Wirtschaftsspiegel 2021: Aufbruch
Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.
Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - das gelingt am besten mit der passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TechnologieRegion Karlsruhe haben das richtige Equipment und viele tolle Ideen. Lesen, wie die TRK den steinigen Weg aus der Corona-Krise meistert.
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WIRT
SCHAFTS
SPIEGEL
FÜR DIE TECHNOLOGIEREGION KARLSRUHE
DAS MAGAZIN FÜR DEN
WIRTSCHAFTSSTANDORT
NR 64
2021
800
CENT
5 2021 64 108134
SCHWERPUNKT AUFBRUCH
Ein weiter Weg. Jeder Weg beginnt mit dem
ersten Schritt – das gelingt am besten mit der
passenden Ausrüstung. Die Mitglieder der TRK
haben das richtige Equipment. Lesen, wie die
TRK den steinigen Weg meistert.
1
Stadt Karlsruhe
Wirtschafts för de rung
AUFBRUCH
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN,
LIEBE LESER,
das Titelbild des diesjährigen Wirtschaftsspiegel symbolisiert:
ein steiniger und steiler Weg durch die Coronapandemie
liegt schon hinter uns. Wir kennen das Ziel, doch der Weg
dahin ist nicht ausgeschildert, immer wieder kommen unerwartete
Abzweigungen und sogar Grenzschließungen haben
wir in der Region erleben müssen.
Foto ARTIS – Uli Deck
Allerdings kann ein Virus uns nicht aufhalten, gemeinsam –
Wirtschaft, Wissenschaft und öffentliche Hand – arbeiten
wir weiter über Rhein und Lauter hinweg an der Zukunft und
der Transformation unserer TechnologieRegion Karlsruhe und
greifen dabei auf die Erfahrungen der letzten Monate zurück.
Wie so viele haben wir auf „digital“ umgestellt. Mit den
Online-Veranstaltungen des Welcome Centers oder den
Weiterbildungen der UITP-Academy konnten wir weltweit
neue und größere Zielgruppen erreichen. Umfangreiche und
komplexe Projekte werden zwischenzeitlich nahezu ausschließlich
digital vorangetrieben. Online-Workshops, wie wir
sie z.B. für die Weiterentwicklung unserer Energiestrategie
eingesetzt haben, gehören heute wie selbstverständlich zu
den Standardwerkzeugen unserer täglichen Arbeit.
Strahlen Sie mit uns! Am Innovationsstandort Karlsruhe!
Als Partner der Wirtschaft arbeiten wir Hand in Hand mit Unternehmen, Investoren und Institutionen. Mit
unseren umfassenden Serviceleistungen unterstützen wir Sie in Ihrer räumlichen Entwicklung sowie in Ihrer
Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit. Von der Gründungsberatung über Immobilien- und Ansiedlungsservice
bis hin zur Internationalisierung Ihres Business: Verlassen Sie sich auf einen starken Partner, wertvolle
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www.karlsruhe.de/wirtschaft
Immer up to date mit dem Newsletter der Wirtschaftsförderung
karlsruhe.de/wirtschaft_news
© Stadt Karlsruhe | Layout: buntebüffel GmbH | Bild: iStock/atakan
Viele von uns haben aber auch die Zeit genutzt, um unsere
Region im „echten und analogen“ Leben zu erwandern,
die Schönheiten zwischen Bühl bis Bruchsal, von Saverne
über Landau bis zum Nordschwarzwald zu erkunden und zu
erleben. Ich selbst finde Ruhe und Entspannung beispielsweise
im nahen Waghäusel, wo ich an den dortigen Seen eine
einmalige ornithologische Tierwelt bewundere.
Lassen Sie uns mutig für das „neue Normale“ jetzt die Wanderschuhe
schnüren, lassen Sie uns gemeinsam aufbrechen.
Auf den kommenden Seiten finden Sie erfolgreiche Beispiele
für dieses Umdenken, Ideen und Innovation für die neue
Normalität, die die Arbeitsplätze von morgen schaffen und
unseren Wohlstand sichern helfen. Werfen Sie einen Blick in
die Zukunft unserer Region mit der mittlerweile 64. Ausgabe
des Wirtschaftsspiegels.
Bleiben Sie gesund – positiv im Kopf und negativ auf dem
COVID-Teststreifen – das wünscht Ihnen
Ihr Jochen Ehlgötz
Geschäftsführer der TechnologieRegion Karlsruhe GmbH
Stadt Karlsruhe Wirtschafts för de rung
Zährin ger straße 65 | 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 133-7300 | Fax: +49 721 133-7309
wifoe@karlsruhe.de 2 NR 64 2021 | www.karlsruhe.de/wirtschaft
WIRTSCHAFTSSPIEGEL 1
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTS
VER
ZEICHNIS
WIRTSCHAFTSSPIEGEL 2021 NR. 64
DIE PANDEMIE HÄLT DIE WELT UND DIE
TRK IN ATEM. WIE GEHEN DIE MENSCHEN
UND UNTERNEHMEN MIT KRISEN UM, WAS
MUSS SICH VERÄNDERN, WAS HAT SICH
SCHON VERÄNDERT?
MUTIGE MEINUNG
WAS DIE KÖPFE DER TECHNOLOGIEREGION KARLSRUHE BEWEGT.
NATALIE LUMPP 42 HANS BRETZ 43 ENNO-ILKA UHDE 54 FANCESCA ESPOSITO 55
OBERBÜRGERMEISTERIN CORNELIA PETZOLD-SCHICK 68 OBERBÜRGERMEISTERIN MARGRET MERGEN 69
PROF. ECKART KÖHNE 80 MARTIN WACKER 81
01 AUFBRUCH
TRAUEN WIR UNS, WAGEN WIR DEN SCHRITT INS UNGEWISSE: AUFBRUCH
BRAUCHT MUT, LEIDENSCHAFT, NEUGIER. DAS FINDET SICH IN DER TRK.
WO MAN HINBLICKT, SIND DIE MENSCHEN BEREIT FÜR EINE NEUE NORMALITÄT.
DR. FRANK MENTRUP IM INTERVIEW 4 INTERVIEW MIT JOCHEN EHLGÖTZ 10 WOHIN DIE FÜSSE TRAGEN –
ILLUSTRATION 12 100 JAHRE VOLKSWOHNUNG 14 MASKENHERSTELLER MEDPE IN KARLSRUHE 20
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG: KARLSRUHE BAUT SEINE STÄRKEN WEITER AUS 22 MESSE KARLSRUHE: WIE
DIGITAL KÖNNEN MESSEN WERDEN? 26 WAS MACHT CORONA MIT DEN IMMOBILIENPREISEN? 28
MIT DEM „KARLSRUHER WERKZEUGKOFFER“ ZUM RE-START BEI EVENTS 30 BAD HERRENALB IM BLICK 32
VOLLACK: DIE KRISE ALS CHANCE IN EINE NEUE ARBEITSWELT 34 AL’S KOLUMNE 36
STÄDTEPARTNERSCHAFTEN IN DER TRK 38
2 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
DIGITALISIERUNG 02
TOTAL DIGITAL: GLASFASERAUSBAU IN DER REGION,
KAFFEE BESTELLEN PER APP, ROSIGE ZEITEN IM ONLINE-BANKING.
BÜHL GRÜNDET DIGITALES INNOVATIONSZENTRUM 44
DIE WELT NACH CORONA: NEUE ERFAHRUNGEN
ODER BUSINESS AS USUSAL IN BADEN-BADEN? 46 WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG: KI MADE IN KA 48
ZAHNTECHNIK IM WANDEL: DIGITALES ARBEITEN IM HANDWERK 50
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG:
TECHNOLOGIETRANSFER MIT GENUSSFAKTOR 52 CORONA LÄSST ONLINE-BANKING WACHSEN 56
ENERGIE 03
WENN GANZE QUARTIERE IN DER CITY DIE ENERGIEWENDE ANPACKEN UND AUS
DEM GRUNDWASSER SELTENE METALLE GEFÖRDERT WERDEN.
HOEPFNER BRÄU BAUT INTELLIGENTES QUARTIER 60 E-MOBILITÄT WIRD NACHHALTIGER 62
EVOHAUS: STROM CLEVER STEUERN MIT ENOCOO 64 MIT TELEMAXX GEMEINSAM FÜR GLASFASER 94
MOBILITÄT 04
ÖPNV IST, WENN PAKETE BAHN FAHREN. FINDET MAN NUR IN DER TRK.
INIT: #INITTOGETHER ODER NEUE TECHNOLOGIEN IM ÖPNV 70
INSTITUT FÜR NACHHALTIGE MOBILITÄT IN
KARLSRUHE ERÖFFNET 72 BRUCHSAL: INNOVATIONSSTANDORT MIT HOHER LEBENSQUALITÄT 76
REGIOKARGO: GÜTERTRANSPORT PER STADTBAHN 78
REGION 05
EIN SCHUSTER, DER BEI SEINEN LEISTEN BLEIBT,
100-JÄHRIGE FIRMENJUBILÄEN UND INVESTITIONEN, DIE SICH LOHNEN.
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG: AKTIVE FLÄCHENPOLITIK STÄRKT DEN WIRTSCHAFTSSTANDORT 84
DIE NEUE
FRAU AN DER AOK-SPITZE: PETRA SPITZMÜLLER 86 HWK: DIE BESTE ZEIT FÜR INVESTITIONEN IST JETZT 88
SPARKASSE KARLSRUHE IM DEUTSCHLANDWEITEN BANKENTEST GANZ VORNE 90
MENSTRADITION: FIRMA EHLGÖTZ ZWISCHEN HISTORIE UND ZUKUNFT 92
100 JAHRE UNTERNEH-
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG:
KARLSRUHE PROFILIERT SICH ALS WISSENSCHAFTSSTADT 96 EINZIGARTIGE SCHUH-KUNSTWERKE 98
HIER VERWURZELT: PRODUKTE AUS DER REGION 102
EDITORIAL 1 START-UPS 66 UNTERNEHMENSPROFILE 104 IMPRESSUM 105
DIE TECHNOLOGIEREGION IM ÜBERBLICK 106
RUBRIKEN 06
3
AUFBRUCH
MIT WEGWEISENDEN
IDEEN RICHTUNG
ZUKUNFT
2020 war kein einfaches Jahr, 2021 soll in jedem Fall besser werden. So zumindest lautet wohl der Vorsatz
vieler Menschen in der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK). Nicht immer ganz einfach, doch der Rathaus-
Chef und Vorsitzende im Aufsichtsrat der TRK, Dr. Frank Mentrup, blickt optimistisch in die Zukunft „nach“
Corona. Über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, neue Partner und den Wunsch, am Abend wieder
auszugehen spricht Oberbürgermeister Mentrup im Interview mit dem Wirtschaftsspiegel.
März 2020: Die Welt fährt runter,
Karlsruhe und die gesamte Region
ebenfalls. Grenzen werden dicht
gemacht, das öffentliche Leben steht
so gut wie still. Ein Jahr später hat
Corona die TRK noch immer im Griff,
auch wenn viele Menschen mittlerweile
geimpft sind und Geschäfte und
Lokale wieder geöffnet haben.
Herr Mentrup, 2020 war ein harter Ritt,
2021 könnte sich so fortsetzen. Wie geht
es Ihnen in der aktuellen Corona-Lage?
Es ist immer noch eine komische, befremdliche
Stimmung und, um ehrlich
zu sein, bin ich darüber sogar ganz froh.
Denn wir sollten uns nicht daran gewöhnen,
dass wir nur noch über kleine
Bildschirmbildchen miteinander kommunizieren,
anstatt uns persönlich zu
begegnen. Maximales Homeoffice kann es
auch nicht sein, weil es aus meiner Sicht
nicht zur menschlichen Natur und ihren
Bedürfnissen passt, gar keinen Kontakt
nach außen mehr zu haben.
Trotzdem haben während der Pandemie
die Menschen in der Region und ich natürlich
die Einschränkungen als ein Stück
weit neuen Alltag akzeptiert. Die meisten
können damit auch gut umgehen. Für
Kinder und Heranwachsende oder auch
Menschen in prekären Lebensverhältnissen
ist es allerdings sehr schwer. Und für
manche Branchen ist es – trotz diverser
Hilfsschirme – die reine Katastrophe.
Wenn Sie die letzten Monate Revue passieren
lassen, wo hätten Sie sich mehr
Rückendeckung seitens des Bundes und
des Landes gewünscht?
Ich hätte mir vor allem gewünscht, dass
man die Ernsthaftigkeit der Ansagen, die
man richtigerweise gemacht hat, auch
genauso ernsthaft umsetzt. Schauen
wir auf das Beispiel der Novemberhilfen:
Wenn ich diese als unkomplizierte
Wirtschaftshilfe ankündige und es ist
teilweise bis in den Februar hinein nicht
abgewickelt worden, dann verliert man
Vertrauen – und zwar auf breitester
Front. Oder die knappen Impfstoffdosen
für die erste Impfphase verbunden
mit vollmundigen Versprechen.
Vieles hätte konsequenter
>>
Foto Presse- und Informationsamt, Stadt Karlsruhe
„Etwas Gutes aus der Krise:
Persönliche Kontakte, die
man während der Pandemie
aufgebaut hat, sollten erhalten
und vertieft werden.“
4 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
5
AUFBRUCH
Fotos Presse- und Informationsamt, Stadt Karlsruhe
1 Das Städtische Klinikum Karlsruhe ist das größte
Krankenhaus in der TRK und ein Maximalversorger.
2 Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe: Naherholung
mitten in der City.
3 Festplatz mit Stadthalle und Schwarzwaldhalle –
aktuell ohne Events.
>> umgesetzt gehört, damit die
Menschen nicht den Eindruck bekommen,
am Ende im Stich gelassen zu werden.
Dieses Gefühl macht sich seit etwa März
zunehmend breit und das macht mir
große Sorgen.
Die Auswirkungen der Coronapandemie
werden die Menschen in der
TechnologieRegion Karlsruhe mit Sicherheit
noch länger spüren: nicht nur
beruflich und finanziell, sondern auch,
was die Freizeitgestaltung angeht. Viele
Kultureinrichtungen sind seit Monaten
geschlossen – manche bleiben es
vielleicht für immer.
Wie ist Karlsruhe und die TRK für die
Zukunft aufgestellt?
Ich glaube, bei den starken Strukturen,
die die TRK ausmachen – etwa unsere
Infrastruktur, was den Verkehr betrifft,
und die Wirtschaftsstruktur – da ist die
Begeisterung der Menschen in der Region
ungebrochen. Auch die Begeisterung, für
die Region einzustehen, hat sich durch die
Krise nicht verändert.
Was wir aber noch nicht abschätzen
können mit den langfristigen Auswirkungen
ist die Krise der Oberzentren, die
Corona ausgelöst hat. Mit städtischen
Mitteln finanzieren wir Infrastruktur, die
in ihrer Bedeutung weit über die Stadt
Karlsruhe, teilweise sogar über die Region
hinausgeht: das Städtische Klinikum,
eine eigene Eisenbahngesellschaft wie die
AVG und den ÖPNV der Region. Aber
auch große Kultureinrichtungen wie das
Badische Staatstheater oder das ZKM, die
wir mindestens zur Hälfte finanzieren. Die
Bäderbetriebe mit dem großen Europabad
gehören auch dazu, ebenso unsere
Messe- und Kongressgesellschaft. Das
sind alles Angebote, mit denen die Stadt
Karlsruhe weit über ihre Grenzen hinaus
wichtige Aufgaben erfüllt und bei denen
die Kosten derzeit explodieren, nicht nur,
weil die Kunden und Besucher fehlen.
Diese Kosten werden wir auf Dauer, trotz
des derzeitigen Finanzausgleichs, jedoch
nicht tragen können. Diese Situation
betrifft nicht nur Karlsruhe, sondern alle
Oberzentren im Land.
Daher müssen wir uns in der TRK darauf
einstellen, dass wir politische Lobbyarbeit
machen müssen, damit diese Infrastrukturen
stärker vom Land und vielleicht auch
vom Bund mitfinanziert werden.
„Die meisten können mit
dem neuen ‚Alltag‘ gut
umgehen. Für Kinder und
Heranwachsende oder auch
Menschen in prekären
Lebensverhältnissen ist es
allerdings sehr schwer.“
Müssen wir uns auf Schließungen
gefasst machen?
So weit würde ich jetzt nicht gehen. Wir
müssen aber vielleicht Angebote umstrukturieren,
um Kürzungen oder Schließungen
zu vermeiden.
Schauen wir auf das Beispiel ÖPNV. Wir
haben neue Stadtbahnwagen angeschafft,
nehmen neue Strecken in Betrieb und
reaktivieren tote Streckenabschnitte. Wir
haben viel zusätzliches Personal eingestellt,
um das Thema Fahrermangel in den
Griff zu bekommen – all diese Entwicklungen
haben zunächst viel Geld gekostet.
In ein paar Jahren werden wir uns
vielleicht fragen müssen: Kann ich mir den
10-Minuten-Takt überhaupt leisten oder
muss ich einen Wagen mehr anhängen
und fahre vielleicht nicht mehr ganz so
häufig? Da könnte eine Angebotsmodifizierung
stattfinden müssen, die allerdings
schade wäre. Lasst uns Bund und Land
überzeugen, dass wir an dieser Stelle eine
stärkere gemeinsame Verantwortung
eingehen müssen.
„Warum in die Ferne schweifen“, heißt
ein sehr berühmtes Sprichwort, wenn
doch das Gute so nah ist. Statt Urlaub
am spanischen Strand oder in der Südsee
zu machen, haben viele Menschen
die Region (wieder) für sich entdeckt.
Viele haben sich auf Werte und Traditionen
besonnen und einfach auch mal
über den Gartenzaun geschaut und
den Nachbarn gefragt, wie es denn so
geht. Nachbarschaftshilfe war und ist
gefragter denn je.
Das sind gute Entwicklungen, die
stattgefunden haben: Die Region
erleben, lokal denken und handeln
und die Nachbarn, ob jung oder
alt, unterstützen.
Was wünschen Sie sich sollte davon auch
in Zukunft erhalten bleiben?
Wenn wir die Nachbarn ansprechen,
denke ich natürlich erstmal an unsere
Nachbarn im Elsass, im Kraichgau und
Schwarzwald und in der Pfalz, aber auch
an mein persönliches Umfeld, die Nachbarn
ein Haus weiter. Ich finde, da sollten
wir ansetzen und das Verhältnis vertiefen:
Persönliche Kontakte, die man während
der Pandemie aufgebaut hat, sollten
erhalten und vertieft werden. Das erlebe
ich jeden Tag. Durch die Einschränkungen
durch Corona haben sich verstärkt nachbarschaftliche
Gruppen in den sozialen
Netzwerken gebildet. Diese Selbstorganisation
sollten wir stärker würdigen und
versuchen, auch nach der Krise, wenn wir
alle in einer neuen Normalität leben, aufrechtzuerhalten.
Auf andere achten und
gemeinsam etwas anpacken, das würde
ich mir wünschen, dass es bleibt.
Im März 2020 wurden die Grenzen
geschlossen, auch ins französische
Elsass durften die Menschen in der
Region nicht fahren. Lediglich Pendlern
war es erlaubt, von der einen Seite auf
die andere Seite des Rheins zu fahren.
Und doch waren die TRK und das Elsass
verbunden im Kampf gegen das Virus.
Französische COVID-Patienten wurden
im Städtischen Klinikum Karlsruhe
behandelt. Die Zusammenarbeit lief
auch auf anderen Ebenen weiter, >>
6 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
7
eispielsweise zwischen den
Städten Karlsruhe und Straßburg.
Standen diese europäischen Verbindungen
jemals in Frage oder haben
Sie nach dem Motto „Jetzt erst recht!“
weitergemacht?
Beim ersten Lockdown gab es noch
die Schließung der innereuropäischen
Grenzen, es wurde als „alternativlos“
dargestellt. Alle Gebietskörperschaften
entlang der deutsch-französischen
Grenze sind virtuell zu mehreren Ausschusssitzungen
zusammengekommen.
Dabei haben wir immer wieder betont,
dass es keine Grenzschließungen geben
darf, aber man hat trotzdem alles dicht
gemacht. Und im zweiten Lockdown, der
im Dezember kam, haben unsere Appelle
doch gewirkt: Man hat das Mittel
Grenzschließung nicht mehr in Erwägung
gezogen, zumindest an der Grenze zu
Frankreich. Ich muss sagen, das war eine
phänomenale Lernkurve auf nationaler
Ebene, die ich nach dem ersten Lockdown
nicht erwartet hätte. Wir waren im
März und April 2020 richtig verzweifelt.
Dass die Grenzen im zweiten Lockdown
weitgehend offen geblieben sind, ist ein
voller Erfolg.
Ich glaube, dass aus der Krise heraus
gerade für die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit nochmal ganz viel Kraft
und Bereitschaft gewachsen ist, weil so
eine Grenzschließung, die
dann einfach erstmal angeblich alles
klärt, eigentlich alles nur noch
schlimmer macht. Das steckt jetzt
als Grunderfahrung in unseren Knochen,
jetzt kann es im Grunde nur noch nach
vorne gehen. Von daher wird es eine
deutlich intensivere Zusammenarbeit
geben, vor allem dann, wenn wir uns
auch wieder physisch treffen können.
Manchmal schafft die verstärkte Distanz
eine viel größere Nähe zueinander.
2020 stand in vielen Bereichen hinter
Corona an, dabei waren die Stadt
Karlsruhe und die TRK hinter den
Kulissen weiterhin aktiv, um weiterhin
volle Kraft voraus in Richtung Zukunft
zu starten.
Herr Mentrup, welche spannenden Entwicklungen
erwarten Sie in diesem Jahr?
Da gibt es gleich zwei interessante
Projekte. Zum einen hat das Land
Baden-Württemberg im Dezember
letzten Jahres einen Innovationspark
ausgeschrieben. Auf den haben wir
uns zusammen mit Stuttgart und dem
Neckar-Alb-Kreis beworben. Mit diesen
beiden Regionen haben wir ein Konsortium
gegründet und Mitte Januar die
Bewerbung eingereicht.
Allein, dass wir das gemeinsam mit den
anderen Regionen angegangen sind, ist
schon eine Erfolgsstory für sich: Dass
es uns gelungen ist, mit einem großen
württembergischen Landesteil zusammenzuarbeiten,
mit dem wir vorab eher
in Konkurrenz standen – Anträge zu formulieren
und die Kosten untereinander zu
verteilen, Verantwortlichkeiten zu klären
und Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das zweite Thema hat mit Mobilität zu
tun. Das Bundesverkehrsministerium hat
Anfang 2020 angekündigt, ein Deutsches
Zentrum Mobilität der Zukunft
zu gründen. Da haben wir uns als Stadt
Karlsruhe im Sommer recht frech darauf
beworben. Das Zentrum sollte von Beginn
an in München sein, wir dachten uns aber,
dass geht doch auch bei uns – immerhin
stammen die Erfinder des Autos und des
Fahrrades aus Karlsruhe.
Der Hauptsitz des Zentrums bleibt jetzt
zwar in München, es gibt jedoch weitere
Standorte und wir versuchten unser
Glück. Ich habe dafür bereits im Herbst
erste Gespräche im Bundestag geführt. Es
ist uns nun gelungen, dass der Haushaltsausschuss
den Standort Karlsruhe in den
Haushaltsentwurf des Bundes eingetragen
hat. Jetzt geht es darum, diesen Standort
auszuformen und mit Leben zu füllen. Das
ist ein großartiger Erfolg für die Stadt
und für die gesamte TechnologieRegion.
Eine tragende Rolle bei diesem Zentrum
neben München zu spielen, ist eine schöne
Anerkennung für die Leistungsfähigkeit
und die Innovationskraft der Region!
Denken Sie darüber nach, die TRK noch
zu erweitern, wenn die Zusammenarbeit
mit Stuttgart oder dem Neckar-Alb-
Kreis gut läuft?
Ich würde nicht aus unserer Region und
anderen Regionen gemeinsame Großregionen
machen wollen, sondern den Weg in
der vertieften Kooperation suchen. Jede
Region hat ihre Spezifika, und das ist auch
gut so. Sich bei allem im Alltag auf Dinge
einigen und Dinge klären zu müssen, das
bislang bei uns wirklich hervorragend
funktioniert, steht ab einer gewissen
Größe und Beliebigkeit einer Großregion
der gewünschten Kreativität und Innovationskraft
im Weg. Nach der Erweiterung
nach Landau 2019 und ins nördliche
Elsass 2020 ist derzeit bei der TRK
flächenmäßig nicht mehr geplant. Wenn
es doch einen Beitrittskandidaten gäbe,
dann würde ich den eher im Süden sehen,
denn die Metropolregion Rhein-Neckar
ist so schon groß genug. Auch hier stehen
wir einer vertieften Zusammenarbeit offen
gegenüber.
Spannend wird auch eine intensivere
Zusammenarbeit mit Straßburg und
dem südlichen Elsass – zudem die beiden
Departements Nord- und Süd-Elsass
ja gerade zu einem Euro-Departement
zusammengegangen sind.
WEGE AUS DER KRISE
„GLOBALE PROBLEME MIT REGIONALEN KOMPETENZEN LÖSEN“
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“, so hat es Willy Brandt gesagt. Zurückblicken
bringt also wenig, höchstens, um aus der Vergangenheit zu lernen. Aber die Zukunft muss aktiv angegangen
werden, wir stecken mitten im Aufbruch in die neue Normalität. Das weiß auch TRK-Geschäftsführer Jochen
Ehlgötz. Der Wirtschaftsspiegel hat ihn zum digitalen Interview getroffen.
Aufbruch ist das Thema, die Wanderstiefel sind fest geschnürt,
die Reise in die Zukunft hat begonnen. Dabei ist die Technologie-
Region Karlsruhe (TRK) schon lange im Auf- und Umbruch.
„Neu gestartet sind wir 2017, als wir die TechnologieRegion als
GmbH gegründet und damit die Zusammenarbeit auf professionellere
Beine gestellt haben“, sagt Jochen Ehlgötz.
Ein Wagnis, auch für den Geschäftsführer der TRK, doch der
Erfolg ist geblieben, der Neustart geglückt. Und jetzt, über ein
Jahr nach dem Beginn der Coronapandemie ist ein Aufbruch
erneut nötig. „Ohne das Wort überstrapazieren zu wollen,
aber ich glaube schon, dass in jeder Krise auch eine Chance
steckt“, so Ehlgötz weiter. „Und deshalb verbinde ich mit den
Neustarts, die in meinem beruflichen und privaten Leben nötig
waren, am Ende immer positive Erfahrung.“
REGIONALE STÄRKEN NUTZEN
„Region in Bewegung – Transformation gemeinsam gestalten“ –
die im April 2021 durch das Land Baden-Württemberg
prämierte Regionalentwicklungsstrategie wird ein ganz
wichtiger Treiber der künftigen Weiterentwicklung sein.
„Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit sind
als zentrale Säulen fest in unserer Agenda verankert“, fasst
Ehlgötz die Kernpunkte zusammen.
So wird es mit der „regioKArgoTramTrain“ einen Prototyp
einer neuartigen Güter-Stadtbahn geben. Sie wird gleichzeitig
Fahrgäste und Güter aus der Region in die Stadt transportieren,
um angesichts des stetig zunehmenden Lieferverkehrs
im urbanen Raum mit einem ganzheitlichen Lieferkonzept
Abhilfe zu schaffen. Mit „RegioMORE“ soll in Bühl ein regionales,
grenzüberschreitendes „Digital Ecosystem“ entstehen,
das insbesondere die mittelständischen Unternehmen
der lokalen Wirtschaft sowie Wissenschaft, Schulen, Bürger
und Kommunen lückenlos miteinander – und nicht zuletzt
grenzüberschreitend – vernetzt. Und schließlich das „LastMile-
CityLab“: in Bruchsal entsteht das weltweit erste Citylabor zur
Entwicklung und zum Test von Gütertransport-Technologien im
urbanen Raum. Neben autonom fahrenden Lastenrädern und
Liefer-Robotern wird künftig auch die VoloDrone, ein elektrisch
angetriebenes Lasten-Luftfahrzeug, die Stadtquartiere mit
Gütern versorgen.
Ehlgötz weist zudem auf die Potenziale regionaler Produktion
und Lieferketten hin. Die globale Pandemie zeigt, wie
globalisiert und vernetzt die Welt ist. „Wir müssen hier in der
Region noch krisensicherer werden. Wir müssen Wege finden,
wie wir Innovationen aus der Region schneller umsetzen
können – nicht nur in Pandemie-Zeiten. Wir haben hier viele
regionale Ideen, die helfen, globale Probleme zu lösen. Das
haben Carl Benz mit Auto, Haber-Bosch mit ihrem Verfahren
für Kunstdünger oder Otto Lehmann als geistiger Vater der
LCD-Technologien in der Vergangenheit bewiesen. Wir brauchen
ein neues Zeitalter in der Innovation Vorfahrt bekommt
und durch Bürokratie beschleunigt und nicht gebremst wird.“
DIE KRISE BRINGT VERÄNDERUNGEN
„Corona bringt massive Veränderungen mit sich, Schwachstellen
werden offensichtlich und der Transformationsdruck
hat sich erheblich erhöht“, ist sich Jochen Ehlgötz sicher –
und neue Fragestellungen wollen beantwortet sein. „Welche
Instrumentarien gibt es, wie organisieren wir Homeoffice, was
bedeutet das für die Mobilität, was ändert sich für Produktionsprozesse
unter Pandemiebedingungen, was passiert mit
Büros, wenn sie nicht mehr genutzt werden – viele Veränderungen,
auf die wir in der TRK reagieren müssen.“
POSITIVE FOLGEN UND EXISTENZIELLE BEDROHUNG
Corona birgt die Gefahr der Spaltung – gesellschaftlich und
wirtschaftlich. Vielen Betrieben in der TRK ist es bislang gut
gelungen, auf Corona zu reagieren. „Die Region ist gewappnet,
der Mittelstand ist breit aufgestellt und die Unternehmen
sind sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden
bewusst. Oftmals waren es die familiengeführten
Betriebe, die sehr schnell auf die Krise reagiert haben und
diese nutzen, um neue Produkte sowie Dienstleistungen zu
entwickeln und an den Markt zu bringen“, so der Geschäftsführer
der TRK weiter.
Fast schon eine positive Nachricht, könnte man sagen: In
vielen Fällen hat die Corona-Krise die Digitalisierung vorangetrieben.
„Was uns die Betriebe in der Region ebenfalls positiv
zurückspiegeln, ist die Möglichkeit, dass Mitarbeitende mobil
arbeiten können, was vorher in diesem Umfang nicht denkbar
war“, sagt Ehlgötz und spielt auf die Vorurteile des Arbeitens
zuhause an: „Die Befürchtungen der Arbeitgeber, dass die
Produktivität darunter leiden würde, hat sich nicht bestätigt.
