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ÖSTERREICH<br />
MAI 2021<br />
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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN<br />
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WINGS FOR LIFE<br />
WORLD RUN<br />
25 SEITEN FAKTEN<br />
ZUM LAUF-EVENT<br />
DES JAHRES<br />
#SOULSISTERSINA<br />
TANZ DICH FREI<br />
Wie die junge Österreicherin beim Breakdance<br />
Seele, Sinn und Selbstbewusstsein fand
5<br />
JAHRE<br />
GARANTIE *<br />
DER NEUE CUPRA<br />
FORMENTOR.<br />
FAHRE WAS DU FÜHLST.<br />
WANDELBAR VON 150 BIS 310 PS.<br />
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Verbrauch: 1,2–9,0 l/100 km. CO 2<br />
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E D I T O R I A L<br />
WILLKOMMEN<br />
EIN MANN,<br />
EIN BILD<br />
SALZBURGS<br />
POWER-DUO<br />
Die Fußball-Profis<br />
Patson Daka (li.) und<br />
Enock Mwepu kamen<br />
aus Sambia zum FC<br />
<strong>Red</strong> Bull Salzburg, um<br />
Fan-Herzen und Titel<br />
zu gewinnen. Ihre wichtigste<br />
Karriere-Zutat:<br />
eine enge Freundschaft.<br />
Ab Seite 72<br />
Natürlich können Sie diese Zeilen in Ruhe fertig lesen,<br />
Sie können aber auch sofort auf Seite 50 blättern (aber<br />
kommen Sie bitte wieder). Dort sehen Sie ein Bild, das<br />
Fotograf Philipp Horak von Tarek<br />
Rasouli gemacht hat. Dieser Tarek<br />
Rasouli ist der wichtigste Bike-<br />
Manager Europas. Und er sitzt seit<br />
einem Unfall im Rollstuhl. Warum<br />
also gleich auf Seite 50 blättern?<br />
Weil Sie einen Mann mit offenem<br />
Blick und freundlichem Lächeln<br />
sehen und nicht einen Augenblick<br />
daran zweifeln werden, dass er es<br />
versteht, sein Leben gut zu leben.<br />
Und dass er mit seinem Rollstuhl einen Wheelie macht,<br />
ist, als würde er Ihnen verschmitzt-verschwörerisch<br />
zuzwinkern. Großer Mann, große Geschichte!<br />
PS: Wenn Sie das Heft wenden, erfahren Sie alles zum<br />
Wings for Life World Run am 9. Mai. Und wie Ö3-Star<br />
Tom Walek Sie am Renntag anfeuern wird!<br />
Viel Spaß mit der<br />
neuen Ausgabe von<br />
The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>!<br />
Die <strong>Red</strong>aktion<br />
WIE SINA SICH<br />
SELBST ENTDECKTE<br />
Österreichs beste Breakdancerin<br />
über die lange Reise<br />
zu ihren Wurzeln zwischen<br />
Marokko und Tirol. Ab Seite 56<br />
SOKR<strong>AT</strong>ES ÜBER<br />
SOCIAL MEDIA<br />
Wozu Instagram nutzen?<br />
Und was ist ein „Nutzer“<br />
wirklich? – Der griechische<br />
Philosoph beantwortet<br />
knifflige Fragen<br />
auf Seite 18.<br />
„Das Fliegen<br />
hat etwas<br />
Befreiendes“<br />
Bergführer Calum<br />
Muskett nimmt uns<br />
mit auf einen Paragliding-Flug<br />
vom Mont<br />
Blanc ab Seite 85.<br />
CHRISTIAN ANWANDER (COVER), KONSTANTIN REYER BENE ROHLMANN<br />
4 THE RED BULLETIN
Moderne Neuinterpretation der 1965 Diver’s 6R Automatikkaliber 70h Gangreserve UVP € 1.350,–
INHALT<br />
The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
im Mai 2021<br />
COVERSTORY<br />
56 TANZ DICH FREI<br />
Wie die 26-jährige Tirolerin<br />
Sina beim Breakdance Seele,<br />
Sinn und Selbstbewusstsein<br />
fand – die Geschichte einer<br />
faszinierenden Reise.<br />
PORTFOLIO<br />
20 DIE MAGIE DES<br />
VERBOTENEN<br />
Skateboard-Fotograf<br />
Jake Darwen erzählt die<br />
Geschichten zu den prägenden<br />
Bildern seiner Karriere.<br />
MUSIK<br />
36 SONGS IN HIMBEERROT<br />
Wenn Lea Lu singt, wird ihre<br />
Welt ganz bunt – denn jeder<br />
Klang ist für sie eine Farbe.<br />
ULTRARUNNING<br />
40 DER FITTESTE ALLER<br />
FEUERWEHRMÄNNER<br />
Andreas Michalitz hält den<br />
Weltrekord im 100-km-Lauf –<br />
in 26 Kilo schwerer Montur.<br />
SKYDIVING<br />
42 KOMET MIT HELM<br />
Foto-Stunt am Nachthimmel:<br />
Wie aus einer verrückten Idee<br />
ein Sprung für die Geschichtsbücher<br />
wurde.<br />
8 GALLERY<br />
14 FUNDSTÜCK<br />
16 PLAYLIST<br />
18 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW<br />
MOUNTAINBIKE<br />
50 MIT RAD UND T<strong>AT</strong><br />
Tarek Rasouli ist Dreh- und<br />
Angelpunkt der MTB-Szene –<br />
seit er im Rollstuhl sitzt.<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ<br />
66 MONUMENTAL ANDERS<br />
KI wird die Menschheit verändern.<br />
Forscher Richard Socher<br />
erzählt uns, wie und warum.<br />
FUSSBALL<br />
72 DYNAMISCHES DUO<br />
Die Salzburg-Stars Patson<br />
Daka und Enock Mwepu über<br />
den Wert von Freundschaft.<br />
GUIDE<br />
Tipps für ein Leben<br />
abseits des Alltäglichen<br />
85 TRAVEL. Paragleiten am Mont<br />
Blanc mit Bergführer Calum<br />
Muskett – absolut erhebend.<br />
90 GAMING. Jacob Mourujärvi erklärt,<br />
wie man eSport-Profi wird.<br />
92 LESESTOFF. Es geht noch böser –<br />
Märchen, neu erzählt.<br />
94 RICHTIG GUTES ZEUG.<br />
Handverlesene Liebhaberstücke,<br />
Tipps und Termine.<br />
98 BOULEVARD DER HELDEN.<br />
US-Astronaut John Glenns All-Flug.<br />
109 IMPRESSUM<br />
110 CARTOON<br />
36<br />
FARBENPRÄCHTIG Die Sängerin Lea Lu kann<br />
Töne sehen. Das Ergebnis: bunte Lieder.<br />
16<br />
SCHICKSALSTRÄCHTIG Vier Songs, die das<br />
Leben des Musikers Parov Stelar beeinflussten.<br />
72<br />
EINTRÄCHTIG Die Karriere der FC <strong>Red</strong> Bull<br />
Salzburg-Kicker Daka (li.) und Mwepu.<br />
CLAUDIO STRÜBY, JAN KOHLRUSCH, KONSTANTIN REYER, JAKE DARWEN<br />
6 THE RED BULLETIN
20<br />
ROCK ’N’ ROLL!<br />
Die rasanten Skateboard-<br />
Fotos des Neuseeländers<br />
Jake Darwen<br />
THE RED BULLETIN 7
ALDEYJARFOSS, ISLAND<br />
Ein Fall für<br />
Mr. Garcia<br />
Der Pilot des roten Hubschraubers.<br />
Der kühne Mann im blauen Wildwasserkajak.<br />
Der Fotograf auf dem Felsen gegenüber.<br />
Auf diesem Bild, aufgenommen im spektakulären<br />
isländischen Hochland, zeigen drei<br />
Profis, was sie können: Der amerikanische<br />
Extrem-Kajakfahrer Evan Garcia stürzt sich,<br />
gefilmt aus dem Helikopter, den 20 Meter<br />
hohen Aldeyjarfoss-Wasserfall hinunter,<br />
der tschechische Lichtbildner Jan Kasl<br />
macht das Beste draus.<br />
Abenteuer im Bild: jankaslphoto.com
JAN KASL<br />
9
NEOM, SAUDI-ARABIEN<br />
Voll am Sand<br />
Wenn man nur lang genug von oben auf diese<br />
Wüstenzunge am Golf von Akaba schaut,<br />
dann taucht bald einmal ein schlafender Drache<br />
auf. Hier sehen wir den Truck der Russen Anton<br />
Shibalov, Dmitrii Nikitin und Ivan Tatarinov, der<br />
am Drachenmaul furchtlos Staub aufwirbelt.<br />
Die Besatzung hatte allerdings keine Zeit<br />
für Fabelwesen, denn bei ihrer Teilnahme an der<br />
Rallye Dakar – die nun zum zweiten Mal in<br />
Saudi-Arabien stattfand – galt: voll aufs Pedal!<br />
Der Franzose Éric Vargiolu hatte jedenfalls<br />
den Finger zur richtigen Zeit am Auslöser.<br />
Instagram: @eric_vargiolu<br />
ERIC VARGIOLU/DPPI/RED BULL CONTENT POOL DAVYDD CHONG<br />
11
ESBEN ZØLLNER OLESEN/RED BULL CONTENT POOL DAVYDD CHONG<br />
SILKEBORG, DÄNEMARK<br />
Ab durch<br />
den Wald<br />
Natürlich kostet es ein wenig Überwindung,<br />
speziell an einem Wintermorgen, aber so eine<br />
Wakeboard-Spritztour stärkt die Abwehrkräfte, die<br />
wir jetzt dringend brauchen. In Dänemark wissen<br />
sie das genau. Im Video „We, The Danes“ wird<br />
gesunde Härte als Lebenselixier gefeiert. Unter den<br />
Protagonisten: Board-Profi Robin Leroy Leonard,<br />
hier bei einer erfrischenden Session auf einem See<br />
bei Silkeborg in Zentraldänemark, fotografiert<br />
vom Kopenhagener Esben Zøllner Olesen.<br />
Das ganze Video gibt’s auf redbull.com.<br />
Noch mehr Action: esbenzollnerolesen.com<br />
13
F U N D S T Ü C K<br />
Die Beatles am Cover von<br />
„Abbey Road“. Der Zebrastreifen<br />
steht seit 2010 unter<br />
Denkmalschutz.<br />
THE BE<strong>AT</strong>LES<br />
Rock ’n’ Rolle<br />
Original Klopapierrolle von der Toilette der Londoner Abbey Road Studios, 1969<br />
Zwischen Februar und August 1969 nahm die berühmteste Pop-Band der Welt ihr letztes gemeinsames<br />
Album auf. Es hieß genauso wie die Studios: „Abbey Road“. Auch unser Fundstück spielte eine Rolle:<br />
„Die meisten Dinge liefen damals sehr flauschig ab“, heißt es dazu in einem Brief von einem EMI General<br />
Manager, „nicht jedoch dieses Klopapier, das den Beatles zu hart und zu glatt war. Außerdem fanden sie<br />
es erbärmlich, dass jedes Blatt von EMI gestempelt war. Die Rolle wurde sofort ausgetauscht.“<br />
GETTY IMAGES, ALAMY<br />
14 THE RED BULLETIN
MEINE FANS<br />
FORDERN DEN<br />
ERFOLG!<br />
Das Leben wurde anders,<br />
aber das Wichtigste wird immer bleiben.<br />
www.laola1.at
P L A Y L I S T<br />
PAROV STELAR<br />
Mein Sohn,<br />
8, ist mein<br />
wichtigster<br />
Kritiker<br />
Electroswing-Pionier Parov Stelar<br />
verrät, welche Lieder sein Leben<br />
prägten – wie etwa jenes,<br />
das seinem Sohn Max einen<br />
schulfreien Tag bescherte.<br />
In seinem Studio auf Mallorca produziert<br />
Marcus Füreder, 46, geläufiger<br />
als Parov Stelar, gerade ein Album für<br />
sein Alter Ego Stelartronic: „Stelartronic<br />
– The Observer“ soll „elektronischer,<br />
experimenteller, poppiger“ grooven.<br />
Daneben bereitet der Allroundkünstler<br />
eine Ausstellung seiner Gemälde in<br />
Palma vor; im Clip zum neuen Stelartronic-Remix<br />
von „Brass Devil“ bringt<br />
sich der multitalentierte Oberösterreicher<br />
als Grafiker und erstmals auch<br />
als Darsteller ein. Und mit seiner „Voodoo<br />
Sonic Documentary“ gibt er auf<br />
160 Streaming-Plattformen (darunter<br />
Amazon und Apple TV) einen Einblick in<br />
sein Leben. Uns verrät der DJ, Produzent<br />
und Remixer, welche Lieder ihn bewegen.<br />
Multitalent<br />
Marcus Füreder<br />
alias Parov Stelar<br />
GusGus<br />
Within You (2011)<br />
„Diese Nummer habe ich vor<br />
zehn Jahren im heftigen Liebeskummer<br />
auf und ab gehört.<br />
Solche Zeiten fräsen sich<br />
in dein Hirn und dein Herz.<br />
Das Komische ist: Eigentlich erinnert<br />
sich ja niemand gern an<br />
solche Situationen. Aber Musik<br />
kann so viel! Wenn ich ‚Within<br />
You‘ heute höre, denke ich mir:<br />
Das war damals echt scheiße.<br />
Was bin ich froh, dass es<br />
mir wieder so gut geht!“<br />
Macklemore & Ryan Lewis<br />
Can’t Hold Us (2011)<br />
„Ich beschäftige mich als<br />
Produzent intensiv mit Sound-<br />
Ästhetik und muss mich davor<br />
hüten, Musik zu sehr zu analysieren.<br />
Als ich diesen Song<br />
zum ersten Mal gehört habe,<br />
dachte ich: Ist das ihr Ernst?<br />
Das Tempo, in der Macklemore<br />
rappt, ist unwirklich – Respekt!<br />
Ich bin nicht der größte Hip-Hop-<br />
Fan, aber diese Nummer hat so<br />
einen Drive, dass ich aufstehen<br />
und tanzen muss.“<br />
Carla Morrison<br />
Azúcar morena (2015)<br />
„Azúcar morena, das heißt<br />
,brauner Zucker‘. Dieses bittersüße<br />
Lied der Mexikanerin<br />
Carla Morrison ist relativ neu,<br />
aber zeitlos schön. Ich tue mir<br />
schwer, über Musik zu reden<br />
und etwas zu beschreiben, das<br />
man nicht in Worte fassen kann.<br />
Vor allem bei Songs, die dieses<br />
gewisse Etwas haben und<br />
damit etwas in dir berühren.<br />
Dieses Lied schlägt einfach<br />
verborgene Saiten in mir an.“<br />
Parov Stelar<br />
Brass Devil (2020)<br />
„Eine Nummer aus meinem<br />
eigenen Repertoire, die ich nie<br />
vergessen werde. Mein Sohn<br />
Max, er wird bald neun, ist mein<br />
wichtigster Indikator; Kinder<br />
sind gnadenlos ehrlich. Als ich<br />
ihm ‚Brass Devil‘ zum ersten Mal<br />
vorgespielt habe, hat er sofort<br />
zu hüpfen begonnen. Wir haben<br />
im Studio vier Stunden Party gemacht<br />
und waren danach beide<br />
erledigt. Max hat am nächsten<br />
Tag schulfrei bekommen.“<br />
JAN KOHLRUSCH FLORIAN OBKIRCHER<br />
16 THE RED BULLETIN
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D A S F I K T I V E P H I L O S O P H E N - I N T E R V I E W<br />
SOKR<strong>AT</strong>ES FRAGT<br />
„Erkennst du dich selbst,<br />
oder postest du noch?“<br />
Social Media ist für ihn nichts anderes als der antike<br />
Markt von Athen: eine Gelegenheit, bei der man die<br />
Weltbilder seiner Zeitgenossen zum Einsturz bringt.<br />
Wie das funktioniert, erklärt der große Denker<br />
Sokrates in unserem fiktiven Interview mit dem<br />
deutschen Philosophen Christoph Quarch.<br />
the red bulletin: In den sozialen<br />
Medien können Menschen sich<br />
zeigen und einander begegnen<br />
– selbst wenn sie physisch an verschiedenen<br />
Orten sind. Ist das<br />
nicht ein großartiges Instrument,<br />
um miteinander ins Gespräch<br />
zu kommen?<br />
sokrates: Ha, da haben Sie mir<br />
einen schönen Köder hingeworfen,<br />
mein Freund. Denn Sie wissen ja genau,<br />
dass ich ein riesengroßer Fan von<br />
Gesprächen bin. Und warum nicht<br />
auch mal chatten oder twittern?<br />
Mir ist nur eines nicht ganz klar<br />
dabei: Wer sind eigentlich diejenigen,<br />
die auf Social Media<br />
kommunizieren?<br />
Wie meinen Sie das? Man nennt<br />
diese Leute Nutzer.<br />
Ja, das weiß ich. Aber was ist<br />
das – ein Nutzer? Sehen Sie: Bei<br />
uns im alten Griechenland kannte jeder die Tempelinschrift<br />
in Delphi. Sie lautete: „Erkenne dich selbst!“<br />
Deshalb frage ich jeden Nutzer, ob er sagen kann,<br />
was es heißt, ein Nutzer zu sein. Verstehen Sie, was<br />
ich meine?<br />
Ja, schon. Und was ist aus Ihrer Sicht ein Nutzer?<br />
Lassen Sie uns mal so tun, als wäre hier ein Nutzer,<br />
den wir fragen könnten: „Hey Nutzer, wer bist du?“<br />
– „Was ist das für eine komische Frage, schau dir mal<br />
mein Profil an, dann weißt du’s.“ – „Okay, da finde<br />
ich ein Foto und ein paar Infos über dich. Aber das<br />
war doch wohl noch nicht alles.“ – „Na klar, ich kann<br />
doch nicht mein ganzes Leben in mein Profil quetschen.“<br />
– „Das will ich hoffen, aber dann bist du doch<br />
offenbar etwas anderes als dein Profil. Oder sagen wir<br />
so: Dein Profil ist ein Bild von dir – aber du bist nicht<br />
mit diesem Bild identisch …“ Merken Sie, worauf ich<br />
hinauswill?<br />
„Den Leuten ist<br />
jedes Mittel recht,<br />
um attraktiv zu<br />
scheinen, und sie<br />
vergessen darüber,<br />
attraktiv zu sein.“<br />
Sie wollen sagen, dass man im Netz eigentlich nur<br />
mit einem Bild von sich unterwegs ist, aber nicht<br />
als die Person, die man eigentlich ist?<br />
Genau das meine ich. Und jetzt kommt’s: Ein Bild kann<br />
wahr oder falsch sein. Es kann das, was es abbildet,<br />
getreu wiedergeben, es kann aber auch ein<br />
Zerrbild sein. Meistens ist Letzteres der Fall:<br />
Das Bild, mit dem Sie in sozialen Medien<br />
unterwegs sind, gibt dann gar nicht<br />
zu erkennen, wer Sie tatsächlich sind,<br />
sondern nur, wer Sie gern sein wollen.<br />
Es ist fast immer ein Wunschbild,<br />
das Sie von sich haben. Und das ist<br />
ziemlich oft ein verdammter Fake.<br />
Heißt das, wir machen uns in den<br />
sozialen Medien alle etwas vor?<br />
Vielleicht nicht alle, aber viele. Es ist<br />
wirklich wie früher auf dem Markt<br />
von Athen. Die Leute wollen sämtlich<br />
Aufmerksamkeit. Sie wollen<br />
bewundert und wertgeschätzt<br />
werden. Aus diesem Grund ist<br />
ihnen jedes Mittel recht, um gut<br />
und attraktiv zu scheinen – und<br />
sie vergessen darüber, gut und<br />
attraktiv zu sein. Das ist schade.<br />
Haben Sie deshalb keinen<br />
Facebook-Account?<br />
Och, ich würd mir schon noch einen anlegen, denn<br />
für Social Media gilt am Ende das Gleiche wie für<br />
den Markt in Athen: Du kannst darin als Fake-Avatar<br />
herumlaufen und dich mit deinem Profil verwechseln,<br />
du kannst Social Media aber auch für Dialoge nutzen,<br />
in denen du anfängst, dich selbst zu erkennen und<br />
deine albernen Selbstinszenierungen als das zu durchschauen,<br />
was sie sind: fruchtlose Schattenspiele, die<br />
dich davon abhalten, wirklich du selbst zu sein.<br />
SOKR<strong>AT</strong>ES (ca. 470–399 v. Chr.) ist die Galionsfigur der europäischen<br />
Philosophie. Zu Lebzeiten war der griechische Denker<br />
berühmt dafür, unreflektierte Selbst- und Weltbilder infrage<br />
zu stellen. Damit zog er den Zorn vieler Mitbürger auf sich,<br />
die ihn in einem fragwürdigen Prozess zum Tode verurteilten.<br />
CHRISTOPH QUARCH, 56, ist deutscher Philosoph, Theologe,<br />
Unternehmens-Coach und Autor zahlreicher philosophischer<br />
Bücher. Zuletzt erschienen: „Platon und die Folgen“,<br />
Verlag J. B. Metzler, Stuttgart.<br />
DR. CHRISTOPH QUARCH BENE ROHLMANN<br />
18 THE RED BULLETIN
#THECRAFTOFSAFT<br />
shot @rauchjuicebar<br />
Neubaugasse, Wien<br />
IMMER<br />
EINEN<br />
SCHLUCK<br />
VORAUS.<br />
Direkt gepresste<br />
Säfte mit dem Plus<br />
an Vitaminen.
