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Strassenmusiker – Ruperts Kitchen Orchestra
Ruperts Kitchen Orchestra wurde sozusagen
als Straßenband in Berlin geboren.
Die drei Musiker Cornelia Rösler (Conny),
Leandro Florentino (Leo) und Andreas Raab
(Andi) sind auf den Straßen unserer Welt
unterwegs, um die Menschen in ihren Bann
zu ziehen. Doch gerade sind Auftritte selbst
unter freiem Himmel nicht möglich. Wir
sprachen mit den dreien über die Pandemie,
deren mögliche Ursachen und die Hoffnung
auf die Lernfähigkeit des Menschen.
Aus dem im April geplanten Albumrelease
wurde gezwungenermaßen ein Onlinerelease.
Der „energetische Vibe“ kann online
aber niemals der gleiche sein wie live,
wenn der ganze Raum durch die Musik in
Schwingung gerät. Im Spätsommer gab
sich die Band noch einmal der Straßenmusik
hin. Doch die Leute huschten eher
verängstigt weiter. „Im August waren wir
noch auf dem Ferrara Buskers Festival in
Italien, dem größten Straßenmusik-Festival
der Welt“, erzählt Bassistin Conny. „Das
hat unter strengen Auflagen stattgefunden.
Die eingeladenen Musiker haben sich
auf vier Bühnen, die in der Stadt verteilt
waren, abgewechselt.“ Wo normalerweise
etwa 80.000 Menschen zum Lauschen,
Singen und Feiern zusammenkommen, waren
2020 nur Einheimische vertreten. Von
regelmäßigen Auftritten ist auch Ruperts
Kitchen Orchestra, die regulär im Freien
auftreten, in der Corona-Krise weit entfernt.
Vom Überleben echter Künstler
Die große Ungewissheit und die fehlenden
Perspektiven haben mittlerweile etwa ein
Drittel der Künstlerinnen und Künstler dazu
bewogen, ihren Beruf aufzugeben. Keine
Option für Ruperts Kitchen Orchestra: „Wir
haben uns ausgesucht, das zu sein, was wir
sind. ‚Ich werde ein anderer‘, das ist für uns
gerade nicht angesagt. Aber das Ganze
hängt natürlich wie ein Damoklesschwert
über einem.“ Dass keiner von ihnen Soforthilfe
beantragt hat, liegt nicht nur daran,
dass sie von den Möglichkeiten kaum etwas
mitbekommen haben, sondern dass
sie sich während der Pandemie mit anderen
Berufen über Wasser halten können.
Einzig die GEMA-Soforthilfe haben sie in
Anspruch genommen. Das, was gern als
„echtes Künstlerleben“ bezeichnet wird,
ernährt einen Menschen nicht. Die Frage
ist dann: Wie weit geht es jetzt mit meiner
Kunst? „Im Moment hat es den Anschein,
als würden alle Künstler schreien, sie könnten
keine Künstler mehr sein, weil sie kein
Geld mehr haben“, so Leo. „Das spricht für
mich gegen die Kunst. Wenn jemand ein
wirklicher Künstler ist, wird er nicht aufhören,
Kunst zu machen.“
Gegen die Angst und für das
Bewusstsein
Die Bandmitglieder gehen davon aus, dass
bei den Menschen auch nach der Pandemie
noch eine Weile die Angst mitschwirren
wird. Leo würde sich wünschen, dass
die Menschen diese Situation nutzen, um
innezuhalten und sich zu überlegen, was
sie generell besser machen könnten. Andi
sorgt sich vielmehr um die mediale Vereinfachung
der Situation. „Die Maßnahmen
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meinviertel – Kultur Spezial