Im Gegenteil: Die Menschen sind flexibler und damit steigt
die Motivation und die erbrachte Leistung stimmt. Also hat
Homeoffice schlussendlich einen positiven Effekt. Daher glaube
ich, dass das auch in Zukunft erhalten bleibt.“ In Homeoffices
zahlreicher regionaler Partner ist während des Lockdowns,
der Antrag zum Thema „Innovationspark Künstliche Intelligenz“
entstanden. „Corona hält uns nicht auf, die Zukunft
weiterzudenken – mit Partnern aus ganz Baden-Württemberg
haben wir einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht
und dafür eine Genossenschaft gegründet“, erläutert Ehlgötz.
„Jetzt hoffen wir auf den Zuschlag, weil KI ein wichtiger Treiber
für die Zukunftsfähigkeit unserer Region ist.“
Allerdings, und das ist die dramatische Seite von Corona: Einige
Unternehmen in der Region konnten oder werden die Krise
nicht überstehen. „Wir wissen, dass es in den letzten Monaten
in vielen Bereichen existenzbedrohend war, ob Einzelhandel,
Messedienstleister, Event-Bereich, Gastronomie – hier sind
von Tag zu Tag mehr Firmen existenziell bedroht, weil über
Wochen kein Umsatz da war. Gerade auch kleine Unternehmen
stehen vor großen Problemen. Hier wünschen wir uns für
die Region ein deutlich effektiveres Vorgehen zum Beispiel bei
den Hilfen für Unternehmen. Selbständige und Unternehmen
können nicht wochenlang auf Zahlungen warten und auch
Verfahren müssen einfach, transparent und verlässlich sein.
Es kann nicht sein, dass Betriebe wochenlang warten, bis die
zugesagten Zahlungen erfolgen. Hinzu kommt: Das Fehlen
einer verlässlichen Öffnungsstrategie mit verbindlichen Rahmenbedingungen
im regionalen Maßstab ist eine der zentralen
Hürden, die die wirtschaftliche Zukunft vieler Branchen in
Frage stellt. Von den zahlreichen indirekten Auswirkungen,
beispielsweise auf die Innenstädte, ganz zu schweigen.“ Wird
es hier keine Änderung geben, so wird, sagt Ehlgötz weiter, die
Wirtschaft in einigen ihrer tragenden Säulen kaputt gehen.
Foto ARTIS – Uli Deck
Jochen Ehlgötz, Geschäftsführer der TechnologieRegion Karlsruhe.
WENIGER REISEN, BESSER FÜRS KLIMA
Auch die Geschäftsstelle der TRK hat coronabedingt auf
digitale Events und Konferenzen umgestellt. Und siehe da:
„Wir hatten einen wesentlich größeren Zulauf gegenüber
Präsenzveranstaltungen, denn die Leute können sich einfach
einwählen, sind dabei und müssen nicht anreisen oder nach
Feierabend zu einer Veranstaltung.“ Ehlgötz führt das Beispiel
des Stammtisches für internationale Fach- und Führungskräfte
des Welcome Centers der TRK an, der ebenfalls im virtuellen
Raum stattgefunden hat. „Trotz Zeitverschiebung hatten
wir Teilnehmende aus dem Iran, Vietnam und sogar Australien
und Brasilien dabei“, sagt er mit Stolz. „Der Wirkkreis wird
größer. Wir können zielgruppenspezifisch weltweit Menschen
ansprechen.“ Außerdem, so der TRK-Geschäftsführer, würde
man dadurch Reisekosten einsparen und den CO2-Ausstoß
senken, was Umwelt und Klima zu Gute kommt.
GRENZEN OFFENHALTEN – ZUSAMMENARBEIT
ÜBER RHEIN UND LAUTER AUSBAUEN
„Als TechnologieRegion denken wir über Rhein und Lauter
hinweg. Eine Grenzschließung wie im ersten Lockdown ist der
falsche Weg“, so Ehlgötz, „stattdessen müssen wir voneinander
lernen, unsere Konzepte austauschen, bewerten, gemeinsame
Wege finden. Gemeinsam sind wir stark. Daher möchten
wir an den Stellschrauben drehen, die eine grundsätzliche
Verbindlichkeit für den künftigen Umgang mit ähnlichen
Situationen haben werden“, erklärt Jochen Ehlgötz. Dazu soll
die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen grenzübergreifend
vertieft und auf regionaler Ebene institutionell verankert
werden. „Als Grenzregion sind die deutschen Partner am
Mittleren Oberrhein und der Südpfalz mit den französischen
Freunden im Elsass ganz eng verflochten – das weiter auszubauen
sehen wir auch als unseren Beitrag für ein zusammenwachsendes
Europa.“
ANYA BARROS
www.wvs.de
10 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
11
Illustration Felicitas Riffel – Werbeagentur von Schickh
AUFBRUCH
Foto Carl Forger für VOLKSWOHNUNG
Ein runder Geburtstag ist immer ein guter Anlass, um Vergangenes Revue passieren zu lassen und über die
Zukunft nachzudenken. Zum 100-jährigen Jubiläum hat sich die VOLKSWOHNUNG einiges in dieser
Richtung vorgenommen: Mit einem ehrlichen Blick zurück zeigt sie sich offen für Neues, stellt Bewährtes
in Frage und will mit einem neuen Markenauftritt dynamisch durchstarten. In anderen Worten, es steht ein
großer Aufbruch bevor. Was dieser mit sich bringt, darüber hat der Wirtschaftsspiegel mit Geschäftsführer
Stefan Storz und Pia Hesselschwerdt, Leiterin der Unternehmenskommunikation, gesprochen.
Ganz einfach ist der Karlsruher Wohnungsmarkt nicht: Die Mieten sind – wie in den meisten
Großstädten – relativ hoch, bezahlbare Wohnungen rar gesät oder werden privat vergeben, der
Umzug in die umliegenden Gemeinden ist für viele Suchende keine Option. Genau hier hat die
VOLKSWOHNUNG ihre Kernkompetenz, denn sie sorgt seit 1922 für bezahlbaren Wohnraum
in Karlsruhe. Die Nettokaltmiete liegt im Schnitt bei 6,31 Euro/Quadratmeter, ein günstiger Preis
im Vergleich zu den sonstigen Durchschnittsmieten in Karlsruhe. Neben der Vermietung hat die
VOLKSWOHNUNG außerdem viel Erfahrung in der Entwicklung und Vermarktung ehemals
militärisch genutzter Areale wie der amerikanischen Kaserne in Kirchfeld-Nord oder der Kaserne
im jetzigen Knielingen 2.0.
Gerade die Vermarktung bringt zusätzliche finanzielle Mittel für den Neubau oder Sanierungen im
Bestand. Zwischen 2012 und 2020 hat die städtische Gesellschaft über 900 Wohneinheiten neu
errichtet, von denen ein Drittel öffentlich gefördert ist. Allein 2019 wurden 27 Millionen Euro in den
Neubau von Mietwohnungen investiert, 2020 waren es sogar rund 35 Millionen Euro. Bis 2025, so
das Ziel, sollen über 1.000 weitere Mietwohnungen in der Stadt entstehen. Mehr als die Hälfte davon
soll ebenfalls öffentlich gefördert sein.
ZEIT FÜR NEUE WEGE
Die städtische Wohnbaugesellschaft hat aber ein weitaus größeres Bild vor Augen als „nur“ die
Schaffung von zusätzlichem Wohnraum. Zum 100-jährigen Jubiläum im kommenden Jahr positioniert
sich die VOLKSWOHNUNG konzeptionell neu und verpasst sich zudem einen frischen Anstrich.
Das Unternehmen befindet sich also mitten in einem Auf- und Umbruch.
100 JAHRE
VOLKSWOHNUNG
Das Thema Aufbruch ist das
Leitmotiv im Wirtschaftsspiegel,
passt aber auch sehr gut zur
VOLKSWOHNUNG. Warum?
Storz: Wie in vielen Großstädten ist
auch in Karlsruhe die Nachfrage nach
bezahlbarem Wohnraum riesig. Daher
planen wir in den kommenden Jahren
viele Neubauprojekte, die sicherlich
dazu beitragen, die Lage etwas zu entspannen.
Sehr viele unserer Gebäude
wurden in den 1950er oder 60er
Jahren errichtet. Hier gibt es inzwischen
einen großen Bedarf an
Sanierungen und Modernisierungen,
die wichtig für den Werterhalt sind,
aber auch um die Klimaschutzziele
der Stadt Karlsruhe zu erreichen. Das
Thema Nachhaltigkeit spielt für uns
eine große Rolle und ist fest in unserer
DNA verankert. Hinzu kommen die
Herausforderungen, die der demografische
Wandel mit sich bringt. Wir
stellen uns darauf ein, dass Wohnen in
den nächsten 20 bis 30 Jahren mehr
Flexibilität und mehr gemeinschaftlich
genutzte Flächen braucht. Zum Glück
sind wir digital schon ziemlich gut
aufgestellt, was uns in dieser Zeit der
Pandemie intern die Umstellung
auf mobiles Arbeiten leicht gemacht
hat. Für die Mieter haben wir mit
der neu entwickelten Mieter-App
„Meine VOWO“ unser digitales
Angebot ausgebaut und dadurch
den Kundenservice erweitert. >>
14 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
15
AUFBRUCH
2
3
1 Blumenwiesen für den Artenschutz an
fünf Standorten.
2 Zentrale der VOLKSWOHNUNG am
Ettlinger-Tor-Platz.
3 Quartierspielplatz im Rintheimer Feld –
für alle Altersstufen etwas dabei.
Fotos VOLKSWOHNUNG
>> Das alles sind Aspekte, die zwar
schon in den letzten 100 Jahren für
uns auf der Tagesordnung standen, aber
im Zusammenspiel erfordern diese Themen
Klima, Neubau, Modernisierung
und Transformation, dass wir uns ein
Stück weit neu erfinden und uns selbst
hinterfragen müssen. Deshalb haben
wir uns Ende 2020 auf eine Reise
begeben, wir sind im Aufbruch und
wollen das auch nach außen hin sichtbar
transportieren.
Hesselschwerdt: Unsere Kommunikation
bildet derzeit nicht wirklich
ab, wofür wir stehen. Unser soziales
Engagement und die guten Beziehungen
zu unseren Mietern werden nur
gering wahrgenommen; ebenso unsere
innovativen und um Nachhaltigkeit
bemühten Aktivitäten im Neubau- und
Sanierungsbereich. Auch unser Logo,
das graue Haus mit rotem Dach, führt
da in die falsche Richtung. Wir bauen
ja keine kleinen Einfamilienhäuser,
sondern versuchen ganze Quartiere
so zu planen, dass sie lebenswert für
alle sind und mehr bezahlbarer und
gleichzeitig attraktiver Wohnraum in
Karlsruhe entsteht.
Storz: Genau! Deshalb testen wir an
verschiedenen Stellen aus, was es in
Zukunft braucht und welchen Mehrwert
wir für unsere Mieter und auch
die Stadtgesellschaft schaffen können.
Aktuell stecken wir mitten in mehreren
Pilotprojekten, teils in der Planung,
teilweise aber auch schon in der praktischen
Umsetzung, um Zukunftsthemen
sinnvoll abzubilden.
Was sind das für Pilotprojekte, von
denen Sie gerade gesprochen haben?
Storz: Zum Beispiel wurden unsere
1
Garagenaufstockungen in
Rintheim vom Ministerium für Wirtschaft,
Arbeit und Wohnungsbau
Baden-Württemberg als beispielgebendes
Projekt ausgezeichnet und gefördert.
Gemeinsam mit dem Architekten,
Dr. Falk Schneemann, stocken wir
bestehende Garagenhöfe mit modularen
Wohnungen in Holzbauweise auf.
Im Laufe dieses Jahres entstehen dann
zwölf Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen
mit kompaktem, überwiegend sozial
gefördertem Wohnraum für Studierende
und Alleinerziehende. Das löst sicher
nicht die Wohnungsprobleme in Karlsruhe,
setzt aber neue Impulse und findet
überregional bestimmt Nachahmer.
Besonders spannend ist für uns auch
die Zusammenarbeit mit Start-ups,
die wir als Partner über das Netzwerk
hubitation kennenlernen. Bereits
mitten in der Umsetzungsphase sind wir
mit Lumoview, die eine effiziente und
praktikable Lösung gefunden haben, um
digitale Wohnungsgrundrisse zu erstellen.
Das klingt erstmal simpel, ist aber
für uns enorm wichtig, um zum Beispiel
Förderanträge zu stellen.
Impulse nach außen setzen ist
wichtig, aber woher kommt der
interne Impuls, den Außenauftritt
zu überdenken und überarbeiten?
Hesselschwerdt: Nicht nur der Blick
nach außen, sondern auch nach innen
hat gezeigt, dass aktuelle Themen wie
unser soziales Engagement, spezielle
Angebote für unsere Mieter – wie
Vergünstigungen beim Carsharing
oder im ÖPNV – und unser Engagement
für die Umwelt im jetzigen
Auftritt nicht umfassend dargestellt
werden. Deshalb sind wir, mit Unterstützung
unseres Aufsichtsratsvorsitzenden,
Bürgermeister Daniel Fluhrer,
in einen Strategieprozess eingestiegen
und haben uns die Fragen gestellt:
‚Wer sind wir? Was machen wir?
Wofür stehen wir?‘ Zusätzlich haben
wir gemeinsam mit unserem Aufsichtsrat,
Stakeholdern und unseren
Mietern reflektiert, wie sie die
VOLKSWOHNUNG sehen.
Das Bild war nicht immer positiv belegt.
Aber die Kernbotschaften waren
eindeutig: Wir stehen für bezahlbaren
Wohnraum, für Nachhaltigkeit und
soziales Engagement. Und genau das
wollen wir in unserem Gesamtauftritt
authentisch vermitteln. Hierfür ist aber
ein kompletter Relaunch notwendig.
Wie gehen Sie den Relaunch der
Marke VOLKSWOHNUNG an?
Hesselschwerdt: Wie bereits angedeutet
wurde uns bei den Befragungen klar,
dass es eine große Diskrepanz zwischen
unserer Eigen- und der Fremdwahrnehmung
gibt. Die spannende Frage
war nun: ,Wie schaffen wir es, diese
zu beseitigen?‘ Dafür haben wir uns
externe Unterstützung geholt von der
Agentur Heine/Lenz/Zizka mit Sitz
in Frankfurt und Berlin, die uns seit
November 2020 bei diesem Prozess
begleitet. Gemeinsam haben wir ein
Konzept entwickelt, das die Neuausrichtung
der Kommunikation definiert.
Das Ergebnis kann sich schon bald sehen
lassen – im Sommer erscheint der
Geschäftsbericht im neuen Design.
Welche Aussage über die Wahrnehmung
hat Sie besonders
zum Nachdenken gebracht?
Hesselschwerdt: Mir ist vor allem ein
Zitat im Kopf geblieben: ‚Die
VOLKSWOHNUNG ist ein gesetzter,
seriöser, recht langweiliger
Mittfünfziger mit Bauchansatz, der
gedanklich jung geblieben ist und viel
Lebenserfahrung besitzt.‘ Da kann man
sich bildlich schon sehr gut vorstellen,
wie die Karlsruher uns wahrnehmen.
Aber klar, so eine Aussage ist im ersten
Moment ernüchternd. Trotzdem
sind wir dankbar für das Feedback, das
wir von Mietern, Stakeholdern, Politik
und aus der Stadtverwaltung bekommen
haben. Damit können wir jetzt
arbeiten. Unser Ziel ist eine nahbare,
transparente und unverwechselbare
Kommunikation.
Storz: Die ehrlichen Rückmeldungen
haben uns sehr geholfen, das war wichtig
für den Prozess. Erst dadurch wurde
uns klar, dass zu wenig von dem was wir
machen auch in der Karlsruher Bevölkerung
ankommt. Eine Mitarbeiterin
hat es in der Umfrage auf den Punkt
gebracht: ‚Wir tun so viel Gutes, doch
keiner weiß es.‘
Dann lassen Sie uns darüber
sprechen: Was genau macht die
VOLKSWOHNUNG denn noch?
Storz: Wir möchten in vielen Bereichen
innovativ denken und handeln. In
Rintheim und Oberreut setzen wir mit
unserem Partner, der KES, der Karlsruher
Energieservice GmbH, zum Beispiel
gerade das Projekt Mieterstrom um,
wo mit Photovoltaik-Anlagen auf den
Mietshäusern der eigene Strom
produziert wird. Das sogenannte 100-
Dächer-Programm läuft gut und soll in
etwa zwei Jahren abgeschlossen sein.
Dies ist ein weiterer Baustein auf dem
Weg zu unserem Ziel, bis 2040 einen
klimaneutralen Wohnungsbestand
zu haben. Neben Insektenhotels und
Blühwiesen, die übrigens nicht nur
von unseren Mietern sehr geschätzt
werden, ist uns auch eine nachhaltige
Quartiersentwicklung sehr wichtig. Es
nützt ja nichts, wenn man eine tolle
Wohnung hat, aber die Kinder keinen
Spielplatz in der Nähe haben oder wenn
es keinen Treffpunkt für die Nachbarschaft
gibt. Hier geht es um viel mehr
als das reine Wohnen, es geht darum,
dass die Menschen sich wohlfühlen und
gerne dort leben.
Soziales Engagement ist Ihnen
also ebenso wichtig wie das
Engagement für die Umwelt.
Was ist Ihr Herzensprojekt?
Storz: Da kann ich mich gar nicht entscheiden
(lacht). Mir persönlich liegt
besonders die ganzheitliche Betrachtung
von Wohnen und Nachbarschaft
am Herzen. Die Nachfrage nach neuen
Wohnformen, wo Nachbarn füreinander
da sind und die Gemeinschaft
stärker in den Fokus rückt, nimmt
merklich zu. Auf diesem Gebiet möchten
wir uns noch mehr engagieren
Die VOLKSWOHNUNG GmbH,
gegründet 1922, ist eines der größten
Immobilienunternehmen in Baden-
Württemberg. Etwa 13.400 Wohnungen
und über 240 Gewerbeeinheiten
werden von ihr verwaltet und betreut.
Bis 2025 wird die Immobiliengesellschaft
mehr als 1.000 weitere Wohnungen
bauen, von denen über die Hälfte
der Mietpreisbindung unterliegt.
Knapp 300 Mitarbeitende hat die
VOLKSWOHNUNG – vom Architekten,
über den Immobilienprofi bis hin
zum Servicetechniker und Gärtner.
und ergänzen unseren Bestand deshalb
um Sonderwohnformen wie
Mehrgenerationenhäuser, ambulant
betreute Wohngemeinschaften oder
auch Konzeptvergaben für Baugemeinschaften.
Gerade für die Menschen
mit besonderem Unterstützungsbedarf
möchten wir durch Kooperationen
mit sozialen Trägern den Zugang zu
Wohnraum erleichtern. Wichtig ist
mir auch, dass wir als kommunales
Wohnungsunternehmen Institutionen,
Initiativen und Vereine zu fördern, die
in unseren Wohngebieten tätig sind. So
können wir unsere Quartiere und die
aktiven Menschen vor Ort unterstützen
und die Lebensqualität steigern. Bei
unserem Engagement achten wir sehr
darauf, dass unsere Aktivitäten einen
Mehrwert für unsere Mieter haben.
Es gibt also jede Menge zu
erzählen, warum haben die
Bürger so selten davon gehört?
Storz: Mit unserem hohen Bauvolumen
und der Umsetzung der vielen
großen Projekte haben wir uns in der
Vergangenheit eher auf unser Tun
konzentriert, jetzt ist es aber auch Zeit,
darüber zu reden. Wir erneuern uns
nicht nur, indem wir uns einen neuen
Anstrich verpassen, sondern positionieren
uns zu den zukunftsorientierten
Themen auch anders.
>>
16 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
17
Fotos Carl Forger für VOLKSWOHNUNG
PIA HESSELSCHWERDT
Pia Hesselschwerdt ist seit August 2020 Leiterin der Unternehmenskommunikation
und Pressesprecherin. Vor ihrer
Tätigkeit bei der VOLKSWOHNUNG leitete sie den Bereich
Netzwerke und Kooperationen beim Bildungsträger Konzept-e
für Bildung und Soziales in Stuttgart. Ihr Fokus liegt auf einer
transparenten und authentischen Kommunikation innerhalb
und außerhalb des städtischen Unternehmens.
STEFAN STORZ
Stefan Storz ist seit Mai 2018 Geschäftsführer der
VOLKSWOHNUNG. Von 2010 bis zu seinem Wechsel nach
Karlsruhe war der gebürtige Mannheimer Geschäftsführer der
GWW Wiesbadener Wohnbaugesellschaft mbH. Der Diplom-
Kaufmann, Steuerberater und ehemaliger Wirtschaftsprüfer
legt sein Augenmerk auf die Entwicklung von nachhaltigen
und sozialgerechten Quartieren in der Stadt und in der
TechnologieRegion Karlsruhe.
>> Nachhaltigkeit und Klimaschutz
sind viel mehr in den Fokus der öffentlichen
Wahrnehmung gerückt.
Hesselschwerdt: Und genau dieses
Selbstverständnis gilt es jetzt, nach
außen zu transportieren. Mit unserem
zukünftigen Markenauftritt haben wir
ganz andere Instrumente an der Hand,
um unsere ,Geschichten‘ zu erzählen.
2022 wird die VOLKSWOHNUNG
das 100. Jubiläum feiern. Was ist bis
dahin geplant und wie soll die große
Party aussehen?
Hesselschwerdt: Wir sind ja noch
mitten im Entwicklungsprozess für das
neue Corporate Design. Dafür haben
wir uns bewusst Zeit genommen, damit
wir das auf eine solide Basis stellen
können. Der Geschäftsbericht wird
der erste Aufschlag sein, bei dem die
Leute erkennen, in welche Richtung
der ‚Tanker VOWO‘, wie es einer in der
Umfrage beschrieben hat, sich bewegen
wird. Auf dieser Basis möchten
wir im Jubiläumsjahr unterschiedliche
Aktionen und Angebote schaffen, die
über das Jahr 2022 hinaus wirken und
Bestand haben. Im Fokus steht dabei
immer der Mehrwert für unsere Mieterschaft.
Aber auch das Thema Corporate
Citizenship ist Teil unserer Überlegungen
– wie können wir unseren 100.
Geburtstag proaktiv nutzen, um uns
auch in der Stadtgesellschaft als ,guter
Bürger‘ zu engagieren?
Storz: Was unseren Kernauftrag angeht,
also die Schaffung von bezahlbarem
Wohnraum, haben wir auch noch viel
vor. Wir sind in Durlach gerade dabei,
ein Projekt mit 54 Wohneinheiten zu
realisieren. Ganz aktuell ist auch die
Entwicklung des August-Klingler-Areals
in Daxlanden. Hier entstehen etwa 360
Wohneinheiten: Ein- bis Fünf-Zimmer-
Wohnungen, darunter auch barrierearme
Einheiten für ältere Menschen,
eine Tagespflege-Einrichtung, eine Kindertagesstätte,
zwei Gewerberäume und
ein Mieterservice-Büro. Die Liste lässt
sich weiterführen. Außerdem nehmen
wir uns die energetische Sanierung der
Bestandsimmobilien vor und schreiben
unsere Klimastrategie fort. Dann stehen
noch einige Ideen und Projekte bezüglich
mehr Nachhaltigkeit beim Bau im
Raum, über die wir uns noch Gedanken
machen werden. Auch im 100. Jahr
unseres Bestehens wird uns alles andere
als langweilig! (lacht)
AUFBRUCH
Zugegeben, der Titel kommt etwas lustig daher, der Hintergrund ist aber alles andere als zum Lachen. Denn
was Dirk Scherer, Geschäftsführer der Medical Protection Equipment GmbH, kurz Medpe, mit seinen
Geschäftspartnern, IMSTec GmbH und Admedes GmbH, binnen kürzester Zeit auf die Beine gestellt hat, ist
eine echte Meisterleitung. Von der Idee bis zur Produktion der ersten FFP2-Masken „Made in Germany“, sind
gerade einmal sechs Monate vergangen.
TAG 0
Alles begann mit einem Aufruf von
Gesundheitsminister Jens Spahn,
aufgrund des Mangels an medizinischen
Mund-Nasen-Masken, Produktionsstätten
lokal in Deutschland
zu errichten. „Nach einem kurzen
Gespräch mit meinem damaligen Chef,
Markus Spanner, Geschäftsführer der
Physik Instrumente (PI) GmbH, und
10 Sekunden Bedenkzeit war klar, ich
mach es“, erinnert sich Dirk Scherer.
Und dann ging alles ganz schnell.
JUNI 2020
Nach und nach wurden die
technischen Anlagen aufgebaut
und in Betrieb genommen. Parallel
wurde nach geeignetem Personal
gesucht. Qualifiziertes Fachpersonal
war – natürlich – schnell eingestellt,
ebenso die Aushilfen, die Scherer
überwiegend aus von der Pandemie
betroffenen Branchen gewinnen
konnte. Darunter Mitarbeiter aus
dem Wellnessbereich und aus dem
Gastronomiegewerbe.
HEUTE
Aktuell wird mit 160 Mitarbeitern
an fünf Anlagen auf einer Fläche von
3.000 Quadratmetern produziert.
Wöchentlich können so rund 1,5
Millionen Masken ausgeliefert werden.
Bei jeder Maske mit dabei: ein Clip
zur Befestigung der Maske hinter dem
Kopf, sowie ein zusätzliches Kopfbändchen
– schließlich gleicht kein Kopf
dem anderen. Kleinigkeiten, die die
Qualität von Medpe unterstreichen, so
der Geschäftsführer.
MAULTÄSCHLE
MADE IN BADEN
„WIE HEISST DER MUNDSCHUTZ
AUF SCHWÄBISCH?“
Foto pexels.com/Griffin Wooldridge
APRIL 2020
Nach Gesprächen mit dem Rechtsanwalt
und dem Notar folgte das Thema
Finanzierung. Auch diese war schnell
geregelt – Scherer setzte sein privates
Kapital ein und konnte auch hier auf
die Unterstützung der Familie Spanner
setzen, die als Gesellschafter mit an
Bord war. Unternehmensgründung
ganz ohne Subventionen - nur dadurch
gelang es Scherer, in gerade einmal 10
Tagen Medpe zu gründen.
MAI 2020
Anfang Mai folgte dann die Einstellung
des ersten Mitarbeiters und die Suche
nach einer Produktionsstätte. Wie
könnte es anders sein – schnell gefunden
– Siemensallee 84, Karlsruhe. „Ich
habe den Mietvertrag für eine Fläche
von 1.500 Quadratmetern unterschrieben.
Dann haben wir drei Bierbänke
reingestellt, ein paar Laptops dazu und
uns an die Arbeit gemacht“, so der
Medpe-Geschäftsführer im Gespräch
mit dem Wirtschaftsspiegel.
SEPTEMBER 2020
Genau ein halbes Jahr nach Firmengründung
startete die Produktion
der FFP2-Masken – zertifiziert nach
DIN-Norm, anders als dies bei vielen
Mitbewerbern der Fall ist, die ihre
Produkte im europäischen Ausland
oder der Türkei zertifizieren lassen.
Und auch bei den Materialien wie
dem Filtervlies setzt Medpe auf den
deutschen Standard.
OKTOBER 2020
Von der Fächerstadt aus geht die
erste Lieferung an öffentliche Einrichtungen
in Deutschland und Europa.
Wohin genau, das verwaltet die Firma
IMSTec – Medpe agiert als Produzent.
Ab sofort werden am Standort Karlsruhe
rund um die Uhr FFP2-Masken
produziert, nicht einmal an Weihnachten
und Silvester wurde pausiert.
„Seit wir das Unternehmen gegründet
haben, hatte ich gerade mal vier Tage
frei“, so Scherer weiter. Trotzdem
bereut er diesen Schritt nicht.
UND IN ZUKUNFT?
Dirk Scherer sieht Medpe keinesfalls
als One-Hit-Wonder und nur für die
Zeit der Pandemie als wettbewerbsfähig,
ganz im Gegenteil. Er und seine
Kooperationspartner tüfteln bereits
an Masken speziell für betagte Senioren
– geringerer Atemwiderstand bei
hoher Filtrationsleistung. Oder aber
spezielle Masken für Kinder. Auch das
Thema Nachhaltigkeit bewegt Scherer.
Bislang haben die FFP2-Masken eine
Lebensdauer von drei Jahren. Deshalb
müssen große Lager, zum Beispiel
von Krankenhäusern und Regierungen,
nach dieser Zeitspanne entsorgt
werden. „Wir möchten erreichen, dass
unsere Masken langlebiger werden und
auch nach fünf Jahren oder mehr ihre
Funktionalität behalten“, lautet Scherers
Vision. Zudem gibt es Ideen für
eine Erweiterung des Sortiments – alles
noch streng geheim.
CAROLINE CARNEVALE
www.wvs.de
20 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
21
KARLSRUHE BAUT SEINE
STÄRKEN WEITER AUS
Wirtschaft und Wissenschaft sind auch in herausfordernden Zeiten starke Eckpfeiler des attraktiven
Investitionsstandorts. Als Zentrum für Innovation ist Karlsruhe mit seinen renommierten Hochschulen und
Forschungseinrichtungen, den dynamischen Unternehmen und Netzwerken zukunftsfähig aufgestellt.
Ein überdurchschnittlicher Anteil an Zukunftsbranchen wie
Informationstechnologie (IT), künstliche Intelligenz (KI),
Mobilität sowie Energie, Handel und Kreativwirtschaft sorgt
für hohe Resilienz. Folglich sprechen die ökonomischen Zahlen
für sich: Laut dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg
lag die Bruttowertschöpfung in Karlsruhe im Jahr 2018
bei 18,4 Mrd. Euro, über 14 Mrd. Euro erwirtschaftete allein
der Dienstleistungssektor. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg in
der Fächerstadt in den vergangenen zehn Jahren um 20.000
auf rund 240.000.
Derzeit arbeiten rund 30.000 Menschen in 4.400 IT-
Unternehmen. Diese zukunftsweisende Branche macht bereits
heute etwa 45 Prozent des Karlsruher Gewerbesteueraufkommens
aus. Und gerade für diese Branche könnte die
Corona-Krise einen weiteren Schub bedeuten, denn digitale
Lösungen und IT-Fachkräfte werden verstärkt nachgefragt.
Mut zu neuen Geschäfts modellen, die schnell und unkonventionell
umgesetzt werden, sowie ein flexibles Arbeitsumfeld
sind erforderlich, um am Markt bestehen zu können.