P O R T F O L I O<br />
„Wir hatten<br />
nicht viel Zeit.<br />
Die Securitys<br />
waren uns auf<br />
den Fersen.“<br />
Skateboard-Fotograf<br />
Jake Darwen über die Magie<br />
des Augenblicks<br />
am Rande des Verbotenen.<br />
Text ANDREAS WOLLINGER<br />
Volles Rohr<br />
Anthony Schultz, Seoul,<br />
Südkorea, 2016<br />
„Vor dem größten Einkaufszentrum<br />
Seouls steht diese perfekte Full Pipe.<br />
Das Problem sind nur die vielen<br />
Wachleute. Ein paar von den Jungs<br />
lenkten sie ab, Anthony hatte Zeit<br />
für genau zwei Versuche, dann haben<br />
sie uns des Areals verwiesen.“<br />
20 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 21
P O R T F O L I O<br />
Unter dem<br />
Regenbogen<br />
Casey Ainsworth,<br />
Adelaide,<br />
Australien, 2015<br />
„Casey entdeckte<br />
diese wirklich steile<br />
Bank (eine Schräge,<br />
die Tricks zulässt;<br />
Anm.) untertags, wir<br />
gingen abends hin,<br />
um ungestört zu sein.<br />
Da stellten wir fest,<br />
dass das Stadion<br />
beleuchtet war, was<br />
die Sache gleich noch<br />
viel schöner machte.“<br />
22 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 23
P O R T F O L I O<br />
Nicht mal Fliegen ist schöner<br />
Marius Syvänen, Tugun, Australien, 2018<br />
„Fast zu schön, um wahr zu sein, aber diese Bowl<br />
ist nur ein paar hundert Meter von der Landebahn<br />
des Flughafens von Gold Coast entfernt. Marius<br />
und ich stoppten, dass die Flugzeuge zirka alle<br />
20 Minuten ankamen. Schwebte also ein Flieger<br />
herein, legte Marius los. Es dauerte lang, bis wir es<br />
präzise hinbekamen, aber das war es allemal wert.“<br />
24 THE RED BULLETIN
Sprünge im Schulhof<br />
Jake Hayes & Jordan Trahan,<br />
Los Angeles, USA, 2019<br />
„Klassische Schulhof-Session, mitten im Hochsommer.<br />
Meine Blitzgeräte explodierten fast<br />
in der Hitze, aber die Jungs behielten einen<br />
kühlen Kopf und schafften es, ihre Kickflips über<br />
den Tisch perfekt zu synchronisieren.“<br />
THE RED BULLETIN 25
P O R T F O L I O<br />
Big City, Bright Lights<br />
Marquise Henry, Los Angeles, USA, 2020<br />
„Ich war schon immer ein großer Fan davon, mein<br />
Motiv von hinten zu beleuchten, wann immer ich<br />
die Gelegenheit dazu habe. Die Art und Weise, wie<br />
die Schatten dann mit dem Boden verschmelzen,<br />
und das Glühen hinter der Person: Ich liebe es!“<br />
Kunst und Können<br />
Louie Dodd, Melbourne,<br />
Australien, 2016<br />
„Louie skatet immer an Stellen, die<br />
so toll sind, dass man sich wünscht,<br />
ihn dabei fotografieren zu können.<br />
Glücklicherweise ging mein Wunsch<br />
in Erfüllung: Diese abstrakte Skulptur<br />
steht im Herzen von Melbourne.“<br />
26 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 27
P O R T F O L I O<br />
28 THE RED BULLETIN
Springen<br />
im Brunnen<br />
Dean Palmer,<br />
Peking, China,<br />
2014<br />
„Ich wollte immer<br />
schon jemanden in<br />
einem Springbrunnen<br />
fotografieren, aber<br />
meistens wollen die<br />
Leute nicht nass<br />
werden. Als ich mit<br />
Dean in Peking war,<br />
fragte ich ihn, ob er<br />
Lust habe. Nach fünf<br />
Minuten war er tropfnass.<br />
Er ist dann ins<br />
Hotel zurück, holte<br />
sich neue Klamotten,<br />
und weiter ging’s.“<br />
THE RED BULLETIN 29
P O R T F O L I O<br />
Sicherheit ist relativ<br />
Franky Villani, Los Angeles, USA, 2020<br />
„Nach dem Ausbruch von Corona hatte ich einen Monat<br />
lang kein Foto geschossen. Dann erkannten wir, dass<br />
geschlossene Schulen sichere Orte waren – keine<br />
Menschen weit und breit. Franky wählte prompt den<br />
am wenigsten sicheren Trick: den 50-50 Grind Hippie<br />
Jump – über das Geländer durch das Loch im Zaun.“<br />
30 THE RED BULLETIN
Eine Frage des Gleichgewichts<br />
Gabriel Summers, Melbourne, Australien, 2015<br />
„Bis heute weiß keiner, wer das gebaut oder wozu es gedient<br />
hat – eine wilde Konstruktion mit herausstehenden<br />
Nägeln und Sperrholzstücken, die sich gegenseitig überlappen.<br />
Gabriel musste wie ein Turner balancieren, um<br />
sein Brett in die richtige Position zu bringen, und dann<br />
einfach das Beste hoffen. Zum Glück ist nichts passiert.“<br />
THE RED BULLETIN 31
P O R T F O L I O<br />
Blitzaktion im Bahnhof<br />
Ronnie Kessner, New York, USA, 2019<br />
„Wir waren in diesem Bahnhof was essen. Beim<br />
Rausgehen fiel mir auf, dass man von oben<br />
ganz nach unten sehen konnte, was sofort eine<br />
Fotoidee zündete. Ich verständigte mich mit<br />
Ronnie via Handy, ein Assistent blitzte ihn zusätzlich<br />
von oben, was den Schatten erzeugte.<br />
Viel Zeit hatten wir nicht, die Securitys waren<br />
uns schon auf den Fersen.“<br />
32 THE RED BULLETIN
Verbotene Leidenschaften<br />
Kayle Lawson, Melbourne, Australien, 2016<br />
„Diese Stelle war jahrelang gesperrt. Doch dann<br />
haben Hiesige die Sperren entfernt, und man konnte<br />
genau zwei Wochen skaten. Im Bild: mein bester<br />
Freund Kayle bei einem Switch Backside Lipslide.“<br />
THE RED BULLETIN 33
P O R T F O L I O<br />
34 THE RED BULLETIN
Mit 16 zog sich<br />
Jake Darwen eine<br />
Knieverletzung zu<br />
– nicht lustig, wenn<br />
man davon träumt,<br />
Skateboardprofi<br />
zu werden. Doch<br />
der Sonnyboy aus<br />
Auckland, Neuseeland, nützte das<br />
halbe Jahr Krankenstand kreativ:<br />
Er legte sich eine Kamera zu, um Teil<br />
der Szene zu bleiben, wenn er schon<br />
nicht selber fahren konnte. Schnell<br />
wurde die Fotografie zu seiner neuen<br />
Leidenschaft, wobei er den gleichen<br />
Zugang wählte wie beim Skateboarden:<br />
„Du kannst nicht aufhören, dich<br />
zu verbessern, das macht süchtig“,<br />
sagt er. Nach fünf Jahren in Australien<br />
übersiedelte er schließlich nach<br />
Los Angeles und zählt heute, mit 28,<br />
zu einem der gefragtesten Skateboard-Fotografen<br />
der Welt. Vor allem<br />
weil er es versteht, die flüchtigen<br />
Tricks der Boarder und ihre Umgebung<br />
mit wachem Blick und perfektem<br />
Timing zu Gesamtkunstwerken zu<br />
erhöhen. „Ich glaube“, sagt er, „dass<br />
man ein Foto auf die Art dazu bringt,<br />
eine Geschichte zu erzählen.“<br />
Bilder aus Jakes Leben: Instagram: @jakedarwen<br />
Tag der Fahne<br />
Jake Hayes, Chongqing,<br />
China, 2014<br />
„Diese Flaggen fielen mir auf, als wir<br />
von einem Spot zum nächsten unterwegs<br />
waren. Ich kletterte auf einen<br />
Baum, um den Blickwinkel richtig<br />
hinzukriegen, und Jake machte ein<br />
paar Kickflips. Zum Glück waren<br />
nirgends Securitys.“<br />
THE RED BULLETIN 35
Musik<br />
„Meine Songs<br />
sind dunkelgrün<br />
und himbeerrot“<br />
Wenn Lea Lu singt, wird ihre Welt ganz bunt – denn<br />
jeder Klang ist für sie Farbe. Die Sängerin sieht Töne.<br />
Und das gibt ihrer Musik einen einzigartigen Anstrich.<br />
Interview SABRINA LUTTENBERGER<br />
Foto CLAUDIO STRÜBY<br />
Wenn Lea Lu auf die dunkle Seite<br />
ihrer Seele wechselt – dorthin, wo<br />
es ein wenig düsterer zugeht –, dann<br />
sieht sie nicht schwarz, nein, sie hört<br />
dunkelgrün.<br />
Für die Sängerin, 36, steht Dunkelgrün<br />
für F-Dur – und zwar immer.<br />
Denn Lea Lu ist Synästhetikerin.<br />
Das heißt: Jeder Ton, jeder Akkord<br />
lässt vor ihrem inneren Auge eine<br />
bestimmte Farbe erklingen.<br />
Nur einer von 20.000 Menschen,<br />
schätzen Experten wie der Neuropsychologe<br />
Lutz Jäncke von der Uni<br />
Zürich, besitzt diese Gabe. Der rus sische<br />
Maler Wassily Kandinsky soll sie<br />
gehabt haben, die New Yorker Sängerin<br />
Lady Gaga und der Frontmann<br />
der britischen Popband Coldplay,<br />
Chris Martin, sehen Töne wie Lea Lu.<br />
Neue Studien gehen davon aus,<br />
dass fast jeder Zwanzigste Töne sieht,<br />
viele, ohne sich dessen bewusst zu<br />
sein. Lange ahnte auch Lea Lu nichts<br />
von ihrer Gabe, erst eine Doku über<br />
Synästhesie öffnete ihr die Augen.<br />
Dabei hatte die Schweizerin sich<br />
schon als Sechsjährige mit ihrer speziellen<br />
Fähigkeit durch den Geigenunterricht<br />
geschummelt: Statt der<br />
Noten merkte sie sich die Farbfolge,<br />
die sie sah, wenn ihr die Lehrerin<br />
ein Stück vorspielte.<br />
Ob die Farbe vor ihrem inneren<br />
Auge ihren Liedern einen besonderen<br />
Klang verleiht? Wir meinen ja – ihrer<br />
ersten Single „I Call You“ gibt sie<br />
einen einzigartigen Anstrich, ihr dieses<br />
Jahr erscheinendes Album verspricht<br />
eine bunte Welt. Ein Happy<br />
End, mit einem dunkelgrünen Start<br />
in New York.<br />
the red bulletin: Wenn du mit<br />
Leuten Musik machst, kann es<br />
passieren, dass die anderen etwas<br />
richtig gut finden, wo für dich<br />
die Klang-Farb-Kombination nicht<br />
funktioniert?<br />
lea lu: Ja, das kommt wirklich<br />
vor. Wenn die Komposition toll ist,<br />
die Farben aber langweilig sind,<br />
beeinflusst das bereits meine Wahrnehmung<br />
des Songs. Oder zum Beispiel<br />
F-Dur – das ist für mich immer<br />
dunkelgrün, ein bisschen düster.<br />
Es kann schon sein, dass ich dafür<br />
eher melancholischere Themen<br />
wähle. Auf der anderen Seite würde<br />
ich niemals einen traurigen Song in<br />
A‐Dur schreiben. A-Dur ist himbeerrot,<br />
eine fröhliche Farbe!<br />
Wie kann man sich das vorstellen,<br />
dass du Musik nicht nur hörst,<br />
sondern auch siehst?<br />
Es ist wie eine Farbebene, die immer<br />
da ist, also auch jetzt, wenn wir<br />
sprechen. Es gibt dieses Empfinden,<br />
das mehr im Inneren des Körpers<br />
stattfindet. Ich habe das nicht nur<br />
bei Tönen, sondern auch wenn ich<br />
lese und Buchstaben sehe. Da sind<br />
dann aber nicht die Buchstaben<br />
farbig, sondern ich sehe die Farben.<br />
Bei der Musik ist das eben auch so:<br />
Es tauchen Farbnebel vor meinem<br />
inneren Auge auf. Jeder Akkord<br />
und jeder Ton hat in meinem Kopf<br />
eine bestimmte Farbe. Und das ist<br />
immer dieselbe.<br />
Beeinflusst dich diese Fähigkeit<br />
auch in anderen Bereichen?<br />
Mir hilft es dabei, mir Dinge zu merken.<br />
Also, ich hab schon als kleines<br />
Kind Geige gespielt, konnte aber keine<br />
Noten lesen. Die Geigen lehrerin<br />
wusste das aber nicht und hat mir<br />
das Notenblatt hingestellt. Ich hab<br />
sie dann gefragt: „Können Sie das<br />
bitte vorspielen?“ Ich habe mir die<br />
Tonfolge farblich gemerkt und so<br />
getan, als ob ich die Noten lesen<br />
würde. Sie hat das sechs Jahre lang<br />
nicht gemerkt! (Lacht.)<br />
Normalerweise würden wir jetzt<br />
über deinen New-York-Aufenthalt<br />
sprechen. Doch 2020 kam alles<br />
anders.<br />
Ja, ich wäre von März bis September<br />
mit einem Auslandsstipendium der<br />
Stadt Zürich in New York gewesen.<br />
Der Traum jedes Künstlers! Ich<br />
bin am 9. März angereist und war<br />
am 17. März notgedrungen wieder<br />
zurück in der Schweiz. Das war<br />
ein Schock, wie die Pandemie sich<br />
so plötzlich entfacht hat.<br />
Wie hast du die Zeit erlebt?<br />
Zuerst hatte ich natürlich Angst –<br />
um meine Familie, meine Freunde,<br />
meine Gesundheit. Ich war wie in<br />
einer Schockstarre, bis ich erkannt<br />
habe, ich muss da wieder raus. Das<br />
habe ich geschafft, indem ich mir<br />
möglichst viele wissenschaftliche<br />
Informationen zu Covid-19 beschafft<br />
habe. Ich hab viel gelesen und mich<br />
mit Freunden aus Taiwan ausgetauscht,<br />
die bereits früh Erkenntnisse<br />
36 THE RED BULLETIN
„Ich musste<br />
raus aus der<br />
Schockstarre.“<br />
Lea Lu, 36, kämpfte sich nach einem<br />
harten Jahr 2020 wieder zurück.<br />
THE RED BULLETIN 37
Musik<br />
zum Virus hatten. Als die Angst weg<br />
war, war das Organisieren wichtig.<br />
Okay, was mache ich jetzt? Wie zum<br />
Teufel zahle ich meine Miete? Es ist<br />
Lockdown. Ich hab keine Konzerte,<br />
ich kann keinen Gesangsunterricht<br />
geben.<br />
Zum weltweiten Ausnahmezustand<br />
kam also auch noch<br />
ein persönlicher?<br />
Ja. Die Kulturbranche wurde von der<br />
Situation hart getroffen. Zum Glück<br />
gab es nach einigen Monaten Unterstützungsbeiträge<br />
von verschiedenen<br />
Institutionen. Um die erste Zeit<br />
zu überbrücken, habe ich mir Geld<br />
von Freunden geliehen. Sobald das<br />
Finanzielle vorerst geklärt war, hat<br />
sofort wieder das Kreieren begonnen.<br />
Das Leben kam wieder in Bewegung.<br />
Ich wollte schon sehr lange an<br />
meinem neuen Album arbeiten,<br />
deshalb bin ich ja auch nach New<br />
York gegangen.<br />
Stattdessen hast du es bei dir<br />
daheim in Zürich aufgenommen.<br />
Wie war die Arbeit daran?<br />
Als ich die Songs geschrieben hatte,<br />
habe ich einfach angefangen, die<br />
Musik mit meinem Schlagzeuger, mit<br />
dem ich mir den Proberaum teile,<br />
aufzunehmen – mit den Möglichkeiten,<br />
die wir zur Verfügung hatten.<br />
Und ich habe mir Bass-Spielen beigebracht.<br />
Weil ich … na ja, keinen<br />
„I love the<br />
songs! I love<br />
your voice!“<br />
Der kanadische Musiker Mocky<br />
war sofort bereit,<br />
Bass für Lea Lu zu spielen.<br />
Bassisten in der Nähe hatte. (Lacht.)<br />
Es ging eigentlich ganz okay, aber<br />
dann ist mir plötzlich wieder Mocky<br />
in den Sinn gekommen. Ein kanadischer<br />
Musiker, der schon mit Jamie<br />
Lidell (britischer Sänger; Anm.) und<br />
Leslie Feist (kanadische Sängerin;<br />
Anm.) gearbeitet hatte. Den wollte<br />
ich eigentlich in New York treffen.<br />
Ich hab mir gedacht, die Chance<br />
ist klein, aber ich frag einfach mal<br />
per Mail bei ihm an. Er hat zurückgeschrieben<br />
und war begeistert:<br />
„I love the songs! I love your voice!<br />
I would love to play on your album!“<br />
Er hat dann in Los Angeles die Bass-<br />
Linien eingespielt und uns geschickt.<br />
Das war so krass: Es hat sofort so<br />
geklungen, als ob wir schon lange<br />
eine Band wären! Ohne dass wir uns<br />
einmal getroffen haben.<br />
Wenn man sich das Album anhört,<br />
wird man etwas von der Stimmung<br />
des vergangenen Jahres spüren?<br />
Ich glaube, man wird darin deutlich<br />
das Bedürfnis nach Austausch spüren.<br />
Das, was ich mir in dieser Zeit am<br />
meisten gewünscht habe: wieder<br />
mit anderen Musikern spielen zu<br />
können. Für mich ist das Album<br />
auch eine Weiterführung meiner EP<br />
„Rabbit“. Die war eine Soloproduktion,<br />
ein sehr einsames Stück Musik.<br />
Der nächste Schritt wäre gewesen,<br />
wieder in die Welt hinauszugehen.<br />
Dann kam Corona, und die Welt ging<br />
zu. Aber das Bedürfnis ist geblieben.<br />
Wie bist du damit umgegangen?<br />
Ich habe es so gelöst, wie es eben<br />
ging: zum Beispiel mit Mocky<br />
online. Als der Lockdown in der<br />
Schweiz zu Ende war, so Anfang<br />
Mai, konnte man sich auch wieder<br />
treffen und zusammen musizieren.<br />
Da haben wir das Proberaumstudio<br />
in ein Auto gepackt und in einer<br />
Alphütte wieder aufgebaut, und ich<br />
hab meine Lieblingsjazzmusiker aus<br />
der Schweiz eingeladen. Also, ich<br />
hab einfach nur angerufen, und sie<br />
sind alle gekommen. Das war ein<br />
wunderschönes Erlebnis. Deshalb<br />
heißt das Album auch „I Call You“.<br />
Dabei wolltest du als Kind auf<br />
keinen Fall Musikerin werden.<br />
Du hast angeblich gesagt, das sei<br />
dir viel zu anstrengend.<br />
Das stimmt. Ich hab schon sehr<br />
früh Songs geschrieben. Das war<br />
das Natürlichste für mich. Ich sag<br />
immer, das war meine erste Sprache,<br />
meine Muttersprache. Die Welt,<br />
in der ich mich ausdrücken konnte.<br />
Musikerin zu werden war aber<br />
nie ein Berufswunsch oder Traum.<br />
Nicht, weil es anstrengend ist – mir<br />
war wohl schon immer bewusst,<br />
dass es einfach schwierig ist, Musikerin<br />
zu werden und davon zu<br />
leben. Deshalb habe ich auch mit<br />
einem Psychologiestudium begonnen.<br />
Da hatte ich in den Vorlesungen<br />
aber immer eine Jazz-Notensammlung<br />
mit. Eine Mitstudentin hat<br />
mich irgendwann einmal gestupst<br />
und meinte: „Ey, du bist wirklich im<br />
falschen Studium.“ (Lacht.) Danach<br />
habe ich Jazz studiert.<br />
Und kannst du jetzt Noten lesen?<br />
Ja, das hat auch noch funktioniert.<br />
Als Anheizer für Coldplay: Lea Lu 2016 mit ihrer Band im Stadion in Zürich –<br />
48.000 Zuschauer sahen ihren Auftritt. Wie Lea Lus Leben Farbe gewinnt: lealu.ch<br />
LUKAS MAEDER<br />
38 THE RED BULLETIN
FLÜÜÜGEL<br />
FÜR DEN SOMMER.<br />
MIT DEM GESCHMACK VON KAKTUSFRUCHT.<br />
BELEBT GEIST UND KÖRPER ® .
Ultrarunning<br />
Der fitteste<br />
Feuerwehrmann<br />
Österreichs<br />
Andreas Michalitz, 52, Hauptbrandmeister aus Wiener<br />
Neustadt, hält den Weltrekord im 100-Kilometer-Lauf –<br />
und zwar in voller Montur. Das heißt: Er muss 26 Kilo<br />
mitschleppen. Und das ist nicht seine einzige Bestleistung.<br />
Interview WOLFGANG WIESER<br />
Foto PHILIPP HORAK<br />
Seine Vorbereitung für die Weltrekorde<br />
absolvierte Hauptbrandmeister<br />
Andreas Michalitz in der<br />
Nacht: Warum? „Weil es seltsam<br />
aussieht, wenn du mit einem Feuerwehrhelm<br />
auf dem Kopf läufst.“<br />
Tatsächlich näherte sich Profi-Feuerwehrmann<br />
aus Wiener Neustadt<br />
seiner schweißtreibenden Rekordjagd<br />
Stück für Stück: Einmal trug er<br />
den Helm, dann seine schweren<br />
Einsatzstiefel („Die sind fürs Laufen<br />
völlig ungeeignet“). Bis er schließlich<br />
in die komplette, 26 Kilo schwere<br />
Montur schlüpfte. Das monatelange<br />
Training hat sich gelohnt. Heute hält<br />
er vier Weltrekorde: im 100-Kilometer-Lauf<br />
(im Einzel und im Team<br />
mit drei deutschen Kollegen), für<br />
zwölf Stunden am Laufband und<br />
im Treppen steigen – alles in voller<br />
Feuerwehr-Montur.<br />
the red bulletin: Du hältst den<br />
Weltrekord im Treppensteigen<br />
in voller Montur, konkret hast<br />
du 82.301 Stufen in 24 Stunden<br />
geschafft. Frage eins: Was heißt<br />
in voller Montur genau? Frage<br />
zwei: Ganz ehrlich, ist das nicht<br />
ein bisschen verrückt?<br />
Andreas Michalitz: Die zweite<br />
Frage kann ich kurz beantworten:<br />
Ja. Zur ersten Frage: Helm, Jacke,<br />
Handschuhe, Hose, Stiefel, Atemschutzgerät,<br />
Beil, eine Maske – alles<br />
in allem 26 Kilo schwer.<br />
Wie bist du überhaupt auf diese<br />
verrückte Idee gekommen?<br />
Den Treppenrekord hat vor mir Joey<br />
Kelly von der Kelly Family gehalten<br />
– allerdings ohne Montur. Ich wollte<br />
nur beweisen, wie fit du als Feuerwehrmann<br />
sein musst.<br />
Dieser Weltrekord ist nicht dein<br />
einziger, du hältst vier, einer davon<br />
ist der Weltrekord im 100-Kilometer-Lauf<br />
in Feuerwehr-Schutzausrüstung<br />
mit Atemschutz. Du<br />
hast dafür 15 Stunden, 11 Minuten<br />
und 10 Sekunden gebraucht. Was<br />
treibt dich zu solchen Leistungen?<br />
Das ist schwer zu sagen. Ich ver mute,<br />
es ist die Motivation, etwas Besonderes<br />
zu schaffen, was sonst kaum<br />
jemand schafft. In Österreich bin ich<br />
mit diesen Extremeinsätzen eher ein<br />
Einzelkämpfer, in Deutschland sind<br />
viel mehr Feuerwehrkollegen dabei.<br />
Deine Vorbereitung?<br />
Ich laufe seit rund 20 Jahren täglich.<br />
Zwei-, dreimal in der Woche habe<br />
ich speziell für die Weltrekorde<br />
trainiert. Auf unterschiedlichen<br />
Strecken. Meistens in der Nacht,<br />
weil es seltsam aussieht, wenn du<br />
mit einem Feuerwehrhelm auf dem<br />
Kopf läufst. Das größte Problem<br />
waren die Schuhe: Die schweren<br />
Stiefel sind fürs Laufen eigentlich<br />
völlig ungeeignet. Aber wenn du<br />
lange genug übst, haut auch das hin.<br />
Was haben die Feuerwehrkollegen<br />
dazu gesagt? Und deine Frau,<br />
deine Kinder?<br />
Die waren Feuer und Flamme und<br />
haben mich unterstützt. Meine<br />
Frau Susanne, 54, und mein Sohn<br />
Alexander, 34, betreuen mich heute<br />
noch bei Extremläufen.<br />
Am Anfang deiner Laufbegeisterung<br />
stand ein Buch von Extremsportler<br />
Christian Schiester.<br />
In „Lauf ins Leben“ beschreibt er,<br />
wie er vom Kettenraucher zum Top-<br />
Sportler wurde. Es hat mich fasziniert,<br />
dass ein Antisportler all das<br />
schaffen kann.<br />
Bevor Christian mit dem Laufen<br />
begann, hatte er jeden Tag sechs<br />
Bier getrunken und 40 Zigaretten<br />
geraucht. Wie hat dein Sündenregister<br />
ausgesehen?<br />
Gegessen habe ich gerne, aber kaum<br />
Alkohol getrunken. Sportlich habe<br />
ich – außer ein bisschen Ski zu fahren<br />
– schlicht nichts gemacht.<br />
Sind diese Rekorde mehr als bloß<br />
ein Gag?<br />
Natürlich, sie sind so etwas wie eine<br />
Bestätigung meiner körperlichen,<br />
aber auch meiner mentalen Fitness.<br />
Wenn ich bei einem Einsatz auf<br />
der Autobahn auf 50 Grad heißem<br />
Asphalt stehe und im Schutzanzug<br />
arbeiten muss, ist es wichtig, nicht<br />
nur körperlich, sondern auch geistig<br />
fit zu sein.<br />
Wohin Andreas Michalitz gerade läuft:<br />
ultrarunning-michalitz.at<br />
40 THE RED BULLETIN
„In dieser<br />
Montur lief ich<br />
100 Kilometer<br />
am Stück.“<br />
Hauptbrandmeister Michalitz, 52,<br />
in seiner Sportbekleidung:<br />
„Ich will etwas schaffen, was sonst<br />
kaum jemand schafft.“<br />
THE RED BULLETIN 41
Skydiving<br />
KOMET<br />
MIT HELM<br />
Die Skydiver der <strong>Red</strong> Bull<br />
Air Force als menschliche<br />
Flugobjekte am Nachthimmel:<br />
Bei uns erzählt US-Fotograf<br />
Dustin Snipes, wie aus<br />
seiner verrückten Foto-Idee<br />
ein Stunt für die Geschichtsbücher<br />
wurde.<br />
Text NORA O’DONNELL<br />
Fotos DUSTIN SNIPES<br />
42
RED BULL AIR FORCE<br />
Lebende Fackel<br />
Ein Skydiver der <strong>Red</strong> Bull Air<br />
Force im Nachthimmel über<br />
Marfa, Texas. Die US-Kleinstadt<br />
ist für ihre mysteriösen Lichtphänomene<br />
berühmt, die „Marfa<br />
Lights“. Um diese für ein Fotoprojekt<br />
nachzustellen, zündeten<br />
die Athleten kurz nach dem<br />
Absprung pyrotech nische<br />
Raketen an ihren Fußgelenken.
