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INTERVIEW 5 Ulm hat das Zeug zur digitalen Modellstadt Interview Seit anderthalb Jahren treibt die Initiative Ulm <strong>Digital</strong> spannende Projekte voran. Sie bringt Unternehmen, Wissenschaft und die Stadtgesellschaft zusammen. Im Gespräch erläutert ihr Vorsitzender Heribert Fritz, warum die Region eine Vorreiterrolle einnimmt und ein so guter Nährboden für Zukunftsthemen ist. Von Alexander Bögelein Wie gut ist das digitale Netzwerk in Ulm? Heribert Fritz: Sehr gut, es ist uns als <strong>Digital</strong>initiative erfreulich schnell gelungen, Interessenträger der Gesellschaft zusammenzubringen: die Spitzenvertreter von Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Politik und die Bürgerschaft. Die Unternehmer sind mittlerweile gut sensibilisiert, dass sie digitale Transformation angehen müssen. Wie lautet Ihr Ziel? Wir wollen einen Nährboden für digitale Talente und Ideengeber schaffen und erreichen, dass junge IT-Kräfte in Ulm bleiben – oder zumindest, wenn sie in die Welt hinausgehen, wieder nach Ulm kommen. Und wir wollen den Eintritt ins digitale Zeitalter smart beschreiten. Im Vordergrund steht dabei für die Initiative, dass es den Menschen und der Region nach diesem Paradigmenwechsel besser geht als vorher. Es geht um die Zukunft der Arbeit und die Folgen des digitalen Fortschritts für die Arbeitswelt. Wir sind Zeugen einer Revolution, deren Auswirkungen sich noch nicht abschätzen lassen. Dennoch hat unsere Region sehr gute Ausgangsbedingungen. Was stimmt Sie so positiv? Ich bin in meinem Berufsleben schon viel in der Welt herumgekommen. Im Vergleich zu anderen Orten leben wir hier in einer der besten Regionen. Wir haben ein sicheres Umfeld, eine Wirtschaft, die brummt, eine Wissenschaft, die mutig nach vorne geht und Bürger, die sich schon immer als Entdecker verstanden haben. Wir haben also auch vieles, das auf dem Spiel steht? Ja, und all das gilt es zu erhalten und auszubauen – auch mit Blick auf die nächste Generation. Daher ist es wichtig, dass alle in der Region an ei- Zur Person Heribert Fritz gehört zu den erfolgreichsten Unternehmern Ulms. Geboren (1963) und aufgewachsen in Jettingen (Bayerisch- Schwaben) studierte er Betriebswirtschaft. Direkt im Anschluss gründete er 1987 das IT-Unternehmen Fritz & Macziol, das in den Folgejahren rasant wuchs. Ende 2015 stieg er dort aus. Er gründete die Unternehmensberatung UNO. Zudem ist er Vorsitzender der Unternehmerinitiative „Ulm <strong>Digital</strong>“, die 2016 gegründet wurde. Fritz ist verheiratet und hat eine Tochter. Er engagiert sich ehrenamtlich, unter anderem als Vorsitzender des Aufsichtsrats des SSV Ulm 1846 Fußball e.V. nem Strang ziehen. Der weltweite Wettbewerb der Städte und Regionen um kluge Köpfe und damit um Innovationskraft und Wohlstand ist in vollem Gange. Wie gut ist denn der IT- und <strong>Digital</strong>-Standort Ulm im Vergleich zu anderen auf diese Revolution vorbereitet? IT und <strong>Digital</strong>isierung sind für mich unterschiedliche Themen. Bei IT geht es um Informations- und Datenverarbeitung auf Basis technischer Services und Funktionen. <strong>Digital</strong>isierung steht für mich für die Veränderung von Prozessen. Bei IT-Themen sind Konzerne wie SAP und Siemens führend, die spielen in einer anderen Liga. Wir müssen uns aber in Ulm nicht verstecken. Wir haben viele erfolgreiche und gute Mittelständler. Die IHK-Region Ulm erreicht im Vergleich der 79 deutschen IHK-Regionen bei fast allen wichtigen Faktoren einen der ersten drei Plätze. Das ist der Ulmer Bevölkerung nicht immer bewusst. Was bedeutet das? Für all diese Mittelständler ist eine der entscheidenden Fragen: Wie digitalisiere ich mein Unternehmen, wie digitalisiere ich mein Geschäftsmodell? Die Initiative Ulm <strong>Digital</strong> will zum einen Klammer sein zwischen Unternehmen, Wissenschaft und der Stadt. Zum anderen wollen wir Firmen bei der praktischen Umsetzung der <strong>Digital</strong>isierung unterstützen. Auf unseren Veranstaltungen und in unserem Netzwerk sollen Firmen voneinander lernen können. Wie verstehen Sie die Rolle der Initiative Ulm <strong>Digital</strong> darüber hinaus? Wir sind ein eingetragener Verein, der sich über die Beiträge der Mitglieder finanziert. Wir sehen das als gesellschaftlichen Auftrag an, daher herrscht in der Initiative eine Geber-Mentalität vor. Was heißt das konkret? Wir fördern Projekte wie das Niederfrequenz-Netzwerk Lorawan (long range wide area network). Das haben wir aufgebaut und stellen es allen digital Interessierten in der Stadt zur Verfügung, nach dem Motto „Macht was draus!“ Es ist besonders wichtig, dass alle in der Region wirklich an einem Strang ziehen. Wie können Privatleute so etwas nutzen? Im Verschwörhaus gab es schon verschiedene Seminare. Da ist ein öffentlich geförderter Experimentierraum entstanden, der allen digital Interessierten offen steht. Beispielsweise kann ich als Ulmer Hausbesitzer den Wasserstand meines Teiches kontrollieren. Und es gibt vielversprechende andere Themen, die auf dem Lorawan aufbauen. Geben Sie bitte ein Beispiel Gemeinsam mit Andreas Buchenscheit von Cortex Media sind beispielsweise Feinstaubsensoren entwickelt und ein Feinstaubnetzwerk aufgebaut worden. Im Moment wird das Thema Feinstaub in der Ulmer Stadtpolitik ohnehin diskutiert. Daher werden wir in nächster Zeit mit der Stadt und den Bürgern abstimmen, wie diese technische Möglichkeit genutzt werden soll. Darüber hinaus treiben wir gerade mit der IHK, dem City-Marketing und einigen Einzelhändlern eine Frequenzmessung voran.