WeltWeit 01 2021
Zeitschrift für Entwicklungspartnerschaft und globale Gerechtigkeit
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weltweit<br />
STANDPUNKT<br />
Empathie kultivieren<br />
JOSÉ BALMER<br />
José Balmer studierte Philosophie und Theologie<br />
und war über 20 Jahre im kirchlichen Dienst<br />
tätig, davon sechs Jahre in Bolivien. Er war<br />
Mitarbeiter des Hilfswerks Brücke · Le pont, ist<br />
<strong>WeltWeit</strong>-Kolumnist und bearbeitet Projekteingaben<br />
für die Redemptoristen.<br />
Mitgefühl-Liebe-Barmherzigkeit: Diese drei Worte bezeichnen<br />
das Wesen Gottes in allen Religionen. Im Alten Testament heisst<br />
es, Jahwe habe das jüdische Volk aus Mitgefühl aus der Sklaverei<br />
in Ägypten befreit. Jesus sagte: «Seid barmherzig, wie euer<br />
Vater im Himmel barmherzig ist.» Im Islam ist Barmherzigkeit die<br />
wichtigste Eigenschaft Allahs. Empathie ist grundlegend. Aus ihr<br />
entsteht Wertschätzung. Und daraus wachsen Werte, ohne die<br />
es kein friedliches Zusammenleben gibt.<br />
Doch die heutige Wirtschaft, die einseitig auf Konkurrenz basiert,<br />
macht alle zu Gegnern. Sie belohnt Rücksichtslosigkeit und betrügerisches<br />
Verhalten. Der soziale Zusammenhalt zerfällt und<br />
vegetiert nur noch als Pseudo-Solidarität unter Familien, Clans<br />
und Seilschaften zum Zweck der Selbstbereicherung. Die Werbung<br />
heizt den Egoismus und die<br />
Habgier zusätzlich an. Die Folgen<br />
sind Stress, Frust, psychische Schäden,<br />
soziale Spannungen, Krieg,<br />
aber auch zynische Gleichgültigkeit<br />
gegenüber den benachteiligten Menschen.<br />
Es ist dringend, dass wir diese entmenschlichende<br />
Dynamik in den<br />
Griff bekommen und die Werte Respekt,<br />
Gemeinsinn und Solidarität<br />
wieder höher einschätzen und fördern.<br />
Der chinesische Philosoph Menzius<br />
sagte: «Ohne Mitgefühl ist der<br />
Mensch kein Mensch.» Politik, Wirtschaft<br />
und Medien müssen wieder<br />
menschlicher werden und nebst den<br />
profitorientierten Leistungen auch<br />
die sozialen Leistungen honorieren.<br />
Diese sind für das Gemeinwohl und<br />
die Weltgemeinschaft von grösstem<br />
Wert. Und sie machen unser Wesen<br />
aus. <br />
Äthiopier bingen Ernte ein.<br />
(Bild: tr-niebel)<br />
Dieser Text stammt aus dem 120-seitigen<br />
Büchlein «frei und engagiert – 52 Impulse<br />
für ein spirituelles Leben» von José Balmer,<br />
das 2<strong>01</strong>4 im Rex-Verlag Luzern<br />
erschienen ist. Es kann für Fr. 20.- (inkl.<br />
Versand) bestellt werden bei:<br />
José Balmer, Maggenbergstr. 5,<br />
1712 Tafers, humano@sensemail.ch<br />
1/<strong>2021</strong>