Skydiving<br />
Himmels-<br />
Kunstwerk<br />
Dieses Bild besteht aus 48 Fotos:<br />
Sechs Kameras und je acht Langzeit<br />
belichtungen waren nötig,<br />
damit der gesamte Flug der<br />
vier Skydiver zu sehen ist – vom<br />
Absprung über den Formationsflug<br />
bis zu ihrem Verschwinden<br />
hinter den Bergen. „Ein abstraktes<br />
Gemälde auf einem schier endlosen<br />
Nachthimmel“, schwärmt<br />
Fotograf Dustin Snipes.<br />
44
Skydiving<br />
„Wir machen<br />
diesen Sprung<br />
nicht, weil<br />
er leicht,<br />
sondern weil er<br />
schwierig ist.“<br />
Fotograf Dustin Snipes<br />
Fotograf Snipes (li., mit seinem Team) kam im September 2020 zum ersten Mal nach Marfa, Texas,<br />
um sich nach Locations für das Nacht-Skydiving-Shooting umzusehen. „Die Planung dauerte Monate“,<br />
sagt er, „weil es jede Menge Variablen gab.“<br />
Wie so viele wilde<br />
Abenteuer beginnt<br />
auch diese<br />
Geschichte mit<br />
einer verrückten<br />
Idee – sie stammte von US-<br />
Fotograf Dustin Snipes.<br />
„Je verrückter, desto besser“,<br />
sagt er trocken. „In der Regel<br />
bedeutet das nämlich, dass<br />
es noch niemand vorher versucht<br />
hat.“<br />
Die Hochebene von West-<br />
Texas hat etwas ganz Besonderes<br />
zu bieten: einen Nachthimmel<br />
von außerirdischer<br />
Schönheit. Die Seehöhe und<br />
die Abwesenheit von Lichtverschmutzung<br />
lassen Millionen<br />
von Sternen funkeln wie<br />
Juwelen. Und über allem<br />
schwebt der mystische Schleier<br />
der Milchstraße.<br />
Doch damit nicht genug:<br />
Nahe der Kleinstadt Marfa<br />
werden immer wieder mysteriöse<br />
Lichterscheinungen<br />
beobachtet – pulsierende<br />
Kugeln in allen möglichen<br />
Farben, mittlerweile weltweit<br />
bekannt unter dem Schlagwort<br />
„Marfa Lights“. Paranormale<br />
Phänomene? Atmosphärische<br />
Spiegelungen von<br />
Scheinwerfern oder Lagerfeuern?<br />
UFOs? Wer weiß.<br />
Für Fotokünstler Dustin<br />
Snipes jedenfalls eine würdige<br />
Kulisse, um einen Nachtflug<br />
der <strong>Red</strong> Bull Air Force gebührend<br />
zu inszenieren: Was<br />
wäre, so der Grundgedanke<br />
der Aktion, wenn diese Weltklasse-Athleten<br />
selbst zu<br />
Marfa Lights würden? Snipes,<br />
in Los Angeles daheim, verbrachte<br />
Monate mit der Planung<br />
des Husarenstücks: Es<br />
galt, hunderte von Variablen<br />
mit einem Team von Experten<br />
einigermaßen berechenbar<br />
zu machen. „Es gab mehr Unwägbarkeiten<br />
als bei jedem<br />
anderen Shooting, das ich je<br />
gemacht habe“, sagt er.<br />
Snipes und das Team der<br />
<strong>Red</strong> Bull Air Force schlugen<br />
ihr Basislager auf der historischen<br />
Cibolo Creek Ranch<br />
auf. Zu ihr gehören mehr als<br />
Ein Mann sieht Rot<br />
Kurz nach Sonnenuntergang bringt Dustin Snipes seine<br />
Ausrüstung in Stellung. Das rote Licht ist ein entscheidendes<br />
Werkzeug für die Nachtfotografie – weil es die Augen des<br />
Fotografen im Dunkeln weniger blendet als normales Licht.<br />
DAN WIX, RED BULL AIR FORCE<br />
46 THE RED BULLETIN
Aufstieg<br />
und Fall<br />
Bild oben: Das <strong>Red</strong> Bull Air<br />
Force-Team im Flugzeug vor<br />
dem Absprung. Um sich auf<br />
einem mondlosen Himmel<br />
sichtbar zu machen, wickelten<br />
sich die Athleten in Ketten<br />
von LED-Lichtern; dazu verwendeten<br />
sie Pyro technik,<br />
die das Tempo und die Energie<br />
während des freien Falls rüberbringen<br />
sollte. Das ließ sie<br />
am Ende wie mensch liche<br />
Kometen wirken.
„Es gab mehr<br />
Unwägbarkeiten<br />
als bei jedem<br />
anderen Shooting,<br />
das ich je<br />
gemacht habe.“<br />
Fotograf Dustin Snipes<br />
Fotograf Snipes bat die Athleten,<br />
während der drei Sprünge mit dem<br />
Einsatz von LED-Lichtern und<br />
Pyrotechnik zu experimentieren.<br />
„Das LED liefert schnörkellose<br />
Linien“, sagt er. „Aber die Pyro fügt<br />
so viel Zufälligkeit hinzu und verleiht<br />
dem Ganzen einen wunderbar<br />
geheimnisvollen Look.“
Skydiving<br />
Touchdown<br />
Bloß zwei winzige Lichter boten<br />
den Springern Orientierung<br />
auf dem Weg zur Landung.<br />
„Rundherum waren nur Berge …<br />
und absolute Finsternis“, sagt<br />
Team-Captain Jon DeVore.<br />
„Das Abenteuer wäre wohl<br />
ziemlich böse ausgegangen,<br />
hätten wir es nicht zum richtigen<br />
Landeplatz geschafft.“<br />
RED BULL AIR FORCE<br />
Schweres Geschütz<br />
Um die ganze Schönheit des Nachthimmels über Marfa und den Flug der Bullen auf ein Bild<br />
zu bekommen, bastelte sich Fotograf Snipes ein Gestell für seine Canon-EOS-Kameras.<br />
Jede von ihnen machte acht Langzeitbelichtungen über die drei Minuten, die die Springer<br />
in der Luft waren. Die Konstruktion musste leicht für den Transport sein und stabil genug,<br />
um den Kameras Halt zu bieten. Snipes brauchte fünf Tage, um das Ding zu bauen.<br />
120 Quadratkilometer Land –<br />
mehr als genug Platz für störungsfreie<br />
Aufnahmen.<br />
Doch all die penible Vorbereitung<br />
half Snipes nicht bei<br />
der größten Herausforderung:<br />
beleuchtete Körper, die aus<br />
3000 Metern drei Minuten lang<br />
in die Dunkelheit fallen, ordentlich<br />
aufs Bild zu kriegen.<br />
Er verwendete ein Set-up aus<br />
neun Kameras, die auf ein selbst<br />
gebasteltes Gestell montiert waren,<br />
um ein 180-Grad-Panorama<br />
hinzubekommen.<br />
„Immer, wenn ich so etwas<br />
mache“, sagt Snipes, „muss ich<br />
an das denken, was Präsident<br />
John F. Kennedy seinerzeit über<br />
die Mondmissionen sagte: ‚Wir<br />
machen das nicht, weil es leicht,<br />
sondern weil es schwierig ist.‘<br />
Du willst schließlich nicht den<br />
ganzen Tag mit langweiligen<br />
Spaziergängen verbringen.“<br />
Das ganze Video der Marfa-Lights-<br />
Sprünge: redbull.com<br />
THE RED BULLETIN 49
WHEELIE<br />
Was für Tarek Rasouli auf<br />
dem Bike noch Spaß war,<br />
ist im Rolli im Alltag<br />
Notwendigkeit (was jetzt<br />
nicht heißt, dass er daran<br />
keinen Spaß hätte).<br />
50 THE RED BULLETIN
Mountainbike<br />
DAS IST EUROPAS<br />
WICHTIGSTER<br />
BIKE-MANAGER<br />
Vor seinem Unfall war TAREK RASOULI, 46,<br />
ein exzellenter Mountainbike-Freerider.<br />
Doch erst seit er im Rollstuhl sitzt,<br />
wurde er zum Dreh- und Angelpunkt der Szene<br />
und veränderte eine komplette Branche<br />
zum Besseren.<br />
Text WERNER JESSNER<br />
Fotos PHILIPP HORAK<br />
THE RED BULLETIN 51
Mountainbike<br />
Eine Liste von exakt zehn Personen, die<br />
dich beruflich geprägt haben und die du<br />
gern zum Abendessen einladen würdest:<br />
Wer Tarek Rasouli, 46, diese Frage stellt,<br />
beschäftigt ihn über Tage. Zehn Namen,<br />
keiner mehr. Legenden der Frühzeit,<br />
Superstars von heute, visionäre Bikepark-<br />
Entwickler, prägende Event-Erfinder,<br />
legendäre Filmer, renommierte Sportärztinnen,<br />
hingebungsvolle Trainer: Es<br />
ist das Who’s who der Szene. Wirklich<br />
nur zehn Namen? Tarek streicht und ergänzt,<br />
doch die Liste bleibt viel zu lang.<br />
Der Start: Ein Sonnyboy<br />
erobert die Bike-Welt<br />
Wer wissen will, warum dieser Mann so<br />
gut vernetzt ist, muss mitkommen auf<br />
eine kleine Zeitreise um die Jahrtausendwende.<br />
Wer damals Mountainbike-Fan<br />
war, hatte sehr wahrscheinlich ein Poster<br />
oder ein Magazin mit Tarek zu Hause.<br />
Der Münchner war der einzige Europäer<br />
unter den legendären „Fro-Ridern“,<br />
dem ersten Profi-Freeride-Team des Kult-<br />
Herstellers Rocky Mountain. Diese rare<br />
Pflanze hatte seine Wurzeln in einer<br />
BMX-Karriere und einer als Fotomodell.<br />
Tarek zierte in seiner Karriere eine zweistellige<br />
Zahl an Covern internationaler<br />
Bike-Magazine. Er sah gut aus und konnte<br />
verdammt gut fahren – eine seltene Kombination,<br />
vor allem in Europa. So startete<br />
er nach dem Abi eine Karriere, die er<br />
selbst managte. „Ich war meine eigene<br />
globale One-Man-Show: Manager, Pressesprecher,<br />
Trainer und mehr. Ich war überarbeitet,<br />
aber oft untertrainiert. Manchmal<br />
war mein Training das Fotoshooting<br />
selbst!“ Aber es funktionierte. Sein Geld<br />
verdiente er auch mit Shows und BMX-<br />
Rennen. Und dann das: „1999 wurde ich<br />
auf meiner Heimbahn nur Vizemeister.<br />
Im Ziel hab ich geweint, weil ich so enttäuscht<br />
war.“ Tarek war da immerhin<br />
schon 24 Jahre alt. Er stellte das BMX<br />
in die Ecke, konzentrierte sich voll aufs<br />
Mountainbike – aber nicht auf Rennen,<br />
sondern auf Videoproduktionen.<br />
Mit immer actionreicheren Clips<br />
wuchs er in die Freeride-Szene rein, die<br />
sich ausgehend vom kanadischen British<br />
Columbia gerade etablierte. Das Medium<br />
jener Tage war die VHS-Kassette, die Kult-<br />
Reihe hieß „Kranked“. Dort fuhren die<br />
Götter. Dank seiner Professionalität, aber<br />
auch seinem Style arbeitete sich Tarek<br />
bis zu den Fro-Ridern nach oben. Seine<br />
Sponsoren inszenierten ihn als Sonnyboy<br />
mit Models, Party und Glamour, selbst<br />
PIONIER DER LÜFTE<br />
Tarek sprang den später ikonisch<br />
gewordenen Stunt „Mushroom Drop“<br />
in Moab, Utah, als Erster.<br />
wenn es hinter den Kulissen nicht immer<br />
so glitzerte – aber wen kümmerte das<br />
schon: „Nach meinem ersten Auftritt in<br />
‚Kranked‘ musste ich reihenweise Autogramme<br />
geben – etwas, was mir all die<br />
Cover und die sportlichen Erfolge im<br />
BMX nie gebracht hatten.“<br />
Der Einschlag: ein Sturz,<br />
der plötzlich alles veränderte<br />
Für „Kranked 5“ sollte im Spätsommer<br />
2002 im kanadischen British Columbia<br />
gedreht werden, jenem Geburtsort des<br />
Freeriding. Ein neuer Berg, große Verwirrung<br />
bezüglich der Drehgenehmigungen,<br />
alles sehr konfus. Als die Rider endlich<br />
mit dem Lift im Bike-Resort Sun Peaks<br />
rauffahren durften, um die Stelle anzuschau<br />
en, auf der sie drehen wollten, sagte<br />
Tarek: „What a beautiful view from a<br />
wheel chair.“ Er hatte eigentlich „chairlift“<br />
gemeint, also Sessellift – und doch war<br />
der Satz beinahe prophetisch. Was die<br />
wenigsten wissen: Tareks Halbbruder,<br />
der im österreichischen Kärnten lebt,<br />
sitzt seit einem Kletter-Unfall im Rollstuhl.<br />
Kurz dachte er an ihn. Zwei Stunden<br />
nach diesem Satz schlug der Blitz<br />
bei Tarek ein. Der Landehügel war unterdimensioniert,<br />
er zu hoch gesprungen.<br />
In mehreren Metern Höhe warf er das<br />
Bike weg. Bei der Landung auf den Beinen<br />
gab der oberste Lendenwirbel auf. Sofort<br />
waren bestialische Schmerzen da. Taubheit.<br />
Und die Vermutung, dass die Bike-<br />
Karriere unwiderruflich zu Ende war.<br />
Der Neuanfang:<br />
Optimismus als Rettung<br />
Wenn Tarek Rasouli von jener Zeit<br />
spricht, in der er den Grundstein zu allem<br />
Weiteren legte, beginnt er noch im<br />
Krankenhaus in Kanada. Der freundliche<br />
150-Kilo-Pfleger mit der Piepsstimme.<br />
Dann das Dreibettzimmer in der Reha<br />
in Murnau, wo sich der eine Nachbar gar<br />
nicht und der andere nur einen Arm bewegen<br />
konnte, was diesem immerhin das<br />
Kettenrauchen ermöglichte. Tarek lag<br />
fröhlich dazwischen: „Ich habe einen<br />
Luxus- Querschnitt! Volle Beweglichkeit<br />
der Arme und Hände, sogar der Bauchmuskeln.<br />
Was soll ich da jammern?“<br />
Eine Eigenschaft, die Trial-Legende<br />
Danny MacAskill an Rasouli bewundert:<br />
„Ich habe Tarek noch nie – niemals – über<br />
seinen Zustand klagen gehört.“ In seinem<br />
Inneren sieht es bisweilen freilich anders<br />
aus: „Natürlich habe ich Schmerzen.<br />
Jeden Tag. Aber andere sind viel schlechter<br />
dran.“ Man würde seine Schmerzen<br />
nicht ahnen, genau wie man vergisst,<br />
dass der charismatische Mann mit den<br />
vielen Ideen im Rollstuhl sitzt, wenn<br />
man länger mit ihm zu tun hat. Seine<br />
Zuversicht und sein Anpackergeist sind<br />
es auch, die ihn schnell in Kontakt mit<br />
Gleichgesinnten bringen – etwa mit den<br />
Machern der Wings for Life Stiftung,<br />
die sich für die Heilung von Querschnittslähmung<br />
einsetzt (s. Kasten S. 55). Als<br />
Stiftungs-Botschafter spricht Tarek seit<br />
über 15 Jahren anderen Betroffenen Mut<br />
zu, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.<br />
SCOTT MARKEWITZ<br />
52 THE RED BULLETIN
DAS NETZWERK DES TAREK RASOULI<br />
Bei ihm laufen die Fäden zusammen: Der Bike-Manager (in der Mitte) kennt<br />
auf zwei Rädern die Götter und die Welt – und bringt sie zusammen.<br />
DER KULT-FILMER<br />
DEREK WESTERLUND<br />
Von „New World Disorder“<br />
bis „Where the Trail Ends“:<br />
Er setzt die Athleten in Szene.<br />
DER LOCAL HERO<br />
ERIK FEDKO<br />
Tarek hat den besten<br />
deutschen Freerider einst<br />
bei einem kleinen Event<br />
entdeckt.<br />
DER YOUTUBE-<br />
SUPERSTAR<br />
FABIO WIBMER<br />
Der gebürtige Osttiroler<br />
hat die Ideen, Tarek und Co<br />
tragen sie in die Welt.<br />
BORIS BEYER/RED BULL CONTENT POOL(2), BRYAN RALPH, PHILIP PL<strong>AT</strong>ZER/RED BULL CONTENT POOL,<br />
COLIN MEAGHER, YORRIX CARROUX, JONNIE BOER, DAVE MACKISON/RED BULL CONTENT POOL, KLAUS BAUER<br />
DER EVENT-GURU<br />
TODD BARBER<br />
Erfinder des legendären<br />
<strong>Red</strong> Bull Rampage und weiterer<br />
Bike-Spektakel<br />
DIE TRIAL-IKONE<br />
DANNY MacASKILL<br />
Der Mann, der uns immer<br />
wieder staunen lässt, ist<br />
mittlerweile mehr Freund<br />
als Klient von Tarek.<br />
DIE ÄRZTIN<br />
DR. CHRISTINE<br />
BACHMANN<br />
Behandelt Tareks Biker<br />
und weitere Top-Athleten.<br />
DER TRAINER<br />
LORENZ WESTNER<br />
Kümmert sich um<br />
begnadete Körper auch<br />
in schwierigen Lagen.<br />
DER BIKEPARK-VISIONÄR<br />
KORNEL GRUNDNER<br />
Setzte Leogang in Salzburg<br />
auf die Bike-Landkarte – auch<br />
dank Tareks Events.<br />
DIE BESTE SCHWESTER<br />
N<strong>AT</strong>HALIE TANOS<br />
Stellvertretende Geschäftsführerin<br />
bei Rasoulution und<br />
Tareks rechte Hand<br />
DER FREERIDE-<br />
ÜBERFLIEGER<br />
EMIL JOHANSSON<br />
Der Freerider mit dem vielleicht<br />
größten sportlichen<br />
Potenzial weltweit vertraut<br />
auf Tareks Netzwerk.<br />
THE RED BULLETIN 53
WIEDER AUF DEN BEINEN<br />
Es ist ein persönlicher Durchbruch:<br />
Seit kurzem kann Tarek wieder<br />
eigene Schritte machen – mit<br />
Hightech-Unterstützung des Exoskeletts<br />
EksoNR von Ekso Bionics<br />
und immer in Begleitung einer Physiotherapeutin.<br />
So will er am 9. Mai<br />
sogar beim Wings for Life World<br />
Run wieder als Läufer starten.<br />
54 THE RED BULLETIN
Mountainbike<br />
PHILIP PL<strong>AT</strong>ZER FOR WINGS FOR LIFE WORLD RUN<br />
Die Revolution: Ein Kolumnist<br />
erfindet etwas andere Bike-Events<br />
Nach der intensiven Reha-Phase machte<br />
Tarek da weiter, wo er vor dem Unfall<br />
aufgehört hatte: Er jammerte nicht, sondern<br />
managte sich selber, genau wie er<br />
es immer getan hatte. Nutzte seine Kontakte.<br />
Er schaute beim Magazin „Bike“<br />
rein und kam mit dem Auftrag für eine<br />
ständige Szene-Kolumne raus. Schließlich<br />
die Anfrage, ob er sich zutrauen<br />
würde, ein Event zu organisieren. Hatte<br />
er zwar noch nie gemacht, aber er hegte<br />
schon lange den Traum, auch Menschen<br />
jenseits der Szene für Bike-Events zu begeistern.<br />
Und so wählte er die Location<br />
nicht versteckt in den Bergen, sondern<br />
bei Konstanz am Bodensee und setzte auf<br />
Good Vibes und Partystimmung. Aus<br />
„Ride to the Lake“ sollte später der <strong>Red</strong><br />
Bull District Ride entstehen, ein Bike-<br />
Spektakel vor zehntausenden Zuschauern,<br />
zuletzt etwa in der Nürnberger Altstadt.<br />
Ermutigt vom Erfolg in Konstanz,<br />
gründete Tarek mit einer Freundin eine<br />
Event-Agentur: Rasoulution.<br />
Die Begeisterung und der Optimismus,<br />
mit denen Tarek an die Sache heranging,<br />
erweckten Dinge zum Leben, die sonst<br />
nie und nimmer funktioniert hätten. Das<br />
Feuer, das damals aufflackerte, brennt<br />
heute unverändert hell: Wenn er vorab<br />
den streng geheimen Pilot des jüngsten<br />
Danny-MacAskill-Videos „The Slabs“<br />
durchschickt, freut er sich wie ein Kind,<br />
weil einem seiner Athleten wieder einmal<br />
etwas Unfassbares gelungen ist und<br />
er seinen Teil dazu beitragen konnte.<br />
Die Familie: Eine Heimat für globale<br />
Zweirad-Stars entsteht<br />
Rasoulution bietet nämlich auch Athleten-<br />
Management, also genau das, was Tarek<br />
einst für sich selbst gemacht hat, bloß<br />
viel, viel professioneller. Es sind nicht die<br />
Schlechtesten, die auf Rasoulution vertrauen:<br />
YouTube-Megastar Fabio Wimber<br />
zum Beispiel. Das deutsche Supertalent<br />
Erik Fedko. Danny MacAskill, längst<br />
mehr Kumpel als Kunde. Wer bei Rasoulution<br />
ist, gehört zur Familie. Als den<br />
schwedischen Jungstar Emil Johansson<br />
monatelang mysteriöse Rückenprobleme<br />
quälten, ließ Tarek ihn nach München<br />
einfliegen, wo Spezialisten ein Problem<br />
mit einem Wirbel diagnostizierten, außerdem<br />
ein Autoimmun-Problem. Nach<br />
zehn Monaten konnte Emil sein Comeback<br />
auf dem Bike geben: „Ohne das persönliche<br />
Engagement von Tarek weiß ich<br />
nicht, wie es ausgegangen wäre. Dafür<br />
bin ich ihm total dankbar!“<br />
In Summe hat Rasoulution elf Athleten<br />
unter Vertrag. Wie sucht ihr die aus?<br />
„Spezielles Talent. Und ganz wichtig ist<br />
ihr Charakter. Ihre Offenheit, Umgänglichkeit<br />
und Bodenständigkeit.“ Die letzte<br />
Entscheidung trifft Tarek. Ein junger<br />
Local Boy wie Erik Fedko kann es genauso<br />
schaffen wie jüngst ein bis dato völlig<br />
unbekannter Japaner namens Tomomi<br />
Nishikubo, den Tarek auf Videos entdeckte.<br />
Oder man nimmt den klassischen<br />
Weg wie Fabio Wibmer, der als Sechzehnjähriger<br />
bei einem von Tarek und Danny<br />
Am 9. Mai: Mit Tarek für<br />
die gute Sache laufen<br />
Wings for Life World Run<br />
Weltweit starten zeitgleich alle Teilnehmer<br />
zum Wings for Life World Run. Jeder läuft<br />
einzeln, eine App feuert dich an und signalisiert,<br />
wenn dich das virtuelle Catcher Car<br />
eingeholt hat. Die Einnahmen fließen zu<br />
100 Prozent in die Rückenmarksforschung.<br />
Übrigens, über die App kannst du auch<br />
Tareks Rasoulution-Laufteam beitreten.<br />
Sei dabei: wingsforlifeworldrun.com<br />
Zusammen stark<br />
für die Forschung<br />
Wie die Wings for Life Stiftung<br />
Querschnittslähmung heilen will.<br />
Robotergestützte Reha, Proteine,<br />
die Nervenwachstum fördern, künstliche<br />
Intelligenz, die maß geschneiderte<br />
Therapien berechnet: Weltweit fördert<br />
die von Bot schaf tern wie Tarek Rasouli<br />
unterstützte Wings for Life Stiftung<br />
wegweisende Forschungsprojekte<br />
zur Heilung von Querschnittslähmung –<br />
und ermöglicht damit schon heute<br />
vielen Betroffenen ein besseres Leben.<br />
Mehr Infos: wingsforlife.com<br />
MacAskill organisierten Camp auffällt,<br />
behutsam reift, mit „Fabiolous Escape“<br />
den YouTube-Hit des Jahres landet – und<br />
dann zum globalen Star wird: Der Clip<br />
„Wibmer’s Law“ zählte zu <strong>Red</strong>aktionsschluss<br />
über 160 Millionen Views.<br />
Das Ergebnis: ein neues Level<br />
für das Fahrrad-Universum<br />
Das alles liest sich wie ein Märchen.<br />
Fest steht: Die Freeride-Szene wäre nicht<br />
so professionell und präsentabel, würde<br />
nicht Tarek mit seiner Crew die Standards<br />
hochschrauben. Vorbei sind die Zeiten,<br />
in denen Poster von Mountainbikern<br />
nur in den Zimmern der Freaks hingen.<br />
Typen wie MacAskill oder Wibmer kennt<br />
heute jedes Kind. Auch dass Events um<br />
so viel sicherer geworden sind, bei gleichzeitig<br />
immer ärgeren Stunts, ist ein Verdienst<br />
von – nicht nur, aber auch – Tarek<br />
Rasouli. Wenn er vom Rollstuhl aus<br />
befindet, dass eine Landung breiter gemacht<br />
werden soll, wer würde da widersprechen?<br />
Oder dass es eine Kameraposition<br />
gibt, die die Action der Kids<br />
besser einfängt? Oder tausend Details,<br />
die nur jemand kennt, der dem Sport<br />
seit fast drei Jahrzehnten so viel gegeben<br />
hat? „Und warum gibt es im Großraum<br />
München nur drei Pumptracks, aber<br />
hunderte Fußballplätze?“, fragt Tarek<br />
provokant, und man ahnt, womit er sich<br />
die nächsten Jahre beschäftigen wird.<br />
Das einzig unlösbare Problem bleibt<br />
jenes mit den zehn wichtigsten Menschen<br />
seiner Karriere. Typen mit einem dermaßen<br />
fest gewobenen Beziehungsnetz<br />
kann man kaum in ein so enges Korsett<br />
zwängen – sie brauchen Events, um dort<br />
alle zu treffen. Wie passend, dass Tarek<br />
Rasouli diese Events veranstaltet. Dieser<br />
Mann ist goldrichtig da, wo er ist.<br />
Hast du dir jemals überlegt, wo du<br />
heute ohne den Unfall wärst? „Vermutlich<br />
wäre ich viel zu lang bloß Rider<br />
geblieben und hätte einiges versäumt.“<br />
Wenn er da so sitzt, beim <strong>Red</strong> Bull<br />
Rampage in Utah, dem <strong>Red</strong> Bull District<br />
Ride in Nürnberg oder einem kleinen<br />
Event irgendwo, wenn die Jungs draußen<br />
sind und fahren, wenn alles läuft, dann<br />
fällt ihm manchmal der Satz ein, den<br />
er einst zwei Stunden vor dem großen<br />
Crash gesagt hat: „What a beautiful view<br />
from a wheelchair.“<br />
Mehr über Tareks Welt: rasoulution.com<br />
THE RED BULLETIN 55
EINE FRAU<br />
STEHT KOPF<br />
Auch aus diesem<br />
Blickwinkel bewahrt<br />
Sina die Übersicht.