PRINZIP DER KURZEN WEGE
ALS ERFOLGSFAKTOR
Das Karlsruher Prinzip der kurzen Wege ermöglicht genau
solche direkten Abstimmungsprozesse zwischen den Akteuren.
Diese Stärke Karlsruhes ist zugleich ein Erfolgsfaktor bei der
Bewerbung für den Landeswettbewerb Innovationspark KI
Baden-Württemberg: Innerhalb weniger Wochen konnte auf
dieser Grundlage, gemeinsam mit den Regionen Stuttgart und
Neckar-Alb, ein KI-Gesamtkonzept erarbeitet, eine Genossenschaft
ins Leben gerufen und eine beeindruckende Zahl an
Unterstützern aus Karlsruhe und der Region gewonnen werden.
GRÜNDUNGSSTANDORT:
INNOVATIONEN VORANBRINGEN
Die Karlsruher Hochschulen und Forschungseinrichtungen
sind Innovationsmotoren und bilden das Fundament für eine
lebendige Gründungskultur. Denn wo nachhaltig geforscht
wird, können zukunftsweisende Ideen entstehen. Gründungswilligen
steht in der Fächerstadt ein breites Beratungs-Netzwerk
zur Verfügung.
Ein aktuelles Leuchtturmprojekt ist das Gründungszentrum
Smart Production Park für digitale Produktion, das an der
Technologieachse in der Karlsruher Oststadt auf dem
Hoepfner-Areal entsteht. An diesem neuen Ort der Möglichkeiten
können Start-ups experimentieren, Kontakte herstellen
und die moderne Infrastruktur nutzen. Die Stadt beteiligt
sich mit 2,2 Mio. Euro, eine weitere Million steuert das Land
Baden-Württemberg bei. Betrieben wird das Zentrum von der
Wirtschaftsförderung Karlsruhe und dem CyberForum e.V.
Das Thema Gründung spielt auch beim Aktionsprogramm
Handwerk eine wichtige Rolle. Hier wird derzeit eine Bedarfsanalyse
für ein Gründungszentrum Handwerk sowie ein
Gewerbezentrum erstellt. Ebenfalls im Fokus: Nachwuchskräfte
für das Handwerk zu begeistern. Darauf zielt die craft.
ROADSHOW ab, die zusammen mit der Kreishandwerkerschaft
Karlsruhe entwickelt wurde. Da das erfolgreiche Konzept
derzeit corona-bedingt nicht vor Ort an den Schulen
stattfinden kann, sind Infos über die craft.ROADSHOW-
App und -Website abrufbar. Seit Beginn des Jahres wurden
bereits mehrere Praktikumsanfragen über die App vermittelt.
Um das Angebot weiter zu verbessern, wird es von der Pädagogischen
Hochschule evaluiert.
Foto @FC-Gruppe/Marquardt
KREATIVPARK IN DER KRISE STABIL
Die Nachfrage nach Räumen im Kreativpark Alter Schlachthof
ist ungebrochen. Ende 2021 wird das Kreativwirtschaftszentrum
für etablierte Firmen mit einem höheren Flächenbedarf
von 150 bis 650 Quadratmetern eröffnen. Bis zum
Herbst wird die Zahl der Arbeitsplätze im Kreativpark nochmals
um 200 auf rund 1.200 steigen, die Zahl der Unternehmen
und Institutionen von 150 auf rund 160. Darunter
sind wachstumsstarke Firmen wie die netzstrategen mit
inzwischen über 70 Beschäftigten. Auch das neue Gebäude
der Verkehrsbetriebe Karlsruhe an der Durlacher Allee zieht
junge Firmen auf Wachstumskurs an: Hier ist kürzlich das in
Karlsruhe gegründete Unternehmen echobot mit fast 100
Mitarbeitenden eingezogen.
INVESTITION IN DIE ZUKUNFT
Mit dem Erwerb von Flächen und bebauten Grundstücken
erweitert die Stadt Karlsruhe ihre Handlungsspielräume für
eine strategische Gewerbeflächenentwicklung. Dazu übt
die Stadt in vielen Fällen ihr Vorkaufsrecht aus, kauft aber
auch am freien Markt. Allein im vergangenen Jahr wurden
Im Nordosten Karlsruhes setzt der FC-Campus
der FC-Gruppe neue Maßstäbe.
nahezu 200 Mio. Euro investiert und u.a. das Pfizer-Areal im
Nordosten sowie das Rotag-Areal im Westen der Stadt erworben.
Das ermöglicht eine nachhaltige Wachstums- und
Ansiedlungspolitik. Auch der Breitbandausbau zielt darauf ab,
die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Karlsruhe zu erhöhen.
MARKANTE STADTEINGÄNGE
Große Fortschritte gibt es im Entwicklungsquartier Hauptbahnhof
Süd: Am südlichen Stadteingang sind rund 27.000
Quadratmeter Fläche neu entstanden. Im Sommer 2020
bezogen der Internetanbieter 1&1 mit rund 1.800 Mitarbeitenden
und die Deutsche Bahn mit 500 Beschäftigten
die modernen Räumlichkeiten. Die Kantine im denkmalgeschützten
Gebäude des ehemaligen Heizkraftwerks
wurde im Frühjahr 2021 in Betrieb genommen.
>>
22 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
23
Östlich der bereits errichteten Gebäude werden nun
die Planungen für ein 18-stöckiges Hochhaus für Büros und
temporäres Wohnen vorangetrieben.
Die Entwicklung im Westen des Areals schreitet mit dem
Abschluss des Architektenwettbewerbs des Kölner Projektentwicklers
Kreer Development ebenfalls weiter voran: Der
Sieger entwurf des Büros ASTOC Architekten überzeugte
mit seinem qualitativ hochwertigen Gebäudeensemble mit
breitem Nutzungsmix.
An der Durlacher Allee eröffnete im Herbst 2020 das fünfstöckige
IKEA-Einrichtungshaus in innenstadtnaher Lage. Das
schwedische Möbelhaus legte viel Wert auf Nachhaltigkeit und
investierte insgesamt 100 Mio. Euro. In direkter Nachbarschaft
entsteht am Großmarkt ein siebenstöckiger Bürokomplex:
Das Projekt „Carls Cube“, mit einem Investitionsvolumen von
rund 30 Mio. Euro, wird künftig rund 9.000 Quadratmeter
Fläche und Raum für 600 Beschäftigte bieten. Die Rastatter
Niederlassung der Bauherrin Dreßler Bauträger GmbH wird
hier einziehen, ebenso das städtische Marktamt.
Im Nordosten Karlsruhes setzt der FC-Campus der FC-
Gruppe neue Maßstäbe. Das Unternehmen, das selbst
Baumaßnahmen plant und steuert, hat im Hinblick auf
Nachhaltigkeit und New Work ein Best-Practice-Gebäude
realisiert und Raum für 200 Arbeitsplätze geschaffen. Für
Karlsruhe ist dies ein echter Gewinn, auch weil das 1999 hier
gegründete Unternehmen damit wieder an seinen ursprünglichen
Standort zurückkehrt.
AUSGEZEICHNET:
KARLSRUHE PUNKTET IN RANKINGS
Dass Karlsruhe ein starker Wirtschafts-, Wissenschafts- und
Innovationsstandort ist, zeigt erneut das Städteranking der
Wirtschaftswoche: Karlsruhe belegt auch im Jahr 2020 eine
gute Platzierung im oberen Drittel. Die Wirtschaftswoche
verglich dazu 71 deutsche Großstädte in den drei Kategorien
Niveau, Dynamik und Nachhaltigkeit.
Als einzige deutsche Stadt ist Karlsruhe in der G20 Global
Smart Cities Alliance vertreten. Das Weltwirtschaftsforum
will hier unter suchen, wie Smart Cities ihre Standards
gestalten. Die 35 ausgewählten Pionierstädte entwickeln
Verfahren als Grundlagen für Kommunen weltweit.
Für den neuen Smart City Index durchleuchtete der Digitalverband
Bitkom 81 Städte. Karlsruhe schaffte es auf einen
ausgezeichneten 5. Platz, in einer wichtigen Kategorie sogar
auf Platz 1: In keiner anderen deutschen Großstadt ist die
Verwaltung so smart.
In der weltweiten Corona-Krise ist es derzeit für keinen
Standort leicht, einen fruchtbaren Nährboden für Investitionen
zu bieten. Jedoch wird die Stadt gemeinsam mit Wirtschaft
und Wissenschaft weiter daran arbeiten, dass Karlsruhe
seine Position als attraktives, zukunftsfähiges und innovatives
Zentrum in einer leistungsfähigen Region ausbauen kann.
WIE DIGITAL
KÖNNEN MESSEN
WERDEN?
1
Fotos Messe Karlsruhe
3
Die Messe offerta lebt davon, dass Besucher in die Hallen der Messe Karlsruhe strömen und sich den ganzen
Tag dort verweilen. Bei Fachmessen wie der IT-Trans oder der LEARNTEC stehen die Workshops und das
Netzwerken im Mittelpunkt. Wie kann der Austausch mit dem Besucher gelingen, wenn analoge Messen nicht
2
1 IT-Trans per Livestream in die Welt, statt die
Welt zu Gast in den Messehallen.
2 Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe,
blickt optimistisch in die Messe-Zukunft.
3 Aus Messehallen wurde das Kreisimpfzentrum –
Hallen stehen also nicht leer.
stattfinden dürfen?
Die art KARLSRUHE war die letzte Publikumsmesse, die
2020 noch in der Messe Karlsruhe durchgeführt werden
konnte und durfte. Dann kam der erste Lockdown und die
Pforten der dm-Arena haben sich vorerst geschlossen.
Ständig kamen neue Verordnungen, mal konnte die offerta
im Herbst stattfinden, dann wieder nicht und schlussendlich
wurde sie doch abgesagt. Schwere Zeiten für die Geschäftsführerin
der Messe Karlsruhe, Britta Wirtz. „Anfangs war es
ein dynamisches ‚von Tag zu Tag‘-Arbeiten, dann ein von Verordnung
zu Verordnung-Arbeiten, alles ständig neu beurteilen
und entscheiden“, sagt Britta Wirtz gegenüber dem Wirtschaftsspiegel.
„Wir haben in gewohnt strukturierter Weise
unsere Veranstaltungen vorbereitet bzw. Gastveranstaltungen
begleitet – immer mit dem Blick auf das Pandemie-Geschehen
und damit einhergehenden Deadlines und Go- oder No-
Go-Entscheidungen.“
Das Team der Messe habe stets versucht, das Mögliche möglich
zu machen. Doch abgesagt ist abgesagt. Statt tatenlos
zuzuschauen haben die Veranstalter der offerta, die jährlich
über 140.000 Besucher anlockt, die Publikumsmesse in den
digitalen Raum verlegt. „Wir haben die Plattform offerta.de
gelauncht, wo sich offerta-Fans ganzjährig ausgewählte Produkte
der Aussteller aussuchen können“, erklärt Wirtz. „Die
Fachmesse LEARNTEC haben wir im Januar an ihrem angestammten
Termin als einen dreitätigen digitalen Workshop
angeboten. Die Resonanz war positiv: Fast 7.000 Interessierte
hatten sich angemeldet.“
Die Veranstalter haben in den schweren Pandemie-Monaten
den Kontakt zum Besucher gesucht statt komplett zu schließen.
„Wir haben viel Erfindungsreichtum in unsere Ideen und
Formate gesteckt“, so Wirtz weiter. „Das ist ein besonderes
Merkmal unseres Hauses.“
Dabei ist für die Messelandschaft in Deutschland und in
Karlsruhe nichts wichtiger als der direkte Kontakt zum Kunden
oder zum Business. Digitale Nähe kann kaum entstehen,
Netzwerken am Rande der Veranstaltung entfällt. „Die
Pandemie hat der Digitalisierung einen großen Schub gegeben
– und so waren auch wir Messe-Macher gefragt, digitale
Formate auf Sinnhaftigkeit für unser Business zu prüfen. Die
gemachten Erfahrungen zeigen, dass Wissenstransfer und
Austausch sehr gut digital abzubilden sind und dadurch Reichweiten
unserer Veranstaltungen noch erhöht werden können“,
sagt die Messe-Chefin. „Jedoch ist tatsächliche Leadgenerierung
für Aussteller in der virtuellen Welt schwierig, weshalb
unsere Aussteller uns auch drängen, so bald wie möglich
wieder analoge Veranstaltungen anzubieten.“
Wann es so weit ist, dass wieder tausende Besucher durch
die vier Hallen am Standort in Rheinstetten oder die
Schwarzwaldhalle schlendern, ist ungewiss. Die Hoffnung
von Britta Wirtz: Mitte des Jahres 2021 sollte das Geschäft
wieder anlaufen. „Wir können aber nur dann veranstalten,
wenn wir möglichst schnell Perspektiven durch die Politik
aufgezeigt bekommen. Messen brauchen Vorlaufzeit und
Planungssicherheit.“
Schon im ersten Quartal 2021 steht fest, dass manche Messen
auf 2022 verschoben werden. Das betrifft die INVENTA &
RendezVino und die art KARLSRUHE. Absagen bedeuten
finanzielle Einbußen, die die Messe Karlsruhe nicht mehr
aufholen kann. „Der Branchenverband AUMA gibt einen
Geschäftseinbruch von 70 Prozent an. Wir sind etwas glimpflicher
davongekommen“, sagt Britta Wirtz. „Unser Umsatz
ist ‚nur‘ um 50 Prozent eingebrochen. Das haben wir einem
außergewöhnlich starken Start ins Jahr 2020 zu verdanken,
der weit über dem Plan lag. So gesehen sind wir ganz gut
durch das Corona-Jahr gekommen.“
Ein Grund ist die Verlagerung in den digitalen Raum. Gänzlich
digital können Messen jedoch nicht werden, oder doch? „Es
wird sicher bei unterschiedlichen Formaten in der Veranstaltungswirtschaft
Tendenzen zu rein digitaler Abbildung
geben – ich kann mir hier kleinere Tagungen, Seminare oder
Workshops vorstellen. Eine generelle Verdrängung analoger
Veranstaltungen sehe ich aber nicht. Befragungen zeigen, dass
Aussteller keine dauerhafte digitale Ausweichstrategie haben
wollen.“ Messen werden auch keine aus dem Portfolio genommen,
nur weil sie ein oder zwei Mal verschoben wurden.
In Zukunft sollen wieder analoge Messen und Kongresse an
den Standorten der Messe Karlsruhe durchgeführt werden.
„Aber mit den Learnings aus der Zeit der Lockdowns. Das wird
unser Angebot nachhaltig verbessern im Sinne der Kunden-
Fokussierung“, so Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Messe
Karlsruhe, abschließend.
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26 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
27
Landau in der Pfalz -
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PREISJOJO
WAS MACHT CORONA MIT DEN IMMOBILIENPREISEN?
Wer kann, zieht in die Stadt. Also wer es sich leisten kann. Das Phänomen
lässt sich schon viele Jahre beobachten. Corona hat da nur einen
unwesentlichen Teil beigetragen, trotz das viele Menschen im Homeoffice
arbeiten können. Wie verändert sich der Immobilienmarkt durch
die Pandemie? Der Wirtschaftsspiegel im Gespräch mit einem Makler
aus der TechnologieRegion.
Unsere pulsierende Innenstadt bietet
beste Bedingungen für ein ausgiebiges
Shoppingerlebnis, das durch vielfältige
kulinarische Angebote inmitten eines
historischen Geschäftskerns gekrönt
wird.
MICHAEL HUST
Seit über 16 Jahren ist der Diplom-
Immobilienwirt in Karlsruhe mit
seinem Unternehmen selbständig.
Er und sein Team vermitteln
Immobilien von Baden-Baden bis
Bruchsal, Pforzheim bis Landau.
Aktuell zählt sein Maklerbüro 14
Mitarbeitende an vier Standorten
in der Region.
www.hust-immobilien.de
Foto pexels.com /Jovydas Pinkevicius
2020 war kein normales Jahr, auch
nicht bei Michael Hust, Immobilienmakler
aus Karlsruhe. „Im ersten
Lockdown, also von März bis etwa Mai
oder Juni, war es sehr ruhig bei uns,
wir waren teilweise in Kurzarbeit. Doch
seit dem Sommer lief das Geschäft
wieder normal“, so Hust.
Ein Jahr nach dem Beginn der
Pandemie sieht der Immobilienmakler
erste Veränderungen. „Die Leute
werden vorsichtiger, gerade beim
Verkauf von Immobilien ist es etwas
ruhiger geworden.“
Schon bei der Wirtschaftskrise 2008
hat sich gezeigt: Auf dem Immobilienmarkt
kommen die Auswirkungen
erst später. So auch 2021. Die Preise
sinken teilweise leicht. „Einbrechen
werden die Verkaufspreise jedoch
nicht“, ist sich der Diplom-Immobilienwirt
sicher.
STADT NACH WIE VOR BELIEBT
„Wer es sich weiterhin leisten kann,
zieht in die Stadt – hier ist für viele
Menschen mehr geboten, das macht
die Stadt so attraktiv.“ Wer sein Geld
lieber in ländlichen Gebieten investiert,
bekommt fürs gleiche Geld aber
kein Abrisshaus.
„Da sind immer schöne Angebote
dabei, nur eben günstiger, weil die
Infrastruktur nicht für jeden Anspruch
die richtige ist“, so Michael Hust
gegenüber dem Wirtschaftsspiegel.
MEHR ANGEBOT ALS
NACHFRAGE
Im Bereich der Gewerbeimmobilien,
so Hust, sehe es schlechter aus. „In
Karlsruhe wurde in den letzten Jahren
viel Gebaut, hinter dem Hauptbahnhof
zum Beispiel sind große Büroflächen
entstanden. Das hat den Markt sehr
durcheinandergewirbelt. Es gibt mehr
Angebot als Nachfrage, das war schon
vor Corona so – diese Flächen jetzt zu
verkaufen ist schwerer als 2019.“
DIGITALE EXPOSÉS
Was der Makler der Krise abgewinnen
konnte: Homeoffice für die Mitarbeitenden
und mehr Online-Services. „Wir
bieten schon seit Langem 3D-Besichtigungen
an, das wird gut angenommen
von unseren Kunden und das wird in
Zukunft auch noch zunehmen“, ist sich
Michael Hust sicher. „Die Interessenten
möchten alle relevanten Infos vorab,
uns spart das auch Zeit, denn durch den
ersten Look weiß der Kunde bereits
vorher, ob sich eine Besichtigung für ihn
in Frage kommt.“ Voraussetzung dafür:
Perfektes Bildmaterial, nicht nur Fotos,
die aus einer Ecke mit dem Smartphone
gemacht werden. „Das ist etwas mehr
Aufwand, der sich lohnt. Der virtuelle
Rundgang ersetzt aber niemals eine Besichtigung
vor Ort“, so Hust gegenüber
dem Wirtschaftsspiegel.
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AUFBRUCH
MIT DEM „KARLSRUHER
WERKZEUGKOFFER“ ZUM
RE-START
DIE KARLSRUHE MARKETING UND EVENT
GMBH KOORDINIERT ÖFFNUNGSSTRATEGIEN
Steigende und fallende Infektionszahlen, Corona-Maßnahmen, die sich
dadurch mitunter wöchentlich ändern, „Notbremse“, Vorgaben des
Landes Baden-Württemberg, Beschränkungen: Doch auch in diesen
Fotos Race Result; Andreas Arndt
„Es ist eine schwierige Zeit – auch
für die Planung“, betont KME-
Geschäftsführer Martin Wacker,
doch das mehrgleisige Planen sei in
Kooperation mit den richtigen Partnern
umsetzbar: „Wichtig ist, bei allen Veranstaltungen
und Formaten aufzuzeigen,
dass man auch in Zeiten der Pandemie
mit Systemen und kluger Technologie
etwas umsetzen und erreichen kann.“
WELTWEIT BEACHTETES ZEICHEN
Das INDOOR MEETING fand in
diesem Jahr in der Karlsruher Europahalle
als reines TV Meeting statt, hat
aber ein weltweit beachtetes Zeichen
gesetzt, dass solche Sport-Events auch
in Zeiten der Pandemie funktionieren.
Damit wurde auch der Ruf von Karlsruhe
als innovative Sportstadt in die
Welt getragen. „Das ging aber nur mit
einem starken und engen Testsystem,
IT-gestützten Prozessen und mit einem
Transponder-System“, so Wacker.
Über einen Badge, den jeder der über
600 internationalen Teilnehmer und
Mitwirkenden trug, konnte genau
ermittelt werden, wer wo zu welcher
Sekunde an welcher Stelle stand. Dazu
sind die Systeme räumlich abgrenzbar,
zeitlich abbildbar und auch vernetzt
mit dem Gesundheitsamt: Hier setzen
neue Technologien an, wie zum Beispiel
die „Luca App“. Diese bildet, wie der
Transponder, den Aufenthaltsort der
Menschen mittels Mobiltelefonen ab.
RE-START-SZENARIEN IM BLICK
„Das sind Grundvoraussetzungen, mit
denen wir uns in Sachen Öffnungsstrategien
für Re-Starts bei Veranstaltungen
beschäftigen“, so Wacker. Dass die
KME mit ihren Partnern fundierte
Expertisen in Sachen Sicherheit,
Einlass- und Crowdmanagement hat,
ist gerade in der aktuellen Situation
sehr hilfreich. Schließlich geht bei
Veranstaltungsplanung nichts über
Erfahrungswissen – unterstützt auch
durch Simulation zum Beispiel in Sachen
Gehverhalten und Laufwege von
Besuchern. „Wir haben PTV Viswalk
um mehrere Funktionen erweitert, die
erlauben, die besonderen Bedingungen
einer Pandemie für Veranstaltungen zu
berücksichtigen“, so Dr. Tobias Kretz,
Chief Technical Product Manager bei
der PTV Group aus Karlsruhe.
Dazu kommt mit race result aus
Pfinztal ein technischer Partner, der
seine Kompetenz mit einem weiteren
Sicherheitsfeature bei der Nachverfolgung
ergänzend einbringt. Ob Track
Box, Transponder oder Server: „Mit
der Anwendung lassen sich Öffnungsstrategien
geplant umsetzen“, erläutert
Sascha Hornung, International Sales
Manager von race result.
Zudem wurde die erfolgreiche Umsetzbarkeit
schon mehrfach bewiesen.
Wichtig ist den Partnern dabei, dass
technische Innovation aus der
TechnologieRegion in die Prozesse
implementiert wird. Diese wurde zum
Beispiel auch erfolgreich eingesetzt bei
der dezentralen Eröffnung des Marktplatzes
mit der Tunnelbesichtigung, bei
der 8.000 Menschen – entsprechend
geleitet – in der neuen Haltestelle
Marktplatz unterwegs waren.
„KARLSRUHER WERKZEUG-
KOFFER“ IM EINSATZ
Schnelltests, Transponder-Technik,
Zugangskriterien, „Luca App“: „Wir
sehen das als eine Art ‘Karlsruher
Werkzeugkoffer‘, der für Öffnungsstrategien
einheitlich in allen Bereichen
in der Stadt eingesetzt werden muss“,
erläutert Wacker. Ob für Kulturelles,
Sport und Jugend, Handel, Gastronomie
oder Hotellerie – stets in Zusammenarbeit
mit den zuständigen Stellen.
Wenn die einzelnen Faktoren ineinandergreifen,
kann das zu Öffnungsstrategien
führen, ist sich der KME-Chef
sicher: „Es ist eine herausfordernde
Aufgabe, doch wir koordinieren diese
Prozesse und stellen die nötigen
Werkzeuge zur Öffnung bereit.“
Denn genaues Tracking, Steuern
und Nachverfolgen von Besuchern
sind Voraussetzungen für mögliche
Öffnungsschritte. Es wäre dann eine
schrittweise Rückkehr zu einer ansatzweisen
Normalität.
www.karlsruhe-event.de
Zeiten müssen die Experten der KME Karlsruhe Marketing und Event
GmbH mit ihren Partnern planerische Weitsicht in Sachen Öffnungsstrategien,
sichere Rahmenbedingungen und Hygienekonzepte zeigen.
Foto XXX
Foto XXX
30 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
31
ZWISCHEN TRK
UND SCHWARZWALD
BAD HERRENALB IM BLICK
Über 8.000 Einwohner zählt Bad Herrenalb, die Kurstadt vor den Toren
der TechnologieRegion Karlsruhe ist alles andere als ein verschlafenes
Dorf. Es tut sich was in diesem beschaulichen Städtchen am Ende des
Albtals. Bürgermeister Klaus Hoffmann steht Rede und Antwort.
Ruhig, idyllisch und malerisch liegt die
Kleinstadt Bad Herrenalb im westlichen
Nordschwarzwald. Jenseits
der Grenzen der TechnologieRegion
Karlsruhe (TRK) bildet das Örtchen die
Schnittstelle zwischen den Landkreisen
Karlsruhe und Calw. „Wir mögen eine
politische Grenze sein, aber es gibt viele
Verbindungen in die Rheinebene, die
sichtbarste ist die Straßenbahn nach
Ettlingen und Karlsruhe“, sagt Bürgermeister
Klaus Hoffmann im Gespräch
mit dem Wirtschaftsspiegel. „Daher
lohnt sich ein genauer Blick auf unsere
schöne Stadt!“
VIEL GESCHICHTE,
VIELE ZUKUNFTSPLÄNE
Auf das Jahr 1149 geht die Gründungsgeschichte
des Klosters in Bad Herrenalb
zurück und ist eine europäische
Geschichte, denn die Mönche, die
hier siedelten, kamen aus dem Elsass.
„Wir haben eine spannende Historie,
und wenn wir nach vorne blicken, dann
sehen wir, dass sich die Stadt weiterentwickeln
wird.“ Bad Herrenalb hat
viel vor, um weiter zu wachsen. Schon
optisch hat sich die Kurstadt verändert,
der Startschuss dazu fiel mit der kleinen
Landesgartenschau im Jahr 2017. „Wir
haben prognostiziert, dass wir in den
nächsten zehn Jahren weiterhin ein Bevölkerungswachstum
erleben werden –
langsam, aber sicher wächst die Stadt“,
so der Bürgermeister weiter. „Vor ein
paar Jahren haben wir ein Neubaugebiet
erschlossen, da gibt es noch ein
freies Grundstück, daher machen wir
den Weg frei für mehr Wohnraum.
Deswegen haben wir ein Grundstück
in der Kernstadt verkauft, das Lacher-
Carré. Hier werden 25 Wohneinheiten
errichtet.“
Insgesamt sollen auf drei ehemals städtischen
Flächen knapp 75 Wohnungen
entstehen. „Wir schauen zudem in den
Ortsteilen nach Baufläche, denn der
Druck aus den Großstädten ist da, die
Menschen suchen Wohnraum.“
Foto Tourismus und Stadtmarketing Bad Herrenalb
Damit sich vor allem Familien und Jüngere
niederlassen, richtet die Stadt einen
neuen Kindergarten ein. „Der alte
Kindergarten war in die Jahre gekommen,
deswegen gibt es einen Neubau.
Ich gehe davon aus, dass wir noch mehr
Plätze anbieten müssen, deswegen
sind wir schon jetzt auf der Suche nach
einem geeigneten Ort für eine weitere
Kindertagesstätte“, sagt Hoffmann.
Die Stadt am Rande des Schwarzwaldes
hat in den letzten Jahren einen großen
Schub nach vorne gemacht, sehr zur
Freude des Bürgermeisters.
AUFBRUCHSTIMMUNG
Bad Herrenalb befindet sich in einem
Aufbruch, viele Veränderungen sind
bereits erfolgt oder in Planung. „Wir
stecken mitten im Stadtentwicklungsprozess,
den wir im Sommer 2020
gestartet haben“, so Hoffmann. Dafür
wurde im März eine Bürgerbeteiligung
gestartet, zunächst schriftlich. „Corona
lässt einen Info-Abend oder Workshop
nicht zu, aber wir möchten nicht länger
warten, sondern Ergebnisse erzielen
und vorankommen.“
Die Themen auf der Agenda: Gesundheit,
Klosterkultur und Innovation sowie
Wohnraum. „Der Gemeinderat hat die
Entscheidung getroffen, in die Therme
zu investieren, die feiert in diesem Jahr
das 50-jährige Bestehen. Dann kümmern
wir uns um ein Nahwärmekonzept
in der Stadt, um Energie zu sparen und
um ein Entwicklungskonzept für das
Kloster. In all diesen Bereichen wollen
wir innovativ sein und uns entwickeln“,
erklärt Klaus Hoffmann im Gespräch
mit dem Wirtschaftsspiegel.
STÄRKEN
Mit dem Stadtentwicklungskonzept
möchte die Stadtverwaltung die Stärken
der Kleinstadt herausstellen. Bisher
mit großem Erfolg.
Zur TechnologieRegion und dem Landkreis
Karlsruhe hat die Kurstadt eine
feste Verbindung. „Die größte Verbindung
ist die offensichtlichste“, sagt
Hoffmann und ergänzt: „Die Straße
und die Bahn raus aus dem Albtal runter
in die Rheinebene. Außerdem sind
wir Partner der Initiative Breitbandkabel
Landkreis Karlsruhe. Es gibt also
direkte Verbindungen in die TRK.“
Der Wunsch des Bürgermeisters: Dass
diese Zusammenarbeit noch weiter
intensiviert wird. „Der Landkreis Karlsruhe
hört nicht hinter Marxzell auf,
sondern dahinter ist noch was – Bad
Herrenalb“, sagt er und lacht. „Wir sind
kein verschlafener Ort, sondern hier
tut sich mächtig was. Wir sind nicht
nur touristisch reizvoll, sondern auch
für Investoren“, so Klaus Hoffmann
abschließend.
ANYA BARROS
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32 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
33
DIE KRISE
ALS CHANCE
1
2
3
AUFBRUCH IN EINE NEUE,
NACHHALTIGE ARBEITSWELT
Das Corona-Virus hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt und inzwischen ist klar: ein „Weiterso“ wie vor
der Pandemie wird es nicht geben. In vielen Unternehmen hat ein Umdenken stattgefunden. Sie begreifen
die Krise als Chance und sind offen für Veränderung. Ein Blick auf die Arbeitswelt der Zukunft.
Fotos/Visualissierungen Vollack Gruppe
1 Vollack realisiert Bürogebäude in Holzhybrid-Bauweise
(Visualiserung generic.de).
2 Arbeitswelten haben viele Facetten: offene Flächen für
Kollaborationen (Visualierung Stadtwerke) und ...
3 Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes Arbeiten
oder Videokonferenzen (Vollack Passivhaus im Kreativpark).
