karlsplatz 5<br />
1010 wien<br />
www.k-haus.at<br />
künstlerhaus
81 <strong>ST</strong>/A/R<br />
DU<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Buch XI- Literatur <strong>ST</strong>/A/R 81<br />
DU<br />
Bricolage und Datenmontage von Marcus Hinterthür
82 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch XI- Literatur Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
<strong>ST</strong>/A/R Literatur<br />
Chef-Redakteur 2009 Alexander Schießling<br />
DIE GESELLSCHAFT<br />
ALS SCHLACHTHOF<br />
Stimmen wir uns ein auf die<br />
Apokalypse. Auf die permanente<br />
Apokalypse, die der permanenten Revolution<br />
des Trotzki und Mao Tse-tung (Zedong)<br />
folgt. Lesen wir also Anomia von Lukas<br />
Kollmer. Der Text ist zwischen Sommer<br />
2006 und Frühjahr 2008 entstanden,<br />
das heißt vor der weltweiten Finanzkrise,<br />
die im besten Fall zu einer Krise des<br />
Neoliberalismus und der unumschränkten<br />
Globalisierung geführt haben wird,<br />
auch vor der Wahl Barack Obamas zum<br />
amerikanischen Präsidenten, in einer Zeit<br />
also, die wenig Anlass zu irgendeiner Art<br />
„Hoffnung“ gab. Dies ist im Auge zu behalten,<br />
wenngleich natürlich fraglich ist,<br />
ob die Abdankung des Neoliberalismus,<br />
der Globalisierung und George Bush’s<br />
überhaupt einen Neuanfang einleiten<br />
könnten.<br />
Die zweite Hälfte des neunzehnten<br />
und die erste Hälfte des zwanzigsten<br />
Jahrhunderts waren durch zwei<br />
konkurrierende Utopien geprägt: den<br />
Internationalen Sozialismus und den<br />
Faschismus. Diese beiden utopischen<br />
Gesellschaftsentwürfe zerrieben die<br />
Bürgerliche Revolution zwischen den<br />
Fronten und beerbten sie gleichzeitig.<br />
Obwohl im schärfsten Gegensatz zueinander,<br />
hatten sie etwas gemeinsam:<br />
das utopische Moment, den revolutionären<br />
Habitus, den Glauben an die<br />
Möglichkeit einer besseren Zukunft,<br />
kurz, die Aufbruchsstimmung. Seit dem<br />
Ende des Zweiten Weltkriegs ist diese<br />
Stimmung im Abflauen. Die Sechziger<br />
Jahre kann man als letztes Lebenszeichen<br />
des revolutionären Elans im Westen<br />
sehen. Seither geht die revolutionäre<br />
Stimmungskurve nach unten, oder, die<br />
kritischen Gemüter kühlen seither permanent<br />
ab. Wo sollte sich das besser<br />
zeigen als in der „Literatur“? Wo zeigt<br />
es sich deutlicher?<br />
Anomia stellt nun den Tiefpunkt dieser<br />
(vereinfacht) gedachten „Revolutions-<br />
Stimmungskurve” dar und zwar in beiden<br />
Bedeutungen dieser Formulierung:<br />
Das Stimmungstief ist Sujet des Textes,<br />
einerseits, andererseits ist er selbst ein<br />
Symptom davon.<br />
Am tiefsten Punkt des Tiefs angelangt,<br />
wird der Ort dieses Anlangens<br />
selbst einerseits zum Thema, andererseits<br />
zur bestimmenden Kraft. Topos,<br />
der Ort, ist in der U(…)topie der Ort der<br />
Verheißung, aber in der Dys(…)topie<br />
einer der Verdammnis. Mit letzterem<br />
haben wir es zu tun, wenn wir Anomia<br />
lesen.<br />
Der Icherzähler dessen Namen<br />
wir nie erfahren werden, lebt in einer<br />
Gesellschaft der nicht allzu fernen<br />
Zukunft, in der den Menschen Chips<br />
(RFIDs) implantiert werden, mittels derer<br />
sie einfach (zunächst sozial, in der Folge<br />
davon physisch) abgeschaltet werden können,<br />
sobald sie zur „Last” werden. Das<br />
physische Geld ist abgeschafft, der herkömmliche<br />
Fernseher ist von Screenwalls<br />
abgelöst worden. Wir haben es mit den<br />
üblichen Requisiten des SF-Genres zu<br />
tun, die aber hier nicht um ihrer selbst<br />
willen verwendet werden, sondern als<br />
Repräsentanten einer sozialen Struktur<br />
fungieren. Um diese geht es und der Text<br />
kann als Versuchsanordnung verstanden<br />
werden, die der Frage gilt, was mit<br />
den Individuen in einer brutalisierten,<br />
anomischen beziehungsweise asozialen<br />
Gesellschaftsordnung geschieht.<br />
Durch die Wahl der „Zentralperspektive“<br />
(einer „Hauptperson“, eines<br />
„Protagonisten”, eines „Icherzählers”)<br />
hat sich der Autor entschieden, nur einen<br />
kleinen Ausschnitt einer solchen<br />
sozialen Ordnung darzustellen, was einerseits<br />
der Reflexion engere Grenzen<br />
setzt, andererseits aber verhindert,<br />
dass der Leser in der Uferlosigkeit der<br />
Komplexität verloren geht (was ohnehin<br />
schon immer geschehen sein muss).<br />
Zugleich aber sieht sich ein zur „konkreativen”<br />
(Heinrich Rombach) Lektüre<br />
entschlossener Leser dieses Textes zur<br />
sogenannten Überinterpretation genötigt,<br />
da er auch das in die Reflexion mit<br />
einzubeziehen hat, was aus der Lektüre<br />
nur indirekt hervorgeht.<br />
Der Begriff einer „konkreativen<br />
Lektüre” meint hier ein Lesen, das den<br />
Text nicht wie ein Objekt behandelt, das<br />
es von Außen zu beschreiben gilt, sondern<br />
als Anbahnung einer Bewegung, die<br />
ins Offene führt. Eine solche Lektüre bastelt<br />
sich aus dem Text ein Gefährt und<br />
macht ihn zum Gefährten einer immer<br />
schon improvisierten Fahrt ins Blaue;<br />
ein definitives Ziel dieser Fahrt kann es<br />
ja aus mehreren Gründen nicht geben:<br />
weil ein Text durch die Lektüre die ihn<br />
konstituiert immer schon ein anderer als<br />
„er selbst” wird, die Begegnung von Leser<br />
und Text die Entstehung eines Gewebes<br />
bedeutet, das nunmehr von zwei Autoren<br />
herrührt, sofern der Leser eben notwendig<br />
konkreativ liest, indem er seinen Text<br />
(er)findet; weil der eine Text notwendig<br />
auf andere verweist, in deren Sphäre er<br />
erst als Literatur lesbar wird und diese auf<br />
wiederum andere Texte und so fort;<br />
Es ist Sommer, die Hitze legt sich<br />
wie ein Schweißfilm über den ganzen<br />
Text. Der Icherzähler, nennen wir ihn<br />
der Einfachheit halber Ego, muss als<br />
Alkoholiker bezeichnet werden. Er arbeitet<br />
als Museumsaufsicht und hat auch<br />
noch einen zweiten Job, den er uns aber<br />
wie seinen Namen nie verraten wird. Und<br />
er schreibt, er schreibt hunderte Seiten,<br />
die er für unbrauchbar hält. Schon zu<br />
Beginn des Textes wird uns klar gemacht,<br />
dass Ego kein liebenswerter Mann ist.<br />
Die Bekannte, die beinah schon zum<br />
Skelett abgemagert, vor dem Haustor auf<br />
ihn wartet, um mit ihm Kaffee zu trinken,<br />
oder etwas menschliche Wärme zu<br />
spüren und die er zurückweist: „Geh in<br />
irgendein Lokal. Hör auf mir nachzurennen.<br />
Bei mir gibt es keinen Kaffee mehr. Ich<br />
gehe schlafen. Geh du auch besser schlafen.<br />
Geh ins Bett. Du hast doch ein Bett? Ich<br />
bin sicher, dein Bett wird dich heute ganz<br />
besonders mögen.“<br />
„Du bist so ...“<br />
Sie beginnt zu weinen. Sie macht es nicht<br />
mehr lange. RFID deaktiviert. Die hat kein<br />
Bett mehr. Weiter unten quert mit hohlem<br />
Grollen ein Panzerwagen die Gasse, hält für<br />
wenige Sekunden, rollt weiter.”<br />
Die Szene endet damit, dass Ego das<br />
Haustor, an das seine Bekannte sich<br />
klammert, zuschlägt, wobei ihre dürre<br />
Hand eingequetscht wird. Brutal, egoistisch.<br />
Die Gesellschaft, die uns beschrieben<br />
wird, befindet sich in Aufruhr,<br />
im Ausnahmezustand. Hungersnot<br />
herrscht, Revolten in den Außenbezirken,<br />
unerträgliche Hitze und dies alles scheint<br />
durch einen einzigen Großkonzern beherrscht<br />
zu werden: der Croques Ltd.<br />
Ego lebt sein Leben zwischen Lohnarbeit,<br />
Schreiben und Trinken, der „goldenen<br />
Triangel”, und alle drei Pole erscheinen<br />
ihm vollkommen sinnlos. Eine<br />
Alternative dazu gibt es freilich auch<br />
nicht. Diese Fesselung an den gegebenen<br />
Zustand und die Einkerkerung in die gegebenen<br />
Verhältnisse tragen alle Figuren<br />
der Novelle mit ihrem Körper aus. Diese<br />
Körper werden zu Symptomen, zu materiellen<br />
Speichern, die die Verhältnisse<br />
visualisieren, indem sie ihnen zum<br />
Opfer fallen. Der Körper aller Figuren,<br />
auch der Egos, ist der rote Faden, an dem<br />
entlang sich die Szenerie entfaltet. Der<br />
Körper als Touchscreen, auf dem und in<br />
dem sich der soziale Film abspielt. Diese<br />
allzu dünne Bekannte, deren Hand in<br />
der zugeschlagenen Tür eingequetscht<br />
wird: der Schmerz sozialer Ausgrenzung<br />
ist physischer Art. Es ist nicht wie in<br />
George Orwells „1984”, wo die soziale<br />
Macht noch metaphysischer, gespensterhafter<br />
Natur ist. In Anomia geht es zur<br />
Sache und die Sache ist der Körper des<br />
Individuums. Dieser Körper krepiert, sobald<br />
die RFID deaktiviert ist:<br />
„Vor dem Haus schwatzen minderjährige<br />
Mütter zwischen verlassenen Bierdosen<br />
und ich kämpfe mich durch brütende Hitze<br />
und über stinkende Berge prall gefüllter<br />
Müllsäcke, als ich über einen dumpfen<br />
Brocken stolpere. Mit hohl geöffnetem Maul<br />
liegt sie auf dem Trottoir in den Dreck gebettet<br />
und starrt mich aus leergefressenen<br />
Augenhöhlen an.<br />
„Ich sagte doch, geh ins Bett“, murmle<br />
ich. Meine Beine haben Atem geholt,<br />
schwingen lose unter meinem Leib wie<br />
Altweibersommerspinnfäden.”<br />
Die Bekannte ist tot, namenlos gestorben,<br />
Ursache unbekannt. Ego erscheint<br />
in diesen Passagen als gleichgültiger<br />
Unbeteiligter, dessen einzige Sorge er<br />
Alex Schießling; Foto: Martina Bauer<br />
selbst ist. Dieses Charisma relativiert<br />
sich zunehmend, das heißt, im Laufe<br />
der Erzählung. Ego wird sich ohne erkennbare<br />
Bemühungen, die das zum Ziel<br />
hätten, verändern. Anfangs erscheint er<br />
als „cool”, erst gegen Ende gestattet ihm<br />
der Autor menschliche Züge. Im Kapitel<br />
„Last best hope”, das in etwa die Mitte des<br />
Textes darstellt, erscheinen beide Motive<br />
gleichzeitig: Das Motiv der Empathie und<br />
das der Abgrenzung vom Leid anderer.<br />
Die Coolnes gewinnt. In diesem Kapitel<br />
wird genau gezeigt, wie eine empathische<br />
Haltung in eine Flucht vor dem „Leid<br />
anderer” umschlägt. Wieder ist es eine<br />
namenlose Frau, die sich in größter Not<br />
befindet, als Ego auf sie trifft. Sie wird gerade<br />
vergewaltigt und blutet überdies aus<br />
Wunden an den Füßen, die sie sich durch<br />
Glassplitter zugezogen hat. Ego rettet sie<br />
zunächst, indem er ihren Peiniger vertreibt,<br />
er bringt sie nach Hause. Dann<br />
aber antizipiert Ego die möglichen<br />
Schwierigkeiten, in die er kommen<br />
kann, wenn er sie in ein Krankenhaus<br />
bringt, ihr weiterhin hilft. Das führt<br />
dazu, dass er die Szene wechselt. In einem<br />
Gespräch beschrieb Lukas Kollmer<br />
diese Situation so: In dieser Gesellschaft<br />
sind Hilfe und Selbstaufgabe beinahe<br />
dasselbe. Solidarität wird also klein geschrieben,<br />
beziehungsweise gar nicht.<br />
Auch Ego leidet physisch. Ungezählt sind<br />
die Stellen, in denen uns sein schlechter<br />
Zustand beschrieben wird. Riesige<br />
Gelsen saugen ihm das Blut aus, Übelkeit<br />
befällt ihn andauernd, er fügt sich selbst<br />
Wunden zu, besonders dann, wenn er<br />
andere Schmerzen überblenden möchte,<br />
