Taxi Times DACH - 1. Quartal 2021
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
INTERNATIONAL<br />
Einsatz hat sich gelohnt, die Abstimmung wurde im November<br />
letztens Jahres gewonnen.<br />
Die Argumente, mit denen man in den USA scheinbar überzeugen<br />
konnte, importiert man nun nach Europa. Hier sucht man den<br />
Schulterschluss sowohl mit der EU als auch mit den europäischen<br />
Gewerkschaften. Mit Letzteren führt man seit einiger Zeit Einzelgespräche.<br />
Ihr Ziel ist es, durch positive Verhandlungen einzelne<br />
Abschlüsse mit den jeweiligen Gewerkschaften zu erzielen. Eine<br />
gemeinsame europäische Strategie oder gar eine geschlossene<br />
Front fehlt derzeit bei den nationalen Gewerkschaften.<br />
VORBILD IST DER ITALIEN-DEAL<br />
Ubers Vorbild ist dabei jener Deal, den man gemeinsam mit dem<br />
Lieferdienst Deliveroo im September letzten Jahres in Italien abgeschlossen<br />
hat. Ein Arbeitsvertrag mit einer italienischen Gewerkschaft<br />
garantiert den Arbeitnehmern einen Satz von zehn Euro<br />
pro Stunde, drei Euro mehr als der Mindestlohn. Der Deal soll nun<br />
auch woanders ausgehandelt werden. Er beinhaltet keine bezahlte<br />
Freizeit, sondern deckt die Ausrüstung der Arbeitnehmer, Versicherungen<br />
und Tarifverhandlungen ab.<br />
Uber & Co. wollen damit eine Gesetzgebung umgehen, die europäische<br />
Gig-Economy-Arbeiter als vollwertige Angestellte einstufen<br />
würde. Solche Pläne verfolgt aktuell die Europäische Union,<br />
sie hat dazu Ende Februar das Feedback von Arbeitnehmern und<br />
Arbeitgebervertretern zu den Rechten von Gig-Arbeitnehmern<br />
eingeholt. Wenige Tage vor den Konsultationen hatte Uber bei der<br />
Kommission ein Weißbuch vorgelegt.<br />
Darin schlägt Uber-Boss Dara Khosrowshahi den EU-Regulierungsbehörden<br />
vor, den Wert unabhängiger (flexibler) Verträge<br />
bei der Schaffung von Arbeitsplätzen anzuerkennen. Das steht im<br />
ziemlichen Gegensatz zu den aktuellen Bemühungen der EU, den<br />
„Gig-Workern“ in verschiedenen Bereichen einen besseren Arbeitsschutz<br />
zu geben. Khosrowshahi meinte bei der Übergabe, „einige<br />
Prinzipien“ der umstrittenen Proposition 22 in Kalifornien könnten<br />
auch in Europa verwendet werden. Indem die selbstständigen<br />
Fahrer bei mehreren Gig-Betrieben arbeiten, könnten sie soziale<br />
Vorteile sammeln. „Dieser Standard (für Plattformarbeit) muss<br />
den Wert unabhängiger Arbeit anerkennen und auf Prinzipien<br />
basieren, die den Fahrern und Kurieren am wichtigsten sind“,<br />
sagte Dara Khosrowshahi in einem Blogbeitrag.<br />
Das hört sich genauso an wie jenes Mantra, das Uber und Lyft<br />
monatelang in Kalifornien verbreiteten. Viele kalifornische Uberund<br />
Lyft-Fahrer würden sich als Selbstständige mit einem minimalen<br />
Sozialpaket wohler und besser geschützt fühlen statt als<br />
Arbeitnehmer.<br />
Sie sollten Flexibilität und Kontrolle darüber haben, wann und<br />
wo sie arbeiten möchten. „Wir glauben, dass ein neuer Ansatz<br />
möglich ist – einer, bei dem der Zugang zu Schutzmaßnahmen<br />
und Vorteilen nicht auf Kosten der Flexibilität und der Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen geht“, sagte Khosrowshahi. Die Finanzzeitung<br />
„Bloomberg“ schrieb, dass der Uber-Chef sogar bereit wäre, „mehr<br />
zu tun und weiter zu gehen“, um den sozialen Schutz für seine<br />
Gig-Worker zu verbessern. Er meinte auch, dass in der EU neue<br />
Gesetze notwendig wären.<br />
Die EU-Kommission betonte gegenüber der Nachrichtenagentur<br />
Thomson Reuters, sie werde zunächst um Rückmeldung bitten,<br />
ob ein Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von<br />
Gig-Arbeitern erforderlich ist, gefolgt von einer zweiten Konsultation<br />
zum Inhalt des Gesetzes. „Im Rahmen der Konsultation der<br />
Sozialpartner prüft die Europäische Kommission Themen wie<br />
prekäre Arbeitsbedingungen, Transparenz und Vorhersehbarkeit<br />
vertraglicher Vereinbarungen, Herausforderungen in Bezug auf<br />
Gesundheit und Sicherheit sowie einen angemessenen Zugang<br />
zum Sozialschutz“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission.<br />
Bis Ende des Jahres will man ein Gesetz zu diesem Thema ausarbeiten.<br />
<br />
wf<br />
Die gerichtliche Vorladung<br />
haben Mitglieder<br />
der Niederländischen<br />
Gewerkschaft FNV<br />
persönlich am Amsterdamer<br />
Uber-Hauptsitz<br />
abgegeben.<br />
TAXI <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
21