Breakdance<br />
DIE WUNDERSAME<br />
VERWANDLUNG<br />
DER SINAMARIA NEUGEBAUER IN<br />
#SOULSISTERSINA<br />
B-Girl SINA, 26, Vater Tiroler, Mutter Marokkanerin,<br />
fühlt sich zunächst „halb-halb“. Heute hat sie begriffen,<br />
dass das kein Makel, sondern eine perfekte Mischung ist.<br />
Dazwischen übt sie in Casablanca Salti, lernt, einer Legende<br />
zu vertrauen und Reisen ohne Ziel zu akzeptieren.<br />
Text WOLFGANG WIESER<br />
Fotos CHRISTIAN ANWANDER<br />
57
Breakdance
„Du musst<br />
die Atmosphäre<br />
lesen, du darfst<br />
dich aber nicht<br />
von ihr irritieren<br />
lassen.“<br />
59
„Das ist<br />
meine Zeit,<br />
um zu zeigen,<br />
was ich kann.<br />
Das ist meine<br />
Zeit, um<br />
zu glänzen.“
Breakdance<br />
SELBSTBEWUSST<br />
Offener Blick,<br />
klassische Pose.<br />
Sina hat gelernt,<br />
sich zu behaupten.<br />
Sina weiß, was sie will, wenn sie in den<br />
Kreis springt. Sie will in 45, höchstens<br />
60 Sekunden etwas Einzigartiges erschaffen.<br />
„Das ist meine Zeit, um zu glänzen“,<br />
sagt sie. Der Kreis ist ihre Bühne.<br />
Eine Bühne, wie es sie kein zweites Mal<br />
gibt. Immer einzigartig, jedes Mal neu.<br />
Geformt von Menschen, die gleichermaßen<br />
Freunde und Kritiker, Quelle der<br />
Inspiration und Konkurrenten sind.<br />
B Boys. B‐Girls. Wie Sina, 26.<br />
Das B steht für Break, es ist ihre Art<br />
zu tanzen, in der Szene Breaking genannt,<br />
der allgemein geläufige Begriff heißt<br />
„Breakdance“. Sina war die erste Österreicherin im<br />
Finale des weltweit größten und wichtigsten Breaking-<br />
Bewerbs, des <strong>Red</strong> Bull BC One.<br />
Bevor Sinas Zeit zu glänzen gekommen ist, gilt es,<br />
den Kreis zu erobern. „Du musst die Atmosphäre lesen“,<br />
sagt Sina, „du darfst dich aber nicht von ihr irritieren<br />
lassen.“ Das heißt auch, kaum erkennbare Gesten der<br />
B‐Girls und B-Boys, die es wie sie ins Zentrum zieht, richtig<br />
zu interpretieren. Und sie, wenn’s sein muss – weil<br />
nichts und niemand jetzt ihrem Auftritt im Wege stehen<br />
soll –, davon abzuhalten, vor ihr hineinzuspringen.<br />
Oft reicht ein angedeuteter Schritt, um den Raum<br />
zu sichern, manchmal braucht es eine leichte Schulterdrehung,<br />
um den Weg in Zentrum zu blocken. Dafür sind<br />
Präsenz und Präzision notwendig. Und das Gespür für<br />
die Situation: „Ich gehe oft direkt runter auf den Boden.<br />
Dann habe ich den meisten Platz für mich“, sagt Sina.<br />
Das hat viel mit Stärke und Selbstbewusstsein zu tun<br />
– und mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Denn<br />
Moves – Bewegungen anderer Breaker – zu übernehmen<br />
ist verpönt. Wer das macht, ist schnell als übler Nachahmer<br />
oder als „Biter“, wie es im B-Jargon heißt, abgestempelt:<br />
„Du darfst dich von Moves inspirieren lassen,<br />
darauf antworten, reagieren, sie weiterentwickeln, aber<br />
du darfst sie niemals kopieren“, sagt Sina.<br />
Wenn Sina ihre Welt erklärt, tut sie das oft mit einem<br />
kaum merkbaren Zögern, so, als würde sie noch einmal<br />
nachdenken über das, was sie gerade zu sagen beabsichtigt.<br />
Abseits ihrer Bühne ist sie „eher zurückhaltend“,<br />
wie sie meint. Beobachterin statt Akteurin. Hat sie jedoch<br />
den Kreis erobert, verändert sich alles, dann wird sie<br />
zum Mittelpunkt ihrer Welt. „Das ist meine Zeit, um zu<br />
zeigen, was ich kann. Diese Zeit genieße ich“, sagt sie,<br />
oder eben: „Das ist meine Zeit, um zu glänzen.“<br />
Dies ist die Geschichte ihrer Reise ans Licht, die Geschichte<br />
der wundersamen Wandlung der Innsbruckerin<br />
Sinamaria Neugebauer zur SoulSisterSina. Sie beginnt<br />
in einem Palast.<br />
DAS ZAUBERHAFTE LEBEN<br />
IN EINEM PALAST IN TAROUDANT<br />
Das Palais Salam liegt an der Avenue Moulay Ismail<br />
mitten in Taroudant. Etwa 80.000 Menschen leben in<br />
dieser Stadt im Süden Marokkos. Sie befindet sich an<br />
der Straße nach Ouarzazate, dem vier Autostunden<br />
entfernten Tor zur Sahara.<br />
Manche nennen Taroudant Marrakeschs kleine<br />
Schwester, andere dessen Großmutter. Denn mit ihrer<br />
sechs Kilometer langen Stadtmauer aus rotbraunem<br />
Lehm ähnelt sie Marokkos Millionen-Metropole. Der<br />
Palast, im 18. Jahrhundert errichtet, war lange Zeit<br />
Regierungssitz des Sultans.<br />
All das interessiert Sina, die hinter den Mauern des<br />
Palais Salam aufwächst, nicht. Sie spielt mit den Kätzchen,<br />
die wie aus dem Nichts auftauchen und wieder<br />
verschwinden, planscht im Pool; und wenn sie Lust hat,<br />
bestellt sie sich Eis mit Erdbeeren. Regen ist selten,<br />
und selbst in den Wintermonaten sinkt die Temperatur<br />
kaum unter zehn Grad.<br />
Sie führt ein sonniges Leben, unbeschwert wie eine<br />
kleine, glückliche Prinzessin. „Ich bin sehr dankbar für<br />
meine Kindheit, ich habe mich sehr frei gefühlt“, sagt<br />
Sina. In der Realität ist der Palast ein Hotel. Und Sina<br />
bewohnt mit ihren Eltern eines der Appartements.<br />
Mama Keltouma ist Berberin, Papa Arthur Tiroler.<br />
Den Sommer verbringt die dreiköpfige Familie in Österreich,<br />
den Winter in Marokko. Hier wie dort organisiert<br />
der Vater Touren, die Mutter plant, zeichnet und steht<br />
ihm mit Tipps zur Seite. Mit fünf Jahren begleitet Sina<br />
ihren Vater erstmals in die Wüste: „Wir haben im Auto<br />
geschlafen, das war aufregend.“<br />
Die kindliche Leichtigkeit verschwindet mit Schulbeginn.<br />
„Meine Eltern hatten die Idee, dass ich eine<br />
bessere Zukunft habe, wenn wir ganz in Österreich<br />
leben.“ Die Familie übersiedelt nach Innsbruck: „Mit<br />
sechs Jahren habe ich das erste Mal Schnee gesehen.“<br />
THE RED BULLETIN 61
Breakdance<br />
SINA & DIE B-BOYS<br />
Ihre Bewegungen fließen:<br />
Sina beim <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>-<br />
Fotoshooting in Wien mit<br />
Arno (links) und Imad.<br />
„Du darfst dich von Moves inspirieren lassen, darauf antworten,<br />
Die Tage im Palast verblassen. Ob sie Heimweh nach<br />
dem Königreich am Meer hatte? Sina zögert, dann sagt<br />
sie: „In Marokko ist alles ein bisschen lebendiger.“<br />
Die Schulzeit ist nichts, was besondere Erinnerungen<br />
in Sina weckt. Sie lässt sich mit einem Satz erledigen:<br />
„Ich hab mich aufgehalten gefühlt.“<br />
Nach der Matura ist sie nicht mehr zu stoppen. Sie<br />
arbeitet bei der Streetwear-Kette Snipes und verdient<br />
dort genug Geld, um mit einer Freundin für drei Monate<br />
nach Casablanca zu übersiedeln.<br />
VERSTÄNDIGUNGSPROBLEME<br />
IM LAND DER KINDHEIT<br />
Casablanca ist wie Taroudant eine Stadt in Marokko.<br />
Aber das ist auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Die<br />
Hafenstadt am Atlantik hat knapp dreieinhalb Millionen<br />
Einwohner, rund 40-mal so viele wie Taroudant. Das<br />
marokkanische Arabisch, das hier gesprochen wird, hat<br />
mit Sinas Dialekt aus Taroudant wenig zu tun. Plötzlich<br />
hat sie im Land ihrer Kindheit Verständigungsprobleme.<br />
Und nachts allein rauszugehen ist nicht die klügste Entscheidung,<br />
die eine junge Frau treffen kann.<br />
Wer sich also fragt, was eine Zwanzigjährige dazu<br />
treibt, in eine Stadt aufzubrechen, die erst einmal nur<br />
groß ist, stellt die richtige Frage. Sinas Antwort: „Ich<br />
wusste, die Leute hier trainieren anständig, von denen<br />
kann ich etwas lernen, und ich wollte auch zurück zu<br />
meinen Wurzeln.“ Die Leute, von denen Sina spricht,<br />
sind B-Boys und B-Girls rund um den bekannten marokkanischen<br />
Breaker The Wolfer.<br />
Sie hat die Crew ein Jahr zuvor, 2013, kennengelernt:<br />
beim <strong>Red</strong> Bull BC One in Agadir, von dem sie bei einem<br />
Besuch in ihrer alten Heimat Taroudant erfahren hatte.<br />
Sina bittet ihre Mutter, sie in die 83 Kilometer entfernte<br />
Stadt zu fahren – ohne zu wissen, ob sie überhaupt<br />
mitmachen kann. Sie tanzt auf der Promenade am<br />
Strand, schafft die Pre-Selection, obwohl sie zu diesem<br />
Zeitpunkt wenig Breaking-Erfahrung hat. Die Battles<br />
lässt sie aber aus: „Meine Mutter wollte nach Hause,<br />
es hat mir nicht leidgetan, es war ein schöner Tag.“<br />
62 THE RED BULLETIN
sie weiterentwickeln, aber du darfst sie niemals kopieren.“<br />
Doch sie ahnt, dass diese Art zu tanzen ein Weg in<br />
ein neues Leben sein kann: „Was mir am meisten getaugt<br />
hat, war das Selbstbewusstsein, das die alle hatten. Die<br />
Kids. Die Anfänger. Die haben sich sofort getraut. Jeder<br />
will zeigen, was er kann.“ Sina will das auch. Und deshalb<br />
muss es Casablanca sein. Denn The Wolfer und seine<br />
Truppe sind dort daheim.<br />
„Ich wusste, dass ich tanzen will, und ich wollte nach<br />
Marokko, weil mich die Jungs schon in Agadir inspiriert<br />
haben, sie waren international bereits sehr bekannt,<br />
und ich habe mir gesagt, wenn du besser werden willst,<br />
dann musst du mit Leuten trainieren, die besser sind<br />
als du – man sagt doch immer, man soll sich mit den<br />
Leuten umgeben, die das erreicht haben, was man selber<br />
anstrebt.“<br />
Sie tanzen auf der Straße, abends nach acht, wenn<br />
die Geschäfte geschlossen haben. Es gilt ein simples<br />
Prinzip: Nur wer wagt, gewinnt. „Man muss sich<br />
durchsetzen können, das geht bei uns unter, wir<br />
sind zu nett, zu schüchtern, wir halten uns zurück“,<br />
sagt Sina, wenn sie sich daran erinnert. Sie sagt wir<br />
und meint ich.<br />
Sina verlässt ihre Komfortzone, geht Risiken ein:<br />
„Ich habe zum ersten Mal akrobatische Sachen gemacht,<br />
das hätte ich mich vorher nie getraut.“ Sie übt Salti<br />
am Strand – und verletzt sich dabei am Arm. Ellbogenluxation,<br />
sie muss zurück nach Österreich. Der Ausflug<br />
in ihre neue Welt endet einen Monat früher als geplant.<br />
Aber es nicht das Ende ihrer Reise.<br />
„NUR WENN DU GUT BIST,<br />
FÄLLST DU AUF.“<br />
In den nächsten Monaten ist sie viel unterwegs – reist<br />
nach Deutschland, Holland, Spanien. Vor allem aber<br />
geht es nach Schweden – und zwar für ein Jahr. Sie will<br />
es wissen. Will ihre Breaking-Skills perfektionieren.<br />
Dort unterrichtet Fredrick Herranen – als „Freeze“<br />
Mitglied der skandinavischen „Ghost Crew“ – eine<br />
Breaking-Legende seit den 1980er-Jahren. Ein Wissender.<br />
„Ich habe viel mit ihm geredet. Über meine Zweifel,<br />
THE RED BULLETIN 63
Breakdance<br />
REVERENZ<br />
Der Hut ist ein Verweis<br />
an die Anfänge von<br />
Breaking in den späten<br />
1970er-, frühen 1980er-<br />
Jahren.<br />
Und sie schafft es als erste Österreicherin ins Finale<br />
des <strong>Red</strong> Bull BC One.<br />
Sie hat gelernt, was es heißt, die eigene Perspektive<br />
zu finden, wie Freeze es ihr in Schweden geraten hat.<br />
Sie ist gut in dem, was sie macht. Und sie fällt damit auf.<br />
Und was, Sina, kommt als Nächstes? „Keine Ahnung,<br />
ich versteife mich nicht mehr auf ein Ziel. Ich weiß nur,<br />
dass die Reise noch nicht zu Ende ist.“<br />
dass ich nie das werde geben können …“ Dieser Satz<br />
hat kein richtiges Ende, weil ihr wieder einfällt, was<br />
Freeze ihr vor Jahren beim Mittagessen gesagt hat und<br />
wie wichtig ihr das war: „Kannst du dich noch daran<br />
er innern, was der und der am Vormittag gemacht hat?<br />
Kannst du nicht, nein, natürlich nicht, niemand erinnert<br />
sich daran. Wenn du nicht gut warst, denken die anderen<br />
nicht darüber nach. Das heißt aber auch, dass du<br />
nicht darunter leiden musst. Nur wenn du gut bist, fällst<br />
du auf. Du musst deine Perspektive wechseln.“<br />
Das sind Sätze, die ihr zu denken geben. Aber es sind<br />
nicht nur Freeze’ Weisheiten, auch ihr Körper sendet<br />
Signale: „Ich habe in der Zeit in Schweden mit etwas<br />
Ähnlichem wie einem Hexenschuss gekämpft. Ich hatte<br />
ständig eine Blockade im Nacken, in der linken Schulter,<br />
im linken Ellbogen. Woher das gekommen ist, konnte<br />
niemand sagen.“ Sina beschließt, ihre Heilung selbst<br />
in die Hand zu nehmen: „Ich habe das wieder in den<br />
Griff gekriegt.“<br />
Sie lernt loszulassen. Denkt viel nach. Heute sagt sie:<br />
„Das Tanzen habe ich gebraucht, um selbstbewusster<br />
zu werden, um meine Wurzeln zu finden. Früher war<br />
ich disconnected. Heute gehört Marokko genauso zu<br />
meinem Leben wie Österreich. Ich fühle mich nicht mehr<br />
halb-halb.“ Und wie zum Beweis ihrer neuen Kraft sagt<br />
sie: „Ich bin eine schöne Mischung.“<br />
Plötzlich geht alles leichter: 2016 heiratet sie The<br />
Wolfer (sie nennt ihn natürlich bei seinem Vornamen,<br />
Mustafa) in Österreich, ein Jahr darauf wird noch einmal<br />
in Marokko gefeiert. Ihre Modemarke „From The<br />
Soul“ nimmt Fahrt auf. Der Name ist funky, vor allem<br />
aber ehrlich: „Er ist perfekt“, sagt Sina, „weil jeder nur<br />
für sich selbst sagen kann, was seine Seele berührt.“<br />
WIE DU DEINEN EIGENEN<br />
KREIS ERSCHAFFST<br />
Beim Shooting für The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> trägt Sina Weiß.<br />
„Ein Kompromiss“, sagt sie. Die anfangs geplanten<br />
bunten Outfits funktionieren nicht. Also setzt Sina erst<br />
die strahlend weiße Plüschvariante eines Kangol-Hutes<br />
auf. Als Reverenz an die Breaking-Anfänge in den späten<br />
1970er-, frühen 1980er-Jahren.<br />
Dann schlüpft sie in ein passendes weißes Vintage-<br />
Polo. Sie hat es abgeschnitten, mit Ösen und einem<br />
dünnen Band versehen, das vorn in einer Masche zusammenläuft<br />
und es so in ein bauchfreies „From The<br />
Soul“-Teil verwandelt. Dazu trägt sie eine weiße Hose<br />
und weiße Sneakers. Sieht nach allem aus, nur nicht<br />
nach einem Kompromiss.<br />
Und wer beobachtet, wie sie sich bewegt, versteht<br />
den Satz, den sie in einem der Gespräche gesagt hat:<br />
„Für Breaking brauchst du den Körper eines Athleten<br />
und den Ausdruck eines Künstlers.“<br />
Noch viel besser als dieser Satz ist eine Anmerkung,<br />
die sie nebenbei macht, die aber ihre Anstrengungen,<br />
ihre Kämpfe, ihre Wandlung widerspiegelt. „Weißt du,<br />
irgendwann merkst du, dass du keine Lust mehr hast,<br />
etwas zu beweisen. Du erkennst, dass die Stimmung<br />
in dem Kreis, in den du gerade noch unbedingt hineinwolltest,<br />
nicht deine Stimmung ist. In solchen Momenten<br />
mache ich einen Schritt zur Seite.“<br />
Früher hätte dieser Schritt zur Seite ihren Rückzug<br />
eingeleitet, heute ist er der Beginn einer Offensive.<br />
Sina erschafft ihren eigenen Kreis.<br />
Mit B-Girls und B-Boys, die ihr folgen.<br />
Dafür ist sie längst stark genug.<br />
Wer Sina begleiten will: @soulsistersina<br />
Wer sie erleben möchte: Sina wird beim <strong>Red</strong> Bull<br />
BC One Cypher Austria am 22. Mai in Wien dabei sein.<br />
redbull.com/cypheraustria<br />
64 THE RED BULLETIN
„Ich versteife mich<br />
nicht auf ein Ziel.<br />
Ich weiß nur, dass<br />
die Reise nicht<br />
zu Ende ist.“<br />
Breakdance
Künstliche Intelligenz<br />
„PUTZEN IST<br />
KOMPLIZIERTER<br />
ALS SCHACH<br />
SPIELEN“<br />
Der deutsche Spitzenforscher<br />
RICHARD SOCHER, 37, gilt als<br />
Star der künstlichen Intelligenz.<br />
Hier erzählt er, wie smarte Maschinen<br />
unseren Alltag verändern werden<br />
und welche menschlichen Talente<br />
in Zukunft gefragt sind.<br />
Interview JÜRGEN SCHMIEDER<br />
Fotos JEREMY JACKSON<br />
66
DER MASCHINEN-<br />
VERSTEHER<br />
Richard Socher, bis 2020<br />
Chef-Forscher des US-<br />
Software-Unternehmens<br />
Salesforce und weltweit<br />
viel zitierter KI-Experte
Künstliche Intelligenz<br />
S<br />
the<br />
eien wir doch ehrlich: Die Menschheit<br />
hat keine Chance! Maschinen besiegen<br />
uns bereits in Brettspielen wie Schach,<br />
sie können sicherer Auto fahren als wir,<br />
um Längen schneller rechnen und stellen<br />
Zusammenhänge her, von denen wir<br />
nicht einmal wussten, dass sie existieren.<br />
Es kann nicht mehr lange dauern, dann<br />
überwacht Big Brother unser Leben,<br />
ein Computer bestimmt über unseren<br />
Alltag. Gesichtserkennung und Sprachassistenten<br />
sind nur die Vorstufen zur<br />
Machtübernahme der Maschinen.<br />
So oder so ähnlich klingen die üblichen<br />
Reflexe auf technischen Fortschritt –<br />
besonders beim Thema künstliche Intelligenz<br />
(KI) zeichnen wir gern Horrorszenarien.<br />
Nur: Ist es wirklich so schlimm,<br />
oder gibt es auch Per spektiven, die uns<br />
erlauben, einer Zukunft mit KI positiver<br />
entgegenzublicken?<br />
Richard Socher, bis 2020 Forschungs-<br />
Chef für künstliche Intelligenz beim US-<br />
Software-Unternehmen Salesforce, wählt<br />
den optimistischen Ansatz. Der gebürtige<br />
Dresdner hat an der US-Elite-Uni Stanford<br />
promoviert – und dabei übrigens im<br />
sagenumwobenen Büro 221 gearbeitet,<br />
in dem einst auch die Google-Gründer<br />
Larry Page und Sergey Brin forschten.<br />
Im Jahr 2014 gründete er das Spracherkennungs-Start-up<br />
„Metamind“ und<br />
verkaufte es zwei Jahre später an Salesforce.<br />
Heute wendet Socher als CEO<br />
des Start-up-Unternehmens „SuSea“ KI<br />
in der Praxis an. Zeit für einen Reality<br />
Check mit einem, der das Thema in allen<br />
Details kennt.<br />
red bulletin: Herr Socher,<br />
Sie haben den schönen Satz gesagt:<br />
„Künstliche Intelligenz zeigt uns, wer<br />
wir wirklich sind.“ Also: Wer sind wir?<br />
richard socher: Grundsätzlich<br />
müssen wir uns fragen: Was macht den<br />
Menschen aus? Ein Punkt, durch den wir<br />
uns gern von anderen Arten abgrenzen,<br />
ist Intelligenz: Das klingt sehr spezifisch,<br />
aber da schließen sich viele Fragen an,<br />
was das überhaupt ist. Da verhilft uns die<br />
künstliche Intelligenz zu interessanten<br />
Erkenntnissen.<br />
Welchen zum Beispiel?<br />
Wir stellen plötzlich fest, dass Auf gaben,<br />
die wir für simpel halten, sehr kompliziert<br />
sein können und dass vermeintlich<br />
komplizierte Tätigkeiten relativ einfach<br />
sind. Nehmen wir Schachspielen: Das<br />
ist für Computer eher leicht zu lernen.<br />
Der Job von Putzpersonal dagegen ist<br />
unglaublich schwierig zu automatisieren.<br />
Da steckt viel abstraktes und konkretes<br />
Wissen drin, das miteinander verknüpft<br />
werden muss: Wie schafft man so Ordnung,<br />
dass es Sinn ergibt?<br />
Was kann eine Maschine heute schon<br />
besser als wir Menschen?<br />
Aufgaben, die sich wiederholen, zum<br />
Beispiel die Analyse von Bildern in der<br />
Radiologie. Und die Auswertung sehr<br />
großer Datensätze. Es gibt bei Salesforce<br />
ein sogenanntes Lead & Opportunity<br />
Scoring: Das hilft Vertrieblern, die eine<br />
lange Liste von Kunden haben. Wen<br />
sollen sie als Erstes anrufen? Wenn eine<br />
künstliche Intelligenz die Nachrichten<br />
aus der Branche verfolgt – ob es zum Beispiel<br />
einen neuen Abteilungsleiter gibt –,<br />
bereits gesendete E-Mails überprüft und<br />
externe Daten einbezieht, dann kann sie<br />
voraussagen: Das sind heute die zehn<br />
Leute, die am meisten daran interessiert<br />
sind, das Produkt zu kaufen. Diese Information<br />
führt dazu, dass die Verkäufer<br />