kurz, sein Körper wird uns als Ort des<br />
Leidens beschrieben, jeder Körper ist<br />
hier ein solcher Ort. Die Körper in dieser<br />
Erzählung leiden und sind überdies<br />
monströs, zum größten Teil ekelerregend,<br />
selbst die Körper der Tiere spielen<br />
verrückt. Katzen beginnen violett zu<br />
glühen wenn sie fressen und zufrieden<br />
sind, Insekten sind riesig, die meisten<br />
menschlichen Figuren einfach hässlich.<br />
In dieser schmutzigen, stinkenden Welt
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch XI- Literatur<br />
<strong>ST</strong>/A/R 83<br />
bleibt auch Ego nicht verschont und sein<br />
Zustand verschlechtert sich zusehends.<br />
Eine einzige Figur entgeht auf ironische<br />
Weise diesem Schicksal: Cecilia, die<br />
Geliebte Egos, die er während der Arbeit<br />
im Museum kennenlernt. Bei ihr tritt an<br />
die Stelle des physischen Leides und der<br />
Hässlichkeit die psychische Krankheit.<br />
Nichts in dieser Welt ist in Ordnung,<br />
gesund und gut. Die Körper sind einer<br />
Umformung ausgesetzt, die sie zerstört,<br />
das heißt, die die Menschen zerstört, die<br />
diesen Körper zu leben haben. Hier muss<br />
nun von der meiner Ansicht nach besten<br />
und wichtigsten Erfindung des Textes gesprochen<br />
werden: den Transsubstaten.<br />
Croques Ltd., der omnipräsente<br />
Konzern, betreibt eine<br />
Filmproduktionsfirma, die von einem gewissen<br />
Hasenform (köstlicher Name) gemanagt<br />
wird, der zugleich den Regisseur<br />
gewisser Filme und Ereignisse macht.<br />
Der Text bleibt bezüglich der genauen<br />
Berufsbezeichnungen indifferent, unbestimmt.<br />
Diese Produktionsfirma produziert<br />
die Transsubstate.<br />
Der Leser wird durch die erste Hälfte<br />
des Textes nur an die Startrampe geführt<br />
und erst durch die zweite Hälfte<br />
in das Zentrum dieser Welt geschossen.<br />
Während die erste Hälfte sich vor allem<br />
mit dem Leben Egos beschäftigt, geht<br />
es ab der zweiten Hälfte vor allem um<br />
Croques Ltd. und Hasenform. Das heißt,<br />
um die Transsubstate.<br />
„Zu sehen ist ein enger, gelb gefliester<br />
Raum, in dessen Mitte ein nacktes<br />
Transsubstat hängt. Nach wenigen<br />
Augenblicken beginnt sein Kopf sich zu<br />
bewegen, es hebt ihn, reißt den Mund auf,<br />
schreit vielleicht, doch es gibt keinen Ton,<br />
dann beginnt Blut aus seiner Stirn zu schießen<br />
und mit einem Ruck spaltet sich sein<br />
Gesicht. Dann beginnt sein gesamter Körper<br />
sich zu schälen, in Brocken fällt Schicht um<br />
Schicht davon ab. Als die äußere Hülle verschwunden<br />
ist, lässt sich sein Inneres kaum<br />
mit dem eines Menschen vergleichen, wie<br />
beliebig sind dicht gepresste Fleisch- und<br />
Organstrukturen zusammengestopft, die<br />
nun ebenfalls Element für Element zu Boden<br />
tropfen. Nach den wenigen Sekunden, die<br />
all das dauert, bleibt nur wie verbrannt verkrümmtes<br />
Astwerk aufrecht hängen, welches<br />
wohl ein Skelett darstellen soll. Darunter ein<br />
schmieriger, glänzender Haufen grüner, gelber,<br />
roter und brauner Masse. Hasenform<br />
hält das Bild an. Ich will hinausgehen und<br />
kotzen. Hasenform legt zwei dicke Lines<br />
Heroin auf.”<br />
Die Transsubstate haben mehrere<br />
Funktionen. Ihre erste Aufgabe ist,<br />
in Filmen mitzuspielen, um dort ihr<br />
„Desintegrationsverhalten”, also die<br />
Selbstvernichtung, zur Schau zu stellen.<br />
Der Konzern hält das Patent, das<br />
Kino steht vor einer „Revolution”,<br />
Hasenform bezeichnet die Transsubstate<br />
als „Revolutionäre”. Ein Transsubstat ist<br />
ein künstlich erzeugter, antropomorpher<br />
Körper, der zu nichts anderem erzeugt<br />
wird, als sich selbst zum Gaudium der<br />
Masse zu vernichten. Und tatsächlich<br />
schlagen diese Filme ein. Fanclubs entstehen<br />
usw. Man sieht gerne bei der<br />
Peinigung und (Selbst)vernichtung der<br />
Transsubstate zu. Reality TV an die Spitze<br />
getrieben. Sie haben aber auch noch eine<br />
andere Nutzungsmöglichkeit: Sie können<br />
verzehrt werden, der Hungersnot abhelfen.<br />
In Anomia, Name für einen Ort<br />
und zugleich Titel dieser Novelle ?, gibt<br />
es also künstlich erzeugte Lebewesen,<br />
die einerseits verzehrt werden und andererseits<br />
der Unterhaltung dienen;<br />
diese Lebewesen sind aber keine Tiere,<br />
sondern dem Menschen nachempfunden.<br />
Ego interessiert sich nun dafür, wie<br />
menschenähnlich „sie” sind. Seine erste<br />
echte Begegnung mit einem von „ihnen”,<br />
sieht so aus:<br />
„Ich schreite an das Transsubstat heran,<br />
bis unsere Nasenspitzen einander fast<br />
berühren.<br />
„Kannst du mich hören?“ frage ich.<br />
Immer die gleichen trägen, schmatzenden<br />
Bewegungen.<br />
„Kannst du mich hören!“<br />
„Lll ... llliesiiich ...“<br />
Ich schrecke zurück, werfe meinen Kopf<br />
zu Hasenform herum. Er schaut mich verwirrt<br />
an.<br />
„Llliesiiich ...“, höre ich wieder, während<br />
ich Hasenform anstarre. Stille. Schmatzen<br />
der Transsubstatbewegungen. Hasenform<br />
öffnet seinen breiten, dicklippigen Mund,<br />
seine Zunge faltete sich einmal auf und<br />
wieder ab. Dann bewegt er seinen plumpen<br />
Schädel wie in beständiger Verneinung hin<br />
und her.<br />
„Nicht?“ frage ich.<br />
„Nein“, nuschelt er.<br />
„Sicher?“<br />
„N-ei-nnn!“<br />
Im Transsubtat erreicht der Text in der<br />
Tat sein eigenes Zentrum, im Transsubstat<br />
zieht der Text sich zusammen, verdichtet<br />
sich und implodiert. Es sind diese geschundenen,<br />
g e q u ä l t e n<br />
Leiber, die einzig<br />
und allein<br />
den Zwecken<br />
anderer zu<br />
dienen haben,<br />
in denen sich<br />
das Ganze des<br />
Textes, des<br />
Buches versammelt:<br />
Der<br />
Gipfel ist mit<br />
ihnen erreicht.<br />
Es gibt ein<br />
chinesisches<br />
Sprichwort,<br />
das lautet:<br />
„Wenn du den<br />
Gipfel eines<br />
Berges erreichst<br />
- klettere<br />
weiter.”<br />
D e r<br />
Körper eines<br />
M e n s c h e n<br />
erscheint in<br />
Anomia als<br />
seine größte<br />
Schwäche, er<br />
ist der Ort, den<br />
die Macht ins<br />
Visier nimmt.<br />
Croques Ltd.<br />
ist deshalb<br />
auch in besonderer<br />
Weise<br />
am Körper der<br />
Frau interessiert,<br />
so sehr,<br />
dass die Chefs<br />
eine „Miss<br />
Cover: Just_Liili<br />
Universe” verspeisen.<br />
Die sozialen Machtverhältnisse<br />
schreiben sich in Anomia nicht in den<br />
Körper ein wie ein Text auf ein Blatt Papier:<br />
dieses wird durch den Text nicht zerstört.<br />
Die gesellschaftlichen Verhältnisse, die<br />
soziale Situation eines Menschen zeichnet<br />
den Körper und macht ihn zu einzig ihrem<br />
Zeichen. Die Politik, die mit ihm gemacht<br />
wird, seine Schutzlosigkeit, seine<br />
unheilbare Schwäche, Ort des Schmerzes<br />
zu sein, seine Sterblichkeit, all dies saugt<br />
die Freiheit auf und lässt die Kultur als<br />
lächerliche Ablenkung von der Realität<br />
erscheinen. Der Körper verzehrt sich umwillen<br />
seiner Existenz und wird verzehrt<br />
umwillen der Existenz anderer.<br />
Während man sich durch Anomia bewegt,<br />
entsteht die Frage, ob Widerstand<br />
gegen Croques Ltd. möglich ist, in welcher<br />
Weise Widerstand gegen die Macht<br />
sinnvoll sein könnte. Dabei stößt man<br />
notwendig auf die RFID’s, auf jene<br />
Implantate, die es der Macht möglich machen,<br />
einen Menschen auf Knopfdruck<br />
aus dem sozialen Kontext zu stoßen, ihn<br />
zu verbannen. Die Macht hat sich des<br />
Körpers bemächtigt, sie kommt nicht<br />
mehr von außen. Die RFID’s sind die<br />
Macht im Innersten und dennoch kann<br />
sie sich noch einmal selbst toppen, indem<br />
sie Körper produziert, denen man keine<br />
Chips mehr implantieren muss, da sie<br />
schon den jeweiligen Zwecken entsprechend<br />
programmiert sind. Die Macht ist<br />
mit den Transsubstaten wieder einen<br />
Schritt weiter: Sie steht nun am Ursprung<br />
allen Lebens. Unter diesen Bedingungen<br />
ist Revolution nicht mehr denkbar.<br />
Die zukünftigen (schon im Ansatz<br />
gegenwärtigen) Möglichkeiten von<br />
Wissenschaft und Technik lassen die klassischen<br />
Formen der Revolution alt aussehen.<br />
In Anomia wird auch nicht mehr<br />
Bezug auf sie genommen. Aber Lukas<br />
Kollmer zeigt uns den Kriegsschauplatz,<br />
auf dem die zukünftigen Kriege stattfinden<br />
werden: Es ist der genetische<br />
Code, das Programm, das nunmehr dem<br />
Körper vorgeschrieben wird, bevor es sich<br />
einschreibt. Die Transsubstate sind eine<br />
Warnung.<br />
Kollmer zeigt das Problem, bietet freilich<br />
keine Lösungen. Er schreibt nicht<br />
mit „revolutionärem Elan”, ruft nicht<br />
zu den Waffen, aber er zeigt ganz klar<br />
den Zusammenhang zwischen Macht,<br />
High Tech, Maschine und Körper: Die<br />
Macht mechanisiert den Körper, da sie<br />
mit seiner fleischlichen Lebendigkeit<br />
ein Problem haben muss. Der Mensch<br />
als Bioroboter.<br />
Der Mechanismus vieler Dystopien,<br />
man hat ihn schon oft beschrieben, ist<br />
der Mechanismus einer Warnung. Die<br />
Warnung antizipiert kommendes Unheil.<br />
Eine Warnung vor dem Unvermeidlichen<br />
ergäbe keinen Sinn. Auch angesagte<br />
Katastrophen finden wahrscheinlich<br />
nicht statt, so wenig wie angesagte<br />
Revolutionen. Es sei denn, sie hätten bereits<br />
unbemerkt stattgefunden und die<br />
Warnung vor dem Kommenden wäre nur<br />
ein Irrtum im Tempus.<br />
von Alexander Schießling<br />
Foto (c) Stefan Buchberger<br />
Lukas Kollmer Anomia. Roman,<br />
bei LUFTSCHACHT Wien 2009<br />
ISBN 978-3-902373-38-0<br />
www.luftschacht.com<br />
Anthologiebeiträge<br />
in autorenmorgen 01. Prosa/Lyrik-<br />
Anthologie, 2003 Nihil. Roman, 20<br />
03 Schlächtervergessen. Erzählung,<br />
2005
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch XI-<br />
Wie es war und wie es gewesen sein wird<br />
Eine Fortschreibung von Geschichte und Literatur nach der Shoah<br />
von Doron Rabinovici<br />
Es war einmal. Märchen heben so Fachwerken zahlreiche Gelehrte wieder giert genannt, und das ist gar nicht nett<br />
an und machen Kinder lauschen. zu Kindern und spielen einander vor, gemeint. Der Streit, ob die Historiographie<br />
distanziert oder parteilich sein<br />
Es war einmal, so klingt das Signal,<br />
es gäbe eine Forschung ohne Forscher,<br />
das alle Kleinen aufhorchen läßt,<br />
so lautet die Parole, mit der Feen, Hexen<br />
und Zauberer aufgerufen, mit der<br />
Elfen, Riesen und Drachen zum Leben<br />
erweckt werden. Vor langer, langer<br />
Zeit, in einem fernen Land, jenseits aller<br />
Ortsangaben und Jahreszahlen wird<br />
das schlechthin Gute vom Bösen par<br />
excellence bedroht, aber nie besiegt.<br />
Es war einmal, bedeutet uns, die wir<br />
erwachsen sind, daß nun erzählt wird,<br />
was so nie geschah, aber gleichzeitig<br />
wird mit diesen Worten behauptet, daß,<br />
wenn, wovon die Fabel berichtet, auch<br />
nie war, die Mär dennoch ein für allemal<br />
wahrhaftig war und wahr bleibt,<br />
jenseits aller Wirklichkeit. Ihre Aussage<br />
scheint durch die Überlieferung abgesichert,<br />
