Pathologie-des-Maskentragens-Prof.-Dr.-A.-Burkhardt-Reutlingen
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8.3.5 Lungenreinigung über die Luftwege - mucociliare Clearance
Vollkommen außeracht gelassen wird bei der Beurteilung des Maskentragens, dass die
„Luftwege“ nicht nur dem Gasaustausch (von/zur Lunge) dienen, sondern lebensnotwendig
auch den entscheidenden Weg für die Schadstoff-Entsorgung aus der Lunge darstellen. Der
Atemtrakt verfügt nämlich über effiziente Reinigungs-, Schutz-, Abwehr- und (bei Schäden)
Reparaturmechanismen. Nach der Filterwirkung des Nasen-Rachen-Raumes (Nasenfilter,
Nasenhaare, Schleimfilm etc.) für Grob-Staub gelangen sog. Feinstaub und Aerosole ständig
bis in die Lungenbläschen (Alveolen). Für die etwa fußballfeldgroße Fläche dieser Alveolen
besteht eine effiziente „Alveoläre Clearance“, d.h. ein lebensnotwendiger Reinigungs-
Mechanismus, ohne den die Lunge in kürzester Zeit „verschlammen“ würde. Entscheidend für
diesen ist der Alveolar-Makrophag (Fresszelle), der sich von zirkulierenden Blutzellen
ableitet und die erste Verteidigungslinie bildet. Er ist für die Isolation der Schad- und
Fremdsubstanzen aber auch von Erregern durch Aufnahme in die Zelle (Phagozytose mit den
Stadien „attachement, ingestion, digestion“) und ggf. für die Entgiftung, Devitalisierung oder
Abbau in speziellen Organellen, den Lysosomen verantwortlich.
Gleichzeitig bildet er das Vehikel für den Abtransport des Restmaterials – in ihnen finden sich
auch bei gesunden Personen potenziell toxische Substanzen, wie Silicium, Aluminium, Eisen,
Schwefel, Phosphor, Chlor etc.. Entscheidend ist der Abtransport, d.h. Entsorgung, der
beladenen Makrophagen. Dies geschieht zum kleinsten Teil über die Lymphbahnen, ganz
überwiegend aber über die Luftwege; zunächst durch aktive Wanderung der Makrophagen in
die kleinen Bronchiolen, von hier an passiv im Oberflächen-Schleim durch die
Flimmerepithelien der Luftwege (sogenannte „mucociliare Rolltreppe/escalator“).
Dabei sind zwei Lagen instrumental, eine wässerige unmittelbar auf der Zelloberfläche
periciliär gelegene, in der die Zilien rhythmisch schlagen und eine darauf liegende zähere Gel-
Schleimschicht (bestehend aus 95 % Wasser, 5 % Glykoproteinen und Lipiden), die zephalad
nach oben bewegt wird. Endstation der Makrophagen ist das Verschlucken, das Ausschneuzen
oder Aushusten (cough clearance) und damit die Ausscheidung, ähnlich wie die
Ausscheidung zirkulierender Stoffe durch die Niere.
Man schätzt, dass pro Stunde ca. eine Millionen schadstoffbelasteter Zellen die Lunge auf
diesem Wege verlassen, eine Steigerung auf 5 Millionen ist offenbar bei Belastung möglich.
Der Abtransport durch Wanderung und Flimmern kann auf verschiedene Weise gestört sein,
z.B. bei Asthmatikern durch zähen Schleim oder durch hochgradig toxische Substanzen, die
nicht entgiftet werden können (Asbest, Tuberkelbakterien). Am häufigsten ist aber eine
Störung des Abtransportes durch die empfindlichen Flimmerepithelien. Bei Schädigung
kommt es zum Verlust des oberen „Wimpern“-tragenden Teils der Zellen mit dem diese das
Flimmern bewerkstelligen. Dieser Vorgang wird als „Ciliocytophthorie“ bezeichnet und kann
in Schleimhaut-Abstrichen, im Sputum oder Auswurf nachgewiesen werden und quantitativ
erfasst werden.
Zusammenfassend ergibt sich (66,71):
- Die Abwehr auf den Oberflächen der Luftwege gegen inhalierte
Bakterien/Pilze/Parasiten/Viren ist ein komplexer Prozess, aber die mechanische Clearance
ist von entscheidender Bedeutung, Krankheits-Geschehen werden durch Versagen der
Schleim-Clearance hervorgerufen und oft durch virale Infekte ausgelöst
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