um 30 Prozent effizienter sind.<br />
Das verletzt aber womöglich den Stolz<br />
des Verkäufers.<br />
Klar, es ist wichtig, ihm schlüssig zu<br />
erklären, warum er diese Leute anrufen<br />
sollte, nur dann vertraut er der Analyse.<br />
Meilensteine in künstlicher Intelligenz<br />
haben oft mit Spielen zu tun: Schach,<br />
Pokern, das Strategie-Brettspiel Go.<br />
Wäre es nicht inter essanter, mehr Aufmerksamkeit<br />
auf ihre Anwendungen<br />
im Alltag zu richten?<br />
Das ist genau mein Ansatz. Klar war das<br />
ein Riesending, als der Computer in Go<br />
gewonnen hat, und es hat auch die Art<br />
und Weise beeinflusst, wie die Leute<br />
spielen. Außerhalb der Spielewelt hat<br />
sich durch diese Applikation allerdings<br />
eher wenig verändert. Algorithmen in<br />
Spielen sind selten hilfreich in der echten<br />
Welt, wo nicht alles so schön angeordnet<br />
ist wie auf einem Spielbrett. Es gibt sehr<br />
viele Unsicher heiten, der Zufall spielt<br />
eine genauso gewaltige Rolle wie das<br />
Berechnen von Wahrscheinlichkeiten.<br />
Und kaum gewinnt eine Maschine<br />
gegen den Menschen, heißt es: „Jetzt<br />
68 THE RED BULLETIN
CODES FÜR<br />
ÜBERMORGEN<br />
Richard Socher, hier in<br />
seinem ehemaligen Büro<br />
der Firma Salesforce in<br />
San Francisco, erforscht<br />
unter anderem, wie uns<br />
Sprachassistenten<br />
das Arbeitsleben<br />
erleichtern können.<br />
und er wird uns als Spezies gewaltig<br />
ver ändern. Vor 250 Jahren haben 90 Prozent<br />
der Menschen in der Landwirtschaft<br />
gearbeitet, für die körperliche Arbeit war<br />
es wichtig, fit zu sein. Mittlerweile ist<br />
es relativ egal, wie groß der Bizeps ist.<br />
Andere Qualitäten sind wichtiger. So eine<br />
monumentale Verschiebung steht uns<br />
durch künstliche Intelligenz bevor. Langfristig<br />
bin ich also optimistisch, kurzfristig<br />
mache auch ich mir ein paar Sorgen.<br />
Worüber?<br />
Nehmen wir zum Beispiel Lkw-Fahrer:<br />
Sie haben einen knallharten Job. Sie<br />
müssen konzentriert sein, auch wenn es<br />
manchmal stundenlang geradeaus geht.<br />
Sie sind oft Tage oder Wochen von der<br />
Familie getrennt, müssen verschiedene<br />
Zeitzonen durchfahren. Es ist kein bequemes<br />
Leben, und man könnte sagen:<br />
Gut, dass wir daran arbeiten, dass eine<br />
Maschine das übernimmt. Wenn man<br />
aber Lkw-Fahrer fragt, dann sagen die:<br />
„Ich liebe meinen Beruf, ich bin gerne<br />
allein, ich will nie was anderes machen.“<br />
Verständlich.<br />
Wenn man die Leute in 150 Jahren<br />
fragen wird, ob sie den ganzen Tag<br />
allein in einem Lkw sitzen wollen, wird<br />
die Antwort wahrscheinlich die gleiche<br />
sein, wie wenn man heute fragt, ob sie<br />
den ganzen Tag in der prallen Sonne<br />
auf einem Feld schuften wollen, bis sie<br />
Schwielen an den Händen haben. Sie<br />
werden sagen: „Nein, das ist völlig absurd,<br />
das macht doch eine Maschine!“<br />
„Vieles ist kulturell bedingt: In Japan<br />
etwa finden es alle super, dass mehr<br />
Sachen für sie automatisiert sind – da<br />
wird der Roboter als Helfer gesehen und<br />
nicht als Terminator oder Jobkiller.“<br />
werden wir überflüssig.“ Oder: „Der<br />
Terminator wird kommen.“<br />
Das ist auch kulturell bedingt. In Japan<br />
etwa finden es alle super, dass mehr Sachen<br />
für sie automatisiert sind – da wird<br />
der Roboter als Helfer gesehen und nicht<br />
als Terminator oder Jobkiller. Niemand<br />
kann jeden Tag 10.000 mögliche Kunden<br />
überprüfen, so wie niemand jeden Tag<br />
das komplette Internet manuell durchforsten<br />
kann – das kann der Algorithmus<br />
von Google deutlich besser.<br />
Wozu wird das letztlich führen?<br />
Man kann historische Fortschritte als<br />
Effizienzsprünge sehen: Dampfmaschine,<br />
Elektrizität, Internet. Künstliche Intelligenz<br />
ist der nächste Effizienzsprung,<br />
Dennoch haben Lkw-Fahrer Angst,<br />
ihren Job zu verlieren. Was sagt man<br />
denen?<br />
Noch ist es nicht so weit, es ist also noch<br />
Zeit, und es ist die Aufgabe der Politik<br />
und der Wirtschaft, die Leute darauf<br />
vorzubereiten und ihnen zu erklären,<br />
dass es für sie andere Aufgaben geben<br />
wird. Vielleicht ist die Fragestellung,<br />
ob Maschinen Jobkiller sind, die falsche<br />
Herangehensweise.<br />
Was wäre eine bessere?<br />
Das Ziel in der Medizin zum Beispiel ist<br />
doch, gesunde Menschen zu haben – und<br />
nicht, mehr Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
In der Radiologie beispielsweise ist die<br />
künstliche Intelligenz effizient und kostengünstig.<br />
Es gibt zu wenige Radiologen,<br />
und die menschliche Intelligenz ist nun<br />
wahrlich nicht darauf ausgerichtet,<br />
tag täglich und andauernd auf Schwarzweißbilder<br />
zu starren. In diesem Bereich<br />
kann KI einen positiven Beitrag leisten.<br />
THE RED BULLETIN 69
Künstliche Intelligenz<br />
Das macht die aktuelle Angst vieler<br />
Menschen vor dem Jobverlust aber<br />
nicht kleiner.<br />
Das stimmt, und deshalb muss die Politik<br />
die Menschen mitnehmen. Sozialsysteme<br />
müssen das unterstützen. Es muss aber<br />
vor allem gezeigt werden, dass es Eigenschaften<br />
gibt, die in Zukunft noch stärker<br />
gefragt sein werden: Kreativität, Empathie,<br />
Probleme zu erkennen, mit anderen<br />
Menschen zusammenzuarbeiten.<br />
Die Maschine stellt die Diagnose, der<br />
Arzt übermittelt sie dem Patienten?<br />
So ungefähr. Aber der Arzt kann ja noch<br />
viel mehr: Vielleicht wird der Arzt die<br />
Analysen mehrerer Maschinen kombinieren,<br />
womöglich entdeckt er dabei<br />
eine neue Krankheit, ein neues Virus.<br />
Diese Kombination von abstraktem und<br />
konkretem Wissen ist schwer zu automatisieren.<br />
Wir dürfen nicht vergessen:<br />
Eine Maschine ist immer nur so gut wie<br />
die Daten, die man ihr gibt.<br />
Dadurch entsteht manchmal ein „Bias“<br />
– wenn der Algorithmus etwa Stereotype<br />
und Vorurteile bedient. Ist das<br />
nicht gefährlicher als alles andere?<br />
Das ist meiner Meinung nach die größte<br />
Gefahr. Künstliche Intelligenz wird nie<br />
rassistisch oder sexistisch programmiert.<br />
Sie arbeitet mit den Daten, die sie bekommt.<br />
Fragt zum Beispiel eine Bank<br />
den Rechner: „Wer soll einen Kredit<br />
bekommen und wer nicht?“, und die<br />
Daten der Bank sehen so aus, dass in der<br />
Vergangenheit weniger Frauen einen<br />
Kredit zur Firmengründung beantragt<br />
haben, dann ist es möglich, dass künstliche<br />
Intelligenz den Kreditantrag einer<br />
Frau eher negativ bewertet. Da hält uns<br />
die künstliche Intelligenz einen Spiegel<br />
vor: „Schaut mal, so habt ihr das in der<br />
Vergangenheit gemacht.“ Man kann da<br />
aber auch gegensteuern.<br />
Einen Algorithmus kann man einfacher<br />
ändern als die Einstellung von<br />
10.000 Vorgesetzten, die immer nur<br />
Männer gefördert haben.<br />
Richtig, und man muss sich bewusst<br />
machen: Künstliche Intelligenz ist eine<br />
sogenannte „Omni-Use Technology“.<br />
Das müssen Sie erklären.<br />
Man kann sie für alles verwenden. Man<br />
kann mit einem Hammer ein Haus bauen<br />
– oder ihn als Waffe benutzen. Mit einem<br />
Auto kann man Menschen transportieren<br />
– oder sie überfahren. Im Internet kann<br />
man wertvolle Informationen schnell<br />
teilen – oder illegale Geschäfte machen.<br />
MIT DIESEN FÄHIGKEITEN<br />
KANNST DU 2021 PUNKTEN<br />
Welche Kompetenzen suchen Unternehmen heute? Um diese<br />
Frage zu beantworten, analysierte LinkedIn Millionen Daten<br />
seines Karriere-Netzwerks. Hier sind die Antworten.<br />
SOFT SKILLS<br />
1.<br />
2.<br />
KRE<strong>AT</strong>IVITÄT<br />
Wer sich abheben will, braucht<br />
einzigartige Ideen – und diese<br />
setzen Einfallsreichtum voraus.<br />
Auf keine menschliche Fähigkeit<br />
sind Betriebe heute stärker<br />
angewiesen.<br />
ÜBERZEUGUNGSKRAFT<br />
Gute Ideen sind wichtig, bringen<br />
dein Unternehmen aber nur dann<br />
weiter, wenn du sie auch erklären<br />
kannst – erst den Vorgesetzten,<br />
dann womöglich den Kunden.<br />
3. TEAMFÄHIGKEIT<br />
3.<br />
4.<br />
IT-Experten mit HR-Profis,<br />
Con troller mit PR-Experten:<br />
Mehr denn je setzen Betriebe<br />
heute auf fachübergreifende<br />
Teams – dafür musst du<br />
kooperieren können.<br />
ANPASSUNGS FÄHIGKEIT<br />
Noch nie hat sich die Arbeitswelt<br />
so rasant verändert wie heute.<br />
Deswegen sind Unternehmen auf<br />
Leute angewiesen, die Veränderung<br />
als Bereicherung sehen.<br />
5. EMOTIONALE<br />
5.<br />
INTELLIGENZ<br />
Wer nachhaltig erfolgreich sein<br />
will, muss langfristige Beziehungen<br />
pflegen – etwa mit Geschäftspartnern.<br />
Keine Maschine kann<br />
hierbei den Menschen ersetzen.<br />
HARD SKILLS<br />
1.<br />
2.<br />
4.<br />
BLOCKCHAIN<br />
Entwickelt für Kryptowährungen,<br />
kommt die Technologie längst<br />
auch bei Versicherungen oder im<br />
Gesundheitswesen zum Einsatz.<br />
Nur Fachkräfte gibt es zu wenig.<br />
CLOUD COMPUTING<br />
Immer mehr Unternehmen<br />
nutzen Cloud-Lösungen für ihre<br />
digitale Infrastruktur. Gefragt<br />
sind deswegen Spezialisten für<br />
Systeme wie Microsoft Azure.<br />
ANALYTISCHES DENKEN<br />
Tech-Wissen ist wichtig, klar.<br />
Aber genauso kommt es für<br />
Unternehmen darauf an, etwa<br />
aus riesigen Datenmengen die<br />
richtigen Schlüsse zu ziehen.<br />
KÜNSTLICHE<br />
INTELLIGENZ<br />
Sie ersetzt viele Jobs, begleitet<br />
und weiterentwickelt muss KI<br />
aber von Menschen werden. Hierzulande<br />
steigen viele Firmen erst<br />
jetzt ein und suchen Personal.<br />
UX-DESIGN<br />
Damit Nutzer etwas kaufen,<br />
müssen sie sich auf Websites<br />
leicht zurechtfinden. Deswegen<br />
sind und bleiben Unternehmen<br />
auf eine gute User Experience<br />
(UX) angewiesen.<br />
70 THE RED BULLETIN
Künstliche Intelligenz kann in fast allen<br />
Bereichen eingesetzt werden, für positive<br />
und negative Zwecke. Gesichtserkennung<br />
kann zum Beispiel dabei helfen, Kriminelle<br />
zu verfolgen. Sie kann aber auch<br />
für andere, finstere Zwecke eingesetzt<br />
werden. Man sollte Technologie nicht<br />
verteufeln, die Politik muss hier re gulierend<br />
eingreifen.<br />
Ist es nicht so, dass der Mensch im Lauf<br />
der letzten industriellen Revolutionen<br />
zur, nun ja, Maschine geworden ist?<br />
Er steht am Fließband, schraubt an<br />
Autos, ordnet Papierstapel. Könnte es<br />
sein, dass der Mensch mithilfe von KI<br />
wieder menschlicher wird?<br />
Unbedingt! Und ich glaube, dass künstliche<br />
Intelligenz zu mehr Kommunikation<br />
zwischen Menschen führen wird. Immer<br />
weniger Leute werden künftig allein<br />
langweilige, sich ständig wiederholende<br />
Tätigkeiten ausüben. Berufe im zwischenmenschlichen<br />
Bereich bekommen mehr<br />
Wertschätzung: Der Altenpfleger, der Geschichte<br />
studiert hat, ist vielleicht besser<br />
„Ich glaube, dass künstliche Intelligenz<br />
zu mehr Kommunikation zwischen Menschen<br />
führen wird. Immer weniger Leute werden<br />
allein langweilige, sich ständig wiederholende<br />
Tätigkeiten ausüben.“<br />
in seinem Job, weil er sich besser in<br />
ältere Menschen hineinversetzen kann.<br />
Er muss dann aber auch besser bezahlt<br />
werden.<br />
Was würden Sie einem Schüler von<br />
heute raten? Was wird er zukünftig<br />
können müssen?<br />
Zuerst: Informatik, weil man künst liche<br />
Intelligenz nicht verstehen kann, wenn<br />
man vom Programmieren keine Ahnung<br />
hat. Mathematik auch. Aber auch: Ethik,<br />
Kunst, Geografie.<br />
Also jene Fächer, vor denen Eltern<br />
ihre Kinder eher warnen – aus Angst,<br />
sie könnten keinen Job bekommen.<br />
Das wird sich verändern. Zum Beispiel<br />
kann Rechtschreibung, so wichtig sie ist,<br />
von künstlicher Intelligenz jetzt schon<br />
verbessert werden. Es ist aber eine ganz<br />
andere Sache, eine fesselnde Geschichte<br />
mit kreativen Ideen und fundierter Fachkenntnis<br />
zu schreiben. Das wichtigste<br />
Skill Set für die Kinder der Zukunft ist<br />
deshalb eine gute Mischung aus Geisteswissenschaften<br />
und Informatik.<br />
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Freunde<br />
fürs<br />
Leben<br />
Sie kamen aus Sambia und<br />
eroberten die Herzen<br />
tausender Fußballfans in Österreich.<br />
Die <strong>Red</strong> Bull Salzburg-Stars<br />
P<strong>AT</strong>SON DAKA und ENOCK MWEPU<br />
über den unschätzbaren Wert von<br />
Freundschaft und ein Geschenk,<br />
für das es sich zu kämpfen lohnt.<br />
Text HANNES KROPIK<br />
Fotos KONSTANTIN REYER<br />
Alle hatten Patson Daka vor<br />
„dem Computer“ gewarnt.<br />
Manche raunten sogar, dass<br />
dieser Computer so gefährlich<br />
sei, dass er unbedingt<br />
zerstört werden müsse.<br />
Patson war dreizehn und<br />
verstand nicht, warum er sich<br />
„vor einem Computer in Acht<br />
nehmen“ sollte. Er war hier,<br />
um Fußball zu spielen. Deshalb<br />
war Patson nach Lusaka gekommen,<br />
in die Hauptstadt von Sambia.<br />
Gemeinsam mit tausenden anderen<br />
Burschen hatte sich Patson beim „Airtel<br />
72 THE RED BULLETIN
Rising Stars Cup 2012“ angemeldet.<br />
Bei diesem Bewerb werden die größten<br />
Fußball-Talente der zehn Provinzen des<br />
Landes gesucht. Wer sich bei diesem Cup<br />
durchsetzt, wer Können und Glück vereint,<br />
für den wird ein Bubentraum Wirklichkeit:<br />
ein Platz in Sambias Nachwuchs-<br />
Nationalteam.<br />
Von den tausenden Bewerbern blieben<br />
nach den ersten Matches gerade einmal<br />
200 Burschen übrig. Zuletzt waren es nur<br />
noch achtzehn. Und Patson Daka war<br />
ihr Kapitän. Der Präsident von Sambia,<br />
Edgar Chagwa Lungu, gratulierte dem<br />
jungen Afrikaner via Facebook.<br />
Patson Daka, 22 (li.),<br />
und Enock Mwepu, 23, in der<br />
<strong>Red</strong> Bull Arena in Salzburg.<br />
Zu Hause in Sambia sind<br />
die beiden so populär,<br />
dass sie ein Verkehrschaos<br />
auslösen, wenn sie<br />
auf der Straße gehen.<br />
Bei diesem Siegeszug hatte Patson<br />
auch einen gewissen Enock Mwepu<br />
kennen gelernt. Der damals Vierzehnjährige<br />
drosch seine Pässe mit der Präzision<br />
einer Maschine über den Rasen und<br />
wurde deshalb „der Computer“ gerufen.<br />
Jetzt war Patson klar, wovor bzw. vor<br />
wem ihn die Leute gewarnt hatten.<br />
„Zerstören“ wollte Patson Enock nicht.<br />
Ganz im Gegenteil. Enock und Patson<br />
wurden Freunde fürs Leben.<br />
Die beiden Fußballer kommen aus<br />
ähnlichen Verhältnissen. Enock kam<br />
in Lusaka zur Welt, dann übersiedelten<br />
seine Eltern mit ihm in die Bergbaustadt<br />
Chambishi. Vater Robby arbeitete für<br />
eine der vielen Kupferminen-Gesellschaften.<br />
Heute betreiben seine Eltern<br />
eine Landwirtschaft.<br />
Patsons Vater Nathtali war selbst Fußballprofi<br />
bei den Nitrogen Stars in seiner<br />
Heimatstadt Kafue gewesen. Leider starb<br />
er früh. Bereits im Alter von 14 Jahren<br />
musste Patson Verantwortung für seine<br />
Familie tragen. Diese Haltung übernahm<br />
er auch gegenüber seiner Gemeinde.<br />
Patson unterstützte die Menschen in seiner<br />
Umgebung, so gut er konnte. Schon<br />
damals. Denn: „Wenn du darauf wartest,<br />
bis du viel Geld hast, um denen zu helfen,<br />
die weniger haben als du, wirst du nie<br />
reich genug sein“, sagt er. „Aber wenn du<br />
immer ein bisschen von deinem wenigen<br />
gibst, dann ist es immer genug.“<br />
„Ich hatte furchtbar Heimweh.“<br />
Doch dann kam Enock.<br />
2017 übersiedelte Patson Daka von Afrika<br />
nach Österreich und lief als Neuzugang<br />
von <strong>Red</strong> Bull Salzburg zunächst beim<br />
Partnerklub FC Liefering in der 2. Liga<br />
auf. Damals war er gerade 19 Jahre alt,<br />
fand sich in einem völlig neuen Kulturkreis<br />
wieder und sehnte sich nach seiner<br />
Heimat. „Es ist schwierig, wenn du zum<br />
ersten Mal für längere Zeit allein in einem<br />
fremden Land lebst“, sagt er. „Ich hatte<br />
schreckliches Heimweh.“<br />
Ein halbes Jahr später kam sein Buddy<br />
Enock nach. „Das war eine richtige Befreiung<br />
für mich“, sagt Patson. „Mit Enock<br />
verschwand das Heimweh. In den ersten<br />
Monaten in Salzburg teilten wir uns in<br />
der <strong>Red</strong> Bull Fußball Akademie in Liefering<br />
ein Zimmer“, erzählt Patson Daka.<br />
„Wir verbrachten jede freie Minute miteinander.<br />
Wir sprachen über alles, was<br />
uns bewegte.“<br />
Was genau bewegte die beiden? „Für<br />
mich gab es nur drei Themen: Fußball,<br />
Schule und Kirche“, sagt Patson Daka.<br />
Enock Mwepu hält es genauso. Und er<br />
THE RED BULLETIN 73
Fußball<br />
sagt: „Wir haben sehr schnell kapiert,<br />
dass wir am Feld wirklich gut harmonieren.<br />
Je besser wir uns kennenlernten,<br />
desto mehr kämpften wir auf dem Feld<br />
füreinander, und desto leichter fiel es<br />
uns, erfolgreich zu sein.“<br />
Ihre Ergebnisse bestätigen diese Aussage.<br />
Bereits im selben Jahr gewannen<br />
die beiden mit der sambischen U20-<br />
Mannschaft den Afrika-Cup. Vor 60.000<br />
Zuschauern erzielt Patson im Finale das<br />
1:0 (Endstand 2:0). Im gesamten Bewerb<br />
schoss der junge Fußballer vier Tore. Er<br />
wurde zum Spieler des Turniers gewählt<br />
und als Wunderkind gefeiert.<br />
Im Salzburg-Dress gingen die Erfolge<br />
weiter: 2017 gewann Daka die UEFA<br />
Youth League, die Champions League für<br />
U19-Teams, Finaltor inklusive. 2019 und<br />
2020 wurde er mit <strong>Red</strong> Bull Salzburg<br />
ÖFB-Cup-Sieger, 2018, 2019 und 2020<br />
österreichischer Meister. Bester Salzburger<br />
Torschütze der letzten Saison:<br />
Patson Daka, 24 Treffer.<br />
Nur Patson stand im Rampenlicht.<br />
Neidisch? Nein, sagt Enock.<br />
Doch wo bleibt Enock? Nur Patson stand<br />
im Rampenlicht. Belastete das die Freundschaft<br />
der beiden? „Nein“, sagt Enock<br />
Mwepu. „Für mich war es immer eine<br />
große Inspiration, zu sehen, wie gut Patson<br />
sich entwickelt. Es hat mich motiviert,<br />
noch härter zu trainieren, noch härter<br />
zu arbeiten, um das zu erreichen, was<br />
ihm schon gelungen ist. Er war immer<br />
der Anführer in unserer Mannschaft,<br />
und ich wollte so sein wie er.“<br />
Und was sagt Patson? Der ist dankbar,<br />
dass Enock ihn unterstützt. „Ich hatte<br />
Riesenglück, dass ich einen ‚Computer‘<br />
hinter mir hatte“, sagt er. „Ich musste<br />
seine genialen Pässe nur noch in Tore<br />
verwandeln. Enock hat mein Leben<br />
enorm vereinfacht.“<br />
Die Durchschlagskraft der beiden jungen<br />
Fußballer bestätigt auch Christoph<br />
Freund (siehe Interview auf S. 76), Sportdirektor<br />
beim FC <strong>Red</strong> Bull Salzburg:<br />
„Enock und Patson bringen alle Qualitäten<br />
mit für den internationalen Top-Fußball.<br />
Sie sind sehr klar im Kopf und ehrgeizig.<br />
Ich bin überzeugt, dass sie noch für einiges<br />
Aufsehen sorgen werden.“<br />
In Sambia sind Enock und Patson bereits<br />
Superstars. Wenn die beiden auf<br />
Heimaturlaub sind, können sie nicht ein-<br />