wobei für jedes Sprichwort, für<br />
jede Volksweisheit und für jede Volksweise<br />
immer schon ein Gegenstück in<br />
der Tradition existiert. Die alten Redensarten<br />
widersprechen einander seit<br />
jeher, aber wirken dennoch fort; und<br />
wenn sie nicht gestorben sind, dann leben<br />
sie noch heute.<br />
Wenn Volljährige Legenden lesen, erwarten<br />
sie zumindest seit der Aufklärung<br />
keine historisch gesicherte Darstellung.<br />
Nicht wenige verlangen hingegen<br />
von der Geschichtswissenschaft,<br />
was sie in den Epen und Mythen nicht<br />
mehr finden können. Das historische<br />
Fach macht Mündige wieder hörig,<br />
macht selbst Gottlose wieder gläubig.<br />
Hier suchen sie die Offenbarung, wie<br />
es einmal war, wie es einmal wirklich<br />
war. Von der universitären Lehre wird<br />
Objektivität und rationale Distanz verlangt,<br />
wohingegen die Literatur dem<br />
Subjektiven und dem Gefühl zugeordnet<br />
bleibt. Weil die Geschichte über<br />
unumstößliche Fakten verfügt, sollen<br />
die Menschen aus ihr lernen, und zuweilen<br />
klingt diese Hoffnung, als wä-<br />
als verfügte der Akademiker nicht über<br />
einen Standpunkt und wäre frei von Interessen.<br />
Wissenschaftlicher Wandel spiegelt<br />
gesellschaftlichen wider. Nicht neue<br />
Fakten, denn die alten hätten allemal gereicht,<br />
um dem Glauben an eine arische<br />
Herrenrasse abzuschwören, sondern<br />
die militärischen und politischen Siege<br />
über den Nationalsozialismus änderten<br />
die Weltsicht, etwa den Sprachgebrauch<br />
der Erblehre - oder in moderner Terminologie,<br />
der Humangenetik; änderten<br />
nicht bloß das Vokabular, sondern<br />
ebenso einige Thesen und Praktiken<br />
dieses Faches.<br />
Mit diesen Worten soll nicht ein weiterer<br />
der zahlreichen Nachrufe auf die<br />
Aufklärung angestimmt werden. Ebenso<br />
will ich nicht behaupten, es gäbe gar<br />
keine Geschichte, weil es derer so viele<br />
gibt. Gewiß; die Historie kennt keine<br />
sprachliche Pluralform, eben weil sie<br />
bloß in der Mehrzahl existiert, und es<br />
läßt sich kein roter Faden, kein einziger<br />
unbeschadeter unter den vielen Garnen<br />
finden, an dem die eine große Erzählung<br />
aller Menschen geknüpft ist. Was<br />
da von uns zusammengebunden wird,<br />
hängt nicht an einem Zwirn, sondern<br />
ist Flickwerk, das in seinem Ganzen<br />
wahrgenommen werden kann oder als<br />
Bruchstück. Aber was gesponnen wird,<br />
ist nicht schiere Willkür, ist nicht bloß<br />
Spiegelbild unserer Vorlieben. Was die<br />
Wahrheit ist, darüber mag diskutiert<br />
werden, nicht geleugnet werden kann<br />
jedoch die Existenz der Halbwahrheit<br />
und der blanken Lüge.<br />
Zurecht wurde nach dem Sieg über<br />
den Nationalsozialismus die scheinbare<br />
Objektivität der Wissenschaft kritisiert.<br />
Jaques Presser, Schriftsteller und Historiker,<br />
Autor des zweibändigen Standardwerkes<br />
„The Destruction of the Dutch<br />
müsse, wurde polemisch geführt. Eine<br />
Wissenschaft, die einen Standpunkt<br />
einnehme, werde von persönlichen Ansichten<br />
beherrscht, hieß es, und in der<br />
Tat, abschreckende Beispiele gab es genug;<br />
Akademiker, die sich den Dogmen<br />
der Macht und der Macht der Dogmen<br />
unterwarfen. Für sie ist Geschichte bloß<br />
ein Vorspiel. Neue Erkenntnisse mögen<br />
daran nichts mehr rütteln. Die Zukunft<br />
ist gewiß, bloß die Vergangenheit ändert<br />
sich laufend.<br />
Jaques Presser bezog Stellung, um<br />
seine Position offenzulegen. Ein solches<br />
Vorgehen bedeutet ein mehr an Fairneß<br />
und Redlichkeit als das Verlangen nach<br />
Gelassenheit. Was aber ist redlich, und<br />
wem gegenüber sollte die historische<br />
Forschung es sein? Die Forderung, die<br />
Opfer gerecht zu behandeln, scheint banal,<br />
doch unklar bleibt, was das bedeutet.<br />
Während die Täter kein Anrecht auf<br />
Anonymität haben und nicht aus ihrer<br />
Verantwortung entlassen werden können,<br />
den Mördern in der historischen<br />
Darstellung keine Diskretion gewährt<br />
werden darf, sollen die Opfer in ihrem<br />
Leid nicht sensationslüstern zur Schau<br />
gestellt werden. Noch darf dem Opfer<br />
ein zweites Mal seine Existenzberechtigung<br />
als Individuum, sein Platz in der<br />
Geschichte verweigert werden.<br />
Wenn von der Geschichtsschreibung<br />
Redlichkeit verlangt ist, was hieße das<br />
gegenüber den Tätern? Etwa, daß sie<br />
sich in der Darstellung wiedererkennen<br />
sollten? Fast alle der im Nürnberger<br />
Prozeß angeklagten Spitzenfunktionäre<br />
des „Dritten Reiches“ präsentierten sich,<br />
wenn es um die Vernichtung der Juden<br />
ging als schiere Befehlsempfänger. Einer<br />
der Untergebenen Eichmanns,<br />
Franz Novak, sagte etwa aus:<br />
„Ich selbst war kein ausgesprochener<br />
Judenhasser. Man muss sich aber die<br />
Forschung, die einst vom Verbrechen<br />
dienstbar gemacht werden konnten.<br />
Ebenso abzulehnen ist eine Sicht, die<br />
zur Dämonisierung neigt, und damit<br />
gleichsam sakral überhöht, was unterschiedliche<br />
Menschen unterschiedlichen<br />
Menschen zufügten. Damit ist<br />
nicht gemeint, es ginge einfach darum,<br />
die Banalität zu zelebrieren, der Mörder<br />
sei ein Mensch gewesen wie alle anderen<br />
auch, der Hunde gestreichelt, Kinder<br />
getätschelt und unter Flatulenzen<br />
gelitten habe. Wer nicht wegschauen<br />
will, kann erkennen, daß sich seit einiger<br />
Zeit ein Blickwinkel durchsetzt,<br />
der von den Opfern der Vernichtung<br />
absieht, um das Augenmerk den Mitläufern<br />
und Tätern zuzuwenden. Wir<br />
werden dunkle Kinosäle geladen,<br />
um uns den Führerbunker, ja, Hitler persönlich zu versetzen, zumindest<br />
aber jene, die ihm dienten, ihm<br />
nahe waren und ihn vergötterten. Wo<br />
nichts als Verblendung war, soll Aufklärung<br />
erwachsen. Vom so genannten<br />
ren die Opfer nichts als pädagogische<br />
Ge-Rabin<br />
ei-Rabin<br />
Jews“ , der Geschichte der Verfolgung<br />
damalige Zeit vergegenwärtigen, mit<br />
Untergang, dem Millionen ihre Rettung<br />
Anschauungsobjekte aus einer Lehr-<br />
der Juden den Niederlanden, und des<br />
der ungeheuren von oben geleiteteten<br />
verdanken, wird erzählt, von jenem Un-<br />
mittelsammlung. Ist aber so eindeutig,<br />
einzigartigen Romans „Die Nacht der<br />
Propaganda gegen die Juden. Sicher<br />
tergang, der bereits damals als Götter-<br />
was uns die Geschichte beibringt? Vor<br />
Girondisten“ versuchte nie zu verheh-<br />
war ich kein Judenfreund. Mit diesen<br />
dämmerung inszeniert worden war. Ein<br />
einiger Zeit versammelte sich etwa der<br />
len, von welcher Position aus er schrieb,<br />
harten Maßnahmen war ich aber nicht<br />
Drama im übelsten Sinne des Wortes.<br />
Generalstab der israelischen Armee ja schreiben mußte. Der jüdische Über-<br />
einverstanden. Ich kann nicht einmal<br />
Selbst die Darstellung seines Suizids<br />
Yad va Shem. Die Medien waren nicht<br />
lebende, der untergetaucht dem Mas-<br />
sagen, ob Eichmann ein ausgesproche-<br />
folgt den Regieanweisungen des Mas-<br />
geladen. Die Veranstaltung war nicht<br />
senmord entrann, war um Sachlichkeit<br />
ner Judenhasser war.“<br />
senmörders. Das Drehbuch hält sich an<br />
eines der öffentlichen Rituale des bemüht, und dennoch, oder vielmehr<br />
Gewiß; alles ist relativ. Was bedeu-<br />
die Mythen der Mitläufer. Damals wie<br />
denkens. Intern sollte die Bedeutung<br />
eben deshalb, ließ er keinen Zweifel<br />
tete es genau, unter den SS-Männern<br />
heute können die Zuschauer angesichts<br />
der Shoah diskutiert werden. An darüber, daß er nicht bloß über die Op-<br />
der Wiener „Zentralstelle für jüdische<br />
des Führers einen wohligen Schauer<br />
nem Punkt brach heftiger Streit aus. Es<br />
fer berichtete, sondern ihrem Namen<br />
Auswanderung“ und im Vergleich zu<br />
verspüren, denn der Diktator war immer<br />
ging um die Frage, ob die Erinnerung<br />
sprach. Was an Presser unter anderem<br />
all diesen anderen nazistischen Mas-<br />
schon ein mediales Ereignis, das erst im<br />
an den Massenmord den israelischen<br />
besticht, ist die Redlichkeit, mit der er<br />
senmördern kein „ausgesprochener Ju-<br />
Zwielicht ganz zur Geltung kam. Das<br />
Soldaten, im Kampf gegen die zweite<br />
seiner Arbeit nachging. Er spiegelte<br />
denhasser“ gewesen zu sein? Und wer<br />
Janusgesicht aus Zucht und Willkür,<br />
Intifada nütze oder schade. Offiziere,<br />
niemandem vor, seine Untersuchung<br />
wollte schon nach 1945 erzählen, wel-<br />
aus Unrecht als Ordnung und Ordnung<br />
die dem Friedenslager zugerechnet mit ebensolcher Geisteskälte angehen che antijüdischen Töne er noch wenige im Unrecht, aus Disziplin und Pogrom,<br />
werden können, und das sind in Israel<br />
nicht wenige, diese linkeren Offiziere<br />
also meinten, Auschwitz sollte gedacht<br />
zu können, wie manch Entomologe<br />
der Erforschung von Ungeziefern, und<br />
das war ehrlicher als die Bekundungen,<br />
Jahre vorher gespuckt hatte?<br />
Redlichkeit gegenüber den Tätern<br />
heißt nicht, sich dem Plädoyer der Mör-<br />
war das Erfolgsrezept des Nazismus.<br />
Der Untergang war kein geschichtlicher<br />
Zufall, sondern Konsequenz der apoka-<br />
werden, um einen zügelnden Einfluß<br />
auf die Rekruten auszuüben und um an<br />
humanistische Traditionen anzuschließen.<br />
Die Falken im Militär vertraten<br />
hingegen die Ansicht, das Gedenken an<br />
die Ermordung der europäischen Juden<br />
sollte eher der Stärkung des israelischen<br />
Verteidigungswillens dienen.<br />
Die politische Anschauung bestimmt<br />
die historische Sichtweise, doch trotz<br />
dieser banalen Erkenntnis werden vor<br />
es ließe sich die Vernichtung kühl betrachten,<br />
ohne durch dieses Paradigma<br />
bereits Stellung bezogen zu haben. Wer<br />
der eigenen Voreingenommenheit begegnen<br />
will, muß die Suche nach ihr<br />
aufnehmen. Auf diese Weise kann erkannt<br />
werden, welche unserer inneren<br />
Projektionen einleuchtender scheinen<br />
als alle Aufklärung.<br />
Die Art der Geschichtsschreibung, die<br />
Presser repräsentiert, wird gerne enga-<br />
der anzuschließen, sondern eher, ihr<br />
Wesen und ihr menschliches Dasein<br />
den Lesern begreifbar zu machen, ohne<br />
deshalb einer Apologie zu verfallen, die<br />
aus dem Verstehen ein Verständnis für<br />
die Untat macht? Wie das Verbrechen<br />
nicht so schildern, daß alles im Nachhinein<br />
unvermeidbar und beinah notwendig<br />
erscheint? Wer nichts als Objektivität<br />
und den kühlen Blick sucht,<br />
wiederholt die Fehler jener Art von<br />
lyptischen Sehnsucht, denn fest stand,<br />
daß die Entscheidung eine totale, eine<br />
endgültige sein sollte. Pech bloß, aus<br />
der Perspektive der Nazis ein Mißgeschick<br />
sozusagen, daß sie die Unterlegenen<br />
waren, daß es sie letztlich selbst<br />
traf. In seinem Buch „Kitsch und Tod“<br />
deckte Saul Friedländer diese Ideologie<br />
der Vernichtung auf und schilderte die<br />
Faszination, die von ihr auch Jahrzehnte<br />
danach noch ausgeht.
