Schulfenster Nr. 51, Dezember 2020
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Schule Hellwies<br />
Fortsetzung von Seite 15<br />
wo man in einer kleinen, kindgerechten «Wabenzelle» etwa ein<br />
Buch ansehen kann. Die Idee ist auch, dass die Kindergärten<br />
im kleinen Rahmen auch die Lernlandschaft oder die Lernoase<br />
nutzen. Ich stelle mit Freude fest, dass die Lehrpersonen vom<br />
Kindergarten sich gerne im neuen Schulhaus bewegen und sich<br />
auch einbringen. Im Verlauf des ersten Semesters bekommen die<br />
Kindergartenschüler zudem auch den Starterpass.<br />
Wie funktioniert das Graduierungssystem auf Kindergartenstufe?<br />
Valerie Kummrow: Das Graduierungskonzept verfolgt im Kindergarten<br />
dieselbe Idee wie im Schulhaus. Nämlich, dass Schülerinnen<br />
und Schüler, welche Verantwortung für ihr selbstständigeres<br />
Lernen übernehmen können und wollen, mehr Raum zum<br />
Lernen nutzen können. Dies bedeutet im Kindergarten, dass sich<br />
die «Durchstarter» während der freien Sequenzen auch in den<br />
anderen Klassenzimmern des Gebäudes aufhalten dürfen. Die<br />
«Neustarter» hingegen bleiben im Klassenzimmer «ihrer» Lehrperson.<br />
Der Neustarter-Pass ist kein Nachteil, sondern bietet den<br />
Kindern, die es brauchen, den sicheren Rahmen des Klassenzimmers<br />
und die Nähe zur Klassenlehrperson. Im Kindergarten wird<br />
das Konzept voraussichtlich im Verlauf des ersten Semesters<br />
<strong>2020</strong>/2021 eingeführt.<br />
« »<br />
Ein Neustarter-Pass stellt<br />
für ein Kind keinen Nachteil dar.<br />
VALERIE KUMMROW<br />
Welche Rückmeldung haben Sie von den Eltern zum neu umgebauten<br />
«Hellwies» und den neuen Lernformen erhalten?<br />
Stephan Ulrich: Als Schulleitung haben wir an den Elternabenden<br />
teilgenommen und das neue Graduierungskonzept vorgestellt.<br />
Dabei wurden von Elternseite viele Fragen gestellt. Wir haben<br />
eine positive Grundhaltung dazu bei den Eltern festgestellt.<br />
Dabei möchte ich betonen, dass wir kein neues Schulsystem und<br />
keine neue Lernform eingeführt haben. Es sind Anpassungen auf<br />
methodischer Ebene. Wir betonen die Kompetenz des selbstständigen<br />
Lernens und der Selbstorganisation stärker. Ein Hilfsmittel<br />
dazu ist der Pass. Aber auch der klassische Frontalunterricht<br />
hat im «Hellwies» nicht ausgedient. Dort, wo es einen Input oder<br />
Information braucht, sieht man auch bei uns solche Lektionen.<br />
Conny Christen: Ja, genau. Die didaktischen Formen haben sich<br />
nicht geändert. Es wird weiter im Klassenverbund gearbeitet,<br />
dazu gibt es Gruppen-, Einzel- oder Projektarbeiten.<br />
Was ist für Sie das Highlight am neuen Schulhaus?<br />
Valerie Kummrow: Das Zusammenwachsen des Teams. Die Haltung<br />
«Wir sind miteinander für die Schülerinnen und Schüler<br />
zuständig» spüre ich im Team stark heraus. Alle helfen einander<br />
gegenseitig, der Austausch zwischen den Parallelklassen ist viel<br />
Der Trakt C wurde – wie der Trakt A – aufgestockt. Entstanden ist eine neue,<br />
grosse Turnhalle.<br />
stärker. Auch der Kindergarten ist näher ans «Hellwies» gerückt.<br />
Im Team übernehmen alle zusammen Verantwortung, das finde<br />
ich super.<br />
Conny Christen: Für mich gibt es viele Highlights. Die Denkfabrik,<br />
die neue Turnhalle, die Lernlandschaft, die neuen<br />
breiten Korridore mit den Sofas – es ist die Kombination aus all<br />
diesen Puzzleteilen, die mir gefällt.<br />
Stephan Ulrich: Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit unter<br />
den Lehrpersonen beeindruckt mich. Dies empfinde ich an dieser<br />
Schule als einmalig und ist für mich sehr eindrücklich.<br />
Interview: Beatrice Zogg, Désirée Casutt,<br />
Bilder: Seraina Boner, bzg<br />
Vom Neustarter bis zum Lernprofi<br />
Für das Arbeiten und Lernen in der Gesamtschule Hellwies<br />
wurde ein Graduierungssystem eingeführt. Die freie Lernortwahl<br />
wird in den Lektionen, in denen selbstständig gelernt<br />
werden kann, über dieses Graduierungssystem gesteuert.<br />
Je nach Grad der Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten und<br />
der sozialen Kompetenzen (andere Schüler/innen werden<br />
nicht gestört, Kooperationsfähigkeit etc.) wächst der Grad<br />
der räumlichen Selbstbestimmung. Dafür gibt es vier Stufen:<br />
den Neustarter, den Starter, den Durchstarter und den Lernprofi.<br />
Der Neustarter (Stufe 1) hat einen eingeschränkten Radius<br />
und braucht für jeden Raumwechsel eine persönliche Erlaubnis.<br />
Der Durchstarter (Stufe 3) kann selbstständig zum Lernen<br />
einen Raum nach seinem Wunsch aufsuchen. Auf der letzten<br />
Stufe kann der Lernprofi, den es nur auf Sekstufe gibt, unter<br />
bestimmten Bedingungen und mit dem Einverständnis<br />
der Eltern auch einige Stunden pro Woche zu Hause lernen.<br />
Das System wurde ursprünglich an der Alemannenschule<br />
im deutschen Wutöschingen entwickelt. Die Schulleitung und<br />
das Lehrpersonen-Team vom «Hellwies» haben diese Schule<br />
besucht und sich davon inspirieren lassen.<br />
bzg<br />
16 <strong>Schulfenster</strong> <strong>51</strong> | <strong>2020</strong>