Sambischer Fußball<br />
in Zahlen<br />
AFRIKA<br />
67 Plätze<br />
hinter Österreich (23) liegt Sambia (90)<br />
aktuell in der FIFA-Weltrangliste.<br />
18 Teams<br />
spielen in der zweiten sambischen Fußballliga,<br />
u. a. Kafue Celtic FC, der frühere Klub von Daka<br />
und Mwepu.<br />
30 Personen<br />
(darunter 18 Nationalspieler Sambias) kamen<br />
beim Flugzeugunglück am 27. April 1993 auf<br />
dem Weg zum WM-Qualifikationsspiel gegen<br />
Senegal ums Leben – der dunkelste Tag<br />
im sambischen Fußball.<br />
2012<br />
feierte das sambische Nationalteam mit<br />
dem ersten und bislang einzigen Gewinn der<br />
Afrikameisterschaft seinen größten Erfolg.<br />
1 Tor<br />
schoss Patson Daka bisher in der<br />
Champions League. Sein 1:0 in Genk 2019<br />
(Endstand 4:1 für Salzburg) machte Sambia<br />
zur 103. Nation auf der Liste von Ländern<br />
mit Champions-League-Torschützen.<br />
Patson Daka (Bild oben)<br />
jubelt nach seinem 1:0<br />
gegen Senegal. Sambia<br />
gewann 2017 das Spiel 2:0<br />
und holte mit seiner U20<br />
den Afrika-Cup.<br />
Enock Mwepu und<br />
Patson Daka im Dress<br />
des sambischen Nationalteams,<br />
bereits 2015 (aus<br />
diesem Jahr stammt<br />
das Bild) waren die<br />
beiden beste Freunde.<br />
PRIV<strong>AT</strong>, GETTY PREMIUM<br />
74 THE RED BULLETIN
„Wir verbrachten jede<br />
freie Minute miteinander<br />
und sprachen über alles,<br />
was uns bewegte.“<br />
Patson Daka über seine Freude,<br />
als Enock Mwepu in Salzburg eintraf<br />
Patson Daka (links) und Enock Mwepu nach ihrem Triumph beim COSAFA-U20-Cup<br />
im Dezember 2017 am Flughafen der sambischen Hauptstadt Lusaka<br />
Ein Bild aus 2015, Patson post in Südafrika, das er<br />
mit dem sambischen Team für ein Turnier besucht.<br />
Patson Daka mit seiner Mutter in Lusaka,<br />
ein Bild aus dem Jahr 2015<br />
Enock Mwepu mit Fans bei einem Jugendcamp in Chingola, Sambia. Wann er<br />
das Selfie geschossen hat? Kam öfter vor, die Erinnerung ist verflogen.<br />
THE RED BULLETIN 75
Fußball<br />
mal das Haus verlassen, ohne ein Verkehrschaos<br />
auszulösen. Staatspräsident<br />
Edgar Chagwa Lungu gilt nach wie vor<br />
als großer Fan des Duos.<br />
Als zum Beispiel bekannt wurde,<br />
dass Patsons und Enocks Verträge mit<br />
<strong>Red</strong> Bull Salzburg verlängert wurden,<br />
verkündete der Staatschef diese gute<br />
Nachricht auf der Stelle via Twitter. Als<br />
Patson Daka von den Fans zum „Spieler<br />
der Meisterrunde“ in Österreich gekürt<br />
wurde, gratulierte Edgar Chagwa Lungu<br />
höchstpersönlich auf Facebook: „You<br />
make Zambia proud!“ – Du machst Sambia<br />
stolz!<br />
Das ist Balsam für die Seele. Und mindestens<br />
genauso wichtig und heilsam für<br />
Sambia. „Junge Fußballer sehen, was<br />
wir zu leisten imstande sind“, sagt Enock<br />
Mwepu über ihre Rolle als Vorbilder. „Sie<br />
setzen alles daran, ebenfalls den nächsten<br />
Schritt zu gehen.“<br />
„Unser Talent ist ein Geschenk,<br />
das wir weitergeben müssen.“<br />
Für einen kurzen Moment wird Patson<br />
nachdenklich. „Wir haben in Sambia<br />
unter den Jugendlichen ein Problem mit<br />
Alkohol und anderen Drogen“, sagt er.<br />
„Fußball ist eine fantastische Möglichkeit,<br />
wie du dich aus all diesen Schwierigkeiten<br />
heraushältst.“ Enock vollendet<br />
den Gedanken: „Du gerätst erst gar nicht<br />
in diesen Teufelskreislauf, wenn du den<br />
ganzen Tag Fußball spielst und am Abend<br />
todmüde ins Bett fällst.“<br />
Mit ihrem Vorbild, ihren Erfolgen<br />
wollen Enock und Patson etwas zurückgeben.<br />
Beide sind sehr gläubig. Ihr sportliches<br />
Talent bezeichnen sie als „Geschenk<br />
Gottes“. Und dieses, sagen Patson und<br />
Enock unisono, wollen sie mit großer<br />
Ernsthaftigkeit in den Dienst der Allgemeinheit<br />
stellen.<br />
Stichwort Ernsthaftigkeit. Geschenk<br />
ist Geschenk. Doch der Erfolg kommt<br />
mit der täglichen Bemühung, erklären<br />
die beiden. „Wir wollen beide noch bessere<br />
Fußballer werden“, sagt Enock und<br />
verrät ihren Traum: „Eines Tages stehen<br />
wir einander in einem Champions-<br />
League-Finale als Gegner gegenüber.“<br />
Patson nickt, denkt nach und sagt<br />
dann: „Und selbst danach werden wir<br />
noch Freunde sein.“<br />
Noch mehr Salzburg-Hintergründe:<br />
redbullsalzburg.at<br />
„Freundschaft<br />
im Sport?<br />
Unbedingt!“<br />
Warum die Salzburger<br />
Patson Daka und Enock<br />
Mwepu nach Österreich<br />
holten. Und warum der<br />
Verein deshalb jetzt gleich<br />
drei Teenager aus Mali<br />
verpflichtete. Interview<br />
mit Sportdirektor Christoph<br />
Freund.<br />
Was sah der FC <strong>Red</strong><br />
Bull Salzburg in Patson<br />
Daka und Enock Mwepu,<br />
ehe die beiden 2017<br />
nach Österreich geholt<br />
wurden?<br />
Patson Daka war wegen<br />
seines Speeds und seiner<br />
Power im Angriff ein<br />
extrem auffälliger Spieler.<br />
Wir wussten, er würde<br />
sehr gut zu unserem<br />
Spielstil passen. Enock<br />
Mwepu fiel uns auf, als wir<br />
uns mehrere Spiele von<br />
Patson angesehen hatten.<br />
Wir erkannten, dass er<br />
nicht nur extrem viel läuft,<br />
sondern auch über sehr<br />
große Spielintelligenz<br />
verfügt. Enock war schon<br />
damals ein Führungsspieler.<br />
Beide bringen<br />
einen richtig guten<br />
Charakter und eine sehr<br />
gute Mentalität mit.<br />
Patson und Enock<br />
kannten sich bereits<br />
in Sambia sehr gut.<br />
Hat ihnen diese Freundschaft<br />
geholfen, sich<br />
in Österreich schneller<br />
einzuleben?<br />
Sie sind zum ersten Mal<br />
in ein fremdes Land übersiedelt<br />
– mit neuer Sprache,<br />
neuer Kultur, neuem<br />
Wetter. Dass sie sich privat<br />
so gut verstehen, war<br />
FC <strong>Red</strong> Bull Salzburg-<br />
Sportdirektor<br />
Christoph Freund<br />
sicher ein großer Vorteil.<br />
Mit ihrer positiven Art<br />
waren sie für den Klub<br />
vom ersten Tag an gewinnbringende<br />
Charaktere.<br />
Hat Freundschaft<br />
im Sport – speziell im<br />
modernen Fußball –<br />
noch einen Platz?<br />
Unbedingt! Vor allem<br />
solche Freundschaften<br />
wie zwischen Patson und<br />
Enock, die so wichtige<br />
Lebensphasen miteinander<br />
erleben. Bei den<br />
beiden wurde durch den<br />
Wechsel nach Salzburg<br />
ihre Freundschaft fürs<br />
Leben sogar noch vertieft.<br />
Ich bin überzeugt, dass<br />
sie halten wird – egal wo<br />
sie ihre weitere Karriere<br />
hinführen wird.<br />
Der FC <strong>Red</strong> Bull Salzburg<br />
hat im Winter<br />
wieder drei 18-jährige<br />
Spieler gemeinsam<br />
verpflichtet, diesmal<br />
aus Mali, nämlich<br />
Mamady Diambou,<br />
Nene Dorgeles und<br />
Daouda Guindo. Steckt<br />
eine Philosophie dahinter,<br />
nicht nur ein<br />
Talent zu holen, sondern<br />
gleich zwei oder drei?<br />
Es ist nicht direkt Absicht,<br />
aber wir schließen die<br />
Möglichkeit nicht aus.<br />
Wir haben festgestellt,<br />
dass es kein Nachteil<br />
ist, wenn wir mehrere<br />
Spieler aus dem gleichen<br />
Jahrgang holen und sich<br />
diese Jungs in der Eingewöhnungsphase<br />
gegenseitig<br />
behilflich sind.<br />
Unzertrennlich, schon seit sie Teenager waren:<br />
Enock Mwepu (li.) und Patson Daka<br />
PICTUREDESK<br />
76 THE RED BULLETIN
DISCOVER THE OLYMP<br />
SUMMER STYLES 2021<br />
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SUMMER 2021
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3244 Ruprechtshofen Modeszene Hackl<br />
3250 Wieselburg Steinecker Moden<br />
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3500 Krems Steinecker Moden<br />
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4020 Linz Peek & Cloppenburg<br />
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4400 Steyr/EKZ Hey Steinecker Moden<br />
4642 Sattledt Modehaus Sorelle Ramonda<br />
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4840 Vöcklabruck Kastner & Öhler<br />
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8020 Graz Kastner & Öhler<br />
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GUIDE<br />
Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen<br />
JAKE HOLLAND CALUM MUSKETT<br />
PARAGLEITEN<br />
AM MONT BLANC<br />
– mit Bergführer<br />
Calum Muskett<br />
85
GUIDE<br />
Reisen<br />
„In der kühlen Morgenluft<br />
stürze ich mich<br />
hinab Richtung Italien<br />
und freue mich auf<br />
einen stärkenden<br />
Cappuccino im Café<br />
neben dem Landeplatz.“<br />
Calum Muskett, Bergführer<br />
und Paragleiter, erzählt vom<br />
Abenteuer „Para-Alpinismus“.<br />
Unter meinen Füßen knirscht<br />
der Schnee, als ich die<br />
letzten Schritte auf dem<br />
schmalen Grat mache, der<br />
zum höchsten Gipfel der<br />
Alpen führt: zum Mont Blanc, 4809 Meter<br />
über dem Meer. Eine Wolke bedeckt<br />
die französische Seite des Berges, eine<br />
eisige Brise bringt meine Augenlider<br />
zum Gefrieren.<br />
Es ist der 1. September 2019, sieben<br />
Uhr früh, und das Gleitschirmverbot<br />
in der Region wurde gerade aufgehoben.<br />
Mir wird ein bisschen übel, als ich meine<br />
Tasche auspacke – die Anstrengung des<br />
Aufstiegs hat mir körperlich zugesetzt.<br />
Ich bin von Les Houches aus aufgestiegen<br />
und seit ein Uhr früh unterwegs – das<br />
sind 3800 Höhenmeter in sechs Stunden.<br />
Das Tal von Chamonix liegt tief unter<br />
mir. Von meinem Standpunkt aus wäre der<br />
Weg den Mont Blanc hinunter normalerweise<br />
lang, beschwerlich und riskant,<br />
er würde über Gletscher und Felswände<br />
führen, aber ich werde den Abstieg nicht<br />
zu Fuß vornehmen. Ich werde fliegen.<br />
Seit 2006 besteige ich Berge. Damals<br />
absolvierte ich eine Ausbildung auf den<br />
Klippen meiner Heimat Nordwales.<br />
Heute, als professioneller Kletterer und<br />
Bergführer, folge ich den Jahreszeiten<br />
und teile meine Zeit zwischen den Bergen<br />
von Snowdonia in Wales und den französischen<br />
Alpen auf.<br />
Vor zwei Jahren habe ich Paragleiten<br />
gelernt, was mir neue Horizonte eröffnet<br />
hat. Eine Besteigung des Mont Blanc<br />
dauert normalerweise drei Tage und<br />
umfasst zwei Seilbahnen und eine Zugfahrt.<br />
Wenn ich heute sehr früh auf<br />
den Berg klettere, kann ich zum Gabelfrühstück<br />
wieder zurück sein.<br />
Das Fliegen hat etwas Befreiendes –<br />
wie nach dem Start, bei dem alles einfach<br />
Aufstieg über den Pilier Rouge du Brouillard<br />
stimmen muss, der Druck entweicht, die<br />
Füße baumeln surreal über dem Abgrund,<br />
man trickst die Evolution aus und gesellt<br />
sich segelnd zu den Vögeln.<br />
Nach zehn Minuten, in denen ich die<br />
frostbedeckten Seile entwirrt und den<br />
Fallschirm ausgelegt habe, bin ich dahin,<br />
stürze mich in der kühlen Morgenluft<br />
vom Gipfel hinab, gleite Richtung Italien<br />
und freue mich – heilfroh, nicht mehr<br />
weiterwandern zu müssen – auf einen<br />
stärkenden Cappuccino im Café neben<br />
dem Landeplatz. Der Flug dauert ungefähr<br />
40 Minuten. Zu Fuß würde eine<br />
geführte Gruppe, je nach Können, ein<br />
bis zwei Tage brauchen.<br />
Para-Alpinismus, wie man in Frankreich<br />
sagt, wird zu einer immer belieb<br />
86 THE RED BULLETIN
Wohin<br />
soll’s<br />
gehen?<br />
Ort:<br />
Chamonix-Tal<br />
Nächster Flughafen:<br />
Genf, Schweiz<br />
Transport:<br />
sechs Seilbahnanlagen<br />
Startplätze:<br />
Im Mont-Blanc-<br />
Massiv gibt es<br />
mehrere, Calum flog<br />
einmal vom Gipfel<br />
des Mont Blanc, einmal<br />
vom Glacier du<br />
Brouillard in knapp<br />
4000 Meter Höhe.<br />
Frankreich<br />
Italien<br />
Saisonale Information:<br />
Im Juli und August ist<br />
Paragleiten im Mont-<br />
Blanc-Massiv verboten.<br />
Grund dafür<br />
sind Unfälle in den vergangenen<br />
Jahren und<br />
die steigende Zahl<br />
der Helikopterflüge.<br />
JAKE HOLLAND CALUM MUSKETT<br />
Schmaler Grat: Calum Muskett auf dem Weg zur Biwakstation Pic Eccles<br />
Talfahrt: Der Gletscher ist für den Start ideal, aber der Untergrund etwas glatt.<br />
teren Freizeitbeschäftigung. Wie der<br />
Name schon verrät, handelt es sich dabei<br />
um eine Kombination aus Paragleiten<br />
und Alpinismus, und die europäischen<br />
Alpen mit ihren überschaubaren Flugbeschränkungen<br />
und der hervorragenden<br />
Infrastruktur eignen sich für so ein Vorhaben<br />
besonders gut.<br />
Das Konzept ist nicht neu: Pioniere wie<br />
der Franzose Jean-Marc Boivin starteten<br />
schon vor rund vierzig Jahren von einigen<br />
der höchsten Gipfel der Welt. Diese Frühzeit<br />
des Sports gipfelte in Boivins Flug<br />
vom Mount Everest 1988. Seither hat<br />
sich die Technologie des Paragleitens<br />
eher zu den Cross-Country-Flügen hin<br />
verlagert, wo die Leistung der Tragflächen<br />
vor allem darauf ausgerichtet ist,<br />
Gleitzahl und Auftrieb zu verbessern.<br />
Der aktuelle Weltrekord gelang brasilianischen<br />
Piloten 2016: Sie legten eine<br />
Strecke von 564 Kilometern zurück.<br />
Die Pioniere des Para-Alpinismus<br />
schulterten noch riesige Rucksäcke, die<br />
mehr als zwölf Kilo wogen (und darin ist<br />
die erforderliche Bergsteigerausrüstung<br />
noch nicht eingerechnet), wodurch sich<br />
die Kletter/Flug-Missionen eher mühsam<br />
und unpraktisch gestalteten.<br />
Das änderte sich erst vor kurzem<br />
mit neuen Schirmtypen. Die neuen Tragflächen<br />
wiegen jetzt nur noch ein Kilo,<br />
lassen sich in einen mittelgroßen Beutel<br />
stopfen und haben ein ultraleichtes Sitzgeschirr.<br />
Dieser Technologiesprung hat<br />
dem Sport deutlichen Auftrieb gegeben.<br />
September 2020. Zusammen mit meinen<br />
Freunden Paul und Jake bin ich wieder<br />
auf dem Mont Blanc. Wir versuchen<br />
einen Aufstieg über den schwierigsten<br />
THE RED BULLETIN 87
GUIDE<br />
Reisen<br />
Segeln wie die Vögel: Calum Muskett fliegt über die Gletscherspalten des Glacier du Brouillard (oben)<br />
und nähert sich dem Landeplatz im italienischen Val Veny (unten).<br />
Felsen des Berges, den Pilier Rouge du<br />
Brouillard, einen imposanten Granitmonolithen<br />
auf 4000 Metern, und das<br />
über eine erst im Juli erstmals bezwungene<br />
Route, die als „Incroyable“ (zu<br />
Deutsch: unglaublich) bekannt ist.<br />
Die Sonne scheint, es ist heiß. Unter<br />
schmelzendem Schnee auf den Hängen<br />
über und unter uns taucht eine schwindelerregende<br />
rote Felswand auf, die wir mit<br />
unseren Fingerspitzen hinaufklettern.<br />
Am Ende eines erfolgreichen Klettertages<br />
schaffen wir es bis zur winzigen<br />
Blechschutzhütte auf dem Pic Eccles und<br />
zu einem geeigneten Startplatz an einem<br />
hängenden Abschnitt des Gletschers<br />
nahe der Hütte.<br />
Die Position ist furchterregend. An sich<br />
ist der immer steiler werdende Schneehang<br />
perfekt für einen Absprung – oder<br />
besser: Er wäre perfekt, wenn nicht der<br />
ganze Hang immer noch gefroren wäre.<br />
Paul und Jake stehen auf einem ausge<br />
„Lauer Wind hebt<br />
den Schirm – und<br />
mich sanft von<br />
den Füßen.“<br />
Calum Muskett, Bergführer und Paragleiter<br />
schlagenen Schneevorsprung 30 Meter<br />
neben mir. Es ist Pauls erster Flug unter<br />
Jakes Kommando auf einem ultraleichten<br />
Tandemparagleiter. Was für ein Ort für<br />
eine Premiere!<br />
Mit Steigeisen, um mir Halt auf dem<br />
glatten Untergrund zu verschaffen,<br />
mache ich meinen Anlauf. Der leichte<br />
Stoff erhebt sich schnell und einfach<br />
über meinen Kopf, und sobald die Vorderkante<br />
die Sonne zu berühren scheint,<br />
bläst lauwarmer Wind aus dem Tal den<br />
Schirm auf und hebt mich sanft von den<br />
Füßen. Ich schaue zurück und sehe,<br />
wie Jake und Paul vor Freude jauchzend<br />
starten und es sich unter ihren Tragflächen<br />
bequem machen.<br />
Bergführer Calum Muskett buchen unter:<br />
muskettmountaineering.co.uk (für Touren<br />
im Raum Chamonix). Ein fünftägiger Paragleit-<br />
Kurs kostet zwischen 500 und 900 Euro,<br />
die Ausrüstung rund 3000 Euro.<br />
JAKE HOLLAND CALUM MUSKETT<br />
88 THE RED BULLETIN
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DIE ERFOLGSSTORY<br />
BIS HEUTE GILT DIE GS ALS DAS ERFOLG<br />
REICHSTE DEUTSCHE MOTORRAD<br />
– und wir wissen, warum. Wer einmal<br />
auf eine GS gestiegen ist, merkt schnell:<br />
GS-Fahren ist ein Lebensgefühl. Dieses<br />
denkwürdige Jubiläum feiert BMW<br />
Motorrad mit sieben Sondermodellen:<br />
Die „Editions 40 Years GS“ sind jede für<br />
sich eine Hommage an den „Spirit of GS“.<br />
40<br />
JAHRE<br />
ABENTEUER<br />
4 JAHRZEHNTE<br />
GS<br />
Jede Erfolgsstory hat einen Anfang. Für die GS beginnt alles im Jahr 1980,<br />
als BMW Motorrad mit der R 80 G/S die weltweit erste große Reiseenduro<br />
präsentiert – ein Meilenstein auf dem Weg zu Ruhm und Erfolg.<br />
BMW GROUP ARCHIV, BMW WERKFOTO (2), MICHAEL MÖSCH, ROBERT KRÖSCHEL<br />
1978 – 1980<br />
Wir schreiben das<br />
Jahr 1978, als ein<br />
hauseigenes Entwicklerteam<br />
ohne offiziellen Auftrag<br />
einen Prototyp baut und für Furore<br />
sorgt – etwa mit zwei Goldmedaillen<br />
bei der „Six Days“-Weltmeisterschaft.<br />
Nur zwei Jahre später folgt<br />
die Geburtsstunde der ersten Serienvariante<br />
des Siegermotorrads: der<br />
R 80 G/S.<br />
1980 – 1987<br />
Mit der R 80 G/S<br />
ist die perfekte<br />
Synthese aus<br />
Gelände und Straße gelungen – G/S<br />
eben. Sie begründete das Segment<br />
der großvolumigen Reiseenduros,<br />
das sie bis heute beherrscht. Highlight<br />
damals ist die weltweit zum<br />
ersten Mal an einem Motorrad verbaute<br />
Einarmschwinge für die Hinterradführung.<br />
1987 – 1996<br />
„Mehr Hubraum,<br />
mehr Fahrspaß“<br />
lautet das Credo<br />
des Spitzenmodells R 100 GS –<br />
sie wird die leistungsstärkste und<br />
schnellste Enduro auf dem Markt.<br />
Bekannt wird sie in ihrer markanten,<br />
schwarz-gelben Lackierung, die<br />
ihr den Spitznamen „Bumblebee“<br />
einbringt.<br />
1994 – 2003<br />
1994 erscheint<br />
mit der R 1100 GS<br />
die erste GS mit<br />
Vierventil-Boxermotor.<br />
Sie besticht mit leichtem<br />
Handling im Gelände und besten<br />
Eigenschaften für lange Touren.<br />
Zudem wartet sie als erste Enduro<br />
überhaupt mit ABS auf. Danach<br />
setzen die R 1150 GS bzw. die<br />
R 1150 GS Adventure die Erfolge<br />
fort.<br />
bmw-motorrad.at<br />
2000 – 2008<br />
Einen weiteren Meilenstein<br />
in der BMW<br />
GS-Geschichte markieren<br />
die Einzylinder-Enduros<br />
F 650 GS und die F 650 GS Dakar –<br />
sie gewinnt 1999 und 2000 die<br />
prestigeträchtige Rallye Dakar!<br />
Anfang 2008 lösen die zweizylindrigen<br />
Modelle F 650 GS und F 800 GS<br />
die erfolgreiche Single-GS ab.<br />
2004 – 2017<br />
2004 wird die<br />
R 1200 GS neu<br />
aufgelegt: Sie<br />
bekommt mehr<br />
Hubraum, Leistung und Drehmoment<br />
– bei 30 Kilogramm<br />
weniger Gewicht. Fast zehn Jahre<br />
später bricht eine neue Ära an: die<br />
R 1200 GS wird mit einem wassergekühlten<br />
Boxermotor ausgestattet<br />
– eine Weltneuheit.