Literatur <strong>ST</strong>/A/R 85<br />
zigtausenden Leichen zu einem logistischen<br />
Problem wurde. „Die Probleme<br />
waren so groß, daß man wieder zusätzlich<br />
Verbrennungsgruben einführen<br />
mußte. Doch die Krematorien, so viel<br />
kann man sagen, haben ihre Aufgabe<br />
so gut sie konnten, erfüllt.“ Ja, so viel<br />
kann man sagen, und ich denke nicht<br />
daran, dies van Pelt vorwerfen zu wollen,<br />
denn seine Pflicht bestand darin,<br />
alle Mißverständnisse aufzuklären, die<br />
Irving verbreitet hatte. Eva Menasse er-<br />
Um den Apparat der Verfolgung entlarven<br />
zu können, bräuchte es Vorstellungskraft,<br />
aber reicht sie aus, um zu<br />
verstehen, was geschah? Nein, in jedem<br />
Buch über die nationalsozialistischen<br />
Morde wird erwähnt, daß, was sich ereignete,<br />
unvorstellbar bleibt. Dabei ist<br />
klar, daß diese Erkenntnis zur schieren<br />
Formel wird. Gefragt könnte werden, ob<br />
nicht jede historische Abhandlung mit<br />
diesem Problem konfrontiert ist. Sind<br />
die Leiden im Dreißigjährigen Krieg<br />
terie mit Wissenschaftlichkeit zu begegnen,<br />
wobei ich wußte, daß dadurch<br />
vieles nicht zur Sprache kommt. Mir<br />
ging es aber, anders als in einem literarischen<br />
Text nicht so sehr um das noch<br />
Unbenannte, als vielmehr um konkrete<br />
Problemstellungen. Ich wollte jenseits<br />
meiner Phantasien forschen, wer die<br />
jüdischen Funktionäre gewesen waren,<br />
wollte ihre Dokumente präsentieren,<br />
sie verzeichnen und darbieten. Ich<br />
brauchte eine gesicherte Antwort auf<br />
klärt, in distanzierter Form: „Van Pelt<br />
stützt sich auf zwei Dokumente aus<br />
Auschwitz, eines über die Verbrennungsleistungen<br />
der Öfen, ein zweites,<br />
in dem doch wahrhaftig ein Ingenieur<br />
der Bauleitung säuberlich ausgerechnet<br />
hat, wie viel Kohle pro Krematorium gebraucht<br />
wird.“<br />
Der Historiker sowie der Chronist<br />
stehen vor derselben Problematik. Sie<br />
können bloß mit den Maßstäben der<br />
Mörder das Ausmaß der Untat verdeutlichen.<br />
wissenschaftlich darstellbar? Gewiß Fragen, die seit langem mich beschäftigten,<br />
Berichtet wird von seuchenhy-<br />
nicht; was aber mit Auschwitz benannt<br />
wird, entzog sich allem, was voraus gedacht<br />
werden konnte, widersprach allen<br />
Vorstellungen von Rationalität. Wieso<br />
war es im „Dritten Reich“ im Moment<br />
der Niederlage noch wichtig, die letzten<br />
über 70.000 im Getto Lodz verbliebenen<br />
Juden zu morden? Die Opfer konnten<br />
nicht begreifen, weshalb ihr Leben,<br />
ihre Fähigkeiten, ja letztlich nicht einmal<br />
ihre Arbeitskraft noch etwas zählten.<br />
Mit dem Mord an Millionen durch<br />
Verwaltung ist der Tod zu etwas geworden,<br />
was so noch nie zu fürchten war.<br />
Keine Möglichkeit mehr, daß er in das<br />
erfahrene Leben der Einzelnen als ein<br />
irgend mit dessen Verlauf Übereinstimmendes<br />
eintrete.<br />
„(...) seit Auschwitz heißt den Tod<br />
fürchten, Schlimmeres fürchten als den<br />
Tod.“, schrieb Adorno.<br />
So fraglich es ist, ob die Geschichtsschreibung<br />
darstellen kann, wie es einmal<br />
war, wie es einmal wirklich war, so<br />
zweifelhaft ist auch, ob, falls sie diese<br />
Aufgabe erfüllen könnte, sie ihre ganze<br />
Pflicht geleistet hätte. Die Historiographie<br />
bemüht sich zumeist anzugeben,<br />
was an einem bestimmten Ort zu einer<br />
gewissen Zeit geschehen ist. Doch um<br />
zu verstehen, was stattfand, muß klar<br />
sein, was eben noch nicht, nicht mehr<br />
sich ereignete, kurzum, was geschehen<br />
hätte können; welche Alternativen sich<br />
den Handelnden einst boten. Welche<br />
Hoffnungen hatten sie hegen dürfen,<br />
ehe eintraf, wovon wir nun berichten?<br />
Diese Überlegungen widersetzen sich<br />
einer Geschichtsschreibung, die vorgibt,<br />
daß nicht anderes geschehen konnte,<br />
als letztlich geschah. Die Historiographie<br />
wäre dann nichts als die Kapitulation<br />
vor der Macht des Faktischen.<br />
aber ebenso eine eindeutige Ent-<br />
gegnung für jene, die zwischen Opfern<br />
und Tätern nicht unterscheiden wollen.<br />
Ihre Thesen mußte ich so sachlich wie<br />
möglich widerlegen. Es wäre fatal gewesen,<br />
das Thema allein der eitlen Selbstdarstellung<br />
wegen zu verfehlen. Es ging<br />
um Selbstbeschränkung.<br />
Doch diese Zurückhaltung hat ihren<br />
Preis. Die Geschichtswissenschaft verwendet,<br />
um zu schildern, was geschah,<br />
das Vokabular des Verbrechens. Unweigerlich<br />
gebrauchen wir dabei die<br />
Termini derer, die über die Untat bestimmten<br />
und sie organisierten. Mit<br />
ihren Begriffen wird bezeichnet, wie<br />
die Ausraubung, Verfolgung und Ermordung<br />
vor sich ging. Wir sprechen<br />
von Deportation, und das bedeutet<br />
wohl nichts als Zwangsverschickung,<br />
meint das Lexikon, aber mit Ethymologie<br />
kommt in diesem Fall niemand<br />
weiter. Hinter „Deportation“ verbarg<br />
sich die Verschleppung in den Massenmord.<br />
Die Wörter „Umsiedlung“ und<br />
„Sonderbehandlung“ können jederzeit<br />
auf ihre buchstäbliche Bedeutung überprüft<br />
werden, der eigentliche Inhalt und<br />
seine geschichtliche Dimension bleiben<br />
aber verborgen. Unter „Umsiedlung“<br />
bloß eine Delogierung zu verstehen,<br />
hieße gar nichts zu begreifen. Wie soll<br />
„Sonderbehandlung“ übersetzt werden?<br />
Euphemismus war Teil der Politik der<br />
Nazis. Wie Ausdrücke verstanden oder<br />
mißverstanden werden, ergibt sich aus<br />
dem Kontext. Die Kritik an der Sprache<br />
wird von der Geschichtsschreibung jedoch<br />
kaum geleistet. Die Wissenschaft<br />
unterwirft sich den Sprachregelungen,<br />
und vermag sich der Wechselbeziehung<br />
zwischen Inhalt und Form nicht zu widersetzengienischen<br />
Maßnahmen, von der technischen<br />
Perfektionierung der Barbarei.<br />
Unanschaulich bleibt, daß hiermit die<br />
Logik der Mörder widergespiegelt wird.<br />
Jenseits des wissenschaftlichen Handwerks<br />
liegen die Möglichkeiten der Literatur,<br />
die gar nicht vorgibt, bloß die<br />
Fakten wiederzugeben. Sie kann sich<br />
eben deshalb einer Wahrheit annähern,<br />
die alle Wirklichkeit übertrifft, ohne sie<br />
zu verraten. „Ich lese den ersten Absatz<br />
und stelle fest: So war es, so! Poe hätte<br />
es anders erzählt, aber noch einmal: SO<br />
WAR ES.“ In großen Lettern schreibt<br />
Jaques Presser diesen letzten Satz, und<br />
wir lesen: „Ich, Jaques Suasso Henriques,<br />
geboren am 24. Februar 1916,<br />
ich schwöre: Dies ist die volle Wahrheit,<br />
unverblümt, nichts ist hinzugefügt.“<br />
Und an anderer Stelle erlebt Jaques<br />
Suasso Henriques, es ist Nacht, und ein<br />
Transport soll abgehen, wie ein Mann<br />
sich die Augen aussticht: „Ich habe<br />
das gesehen, selbst gesehen, in vielen<br />
Nächten der Verdammnis. ICH HABE<br />
DAS GESEHEN.“ Wieder in gesperrten<br />
Buchstaben.<br />
Auf die Frage des Sprachwissenschaftlers<br />
Sem Dresden, ob sich das wirklich<br />
so ereignete, teilte ihm Presser mit,<br />
er habe ein kleines „Ödipus-Element“<br />
für erforderlich gehalten und sich deshalb<br />
„diese Wirklichkeit“ ausgedacht.<br />
An Pressers Vorgehen ist gewiß nichts<br />
Verwerfliches, denn er behauptete ja in<br />
keinem Satz, Jaques Suasso Henriques<br />
zu sein. Das Buch ist als Roman, als<br />
Fiktion zu erkennen. Der Autor gibt<br />
nicht vor, die Erzählstimme zu sein.<br />
Andernfalls wäre es Etikettenschwindel<br />
und Anmaßung. Jaques Presser, der<br />
versteckt nur überlebte, dessen Frau<br />
bei einer Zugkontrolle verhaftet und<br />
Solch ovici<br />
ein historischer Determinismus<br />
Wer die Fakten der Vernichtung aus-<br />
im Konzentrationslager Sobibor ermor-<br />
bestätigt jedes Unrecht, da es im Rück-<br />
breiten will, dem fällt es schwer, die Per-<br />
det wurde, schrieb an seinem Roman,<br />
blick unausweichlich scheint. Doch<br />
spektive der Opfer einzunehmen. Die<br />
mußte ihn schreiben, weil er mit seiner<br />
einst war noch in Schwebe, was ex post<br />
Strukturen des Terrors nachzuzeichnen<br />
historischen Arbeit über die Vernich-<br />
sich schicksalhaft zur Geschichte fügt.<br />
und von den Tötungskapazitäten einer<br />
tung der niederländischen Juden nicht<br />
Die Länder des Westens hätten etwa in<br />
Gaskammer zu sprechen, bedeutet im<br />
fortfahren konnte.<br />
den späten dreißiger Jahren den Mas-<br />
Sinne der Schergen zu sprechen. Im<br />
Jenseits der bloßen Fakten ist eine<br />
senmord an den deutschen und öster-<br />
Prozeß gegen den Rechtsextremisten<br />
Einsicht, die sich der Wissenschaft ver-<br />
reichischen Juden verhindern können,<br />
David Irving kam der Gutachter und<br />
schließt. Wie es wirklich war und was<br />
wenn sie anders auf die nationalsoziali-<br />
Professor für Kulturwissenschaften<br />
noch geschehen hätte können, dem<br />
dem Kopf gehen.“<br />
stischen Verfolgungen und Vertreibun-<br />
Robert Jan van Pelt zu Wort, um gegen<br />
geht die Historie nach. Literatur kann<br />
gen reagiert, die Flüchtlinge bereitwillig<br />
den Auschwitzleugner Irving auszusa-<br />
jedoch eher als die Geschichtswissen-<br />
aufgenommen hätten. Die Niederlage<br />
gen. Irving nahm den Zeugen der Ge-<br />
schaft erzählen, Ruth Klüger hat darauf<br />
Deutschlands hätte zudem früher als<br />
genseite ins Kreuzverhör, doch Pelt ließ<br />
bereits hingewiesen, „was gewesen sein<br />
im Mai 1945 erfolgen können.<br />
sich nicht beirren. Gewissenhaft beant-<br />
könnte“ oder, möchte ich hinzufügen,<br />
Es geht bei diesen Fragen nicht darum,<br />
wortete er alle Fragen, zerriß die Argu-<br />
wie es gewesen sein wird.<br />
zu klären, was geschehen wäre, wenn mente Irvings in der Luft. Eva Menasse Wie es gewesen sein wird; dieser deutsche<br />
der Lauf der Dinge eine andere Richtung<br />
genommen hätte, aber die Auf-<br />
berichtete darüber. Pelt, der Experte,<br />
sagte etwa, daß die Beseitigung von Satz läßt sich auf verschiedene<br />
Weise lesen. Einerseits behaupten jene,<br />
gabe der Geschichtsschreibung ist eben<br />
nicht bloß zu klären, wie es einmal war,<br />
sondern sehr wohl auch, wie es sein<br />
hätte können. Aus diesem Blickwinkel<br />
wollte ich meine historische Studie „Instanzen<br />
der Ohnmacht“ über die jüdische<br />
Administration in Wien während<br />
der nationalsozialistischen Verfolgung<br />
schreiben. Das Thema läßt mich seit<br />
Jahren nicht los.<br />
Davon leichthin zu erzählen, war mir<br />
nicht möglich. So versuchte ich der Ma-<br />
die literarisch schreiben, nicht, sie gäben<br />
die Wirklichkeit wieder. Gewiß; die<br />
Memoiren und Berichte der Überlebenden<br />
sind voll von den Bekundungen,<br />
nichts sei hier fabuliert. Im Gegenteil;<br />
sie rufen uns auf, ihnen zuzuhören; ihnen<br />
Vertrauen zu schenken. Von ihrer<br />
größten Angst berichtete etwa Primo<br />