Werden wir in der Welt von morgen nur noch zu Hause arbeiten?
Werden Büros verschwinden? Schon heute wissen wir:
Die Arbeitswelt ist zu komplex, als dass es die eine Antwort
auf alle Fragen geben könnte. Auch wenn das Homeoffice Teil
unseres Arbeitsalltags bleiben wird – das Büro stirbt nicht aus,
und zudem gibt es eine Fülle von Tätigkeiten, die gar nicht in
Büros erbracht werden. Doch eine Kernfrage hat sich vor dem
Hintergrund der Pandemie tatsächlich herauskristallisiert: Was
müssen Gebäude leisten, damit sich Menschen (wieder) gerne
dort aufhalten?
Für das neue Normal in der Arbeitswelt gilt: Ein Patentrezept
für den perfekten Arbeitsplatz gibt es nicht. Zukunftsweisende
Arbeitswelten sind so vielfältig wie die Aufgaben und
Prozesse innerhalb der Organisation und sollten die jeweilige
Unternehmenskultur widerspiegeln. Für Vollack als Experte für
methodische Gebäudekonzeption bestätigt sich in der Krise die
Haltung, dass Arbeitswelten in intensiver Zusammenarbeit mit
dem Bauherrn konzipiert werden müssen – individuell an seiner
Strategie, seinen Bedarfen und Prozessen ausgerichtet.
PLANEN UND BAUEN MIT METHODE
„Die Zukunftserwartung und -vision unserer Kunden ist für uns
auch weiterhin der Motor für die Planung und Konzeption ihrer
neuen oder veränderten Arbeitswelt. Mit künftigen Bauherren
sprechen wir darum erst einmal nicht übers Bauen, sondern
über ihre Zukunftsstrategie“, sagt Reinhard Blaurock,
Geschäftsführender Gesellschafter der Vollack Gruppe.
Maßgeschneiderte Gebäudelösungen entstehen bei Vollack
nach der eigenen Methode und als „Design + Build“. Die Kompetenz
der Generalplanung und der Bauausführung ergänzen
sich und wie so oft ist das Ganze mehr als die Summe seine
Teile. Projekte werden von Anfang an kundenindividuell, qualitativ
hochwertig, termin- und kostensicher geplant. In Corona-
Zeiten beweist sich die Methodenkompetenz umso mehr, weil
Arbeitswelten individuell und in hohem Maße wandlungsfähig
sein müssen. Vollack Kunden wissen unter Umständen heute
noch nicht, was ihre Kunden oder auch die Erfordernisse der
Umwelt morgen von ihnen erwarten. Damit Unternehmen
schnell auf geänderte Anforderungen reagieren können,
müssen Büros, Industrie- und Gesundheitsimmobilien flexibel
angepasst werden können.
GEBÄUDE ALS ERLEBNIS-, RÜCKZUGS-
UND SCHUTZRAUM
Die Digitalisierung schafft es, Menschen an verschiedenen
Orten miteinander zu verbinden – Kreativität und Stimulanz
entstehen aber ganz besonders dort, wo sich Menschen physisch
treffen. In einer Zeit, in der die Gebäude teilweise menschenleer
geworden sind, rücken die Menschen noch stärker in
den Mittelpunkt. Die Arbeitswelt wird sich daher künftig noch
mehr mit den Bedürfnissen ihrer Nutzer beschäftigen: Wer
konzentriert arbeiten oder an einer Videokonferenz teilnehmen
möchte, braucht Rückzugsmöglichkeiten. Gleichzeitig muss
es offene Flächen geben, die Platz für Kollaboration, spontane
Begegnungen, Kommunikation und kreativen Austausch bieten.
Manche Flächen werden also nicht kleiner, sondern großzügiger
werden. Und Arbeitswelten werden hochflexibel, also jederzeit
veränderbar, sein. So können sie beispielsweise im Fall einer
Pandemie schnell umgestaltet werden, um Produktivität zu
sichern. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat sich auch
das Bedürfnis nach Sicherheit am Arbeitsplatz verstärkt: Arbeitswelten
müssen für Gesundheit und Wohlbefinden sorgen.
NACHHALTIGKEIT IM FOKUS
Das Umdenken in vielen Unternehmen ist mit einem verstärkten
Umweltbewusstsein und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit
verbunden. Das gilt auch, wenn Firmen in ihre Gebäude
investieren. Insbesondere mittelständische Unternehmen
benötigen die bestmögliche Immobilie nicht nur zum Zeitpunkt
der Schlüsselübergabe, sondern über den gesamten Lebenszyklus
des Gebäudes hinweg. Sie sind nachfolgenden Generationen
verpflichtet und brauchen enkeltaugliche Investments. Mehrere
energieeffiziente Gebäude und zertifizierte Passivhäuser unterstreichen,
dass Vollack gemeinsam mit seinen Kunden nachhaltig
in die Zukunft denkt. Ein aktuelles Beispiel ist die neue
Arbeitswelt für den IT-Dienstleister generic.de im Karlsruher
Stadtteil Neureut. Hier entsteht ein Bürogebäude in fortschrittlicher
Holzhybrid-Bauweise. Es ist energetisch optimiert
und wird im Passivhaus-Standard errichtet. Neu bauen muss
jedoch nicht immer sein: Für viele Unternehmen, die ihre Arbeitswelt
verändern möchten, lohnt es sich, über die Revitalisierung
ihrer Immobilie nachzudenken. Im Auftrag der Stadtwerke
Karlsruhe plant Vollack derzeit die energetische Sanierung eines
1976 errichteten Bürohauses. Das viergeschossige Hauptgebäude
mit zweigeschossigem Anbau wird vollständig entkernt.
Die freigewordenen Flächen gestalten die Gebäudeexperten
als innovative, flexible Arbeitswelten um. Künftige Mieter sind
insbesondere Gründer und junge Unternehmen. Einen Teil der
Räume werden die Stadtwerke Karlsruhe selbst nutzen. Das
Technologieunternehmen Starface wird 2022 ebenfalls in einer
revitalisierten Bestandsimmobilie in Karlsruher Innenstadtlage
eine neue Arbeitswelt beziehen. Nachhaltiges Bauen heißt
allerdings nicht nur, ökologische Materialien einzusetzen und
eine möglichst positive Energiebilanz zu erzielen, sondern auch
ein gesundes, behagliches Umfeld zu schaffen, in dem Menschen
gern arbeiten.
Reinhard Blaurock: „Die Corona-Krise bedeutet Veränderungen,
bietet Chancen und sorgt in vielen Unternehmen für eine
positive Aufbruchstimmung. Wir bei Vollack verstehen das als
Ansporn, das neue Normal für unsere Kunden in Gebäudesprache
zu übersetzen. Die richtige Zeit für den Aufbruch in
eine neue, nachhaltige Arbeitswelt ist jetzt.“
Arbeitswelten live zeigt der Vollack-Film
„Perspektiven“ auf YouTube.
VOLLACK GRUPPE
www.vollack.de
34 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
35
AUFBRUCH
GANZ NACKT?
Aufklärungsunterricht, 5. Klasse, Gymnasium. Nach der
Stunde stolzieren mein Kumpel Wigbert und ich weltmännisch
durch die Pausenhalle: „Ganz nackt?! Nee, dann
mach ich das nicht!“
Foto stock.adobe.com – Lilanakani
Mittlerweile sind wir deutlich älter geworden und
jeder von uns hat Kinder, was beweist: Man kann
sich mit der Zeit auch an die vermeintlich abstrusesten
Dinge gewöhnen und womöglich sogar etwas Angenehmes
dabei empfinden.
Vor einem Jahr noch glaubten wir, die Welt würde untergehen,
wenn Geschäfte und Kultureinrichtungen für ein paar Wochen
geschlossen werden würden. Wir hofften auch glauben zu dürfen,
dass das Virus ein Einsehen hätte und sich ab Ostern 2020 wieder
ausschließlich den Fledermäusen widmen würde.
Ein bekannter deutscher Zukunftsforscher veröffentlichte seine
beinah romantische Version, wie im Herbst desselben Jahres der
Rückblick auf die Pandemie sein könnte. Leider hatte er sich
einmal mehr deutlich geirrt.
Und dann Weihnachten – bleiben wir beim Beispiel mit dem Aufklärungsunterricht
– das ganze Jahr über Safer Sex, weil es sicherer
ist, nur Weihnachten, da lassen wir die Lümmeltüte weg, ist doch
schöner! Das Christuskind wird’s schon richten!
Hat es aber nicht. Wieder verrechnet. Genau wie beim Ordern
von Masken, Schnelltest, Impfstoff und Hilfen für gefährdete
Unternehmer. Was anfangs wie ein guter Plan anmutete
endete im Fiasko und mit dem Gesichtsverlust der Marke
„Made in Germany“. Statt mal fünfe grade sein zu lassen und sich –
wie im wirklichen Leben – mit dem kleineren Übel zufrieden
zu geben, demokratisieren wir uns einen Wolf und fürchten die
Menschen, die seit März 2020 verkünden, wir würden in einem
totalitären Regime leben. Kultusministerien schaffen es nicht
binnen von 6 Monaten ein wirklich funktionierendes einheitliches
Bildungssystem auf die Beine zu stellen, dass wirklich alle Schüler
und alle Lehrer mitnimmt. Stattdessen nimmt der ein oder andere
Politiker was mit, weil die Gelegenheit bekanntlich Diebe macht.
Vor einem Jahr noch war ich begeistert, wie leichtgängig sich
unser Staat als riesiger Dampfer in den tosenden Gewässern bewegt.
Heute scheint es eher, als hätte man dem Smutje das Steuer
überlassen, der übt halt noch, und wir resümieren: Politiker sind
eben keine Projektmanager. Hätte man wissen müssen, wollte aber
wohl keiner hören.
Derweil tun sich neue Formen der Kommunikation auf, Start-ups
gründen sich mit innovativen Ideen und Corona im angenehmen
Nebeneffekt hat der Digitalisierung und der Klima-Sensibilität
in Deutschland einen gewaltigen Boost verschafft, der sonst wohl
noch zig Jahre hätte auf sich warten lassen. Also blicken wir positiver
und neugieriger in die Zukunft, als Wigbert und ich damals:
„Ganz nackt? Wer weiß, wofür das gut ist!“
ANDREAS LÜTKE www.wvs.de
36 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
37
AUFBRUCH
WELTWEIT
VERNETZT
STÄDTEPARTNERSCHAFTEN IN DER TRK
Entre Rios, Sha’ar Hanegev, Cyeru, Nottingham. Wenn wir schon nicht reisen
können, blicken wir wenigstens in die Ferne. Die TechnologieRegion Karlsruhe ist
durch Städtepartnerschaften in der ganzen Welt vernetzt.
Foto pexels.com/Anna Shvets
Eines hat die Pandemie mehr als
deutlich gezeigt: Ländergrenzen allein
halten ein Virus nicht auf. Ein Grund
mehr, grenzübergreifend zusammenzuhalten.
Die TechnologieRegion
Karlsruhe (TRK) pflegt Kontakte in
der ganzen Welt. Partnerschaften gibt
es nicht nur mit den direkt angrenzenden
Nachbarn wie dem Elsass, das seit
2020 Mitglied der TRK ist, sondern
unter anderem auch mit Städten und
Gemeinden in England, Brasilien,
Israel und Ruanda.
BREXIT? GAR KEIN THEMA
2019 feierten Karlsruhe und Nottingham
„Goldene Hochzeit“: Seit 50
Jahren sind die beiden Städte schon
Partner. Bei dem Jubiläums-Treffen
waren Stadtplanung und Klimawandel
wichtige Themen. Nottingham arbeitet
daran, bis 2028 klimaneutral zu werden
und experimentiert mit Energie-,
Mobilitäts- und digitalen Lösungen,
um dieses Ziel zu erreichen. Zudem
steht die Überlegung im Raum, ein
gemeinsames Medizinstudienangebot
Karlsruhe-Nottingham zu schaffen.
Einigkeit herrscht außerdem beim
Thema Brexit: Dieser spielt für die
Partnerschaft der beiden Städte keine
Rolle. Die Freundschaft der beiden
Städte werde er jedenfalls nicht beeinträchtigen.
„Wir werden an dieser
Freundschaft festhalten, ja, sie gar
vertiefen, ganz gleich, wer hier wen
verlässt“, sagte Oberbürgermeister
Dr. Frank Mentrup anlässlich des 50-
jährigen Jubiläums.
Auch Corona wird daran nichts ändern,
im Gegenteil. Im Dezember 2020
haben das Jugendorchester Stadt
Karlsruhe e.V. zusammen mit dem
Robin Hood Youth Orchestra an dem
digitalen Weihnachtskonzert „Christmas
in the City“ teilgenommen.
Die Jugendlichen sind schon seit
vielen Jahren durch die Musik miteinander
verbunden.
ENTRE RIOS:
FACHWERK UNTER
BRASILIANISCHER SONNE
Im Süden Brasiliens, im Bundesstaat
Paraná, liegt der Distrikt Entre Rios.
Er umfasst fünf Dörfer mit knapp
9.000 Einwohnern. Rund ein Drittel
der Bevölkerung ist donauschwäbischer
Abstammung. Im Zuge der
Nachkriegswirren verließen etwa
500 Familien das Gebiet im heutigen
Ungarn, Rumänien und Jugoslawien,
um in Brasilien eine neue Heimat zu
finden. So kommt es, dass Fachwerkhäuser
die Architektur der Gegend
prägen. Es gibt einen deutschsprachigen
Radiosender, der die Gemeinde
mit überwiegend volkstümlicher
Musik, Lokalnachrichten und Wissenswertem
zu Tradition und Brauchtum
versorgt.
Seit 1988 besteht eine Partnerschaft
zu Rastatt. Der Kontakt kommt über
die Donauschwaben zustande, die sich
in Rastatt niedergelassen hatten.
Bei den Feierlichkeiten anlässlich
des 30-jährigen Bestehens der
Freundschaft 2018 zeigte die donauschwäbische
Trachtentanzgruppe der
deutschen Delegation um Oberbürgermeister
Hans Jürgen Pütsch
wie donauschwäbisch-brasilianisch
gefeiert wird.
Coronaschutzmaßnahmen traf der
Gesamtbezirk Guarapuava wesentlich
früher als der Rest Brasiliens. Es
herrscht Mundschutzpflicht und die
Schulen sind seit März 2020 geschlossen.
In Entre Rios findet jedoch
Online-Unterricht statt.
ZWISCHEN KRISENBE-
WÄLTIGUNG UND KULTUR-
AUSTAUSCH
Seit fast 30 Jahren verbindet den
Landkreis Karlsruhe eine Partnerschaft
mit Sha‘ar Hanegev in Israel. Die Region
nordöstlich des Gazastreifens ist
wirtschaftlich und infrastrukturell gut
vernetzt. Die Verwaltungen beider Regionen
stehen in regem Austausch und
profitieren in gemeinsamen Projekten
voneinander.
2012 wurde das Projekt „Umgang mit
Krisen im internationalen Vergleich“
zum Thema Bevölkerungsschutz
mit der „Medaille für Internationale
Zusammenarbeit“ des Deutschen
Feuerwehrordens ausgezeichnet. Das
israelische Gebiet war in der Vergangenheit
mehrfach das Ziel von
Raketenangriffen geworden. Bevölkerungsschutz
spielt dort daher eine
zentrale Rolle. Das Projekt zeigte die
unterschiedlichen Erfahrungen und
Herangehensweisen in Krisensituationen
auf, wovon beide Seiten profitierten.
Der aktuelle Themenschwerpunkt
liegt auf Schule und Bildung.
Der „Deutsch-Israelische Freundeskreis
im Stadt- und Landkreis
Karlsruhe“ bietet mit regelmäßigen
Vorträgen, Seminaren und Gesprächsstunden
Einblick in die israelische Politik,
Geschichte und Kultur. Außerdem
findet seit 1996 jährlich ein deutschisraelischer
Jugendaustausch statt, der
in den drei Schulen des Beruflichen
Bildungszentrums Ettlingen fest verankert
ist.
TATEN STATT WORTE: SOZIALES
ENGAGEMENT IN RUANDA
Die Partnerschaft zwischen dem
Landkreis Südliche Weinstraße und
der Gemeinde Cyeru in Ruanda >>
38
39
Carina Harders
Elektronikerin
HA Car
Ele
Foto LRA KA Foto Heimatmuseum Entre Rios
1
3
Foto Fränkle
>> besteht schon seit 1985.
Inzwischen wurde aus Cyeru der
Distrikt Burera, der sich in 17 Sektoren
aufteilt. Fünf dieser Sektoren
sind offizielle Partner des Landkreises.
Das Engagement reicht jedoch über
die Sektorgrenzen hinaus. Es werden
Schulen und Krankenstationen gebaut,
Witwen, Waisen und sozial Schwache
unterstützt.
Zum 35-jährigen Jubiläum der Partnerschaft
2020 begann der Bau von
zehn Häusern, um Batwa-Familien ein
neues Zuhause zu geben. Geplant war
außerdem, die Partnerschaft anlässlich
des Jubiläums ins Zentrum des Kreisempfanges
der Südlichen Weinstraße
zu stellen. Dies musste aufgrund der
Pandemie ausfallen. „Wir wollten
damit auf die Partnerschaft aufmerksam
machen, um weitere Mitstreiter
für die Vereinsarbeit zu gewinnen“,
erklärt Landrat Dietmar Seefeldt.
Der Freundschafts- und Förderkreis
Cyeru/Ruanda e.V. engagiert sich seit
Beginn der Partnerschaft intensiv in
2
1 Siedlerchor der Donuaschwäbischen-Brasilianischen
Kulturstiftung in Rastatt.
2 Baumpflanzaktion der badischen Delegation in
Sha‘ar Hanegev, Israel.
3 Geschenk aus GB: Einen grünen Robin Hood in Vogelform aus
Nottingham zum 50. Jubiläum der Städtepartnerschaft.
dem Gebiet. Dabei sind auch echte
Freundschaften entstanden. Bei
Besuchen in Ruanda wird gemeinsam
gelacht, gefeiert und getanzt. Zum
Beispiel weil die letzte Sandflohplage
überstanden ist oder einfach nur so.
KONKURRENTEN NUR BEIM
SPORT: CONDEIXA-A-NOVA
UND BRETTEN
Seit 1985 besteht die Partnerschaft
zwischen der portugiesischen Kleinstadt
Condeixa und Bretten. Einmal
im Jahr wird eine Konferenz der Partnerstädte
veranstaltet, verbunden mit
einem internationalen Jugendtreffen,
bei dem je zehn Jugendliche ihre Stadt
vertreten.
Ein anderer Anknüpfungspunkt, bei
dem es auch mal laut werden darf, ist
der Sport. Die beiden Fußballvereine
SV Kickers Büchig und der JDR-
Arziale Coimbra Condeixa-a-Nova
pflegen eine enge Beziehung, die,
wenn man sich trifft, auch in spontanen
Freundschaftsspielen gipfeln kann
– inklusive portugiesischer Tanzeinlage
während der Halbzeitpause.
Aufgrund der aktuellen Situation
musste das alles 2020 ausfallen.
Vertreter der einzelnen Städte kamen
jedoch online im kleinen Kreis zusammen
und tauschten sich aus.
Portugal wurde von der Pandemie
besonders schwer getroffen. Impfungen
sind angelaufen, die Gemeinde
verteilt Masken und unterstützt
bedürftige Familien mit Essen.
„Die Coronapandemie hat uns vor
Augen geführt, wie sehr wir alle über
Ländergrenzen hinaus miteinander
verbunden sind. Gerade in solch
schwierigen Zeiten, ist es wichtig füreinander
da zu sein. Deshalb bleiben
wir weiter in engem Kontakt mit unseren
Partnerstädten und stehen ihnen
über die Distanz hinweg unterstützend
bei“, so Brettens Oberbürgermeister
Martin Wolff.
„EIGENTLICH
WOLLTE ICH SCHAU-
SPIELERIN WERDEN!“
„ZU STARRE
VORSTELLUNGEN
VERSPERREN DEN
BLICK AUF CHANCEN“
NATALIE LUMPP
Weinexpertin, Autorin und Sommelière
HANS BRETZ
Unternehmer
Foto Klaus H. Damasko
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Als Weinexpertin habe ich eigentlich fast ausschließlich mit
Genussmenschen zu tun – und ich sage Ihnen, die sind immer
sympathisch! Zudem darf ich zu normalen Zeiten weltweit viel
reisen – so war ich schon in jeder Weinregion der Welt – bis auf
Rumänien und Israel… und last but not least - ich darf immer
wieder wunderbare Weine und exzellentes Essen genießen!
Aufbruch in eine neue Zeit - was hat sich oder was wird sich
durch die Corona-Krise für Sie verändern?
Wie bei so vielen anderen war die größte Umstellung, jetzt
komplett von zu Hause aus zu arbeiten. Statt Events zu moderieren,
mache ich jetzt zwischen drei und fünf virtuelle Weinproben
pro Woche – von zu Hause aus. Ich gestehe, ich finde es nicht
unangenehm – es hat auch viele Vorteile. Zudem wurde mir im
ersten Lockdown ein wirklich tolles, neues Projekt angeboten, das
ist wirklich sehr spannend!
Woher schöpfen Sie Kraft, was sind Ihre Energiequellen, wenn
Sie den Weg aus der Krise gehen müssen?
Seien wir ehrlich – nur steil bergauf kann es im Leben nicht immer
gehen. Durch Rückschläge weiß man das Positive wieder umso
mehr zu schätzen, und man wird auch wieder geerdet. So muss
man auch Rückschläge zu schätzen wissen. Seit vielen Jahren
helfen mir die „drei G’s – ganz – gerne – gleich“ – mit dieser
Strategie fahre ich seit vielen Jahren hervorragend!
Von welchem Beruf haben Sie als Kind immer geträumt?
Da mein Papa Opernsänger am Freiburger Stadttheater war, bin
ich dort auch groß geworden. Am Stadttheater hatte ich zwölf
Jahre klassisches Ballett getanzt, Stepptanz und Klavier spielen
gelernt. Ursprünglich wollte ich Schauspielerin werden. Schon sehr
früh habe ich die Faszination des Weins für mich entdeckt. Bei
meinen Eltern durfte ich immer mal wieder am Weinglas nippen,
und hatte schnell festgestellt, dass jeder Wein anders schmeckt.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder
würden Sie mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Meine größte Bewunderung gilt immer den Menschen, die etwas
bewirkt haben – etwas für andere Menschen geschaffen haben
oder etwas Nachhaltiges bewirkt haben. Ich bin großer Fan von
Hans Bretz! Wenn ich etwas von ihm erlernen kann, dann etwas
zu schaffen, wovon viele Menschen profitieren können – und dass
alles auch noch in der Verbindung mit Genuss.
Haben Sie auch das Gefühl, dass wir immer häufiger mit
Krisen (Coronakrise, Wirtschaftskrise) konfrontiert werden?
Wenn man keinen Kompass hat, machen solche Einflüsse nervös
und schränken ein.
Was sind Ihre Energiequellen, wenn Sie den Weg aus der
Krise gehen müssen?
Wenn man sich zutraut, dass man alles schafft, regeneriert man
seine Kräfte.
Aufbruch in eine neue Zeit - was hat sich durch die
Corona-Krise für Sie verändert?
Diese Krise ist schon lästig und es haben sich einige „großartige
Akteure“ kräftig profiliert und/oder blamiert.
Die Ruhe vor dem Sturm: Wie bereiten Sie sich, Ihre
Mitarbeiter und Kollegen auf Neues vor?
Da gibt es keine großartige Vorbereitung, das ist Tagesgeschäft,
für Neues sollte man schon von Haus aus fit sein.
Neues Jahr, neues Glück. Wie haben Sie sich beruflich
auf 2021 eingestimmt?
Es ist ein ständiger Prozess. Ich suche immer nach neuen
Möglichkeiten für „Ereignissprünge“.
Mussten Sie in Ihrem Leben schon einmal einen beruflichen
Neuanfang wagen?
Wenn man jeden neuen Tag als Anfang sieht, schreckt einen
Neues nicht.
Wenn Sie die Chance hätten, Ihr Leben noch einmal von
vorne zu beginnen, was würden Sie anders machen?
Ich möchte noch einmal von vorne anfangen, dann würde ich
meine Lebenszeit noch mehr ausschöpfen.
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Das tägliche Beschäftigen damit.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder
würden Sie mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Ein Perspektivwechsel würde mich noch reizen.
Foto Sandra Beuck
42 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
43
DIGITALISIERUNG
BÜHL GRÜNDET DIGITALES INNOVATIONSZENTRUM
NIEMAND
KOMMT AN DER
DIGITALISIERUNG
VORBEI
Wer braucht schon das weitentfernte Silicon Valley, um die Digitalisierung in der TechnologieRegion
Karlsruhe voranzubringen? Knapp 50 Kilometer südlich von Karlsruhe, in der Zwetschgenstadt Bühl, entsteht
das Digitale Innovationszentrum. Dort sollen Bürgern und mittelständischen Unternehmen Digitalisierungsinhalte
vermittelt werden und ein digitales Ökosystem entstehen.
Foto pexels.com/Markus Spiske
Gerade die Coronapandemie hat gezeigt,
wie wichtig das Thema Digitalisierung
für die Menschen ist: Wir arbeiten
im Homeoffice, greifen auf Daten im
Büro zu. Oder das wöchentliche
Videotelefonat mit der Familie sowie
der Shoppingtrip in der Lieblingsboutique,
die jetzt einen Online-Shop hat.
Digitalisierung ist aus unserem (Arbeits-)Leben
nicht mehr wegzudenken.
Ein Grund mehr, sich noch genauer mit
der Technik zu beschäftigen. Da greift
das Digitale Innovationszentrum in Bühl
ein, das im Sommer 2020 gegründet
wurde. „Wir müssen noch ein Jahr weiter
zurück gehen“, sagt Corina Bergmaier
von der Wirtschaftsförderung
der Stadt Bühl. „2019 haben wir das
‚Netzwerk Industrie 4.0‘ gegründet, das
von der TRK unterstützt wurde. Schon
früh kam der Wunsch der Teilnehmer
auf, die Themenfelder der Digitalisierung
gemeinsam anzugehen, mit den
neuen Technologien zu experimentieren
und das am besten vor Ort. Die
Notwendigkeit eines solchen Zentrums
war also schon vor Corona bekannt“,
so Bergmaier über die Entstehungsgeschichte
des Innovationszentrums.
Die Stadt Bühl war zudem auch in
der Regionalen Entwicklungsstrategie
„TechnologieRegion Karlsruhe 2030“
involviert. Dabei wurde der Ausbau
eines „Innovation Hubs“ im Süden der
TRK zur Erschließung neuer Innovationsfelder
definiert. Jetzt treiben Stadt
und TRK die Idee des Zentrums mit
voller Kraft voran.
SPIELERISCH DIGITALISIERUNG
VERSTEHEN UND ANWENDEN
Das Ziel: Durch das Digitale Innovationszentrum
können sich Bürger
und Unternehmen spielerisch mit den
Herausforderungen der Digitalisierung
auseinandersetzen. „Wir haben in den
letzten Monaten alle erkannt, dass
niemand an der Digitalisierung vorbeikommt!“,
sagt Corina Bergmaier
von der Wirtschaftsförderung der
Stadt Bühl. „Videokonferenzen am
Arbeitsplatz und Homeoffice allgemein
waren vor einem Jahr noch – nicht
nur im öffentlichen Dienst – in weiter
Ferne. Die Reise in die Zukunft hat also
begonnen, das Digitalisierungszentrum
bietet uns eine Spielwiese, um Neues
auszuprobieren.“
„SIND NICHT IN DER 1. LIGA“
Ein weiterer Grund, beim Thema Digitalisierung
aufs Gaspedal zu treten, da
ist sich Corina Bergmaier sicher: „Die
Pandemie-Zeit hat uns die Vorteile
aufgezeigt und vieles beschleunigt. Sie
hat aber auch aufgedeckt, dass wir in
Deutschland nicht in der 1. Liga sind –
im Gegenteil. Durch die Krise ist das
Interesse für ein Digitalisierungszentrum
also noch größer geworden!“
Gemeinsam mit dem Karlsruher
Institut für Technologie (KIT) und der
TRK will die Stadt Bühl ein „Digital
Ecosystem“ aufbauen, das die lokale
Wirtschaft, Wissenschaft und die
Kommune(n) lückenlos vernetzt. Das
geplante Leuchtturmprojekt trägt den
Titel „Regionales Mittlerer-OberRhein
Digital Ecosystem (RegioMORE)“.
In diesem digitalen Innovationszentrum
soll die nötige Infrastruktur geschaffen
werden, um zu experimentieren, neue
Technologien und Geschäftsmodelle
zu entwickeln und auszuprobieren, gemeinsam
zu denken, sich auszutauschen
und letztlich auch Geld zu verdienen,
indem das Wissen zeitnah in der
Foto Markus Mäder
regionalen Wirtschaft umgesetzt
wird. In diesem offenen Raum der
Begegnung von Wissenschaft und
Unternehmertum, unterstützt von der
öffentlichen Hand, sollen auf diese
Weise Mehrwerte für alle Beteiligten
entstehen, letztlich auch für die Bürger.
Das Digitale Innovationszentrum im
Süden der TRK soll nicht nur lokale
Unternehmen vernetzen, sondern die
gesamte Region. „Ein Hauptgedanke
ist, die Stärken und die Vielfalt der
TRK zu bündeln. Ein Zentrum nur für
Bühl wäre nicht zielführend. Selbstverständlich
sollen auch die Digitalisierungszentren
und Netzwerke der
TRK miteinander vernetzt werden“,
so Bergmaier weiter.
ALLE SOLLEN PROFITIEREN
Das Angebot des Digitalen Innovationszentrums
in Bühl richtet sich an
alle, ob junges Start-up oder familiengeführtes
Unternehmen. „Gerade die
KMUs werden von der Digitalisierung
überrollt“, erklärt Corina Bergmaier
von der Wirtschaftsförderung, „sie
können nicht von heute auf morgen in
neue Technologien investieren, ohne
vom Mehrwert überzeugt zu sein.“
Daher sei ausprobieren, austauschen
und Kontakte zu Hochschulen zu
nutzen und gemeinsam zu lernen sehr
wichtig, dafür möchte das Zentrum ein
breites Angebot bieten. „Aber auch der
Einzelhandel und Privatpersonen sollen
davon profitieren!“
Abseits dieser Plattform für den Austausch
hat die Stadt Bühl ein eigenes
Tool für Videokonferenzen aufgebaut:
„Palim! Palim“ verbindet Familien,
Vereine und Freunde miteinander. Das
ist ein kostenfreies Angebot der Stadtverwaltung
Bühl, um auch in Zeiten der
Coronapandemie digitale Nähe trotz
physischer Distanz zu schaffen.
