ST:A:R_22
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
46 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VI - AUTO-<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>22</strong>/2009<br />
NEU Ferrari 458 Italia<br />
SURFING AT THE EGDE OF THE MOMENT<br />
Große Emotionen, aufwändig erarbeitet. Ein Ferrari zum Ferrarifahren, am besten täglich.<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Abseits von Jubiläen, künstlichen Emotionen und<br />
historischen Reminiszenzen hat man wieder<br />
einen Ferrari für des Alltags süßen Wahnsinn<br />
hervorgebracht, einen kompromißlosen Supersportwagen,<br />
nicht gefällig, nicht verfettet, nicht mit dem US-<br />
Markt kokettierend. Der 458 Italia ist eine echte Home<br />
Breed, rennsportnah und detailversessen, völlig funktional<br />
konzipiert und aerodynamisch durchsetzt. ”Der<br />
Ferrari 458 Italia führt die Tradition Ferraris fort, durch<br />
technologische Innovationen<br />
aus dem Rennsport den Spaß am Fahren zu erhöhen,<br />
und wurde geschaffen, um die Erwartungen und Ambitionen<br />
unserer leidenschaftlichsten Kunden zu erfüllen”,<br />
heißt es im Pressetext.<br />
Das neue V8-Triebwerk mit 4.499 ccm, 570 PS stark,<br />
ist als Heck-Mittelmotor direkt hinter dem Cockpit versenkt.<br />
Das F1-Getriebe mit Doppelscheibenkupplung<br />
knüppelt sieben Gänge auf Fingerzug durch. Das Fahrwerk<br />
ist rennsportmäßig aufwändig konzipiert, lässt<br />
sich über Lenkradbedienung nachschärfen bis hin zur<br />
absoluten Nürburgring-Konfiguration.<br />
Und, so sagt seine langjährige Privatsekretärin, Sabine<br />
Kehm, es sei kein Marketinggag – Michael (Schumacher)<br />
habe sich wirklich von der ersten Planungsstufe<br />
an laufend eingebracht und das Auto mit Freude und<br />
Engagement bis zur Feinabstimmung begleitet.<br />
Selbst wenn er nur seinen Namen hergegeben hätte, so<br />
hätte er das für eine faszinierende Fahrmaschine getan.<br />
Ein feuriges, befeuerndes, mit dem Fahrer eine innige<br />
Symbiose abziehendes Supersportgerät ohne Reue,<br />
zugeschliffenes Autofahren in einer gegebenen Höchstform,<br />
der nur mehr der Fahrer mutig zuarbeiten kann.<br />
(Selbst auf niedrigst mögliche CO2-Werte wurde geachtet.<br />
Und wer einen schlechtgelaunten Tag hat, kann mit<br />
13,3 l/100 km voranstochern.)<br />
Der völlig neu entwickelte V8 mit 4,5 Liter Hubraum<br />
(was sich aus dem Typencode auslesen lässt) liegt balancegünstig<br />
im Heck, aber vor der Hinterachse, wovon<br />
man sich mit einem Blick durch den Plexiglasdeckel<br />
überzeugen kann.<br />
Seine 570 PS werden über ein F1-Getriebe mit sieben<br />
Gängen und Doppelkupplungsschaltung per stehendem<br />
Lenkpaddle abgefeuert. Das Handschaltgetriebe, einst<br />
geliebte Kulisse, gibt es endgültig nicht mehr. Nur zwei<br />
Prozent aller F430-Käufer hatten es noch bestellt.<br />
Das trotz Fensterheber, Klimaanlage, elektrischer Sitzverstellung<br />
und ähnlichen Annehmlichkeiten erstaunlich<br />
geringe Gewicht von 1380 kg reduziert das PS-Paket<br />
auf 2,42 kg/PS, was es jedermann erlaubt, den Wagen<br />
per LAUNCH-Knopf in 3,4 Sekunden gegen die Hundert<br />
zu werfen. Aber das sind ungefragte Werte in dieser<br />
Liga, wo man ein höheres Verständnis angewandt<br />
schnellen Fahrens sucht, eingespielt mit diesem phantastischen<br />
Doppelquerlenker-Fahrwerk, dessen unterer<br />
Vorderachs-Lenker zwecks geschmeidigerer Anlenkung<br />
L-förmig ausgeführt ist. Hinten arbeitet ein kompliziertes<br />
Multilenker-Gefüge in geradezu organischer<br />
Sehnen-Kinematik die Fahrbahn ab, dass man jetzt<br />
nicht weiß, ob es sich mehr dem Komfort oder mehr der<br />
Sportlichkeit verpflichtet, so geschmeidig geht es auf<br />
jede Straßen- und Fahrsituation ein. Natürlich lässt sich<br />
alles noch nachschärfen in Richtung Sport und RACE<br />
(Rausfliegen erlaubt!), was man mittels ”Manettino”-<br />
Schalterchen direkt auf der Lenkradnabe bewerkstelligen<br />
kann, der neuen Schalterplatte für erste, zweite und<br />
dritte Bedienungshierarchien bis hin zum Scheiben-<br />
Wischwasch. (Selbst der Blinker wird per Daumendruck<br />
abgefeuert, was man in schnellen Kurzschlüssen<br />
manchmal anstelle des Hochschaltens praktiziert.) Nur<br />
das Radio muss per Hand geregelt werden, aber das ist<br />
einfach: Ausschalten genügt, denn diese Musik kommt<br />
aus keinem Sender, die gibt es nur als Live-Orchester,<br />
und sie erfüllt einen symphonischen Auftrag.<br />
Die Sitzposition ist so ins Auto hineinkonzentriert, dass<br />
sich der Beifahrer zum Balancepaket reduziert. Füße<br />
weit vorgestemmt und rechte Hand am Türgriff. Mehr<br />
Funktion hat er nicht.<br />
Alles ist dem Fahrer zugewandt, allen voran der zentrale<br />
Drehzahlmesser, eine Ikone der Motorenanbetung, deren<br />
Gnadenfeuer bis 9000 Touren reicht, was natürlich<br />
zu neuen klanglichen Dimensionen kontrollierter Hysterie<br />
führt, einem Lied über sämtliche Oktaven sinnlicher<br />
Wahrnehmung, sprühend, freudvoll, und erhebend,<br />
das den Fahrer als integrierten Resonanzkörper<br />
in die Gesamtkomposition Ferrari Italia miteinbezieht,<br />
bis er sich schäbig vorkommt, all dies mit schnödem<br />
Geld erkauft zu haben. 236.900 Euro. Es gibt Leute, so<br />
erzählt man bei Ferrari, die bestellen schon automatisch<br />
die nächsten vier, fünf Modelle vor, damit sie garantiert<br />
bei der Erstauslieferung dabei sind. Sonst muss man<br />
sich dreinfügen, achtzehn Monate auf die Auslieferung<br />
eines neuen 458 Italia zu warten.<br />
Dabei hat man nur die reine Dinglichkeit bestellt. Nichts<br />
am Fahrzeug ist überflüssig, nichts geschmäcklerisch.<br />
Die gesamte von Pininfarina entworfene Karosserielinie<br />
ist der Aerodynamik, aber auch dem inneren Luftdurchsatz<br />
verpflichtet. Kleine Ritzen wie die an den Scheinwerfern<br />
spielen eine große Rolle, die Luft tritt über den<br />
Kotflügeln wieder aus, liegt gebändigt an der Karosserie<br />
an, kühlt und drückt den Wagen (bei Vmax mit 360<br />
kg) zu Boden, so dass man von einer virtuellen Existenz