Levi:<br />
„Viele Überlebende erinnern sich<br />
daran (unter anderem Simon Wiesenthal<br />
auf den letzten Seiten seines Buches<br />
„Doch die Mörder leben“ [Droemer/<br />
Knaur, München/Zürich 1967]), was<br />
für ein Vergnügen es den SS-Leuten<br />
bereitete, den Häftlingen zynisch vor<br />
Augen zu halten: ,Stellen Sie sich nur<br />
vor, Sie kommen in New York an, und<br />
die Leute fragen Sie: ,Wie war es in diesen<br />
deutschen Konzentrationslagern?<br />
Was haben sie da mit euch gemacht??<br />
[...] Sie würden den Leuten in Amerika<br />
die Wahrheit erzählen [...] Und wissen<br />
Sie, was dann geschehen würde? [...] Sie<br />
würden Ihnen nicht glauben, würden<br />
Sie für wahnsinnig halten, vielleicht<br />
sogar in eine Irrenanstalt stecken. Wie<br />
kann auch nur ein einziger Mensch<br />
diese unwahrscheinlich schrecklichen<br />
Dinge glauben - wenn er sie nicht selbst<br />
erlebt hat?“<br />
Wir lesen die Erinnerungen der Opfer<br />
nicht als wissenschaftliche Darstellungen.<br />
Wir sind uns bewußt, daß hier<br />
subjektiv Erlebtes präsentiert wird. Ich<br />
entsinne mich eines Besuches in Wilna.<br />
Ich begleitete meine Eltern und deren<br />
Freunde, Ida und Micha, ein Ehepaar.<br />
Meine Mutter, Schoschanna Rabinovici,<br />
und Ida stammen beide aus der<br />
Stadt, dem Jerusalem des Nordens, wie<br />
sie einst hieß.<br />
Wie aufgeregt meine Mutter war, als<br />
wir in Litauen ankamen. Vor den Zöllnern<br />
fürchtete sie sich, wie an keiner anderen<br />
Grenze. Ich möge meine Kameras<br />
und den Computer in den Formularen<br />
angeben, sonst bekäme ich bei der Ausreise<br />
Schwierigkeiten und könnte dann<br />
die Geräte nicht wieder mitnehmen. Ich<br />
verspottete ihre Angst, erklärte, die Sowjetunion<br />
sei untergegangen. Aber ich<br />
verstand, weshalb sie die Uniformierten<br />
hier als Gefahr empfand.<br />
Sie konnte die Straßenschilder in ihrer<br />
einstigen Stadt nicht lesen, weil nichts<br />
mehr in Polnisch, alles in Litauisch angeschrieben<br />
war. Aber sie fand wieder,<br />
wonach sie suchte und sie wollte es mir<br />
zeigen. Das Haus und das Geschäft ihres<br />
Großvaters; die Wohnung, in der<br />
sie gelebt hatte; den einzigen Baum im<br />
Getto, im Hof des Judenrates; den Weg<br />
zur Selektion.<br />
„Wir liefen weiter und traten dabei auf<br />
Kinder und Säuglinge. Sie lagen unter<br />
unseren Füßen, und es war schwer,<br />
zwischen einem Kleiderbündel und<br />
einem Bündel mit einem Säugling zu<br />
unterscheiden. Plötzlich bemerkte ich<br />
ein Baby direkt vor meinen Füßen. Ich<br />
blieb stehen. Ich war unfähig, weiterzu-<br />
gehen und auf den Kopf des Kindes zu<br />
treten. Meine Mutter zog mich schnell<br />
hoch über das Baby hinweg, doch der<br />
Anblick des Babys, das unter meinen<br />
Füßen lag, sollte mir nicht mehr aus<br />
Schoschana Rabinovici, meine Mutter,<br />
verfaßte ein Buch über ihr Überleben,<br />
über das Getto, das Konzentrationsla-<br />
ger Kaiserwald, das Vernichtungslager<br />
Stutthof und den Todesmarsch. „Dank<br />
meiner Mutter“, heißt es. Viele Jahre<br />
ehe sie es zu schreiben begann, war es<br />
bereits fertig, so sagt sie, fertig in ihr. Es<br />
war in Kapitel geordnet gewesen. Ihre<br />
Erinnerung, ohne jedes Pathos, in zurückhaltender,<br />
doch klarer Sprache, beginnt<br />
mit dem Satz: „Am <strong>22</strong>. Juni 1941<br />
sah ich meinen Vater zum letzten Mal.“<br />
Teils fußt das Werk auf Aufzeichnungen,<br />
die sie aufbewahrt hatte. Auf ihre<br />
jidischen Gedichte, die sie zur Zeit der<br />
Vernichtung als Jugendliche geschrieben<br />
hatte, etwa jenes für ihren Vater,<br />
das meine Mutter im Getto schrieb. Es<br />
gibt die Gedanken und Gefühle eines<br />
literarisch ungeschulten Kindes wieder
86 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch XI- Literatur Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
und wurde für ihr Buch in keiner Weise<br />
bearbeitet. Ihre Zeilen hätten, wenn es<br />
nach dem Willen der Mörder gegangen<br />
wäre, die Vernichtung nie überstehen<br />
dürfen; das Buch hätte nach den Vorstellungen<br />
der Nazis nie erscheinen sollen.<br />
Viele Texte, Tagebücher und Briefe<br />
entgingen den Nationalsozialisten.<br />
Nicht wenige der Opfer versuchten damals<br />
festzuhalten, was geschah. 1947<br />
gab Rasmow Benjamin dem Dokumentationszentrum<br />
des Bundes jüdischer<br />
Verfolgter des Naziregimes, das von Simon<br />
Wiesenthal geleitet wurde, zu Protokoll:<br />
„Ich war Augenzeuge wie Murer<br />
eigenhändig während einer Aktion drei<br />
ältere Männer und eine Frau auf der<br />
Straße erschoß, weil sie erschöpft von<br />
dem Aussiedlungstransport zurückblieben.<br />
Ich habe auch gesehen wie Murer<br />
während einer Ausrottungsaktion bei<br />
meinem Haus eigenhändig ein kleines<br />
Kind von der Mutter fortgerissen hat und<br />
es an der Wand zerschmetterte.“ Macht<br />
es Sinn, sich zu überlegen, ob Rasmow<br />
Benjamin das Elend, die Ermordung<br />
eines Kleinkindes kunstfertiger hätte<br />
beschreiben können? Könnte eine neue<br />
Literatur einer jungen Generation etwa<br />
eindringlicher verdeutlichen, was jene<br />
großen Schriftsteller und Schriftstellerinnen,<br />
die selbst der Vernichtung entronnen<br />
sind, bereits zur Sprache brachten,<br />
was sie zum Ausdruck brachten?<br />
Was muß der Aussage von Rasmow Benjamin<br />
hinzugefügt werden? Allenfalls,<br />
daß Franz Murer, der in jenem Ghetto,<br />
aus dem meine Mutter, Schoschana<br />
Rabinovici, stammt und unter den Opfern<br />
als „Schlächter von Wilna“ bekannt<br />
gewesen war, später, im Österreich der<br />
sechziger Jahre vor Gericht trotz seiner<br />
Schuld freigesprochen wurde. Womöglich<br />
wäre zu berichten, daß am Tag der<br />
Urteilsverkündung alle Blumenhandlungen<br />
der Stadt ausverkauft waren, da<br />
der Ausgang des Prozesses und der Angeklagte<br />
gefeiert wurden. Und wissen<br />
Sie, was ein „Judenschlag“ ist? So nannten<br />
die Dorfbewohner, die Nachbarn<br />
Murers, jenes Waldstück, das die Murerfamilie<br />
verkauft hatte, um dem Verwandten,<br />
dem Murer Franz, den teuren<br />
Anwalt zahlen zu können. Gewiß, über<br />
das Fortwirken der Vergangenheit im<br />
heutigen Österreich kann ich nicht wenige<br />
Geschichten schreiben, doch wozu<br />
sollte ein Nachgeborener solche Erinnerungen<br />
wiederaufbereiten, um sie als<br />
bloßen Fundus seiner Erzählungen zu<br />
gebrauchen?<br />
Welch bittere Ironie. Lange Zeit war<br />
kaum beachtet worden, was Menschen,<br />
die der Vernichtung entkamen, erinnerten.<br />
Erst in den letzten Jahrzehnten errangen<br />
ihre Bücher endlich breite Aufmerksamkeit.<br />
War nach dem Krieg die<br />
Auseinandersetzung mit der sogenannten<br />
„Endlösung“ gemieden worden, so<br />
scheint es zuweilen gar, als hätten Erzählungen<br />
über Auschwitz nun eine<br />
Renaissance, die sich an die Stelle der<br />
Dokumente, Erinnerungen und Überlebensberichte<br />
drängen will. Die Geschichte<br />
wird hier aufgeputzt, als wäre<br />
sie für sich nicht genug.<br />
Braucht es etwa sogenannte „außergewöhnliche<br />
Liebesgeschichten“, wobei<br />
„außergewöhnlich“ dabei ist, daß Romantik<br />
vor dem Hintergrund von Gettos<br />
und Vernichtungslagern verheißen<br />
wird? „Eine Liebe in Auschwitz“ nennt<br />
etwa Thilo Thielke sein Buch, das im<br />
Spiegel Buchverlag herauskam, und<br />
auf dem Einband ist zu lesen: „Einmal<br />
verlieh die Himmelsmacht Liebe auch<br />
in der Hölle Auschwitz Flügel: die Geschichte<br />
von Cyla Cybulska und Jerzy<br />
Bielecki, die sich im KZ ineinander verliebten,<br />
dem Lager gemeinsam entflohen,<br />
sich aus den Augen verloren und<br />
voneinander glaubten, sie seien ums<br />
Leben gekommen“ ein Irrtum, wie sie<br />
Jahrzehnte später durch einen Zufall<br />
erfahren...? Auf dem Umschlag sind die<br />
Photos der beiden Überlebenden vor der<br />
Abbildung der Geleise und des Lagertores<br />
zu sehen. Fünf Jahre lang habe der<br />
Redakteur Thielke recherchiert, doch<br />
er formuliert, als schreibe er an einem<br />
Roman, an einem Ärzteroman. Im Präsens<br />
sind die Sätze gehalten, wobei dadurch<br />
die Gegenwärtigkeit des Verbrechens<br />
nicht verdeutlicht wird, sondern<br />
verwischt.<br />
Im Mittelpunkt steht die Leidenschaft<br />
zwischen der jüdischen Gefangenen<br />
und dem polnischen Häftling. Daneben<br />
verblassen alle Qualen der Folter und<br />
der Verfolgung. Wen wunderts; es geht<br />
um die „Himmelsmacht Liebe in der<br />
Hölle Auschwitz“. Die nun in Brooklyn<br />
lebende Cyla läßt Thielke über Jerzy<br />
Bielecki sagen: „Sie habe ihn geliebt wie<br />
keinen vor ihm und auch niemanden<br />
danach“. Was Liebe angesichts der Gaskammern<br />
bedeutet und ob eine solche<br />
Bindung überhaupt an alltäglichen Beziehungen<br />
gemessen werden darf, wird<br />
in diesem Buch nicht erörtert. Cyla Cybulska<br />
und Jerzy Bielecki entkommen<br />
dem Vernichtungslager, doch später<br />
vermeinen sie voneinander, umgekommen<br />
zu sein. Jahrzehnte nachher sehen<br />
sie sich wieder. „Für die große Liebe jedoch<br />
ist es zu spät“, so Thielkes Schlußsatz.<br />
Er will uns glauben machen, daß<br />
ein Irrtum bloß dem vollendeten Glück,<br />
dem Happy End, im Wege stand. Als<br />
wären Bindungen, die im Lager entstanden,<br />
nach der Befreiung nicht oft<br />
gescheitert.<br />
Die Mär über die vermeintlich einzig<br />
große Liebe inmitten der Lager,<br />
über die „Himmelsmacht in der Hölle<br />
Auschwitz“ banalisiert das Verbrechen.<br />
Was bleibt, ist, um ein weiteres Mal mit<br />
Saul Friedländer zu sprechen, Kitsch<br />
und Tod als Widerspiegelung des Nazismus.<br />
Aus all dem Morden, so die verlogene<br />
Botschaft, erwachse ein vermeintliches<br />
Heil, ein Glück im Unglück, das<br />
bloß aufgrund der Nachkriegswirren<br />
sich nicht zum Guten fügte. Die Wahrheit<br />
ist weniger befriedigend. Die Liebe<br />
triumphierte nicht über die Vernichtung;<br />
eher im Gegenteil, die soziale Ermordung<br />
ging der körperlichen voraus.<br />
Was den Juden angetan wurde, rührte<br />
zuallererst an ihr Empfinden und Zutrauen.<br />
Soll aus Auschwitz ein romantischer<br />
Ort werden, der dem Rendezvous<br />
diente? Taugen die Geschichten von<br />
den Sonderzügen und den Stationsrampen<br />
zur leichten Bahnhofsliteratur? Gewiß;<br />
die Qual der Opfer könnte sich zu<br />
Buche schlagen. In manchen Verlagen<br />
mag die Hoffnung umgehen, mit dieser<br />
Mischung aus Leidenschaft und Lagerleid<br />
größeren Absatz zu erzielen. Beunruhigender<br />
als das Erscheinen schlechter<br />
Bücher ist die Marktpolitik, die sich<br />
dahinter offenbart. Das zynische Kalkül,<br />
mit den Qualen der Ermordeten Profit<br />
erzielen zu wollen.<br />
Weshalb erlebt die Mischung, die Vermischung<br />
aus Fakten und Fiktion just<br />