ANYA BARROS
www.wvs.de
Corina Bergmaier vertritt die
Wirtschaftsförderung der Stadt Bühl.
44 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
45
DIE WELT NACH
CORONA
„Es ist wichtig, dass wir uns jetzt schon für den Aufbruch nach der
Coronapandemie vorbereiten. Ziel ist es, Gründer & Gründerinnen
gemeinsam mit den wirtschaftsfördernden Einheiten noch intensiver
bei ihren innovativen Geschäftsideen zu begleiten und zu unterstützen.
Als gründungsfreundliche Kommune hat Baden-Baden schon ideale
Voraussetzungen, die wir derzeit sukzessive erweitern“, sagt OB
Margret Mergen.
Die Coronapandemie und die Maßnahmen
zu ihrer Bekämpfung beschäftigen
uns nun bereits seit über
einem Jahr. Bei den bisweilen nicht
absehbaren Folgen für die Wirtschaft
und Gesellschaft, birgt eine wirtschaftliche
Krise neben ihren dämpfenden
Auswirkungen häufig auch
einen antreibenden Effekt. Der Weg
in die Post-Corona-Ökonomie lässt
sich mit dem Modell der Lazy Eight
beschreiben. Darin stehen für Unternehmen
Improvisation, Rollenfindung
und das Loslassen alter Routinen auf
der Tagesordnung. Am kritischen
Punkt einer möglichen Strukturänderung
gibt es zwei Entscheidungsmöglichkeiten:
entweder das Festhalten
am Status quo, das Zurück ins „alte
Spiel“ – oder der Sprung in die Innovation,
hin zu einem Neustart.
Neustart ist auch das aktuelle Motto,
mit dem die wirtschaftsfördernden
Einheiten (Wirtschaftsförderung,
Gewerbeentwicklung Baden-Baden
GmbH, Gesellschaft für Stadterneuerung
und Stadtentwicklung
Baden-Baden mbH und das ELAN
Gründerzentrum) in Baden-Baden
die Gründer und Unternehmern vor
Ort begleiten und unterstützen. Es
kann davon ausgegangen werden,
dass die weltweite Pandemie auch
in der internationalen Kultur- und
Bäderstadt wirtschaftliche Spuren
hinterlassen wird. Dabei geht es nicht
nur um drohende Insolvenzen. Das
unter den Bedingungen der Pandemie
veränderte Einkaufsverhalten,
innovative Kommunikationsformen
und die zunehmende Akzeptanz von
Homeoffice-Angeboten werden auch
das Wirtschaftsleben in Baden-Baden
nachhaltig verändern. Andererseits ist
zu beobachten, dass sich gerade unter
den Bedingungen der Krise und des
NEUE ERFAHRUNGS-
HORIZONTE ODER
BUSINESS AS USUAL?
damit einhergehenden Veränderungsund
Anpassungsdruckes Chancen
für neue Geschäftsmodelle und somit
Potenziale für Gründer ergeben.
Deshalb wird die Stadt gerade auf
diese Zielgruppe auch künftig ihr
Augenmerk richten.
Bereits in den letzten Jahren belegte
Baden-Baden immer wieder einen der
Spitzenplätze in Baden-Württemberg
bei der Gründungsintensität pro
100.000 Einwohner. Dabei wurden
in Baden-Baden zuletzt die meisten
Neugründungen in der Gastronomie
verzeichnet, gefolgt von Finanzund
Versicherungsdienstleistern,
Unternehmen mit freiberuflichen,
technischen und wissenschaftlichen
Dienstleistungen sowie im Handel.
Außerdem hat sich Baden-Baden
2020 erneut beim Landeswettbewerb
Start-up BW Local beteiligt
und wurde zum zweiten Mal in Folge
als gründungsfreundliche Kommune
ausgezeichnet. Das Wettbewerbsformat
Start-up BW Local wurde als
nationaler Gewinner des Europäischen
Unternehmensförderpreises (EEPA)
ausgezeichnet und von einer renommierten
internationalen Jury zu den
drei besten Initiativen Europas gekürt.
Die Stadt Baden-Baden unterstützt
mit ihren Angeboten Gründer und
Unternehmer entlang der Entwicklung
eines Unternehmens und setzt
dabei ganz vorne an. Dazu wurde im
Rahmen des Landeswettbewerbs ein
Co-Working-Space im ELAN Gründerzentrum
eingerichtet, der sich an
Gründer in der Vorgründungsphase
richtet und sechs flexible Arbeitsplätze
anbietet. Flexibel im Sinne von
Mietdauer und Kündigungsfrist, denn
die Mindestmietdauer beträgt nur
einen Monat, die Kündigungsfrist 14
Tage zum Monatsende. Das Angebot
geht aber darüber hinaus und umfasst
eine kostenlose branchenoffene
Gründungsberatung im Rahmen
des EXI-Gründungsgutschein, den
Austausch mit anderen Gründern und
Start-ups im ELAN Gründerzentrum
sowie die Anbindung an das größte
regional agierende Unternehmernetzwerk
Europas, dem CyberForum e.V.,
das als Kooperationspartner der Stadt
Baden-Baden sowohl Gründern als
auch Unternehmern aus der IT- und
Hightech-Branche, der Finanztechnologie
und der Kreativwirtschaft
unterstützt. Das Angebot soll aber
auch bewusst Gründer bzw. Restarter
ansprechen, die aufgrund mangelnder
oder unattraktiver Erwerbsalternativen
gerade in Krisenzeiten den
Schritt in die Selbständigkeit wagen.
Sie möchte die Stadt Baden-Baden
bestmöglich dabei unterstützen,
erfolgreich, nachhaltig und mittelbis
langfristig existenzsichernd
zu gründen.
Wenn die ersten Schritte hin zur
Unternehmensgründung getan sind
bzw. die Gründung vollzogen ist,
besteht für die frischegebackenen
Gründer im Gründerzentrum ELAN
die Möglichkeit, die erste eigene
Büroeinheit mit einer längerfristigen
Perspektive anzumieten, weiterhin im
Netzwerk aktiv zu bleiben und Unterstützungsangebote
wie die Auszubildenden-
und Fachkräftevermittlung,
die Vermittlung unternehmerischen
Wissens oder im Bereich Innovation
und Digitalisierung vor Ort zu nutzen.
Wenn aus dem Start-up ein Wachstumsunternehmen
geworden ist,
dann wächst es folglich auch aus
dem Gründerzentrum heraus. Allein
gelassen werden die Jungunternehmer
dann dennoch nicht. Nahtlos
übernehmen die Mitarbeitenden der
städtischen Wirtschaftsförderung und
Gewerbeentwicklung Baden-Baden
GmbH und helfen dabei, Kontakte
zu knüpfen und passende Gewerbegrundstücke
oder Gebäude für das
junge Unternehmen zu finden.
Es wird interessant und spannend
bleiben, wie sich im Kontext der
Corona-Krise die Gründerszene in
Baden-Baden entwickeln wird. Dabei
gibt es berechtigte Hoffnungen, dass
die Krise innovative und zukunftsweisende
Geschäftsmodelle in ihrer
Entwicklung beschleunigen wird. Hier
sieht auch die Stadt Baden-Baden
ihre Chance.
„Dank dem ELAN Gründerzentrum
konnten wir als Gründer unser Unternehmen
avocado software engineering
aufbauen und kontinuierlich
weiterentwickeln. Dabei konnten wir
auch Angebote zur Gründungsunterstützung
des CyberForum e.V. für uns
nutzen. Jetzt wagen wir den nächsten
Schritt raus aus dem Gründerzentrum
hinein in unsere neuen Geschäftsräume,
wobei wir der Baden-Badener
Cité treu bleiben“, berichten Daniel
Höllig und Simon Echle.
Das ELAN Gründerzentrum in der
Kurstadt Baden-Baden unterstützt
Gründer beim Schritt in die berufliche
Selbständigkeit. Als zentraler Baustein
der Wirtschaftsförderung Baden-
Badens werden jungen Start-ups ein
Co-Working-Space, Büroflächen,
Beratungen in Kooperation mit dem
CyberForum e.V. und Zugang zum
Netzwerk angeboten.
DR. CHRISTIANE KLOBASA, FABIO CUSIN
www.elan-baden-baden.de
Foto Wikimedia Commons/ A. Savin
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Co-Working-Platz sichern!
coworking@elan-baden-baden.de
www.elan-baden-baden.de
Ansprechpartnerin
Dr. Christiane Klobasa
07221 403857-4
46 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
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DIGITALISIERUNG
KI MADE
IN KA
DAS STARKE KI-ÖKOSYSTEM
DER FÄCHERSTADT WIRKT:
LOKAL, REGIONAL UND
INTERNATIONAL
Karlsruhe ist einer der wichtigsten Digitalstandorte Europas für die
Entwicklung und Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI). Bestehende
Kompetenzen finden in diesem Zukunftsthema auf ideale Weise zusammen.
Als wichtiger Treiber für Innovation fördert KI Unternehmenswachstum
und lässt neue Arbeitsplätze entstehen.
Foto unsplash.com/Possessed Photography
KI-KOMPETENZEN BESTÄTIGT
Bereits 2017 wurde Karlsruhe im
Rahmen der Digital-Hub-Initiative des
Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie als Digital Hub für Angewandte
KI (de:hub AI) ausgezeichnet.
Koordiniert vom DIZ | Digitales
Innovationszentrum entstand daraus
ein Zusammenschluss von Akteuren,
zu denen Netzwerke wie das Cyber-
Forum ebenso wie Unternehmen und
wissenschaftliche Einrichtungen sowie
die Initiative karlsruhe.digital zählen.
Ziel des de:hub Karlsruhe ist es, die
Infrastruktur rund um KI weiter auszubauen,
die Akteure aus Forschung
und Wirtschaft zusammenzubringen
und vor allem die KI-Methoden und
-Technologien in die Anwendung bei
den Unternehmen zu bringen.
WISSENSCHAFT SETZT
KI-SCHWERPUNKTE
Auch die Forschung und Lehre rund
um KI ist exzellent. So realisieren das
Fraunhofer IOSB und das Fraunhofer
ICT gemeinsam mit dem Karlsruher
Institut für Technologie (KIT) die
Forschungsfabrik für KI-integrierte
Produktion sowie Technologietransfer
auf dem Campus Ost. Das KIT, das
Forschungszentrum Informatik FZI
sowie die Fraunhofer Institute kooperieren
zudem beim neuen KI-Kompetenzzentrum
CC-KING. Dieses soll
KI-Spitzenforschung und Ingenieurdisziplinen
verbinden und den Einsatz
von KI in der Praxis erleichtern.
Darüber hinaus möchte das KIT mit
seinem Reallabor „Robotische KI“
den Austausch zwischen Forschung
und Gesellschaft fördern. Auch der
Campus „Hochschule Karlsruhe
2030+“ mit dem Zentrum für Robotik
und intelligente Systeme weitet seine
KI-Forschungs- und Transferaktivitäten
aus. Weitere Hochschulen und
Einrichtungen treiben das Thema
KI voran, wie die Hochschule für
Gestaltung mit ihrer interdisziplinären
Forschungsgruppe „KI und
Medienphilosophie“ oder das ZKM,
das gemeinsam mit dem Deutschen
Museum in München und dem
Fraunhofer IOSB das KI-unterstützte
Ausstellungskonzept „Das intelligente
Museum“ entwickelt.
WICHTIGE ETAPPEN
AUF DEM WEG ZUM
INNOVATIONSPARK KI
Karlsruhe, die Stadt der kurzen
Wege, konnte auch beim aktuellen
Wettbewerb für einen Innovationspark
KI Baden-Württemberg die
vielfach erprobte Kultur der institutionsübergreifenden
Zusammenarbeit
nutzen, die sich durch die Initiative
karlsruhe.digital etablierte. Zehn Hochschulen,
25 Forschungseinrichtungen,
rund 100 KI-Unternehmen und starke
Netzwerke bilden eine hervorragende
Ausgangsbasis für die Teilnahme am
Landeswettbewerb. Mit den Regionen
Stuttgart und Neckar-Alb bündelte
Karlsruhe seine KI-Kompetenzen mit
dem Ziel, ein europaweit und international
wettbewerbsfähiges und sichtbares
Zentrum und KI-Ökosystem für
Baden-Württemberg zu schaffen.
So kann ein KI-Experimentier- und
Datenraum durch miteinander vernetzte
Standorte entstehen. Dabei
wird auch der europäische Ansatz vorangetrieben,
der ethische Grundsätze
wie die digitale Souveränität miteinbezieht,
und eine höhere Akzeptanz
von KI in der Gesellschaft erzielt.
Im zweiten Quartal 2021 wird das
Land entscheiden, wer das beste Konzept
eingebracht hat und die mindestens
47,5 Millionen Euro Fördermittel
des Landes Baden-Württemberg
erhält. Am Standort Karlsruhe
bietet – trotz knapper Flächen – der
TechnologiePark Karlsruhe (TPK)
Entwicklungsmöglichkeiten für den
Innovationspark KI. Insgesamt sollen
hier 5,85 Hektar Fläche an städtischen
Grundstücken bereitgestellt
werden, auf denen sich langfristig
auf bis zu 160.000 Quadratmetern
Bruttogeschossfläche Firmen aus dem
Bereich KI ansiedeln können. Bereits
heute sind rund 65 technologie-
orientierte Unternehmen – viele mit
hoher KI-Affinität – mit rund 4.000
Beschäftigten im TPK beheimatet. Das
von der Wirtschaftsförderung für den
Raum Karlsruhe koordinierte Projekt
findet breite Unterstützung. Rund 130
Unternehmen und Institutionen haben
den Letter of Intent mitgezeichnet
und eigene Ideen eingebracht. Rund
70 Prozent davon stammen aus der
Wirtschaft, darunter Global Player,
aber auch viele mittelständische
Unternehmen. Ein starkes Signal, das
sowohl die Expertise Karlsruhes und
der Region als auch die Relevanz von
KI für die Wirtschaft verdeutlicht. Mit
der Teilnahme am Landeswettbewerb
setzt Karlsruhe ein wichtiges Signal für
die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts,
der auch für internationale
Sichtbarkeit sorgt.
Es wird deutlich, KI wirkt in den
unterschiedlichsten Bereichen. Der
Innovationsstandort Karlsruhe mit seiner
Offenheit für neue Themen zeigt, dass
er den entscheidenden Schritt voraus ist.
Das macht ihn auch im Bereich der KI
zu einem Ort der Möglichkeiten für Unternehmen,
Forschungseinrichtungen,
Fachkräfte und die Stadtgesellschaft.
GABRIELE LUCZAK-SCHWARZ
Erste Bürgermeisterin der Stadt Karlsruhe
und verantwortlich für Wirtschaft,
Wissenschaft und Finanzen
Weitere Informationen:
digitalhub-ai.de/
Foto raumkontakt
48 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
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DIGITALISIERUNG
ZAHNTECHNIK IM WANDEL:
DIGITALES ARBEITEN IM HANDWERK
Früher war Zahnersatz aus Elfenbein oder Horn, heute sind es Kunststoff,
Titan oder Keramik. Die Materialien, die für Prothesen und
Brücken eingesetzt werden, sind moderner und langlebiger geworden.
Dabei ist genaues Arbeiten unabdingbar. Die heutige Zahntechnik
verbindet handwerkliches Arbeiten mit modernster Frästechnik. Die
Bildungsakademie der Handwerkskammer Karlsruhe (HWKKA) bildet
die Azubis überbetrieblich weiter.
Fotos Ingrid Lehr-Binder
Zahntechniker fertigen einen individuellen
Ersatz für fehlende oder kranke
Zähne der Patienten. Dreieinhalb Jahre
dauert die Ausbildung, an deren Ende
die Gesellenprüfung steht.
Die Anfertigung von Zahnersatz bedarf
zahlreicher Arbeitsgänge und fordert
sowohl naturwissenschaftliche Kenntnisse
als auch gestalterische Fähigkeiten.
In diesem Beruf ist ein breites
technisches und medizintechnisches
Wissen gefragt sowie die Bereitschaft,
sich immer wieder mit neuen Technologien
und Arbeitsmethoden auseinanderzusetzen.
VERSCHIEDENE THEMENGEBIETE
Bei der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung
(ÜLU) – sie ergänzt
die Ausbildung im Betrieb und in der
Berufsschule – für die Handwerkskammern
Karlsruhe und Mannheim wurden
2020 215 Teilnehmer in verschiedenen
Schwerpunkten weitergebildet.
−
−
−
−
−
Herstellen von totalen Unter- und
Oberkieferprothesen nach System
(Wahlkurs)
Herstellen von herausnehmbarem
Zahnersatz als Modellgussprothese
(Wahlkurs)
Herstellen von kieferorthopädischen
Geräten (Pflichtkurs)
Angewandte CAD-/CAM-Technik
(Pflichtkurs)
Angewandte Frästechnik und Verarbeiten
von Geschieben (Wahlkurs)
Das Schulungskonzept der Bildungsakademie
(BIA) der Handwerkskammer
ist auf das moderne
Zahntechniker-Handwerk ausgerichtet,
bei der die persönliche Kreativität
gefordert und gefördert wird. Denn
eine zahntechnische Aufgabenstellung
eröffnet immer auch ganz individuelle
Lösungsansätze, die dann in
einer kommunikativen Atmosphäre
im Unterricht fachlich diskutiert und
erörtert werden. In der Meisterausbildung
werden die Teilnehmenden in die
Lage versetzt, ihre bereits erworbenen
zahntechnischen Kenntnisse und Fertigkeiten
auf ein prüfungsrelevantes und
meisterliches Niveau zu steigern. Da das
Meisterprüfungsprojekt einem gedachten
Kundenauftrag entspricht, wird
dazu vorab ein Umsetzungskonzept mit
einer Kalkulation sowie einer Zeit- und
Materialbedarfsplanung erstellt. Für die
praktische Umsetzung steht ein modern
ausgestattetes Schulungslabor bereit.
NEUESTE TECHNIK FÜR BESTE
AUSBILDUNG
Die Handwerkskammer Karlsruhe hat
dafür in die Digitalisierung investiert
und moderne CAD/CAM-Anlagen
angeschafft. „Damit werden die Zahnprothesen
noch genauer und schneller
hergestellt, so muss kein Patient länger
als nötig auf den Zahnersatz warten“,
erklärt Ingrid Lehr-Binder, Leiterin
der Bereiche überbetriebliche Lehrlingsunterweisung
sowie Fort- und
Weiterbildung, im Gespräch mit dem
Wirtschaftsspiegel.
Dank computerbasierter Unterstützung
wird die Zukunft der Zahntechnik noch
digitaler, ist sich Lehr-Binder sicher. „Es
findet ein Umdenken statt von Handarbeit
hin zum digitalen Arbeiten. Auch
die Zahnärzte, die Auftraggeber der
Zahntechniklabore, setzen verstärkt auf
Digitalisierung, schicken die Werte an
die Labore, während der Patient noch
auf dem Behandlungsstuhl sitzt. Das hat
den Datenaustausch beschleunigt.“
BERUFSBILD ZAHNTECHNIKER
BLEIBT INTERESSANT
Davon profitiert auch der Patient.
„Jeder Zahnersatz ist ein Unikat, die
Ansprüche an die Passgenauigkeit und
die natürliche Wirkung werden immer
größer. Zudem wird die Prothese, ob
Brücke oder Vollprothese, durch den
Einsatz von Maschinen günstiger. Die
digitale Entwicklung kommt auch dem
Patienten zugute“, so Ingrid Lehr-
Binder von der BIA weiter.
Dabei hat die BIA der Handwerkskammer
Karlsruhe auch zukünftige Lehrlinge
im Blick. „Wir müssen die Ausbildung
und den Berufszweig allgemein interessant
gestalten, damit wir die Fachleute
binden und Nachwuchs finden“, erklärt
Ingrid Lehr-Binder. In der BIA werden
nicht nur die Lehrlinge und die Meister
weitergebildet, auch die Mitarbeitenden
nehmen an regelmäßigen Fortbildungen
teil. „Wir investieren nicht nur in deren
Know-how, sondern auch in die Ausstattung
in unseren hauseigenen
Laboren. Einerseits in die Technik, wie
die neuen CAD/CAM-Anlagen, andererseits
auch in neue Möbel oder aktuelles
Zubehör. Das erhöht den Komfort
beim Arbeiten und eine gut aufgestellte
Umgebung wird ganz anders und vor
allem motivierend von den Schulungsteilnehmern
wahrgenommen.“
Mit den Angeboten der überbetrieblichen
Lehrlingsunterweisung werden
nicht nur Auszubildende ab dem 2.
Lehrjahr angesprochen. Die BIA bietet
auch Kurse zur Meistervorbereitung
Zahntechnik als berufsbegleitenden
Wochenendlehrgang an.
Es besteht die Möglichkeit, finanzielle
Fördermittel, beispielsweise das
Aufstiegs-BaföG, zu beantragen.
INGRID LEHR-BINDER
www.bia-karlsruhe.de/mv-zahntechnik
50 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
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RUBRIK
TECHNOLOGIETRANSFER
MIT GENUSSFAKTOR
Gelungene Netzwerkarbeit verbindet die richtigen Partner und schafft
Raum für Innovation in der Fächerstadt. Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie
durch interdisziplinäre Zusammenarbeit ein beeindruckendes Ergebnis
erzielt werden kann.
In Karlsruhe kennt zwar nicht jeder
jeden – aber der richtige Geschäftsoder
Projektpartner ist in der Regel
nur ein Netzwerk weit entfernt. Darum
kümmert sich auch die Wirtschaftsförderung
Karlsruhe. Das Herz Karlsruhes
schlägt im Mittelstand – Unternehmer
wissen, wie wichtig Branchennetzwerke
und Projektpartnerschaften sind. Agilität,
Entscheidungsfreude, Innovationsgeist
und der Wille zur Transformation
sind wichtig für diejenigen, die ganz
vorne mit dabei sein wollen.
Ein Beispiel für eine hervorragende
Netzwerkarbeit ist ein aktueller
gastro nomischer Coup, der Kaffeeroboter
MyAppCafé. (Mehr dazu
auf der gegenüberliegenden Seite.)
Von der Vision zum Produkt in 12
Monaten – das geht nur auf kurzen
Wegen. Und diese gibt es in der Stadt
Karlsruhe: Denn Wirtschaft und
Wissenschaft sind hier hervorragend
miteinander verzahnt.
KARLSRUHER NETZWERKE:
WISSEN, WER WAS KANN
Auf der Seite der Wissenschaft
zählen neben dem Karlsruher Institut
für Technologie zahlreiche weitere
renommierte Hochschulen und
Forschungseinrichtungen zu den
Impulsgebern. Gebündeltes Knowhow
sowie die hohe Kompetenz der
akademischen Absolventen treffen
auf der anderen Seite auf motivierte
und innovative Unternehmen in
mehreren großen Branchen- und
Kompetenzclustern.
Dazu zählen unter anderem das
EnergieForum Karlsruhe, die Gründerallianz
Karlsruhe oder das K3 Kulturund
Kreativwirtschaftsbüro Karlsruhe.
Auch das vor 20 Jahren gegründete
CyberForum, mit rund 1.200 Mitgliedern
Deutschlands größtes Hightech.
Unternehmer.Netzwerk sowie das
Automotive Engineering Network,
kurz aen, gehören dazu.
Fotos MyAppCafé
IT’S A MATCH: DREI KARLS-
RUHER FIRMEN ZEIGEN, WIE
INNOVATION GEHT
Von außen betrachtet ist MyAppCafé
ein rund neun Quadratmeter großer
Container, der mit einem Roboterarm
Kaffee ausgibt. 120 Becher pro Stunde
kann der Kaffeeautomat produzieren.
Derzeit stehen drei der Street Baristas
im Ländle: In der Postgalerie Karlsruhe,
in den Mercaden Böblingen und in der
Stadtgalerie Heilbronn. Die Kunden
ordern und bezahlen mithilfe einer
App und erhalten dann vor Ort ihr
frisch zubereitetes Getränk – mit Verpackungsmaterialien
aus nachhaltigen
Rohstoffen. Die Idee hinter MyApp-
Café ist es, leckeren Kaffee auch in
den Randstunden oder als Ergänzung
zur klassischen Gastronomie anzubieten:
auf Messen, Flughäfen oder in
Einkaufszentren zum Beispiel.
MyAppCafé zeigt, wie technische
Innovation und Transformation innerhalb
von Unternehmen auf der Basis
erfolgreichen lokalen Netzwerkens gelingen
kann. Die beteiligten Unternehmen
Rothweiler Feinwerkmechanik,
ROCK5 und das IBS Ingenieurbüro
haben 2018 bei Veranstaltungen der
Karlsruher Wirtschaftsförderung zusammengefunden.
Auch das Netzwerk
aen bringt seine Kompetenz mit ein.
ANFRAGEN AUS ALLER WELT
FÜR MYAPPCAFÉ
An der Verbreitung des Franchise-
Konzepts wird intensiv gearbeitet. Die
nächsten Standorte für MyAppCafés
stehen mit Saarbrücken, Frankfurt und
Hamburg fest. „Das Interesse ist groß“,
so Gastronom und Ideengeber Michael
Stille: „Wir haben Anfragen aus aller
Welt, aus Israel, Schweden, Dubai,
Frankreich oder Polen.“ Für die USA
hat sich bereits ein Master Franchisenehmer
gefunden.
Und besonders vor dem Hintergrund
der Coronapandemie könnte das
Timing nicht besser sein. Kontaktloses
Bestellen, Bezahlen und Entgegennehmen
der Ware kann das Infektionsrisiko
auf ein Minimum reduzieren.
Dirk G. Rothweiler, Geschäftsführer
von Rothweiler Feinwerkmechanik,
blickt positiv auf die weitere Entwicklung.
„Wir stehen erst am Beginn einer
Transformation aller Betriebe unabhängig
von der Betriebsgröße. Ich sehe
die Firmen der Region Karlsruhe und
die Netzwerke stark aufgestellt.“ Dirk
G. Rothweiler ist übrigens seit Kurzem
Vorstand für Innovation und Transformation
im Handwerk beim aen. Ohne
die Netzwerkarbeit der Wirtschaftsförderung
Karlsruhe wäre dieses Kräftebündeln
nicht möglich gewesen – ein
Gewinn für beide Seiten.
OLIVER WITZEMANN
Wirtschaftsförderung Karlsruhe,
Unternehmensservice und Handwerk
Netzwerke und Branchencluster der
Wirtschaftsförderung Karlsruhe:
karlsruhe.de/b2/wifoe/netzwerke.de
Alles über das Projekt MyAppCafé
Street Barista sowie Links zur
App unter: my-app-cafe.com
Foto Stadt Karlsruhe Monika Müller-Gmelin
52 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
53
„ICH INSZENIERE
IMMER EINE NEUE
GESCHICHTE“
„ICH LIEBE ES,
STÄNDIG NEUES TER-
RAIN ZU ENTDECKEN“
ENNO-ILKA UHDE
Künstler & Regisseur
FRANCESCA ESPOSITO
Eventmanagerin und Betreiberin der Palazzo Halle
in Karlsruhe
54 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Foto Tanja Dammert
Wie motivieren Sie Ihr Team für einen Aufbruch, also ein
neues Projekt?
Wir sind als Team sehr eng, reden viel miteinander. Daher muss
ich niemanden überzeugen. Es gibt nur einen Weg und der führt
Richtung Zukunft, das wissen wir alle: Keine Inszenierung ist wie
die andere, ich mache immer eine neue Geschichte – das kann
man nur, wenn man neue Wege geht.
Wenn Sie im Leben nochmal die Chance hätte, von vorne
anzufangen, was würden Sie anders machen?
Ich habe in meinem Leben immer versucht, dass mir nicht die
Möglichkeitsräume eingeschränkt werden, so dass ich keine Wahl
mehr habe, etwas zu tun. Ich habe immer so gehandelt, wie ich
gehandelt habe und es ist so geworden, wie es geworden ist. Hätte
ich etwas anders gemacht, wäre es anders geworden. Es ist also
alles so wie es ist und das ist okay. Daher kann ich diese Frage gar
nicht richtig beantworten.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Stimmen Sie dem zu?
Was heißt das, ein Wagnis. Und was heißt gewinnen? Das muss
jeder erstmal für sich selbst definieren. Wagnis heißt, man muss
seine Wege immer mit Mut gehen, weil man nicht weiß, was einen
erwartet. Wir wissen nicht, was passiert, aber wir machen alles,
was wir tun, mit Hoffnung – mehr kann der Mensch nicht machen.
Aber Wagen und Gewinnen passt nicht zusammen, das ist nur ein
Sprichwort, mehr nicht.
Was wollten Sie als Kind werden?
Ich wollte entweder Flugkapitän werden oder, das hört sich
jetzt vielleicht doof an: Studienrat, also Lehrer. Das war in den
68ern so.
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Das hört man immer von anderen, aber mein Job ist nicht der
schönste Job der Welt. Es ist vielmehr eine schöne Arbeit, die
wir machen, wenn Sie sich das Opening eines großen Fußball-
Endspiels oder der Inneneinrichtung eines Bürogebäudes ansehen,
das ich entworfen habe.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Wir verfolgen zwei verschiedene Ansätze: Das Palazzo ist eine
feste Institution und ich finde es toll, dass sie es geschafft hat,
in der Region eine feste Kulturnummer zu sein. Sie hat einen
verlässlichen Ort geschaffen, wo ich hingehen kann, und das
finde, was ich mir erhoffe: Kultur.
Ich persönlich suche die Freiheit.
Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen –
erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie genau das
tun mussten?
Ich bin in der Eventbranche tätig, daher brauche ich gar nicht
lange zurückzublicken. Seit Beginn der Coronapandemie vergeht
kein Monat, in dem ich nicht genau das tue. Nach jeder neuen
Regelung, die mir meinen Weg versperrt, baue ich mir die nächste
Brücke.
Aufbruch in eine neue Zeit – was hat sich durch die Corona-
Krise für Sie verändert?
Vor 19 Jahren habe ich die Palazzo Halle als Eventlocation gegründet.
Das ist einer der Orte, an dem ich meine Veranstaltungsideen
umsetze, Menschen inspiriere, und wo unvergessliche
Erlebnisse geschaffen werden. Seit Corona geht es jedoch nicht
nur um Live-Events. Hybrid- und Digitalevents haben sich dazu
gesellt. Wir haben inzwischen Event-Konzepte entwickelt, die alle
aktuellen Anforderungen erfüllen und unseren Gästen ein gutes
Gefühl und Sicherheit vermitteln. An weiteren neuen Lösungen
und Veranstaltungs-Konzepten wird gefeilt – all dies lässt uns
optimistisch in die Zukunft blicken.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Stimmen Sie dem zu?
