Die Neue Hochschule Heft 6-2020
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48 Was vom Corona-Semester bleibt<br />
„Auch für die im Pandemiesemester<br />
abgelegten<br />
Prüfungen besteht also<br />
eine weitaus geringere<br />
Rechtsunsicherheit, als<br />
verschiedentlich behauptet<br />
wird.“<br />
Foto: hilch/123rf.com<br />
Prüfungen (per Video) ersetzt. Statt Klausuren wurden<br />
Open-Book-Ausarbeitungen online erstellt. Dabei<br />
änderte man die Studien- und Prüfungsordnungen<br />
nicht sofort, sondern wich von den vorhandenen<br />
und ausreichenden normativen Grundlagen in den<br />
Prüfungsordnungen ab.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Hochschule</strong>n wurden im Sommersemester <strong>2020</strong><br />
durch die auf der Grundlage von § 32 Infektionsschutzgesetz<br />
erlassenen Verordnungen oder Allgemeinverfügungen<br />
geschlossen. 15 Präsenzprüfungen<br />
waren untersagt, der Verstoß bußgeldbewehrt. Damit<br />
bestand die Gefahr, dass Studierende die im Studienund<br />
Prüfungsplan vorgesehenen Leistungen nicht<br />
erbringen und die für die Studienziele zu erlangenden<br />
Kompetenzen nicht erwerben konnten. 16 <strong>Die</strong><br />
Rektorate und Präsidien haben daher Entscheidungen<br />
getroffen, um den Studien- und Prüfungsbetrieb<br />
weiter zu ermöglichen. Sie konnten sich dabei auf<br />
die in den jeweiligen Hochschulgesetzen enthaltenen<br />
Ermächtigung stützen, Entscheidungen für die<br />
Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Hochschulbetriebes<br />
zu treffen, sofern diese unerlässlich<br />
waren. 17 Kurzfristig und als Notmaßnahme konnten<br />
die in den verschiedensten Formen ergangenen<br />
Abänderungen daher als Rechtsgrundlage dienen. Mit<br />
dem Fortschreiten der Pandemie allerdings waren die<br />
Hochschulgremien zu befassen und die Maßnahmen<br />
der Hochschulleitung waren durch Entscheidungen<br />
der jeweils zuständigen akademischen Gremien zu<br />
ersetzen. Das ist weitgehend geschehen.<br />
Es ist auch nicht zu befürchten, dass in größerem<br />
Umfang Prüfungsentscheidungen aus dem Sommersemester<br />
angefochten werden. Abweichungen von<br />
den Prüfungsordnungen eröffneten überhaupt<br />
erst die Möglichkeit, an Prüfungen teilzunehmen,<br />
schränkten die Rechte der Studierenden also nicht<br />
ein. Zudem sind die Anfechtungen ausgeschlossen,<br />
wenn sich die Studierenden auf die abweichenden<br />
Prüfungsformen eingelassen haben. Es besteht eine<br />
Rügeobliegenheit der Prüflinge für Verfahrensverstöße,<br />
die für sie erkennbar waren. 18 Daher hätten<br />
die Prüflinge vor der Teilnahme an den geänderten<br />
Prüfungen widersprechen müssen, wenn sie mit der<br />
Abweichung von der Prüfungsordnung nicht einverstanden<br />
waren. Taten sie das nicht, so können sie<br />
Mängel im Nachhinein nicht geltend machen. Das<br />
entspricht ständiger Rechtsprechung im Prüfungsrecht.<br />
19 Auch für die im Pandemiesemester abgelegten<br />
Prüfungen besteht also eine weitaus geringere<br />
Rechtsunsicherheit, als verschiedentlich behauptet<br />
wird.<br />
Ergebnis<br />
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass eine<br />
landesrechtliche Regelung zu E-Prüfungen nicht<br />
erforderlich ist und die Möglichkeiten der <strong>Hochschule</strong>n<br />
nicht erweitert, sondern, wenn konkretisierende<br />
Ausführungsregelungen getroffen werden,<br />
eher beschränkt. Das Prüfungsverfahren einschließlich<br />
des Erhebens der Prüfungsleistung auf elektronischem<br />
Wege muss wegen seiner Grundrechtsrelevanz<br />
für die Studierenden abstrakt-generell geregelt<br />
werden. Dafür genügt es, dass Prüfungsverfahren<br />
und Prüfungsformen in den entsprechenden Hochschulsatzungen<br />
niedergelegt sind. Ein Parlamentsgesetz<br />
ist nicht erforderlich. <strong>Die</strong> im Sommersemester<br />
<strong>2020</strong> abgenommenen Prüfungen standen teilweise<br />
nicht im Einklang mit dem geltenden Prüfungsrecht,<br />
denn sie wurden unter Abweichung von Prüfungsordnungen<br />
abgenommen. Zu entsprechenden Regelungen<br />
waren die Hochschulleitungen angesichts<br />
der Ausnahmesituation im Sommersemester <strong>2020</strong><br />
06 | <strong>2020</strong> DNH