dann eine Konjunktur, wenn die Überlebenden<br />
allmählich wegsterben? Vielleicht,<br />
weil sich nun die meisten der<br />
Opfer kaum mehr gegen einen solchen<br />
Abklatsch wehren können?<br />
Je ferner die Vergangenheit zurückliegt,<br />
um so größer wird die Angst, sie könnte<br />
für das breite Publikum zu blaß oder zu<br />
graulich wirken, und eben darum wird<br />
das Dunkel des Verbrechens mit Sentimentalität<br />
und Kolportage eingefärbt<br />
und aufgehellt. Da der Massenmord abseits<br />
unserer Vorstellungen liegt, wird<br />
übermalt und retouchiert, was geschah.<br />
Eben die Tendenz, das Gedenken an die<br />
Vernichtung zu verkitschen, beweist,<br />
wie sehr die Erinnerung noch verstört.<br />
Vielleicht ist das Kalkül noch zynischer.<br />
Dient die Shoah bloß als dramatisch düstere<br />
Todeskulisse, in der die Liebe besser<br />
aufleuchten kann? Geht es alleinig<br />
darum, bekömmliche Liebesromane zu<br />
verkaufen? Oder soll der Hintergrund<br />
der Vernichtung, den abgeschmackten<br />
Kitsch im Zentrum gar legitimieren helfen<br />
und die Trivialität, die in einer anderen<br />
Szenerie bloß noch lächerlich wirkt,<br />
gegen kritische Einwände schützen?<br />
Der historische Tatort wird zuweilen<br />
zur bloßen Location. Dabei geht es nicht<br />
nur um die Darstellung der Vergangenheit,<br />
sondern vielmehr um die Fetischisierung<br />
des Grauens in der Geschichte<br />
und in der Gegenwart. Die Untat wird<br />
zum Clip. Das Attentat zum Event. Die<br />
Folter zum Foto. Die Enthauptung zum<br />
Video, und wer zusieht, wie die Täter<br />
ans Werk gehen, sieht damit zu, daß sie<br />
ans Werk gehen. Die Medien sind ihr<br />
Tatort. Die Barbarei der Schauerlichkeiten<br />
weiß die Kultur der Beschaulichkeit<br />
zu nutzen.<br />
Auch wer keine Seite von Adorno je<br />
gelesen hat, kennt sein Diktum über<br />
Kunst, über Lyrik nach Auschwitz,<br />
kennt gleichwohl bloß die verkürzt und<br />
entstellt wiedergegebene Formel: „...<br />
nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben,<br />
ist barbarisch ...“ Der ganze Satz<br />
heißt: „Kulturkritik findet sich der letzten<br />
Stufe der Dialektik von Kultur und<br />
Barbarei gegenüber: nach Auschwitz<br />
ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch,<br />
und das frißt auch die Erkenntnis<br />
an, die ausspricht, warum es unmöglich<br />
ward, heute Gedichte zu schreiben.“ So<br />
wendet sich das Verdikt gegen die Kunst<br />
und gegen sich selbst, aber auf keinen<br />
Fall verkündet der Satz ein Verbot, vielmehr<br />
erklärt er ein Dilemma. Alle Teile<br />
der Gesellschaft und auch alle Formen<br />
der Kunst hatten nach Auschwitz ihre<br />
Unschuld verloren.<br />
Auf keinen Fall verkündet Adorno ein<br />
Verbot, vielmehr erklärt er die Ohnmacht,<br />
zeigt einen Verlust an, beklagt<br />
ihn. Mit ihm läßt sich deswegen sagen:<br />
„Erheischt negative Dialektik die Selbstreflexion<br />
des Denkens, so impliziert das<br />
handgreiflich, Denken müsse, um wahr<br />
zu sein, heute jedenfalls, auch gegen<br />
sich selbst denken. Mißt es sich nicht<br />
an dem Äußersten, das dem Begriff<br />
entflieht, so ist es vorweg vom Schlag<br />
der Begleitmusik, mit welcher die SS<br />
die Schreie ihrer Opfer zu übertönen<br />
liebte.“<br />
Mit der Kunst kann das Opfer, der Einzelne,<br />
der Vereinzelte zur Sprache kommen.<br />
In ihr darf sein Recht auf Stimme<br />
und Gehör leben. Sie ermöglichte und<br />
ermöglicht noch eine Rebellion des Individuums<br />
gegen die Auslöschung. Sie<br />
erlaubt dem Subjekt sich der Tyrannei<br />
der Kultur und der Kultur der Tyrannei<br />
zu entziehen. Sie vermag die Stimme<br />
gegen die Kriege zu sein, die im Namen<br />
der Kulturen geführt werden, um so<br />
mehr, da die Kunst heute mehr denn je<br />
aus der Kultur und ihrem Betrieb verwiesen<br />
und vertrieben wird. Sie lebt in<br />
ständiger Flucht.<br />
Jenseits der Kultur der Macht kann<br />
die Macht der Kunst wirken. Das Versagen<br />
ist nicht die Ausnahme. Kunst<br />
an sich ist noch Nichts, was bejaht werden<br />
muß. Der Etikettenschwindel begegnet<br />
einem täglich. Die Literatur bietet<br />
Offenbarung jenseits aller Gewißheit.<br />
Um Adorno ein letztes Mal zu zitieren:<br />
„Kunst ist Magie befreit von der Lüge,<br />
Wahrheit zu sein.“<br />
Literatur kann von der Geschichte erzählen,<br />
indem sie erzählt, was von ihr<br />
nicht mehr erzählt werden kann. Die<br />
Möglichkeiten narrativer Literatur sind<br />
nicht eingeschränkt, sondern eher umgelenkt,<br />
vielleicht sogar erweitert.<br />
Leo Perutz etwa schrieb mit seinem<br />
Roman „Nachts unter der steinernen<br />
Brücke“ ein Mosaik, ein Puzzle des Gedächtnisses,<br />
das nicht von der Shoah<br />
handelt, sonder über die Vernichtung
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch XI- Literatur<br />
<strong>ST</strong>/A/R 87<br />
spricht, indem es gleichsam über sie<br />
hinweg spricht. Von einer Geschichte<br />
zur anderen verdichtet sich das Bild. Die<br />
Legenden aus der mittelalterlichen Prager<br />
Judenstadt erzählt der Hauslehrer<br />
und Nachfahre in jenem Moment, da<br />
der baufällige Bezirk abgerissen wird,<br />
und sein Schüler schreibt sie nieder, als<br />
die Juden in Prag, ja in Europa der Vergangenheit<br />
angehören, ermordet waren<br />
und die Gemeinden mit all ihren Überlieferungen<br />
und Traditionen vernichtet<br />
sind. Dies wissend lesen wir das Buch.<br />
Während die Juden vernichtet wurden,<br />
webte Perutz an ihren Sagen aus dem<br />
mittelalterlichen Prag.<br />
Perutz nutzte alle Quellen, um die Erinnerung<br />
aufzurufen, obgleich er nicht<br />
vom Nazismus schrieb. Er siedelte das<br />
Werk vor der Vernichtung an. Im Wissen<br />
um alles, was nachher geschah, ist<br />
der Text geschrieben und wird er gelesen.<br />
Die Geschichte vom mittelalterlichen<br />
Prag wird durch die Vergangenheit<br />
nicht verstellt und die Vergangenheit<br />
durch die Geschichte nicht beschönigt.<br />
Im Gegenteil; die Auslassungen machen<br />
deutlicher, was sich ereignete.<br />
Auch der Band „Kaddisch für ein ungeborenes<br />
Kind“ von Imre Kertesz ist<br />
kein Buch über die nazistische Vergangenheit.<br />
Es spielt in der unmittelbaren<br />
Gegenwart. Nein, tobt es in diesem<br />
Buch, antwortet B. auf die harmlose<br />
Frage eines Bekannten, ob er Kinder<br />
habe. „Nein“, so verweigerte er sich dem<br />
Wunsch seiner Frau, die längst nicht<br />
mehr seine Frau ist, Kinder zu zeugen.<br />
Der Text bäumt sich auf, wendet und<br />
windet sich zu einem Nekrolog für ein<br />
Nicht Geborenes, zu einem Abgesang<br />
aus schwebenden und schwankenden<br />
Tönen, zu einer Klanglandschaft der<br />
Ambivalenz, wie sie bloß Imre Kertesz<br />
in Worten hörbar machen kann, zu einem<br />
Kaddisch, zum Totengebet eines<br />
Menschen, der preisgibt, daß er sich<br />
nicht erinnern will, obgleich er sich erinnern<br />
will, und der sich erinnert, ob er<br />
will oder nicht, weil er nicht vergessen<br />
kann, und wie er sagt, „keine Angst,<br />
Kinder, nicht aus irgendeiner ,moralischen<br />
Verpflichtung’“. Er betrachtet<br />
das Dasein eines Kindes als Möglichkeit<br />
seines Seins, um das Nicht-Sein dieses<br />
Kindes als radikale und notwendige Liquidierung<br />
seines Seins zu betrachten,<br />
denn allein so habe alles, was ihm geschah<br />
- ohne daß er wohl wußte, wie ihm<br />
geschah - alles, was er getan habe und<br />
ihm angetan worden sei, einen Sinn.<br />
Dieser innere Monolog richtet sich gegen<br />
sich selbst, richtet sich selbst, ist ein<br />
Kaddisch gegen den Kaddisch, ist keine<br />
Lobpreisung des Allmächtigen mehr,<br />
sondern das Einbekenntnis einer Ohnmacht.<br />
Diese Ausführungen sind, wie<br />
Jean Améry erklärte, die Bewältigungsversuche<br />
eines Überwältigten.<br />
Literatur bietet zumindest die Chance<br />
neuer Fortschreibungen. Sie versucht<br />
zuweilen dem Entsetzen mit Humor<br />
zu begegnen, und zwar nicht um es<br />
durch brüllendes Gelächter zu übertönen,<br />
sondern, im Gegenteil, damit das<br />
Lachen einem im Halse stecken bleibe.<br />
Der Witz dient der Erkenntnis, wenn<br />
er uns das Denken nicht erspart, aber<br />
erleichtert, wenn er sich nicht über die<br />
Opfer lächerlich macht, sondern uns<br />
mit ihnen fühlen hilft.<br />
Was damals geschah, läßt sich nicht<br />
in mir geläufigen Kategorien fassen.<br />
Vor wenigen Jahren befragte ich einen<br />
alten Juden in Wien zur Geschichte seiner<br />
Befreiung aus Auschwitz. Ein kleiner,<br />
energischer Mann mit Glatze, der<br />
recht unsentimental von der Zeit des<br />
Massenmords sprach. Die Szene beruht<br />
auf einer wahren Begebenheit, einem<br />
Interview, das ich vor Jahren in Wien<br />
führte. Die Geschichte jenes Überlebenden<br />
läßt mich bis heute nicht los. Er war<br />
bloß seiner Mutter wegen im nationalsozialistischen<br />
Wien geblieben. In Theresienstadt<br />
verliebte er sich in eine Frau<br />
und heiratete sie, obgleich jüdische<br />
Hochzeiten längst verboten waren. Als<br />
er nach Auschwitz deportiert werden<br />
sollte, bestand sie darauf, ebenfalls verschleppt<br />
zu werden. Beide überlebten<br />
wie durch ein Wunder, fanden einander<br />
in Wien wieder und nun ließen sie sich<br />
gesetzlich trauen.<br />
Als ich von diesem zweifach unwahrscheinlichen<br />
Glück und dieser Liebe<br />
hörte, wagte ich erst nichts zu sagen,<br />
dann aber fragte ich schüchtern, weshalb<br />
ich in seiner Wohnung kein Zeichen<br />
seiner Frau sah. War sie gestorben? Der<br />
Alte meinte bloß: „Naja, wir haben uns<br />
dreiundfünfzig scheiden lassen.“ Wieso<br />
denn, entfuhr es mir, den eben noch<br />
romantische Gefühle umwogt hatten,<br />
worauf der Greis sagte: „Sie war jähzornig.<br />
Hat immer nur geschrien. Es war<br />
schwer auszuhalten.“<br />
„Und vorher“?<br />
„Aber ja, auch vorher schon“, versicherte<br />
mir der Überlebende mit schelmischen<br />
Lächeln: „Ja, im Lager bereits.<br />
Aber damals glaubten wir noch beide,<br />
es liegt an Hitler!“<br />
Ich habe diese Begebenheit, diese<br />
Groteske in meinen Roman „Ohnehin“<br />
eingebaut. Ich erzähle damit nichts von<br />
Auschwitz, doch vielleicht erzähle ich<br />
auf diese Weise unter anderem, was ich<br />
nicht von Auschwitz erzählen kann.<br />
Zuweilen, wenn ich aus meinen Büchern<br />
lese und nachher für eine Diskussion<br />
bereitstehe, will jemand aus<br />
dem Publikum wissen, weshalb ich, der<br />
Nachgeborene, Geschichten schreibe,<br />
die in der Vergangenheit angesiedelt<br />
sind. Andere sind erstaunt, daß ich, der<br />
ich doch so jung sei, ja, in diesen Momenten<br />
scheine ich zum Pubertanten,<br />
zum Unterstufler zu mutieren, mich<br />
noch mit den Themen des Krieges auseinandersetze.<br />
Diese Fragen werden<br />
zumeist freundlich gestellt, nicht selten<br />