Ja. Wer nicht den Mut hat, neue Wege zu gehen, bleibt stehen
und geht letzten Endes rückwärts. Als Unternehmerin liebe ich
es, stets neues Terrain zu entdecken, zu beschreiten und so mein
Unternehmen voranzubringen. Die angeordnete Vollbremsung
tut zwar weh, war aber auch gleichzeitig eine Art Beschleuniger
für neue Ideen. Konzepte wie die Palazzo Gourmet Dinner Show,
die regionalen Künstlern eine Bühne gibt, die Eröffnung des
Restaurants Palazzo Gourmet, ebenso der Online-Shop Palazzo
Gourmet Slow-Food-To-Go aus unserer Gourmet-Küche, sind
daraus entstanden.
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Ich liebe es, Räume – im Sinne von Erlebniswelten – zu schaffen.
Ein Raum kann auch ein Gegenstand oder eine Idee sein, der die
Menschen emotional berührt und bewegt. Solche „Räume“ zu
schaffen, macht für mich meinen Job zum schönsten der Welt.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Enno Uhdes großen Erfahrungsschatz und die Darstellung
seiner „Raum“-Welt finde ich sehr spannend. Ich brenne für das
was ich tue und würde mich gerne mit ihm austauschen, statt
zu tauschen.
Foto Andrea Fabry
55
DIGITALISIERUNG
Foto Volksbank Karlsruhe
Von Jahr zu Jahr gewinnt Online-Banking mehr an Bedeutung,
dieser Trend lässt sich schon seit 15 Jahren beobachten.
Ganz besonders war das 2020 zu spüren, ausgelöst durch die
Pandemie und die damit einhergehenden Schließungen von
Bank-Filialen während der Lockdowns. Laut Bitkom, dem
Digitalverband Deutschlands, nutzten im Jahr 2020
76 Prozent der Deutschen Online-Banking (2019 70 %).
Laut Umfrage könnten sich weitere 10 Prozent vorstellen,
künftig Online-Banking zu nutzen oder haben es konkret vor.
Dabei sind vor allem die 30 bis 49 Jahre alten Bankkunden
onlineaffin: 96 Prozent machen ihre Bankgeschäfte bequem
von zuhause aus oder unterwegs.
DIGITALE WENDE
Auch den Banken und Finanzdienstleistern in der TechnologieRegion
Karlsruhe (TRK) sind die Veränderungen nicht
entgangen. Um nicht von der Digitalisierungswelle überrollt
zu werden, wollen und müssen die Banken ihre Dienstleistungen
weiter dem digitalen Orbit anpassen. Das eine oder
andere Finanzinstitut träumt gar von Online-Beratungen mit
virtuellem Assistenten bei längerfristigen Finanzierungsvorhaben,
wie z.B. dem Kauf einer Immobilie. Vielleicht gibt es
demnächst auch nur noch einen Geldautomaten mit integriertem
Kontoauszugsdrucker und einem schicken Telefon mit
Retina-Display, um nach dem Einkaufen noch schnell einen
CORONA LÄSST
ONLINE-BANKING
WACHSEN
Der schnelle Blick auf den Kontostand oder am Wochenende eine
Überweisung bequem vom Sofa aus erledigen: Immer mehr Menschen
nutzen Online-Banking. Einige, weil sie bei einer Direkt-Bank sind
und es müssen, andere weil sie flexibel sein möchten. Die Tendenz zum
Online-Banking steigt. Hat die Coronapandemie darauf Einfluss? Der
Wirtschaftsspiegel hat nachgefragt.
Beratungstermin zu vereinbaren. Ob sich der Bankkunde in
den Sechzigern mit solchen Innovationen sofort anfreunden
kann, bleibt abzuwarten. Für die jüngeren Generationen der
18- bis 45-Jährigen ist das sicher kein Thema mehr.
Da gehört es schon zum guten Ton, das tägliche Leben rund
um die Uhr online zu verwalten.
Diese beiden Welten zusammenzubringen ist die Herkulesaufgabe
der Bankinstitute von Heute und langfristig gesehen
sind den zahlreichen Möglichkeiten des Online-Bankings von
Morgen zweifellos keine Grenzen gesetzt.
EASY BANKING
Als einer der größten IT-Dienstleister für Volks- und Raiffeisenbanken
hat die Fiducia & GAD IT AG aus Karlsruhe ihre
technischen Plattformen aufgerüstet, um eine mühelose Abwicklung
beim Online-Banking und dem kontaktlosen Bezahlen
zu gewährleisten. „Die Pandemie hat auf jeden Fall die Digitalisierung
im Bankenwesen beschleunigt“, ist Martin Beyer,
Vorstandssprecher der Fiducia & GAD IT AG, überzeugt. So
flexibel wie das Leben reagiert auch die Volksbank Karlsruhe
auf den Wandel zwischen dem Betreiben der Filialen und den
Dienstleistungen des Online-Bankings. „Wir haben während
der Pandemie verstärkt beobachtet, dass sich Kunden entweder
telefonisch oder via Internet-Meeting beraten lassen“, erzählt
Thomas Nusche, Pressesprecher der Volksbank Karlsruhe.
Corona hält uns immer noch auf Trab,
viele Geschäfte haben geschlossen, lange
waren auch die Bankfilialen dicht. Wie
haben die Fiducia & GAD IT AG und die
Volksbank Karlsruhe die Pandemie-Zeit
bisher gemeistert?
Beyer: Die Fiducia & GAD ist bisher
gut durch die Krise gekommen. Wir
konnten sehr schnell fast alle Mitarbeiter
ins Homeoffice schicken und auch
die Banken entsprechend unterstützen:
Wir haben Antragsstrecken für KfW-
Kredite zur Verfügung gestellt und beispielsweise
das Limit für kontaktloses
Bezahlen von 25 auf 50 Euro erhöht.
Grundsätzlich gab und gibt es für die
Fiducia & GAD nicht weniger zu tun,
sondern es kamen neue Herausforderungen
hinzu, die es zu meistern galt.
Nusche: Trotz der äußerst schwierigen
Rahmenbedingungen blickt die
Volksbank Karlsruhe zufrieden auf das
abgelaufene Geschäftsjahr 2020 zurück.
Zwar liegt das Teilbetriebsergebnis
als wichtigster Erfolgsindikator mit 23
Millionen Euro rund 1,8 Millionen Euro
unter dem Vorjahreswert, dennoch
konnten wir die zu Jahresbeginn festgelegte
Plangröße nahezu punktgenau
erreichen. In einem Jahr, das uns aufgrund
der Pandemie stets in Erinnerung
bleiben wird, sind wir sehr froh
über dieses Ergebnis, denn vor allem die
Halbjahresbilanz hatte das Schlimmste
befürchten lassen.
So war unser Provisionsergebnis aus der
Vermittlung von Bank- und Versicherungsleistungen
im Frühjahr 2020
komplett eingebrochen, als die Filialen
über sechs Wochen lang von den Kunden
nur noch mit zuvor vereinbarten
Beraterterminen betreten werden durften.
Das Kreditgeschäft stagnierte, und
der Kurssturz im März versetzte viele
Anleger in einen regelrechten Schockzustand.
In der zweiten Jahreshälfte
normalisierte sich das Geschäft wieder,
die Kreditnachfrage zog spürbar an.
Ebenso konnten die Berater viele Anleger
davon überzeugen, die niedrigen
Foto stock.adobe.com – ipopba
Börsenkurse des Frühjahrs als Chance
für den Neueinstieg zu nutzen, was
sich als sehr gute Strategie erwiesen
hat. Der Blick auf den Jahresstart 2021
zeigt eine vielversprechende Tendenz.
Stichwort Online: Die Menschen haben
online viel bestellt, die Zahlen der
ausgelieferten Pakete ist steil nach oben
gegangen. Analog dazu: Wie war das
bei der Fiducia & GAD IT AG und der
Volksbank Karlsruhe? Mehr Online-
Banking-Nutzer = mehr IT-Infrastruktur
für die Banken auf- und ausbauen?
Beyer: Beim Stichwort IT-Infrastruktur
und Corona fällt mir zunächst etwas
anderes ein: Zu Beginn des ersten
Lockdowns 2020 mussten wir in
kürzester Zeit die technischen Voraussetzungen
dafür schaffen, dass
eine exponentiell steigende Anzahl
von Bankmitarbeitern sicher aus dem
Homeoffice arbeiten konnte. Dafür
war es notwendig, schnell die notwendige
VPN-Infrastruktur zu skalieren
und über unsere Tochtergesellschaft
Ratiodata die benötigten mobilen
Arbeitsplätze in Form von Laptops zu
beschaffen.
Nusche: Die Frage, ob es einen Zusammenhang
gibt zwischen der steigenden
Zahl an Online-Bestellungen während
der Pandemie und einer höheren
Nutzungsquote beim Online-Banking,
kann so nicht beantwortet werden. Denn
das reine Online-Banking spielt bei
Bezahlvorgängen im Internet eine eher
untergeordnete Rolle. Es sei denn, Käufe
werden auf Rechnung bestellt und diese
dann per Online-Überweisung beglichen.
Dies ist aber nur in Einzelfällen der Fall.
Meist werden die Anbieter wie Paydirekt,
Paypal, Giropay oder die Kreditkarte fürs
Bezahlen im Internet genutzt.
Hat Corona und die damit verbundenen
Einschränkungen der digitalen
Bank und dem Onlinebanking einen
Schub verpasst? >>
56 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
57
Foto fiducia & GAD IT AG
Foto: BAW Karlsruhe
Martin Beyer,
Vorstandssprecher der Fiducia & GAD IT AG
>>
Beyer: Tatsächlich ist die Anzahl der
Nutzer von digitalen Lösungen im
vergangenen Jahr signifikant gestiegen.
Hier spielt die Pandemie sicher eine
Rolle. Unabhängig davon schreitet die
Digitalisierung von Banking aber bereits
seit einigen Jahren in einem enormen
Tempo voran.
Nusche: Grundsätzlich ist die Quote
unserer Kunden, die das Online-Banking
nutzen oder sich für die Nutzung
zumindest haben freischalten lassen, im
Vergleich zu anderen Genossenschaftsbanken
schon seit längerem recht
hoch und liegt bei rund 50 Prozent.
Eine wirklich signifikante Zunahme an
reinen Online-Banking Transaktionen
seit Ausbruch der Pandemie haben
wir bisher nicht feststellen können.
Interessant ist jedoch der Blick auf die
Zahlen bei unseren Bank- und Kreditkarten.
Stellen wir etwa die Werte der
beiden Oktober-Monate aus dem Jahr
2019 und 2020 gegenüber, so zeigt
sich ein eindeutiger Trend: Die Zahl der
Kartenverfügungen mit der Girocard
lag 2020 um rund 42 Prozent über
dem vergleichbaren Vorjahresmonat.
Die Anzahl der Kreditkartenverfügungen
zeigt für 2020 gegenüber 2019
eine Steigerung um über 10 Prozent.
Ebenfalls interessant ist der Blick auf
das kontaktlose Bezahlen: So zeigt
unsere Girocard-Statistik, dass etwa im
Dezember 2020 von insgesamt 320.000
Verfügungen rund 194.000 kontaktlos
erfolgten (rund 60 %). Im Dezember 2019
waren von insgesamt 252.000 Transaktionen
erst 92.000 (36,5 %) kontaktlos.
58 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Müssen sich eventuell Menschen auf
dem Land nun auf geschlossene Filialen
einstellen, weil mehr in den digitalen
Raum verlagert wird?
Nusche: Die Volksbank Karlsruhe ist
ein städtisch orientiertes Institut, die
Filialen befinden sich allesamt in der
Kernstadt sowie den umliegenden
Stadtteilen. Bei uns jedenfalls sind
Filialschließungen derzeit nicht geplant.
Im Gegenteil: Mit unserer Campus-
Filiale auf dem Gelände des KIT haben
wir im vergangenen Jahr einen weiteren
Standort eingerichtet, wenngleich
dieser – pandemiebedingt – bisher
noch nicht besetzt war. Denn der
Hochschulbetrieb findet ja fast nur
noch online statt.
Das Thema Online-Beratung wird zunehmen.
Denn nachdem sich während
der ersten bundesweiten Schließungen
im Frühjahr 2020 die Türen unserer
Filialen für sechs Wochen nur noch
nach telefonischer Terminvereinbarung
öffneten, nutzen viele Kunden bis
heute die Möglichkeit, sich entweder
telefonisch oder via Internet-Meeting
beraten zu lassen. Sowohl auf Seiten
der Berater als auch auf Kundenseite
wurden in kaum vorhersehbaren
Dimensionen bisher ungenutzte Wege
der Interaktion gegangen. Waren Web-
Meetings auch aus dem Homeoffice
bisher eher die Ausnahme, so sind sie
im Nullkommanichts auch für unsere
Kunden salonfähig geworden. Ob und
wie sich das mittelfristig auf den Besuch
der Filialen auswirkt, müssen wir
abwarten und fortlaufend analysieren.
Wie digital kann Bank werden,
so ganz allgemein gesehen?
Beyer: Pauschal lässt sich das schwer
beantworten. Das hängt immer davon
ab, um welche Art von Bankgeschäft
es sich handelt. Für große, beratungsintensive
Themen wie eine Baufinanzierung
wird der Bankberater auch in
Zukunft eine zentrale Rolle spielen.
Andere Bankgeschäfte verlagern sich
dagegen immer mehr in den digitalen
Raum. Ein grundsätzlicher Trend ist
auch, dass die Anzahl der Kunden, die
ihre Bankgeschäfte auf dem Smartphone
erledigen, deutlich ansteigt.
Einfaches, intuitives Banking ist gefragt
– am besten per App. Dem wollen auch
wir mit einer neuen Banking-App und
einem neuen Online-Banking Rechnung
tragen. Beides wird im Laufe des
Jahres ausgerollt werden.
Nusche: Ganz allgemein formuliert,
kann eine Bank natürlich zu 100
Prozent digital sein, Beispiele hierfür
gibt es ja bereits viele. Als in der Region
verwurzelte Genossenschaftsbank mit
einer über 160-jährigen Tradition am
Bankenplatz Karlsruhe leben wir unsere
Mitglieder- und Kundenbeziehung
auch dadurch, dass wir mit unseren
17 Filialen direkt bei den Menschen
vor Ort sind. Unsere Kollegen in den
Stadtteilen sind für viele Menschen
das Gesicht unseres Hauses und vor
allem wichtige persönliche Ansprechpartner.
Dennoch können und wollen
wir uns den technischen Möglichkeiten
nicht verschließen, denn viele unserer
Kunden wollen ihre Bankgeschäfte
natürlich auch online und mobil über
die verschiedenen Kanäle erledigen.
Wir sind daher gefordert, den Spagat
zu bewältigen zwischen einer Filialbank
auf der einen Seite und einer Internetoder
Direktbank auf der anderen Seite.
Das ist unser Geschäftsmodell, und wir
sind davon überzeugt, dass wir hier auf
einem sehr guten Weg sind.
ENERGIE
ENERGIEWENDE ANPACKEN
SMART EAST – DAS INTELLIGENTE QUARTIER IM KARLSRUHER OSTEN
Karlsruhes Klimaschutzziele sind ambitioniert: Bis zum Jahr 2050 strebt die Stadt Klimaneutralität an. Aber
wie können wir die Energiewende vor Ort vorantreiben? Im gemischtgenutzten Bestandsquartier „Smart East“
in der Karlsruher Oststadt werden die Potenziale einer klimaneutralen Energieversorgung in der Praxis
evaluiert. Das Versuchsfeld ist das Gelände entlang der „IT- und Technologieachse“ Haid-und-Neu-Straße vom
FZI „House of Living Labs“ über die Technologiefabrik Karlsruhe bis zum Hoepfner-Areal.
Ein Verbund aus Unternehmen und
Forschungseinrichtungen hat sich zum
Ziel gesetzt, dieses Leuchtturmprojekt
als Teil der Energiestrategie der TechnologieRegion
Karlsruhe zu realisieren.
Der Oberbürgermeister der Stadt
Karlsruhe Dr. Frank Mentrup begleitet
das vom Ministerium für Umwelt,
Klima und Energiewirtschaft Baden-
Württemberg mit knapp 1 Million Euro
geförderte Projekt als Schirmherr.
Hervorzuheben ist die Mitwirkung aller
Beteiligten: Mieter, Energieversorger,
Immobilienbetreiber und -besitzer
können im Projekt Smart East neue
Geschäftsmodelle zur smarten Energieversorgung
im Bestandsquartier erproben.
Von Anfang an werden weitere
potenzielle Anwender wie Kommunen,
Wohnungswirtschaft, Immobilienentwickler,
Gewerbeparks oder öffentliche
Liegenschaftsbetreiber das Projekt in
einem Anwenderkreis begleiten.
Initiatoren von Smart East sind Dr.-Ing.
Christoph Schlenzig, Geschäftsführer
der Seven2one Informationssysteme
GmbH und Manuel Lösch, Abteilungsleiter
am FZI Forschungszentrum
Informatik. Gemeinsam mit
Dr. Friedrich Hoepfner, Geschäftsführer
des Immobilienunternehmens Hoepfner
Bräu, geben sie erste Einblicke:
Wieso handelt es sich bei Smart East
um ein Leuchtturmprojekt?
Dr. Schlenzig: Mit Smart East wollen
wir die Energiewende in die Stadt
bringen und leisten damit einen Beitrag
zum Klimaschutz in Karlsruhe. Wir
wollen zeigen, dass die Vernetzung und
Optimierung der Energieversorgung
eines Quartiers im großen Maßstab
auch in der Praxis funktioniert. Aktionsfelder
im Projekt sind: Klimaschutz,
Digitalisierung, Geschäftsmodelle und
Partizipation.
Welche Potenziale bietet die Digitalisierung
der Energieversorgung
im Quartier?
Lösch: Durch den steigenden Anteil
erneuerbarer Stromerzeugung muss
man Strom auch dann verbrauchen,
wenn er abhängig von Sonne und Wind
zur Verfügung steht. Hierzu bietet die
Kopplung der Sektoren Strom, Wärme,
Kälte und Mobilität ein großes Potenzial.
Die Digitalisierung der Energieversorgung
im Quartier ermöglicht es,
den Anteil selbst erzeugter Energie zu
erhöhen, das öffentliche Stromnetz zu
unterstützen, Kosten zu senken und
damit letztendlich die Energiewende
„von unten” zu fördern. Hierzu müssen
die Akteure im Quartier kooperieren.
Genau dafür möchten wir im Projekt
Smart East neue digitale Geschäftsmodelle
entwickeln. Beispiele hierfür
sind vielfältig und reichen von Mieterstrommodellen,
bei denen Eigentümer
von Photovoltaikanlagen den Strom
direkt an ihre Mieter verkaufen, über
den optimierten Betrieb gemeinsamer
Ladeinfrastruktur, bis hin zur stromnetzdienlichen
Koordination von
Energieverbrauch und -erzeugung.
Welche Mehrwerte entstehen
für die TRK?
Dr. Schlenzig: Die TRK hat sich in
ihrer Energiestrategie das Ziel gesetzt,
die Forschungsschwerpunkte Energie,
Mobilität und IT zu einem neuen Wirtschaftsschwerpunkt
„Energieinformatik“
zu bündeln und so zur Modellregion
für Energiewende und Klimaschutz zu
werden. Mit Smart East entsteht ein
weiterer Leuchtturm für diese Strategie.
Mit diesem Projekt macht Karlsruhe
außerdem einen weiteren Schritt zur
Smart City, durch die Digitalisierung
der Energie-Infrastruktur der Oststadt.
Und letztendlich bekommt die TRK mit
Smart East eine Vorbildfunktion für
moderne, praxistaugliche Konzepte für
die Energiewende in Städten.
Welchen Mehrwert sieht das Land
Baden-Württemberg in diesem Projekt?
Lösch: Smart East soll zeigen, dass die
Ideen, Konzepte und Geschäftsmodelle
aus der Forschung auch in der Praxis
technisch umsetzbar und wirtschaftlich
sind. Ziel ist es auch, Schwierigkeiten bei
der praktischen Umsetzung und Hürden
der Regulierung zu erkennen und
Lösungen aufzuzeigen. Die Ergebnisse
sollen baden-württembergischen
Kommunen sowie auch über den
Südwesten hinaus als Blaupause und
Inspiration dienen. Erfolgreiche Vorbilder
für smarte Quartiere gibt es bisher
hauptsächlich in Neubauquartieren. Bei
Smart East handelt es sich jedoch um
ein Quartier, das aus teils über 100 Jahre
alten Bestandsgebäuden besteht. Wir
wollen zeigen, wie Bestandsgebäude in
den Städten in smarte energieoptimierte
Quartiere verwandelt werden können.
Wie profitieren Bürger
von Smart East?
Dr. Schlenzig: Partizipation ist das
vierte Aktionsfeld von Smart East –
deswegen wollen wir die beteiligten
Menschen eng in das Projekt einbeziehen.
Zunächst einmal leistet Smart East
einen direkten Beitrag zum Klimaschutz
vor Ort. Energiewende-Aktivist*innen
können stolz darauf sein, dass in ihrem
regionalen Umfeld ein Vorzeigeprojekt
wie Smart East entsteht. Wir wollen
neugierig machen! Smart East soll –
vereinfacht gesagt – erlebbare Werbung
für die Energiewende sein.
Warum macht die Hoepfner Bräu
beim Projekt mit?
Dr. Hoepfner: Hoepfner hat Tradition.
Mit Innovationen wollen wir
zukunftsfähig bleiben. Unter unserem
Logo „Häuser zum Wohlfühlen“
Foto Baden TV
schaffen wir hier ein Areal, wo man
gerne lebt und arbeitet.
Bei Smart East beteiligen wir uns, weil
wir das Hoepfner Areal langfristig zu
einem Smart Quarter entwickeln.
Leben, Arbeiten und Wohnen in einem
sorgfältig entwickelten Quartier – das
ist die Zukunftsvision. Deshalb schaffen
wir mit dezentraler Energieerzeugung
ein vernetztes System zum nachhaltigen
Energie-Einsatz und parallel dazu
sinkt die Verkehrsbelastung durch
räumliche Nähe aller Objekte – hier
kann man zu Fuß von der Wohnung
in die Kita und dann ins Büro! Die
Synergien zwischen unseren Mietern
werden gefördert z.B. mit Kooperationen,
gemeinsamer Ressourcennutzung
und Marketing. Und wir setzen uns für
eine hohe Lebens- und Wohnqualität
ein - eben „Häuser zum Wohlfühlen“!
Für diese anspruchsvollen Ziele stellen
wir das Hoepfner- Areal als Real-Labor
kostenlos zur Verfügung.
Was ist das Besondere
am Hoepfner-Areal?
Dr. Hoepfner: Das ist das ideale
Versuchsfeld: Neben der Brauerei,
dem Pflegeheim, der Kita und dem
Hightech-Unternehmer-Netzwerk
CyberForum befinden sich Wohnungen,
Büros, Werkstätten, sogar ein
Fernseh- und ein Fotostudio auf dem
Gelände. Hier werden an Ladesäulen
Elektrofahrzeuge mit Strom versorgt
und die großen Maschinen auf
dem Gelände haben einen hohen
3
Energieverbrauch. Für die Zukunft
planen wir, Solarstrom zu produzieren
und auch das im Bau befindliche iWerkx
wird als agiles Bauwerk für Industrie
4.0 eine hauseigene Stromversorgung
haben. Hoepfner Bräu will aktiv an
der Umsetzung der Energiewende in
Karlsruhe mitwirken und helfen, die
vielen guten theoretischen Ansätze in
die Praxis zu überführen.
1 Die Trafostation im iWerkx.
2 E-Mobilität auf dem Vormarsch.
3 Das Smart-East-Areal um die Hoepfner-
1
2
Burg aus der Vogelperspektive.
HOEPFNER BRÄU
www.hoepfner-braeu.de | www.smart-east-ka.de
Foto Ras Rotter
Foto Ras Rotter
60 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
61
GRÜNES LICHT
FÜR SAUBERE
POWER
Für die Produktion von wiederaufladbaren
Akkus und Batterien werden
jedes Jahr Millionen Tonnen Lithium
gefördert – bislang meist außerhalb
Europas unter ökologisch fragwürdigen
Bedingungen. Neu entwickelte Verfahren
– mit einer erheblich besseren
CO2-Bilanz – können in absehbarer
Zeit nun aber auch hierzulande einen
wirtschaftlichen Abbau möglich
machen. Lithium soll dabei in Geothermieanlagen
aus den Tiefen des
Oberrheingrabens gefördert werden.
Aktuell importiert Deutschland den
begehrten Rohstoff, der vor allem für
die Produktion von Batteriezellen für
Elektrofahrzeuge gebraucht wird, aus
den typischen Förderländern Chile,
Argentinien und Australien. Das soll
sich ändern. Für das Klimaschutzprogramm
der Bundesregierung stehen
innovative Verfahren zur Herstellung
E-MOBILITÄT WIRD
NACHHALTIGER
Lithium-Ionen-Akkus sind aus dem täglichen Leben kaum mehr wegzudenken. Aber wie klimafreundlich sind
die Lithium-Batterien, die in Autos, Fahrrädern & Co. verbaut sind? Fakt ist: Die Umweltbilanz beim Lithiumabbau
hängt massiv davon ab, wo und wie das Metall abgebaut wird.
dringend benötigter Rohstoffe in
Europa ganz oben auf der Liste.
WEISS WIE SCHNEE –
DER ROHSTOFF LITHIUM
Das leichteste Metall der Welt
gehört zu den „nicht nachwachsenden“
Rohstoffen. Auffinden lässt sich
die seltene Erde in mineralischem
Gestein und Salzwüsten. Im „Lithium-
Dreieck“ – eine Grenzregion zwischen
Argentinien, Bolivien und Chile – sind
große Lithium-Vorkommen von weltweiter
Bedeutung in ausgetrockneten
Salzseen zu finden.
Mehrere Studien belegen, dass in
einigen mitteleuropäischen Thermalwasserreservoiren
beachtliche Anteile
an Lithium im Tiefenwasser zu finden
sind – die Frage ist, wie es aufbereitet
werden kann. Ein Pilotprojekt des
Karlsruher Instituts für Technologie
(KIT) beschäftigt sich ausführlich damit,
die notwendigen technischen und
wirtschaftlichen Grundlagen für eine
Lithiumproduktion aus heißem Thermalwasser
in Deutschland zu schaffen.
DIE GEWINNUNG
Das lithiumhaltige Grundwasser in den
salzhaltigen Wüstengebieten wird in
extra angelegte Becken hochgepumpt.
Durch Verdunstung des Grundwassers
über mehrere Monate gewinnt man
Lithium-Karbonat, das dann weiterverarbeitet
wird. Das belastet nicht nur
die Umwelt, sondern wirkt sich auch
negativ auf die Lebensbedingungen der
lokalen Bevölkerung aus.
LITHIUM AUS
THERMALWÄSSERN
In der Geothermieanlage Bruchsal,
die das Energieunternehmen EnBW
gemeinsam mit den Stadtwerken
Foto stock.adobe.com – Matyas Rehak
Bruchsal seit 2010 betreibt, wird
Tiefenwasser für Wärme und Strom
gefördert und nach der thermischen
Nutzung wieder zurückgeführt. Dabei
werden rund 800 Tonnen Lithiumchlorid
pro Betriebsjahr ungenutzt wieder
ins Erdreich gefördert. Um den Lithiumgehalt
in Thermalwässern effizient zu
nutzen, entwickelte die EnBW gemeinsam
mit dem KIT ein Verfahren, mit
dem sich das im Tiefenwasser gelöste
Lithium nachhaltig gewinnen lässt.
Aus Schichten zwischen 3.000 und
5.000 Metern Tiefe wird das zwischen
160 und 180 Grad Celsius heiße Thermalwasser
an die Oberfläche befördert,
das dann durch einen Wärmetauscher
geht. Parallel zum regulären Geothermiebetrieb
setzen Wissenschaftler ein
Ionensieb ein, um den Rohstoff Lithium
zu isolieren. Eine echte Chance also,
der Elektromobilität zu einem wirklich
grünen Fußabdruck zu verhelfen und
die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen
zu steigern.
BATTERIE RECYCLING –
GEHT DAS?
Zukünftig sollen die äußere Form,
optimierte Rohstoffkreisläufe und eine
Mehrfachnutzung die Lithium-Ionen-
Batterien nachhaltiger und sicherer
machen. Wichtige Grundlagen dafür
schaffen Wissenschaftler des Bereichs
Verfahrenstechnik und Materialwissenschaft
am KIT mit ihrer Forschung
zum Batterielebenszyklus.
Batteriezellen mit einer dauerhaft
hohen Leistungsfähigkeit können den
ökologischen Fußabdruck z.B. in der
Elektromobilität erheblich verringern.
Denkbar ist auch, solche Zellen nach
Gebrauch weiter zu nutzen, etwa in
großen Netzspeichern. Doch nicht
alle Zellen sind für solche „Second-
Life-Szenarien“ geeignet, der Langzeitbetrieb
erfordert das perfekte
Zusammenspiel zahlreicher Komponenten
und Materialien: „Beim
dauerhaften Laden und Entladen einer
Batterie finden unweigerlich auch
unerwünschte Reaktionen statt“, sagt
Professor Hans Jürgen Seifert vom
Institut für Angewandte Materialien –
Angewandte Werkstoffphysik des KIT.
„Wenn das ihr Verhalten nachteilig
beeinflusst, spricht man von Degradation
oder Alterung. Man kann sie
nicht ganz verhindern, aber durch ein
entsprechendes Zelldesign verzögern
und abmildern.“
Seifert und sein Team analysieren
zudem die Zersetzungsmechanismen
der Batterieflüssigkeiten (Elektrolyt).
Dazu müssen hochpräzise Messungen
durchgeführt werden. Ziel des
Projektes sind präzise Vorhersagen
zum Zellverhalten bei der Nutzung,
erklärt Seifert: „Mit unseren Modellen
können dann sichere und nachhaltige
Batterien entwickelt und zügig auf den
Markt gebracht werden.“
ANGELIKA SCHMIED
www.wvs.de
ZERO CARBON LITHIUM®
PRODUKTION – VULCAN
ENERGIE RESSOURCEN GMBH
DR. HORST KREUTER,
GRÜNDER UND
GESCHÄFTSFÜHRER
Heißer Rohstoff auf dem Weg
zum Erfolg: Bei Vulcan werden die
sehr warmen Thermalwässer des
Oberrheingrabens zur Herstellung
des hochwertigen Zero Carbon
Lithium® genutzt und die nebenbei
erzeugte, überschüssige Energie
in das öffentliche Wärme- und
Stromnetz eingespeist. Durch die
Stromproduktion aus erneuerbarer
Energie ist der gesamte Prozess unabhängig
von fossilen Brennstoffen
und verbraucht nur wenig Wasser
und Fläche. Schon in drei bis vier
Jahren könnte das Unternehmen
erhebliche Mengen Zero Carbon
Lithium® für die Herstellung von
nachhaltigeren Batterien liefern.
www.v-er.eu
Oberfläche der größten Salzebene
der Welt, Salar de Uyuni, Bolivien.