GUIDE<br />
Gaming<br />
TIPPS<br />
Spielend<br />
Karriere<br />
machen<br />
Jacob Mourujärvi ist ein<br />
Weltklasse-Spieler des Ego-<br />
Shooters „Valorant“. Hier<br />
verrät der Schwede, wie er<br />
es zum Profi geschafft hat.<br />
<strong>Red</strong> Bull Campus Clutch ist<br />
ein weltweites eSport-Turnier<br />
für Spieler im Studierendenalter.<br />
Gespielt wird „Valorant“,<br />
ein taktisches Ego-Shooter-<br />
Game. Schon bevor das Spiel<br />
vergangenes Jahr veröffentlicht<br />
wurde, brach es einen<br />
Rekord: Mit 34 Millionen Stunden<br />
an einem Tag ist nie zuvor<br />
ein Spiel länger verfolgt worden<br />
– und zwar von Zuschauern,<br />
die sich die Streams ausgewählter<br />
Spieler ansahen.<br />
Im Weltfinale von <strong>Red</strong> Bull<br />
Campus Clutch kämpfen die<br />
Siegerteams aus jedem Land<br />
im Juli um 20.000 Euro Preisgeld<br />
und ein Gaming-Center<br />
für ihren Uni-Campus.<br />
Von Jacob „Pyth“ Mourujärvi<br />
könnten die Campus-<br />
Clutcher einiges lernen. Der<br />
27-jährige Schwede gehört<br />
zur Elite-eSport-Mannschaft<br />
G2 und ist einer der besten<br />
„Valorant“-Spieler der Welt.<br />
Vor neun Jahren wollte er<br />
noch IT-Experte werden. „Ich<br />
hatte keinerlei Vorstellung<br />
von meiner Karriere, außer<br />
dass ich gerne mit Computern<br />
arbeitete.“ Damals spielte er<br />
das gerade neu erschienene<br />
„Counter-Strike: Global Offensive“<br />
(„CS:GO“), als Mitspieler<br />
ihn einluden, einem Team beizutreten.<br />
„Mittlerweile arbeite<br />
ich jeden Tag mit Computern.“<br />
Und zwar als Profispieler …<br />
15 Stunden Gaming<br />
Als Mourujärvi mit achtzehn<br />
den üblichen Bildungsweg<br />
hinter sich ließ, spielte er<br />
15 Stunden täglich „CS:GO“.<br />
„Acht Uhr morgens schlafen<br />
gehen, fünf Uhr nachmittags<br />
aufstehen und weiterspielen“,<br />
erinnert er sich. „Aber sobald<br />
mir bewusst wurde, dass ich<br />
damit Karriere machen kann,<br />
änderte ich meine Routine<br />
und fing an, wie ein Profi zu<br />
denken. Ich hörte auch mit<br />
dem Lästern auf, wie es in<br />
der Szene üblich ist. Jetzt<br />
bin ich ein lieber Kerl.“<br />
Stärken ausspielen<br />
Pyth ist ein Meister des<br />
„Clutch Play“– der Fähigkeit,<br />
ein Spiel in den letzten<br />
Sekunden umzudrehen.<br />
Schon 2014 bezwang Pyth<br />
im Alleingang seine Gegner<br />
in einem „CS:GO“-Match.<br />
„Beweise dich, und man wird<br />
dich wahrnehmen“, sagt er.<br />
„Aber Abkürzungen gibt’s<br />
keine. Man muss sich Schritt<br />
für Schritt hocharbeiten.“<br />
Neues riskieren<br />
2015 betrat Pyth Neuland und<br />
half beim Aufbau des neuen<br />
kanadischen „CS:GO“-Teams<br />
Luminosity Gaming. „Durch<br />
diese Erfahrung bin ich jetzt<br />
teamfähiger, offener und<br />
ehrlicher.“ Dieser erfolgreiche<br />
Schachzug inspirierte ihn<br />
gleich für den nächsten: Mourujärvi<br />
hörte mit „CS:GO“ auf,<br />
„Ich bin jetzt<br />
teamfähiger,<br />
offener und<br />
ehrlicher.“<br />
Jacob Mourujärvi,<br />
genannt „Pyth“, 27<br />
Scharfschützen:<br />
die Charaktere<br />
Phoenix (li.) und<br />
Jett aus dem<br />
Game „Valorant“<br />
vor allem auch deshalb, weil er<br />
auf Twitter während des Spiels<br />
Morddrohungen erhalten<br />
hatte. „‚Valorant‘ hat eine sehr<br />
unterstützende Fanbase“,<br />
erzählt Pyth. Angenehme<br />
Arbeits kollegen seien schließlich<br />
überall entscheidend.<br />
„Bei G2 sind wir Freunde. Beim<br />
Spielen und auch danach.“<br />
Niemals aufhören<br />
Mit 27 gehört Mourujärvi zu<br />
den eSport-Veteranen. Was<br />
nach dem Karriereende nun<br />
kommt? „Ich will weiter im<br />
eSport arbeiten, vielleicht ja<br />
als Trainer. Viele Spieler üben<br />
jeden Tag ihre Treffsicherheit,<br />
verstehen aber nicht viel von<br />
Teamwork und Strategie. Dabei<br />
ist es wie im Fußball: Die<br />
Spieler im Team sollten einander<br />
nicht zu sehr gleichen<br />
und eine Einheit bilden.“<br />
„Valorant“ auf Microsoft<br />
Windows: playvalorant.com<br />
Die aktuellen Matches beim<br />
<strong>Red</strong> Bull Campus Clutch<br />
findest du auf redbull.com.<br />
Folge Pyth auf: twitch.tv/pyth<br />
YUNG ELDR JOE ELLISON<br />
90 THE RED BULLETIN
A N Z E I G E<br />
must-haves<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
1 LIGHT TRAILRUNNER<br />
Der leichte und technisch präzise<br />
RIBELLE RUN von Scarpa ist der<br />
ideale Trailrunningschuh in rauem<br />
Terrain. Er ist konzipiert für kurze<br />
bis mittlere Distanzen und überzeugt<br />
mit seiner optimalen Passform<br />
sowie seinem atmungsaktiven Obermaterial.<br />
Dazu sorgt seine exklusive<br />
SuperGum-Außensohle dafür, dass<br />
du auch auf rutschigen Wegen locker<br />
vorankommst.<br />
scarpa.net<br />
2 UNBREAKABLE EYEC<strong>AT</strong>CHER<br />
Einzigartig, innovativ, preisgekrönt:<br />
Die neue G19 von gloryfy unbreakable<br />
eyewear „Made in Austria“ ist ein wahrer<br />
Eyecatcher mit Hightech-Funktion:<br />
100 % beste Belüftung, 3D-anpassbare<br />
Nasen-Pads, absolut minimiertes<br />
Gewicht und ein markanter Look.<br />
Der retro-futuristische Schnitt der<br />
unzerbrechlichen NBFX-Linse macht<br />
die neue G19 Serie zum Must-have für<br />
ambitionierte Läufer und Radfahrer.<br />
gloryfy.com<br />
3 KEEP IT SIMPLE<br />
Ob zum Klettern am Felsen oder in der<br />
Boulderhalle, morgens beim ersten<br />
Kaffee oder abends beim Schlummer-<br />
Umtrunk am Lagerfeuer – das<br />
Genzianella T-Shirt von Karpos passt<br />
immer! Dank dem hochwertigen<br />
Materialmix aus 95 % Baumwolle und<br />
5 % Elasthan in Verbindung mit einem<br />
lässigen Print erfüllt das Klettershirt<br />
sowohl seinen technischen als auch<br />
modischen Anspruch.<br />
karpos-outdoor.com<br />
4 PACK TRUCKER CAP<br />
Erstmals kompakt: Die neue BUFF ®<br />
Pack Trucker Cap überlebt dank<br />
flexiblem Design nicht nur ein versehentliches<br />
Draufsetzen, sondern<br />
lässt sich auch auf ein Kleinstmaß<br />
zusammenpacken. Kreditkarte und<br />
Schlüssel finden im praktischen<br />
Innen fach der schnelltrocknenden<br />
Cap Platz. Der perfekte Begleiter<br />
für den Sommer – erhältlich in fünf<br />
Farben. One Size, 54–62 cm.<br />
buff.com
GUIDE<br />
Lesestoff<br />
KLASSIKER, NEU ERZÄHLT<br />
Märchenhaft böse<br />
„Alice im Wunderland“ und andere Geschichten auf die harte Tour: US-Bestsellerautorin<br />
Christina Henry interpretiert weltberühmte Kinderbuch-Klassiker für Erwachsene neu.<br />
Text JAKOB HÜBNER<br />
Lewis Carroll war nicht<br />
nur Schriftsteller, Fotograf<br />
und Theologe – er<br />
war auch studierter Mathematiker.<br />
Und als solcher<br />
mit den Grundsätzen der<br />
Logik bestens vertraut. Der<br />
Brite wusste also ganz genau,<br />
wo er den surrealen Hebel<br />
ansetzen musste, als er 1865<br />
sein weltberühmtes Nonsens-<br />
Märchen „Alice im Wunderland“<br />
zu Papier brachte. Das<br />
schmale Büchlein entfaltete<br />
breite Wirkung. Die Abenteuer<br />
der kleinen Alice, die via Kaninchenbau<br />
in ein absurdes<br />
Fantasiereich plumpst, sind<br />
ein verlässlicher Kandidat<br />
in sämtlichen Ranglisten mit<br />
der Überschrift „Klassiker<br />
der Weltliteratur“. Außerdem<br />
schaute Alice in den vergangenen<br />
150 Jahren einer Reihe<br />
von namhaften Künstlern<br />
– von Salvador Dalí bis John<br />
Lennon – konspirativ über die<br />
Schulter. Und ganz nebenbei<br />
wurde die Geschichte und<br />
ihre Fortsetzung „Alice hinter<br />
den Spiegeln“ bis heute rund<br />
50 Mal verfilmt.<br />
Nicht schlecht für ein<br />
Kinderbuch.<br />
Noch tiefer aus dieser<br />
sprudelnden Inspirationsquelle<br />
schöpft die US-amerikanische<br />
Autorin Christina<br />
Henry. Anstatt lediglich ein<br />
paar Rosinen aus dem Wunderland<br />
zu picken, schnappt<br />
sie sich gleich den ganzen<br />
Kuchen. Ihre dunklen „Chroniken<br />
von Alice“ sind so etwas<br />
wie eine literarische Coverversion<br />
des Märchens für Erwachsene.<br />
Der Ordnung halber<br />
muss man an dieser Stelle<br />
sagen, dass sie nicht die Erste<br />
ist, die eine Neu interpretation<br />
dieses Kinderklassikers wagt<br />
(siehe Tipps rechts), allerdings<br />
ist sie die bisher Erfolgreichste<br />
– und die bei weitem<br />
Böseste.<br />
Henry verankert ihre<br />
„Alice“-Adaption in zwei Bereichen.<br />
Erstens: Alle tragenden<br />
Figuren stammen aus<br />
dem Original. Zweitens: Das<br />
Absurde kommt auch bei<br />
ihr mit der entwaffnenden<br />
Selbstverständlichkeit eines<br />
VINZ SCHWARZBAUER<br />
92 THE RED BULLETIN
Erster Absatz aus<br />
„Finsternis im Wunderland“<br />
Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, sich bis ganz nach<br />
oben streckte, die Wange an die Wand legte und den Kopf nach<br />
links drehte, konnte sie durch die Gitterstäbe gerade so den<br />
Rand des Monds sehen. Eine Scheibe Käse, eine Scheibe Kuchen,<br />
eine Tasse Tee, um der Höflichkeit Genüge zu tun. Einmal<br />
hatte ihr jemand eine Tasse Tee angeboten, jemand mit blaugrünen<br />
Augen und langen Ohren. Komisch, dass sie sich nicht<br />
an sein Gesicht erinnern konnte. Dieser Teil ihrer Erinnerung<br />
war nebelig, wie in Rauch gehüllt, abgesehen von den Augen<br />
und den Ohren. Und die Ohren waren lang und pelzig gewesen.<br />
LESETIPPS<br />
Es war einmal …<br />
Noch mehr Märchen<br />
für Erwachsene<br />
Traums daher – diesfalls jedoch<br />
mit der eines Albtraums.<br />
Alice, missbraucht und von<br />
ihrer Familie verstoßen, sitzt<br />
seit rund zehn Jahren in der<br />
gut gepolsterten Zelle einer<br />
düsteren Irrenanstalt, deren<br />
therapeutische Fähigkeiten<br />
sich auf zwei Dinge reduzieren:<br />
sedieren und wegsperren.<br />
Abgesehen von den sadistischen<br />
Pflegern hat sie – durch<br />
ein von einer Maus gegrabenes<br />
Loch – nur zu einem Menschen<br />
sozialen Kontakt: ihrem<br />
Zellennachbarn Hatcher. Der<br />
ist ein Axtmörder mit einer bipolaren<br />
Störung – sonst aber<br />
ein liebenswerter Mensch und<br />
ein virtuoser Kämpfer.<br />
Als in der Anstalt Feuer<br />
ausbricht, können Alice und<br />
Hatcher gemeinsam fliehen.<br />
Beide sinnen auf blutige Rache.<br />
Auf ihrer Liste: der Grinser,<br />
die Raupe, das Walross,<br />
das Kaninchen, der Jabberwock<br />
und die weiße Königin.<br />
Während Hatcher den Weg<br />
mit recht rustikalen Methoden<br />
freihackt, dämmert Alice<br />
allmählich, dass ihr Wahnsinn<br />
einen gewissen Zauber in<br />
sich birgt …<br />
Obwohl man die 1974 geborene<br />
Christina Henry nicht als<br />
Newcomerin bezeichnen kann<br />
– ihre „Black Wings“-Serie<br />
sammelt bereits seit Jahren<br />
eifrig Sternchen –, kam der<br />
Hype um Alice doch ein wenig<br />
überraschend. Der erste Band<br />
„Finsternis im Wunderland“<br />
enterte vom Stand weg die internationalen<br />
Bestsellerlisten<br />
und wurde in „Amazon’s Best<br />
Books of the Year“ gewählt.<br />
Begleitet wurde der kommerzielle<br />
Erfolg von wohlwollenden<br />
Worten aus Feuilletons,<br />
die derartige „U-Literatur“<br />
normalerweise bestenfalls<br />
vom Wegsehen kennen. Was<br />
vermutlich nicht nur an der<br />
berühmten Vorlage, sondern<br />
auch an Henrys zutiefst eigenwilligem,<br />
kindlich-brutalem<br />
Erzählstil liegt, dessen Ambivalenz<br />
eine ganz seltsame<br />
Stimmung erzeugt. Streckenweise<br />
fühlt man sich, als lausche<br />
man dem düsteren Betthupferl<br />
am Lagerfeuer eines<br />
Jungscharcamps, aber dann<br />
haut Henry auch immer wieder<br />
Sätze raus, die man sich<br />
am liebsten einrahmen und an<br />
die Wand hängen würde.<br />
Und da kommt noch mehr:<br />
Die dunklen Chroniken von<br />
„Peter Pan“ sind für 21. Juni<br />
angekündigt, und auch jene<br />
von „Meerjungfrau“ und „Rotkäppchen“<br />
sind bereits in der<br />
Übersetzung. Mit dem Spruch<br />
„Erzähl mir keine Märchen!“<br />
braucht man Christina Henry<br />
also nicht zu kommen …<br />
CHRISTINA HENRY<br />
„Finsternis im Wunderland.<br />
Die Chroniken von Alice“<br />
Deutsch von Sigrun Zühlke<br />
Penhaligon, 352 Seiten<br />
FRANK BEDDOR<br />
Frank Beddor, der mit dem<br />
US-Ski-Team zweimal die<br />
Freestyle-Weltmeisterschaft<br />
holte, stürzt sich in seiner<br />
Interpretation von „Alice<br />
im Wunderland“ ohne Rücksicht<br />
auf Verluste in einen<br />
Fantasy-Thriller voller Action,<br />
in dem aber auch der Humor<br />
nicht zu kurz kommt.<br />
Im Vorwort verspricht der<br />
Autor eine Geschichte<br />
„voll Blut vergießen, Mord,<br />
Rache und Krieg“.<br />
Und er hält Wort.<br />
„Das Spiegellabyrinth“<br />
(dtv)<br />
NICOLE BÖHM<br />
Für ihre Jugendbuchserie<br />
„Die Chroniken der Seelenwächter“<br />
wurde Nicole Böhm<br />
bereits zweimal mit dem<br />
Deutschen Phantastik Preis<br />
ausgezeichnet. Das gelang<br />
ihr auch mit dem – deutlich<br />
düsterer angelegten – Roman<br />
„Wer hat Angst vorm bösen<br />
Wolf?“, der gemeinsam mit<br />
„Spieglein, Spieglein an der<br />
Wand“ eine märchenhafte<br />
Dilogie bildet, in der<br />
neben Spannung auch<br />
die Romantik knistert.<br />
„Das Vermächtnis<br />
der Grimms“<br />
(Drachenmond Verlag)<br />
WALTER MOERS<br />
Walter Moers (bzw. sein Alter<br />
Ego Hildegunst von Mythenmetz)<br />
ist vermutlich der<br />
genialste Märchenonkel der<br />
Gegenwartsliteratur. In „Ensel<br />
und Krete“ versetzt er das<br />
berühmte Geschwisterpaar<br />
der Brüder Grimm in sein<br />
legendäres Zauberreich<br />
Zamonien, in dem sich –<br />
vom gemeingefährlichen<br />
Laubwolf bis zum doppelköpfigen<br />
Wollhühnchen –<br />
allerhand absonderliche<br />
Geschöpfe tummeln.<br />
„Ensel und Krete“<br />
(Penguin Verlag)<br />
NELSON MANDELA<br />
In dieser 2004 erschienenen,<br />
prächtig illustrierten Anthologie<br />
versammelt der Freiheitskämpfer,<br />
Friedensnobelpreisträger<br />
und erste<br />
schwarze Präsident Südafrikas<br />
die schönsten Märchen<br />
seines Kontinents.<br />
Das Buch ist eine wahre<br />
Schatztruhe voll poetischer<br />
Juwele, die vor Witz und<br />
Weisheit nur so funkeln und<br />
deren exotischer Zauber Kinder<br />
ebenso in seinen Bann<br />
zieht wie Erwachsene.<br />
„Meine afrikanischen<br />
Lieblingsmärchen“<br />
(dtv)<br />
THE RED BULLETIN 93
LENNY KRAVITZ, LAVENDEL UND WEIHRAUCH<br />
ROCK-LEGENDE WIRBT FÜR PARFUM, SEINE TOCHTER FÜR YSL-LIPPENSTIFT<br />
Wie Lenny Kravitz (li.) riecht, wissen wir jetzt: nach „lichtdurchflutetem Lavendel,<br />
schwarzem Zedernholz und mystischem Weihrauch“ – kurz nach „Y Le Parfum“ von<br />
Yves Saint Laurent (YSL), wofür er gerade wirbt; Töchterchen Zoë (re.) rümpft darob<br />
nicht das Näschen, sie macht das Gleiche mit YSL-Lippenrot. loreal.com<br />
Richtig gutes Zeug<br />
Handverlesene Liebhaberstücke, Tipps & Termine.<br />
Von der <strong>Red</strong>aktion empfohlen. Text WOLFGANG WIESER<br />
SCHUH-KUNST<br />
DAS VIRTUELLE MUSEUM VON SALV<strong>AT</strong>ORE FERRAGAMO<br />
Diese lässigen Schuhe von Ferragamo stehen symbolisch für<br />
das virtuelle Museum des italienischen Modevisionärs. Klare<br />
Empfehlung: Schau dir das an! Wer Mode und Geschichte liebt,<br />
klickt sich mit wachsendem Entzücken durch.<br />
ferragamo.com/museo<br />
COURTESY OF FERRAGAMO, DAVID SIMS/YVES SAINT LAURENT BEAUTY ÖSTERREICH,<br />
GARMIN, COUCH CONSOLE, VÖSLAUER<br />
94 THE RED BULLETIN
GUIDE<br />
Trends<br />
HALTE<br />
DEINEN FLOW!<br />
GARMIN ENDURO<br />
Diese Uhr weiß praktisch<br />
alles über ihren Träger.<br />
Die Eigenschaft, die uns<br />
am besten gefällt? Sie<br />
misst deinen Flow – also<br />
wie flüssig du mit dem<br />
Mountainbike die Trails<br />
bewältigst. Je niedriger<br />
der Wert, desto besser.<br />
PS: Und wann du besser<br />
Pause machst, sagt sie dir<br />
auch. garmin.com<br />
LEBEN IM GLEICHGEWICHT<br />
THE COUCH CONSOLE<br />
Manch einer mag sagen, das Leben auf der Couch<br />
sei nicht das Wahre. Antworte: Aber dafür ich bin<br />
ausbalanciert. Dank dieser Console – sie enthält<br />
alles, was du für einen entspannten Tag brauchst.<br />
Ein Hit auf Kickstarter, eh klar. Lieferung ab Mai.<br />
couchconsole.com<br />
MEHR KOMFORT<br />
Ein neues atmungsaktives<br />
Nylonarmband<br />
sorgt für einen<br />
perfekten Sitz.<br />
GUTES GEWISSEN<br />