sind sie von redlichem Interesse motiviert,<br />
aber manchmal scheint ein Ressentiment<br />
durch, und die Beschäftigung<br />
mit der Shoah schlechthin steht mittlerweile<br />
unter einem Generalverdacht, einem<br />
Argwohn, der in den vergangenen<br />
Jahren an Kraft gewann. Werde ich nach<br />
einer Lesung gebeten zu erklären, weshalb<br />
mein Roman in der nationalsozialistischen<br />
Vergangenheit spiele, weise<br />
ich darauf hin, daß er doch gar nicht<br />
in diese Zeit gesetzt ist. Nie in meinem<br />
Leben verfaßte ich eine einzige Erzählung,<br />
die in einem Lager oder einem<br />
Getto angesiedelt ist, und selbst wenn<br />
ich von den Verhältnissen in den litauischen<br />
Gettos erzählen wollte, das Buch<br />
meiner Mutter kopierte, meine Protagonisten<br />
durch eine Selektion triebe, sie<br />
ermorden ließe, von den Strategien des<br />
Entrinnens phantasierte, zu schildern<br />
versuchte, was sie empfänden, würde<br />
ich nicht die Vergangenheit aufarbeiten,<br />
weil sie sich ja nicht mehr aufarbeiten<br />
läßt. Es geht allemal bloß um die<br />
Gegenwart. Was erörtert, aufgedeckt<br />
und verhandelt, was verdrängt, verleugnet<br />
und ausgeblendet wird, bestimmen<br />
allein die aktuellen Machtverhältnisse,<br />
nie die früheren.<br />
Ich schreibe vom Umgang mit der<br />
Vertreibung, der Verfolgung und der<br />
Vernichtung. Ich spreche hier vom<br />
Umgang mit diesen Fragen, und meine<br />
nicht bloß die historische Auseinandersetzung<br />
mit der Shoah, sondern ebenso<br />
die aktuelle, die politische Handhabung<br />
von Flucht und Genozid in der Gegenwart.<br />
Dabei geht es mir keineswegs um<br />
eine Gleichsetzung dessen, was einst<br />
geschah, und was heute sich ereignet.<br />
Vielmehr will ich sehen, welche Parallelen<br />
sich uns aufdrängen und warum.<br />
Ich schaue mir an, was Menschen nun<br />
geschieht, im Lichte, nein, vielmehr<br />
im Schatten des Vergangenen, und ich<br />
rätsle, wie es gewesen sein wird. Woran<br />
ich arbeite, woran ich mitarbeite, ist die<br />
Fortschreibung von Geschichte und<br />
Geschichten. Ich schreibe fort in jeder<br />
Bedeutung des Wortes, will nämlich<br />
manches weiterschreiben und anderes<br />
weg. Selbst diese Vorlesung ist eine<br />
Fortschreibung vieler Erzählungen und<br />
eines Textes, an dem ich lange schon<br />
sitze und an dem ich bald wieder feilen<br />
werde. In ihm geht es um nichts als um<br />
den Unterschied zwischen der Frage,<br />
wie es war, und jener, wie es gewesen<br />
sein wird.<br />
Literatur kann verdeutlichen, wie es<br />
gewesen sein wird, und das bedeutet<br />
nicht bloß, wie es wohl geschehen sein<br />
könnte, sondern heißt weiters, eine Kalkulation,<br />
ein Zählen im Erzählen, eine<br />
Abrechnung mit dem, was uns noch zustoßen<br />
kann. Es heißt, fortzuschreiben,<br />
wie es überwunden und einst eingesehen<br />
werden wird. Über die Bedingungen<br />
im England vor mehreren Jahrhunderten<br />
wissen die meisten Menschen<br />
nicht viel, aber das Treffen zwischen<br />
Mary Stuart und Königin Elisabeth, das<br />
wissenschaftlich betrachtet sich nie ereignete,<br />
kennt jeder Gymnasiast.<br />
Ich erinnere mich an 1984 von George<br />
Orwell, entsinne mich, daß ich bereits<br />
in den Siebzigern daran denken mußte<br />
und mit anderen darüber sprach, wie es<br />
sein würde, jenes Jahr zu erleben, daß<br />
zum Synonym des Totalitarismus geworden<br />
war. Ich verbinde mit der Zahl<br />
keine historische Assoziation mehr, sie<br />
ist für mich wiederum allein zum Titel<br />
eines Buches geworden.<br />
„So hat es zu sein“, verkündet die Politik.<br />
„So war es“, mag die Geschichte<br />
behaupten, die Literatur sagt bloß: „So<br />
wird es wohl gewesen sein.“ Wie es gewesen<br />
sein wird, das ist es, was mich<br />
antreibt. Das literarische Schreiben vermag<br />
zur Sprache zu bringen, was noch<br />
ungesagt ist, vermag dem Unsagbaren<br />
und dem Unerhörten ein Wort zu verleihen.<br />
Ich muß an einen Ausspruch denken,<br />
der doch, wenn ich nicht irre, von August<br />
Wilhelm von Schlegel stammt.<br />
Sagte Schlegel nicht, der Historiker sei<br />
ein Prophet, der in die Vergangenheit<br />
schaut? Erinnern die Worte nicht an<br />
Walter Benjamin? Ist dieser Beruf nicht<br />
in der Tat dazu verdammt, mit rücklings<br />
verrenktem Kopf voranzuschreiten?<br />
Aber war es nicht Heinrich Heine, der<br />
Schlegel widersprach und meinte, mit<br />
mehr Fug und Recht könne der Dichter<br />
ein Geschichtsschreiber genannt werden,<br />
der in die Zukunft schaut? Stimmte<br />
nicht Georg Büchner darin überein und<br />
meinte, der dramatische Dichter sei ein<br />
Geschichtsschreiber, der Geschichte ein<br />
zweites Mal zum Leben erwecken lasse,<br />
indem er aus Charakteristiken Charaktere<br />
schaffe? Ja, so wird es wohl gewesen<br />
sein...<br />
Die wissenschaftliche Geschichtsschreibung<br />
versucht in ihren Studien<br />
über den Massenmord das Thema abzuhandeln.<br />
Bis nichts erforscht ist, was<br />
der bisherigen Auffassung widerspricht,<br />
und solange keine neue Interpretation<br />
die alten Ergebnisse in Zweifel zieht,<br />
mag das wissenschaftliche Buch seinen<br />
Zweck erfüllen. Der Historiker will ein<br />
Standardwerk schaffen. Kein Dichter<br />
will hingegen schreiben, was nichts als<br />
Standard wäre. Die universitäre Studie<br />
wird, so gut sie ist, in absehbarer Zeit<br />
überholt sein. Ein künstlerischer Text<br />
mag hingegen nach vielen Jahren erst<br />
an Kraft gewinnen. Literatur ist ein Prozeß,<br />
und sie ist ein Zeugnis des Scheiterns<br />
im Umgang mit der Vernichtung.<br />
Sie lotet aus, wo das Wort versagt, und<br />
auf diese Weise ist sie in jeder Bedeutung<br />
dieses Begriffes ein stetes Versprechen,<br />
eine unentwegte Fortschreibung,<br />
wie es gewesen sein wird.<br />
Copyright: Doron Rabinovici 2008<br />
• Ohnehin Roman. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2005<br />
• Credo und Credit. Einmischungen Frankfurt/M.:<br />
edition suhrkamp, 2001<br />
• Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938-1945.<br />
Der Weg zum Judenrat. Historische Studie Frankfurt/<br />
M.: Jüdischer Verlag bei Suhrkamp, 2000<br />
• Suche nach M. Roman. Frankfurt/M.:<br />
Suhrkamp, 1997<br />
• Papirnik. Stories Frankfurt/M.:<br />
edition suhrkamp, 1994<br />
• Der ewige Widerstand. Über einen strittigen Begriff<br />
Styria-Verlag, 2008<br />
• Das Jooloomooloo Doron Rabinovici<br />
(Text), Christina Gschwantner (Illust.)<br />
jooloomooloo, Wien, 2008
88 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Neue Miniaturen<br />
Neue Miniaturen von Günther Kaip<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
Wie selbstverständlich<br />
Wie selbstverständlich erschüttert das häufige<br />
Auftauchen der Gegenstände das Ergebnis.<br />
Ein Drittel unsere Zuversicht verschwindet<br />
im Messbecher, die anderen Teile werden in<br />
den Cocktail-Gläsern mit Eiswürfeln verrührt.<br />
Manchmal kommt noch ein Schuss einer<br />
Maßnahme dazu, mit Schlagobers aufgeschäumt,<br />
eine Brise Salz.<br />
Erfolgt dann mittels tiefer Einsicht der Befehl<br />
zur Zeitverkürzung, trinken wir folgsam unseren<br />
Cocktail, wischen uns die weißen Schnurbärte ab<br />
und schwängern unsere geschürzten Lippen mit<br />
Worten, die wir in obszönen Übersetzungen an<br />
die Toreinfahrten nageln.<br />
Ihr Schläfer<br />
Ihr Schläfer, zündet die Kerze an. Offen ist das<br />
Grab. Die Engel lungern am kalten Boden und<br />
heben bei jedem Gebet, das sie hören, den Kopf.<br />
Reichen sich die Hände. Zeigen die Zunge.<br />
Wie sie es gelernt haben. Schaut jemand in das<br />
Grab, und sei es ein Hund, erröten die Engel<br />
und schmücken sich schnell mit Nachbildungen<br />
ihrer Heiligenscheine. Natürlich vergessen sie<br />
nicht den Atem anzuhalten und ihre Hände zu<br />
falten, wie sie es in den Leichenhallen gelernt<br />
haben. Hier aber, in diesem einsamen Grab,<br />
fürchten sie sich, wissen nicht wohin, bis der Tote<br />
kommt. Schlagen sich ängstlich die Stunden um<br />
die Ohren, erzählen sich Geschichten, die bis zu<br />
seiner Ankunft ablenken sollen.<br />
Also kommt ihr Schläfer, steht den Engeln bei,<br />
denn der Tote möchte endlich in sein Grab.<br />
Die Beine und Arme<br />
Die Beine und Arme werden sorgfältig<br />
zusammengelegt, bis sie faustgroß sind,<br />
mit Zellophan verschweißt und in die dafür<br />
vorgesehenen Regale gelegt. Nichts deutet<br />
auf Verfolgung hin, auf Brandschatzung und<br />
Verleumdung. Kommt jemand vorüber, grüßt<br />
er anständig und tastet automatisch nach seinen<br />
eigenen Beinen und Armen. So ist es uns auch<br />
einmal ergangen, wir erinnern uns an die Lust,<br />
über die Schenkel zu streichen, über die Arme,<br />
es war ein Augenblick der Unterwerfung, und<br />
doch, in unserem Größenwahn setzten wir diese<br />
Bewegung mit dem Ursprung der Welt gleich.<br />
Heute aber sitzen wir vorne an der Kassa, schieben<br />
die faustgroßen Zellophanbällchen über den<br />
Scanner und halten die Hand auf. Manchmal sind<br />
wir deprimiert darüber, dass in einem Jahr sich<br />
nur zwei drei Kunden zu uns verirren, die, haben<br />
sie erstmal erkannt, was sie kaufen und wo sie sich<br />
befinden, mit aller Gewalt dazu überredet werden<br />
müssen, ihre Handlung zu Ende zu bringen.<br />
Unterdessen<br />
Unterdessen hatte das Pferd sein Rosshaar im<br />
Schweißtrog neben der Scheune gewaschen.<br />
Acht Uhr Abend war es, und die Sonne ging erst<br />
jetzt im Westen auf, blass vom Schlaf, an den<br />
Rändern zerknittert. Um der Scheune trieben sich<br />
Kleintiere herum, stets darauf bedacht dem Pferd<br />
nicht zu nahe zu kommen. Übrigens saß auch<br />
ein Reiter im Sattel und fönte das lange Rosshaar,<br />
funkelnde Fäden zwischen den Fingern, die nur<br />
drei an der Zahl waren. Auf dem Kopf hatte er<br />
einen alten Schlapphut<br />
auf, den Schmetterlinge<br />
und Gelsen in edler<br />
Eintracht umkreisten.<br />
Im nahe gelegenen Teich<br />
veranstaltete ein Fuchs<br />
Tauchübungen, schnorchelte<br />
elegant zwischen den Seerosen.<br />
Einige Bäume kamen aus dem<br />
Wald, um besser zu sehen. Ein<br />
Habicht stieß vom Himmel,<br />
verlor die Kontrolle über seinen<br />
Sturz und landete im Misthaufen.<br />
Dieser dumpfe Aufprall ließ alle<br />
Anwesenden zusammenfahren - das<br />
Pferd machte einen Satz, warf dabei<br />
den Reiter in hohem Bogen aufs<br />
Scheunendach, das unter dieser Last<br />
einbrach, und der Reiter knallte mit<br />
voller Wucht in den Fresstrog des<br />
Schweins, das gerade Abendtoilette<br />
machte und empört das Weite suchte,<br />
während die Schmetterlinge und<br />
Gelsen irritiert in der Luft standen<br />
und schließlich zum Weiher flogen,<br />
wo der Fuchs sich mit letzter Kraft<br />
ans Teichufer retten konnte, denn<br />
er hatte wieder einmal seine Kräfte<br />