62 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
63
ENERGIE
Auf dem Dach des neuen Quartiers wird Strom erzeugt, unter anderem für die
Wallboxen in der Tiefgarage. Diese gehören in den Wohnvierteln immer dazu,
so dass jeder Bewohner für sein Elektromobil eine Lademöglichkeit hat.
STROM
CLEVER
STEUERN
SCHLAUE WÄRMEWENDE
MIT ENOCOO
Wenn ganze Wohnviertel, Städte oder gar Regionen wie die TRK ihre
Energie aus regenerativen Quellen selbst erzeugen und den Verbrauch
Foto evohaus GmbH
Foto Stephan Baumann
schlau steuern könnten, dann wäre das ein großer Schritt zu einer CO2-
freien Gesellschaft. Doch dazu ist im Kampf gegen die heraufziehende
Klimakatastrophe eine „Wärmewende“ im Immobiliensektor notwendig.
Neben Verkehr und Industrie ist vor
allem die Wärmeversorgung von Gebäuden
für die Kohlendioxid-Emissionen
verantwortlich, weltweit für etwa 40
Prozent. Allein in Deutschland werden
durch rund 18,8 Millionen Wohngebäude
und rund 2,7 Millionen andere
Bauten jährlich ca. 120 Millionen
Tonnen des Treibhausgases CO2 in die
Atmosphäre geblasen. Das sind ca. 36
Prozent der Emissionen und davon gehen
wiederum etwa 90 Prozent auf das
Konto von Heizungen und Warmwasser.
Angesichts des drohenden Klimakollaps
hat der Bund beschlossen, den Gebäudebestand
bis allerspätestens 2050
klimaneutral mit Wärme zu versorgen.
Knapp über die Hälfte der in Deutschland
verbrauchten Energie wird für
die Erzeugung von Wärme und Kälte
verwendet, wie etwa für Heizungen,
Kühlschränke, Warmwasser, Prozesswärme
oder Klimaanlagen.
Kaum zu glauben, aber die dafür benötigte
Energie wird nach einem Bericht
des „Handelsblatt“ zu fast 85 Prozent
immer noch aus Kohle, Öl und Gas
gewonnen. Gerade einmal 14,5 Prozent
stammten 2019 aus erneuerbaren
Quellen. Fast genauso hoch war ihr
Anteil schon vor sieben Jahren.
Das zeigt deutlich, der Wärmebereich
wurde bislang vernachlässigt. „Im Wärmesektor
besteht der größte Nachholbedarf
bei der CO2-Einsparung“, sagt
Professor Dr. Gerd Hager.
Die „Wärmewende“, fordert der
Direktor des Regionalverbands Mittlerer
Oberrhein, solle „im Mittelpunkt
jeder modernen kommunalen Klimastrategie“
stehen.
Was ist damit gemeint? Die Wärmeversorgung
muss von fossilen Energieträgern
wie Kohle, Erdöl und Erdgas
auf erneuerbare Energien umgestellt
werden. Ohne diesen Schritt gelingt
die Energiewende nicht. Die Karlsruher
evohaus GmbH ist seit vielen Jahren
in diesem Bereich eines der führenden
Unternehmen Deutschlands. „In unseren
Quartieren gehört der ausschließliche
Einsatz erneuerbarer Energien zur
Wärmegewinnung zum Standard“, sagt
Geschäftsführer Heinz Hanen.
DER WILLE ZUM HANDELN
Wie bedeutsam die Erneuerbaren Energien
bereits heute sind, zeigen Zahlen
für das vergangene Jahr. 2020 wurde
durch ihren Einsatz der Ausstoß von
rund 227 Millionen Tonnen Treibhausgasen
vermieden. Mit anderen Worten:
ohne diese hätte der Treibhausgasausstoß
in Deutschland im Jahr 2020
um rund 227 Millionen Tonnen CO2-
Äquivalente höher gelegen. Rund drei
Viertel der vermiedenen Emissionen
(fast 181,1 Mio. Tonnen) entfielen dabei
auf den Stromsektor.
Bei der Wärmeversorgung wurden
lediglich rund 36,3 Millionen Tonnen
CO2 eingespart. „Entscheidend sind
der Wille zum Handeln und die konsequente
Beschäftigung mit dem Thema
vor Ort“, sagt Professor Gerd Hager.
Die kommunale Wärmeplanung habe
zwar in Pilotprojekten begonnen, doch
„auf Grundlage des Klimaschutzgesetzes“
werde sie nun „in der gesamten Region
ausgerollt“. Die baden-württembergische
Landesregierung will, dass künftig
alle von ihrer Ausrichtung und Beschaffenheit
her geeigneten Dachflächen mit
Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen
ausgestattet werden müssen. Sie dienen
der Selbstversorgung oder speisen
Strom und Wärme in die entsprechenden
Netze ein. „Bei Neubauten gilt:
so wenig Energie (Strom, Wärme) wie
nötig verbrauchen, so viel Energie wie
möglich selbst erzeugen“, sagt Hager.
VORAUSSETZUNG FÜR
CO2-FREIES LEBEN
In Zukunft wird die Wärmeversorgung
auf dem Zusammenspiel verschiedener
erneuerbarer Wärmetechnologien
sowie einer effizienten Kopplung mit
dem Stromsektor basieren. In evohaus-
Quartieren wird bereits heute für Heizung,
Warmwasser und alle anderen
Energiebedarfe einschließlich der
Wallboxen für Elektromobile nur Strom
eingesetzt. „Das ist eine Voraussetzung
für ein CO2-freies Leben“, sagt Hanen.
Für die aufwändige, technische Umsetzung
wurde das digitale Energiemanagement
enocoo entwickelt. enocoo
steht für „energy no CO2“, übersetzt
„Energie ohne CO2“. Das digitale
selbst lernende Steuerungssystem
übernimmt das komplette Energiemanagement.
Es steuert den Einsatz der
Energie, vergleicht den Bedarf mit dem
bereitgestellten Strom und leitet den
nicht benötigten in Batteriespeicher.
„Letztendlich kommt es darauf an, wie
wir den Einsatz und die Speicherung von
Strom schlau steuern, denn nur dadurch
können wir die lebenswichtige Energiesicherheit
für unsere Gesellschaft
gewährleisten“, erklärt Hanen.
Schlaues Energiemanagement sorgt
noch für einen weiteren Vorteil. In
evohaus-Quartieren müssen sich die
Bewohner nicht vor Energiepreiserhöhungen
fürchten. Im Gegenteil.
Je höher der Eigenverbrauch des selbst
erzeugten Stroms, um so günstiger wird
der Kilowattpreis.
FELIX KURZ
www.evohaus.com
64 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
65
START-UPS
UFO GESICHTET
Nachhaltig, ökologisch und dynamisch –
dafür steht die h-aero® Produktfamilie der Hybrid-Airplane
Technologies GmbH (HAT) aus Baden-Baden. Das Hybridflugzeug
soll sich zunächst als das innovativste, umweltfreundlichste
luftgestützte Trägermedium für Beobachtungs-, Forschungsund
Kommunikationsanwendungen und nachgelagert für
Mobilitäts- und Transportanwendungen etablieren. Die wichtigsten
Kundennutzen bestehen in der Flugdauer (bis zu mehreren
Tagen, perspektivisch 24/7) und der ausgeprägten Sicherheit
und Umweltfreundlichkeit des neuartigen Flugkonzepts,
das eine Kombination aus Flugzeug, Hubschrauber
und Ballon ist.
www.h-aero.com
CLUB LIFE
NEUES AUS
DER GRÜNDERSZENE
Zwischen Bruchsal und Bühl, Ettlingen und Landau in der Pfalz
gibt es viele geniale und innovative Köpfe. Mit seinen kreativen und
erfolgreichen Start-ups kann sich die TechnologieRegion Karlsruhe
sehen lassen.
KNIGHT RIDER
PER STECKER
Ein altes Auto einfach smart machen –
das macht PACE Link. Zusammen mit der
App für iOS oder Android kann der Fahrer
10 smarte Funktionen nutzen, etwa ein
Fahrtenbuch, Fehlercodes auslesen, das
Auto orten, einen Notruf absenden oder
die günstigste Tankstelle im Umkreis
finden. Einfach den OBD2-Stecker
einstecken und schon wird das Auto zum
Smartcar. Die Schnittstelle ist bei allen
Autos ab 2001 (Benziner) und 2004
(Diesel) vorgeschrieben. Ob das Auto mit
dem PACE Link kompatibel ist, lässt sich
mit wenigen Klicks ermitteln.
www.pace.car
Illustration Felicitas Riffel – Werbeagentur von Schickh
Das Vereinsleben in den digitalen
Raum verlagern, das kann nicht
funktionieren, denn ein Verein
lebt vom Zusammenkommen der
Mitglieder. Das zu koordinieren ist
mitunter gar nicht so einfach. Da
kommt die in Karlsruhe entwickelte
App Klubraum ins Spiel. Als eine
Art privates soziales Netzwerk,
bietet die App eine Plattform,
die genau auf die Bedürfnisse von
größeren Gruppen und Vereinen
zugeschnitten ist. Immer im Fokus:
einfache Kommunikationswege
und das soziale Miteinander, das
Vereine so wertvoll macht. Ob die
Bildung von Fahrgemeinschaften
zum Treffpunkt, schnelle Absprachen
mit dem Kursleiter oder
Kalender – ein Tool für den gesamten
Verein. Kostenlos und für iOS
und Android.
www.klubraum.com
67
66 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
67
„VERLASSE DIE WELT
EIN BISSCHEN BES-
SER, ALS DU SIE VOR-
GEFUNDEN HAST“
„CHANCEN ERKENNEN
UND ETWAS
DARAUS MACHEN“
CORNELIA PETZOLD-SCHICK
Oberbürgermeisterin der Stadt Bruchsal
MARGRET MERGEN
Oberbürgermeisterin der Stadt Baden-Baden
68 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Foto Simone Staron
Mussten Sie in Ihrem Leben schon einmal einen beruflichen
Neuanfang wagen?
Ich sage Kindern und Jugendlichen immer, ich bin nicht als
Oberbürgermeisterin auf die Welt gekommen. Ich habe in
meinem Leben mehr als einen beruflichen Neuanfang gewagt.
Begonnen habe ich meine berufliche Karriere nach dem Abitur
mit einer Banklehre. Danach habe ich beim Landeskriminalamt
Wirtschaftskriminalitätsdelikte bearbeitet. Parallel dazu habe ich
Jura studiert und erst danach die kommunalpolitische Laufbahn
eingeschlagen. Für mich bedeutete beruflicher Neuanfang immer
neue Chancen und Potenziale, insofern war es immer auch ein
Wagnis, das ich wegen der Visionen und den damit verbundenen
Gestaltungsmöglichkeiten eingegangen bin. Dies galt auch für die
Entscheidung für das Amt der Oberbürgermeisterin zu kandidieren.
Da es ein Wahlamt ist, war es im Vorfeld mit einem schwer zu
kalkulierenden Unsicherheitsfaktor verbunden.
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Ich habe viele Gestaltungsmöglichkeiten. Zusammen mit den
verschiedenen städtischen Akteuren wie Unternehmen, Vereinen,
caritativen Institutionen, Kirchen, von denen ich viele Impulse
erhalte, kann ich meine Visionen von einer modernen Stadt umsetzen.
Mit den Menschen dazu ins Gespräch zu gehen, ihre Ideen
zu hören und aufzunehmen, sie zu überzeugen, zu begeistern und
mitzuziehen, das ist das, was meinen Job zum schönsten Job der
Welt macht.
Was hat Sie in Ihrem Leben inspiriert oder motiviert?
Das pfadfinderische Leitmotiv „Verlasse die Welt ein bisschen
besser, als du sie vorgefunden hast“ ist für mich in meinem Leben
handlungsleitend. Außerdem sind Menschen mit großen Visionen,
die diese gelebt und sich auch gegen Widerstände durchgesetzt
haben, für mich inspirierend, wie zum Beispiel Nelson Mandela.
Ich bewundere, dass er nach dreißig Jahren Gefängnis noch Kraft
für weitere politische Aktionen hatte.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Margret Mergen ist eine sehr gut strukturierte Oberbürgermeisterin
mit einem hohen Finanz- und Wirtschaftssachverstand und
viel Freude an neuen Herausforderungen. Ihre Stärke ist, dass
sie die Themen systematisch aufarbeitet, von den verschiedenen
Perspektiven aus beleuchtet und dadurch richtungsweisende
Innovationen, gerade für die TechnologieRegion, angestoßen hat.
Das schätze ich sehr an ihr. Im Übrigen ist Baden-Baden natürlich
eine Stadt, die mit einem ganz besonderen Charme lockt. Das
passt gut zu ihr.
Haben Sie auch das Gefühl, dass wir immer häufiger mit
Krisen konfrontiert werden und uns deshalb auch beruflich
immer häufiger neu orientieren müssen?
Es scheint tatsächlich, dass schwierige Situationen wie etwa die
Finanz- oder die Flüchtlingskrise, aber auch die Klima- und jetzt
die Corona-Krise, immer häufiger zu ganz besonderen Herausforderungen
für uns werden. Zudem wächst die Innovationsgeschwindigkeit
exponentiell: Wissen und Austausch in Echtzeit durch die
Digitalisierung ist längst zur Normalität geworden. Das Positive
dabei ist, dass immer mehr Menschen jederzeit über alles im Bilde
sein und im Grunde weltweit kommunizieren können. Bei alledem
immer die nötige Balance zu finden und angemessen zu reagieren,
erfordert auch von mir Gelassenheit und Fingerspitzengefühl.
Woher schöpfen Sie Kraft, was sind Ihre Energiequellen,
wenn Sie den Weg aus der Krise gehen müssen?
Für mich ist der aktuelle Augenblick immer der Wichtigste: also
der Mensch, der mir gerade gegenübersteht, ist für mich in dem
Moment der Wichtigste. Zudem lege ich Freude über gelungene
Dinge immer doppelt, und Dinge, die nicht so optimal liefen, nur
zur Hälfte auf die Waage, getreu dem Motto „Geteilte Freude ist
doppelte Freude und geteiltes Leid ist halbes Leid“. Das hat mir
in meinem bisherigen Leben ganz gut geholfen und wird es sicher
auch künftig.
Welchen Beruf haben Sie sich als Kind immer gewünscht?
Schon als kleines Mädchen war mein Berufswunsch, am liebsten
gleichzeitig Meeresforscherin und Weltraumforscherin zu werden.
Den Dingen auf den Grund zu gehen und etwas zu bewegen – ja,
das hat mich schon immer fasziniert.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Ich lerne gerne vom Erfolg angesehener und in der Bürgerschaft
fest verankerter Kolleginnen und Kollegen. Ich erlebe Kollegin
Cornelia Petzold-Schick als innovationsorientierte und experimentierfreudige
OB. Deswegen würde ich gerne Innovationen
ausprobieren, etwa in Kooperation mit der Wirtschaft, beispielsweise
mit dem Unternehmen SEW Eurodrive in Bruchsal. Mit
dem Installieren induktiver Elektrolademöglichkeiten auf unseren
öffentlichen Parkplätzen hätten wir keine Probleme mehr mit
Ladesäulen und Ladekabeln. Das wäre ein herausforderndes Ziel.
Foto Christine Haumann-Frietsch
69
MOBILITÄT
INITs Systeme zur Auslastungsprognose ermöglichen Abstandhalten im ÖPNV.
#INITTOGETHER
ZUSAMMENSTEHEN IN PANDEMIEZEITEN
Gemeinsam sind wir stärker: Dafür steht #INITtogether. Es ist der Leitspruch von INIT in dieser so besonderen
Zeit, die sich in zahlreichen Branchen verheerend auswirkt. Als IT-Lieferant von Verkehrsunternehmen,
die weltweit mit einem drastischen Rückgang der Fahrgastzahlen zu kämpfen haben, sieht sich INIT
derzeit noch mehr als sonst gefordert, mithilfe von neuen Technologien zur Bewältigung dieser Krise beizutragen.
Schnell wurden deshalb Lösungen entwickelt, die das Abstandhalten im öffentlichen Nahverkehr
ermöglichen und so das Vertrauen der Fahrgäste in die Sicherheit des ÖPNVs stärken. Denn bei INIT sind
wir überzeugt: Die COVID-19-Pandemie wird den Trend zu einer nachhaltigen Mobilität nur kurzfristig
unterbrechen.
Foto iStock.com/Adrian Selige
Foto © INIT
Kreditkarte am Bordrechner: Die INIT Lösungen für kontaktloses Bezahlen sind weltweit im Einsatz.
#INITTOGETHER: INNOVATIVE
IT-LÖSUNGEN FÜR HERAUS-
FORDERNDE ZEITEN
Überfüllte Busse und Bahnen zu vermeiden
ist das Gebot der Stunde – und
INIT bietet seit 2020 die passenden
Systeme an, um den Besetztgrad von
Bussen und Bahnen in Echtzeit zu ermitteln
und zu steuern. Erfasst werden
die ein- und aussteigenden Fahrgäste
mittels des Sensors eines INIT Tochterunternehmens,
der in seiner Genauigkeit
weltweit einzigartig ist. Durch
INIT Software wird die Auslastung der
Fahrzeuge dann präzise berechnet.
So werden die Mitarbeitenden in der
Leitstelle in der Folge dabei unterstützt,
volle Fahrzeuge zu identifizieren
und entsprechend gegenzusteuern.
Die Informationen über die Auslastung
einzelner Fahrzeuge können
Verkehrsunternehmen auch ihren
Fahrgästen zur Verfügung stellen –
z.B. über Apps oder andere Medien
der Fahrgastinformation – und es
ihnen so erleichtern, auf weniger volle
Verkehrsmittel auszuweichen. Auch
beim Fahrscheinkauf gilt es Abstand zu
halten. Aus diesem Grund bietet INIT
den Verkehrsunternehmenneben ihren
Verkaufs- und Fahrgastterminals verschiedene
Lösungen für kontaktloses
Bezahlen beim Fahrer oder an Vorverkaufsstellen
an, z. B. über modernste
Fahrscheindrucker und Kartenlesegeräte.
Alle Varianten reduzieren den
Kontakt im Vergleich zur Barzahlung.
Und diese Lösungen kommen an: Weltweit
sind zahlreiche INIT Systeme für
kontaktloses Ticketingim Einsatz.
So zählen beispielsweise die Verkehrsunternehmen
aus Nottingham,
Portland, Turku und seit Kurzem auch
Oldenburg zu INITs Kunden.
#INITTOGETHER: NEUE WEGE
ZUR PFLEGE DER KUNDENBE-
ZIEHUNGEN
Die engen Beziehungen zu den Kunden
trotz erschwerter Bedingungen pflegen
und ausbauen und Projekte termingerecht
abschließen: Das hat für INIT
auch in Zeiten von Corona höchste
Priorität. Auch dann, wenn der Kunde
auf der anderen Seite des Erdballs sitzt.
So wurden für das Verkehrsunternehmen
ORCA in Seattle, USA, mithilfe
von acht Kameras die Funktionen
der beauftragten Ticketinggeräte live
demonstriert und ein aus mehr als
100 Punkten bestehender Testplan
erfolgreich absolviert. Denn wo kein
persönliches Zusammentreffen möglich
ist, findet INIT andere Formen der
Interaktion. Das galt auch für die von
den Vertretern der Verkehrsunternehmen
sehr geschätzte Anwendertagung,
die kurzerhand in den virtuellen
Raum verlegt wurde. Live-Streams in
Deutsch und Englisch versorgten die
Teilnehmenden mit aktuellen Informationen
über neuste INIT Technologien;
virtuelle Meetingräume boten anschließend
die Gelegenheit zum fachlichen
Austausch.
#INITTOGETHER: WEITERHIN
MIT VOLLEM EINSATZ FÜR
NACHHALTIGE MOBILITÄT
Schnell und flexibel auf die neue Situation
reagiert hat INIT auch in Bezug
auf die Belegschaft: Bereits seit einem
Jahr arbeiten die Angestellten weltweit
größtenteils aus dem Homeoffice –
eine hochmoderne und selbstverständlich
den höchsten Sicherheitsstandards
angepasste IT-Infrastruktur macht das
möglich. So konnte, anders als in vielen
anderen Branchen, effizient weitergearbeitet
werden.
Damit blieb es den INIT Mitarbeitenden
weiterhin möglich, sich mit ganzer
Leidenschaft für eine nachhaltige Mobilität
einzusetzen und den ÖPNV mit
kreativen und innovativen IT-Lösungen
voranzubringen. Dieses Engagement
und diese Begeisterung sind, ebenso
wie Teamgeist, flache Hierarchien und
Agilität, integraler Bestandteil der INIT
Unternehmenskultur. Auch dafür steht
#INITtogether.
ANETTE AUBERLE
www.initse.com
70 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
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Stadt Karlsruhe
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MOBILITÄTS-
Mehr Mobilität und zeitgleich weniger Verkehr, wer wünscht sich das
nicht. Aber wie lässt sich Mobilität im Alltagsleben umsetzen, ohne dass
die mittlerweile vielmals außer Rand und Band geratenen Verkehrsflüsse
Mensch und Umwelt komplett überfordern und zum Kollaps bringen?
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WLAN
Unbegrenzt im
Internet surfen?
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MODERNE VERKEHRSKONZEPTE KOMMEN IN
ZUKUNFT AUS KARLSRUHE
Foto pexels.com/Zhang Kaiyv
Mit dieser und ähnlichen Fragen beschäftigt sich das im Oktober 2020
neu eröffnete und deutschlandweit einmalige „Baden-Württemberg
Institut für Nachhaltige Mobilität“ (BWIM) in Karlsruhe.
Liefern soll die funkelnagelneue
Institution relevante, wissenschaftliche
Grundlagen für ansprechende
und nachhaltige Mobilitätskonzepte,
insbesondere für den öffentlichen
Nahverkehr wie Bus und Bahn. Dazu
werden die Kompetenzen sämtlicher
Hochschulen in Baden-Württemberg
gebündelt und zentral von der Hochschule
Karlsruhe - Technik und
Wirtschaft gesteuert. Das Umsetzen
der kreativen Projekte ist der Motor,
die Folgen des Klimawandels möglichst
rasch in den Griff zu bekommen.
Städte, Kommunen und Verkehrsbetriebe
aus dem ganzen Land können
sich also auf Unterstützung der
Mobilitäts-Ideenschmiede für originelle
Verkehrslösungen freuen.
Dafür investiert die Landesregierung
650.000 Euro bis Anfang 2022,
danach soll es eine dauerhafte Förderung
geben. Der Klimaschutz ist eine
der zentralen Aufgaben in Zeiten wie
diesen, und auch das Land Baden-
Württemberg will sich natürlich nicht
vor der Verantwortung drücken,
seinen Beitrag dazu zu leisten. „Es ist
ein entscheidender Schritt bei der
Bekämpfung der Folgen des Klimawandels,
und dabei vorauszudenken
und nachhaltige und innovative Konzepte
für Mobilität im Sinne
des Klimaschutzes zu entwickeln,“ sagte
Wissenschaftsministerin Theresia
Bauer bei der Institutseröffnung.
NETWORKING
Das BWIM (Baden-Württemberg
Institut für Nachhaltige Mobilität)
ist eine Fortführung des Reallabors
„GO Karlsruhe!“ und hat Rückendeckung
vom Verkehrsministerium
Baden-Württemberg. Ziel ist, relevantes
Know-how in einer „Kompetenzlandkarte“
aus den Bereichen
Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und
Verwaltung zusammenzubringen.
Seit dem Start wird unter Hochdruck
an einer Aufstellung der vorhandenen
Professuren aller staatlichen Hochschulen
gearbeitet.
Die ersten Kontakte im Rahmen einiger
Projektideen sind schon geknüpft
und Prof. Dr. Christoph Hupfer,
Institutsleiter und Studiendekan des
Bachelorstudiengangs Verkehrssystemmanagement
an der Hochschule
Karlsruhe, ist sich sicher: „Wir werden
nicht nur darüber reden, wie nachhaltige
Mobilität geht, sondern diese
auch auf die Straße bringen, auch in
neuen Konstellationen und mit unkonventionellen
Ideen. Wir müssen jetzt
etwas tun – für den Klimaschutz und
die Lebensqualität in der Stadt und
auf dem Land.“ >>
In Karlsruhe mit KA-WLAN –
in der Region mit BADEN-WLAN.
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© Stadt Karlsruhe | Layout: Streeck |
Bild: Dennis Dorwarth Photographie
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72 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Foto Tobias Schwerdt
>>
WISSEN IST MACHT
Auch Weiterbildung in nachhaltigen
Disziplinen ist gefragt wie nie, deshalb
ist mit der Mobilitätszentrale
Baden-Württemberg ein zertifiziertes
Weiterbildungsangebot im Mobilitätsmanagement
für die Landesverwaltungen
entwickelt worden. Die Chancen
stehen gut, dass wir in absehbarer
Zeit auf einen „Nachhaltigkeitslehrer“
treffen oder die Hilfe eines Mobilitätsbeauftragten
in Anspruch nehmen
können. Dazu wird ein Pilotlehrgang in
der ersten Jahreshälfte 2021 gestartet.
Auch der Landeselternverband
und Mitglieder der „fridays for future“
Bewegung haben sich zusammengetan
und basteln derzeit an einem Weiterbildungskonzept
mit dem humorvollen
Arbeitstitel „Mobilitätskäpsele“.
SPEED-DATING FÜR NACH-
HALTIGE MOBILITÄTSIDEEN
SPEED-DATING FÜR NACH-
HALTIGE MOBILITÄTSIDEEN
Schon zum Einstand des neuen Instituts
wurden bei einem Speed-Dating
die neuesten Ideen für nachhaltige
Mobilität gesammelt. An mehreren
Treffpunkten konnten je zwei Teilnehmer
ihre Ideen unter dem Motto
„Gemeinsam sind wir einfach besser
unterwegs!“ diskutieren. In einem
abschließenden Pitch wurden die
verschiedenen Projekte vorgestellt, die
mithilfe des BWIM umgesetzt werden
sollen. Verkehrsministerin Theresia
Bauer möchte die Wartezeit des Weges
in ländlicheren Gebieten zur ÖPNV-
Haltestelle deutlich verringern und
träumt davon, „dass wir individuellere,
kleinere, sauberere Fahreinheiten auf
die Straße bringen und diese werden
wohl autonom sein müssen“. Sie
möchte, „dass jeder Campus, der
über 50 Hochschulen im Land in
Zukunft Vorzeigeräume werden,
Zukunftslabore für emissionsfreie
Mobilität, an denen man erleben
kann, wie nachhaltige Mobilität
funktionieren kann, um Begeisterung
bei der Bevölkerung zu wecken.“
Minister Hermann macht sich stark
dafür, Übergangsräume zu schaffen
zwischen der Stadt und dem ländlichen
Raum in Form von Co-Working-
Stations, um Berufspendeln zu verringern
oder ganz zu vermeiden,
„die öffentliche Versorgung der
kurzen Wege führt zu weniger
Emissionen und vermeidet Stress“.
FAHRRAD-RALLYE ZUM START
DER STIFTUNGSPROFESSUR
RADVERKEHR
Anfang März hatte die Hochschule
Karlsruhe – Technik und Wirtschaft
unter dem Motto „Auf dem Weg zur
Radprof.“ ein breites Publikum zu
einer Fahrrad-Rallye eingeladen.
Mit einem funktionstüchtigen Fahrrad
und einem Smartphone konnte sich
jeder Interessierte daran beteiligen.
Erstmals fördert das Bundesministerium
für Verkehr und digitale Infrastruktur
(BMVI) an sieben Hochschulen
Professuren für den Radverkehr. Ziel
ist es, die Wünsche von Radfahrern
in einem nachhaltigen Mobilitätsmix
unter einen Hut zu bringen – von der
Infrastrukturplanung über Mobilitätsmanagement
bis zur fahrradfreundlichen
Gesetzgebung.
MOBILITÄT
BRUCHSAL
INNOVATIONSSTANDORT
MIT HOHER LEBENSQUALITÄT
„Kennzeichnend für Bruchsal ist sein dynamisches Wachstum. Bruchsal hat sich in den vergangenen
Jahren zu einem bedeutenden Mittelzentrum und Innovationsstandort innerhalb der Technologie-
Region Karlsruhe entwickelt“, sagt Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick.
Bruchsal beheimatet neben zahlreichen
innovativen Unternehmen einen der
größten Global Player der Antriebstechnik.
Um den Bruchsaler Bahnhof
herum entwickelt sich westlich der
Gleise mit der Bahnstadt ein modernes,
urbanes Wohnumfeld, während östlich
eine lebendige Innenstadt nur wenige
Gehminuten entfernt ist.
Es ist genau diese Mischung, die
Bruchsal ausmacht. „Nicht ohne Stolz
können wir heute sagen, dass es sich in
Bruchsal gut leben und arbeiten lässt.
Dafür haben wir uns als Stadt schon
früh den Herausforderungen gestellt
und mutig den Aufbruch in das digitale
Zeitalter gewagt“, so Cornelia Petzold-
Schick. Transformationsprozesse aktiv
zu gestalten, genau das ist das Credo
der Politik in Bruchsal. Dabei geht es
konkret darum, gute Rahmenbedingungen
für den Ausbau und die Ansiedelung
innovativer Unternehmen zu schaffen
und den Bürgern sowie den Fach- und
Nachwuchskräften, die mit ihren Familien
nach Bruchsal kommen, ein gutes
Lebensumfeld zu bieten. „Dazu haben
wir mit allen Akteuren vor Ort die Vision
einer wirtschaftlich kraftvollen und
von gemeinschaftlichen Innovationen
geprägten Zukunft entwickelt“, ist die
Oberbürgermeisterin überzeugt.
Schon heute ist in Bruchsal die Zukunft
an vielen Orten erlebbar. Sie trägt
dabei Namen wie Zeo, Max und Moritz.
46 „Zeos“ sind als Baden-Württembergs
größte ländliche Elektro-
Car sharingflotte seit vier Jahren in
Bruchsal unterwegs. Sie werden ergänzt
durch die Flotte des kommunalen
E-Roller sharings Moritz. Für die letzte
Meile stehen das Fahrradverleihsystem
„KVV.nextbike“ und der MaxBus
der Stadtwerke Bruchsal zur Verfügung.