Wer diese Tasche trägt,<br />
trägt 100 Prozent<br />
recycelte PET-Flaschen.<br />
FRISCH WIE<br />
DER FRÜHLING<br />
TASCHE VOM DESIGNER<br />
Wer diese Einkaufstasche<br />
sieht, denkt: Frühling,<br />
Gott sei Dank! Für die<br />
Wasser-Spezialisten von<br />
Vöslauer entworfen hat<br />
sie ein österreichischer<br />
Designer mit Armani-<br />
Vergangenheit: Arthur<br />
Arbesser, bekannt für seine<br />
Vorliebe zu klaren Mustern.<br />
voeslauer-designshop.com<br />
THE RED BULLETIN 95
GUIDE<br />
Trends<br />
WIEN IM<br />
HÖHENFLUG<br />
ARGUS BIKE FESTIVAL<br />
Höher, weiter und – entspannter.<br />
Das Argus Bike<br />
Festival in Wien musste<br />
pandemiebedingt verschoben<br />
werden – und zwar<br />
auf den 29. und 30. Mai.<br />
Aber dann gibt’s Dirt-Battle,<br />
Highjump-Contest und<br />
eine große Rad-Parade.<br />
bikefestival.at<br />
DIESES BUCH PACKT ALLE EIN<br />
„THE PACKAGE DESIGN BOOK 6“: AUSGEZEICHNETE VERPACKUNG<br />
In den 1980er-Jahren empfahl die Glamour-Band „ABC“, nie ein Buch<br />
wegen des Covers zu kaufen. Das war schon damals pure Ironie.<br />
Wie wichtig – und wie kunstvoll – Verpackung heute sein kann, zeigt<br />
dieser Band, der über 500 Arbeiten der Gewinner des Pentawards<br />
der Jahre 2019 und 2020 versammelt. taschen.com<br />
Endlich ein Rucksack,<br />
der nicht auf den Berg will!<br />
RUCKSACK<br />
FINDET STADT<br />
SAMSONITE SECURIPAK<br />
Endlich ein Rucksack, der<br />
nicht so tut, als wollte er auf<br />
einen Gipfel geschleppt werden.<br />
Nein, er ist eindeutig<br />
für den Stadtbewohner des<br />
21. Jahrhunderts gedacht.<br />
Das Material heißt Recyclex<br />
(ja, es sind PET-Flaschen),<br />
ist reiß- und schnittfest,<br />
und selbstverständlich gibt<br />
es eine Lademöglichkeit.<br />
samsonite.com<br />
MODERN ART<br />
Ein Werk aus dem Jahr<br />
1966 ziert jetzt eine Uhr.<br />
Kunst aus dem Handgelenk<br />
sozusagen.<br />
FÜR IMMER<br />
JUNG<br />
SW<strong>AT</strong>CH IM MOMA-DESIGN<br />
Tadanori Yokoo, Jahrgang<br />
1936, zeigt, dass Kunst nie<br />
wirklich alt wird: Sein Werk<br />
mit dem schönen Titel „The<br />
City and Design, The Wonders<br />
of Life on Earth, Isamu<br />
Kurita“ aus dem Jahr 1966<br />
schmückt – 55 Jahre später<br />
fein zitiert – eine Swatch<br />
aus der MoMA-Kollektion.<br />
swatch.com<br />
S.ZIVADINOVIC, TASCHEN, SW<strong>AT</strong>CH, SAMSONITE, BRIAN SPECTOR, NICOLAS HOLTZMEYER/RED BULL CONTENT POOL<br />
96 THE RED BULLETIN
WIR SPIELEN GLEICHBERECHTIGUNG<br />
ENDLICH! KÖNIG UND KÖNIGIN SIND GLEICH VIEL WERT<br />
In einem neuen Kartenspiel – gibt’s vorläufig nur auf Englisch –<br />
sind Queen und King (= Queeng) endlich gleich viel wert, die<br />
ehemalige Dame heißt jetzt Duke. Und selbstverständlich sind<br />
auch alle Hautfarben vertreten. Worauf wir jetzt noch warten?<br />
Auf die Revolution der Zweier: ¡Venceremos! queengcards.com<br />
HINAUF RENNEN, HINUNTER FLIEGEN<br />
RED BULL X-ALPS: 33 TOP-<strong>AT</strong>HLETEN, 1238 KILOMETER<br />
1238 Kilometer müssen jene 33 Athleten aus 17 Nationen zurücklegen,<br />
die bei der zehnten Auflage von <strong>Red</strong> Bull X-Alps dabei sind.<br />
Doch dieses Faktum allein erzählt noch nichts über die Strapazen,<br />
die die Teilnehmer erwarten – die Strecke über die Alpen darf nur<br />
zu Fuß oder per Gleitschirm zurückgelegt werden. redbullxalps.com<br />
Vollendet in<br />
Design & Technik.<br />
Der Kia XCeed.<br />
Mit seinem mutigen Design, dem sportlichen Crossover-Coupé-Styling und dem robusten und gleichzeitig unverwechselbaren chromgefassten<br />
Kühlergrill verdreht der neue XCeed garantiert jedem den Kopf. Designt für alle, die nicht nur ganz neue Wege gehen, sondern<br />
bei jeder Fahrt puren Nervenkitzel erleben wollen. Aber davon hast du sicher schon gehört, oder?<br />
CO 2 -Emission: 161-130 g/km, Gesamtverbrauch: 5,0-7,1 l/100km<br />
Symbolfoto. Satz- und Druckfehler, Irrtümer und Änderungen vorbehalten. *) 7 Jahre/150.000km Werksgarantie.
B O U L E V A R D D E R H E L D E N<br />
JOHN GLENN<br />
VOM GRÖSSTEN SCHMERZ<br />
Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten<br />
inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit.<br />
Folge 12: Womit der erste US-Astronaut, der die Erde umkreiste, zu kämpfen hatte.<br />
Mitte der Neunzigerjahre des<br />
vorigen Jahrhunderts fuhr ich<br />
mit Bob Didonato durch die<br />
US-Staaten Pennsylvania, Ohio,<br />
Kentucky und West Virginia. Bob<br />
war Professor an der Miami University in<br />
Oxford, Ohio, er unter richtete deutsche<br />
Literatur und deutsche Sprache, die Studenten<br />
liebten ihn wegen seiner unkonventionellen<br />
Einfälle. Er sagte, er wolle mir<br />
Dinge zeigen, die in keinem Fremdenführer<br />
aufgeführt seien, die aber für das Selbstverständnis<br />
und das Selbstbewusstsein<br />
der Amerikaner große Bedeutung hätten<br />
– „eine sub kutane Bedeutung“, so drückte<br />
er sich aus. Was er darunter verstand,<br />
demonstrierte er mir in New Concord, einem Dorf im<br />
Muskingum County in Ohio, das sich durch nichts von<br />
den umliegenden Dörfern unterschied, eingerahmt<br />
von Tankstellen und Fast-Food-Lokalen. Die Ausfahrtsstraße<br />
im Norden führte an einem schmalen Fluss entlang<br />
– dem Fox Creek, wie mich Bob unterrichtete.<br />
Irgendwann hielt er an. Wir gingen auf einem Seitenweg<br />
in ein lichtes Wäldchen, nach einer Meile blieb<br />
er stehen und sagte:<br />
„Hier ist es.“<br />
„Was?“, fragte ich.<br />
„Genau hier“, flüsterte er.<br />
„Bob“, sagte ich, „was ist hier? Und warum flüsterst<br />
du?“<br />
„Hier hat er gelegen“, flüsterte er weiter.<br />
„Wer, verdammt noch mal!“<br />
„John Glenn.“<br />
John Glenn – der große John Glenn – war der erste<br />
Mensch, der die Erde gesehen hat, wie ich den Globus<br />
sehe, der auf meinem Schreibtisch steht: als eine<br />
vorwiegend blaue Kugel. Er war der erste Mensch,<br />
der unsere Erde in einer Umlaufbahn umkreist hat.<br />
Dreimal. Er allein. Die längsten und zugleich kürzesten<br />
vier Stunden, 55 Minuten und 23 Sekunden,<br />
MICHAEL KÖHLMEIER<br />
Der Vorarlberger<br />
Bestseller-Autor gilt<br />
als bester Erzähler<br />
deutscher Zunge.<br />
Zuletzt erschienen:<br />
„Die Märchen“,<br />
816 Seiten,<br />
Carl Hanser Verlag.<br />
die jemals ein Mensch durchlebt hat.<br />
Das war am 20. Februar 1962 gewesen.<br />
Nein, der erste Mensch im All war<br />
er nicht. Viele Amerikaner wollten das<br />
zwar glauben. Und viele wollten damals<br />
glauben, seine Mission diene in erster Linie<br />
der Wissenschaft. So war es aber nicht.<br />
John Glenn war eine politische Trumpfkarte<br />
im Wettstreit mit der Sowjetunion.<br />
Ein Jahr zuvor nämlich, am 12. April 1961,<br />
hatte der russische Astronaut Juri Alexejewitsch<br />
Gagarin die Erde als tatsächlich erster<br />
Mensch, jedoch nur einmal, umrundet,<br />
sein Flug dauerte 108 Minuten. Damit hatte<br />
der verteufelte Kommunismus das glorreiche<br />
Amerika, das Land der unbegrenzten<br />
Möglichkeiten, das sich allen Nationen überlegen<br />
fühlte, in die Schranken verwiesen. Die Kränkung war<br />
so bitter, dass manche amerikanische Zeitungen und<br />
Rundfunkanstalten gar nicht darüber berichteten.<br />
Nun also die Revanche.<br />
Um 9 Uhr 47, Ostküstenzeit, startete die Atlas-Rakete,<br />
an deren Spitze der vierzigjährige Astro naut<br />
John Herschel Glenn saß. Er selbst hatte sich<br />
gewünscht, dass seine Mission „Friendship“ genannt<br />
würde. Die Schüler durften an diesem Tag zu Hause<br />
bleiben, die meisten Betriebe unterbrachen die Arbeit<br />
für eine oder zwei Stunden, Präsident Kennedy saß<br />
wie Millionen andere Amerikaner vor dem Fernseher<br />
und sah sich mit klopfendem Herzen an, wie die<br />
gigantische Rauchwolke über der Cape Canaveral Air<br />
Force Station in Florida in den Himmel quoll und aus<br />
ihr der haardünne Kondensstreifen der Rakete höher<br />
und immer höher schoss. Der Sprecher im Fernsehen<br />
verkündete: „Oberstleutnant Glenn ist soeben mit<br />
seiner Rakete in die Erdumlaufbahn gestartet. Bitte<br />
beten Sie für ihn.“<br />
Gegen fünfhundert Konkurrenten hatte Glenn<br />
sich durchgesetzt, und er hatte nicht die besten<br />
MICHAEL KÖHLMEIER BENE ROHLMANN, CLAUDIA MEITERT GETTY IMAGES (2)<br />
98 THE RED BULLETIN
Voraussetzungen. Sein größter Nachteil gegenüber<br />
den anderen Anwärtern war sein Alter. Ein Vierzigjähriger<br />
sei körperlich nicht mehr auf der Höhe, ein<br />
solches Unternehmen aber verlange das Äußerste.<br />
So hieß es. Glenn konnte mithalten. Er bestand in den<br />
Dunkelräumen bei stundenlanger Schwärze und absoluter<br />
Stille; er hielt in der Hitzekammer aus, gegen<br />
die eine Sauna eine kühle Veranda sei, wie einer der<br />
Kandidaten witzelte; auch minutenlanges Ausharren<br />
im Eiswasser konnte ihm nichts anhaben, und die Zentrifuge<br />
und die Rüttelmaschine verließ er breitbeinig<br />
zwar, aber ohne zu wanken und ohne dass er sich –<br />
wie die meisten seiner Kollegen – übergeben musste.<br />
Mental, so hieß es, war John Glenn allen überlegen.<br />
Und darauf komme es an. Man könne unten auf dem<br />
Boden trainieren und simulieren, so viel man wolle,<br />
niemand sehe voraus, was einen dort oben alles erwarte.<br />
Und dann seien nicht allein Muskeln und Sehnen<br />
gefragt, sondern Intelligenz, Kaltblütigkeit und<br />
Selbstbeherrschung. Über diese Fähigkeiten verfügte<br />
Oberstleutnant John Herschel Glenn. Am Ende der<br />
Mission musste er diese Fähigkeiten beweisen.<br />
THE RED BULLETIN 99
B O U L E V A R D D E R H E L D E N<br />
Ich greife vor: Bevor er die Umlaufbahn um die Erde<br />
verließ, um in die Erdatmosphäre einzutauchen,<br />
schlug ein System Alarm. Der Keramikschild, der die<br />
Kapsel vor dem Verglühen bewahren sollte, schien<br />
sich zu lösen. Wenn das geschähe, wäre der Astronaut<br />
nicht mehr zu retten. Glenn behielt die Nerven, von<br />
der Bodenstation aus konnte der Schaden behoben<br />
werden, allerdings musste er die Landung händisch<br />
steuern – Intelligenz, Kaltblütigkeit und Selbstbeherrschung.<br />
Zu diesen Begriffen würde in Zukunft eine<br />
ganze Generation den Namen John Glenn assoziieren.<br />
Angst und Panik konnten ihm nichts anhaben.<br />
Diese Gefühle ließ er nicht zu, er besiegte sie, triumphierte<br />
über sie. Mit einem anderen Gefühl aber hatte<br />
er nicht gerechnet, und kein Techniker unten auf der<br />
Erde, kein Psychologe, der Priester nicht, nicht einmal<br />
Anna Margaret, Johns Ehefrau, die ihm schon im Alter<br />
von fünf Jahren das Ja-Wort fürs Leben gegeben hatte,<br />
nicht einmal sie hatte damit gerechnet: Heimweh.<br />
Durch das winzige Fenster der Raumkapsel blickte<br />
er hinunter auf die Erde, er konnte ihre Rundung<br />
sehen, er geriet in heilige Verzückung, als sich<br />
unter ihm der blaue Pazifik dehnte, er sah Hawaii,<br />
sah die Perlenkette Japan, sah die goldenen Weiten<br />
der asia tischen Wüsten, sah die Gipfel des Himalaya,<br />
sah Europa, klarer als auf jeder Landkarte. Und dann<br />
sah er die Küste von Amerika. Er war allein, er traute<br />
sich nicht, laut mit sich selbst zu sprechen, weil er<br />
dachte, die Bodenstation höre zu. Er wollte singen.<br />
Ihm fiel ein, wie er als Kind in dem Wald am Fox Creek<br />
gespielt hatte, er war aufgewachsen in New Concord.<br />
Wie glücklich war er gewesen, er, ganz mit sich allein.<br />
Wenn er im Sommer unten beim Bach die Libellen beobachtet<br />
hatte, manche ganz nahe. Wenn er über die<br />
schillernden Farben ihrer Flügel gestaunt hatte, die<br />
sich in den Spiegelungen des Wassers änderten. Wenn<br />
er das feuchte Moos gerochen hatte, kein Parfum<br />
konnte damit konkurrieren. Sogar an die Moskitostiche<br />
erinnerte er sich gern, zu Hause rieb seine Mutter<br />
die betreffenden Stellen mit Zitronensaft ein. Da habe<br />
er begriffen – erst viele Jahre nach diesem großen<br />
Menschheitsabenteuer erzählte er einer Journalistin<br />
davon –, da habe er begriffen, dass Alleinsein das<br />
Schönste auf der Welt sei, allein mit sich und seinen<br />
Gedanken, seinen Träumen, seinen Gedankenspielen<br />
weit voraus in eine Zukunft, seine Zukunft.<br />
„Aber doch nur“, sagte er der Reporterin ins<br />
Mikrofon, „wenn du auf den Wegen gehst, auf denen<br />
du schon oft gegangen bist, auf denen Menschen<br />
gegangen sind, die du liebst oder hasst, die dir Gutes<br />
oder Böses wollen. Wenn du die Wegbiegung dort<br />
vorne kennst, wenn du die riesige Fichte dort drüben<br />
kennst, wenn du die Steine kennst, auf die du dich setzen<br />
und mit den nackten Füßen im Bach plantschen<br />
kannst.“ Einsamkeit sei dagegen etwas anderes. Er<br />
habe geglaubt, sein Herz breche entzwei: Wenn ich<br />
nie wieder, nie wieder … Die Einsamkeit, das wisse er<br />
nun, sei das Entsetzlichste.<br />
Mit einem Gefühl hatte<br />
der Astronaut John<br />
Glenn nicht gerechnet:<br />
Heimweh.<br />
Er war glücklich gelandet, war als Held gefeiert<br />
worden. Im Triumphzug fuhr er durch New York,<br />
hunderttausend Menschen jubelten ihm zu. Präsident<br />
Kennedy bat ihn um seine Freundschaft und warb mit<br />
ihm für seine Politik. Er tourte durch das Land, hielt<br />
Vorträge, wurde zu Fernsehshows eingeladen – er hatte<br />
Amerika den Stolz zurückgegeben. Er war ein Star.<br />
Als er an Bord des Schiffes, das ihn und seine<br />
Kapsel aus dem Meer geborgen hatte, aus dem Raumanzug<br />
stieg, hatte ihn der Kapitän gefragt: „Sir, was<br />
gedenken Sie als Erstes zu tun?“<br />
Glenn antwortete: „Ich möchte nach Hause.“<br />
Zu Hause fragte ihn Anna Margaret: „John, was<br />
willst du als Erstes tun?“<br />
Er antwortete: „Ich möchte nach Hause.“<br />
Sie wusste, was er meinte, sie fragte: „Soll ich dich<br />
begleiten?“<br />
Nein, sagte er, er wolle allein sein. Und sie wusste<br />
wieder, was er meinte.<br />
Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr nach New<br />
Concord, das war nicht weit. Er spazierte am Fox<br />
Creek entlang bis zu dem Wäldchen. Und dort legte er<br />
sich bäuchlings mitten auf den Weg. Breitete die Arme<br />
aus, als wolle er den Globus, die Welt, die ganze Welt,<br />
nämlich unsere Erde, umarmen und küssen.<br />
So hat man ihn gefunden“, erzählte mein Freund<br />
Bob Didonato. „Ach, du wirst es nicht glauben“,<br />
sagte er, „ein junger schwarzer Musiker fand ihn.<br />
Er meinte, er sei tot. So wie er dalag. Ohne Regung.<br />
Die Lippen auf den Lehmboden gepresst. Der Musikant<br />
– glaub mir, es ist die Wahrheit –, er muss wohl<br />
ein frommer Mann gewesen sein, er kniete sich nieder<br />
und betete, betete für die Seele dieses Mannes, der da,<br />
ganz allein, ohne jeden Beistand, einsam, mitten auf<br />
dem Weg nahe dem Fox Creek gestorben war. Aber er<br />
war nicht gestorben. Er ist aufgestanden – auferstanden,<br />
sozusagen.“<br />
„Und das ist hier geschehen?“, fragte ich. „An dieser<br />
Stelle, genau hier?“<br />
„Genau hier“, sagte Bob.<br />
„Woher weißt du das?“<br />
„Jeder weiß es, jeder hier in New Concord, jeder<br />
in Muskingum County. Frag, wen du willst.“<br />
„Das werde ich“, sagte ich.<br />
Und ich tat es. Ich fragte in einem Coffeeshop, ich<br />
fragte eine Frau auf der Straße, ich klopfte an Türen<br />
und fragte, ich fragte Kinder auf dem Spielplatz. Alle<br />
bestätigten, was Professor Bob Didonato mir erzählt<br />
hatte.<br />
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todd.peters@redbull.com<br />
Dave Szych,<br />
dave.szych@redbull.com<br />
Tanya Foster,<br />
tanya.foster@redbull.com<br />
THE RED BULLETIN 109
N I C O L A S M A H L E R S<br />
S P I T Z F E D E R L I C H E S C H A R A K T E R - K A B I N E T T<br />
Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 11. Mai 2021.<br />
NICOLAS MAHLER<br />
110 THE RED BULLETIN
1,5˚<br />
1,5°C sind mehr als eine Temperatur. Sie sind durch das Pariser<br />
Abkommen ein Ziel – eine gemeinsame Vision, um unseren<br />
Planeten zu retten. Mit Glacier können Unternehmen konkret,<br />
einfach und effektiv Klimaschutzmaßnahmen setzen. Schritt<br />
für Schritt für dieses gemeinsame Ziel.<br />
save the planet #supersimple<br />
Mach jetzt den ersten<br />
Schritt unter<br />
glacier.eco/1.5grad