überschätzt, während die Bäume<br />
enttäuscht im Wald verschwanden, und einzig<br />
der Mistkäfer blieb gelassen, bettete den Kopf des<br />
Habichts auf seinen Schoß, bog seinen Schnabel<br />
wieder gerade und untersuchte ihn nach anderen<br />
Verletzungen.<br />
Da es gerade neun Uhr wurde, packte die Sonne<br />
ihren Korb mit den Essensresten voll und rollte<br />
hinter den Horizont. Morgen würde sie zu Hause<br />
bleiben, denn niemand hatte sie beachtet. Das war<br />
nicht fair.<br />
Ein viel versprechender<br />
Anfang<br />
Ein viel versprechender Anfang waren die<br />
feuchten Spuren auf dem himmelblauen Flanell.<br />
Weiters ein vorbeifahrender Lastkraftwagen, der<br />
die Glasscheiben zum Vibrieren brachte, ein<br />
vergessener steif gefrorener Mantel im Schneefeld<br />
vor dem Haus, die durchgestrichenen Summen<br />
im Kassabuch, das in der weiß gekachelten Küche<br />
auf dem Tisch lag. Doch es half nichts. Das<br />
Handlungsregister hing im Vorraum aus, durch<br />
den sich ein breiter Strom von Schneematsch<br />
wälzte, sich an den Zimmertüren aufstaute und<br />
in Kürze bis an die Decke reichte. Dazu kam die<br />
unerwartete Mondfinsternis, die vom Geschehen<br />
ablenkte. Irgendwo hustete ein Mensch, was<br />
natürlich zu keinem Ergebnis führte. Die Dünung<br />
der Landschaft zeigte kleine Auffälligkeiten<br />
und erklärte sich bereit, neue Instruktionen zu<br />
empfangen. Inzwischen trockneten die feuchten<br />
Spuren auf dem himmelblauen Flanell. Der Mond<br />
bleibt verschwunden, und jetzt erhebt sich der<br />
steif gefrorene Mantel aus dem Schnee und geht<br />
übers Feld. Irgendwo hustet wieder ein Mensch.<br />
Hiermit können wir die Beweisführung<br />
abschließen und zu den Akten legen.<br />
Hast du schon<br />
Hast du schon den liebenden Blick des Todes<br />
gesehen, wenn er sich entschieden hat.<br />
Gleichgültig, wo er sich gerade befindet - sein Leib<br />
leuchtet in dieser diamantenen Nacht, errichtet<br />
Pyramiden, ist das Rauschen des Mississippi, das<br />
erste Dämmern des Tages, das Licht der Sonne<br />
und die Farben des Regenbogens, die heiße Zunge<br />
im Mund, der Speichel, das Herz und die Lunge,<br />
der Schatten auf der Haut, der Schweiß in den<br />
Achselhöhlen - die Erde dreht sich mit ihm ins<br />
Universum, während er dir geduldig den Staub<br />
von den Schultern bläst.<br />
Klettere weiter<br />
Klettere weiter, nimm die Hände aus den<br />
Hosentaschen, denn sonst wird es nichts mit<br />
deinem Gebet an die untergehende Sonne. Noch<br />
zerrst du den Glauben an gestern hinter dir her,<br />
sein Blut erstickt die Wasseradern, wird Kruste.<br />
Über dir der lautlos schwingende Adler, im<br />
Aug’ seine Kapelle mit all ihren Turbinen und<br />
Dynamos, dazwischen ihre zerbrochene Achse<br />
und die heilende Quelle. Die musst du erreichen,<br />
… Fortsetzung folgt (vielleicht)<br />
Günther Kaip, geboren 1960 in Linz, nach diversen Jobs 1980 Übersiedlung nach<br />
Wien, wo er seit 1991 als freier Autor lebt. Er schreibt lyrische Prosa für Erwachsene<br />
(häufig in Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern) und poetische Geschichten<br />
für Kinder (etwa – gemeinsam mit der Illustratorin Angelika Kaufmann – über die<br />
Riesenschlange „Kurt“). Publikationen (u.a.): „Trash“ (2004). „Nacht und Tag“<br />
(2005)
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch XII - Waran <strong>ST</strong>/A/R 89<br />
Wenn sich zwei streiten - freu ich mich<br />
Was sich liebt das lecht sich. und sollten wir uns nicht mehr sehen, könnt ihr<br />
euch den Rest ja denken. Meine Pornosammlung kann sich sehen lassen<br />
Nur Sklaven fahren in den Urlaub.<br />
Schönen Urlaub.<br />
Die Erde hat uns wieder,<br />
so wie sie uns kennt<br />
Ohne Grenzen keine Nation<br />
Ohne Nation kein Patriot<br />
Ohne Patriot kein Soldat<br />
Ohne Soldat kein Idiot<br />
Ohne Idiot kein Künstler<br />
und ohne Künstler kein Leben<br />
und ohne Leben keine Regeln<br />
und ohne Regeln keine Freiheit<br />
und ohne Freiheit kein Selbstmord<br />
und ohne Selbstmörder keine Draufgänger<br />
und ohne Draufgänger keine Looser
90 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch XII - Waran Nr. <strong>22</strong>/2009
WWW.TOL<strong>ST</strong>OI.RU<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch XII - Waran<br />
<strong>ST</strong>/A/R 91<br />
Liebe Frauen in alphabetischer<br />
Reihenfolge<br />
von A–Z. Wenn ich nicht mitspielen<br />
darf, wenn ich nicht ich sein<br />
darf, wenn ihr alle gegen mich<br />
seid, spornt mich das mehr an,<br />
als wenn ihr Luft für mich wäret.<br />
Ihr woll nicht meine Freunde sein<br />
OKAY. Jetzt, genau jetzt, seid ihr<br />
meine Untertanen. Verzeihe euch<br />
nichts. Schönen Urlaub.<br />
Meine Freunde sagen zumindest<br />
das sie mich mögen,<br />
aber ihr, ha ihr ihr
Städteplanung / Architektur / Religion<br />
Buch XII<br />
Lieber Hirntod als gechipt und geoutet<br />
Mittwoch, 3. Juni, 2009 14:56 Uhr<br />
Giftzwerge sitzen auf der Veranda und unterhalten sich über die Regenwürmer die sich durch das ERDREIcH fressen<br />
bald sind sie und sterblich aber hackst du sich entzwei werden zwei draus Einer mit Kopf und einer ohne<br />
Karotti hat geglaubt Raketen mit 200%iger Treffsicherheit Fernwärmelenkwaffen TARGET EU<br />
Heuchler Querulanten Fabrikanten Hydranten Familie kann man sich nicht aussuchen Freunde<br />
auch nicht<br />
jeder sollte das Weite suchen wenn Sehnsüchte und Wünsche in Erfülllung gehen sehnen wir uns zurück an die<br />
Zeit des Zweifelns<br />
niemand gibt gerne auf nur weil er versagt hat auf allen Linien paralllel Karierre leiter KADMIUM<br />
LITHIUM ELEMENTE ALLimente alibi kettenreaktion kawumm<br />
retro tundra sieb unterjochen rassentrennung XENOPHOBIE<br />
RASENHEIZUNG<br />
SCR VS. FAK der ewige KRIEG<br />
GRINGO WHERE DO YOU GO the harder they come the harder they fall wonna know<br />
you´re gonna live like a free man or a slave<br />
fi ghting for the things I want<br />
between now and the day I die we´ll meet us in the sky timetravelller<br />
EXODUS OVER AND OUT FINALLE GRANDE LOVEOVER
- Waran <strong>ST</strong>/A/R 93<br />
dermensch ist schon längst ausgestorben, der neandertaler hat überlebt, und sich nicht weiterentwickelt<br />
als ich mich gar nicht wieso nicht, halt warte kurz, okay geht schon wieder. lass<br />
uns deer menscheit den letzten furz abzocken, so wie wirs immer getan haben wenns um die<br />
wurscht ging. und jetzt 20 liegestutz<br />
niemals<br />
abeer dafur in senegal wo. wie auch immer alles beim alten nur wir sind alter als gedacht über<br />
dem kopfstand..... da kannst im würstelstand<br />
kalles am kopf haun<br />
.,,speziell, was deine Phantasien bezüglich deines “heiligen”<br />
Teils anbelangt - wie war das nochmals, du bist unzufrieden<br />
damit, weil er im unerregierten Zustand nicht so eine stattliche<br />
Größe hat wie andere “Vergleichsobjekte”.<br />
Solltest du dir mal mindestens 2 Jahre lang à 3 mal die<br />
Woche auf der Couch liegend gemeinsam mit einem qualifizierten<br />
Psychonalytiker durch den Kopf gehen lassen.<br />
Wieso ist mein Penis im unerregten Zustand nicht so groß<br />
wie der des Nachbarn oder wahlweise Schulkollegen oder<br />
des ...?<br />
Wieso werde ich dauernd von Menschen erregt, deren<br />
Körper ich häßlich empfinde und deren Geruch mir zuwider<br />
ist? Wahlweise: Frauen, die mir zuviel Scheiße denken und<br />
zuviel reden.<br />
Ich habe noch niemals im Leben so eine abgrundtief hässliche<br />
Einladung zu einer Ausstellung bekommen.<br />
Ach ja, wenn du in Erklärungsnotstand kommen solltest<br />
und manch einer dich als Nazischwein bezeichnet, kannst ja<br />
meine obigen Gedanken diesbezüglich verwenden.<br />
Und hinzufügen, dass DU das alles garantiert niemals vergessen<br />
wirst können.
94 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Nr. <strong>22</strong>/2009
Nr. <strong>22</strong>/2009 Buch XII - Waran<br />
<strong>ST</strong>/A/R 95<br />
Sein oder nicht sein –<br />
wo ist hier die Frage?<br />
Die Schnitzeljagd hat begonnen MAMPF Jet Set vom Feinsten Jet Lee<br />
Vom Euro zum Schilling, zur D-Mark. zur Drachmen, zur LIRE, zum France , Zur Pesetas und zum Tauschhandel<br />
Wer den Kopf in den Sand steckt wird am nächsten Tag mit den Zähnen knirschen<br />
Ein Gehirn wäscht das Andere<br />
Bye Bye Belinda<br />
Keine Zeit für Sentimentalitäten KEIN MITLEID MIT EUCH ALLEN Ihr seid einfach nur zum KOTZEN<br />
Diplomaten genießen auch Immunität, aber vom Gefilzt werden<br />
Male nicht den Teufel an die WAND<br />
Warum eigentllich nicht Oder soll ich gleich meine Seeeleverkaufen<br />
Da spiel ich lieber Domino mit einer Domina<br />
dIE FILZLAUS ist intelligenter als der Mensch. Die Kakerlacke und die Termiten und die Heuschrecken überleben jeden<br />
Atomkrieg<br />
Haie sind gegen Krebs immun 21 12 20 12 Happy End Datum relativ<br />
Schöne Grüsse von der Dorfschlampe aus Mürzzuschlag Karate meisterin 3. Dan-TAnga die mit dem Stiernacken<br />
Welches Verhältnis hat der Teufel zu Fliegen Eintagsfliegen leben exact 3 Tage also 4<strong>22</strong>0 Minuten<br />
WAR IS THE DEATH OT HUMAN REASON<br />
back in the day relationship We gotta build a big ship<br />
and it´s called FRIENDSHIP for all wapplers and superschnorrers Let´s play EGOshooter together PAX<br />
spray back you have to pray and pray just pay the full nice price don´t you remember me BÖRLIN<br />
Linzer Augen tomorrow never come You don´t have to worry proud marry keep on burning<br />
FOR ALL THE PARTY-PEOPLE ALL over the WÖRLD (WÖRDERN)<br />
P.S. : Hallo Brüder und Schwestern Wir spucken in die Hände und dann reichen wir uns die Hände<br />
Wer hat euch zu Einsamkeit gezwungen. So viel Schmerz in Euren Augen. Wer hat euch blos so verletzt<br />
Augenblicke ohne Blickkontakt. Einen hab ich noch: Treffen sich zwei Blicke , sagt der eine zum Andern: “Geh mir aus den Augen; Aus den Augen<br />
aus dem SINN”<br />
Bald kommt die SINNFLUT DIE ARCHE II steht bereits bereit Frischer Wind kommt auf ein Regenbogen zieht vorbei und<br />
Vögel sinken Lieder<br />
Some holy moment Some hope today to stay for everyone In Liebe DJohn Gunscha<br />
Sollltzen wir uns nicht mehr sehen dann: Sieh dich vor<br />
AUGEN AUF UND DURCH<br />
Pavel´s Motto ist : Nach dem Spiel ist vor dem Spiel<br />
Rudi´s Motto ist:<br />
Vor dem Spiel ist nach dem Spiel<br />
Heidulf´s Motto ist: Jede Nacht bringt betrunkene Frauen<br />
Adam´s Motto ist: Bier holen und Wein trinken
96 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Printmedium Wien – Berlin<br />
Buch XII - Waran Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
<strong>ST</strong>/A/R<br />
Nr. <strong>22</strong>/ Herbst 2009<br />
Zeitung für Hochkultur Mittelmaß und Schund<br />
Mirjana Rukavina & Sebastian Sauer, ADA 20J., aus der Serie:<br />
Seduced by Uncertain Knowledge, Wien, 2009<br />
3,– Euro