Zusammen mit dem Bahn- und
Busangebot des Karlsruher Verkehrsverbundes
KVV verknüpfen sie das
Mittelzentrum mit der Region. Die
Foto Hans-Peter Safranek
verkehrsgünstige Lage mit Anschluss
an den Bahn-Fernverkehr und die
Bundesfernstraßen machen Bruchsal zu
einem attraktiven Standort für Neuansiedlungen
jeder Größenordnung.
„Wenn wir heute ein zukunftsweisendes
Mobilitätskonzept realisieren wollen,
brauchen wir einen in der Region aufeinander
abgestimmten ÖPNV-Ausbau.
Unseren Bahnhof zu einem echten
Mobilitätsdrehkreuz auszubauen, sehe
ist als eine unserer wichtigsten, städtischen
Aufgaben, um die Mobilität der
Zukunft Realität werden zu lassen. Mit
der Verlegung und Neugestaltung des
zentralen Busbahnhofs gehen wir hier
die ersten Schritte“, sagt die Bruchsaler
Oberbürgermeisterin.
EFEUCAMPUS UND HUBWERK01 –
PROJEKTE „MADE IN BRUCHSAL“
Anfang dieses Jahres wurde in Bruchsal
Deutschlands erster autonom fahrender
Roboter zur Paketauslieferung
vorgestellt. Dies ist der erste große
Meilenstein des Leuchtturmprojektes
EfeuCampus, das durch das Land
Baden-Württemberg und die Europäische
Union gefördert wird.
Als nächster Schritt dieses Projektes
wird auf dem ehemaligen Kasernengelände
die erste urbane, autonome
Güterlogistik der letzten und vorletzten
Meile in Echtzeit realisiert, ein
wichtiger Schritt zum LastMileCityLab.
Künftig werden weitere Logistik-
Lösungen gemeinsam mit Projektpartnern
wie SEW-Eurodrive, Volocopter,
der PTV Group, big. bechtold-gruppe,
dem FZI Forschungszentrum Informatik,
der Hochschule Karlsruhe und dem
Karlsruher Institut für Technologie
entwickelt.
„Innovation gepaart mit Pragmatismus,
das zeichnet uns hier in Bruchsal aus.
Wir probieren es aus und bringen es
dann weiter hinaus in die Welt —
ganz in der Tradition von Bertha
Benz“, sagt Oberbürgermeisterin
Cornelia Petzold-Schick.
Die elektrisch angetriebenen Lastendrohnen
der ebenfalls hier ansässigen
Firma Volocopter sollen zukünftig
ebenso ein Teil des Reallabors sein
und damit auch die vorletzte Meile im
Logistikprozess einschließen.
„Um die Mobilität der
Zukunft zu realisieren, ist
eine unserer wichtigsten
Aufgabe, unseren Bahnhof
zum Mobilitätsdrehkreuz
auszubauen.“
Fast zeitgleich mit dem EfeuCampus
hat Bruchsal den Zuschlag für die
Landesförderung des HubWerk01
erhalten, eines von zehn Digitalisierungszentren
in Baden-Württemberg.
80 Unternehmen, Start-ups,
Hochschulen und weitere Organisationen
haben sich im HubWerk01
bisher zu einem starken Netzwerk
zusammengefunden.
Es unterstützt Start-ups, Industriepartner
und Kommunen als Innovation
Lab mit seinem Angebot Tomorrow
Camp. Das Format dient dazu schneller
und umfassender in Richtung
Smart City, Smart Mobility oder
Industrie 4.0 zu gelangen. Im Rahmen
eines Tomorrow Camps zeichnen Unternehmen
und Kommunen mit ihren
Mitarbeitenden, Bürgern und weiteren
Stakeholdern ein gemeinsames, konkretes
Zielbild 2050.
TRANSFORMATION BRAUCHT
SOZIALE DIMENSION
„Nur, wenn wir neben den ökonomischen
Aspekten gleichermaßen auch
die soziale Dimension von Nachhaltigkeit
in den Blick nehmen, können
wir die Transformationsprozesse
erfolgreich gestalten“, sagt Oberbürgermeisterin
Cornelia Petzold-Schick.
Bruchsal wächst und zählt aktuell
bereits über 45.000 Einwohner. Das
Foto Simone Staron
stellt für die Stadt eine große Herausforderung
dar - ist sie doch gefordert
ausreichend bedarfsgerechten und
bezahlbaren Wohnraum vorzuhalten.
Innovative Stadtquartiere, wie sie
derzeit mit der Bahnstadt realisiert
werden, sowie Umlegungs- und
Erschließungsmaßnahmen an verschiedenen
Standorten stellen dazu
die städtebauliche Entwicklung
sicher. „Ein wichtiger Standortfaktor
ist eine verlässliche, soziale Infrastruktur,
die Eltern wie Alleinerziehenden
die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf ermöglicht. Darin investieren
wir seit Jahren viel“, erläutert die
Oberbürgermeisterin.
Mit Erfolg, denn nach 2015 wurde die
Stadt 2020 bereits zum zweiten Mal
mit dem Prädikat „Familienbewusste
Kommune plus“ ausgezeichnet.
Bruchsal überzeugt dabei mit einem
vorbildlichen System der Kinder- und
Schulkindbetreuung, vielen Angeboten
für Jugendliche und für Senioren.
„Gerade in Corona-Zeiten wird wie
im Brennglas deutlich, wie bedeutsam
ein familienfreundliches Umfeld nicht
nur für die Entwicklung des Innovationsstandortes
ist, sondern gerade für
die Menschen, die in Bruchsal leben“,
betont die Oberbürgermeisterin.
www.bruchsal.de
76 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
77
MOBILITÄT
INNOVATIVES LOGISTIK- UND LIEFERKONZEPT:
GÜTERTRANSPORT PER STADTBAHN
Der stetig wachsende Lieferverkehr stellt Kommunen, Bürger und Logistikunternehmen vor große Herausforderungen.
Haupttreiber dieser Logistik sind die rasante Dynamik des Online-Handels, die Individualisierung
und eine stärker werdende Differenzierung des Angebots insbesondere für die urbane Bevölkerung.
Das führt zu einem sichtbaren „Alltag“ in Karlsruhe: Straßen
sind verstopft, Fahrradspuren werden durch Lieferdienste
blockiert, Lieferantenfahrzeuge stehen in zweiter Reihe und
sorgen für Staus im innerstädtischen Verkehr. Hier will die
Gesamt initiative „regioKArgo“ künftig mit einer speziell
umgerüsteten Stadtbahn Abhilfe schaffen. Güter könnten
auf der Schiene in die Karlsruher Innenstadt transportiert
und von dort aus klimafreundlich an die Kunden ausgeliefert
werden. Unter der Federführung des Automotive Engineering
Network (aen) und der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG)
haben sich zahlreiche Partner zusammengefunden, um diese
gemeinsame Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
MASSIV ANSTEIGENDE LIEFERFAHRTEN IN DER CITY
Die Zunahme der Kurier-Express-Paket-Dienste (KEP) ist
deutlich: Waren zum Beispiel 2018 in Karlsruhe noch täglich
rund 315 Sprinter von sämtlichen Dienstleistern unterwegs,
gehen Prognosen für die kommenden zwei Jahre von einer
Zunahme auf rund 370 Sprinter aus, die jeden Tag in der
Stadt unterwegs sein werden, um pro Einwohner im Schnitt
dann jährlich 50 Pakete zuzustellen. „Hier müssen wir
ansetzen“, betont Waldemar Epple, Vorstandsvorsitzender
Waldemar Epple, aen (l.),
und Ascan Egerer, AVG,
demonstrieren symbolhaft
das Vorhaben.
des aen: „Wir wollen eine nachhaltige Logistik in der Region
schaffen – unter Berücksichtigung sozialer, ökonomischer
und ökologischer Ziele.“ Dabei sei der Ansatz klar: Es müsse
ein zukunftsorientiertes, ganzheitliches und kundenzentriertes
Logistikkonzept für Stadt und Region sein.
„Wir wollen bereits in naher Zukunft die Technik für eine
neuartige Güterstadtbahn entwickeln, welche die Kisten und
Pakete mit Ökostrom und damit umweltfreundlich in das
Karlsruher Stadtgebiet fahren soll“, sagt Ascan Egerer,
technischer Geschäftsführer der AVG. Er ergänzt: „Wir
wollen in den kommenden Monaten gemeinsam mit unseren
Partnern einen ersten Prototypen einer solchen Bahn
entwickeln und diesen dann ausgiebig testen.“ Das Nahverkehrsunternehmen
hat jahrzehntelange Erfahrung im
Stadtbahnbetrieb und genießt mit dem vor Ort erfundenen
„Karlsruher Modell“ weltweites Renommee.
Die Probleme des Status quo sind vielfältig und bieten viele
interessante Ansatzpunkte: Immer mehr Bürger sind von
Lärm und Emission des Verkehrs genervt, wertvolle Verkaufsflächen
werden als Lager „entfremdet“ und KEP-Dienstleister
Foto pixelgrün/aen
Foto Uli Deck / dpa
beliefern deckungsgleiche Gebiete. Zudem wird die knappe
Infrastruktur oftmals nicht entsprechend genutzt. Es geht um
Fahrzeugverfügbarkeit, Gewinnung von Personal, Mehrfachbelieferungen
bei abwesenden Empfängern oder ungünstige
Lieferzeitpunkte. Das aen ist hier zugleich Initiator, Vermittler
und Beschleuniger von Innovation – und betont den Netzwerkgedanken,
denn nur gemeinsam lassen sich diese Herausforderungen
meistern. „Wir wollen dazu Anforderungen und
Bedürfnisse der Anbieter und Nutzer ins Konzept einbinden“,
so Epple. Dazu gelte es, technische Innovation einzubinden in
effizientere Prozesse, individuelle Lösungen und ökologische
und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, bei denen nichtproprietäre
Lösungen wichtig sind.
Daher haben sich mehrere Projektpartner zusammengefunden,
um mit „regioKArgo“ neue Formen des Warenladungs- und
Lieferverkehrs zu untersuchen – und dann umzusetzen. „Wir
wollen verstärkt den Lieferverkehr von der Straße auf die
Schiene verlagern, Prozesse automatisieren, die Verteilung
bündeln und die so genannte letzte Meile der Belieferung
emissionsfrei gestalten“, so Epple. Hier dockt das Projekt „LogIKTram“
unter der Federführung des KIT an, eine Stadtbahnbasierte
Logistik, die bestehende Infrastruktur nutzt. Ein
Baustein auf dem Weg, Verkehr vor Ort zu entlasten und
Klima zu schützen.
Dabei könnten unter anderem entsprechend umgerüstete
Stadtbahnen neben dem Personentransport auch für die
Beförderung von Waren eingesetzt werden. „Das vom öffentlichen
Personennahverkehr bekannte und von VBK und AVG
seit vielen Jahren erfolgreich betriebene ‚Karlsruher Modell‘
bietet auch für diese Anwendung beste Voraussetzungen,
um die Verkehrswende auch im Güter- und Warentransport
zu ermöglichen – in Stadt und Region“, so Ascan Egerer,
technischer Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe
und der AVG.
INNOVATIVE LOGISTIK- UND LIEFERKONZEPTE
Bei einer Neuausrichtung des Güterverkehrs geht es unter
anderem im Verbund um elektrische Zustellung, das Ausnutzen
Alltag in Karlsruhe:
ÖPNV, individuelle
Mobilität und KEP-
Dienstleister nutzen
die weniger werdenden
Flächen im öffentlichen
Raum. Smarte Lösungen
sind für eine nachhaltige
Logistik in der
Region nötig.
verkehrsschwächerer Zeiten, die Bündelung von Prozessen,
die Einbindung geeigneter IT-Werkzeuge, Mikro depots, Güter
per Straßenbahn, eine effizientere Auslastung, Nachhaltigkeit,
Kosten und die Nutzung von alternativen „Last mile“-
Angeboten: Citylogistik muss effizienter und verträglicher
werden. Es geht um einen Prozess, der alle Partner auf dem
Weg mitnehmen muss, dabei aber individuelle Lösungen bietet,
denn es muss eben nicht sein, dass jeder Dienstleister parallel in
die Stadt liefert.
Innovative Logistik- und Lieferkonzepte können einen
wichtigen Beitrag dazu leisten, Verkehrsbelastungen in
Städten zu reduzieren – und die fachliche Expertise ist in der
Technologie Region Karlsruhe vorhanden. Deshalb sind bei
„regioKArgo“ namhafte Partner mit von der Partie – ob aus
dem Bereich der Mobilität, Kommunen, Forschungseinrichtungen,
Logistik und andere Dienstleistungsunternehmen.
Das Mobilitätsnetzwerk der Region, „Automotive Engineering
Network“ (aen) bündelt dabei diese Aktivitäten.
2022 SOLL EIN REALLABOR STARTEN
„Das Gesamtprojekt bietet eine große Chance, die Klimawende
für die TRK durch nachhaltige Konzepte als Alternative
zur bisherigen Form des Gütertransports zu beschleunigen“,
so Waldemar Epple, denn bei „regioKArgo“ beliefern die
verschiedenen KEP-Dienstleister außerhalb der Stadt
Konsolidierungscenter an Gleistrassen, automatisiert werden
die Waren mit Trams gebündelt in die Stadt zu City-Hubs
gebracht, von denen aus die Waren dann innerhalb der Stadt
in der Feinverteilung zum Beispiel mit Lastenrädern oder
autonomen Paketrobotern ausgeliefert werden können.
„Die Bündelung von Logistikströmen in jeder Stufe spart
deutlich Lieferverkehr“, sind sich Epple und Egerer einig –
und macht die Wichtigkeit eines hohen Automatisierungsgrads
im Prozess deutlich. Bereits 2022 könnte ein erster
Prototyp in einem Reallabor auf die Strecke gebracht werden.
JO WAGNER & MICHAEL KRAUTH
www.ae-network.de
78 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
79
„JEDER NEUSTART
BIETET NEUE
MÖGLICHKEITEN“
„DER UMGANG
MIT KRISEN MUSS
ERLERNT WERDEN“
PROF. ECKART KÖHNE
Direktor Badisches Landesmuseum Karlsruhe
MARTIN WACKER
Geschäftsführer Karlsruhe Marketing und
Event GmbH (KME)
80 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Foto ARTIS – Uli Deck
Wenn Sie die Chance hätten, ihr Leben nochmal von vorne zu
beginnen, was würden Sie anders machen?
Ich würde versuchen, als junger Mensch noch viel mehr zu lernen,
vor allem Sprachen, aber auch viel mehr Wissen. Selber etwas
können bringt einen weiter, man kann schließlich nicht alles
Google und künstlicher Intelligenz überlassen.
Mussten Sie schon mal einen beruflichen Neuanfang wagen?
Ja, mehrmals – und ich habe immer gerne neu angefangen. Ein
neuer Start bietet immer viele neue Chancen und Möglichkeiten.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – stimmen Sie dem zu?
Unbedingt. Wir erleben beispielsweise gerade an den Museen den
digitalen Wandel, der uns viel abverlangt. Dabei wirklich Neues
zu schaffen, bedeutet, ins Risiko zu gehen. Das gilt auch für viele
andere Arbeitsbereiche.
Woher schöpfen Sie Kraft, was sind Ihre Energiequellen,
wenn Sie den Weg aus der Krise gehen müssen?
Ich trenne Arbeit und Privatleben, soweit es nur möglich ist.
Im Privaten das Leben zu genießen, schafft neue Energie.
Carpe Diem!
Was darf für Sie in einer Zusammenarbeit nicht fehlen?
Zuverlässigkeit, Vertrauen und ein gemeinsames Verständnis von
den Zielen, die es zu erreichen gilt. Wenn man dann noch menschlich
auf einer Wellenlänge ist, kann man Großes erreichen.
Was macht Ihren Job zum schönsten Job der Welt?
Der Umgang mit Geschichte, Kultur und Kunst, vor allem aber
mit faszinierenden Stücken aus tausenden von Jahren.
Außerdem ist das Schloss sicher einer der schönsten Arbeitsplätze
in Karlsruhe.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Als Künstler kreativ zu sein, darüber hinaus die kreative Energie
in Ideen für Events umzusetzen und die dann perfekt zu organisieren
– diese ganz verschiedenen Schritte selbst verbinden zu
können, ist bewundernswert. Und dann auch noch so vieles zu
realisieren – zum Staunen! Wenn man das lernen könnte, wäre
ich gerne dabei.
Was bedeutet für Sie Aufbruch/Neustart?
Aufbruch muss nicht immer ein Neustart sein. Auch in laufenden
Projekten kann es einen Aufbruch geben, denn Veränderung
ist Aufbruch und damit der permanente Weg zur Verbesserung.
Einen Neustart muss man hinlegen, wenn das Existierende grundsätzlich
nicht mehr funktioniert. Dann lieber ein Ende mit Schrecken
als ein Schrecken ohne Ende. Dazu gehört auch Ehrlichkeit.
Was hat sich oder was wird sich durch die Krise verändern?
Unsere Reaktionszeit MUSS sich verändern, wir müssen viel schneller
reagieren. Beispielsweise hatten wir Ende März vier Tage (!) nach
dem ersten Lockdown unsere Online-Plattform für Gastronomie
und Handel online, gemeinsam mit Tourismus, Wirtschaftsförderung
und der Handelsvertretung CIK. So muss das sein!
Mussten Sie schon einmal einen Neuanfang wagen?
Ja, nach dem überraschenden Ende des erfolgreichen Regionalsenders
Welle Fidelitas. Von heute auf morgen standen 33 Redakteure
und Mitarbeiter auf der Straße – aber viele haben dieses unschöne
Ende einer Ära für einen Neuanfang genutzt. Ich wechselte die
Seiten und ging in die Kommunikation und ins Event-Management,
das hat mich im Nachhinein unglaublich vorangebracht.
Durch Corona haben sich viele Menschen wieder auf
Altbewährtes zurückbesinnt – Sie auch? Auf was?
Der ausführliche Spaziergang am Wochenende und die Ruhe auf
dem Weg von A nach B. Mein alter R4 von 1974 ist da das ideale
Fortbewegungsmittel.
Wie haben Sie sich beruflich auf 2021 eingestimmt?
Mit meinem Team habe ich bereits 2020 den Grundstein gelegt
für unsere Herangehensweise in diesem Jahr: ermöglichen, was
möglich ist. Mutig bleiben und in Lösungen denken. Der Erfolg
der digitalen Schlosslichtspiele und des Indoor-Meetings als reines
TV-Event hat uns recht gegeben.
Was würden Sie noch von dem anderen lernen wollen oder in
welchen Bereichen mit dem anderen gerne einmal tauschen?
Klassische Archäologie und Geschichte faszinieren mich schon immer,
von daher würde ich als interessierter Laie den Wissensschatz
des Wissenschaftlers im Austausch sehr genießen. Als derjenige, der
aktuell die großen Erlebnisse für die Menschen in Karlsruhe koordiniert
und gestaltet ist die Buchveröffentlichung von Eckart Köhne
„Die Macht der Unterhaltung im antiken Rom“ hochspannend. Bei
den Schlosslichtspielen sind er als Hausherr und ich als Produzent ja
schon intensiv in einer erfolgreichen Kooperation, für den Standort
ist die Bedeutung des Landesmuseums herausragend.
Foto Jürgen Rösner
81
Gemeinsam Heimat stärken
Die Kraft des WIR – Chancen ergreifen
Die Medienbranche gehört schon lange zu
den Wirtschaftsbereichen, die von der Digitalisierung
am stärksten beeinflusst werden.
Der Zwang, das Geschäfts modell an die sich
schnell verändernden Rahmenbedingungen
anzupassen, hat sich durch die Corona-
Pandemie weiter beschleunigt.
Nussbaum Medien nimmt in seinem Umfeld
viele Verlage wahr, die auf die zunehmenden
Herausforderungen mit Optimierungsmaßnahmen
ihres klassischen Geschäfts
reagieren. Aus Sicht von Klaus Nussbaum
reicht dies aber nicht aus. Klaus Nussbaum
denkt schon immer langfristig. Da er das Ziel
hat, sein Familienunternehmen in einigen
Jahren an die dritte Generation zu übergeben,
denkt er sogar generationenübergreifend.
Dafür reicht es aber nicht aus, an der
Effizienz zu arbeiten.
Das Ziel von Klaus Nussbaum ist es daher,
sein Medienunternehmen nochmals
komplett neu zu erfinden.
Darüber hinaus sollen die Chancen genutzt werden,
die sich durch die Digitalisierung der Mediennutzung
bzw. der gesamten Wirtschaftsprozesse
ergeben. Dazu gehören nicht nur die
Digitalisierung von Inhalten, sondern auch die
neuen Möglichkeiten rund um die Kommunikation,
digitale Transaktionen und die intelligente
Personalisierung von Inhalten zu nutzen.
Seit Januar 2017 ist Klaus Nussbaum alleiniger
Inhaber der Verlagsgruppe Nussbaum
Medien, die zu den größten Medienunternehmen
im Südwesten gehört. Seitdem hat
sich bei Nussbaum Medien vieles verändert.
In den zurückliegenden vier Jahren wurde
unter Hochdruck die „Digitale Transformation“
von Nussbaum Medien eingeleitet, was
im Jahr 2019 zusätzlich durch die Neugestaltung
des Unternehmenslogos zum Ausdruck
gebracht wurde. Das bislang Erreichte
ist jedoch nur eine erste Zwischenstation;
Die Veränderung der Organisation und die
Entwicklung neuer digitaler Angebote hat
erst begonnen.
Der eingeleitete Veränderungsprozess
zum datengetriebenen und transaktionsorientierten
Medienunternehmen ist kein
Sprint, sondern ein Marathon, der die
nächsten Jahrzehnte bestimmen wird.
Das Leitbild von Nussbaum Medien besteht darin,
Mehrwerte für alle lokalen Geschäftspartner
und gesellschaftlichen Anspruchsgruppen
zu schaffen. Wenn dies zum gegenseitigen
Vorteil aller erfolgt, bestehen gute Chancen
auf einen nachhaltigen Erfolg. Es gilt, die Probleme
der Kunden und Partner zu lösen und
das Leben im Lokalen zu verbessern bzw. zu
erleichtern. Zur Zielgruppe gehören praktisch
alle lokalen Akteure innerhalb einer Kommune:
Die Menschen (Leser, Nutzer), Verwaltungen,
Vereine, Kirchen, Gewerbetreibende und viele
weitere lokale/regionale Institutionen.
Im Kern geht es darum, den Unternehmenszweck
von Nussbaum Medien an die neuen
digitalen Möglichkeiten anzupassen und
dadurch den Raum an Möglichkeiten für alle
zu erweitern. Mit dem angestoßenen Veränderungsprozess
verändert sich auch die
Rolle von Nussbaum Medien. Vom Amtsblattverlag
hin zu einem aktiven Treiber
und Gestalter der Digitalisierung im Lokalen.
Nussbaum Medien bringt eine Vielzahl
an Stärken und Kernkompetenzen mit, die
es ermöglichen, eine deutlich aktivere Rolle
im Stadtmarketing einzunehmen. Damit wird
die Nussbaum Medien zu einem der Schlüsselakteure,
der die vielen unterschiedlichen Akteure
und Interessen miteinander verbindet.
„Wir arbeiten an der engen Vernetzung aller Akteure zur
Stärkung des Gesamtsystems. Von der wachsenden digitalen Reichweite
können alle unsere Partner und Kunden profitieren.“
Klaus Nussbaum
Nussbaum Medien ist dabei, eine digitale
Plattform aufzubauen, deren Stärke in der Vernetzung
liegt. Der Vernetzung von Menschen
und Institutionen, aber auch der Vernetzung
unterschiedlichster Inhaltsformate und medialer
Funktionalitäten. Dafür werden die
umfangreichen Kernkompetenzen in den Bereichen
Technologie, Content-Management
und Marketing genutzt. Nunmehr geht es
darum, weitere Verbündete zu finden, die
die Chancen nutzen wollen, die sich über
die analogen und digitalen Reichweiten der
Plattformen ergeben, um damit die Chancen
eines Netzwerks zu nutzen, das kontinuierlich
an Attraktivität gewinnt. Denn in einem Netzwerk
steigt mit jedem zusätzlichen Teilnehmer
(Anbieter oder Nachfrager) der Nutzen für alle
Teilnehmer exponentiell an.
Das Netzwerk wächst ständig und besteht
bereits aus 390 kommunalen Partnern,
über 40.000 Nutzern des Redaktionssystems
„Artikelstar“, über 30.000 aktiven Gewerbekunden
und einer ständig wachsenden
Zahl an Lesern und Nutzern.
Nussbaum Medien hat das Ziel, zusammen
mit möglichst vielen lokalen und regionalen
Verbündeten, ein technologisches und inhaltliches
Ökosystem zu schaffen, das die Region
und damit den lokalen Lebensraum stärkt. Mit
der „Kraft des Wir“ ist vieles möglich; eine Plattform,
die das Vereinsleben und das Ehrenamt
ebenso unterstützt wie das lokale Gewerbe.
Die Stärkung des Gemeinwohls und der Demokratie
gehört zu den zentralen Werten von
Nussbaum Medien. Daher lautet der Claim:
„Nussbaum – gemeinsam Heimat stärken“.
Amtsblätter und lokale Wochenzeitungen
Marktführer in Baden-Württemberg und
Nr. 2 in Deutschland mit einer wöchentlichen
Printauflage von über 1,1 Mio. Exemplaren in
mehr als 380 Kommunen.
Lokalmatador
Aktuelles Themen- und Freizeitportal. Baustein
für regionales Content-Marketing von
Kommunen, Vereinen und Gewerbetreibenden.
Das Portal soll langfristig zum führenden
Freizeitportal für Baden-Württemberg
ausgebaut werden.
Im Aufbau Nussbaum App
Die ganze lokale Welt in einer App. Mit personalisiertem
Zugriff auf die lokalen Inhalte aus
dem eigenen Wohnort und dem Umland. Für
lokale Informationen, Kommunikation und
Transaktionen.
kaufinBW
Regionaler Online-Marktplatz mit integriertem
Cashback-System. Baustein für die Digitalisierung
des lokalen Gewerbes und damit
der Bindung regionaler Kaufkraft.
Im Aufbau kaufinBW-DealApp
als Basis für Nussbaum Shopping Weeks.
jobsucheBW und azubiBW
Portale für eine bessere Sichtbarkeit lokaler
Job- und Ausbildungsplatzangebote und für
das Employer Branding regionaler Arbeitgeber.
Virtuelle Veranstaltungen
Im März 2021 wurde mit den „Nussbaum
Innovationstagen“ erstmals ein digitaler
Kongress für kommunale Entscheider durchgeführt.
Der Kongress wurde durch eine digitale
Hausmesse begleitet. Dieses Angebotsformat
soll weiter ausgebaut werden.
Nussbaum Club
Das Kundenbindungsprogramm für die Abonnenten
der Nussbaum Medien-Angebote mit
über 5.000 Vorteilen.
gemeinsamhelfen.de
Digitaler Spendenmarktplatz, bei dem 100 %
der Spenden bei den lokalen Projekten ankommen.
Nussbaum Stiftung
Die Nussbaum Stiftung fördert Initiativen, die
zukunftsorientiert das Gemeinwohl der Gesellschaft
festigen und entwickeln – mit dem
Ziel „Gemeinsam Heimat stärken".
„Zukunftswald“ ist ein wichtiges Projekt,
bei dem innerhalb der nächsten zehn Jahre
100.000 Bäume für Baden-Württemberg gespendet
werden sollen.
Zukunftswerkstatt
Digital- und Marketing-Unit für crossmediale
Angebote mit Content-Management, Online-Marketing-Management
und Prozess-
Management. Enge Zusammenarbeit mit der
internen IT-Unit „Lokalmatador Media Systems“
(verantwortlich für die Lizenzierung
von IT-Eigenentwicklungen wie bspw. dem
Redaktionssystem „Artikelstar“) und externen
IT-Partnern.
Nussbaum Akademie
Weiterbildungsinitiative, die die Mitarbeiter-
Innen von Nussbaum Medien fit für die „Digitale
Transformation“ macht. Die Akademie
entwickelt aber auch Angebote für ihre Kunden
und Partner.
Nussbaum Gesundheitsmanagement
Mit 4-Säulen-Modell aus den Bausteinen Gesundheitskurse
+ Active Days + Dienstrad +
Aktivurlaub.
Weitere Bausteine
• Selbstverpflichtung zur „Digitalen Ethik“
• Geplant bis Ende 2021: Beteiligung an
der WIN-Charta, einem Instrument für
nachhaltig wirtschaftende kleinere und
mittlere Unternehmen (KMU) im Rahmen
der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes
Baden-Württemberg.
• Nussbaum Kunstkonzept zur Schaffung
einer Wohlfühlatmosphäre im Unternehmen
und zur Steigerung der Identifikation
mit den Unternehmenszielen.
Aktuelle Auszeichnungen
• 2017
Nussbaum Medien erhält das familyNET-Prädikat
„Familienbewusstes Unternehmen“
vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und
Wohnungsbau Baden-Württemberg sowie
den beteiligten Arbeitgeberverbänden und
dem Landesfamilienrat.
• 2019
Auszeichnung zum UnternehmerSTAR 2019
in der Kategorie „Digitalisierung & Industrie
4.0“ durch den Bundesverband der Mittelständischen
Wirtschaft (BVMW).
• 2020
Nominierung für den „Mittelstandspreis für
soziale Verantwortung in Baden-Württemberg“.
Wahl unter die Top 5 beispielhaften
Unternehmen in Baden-Württemberg.
• 2021
Verleihung des „Ehrenpreises für besondere
Leistungen im Wald- und Naturschutz“ durch
die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW).
REGION
Visualisierung KREER Development GmbH, Köln, Entwurf: ASTOC Architects and Planners, Köln
AKTIVE
FLÄCHENPOLITIK
STÄRKT DEN
WIRTSCHAFTSSTANDORT
Das Interesse der Unternehmen an Flächen in Karlsruhe ist groß.
Mit Blick auf die Zukunft und gezielten Ankäufen erweitert die Stadt
ihre Handlungsspielräume.
Foto Stadt Karlsruhe Monika Müller-Gmelin
Um dem steigenden Bedarf von Unternehmen
nach Flächen entsprechen zu
können, ist die Fächerstadt schon seit
vielen Jahren im Bereich Immobilienentwicklung
sehr aktiv. Bereits 2011
legte sie in ihrem Leitbild eine nachhaltige
Flächenentwicklung mit Fokus auf
Innenentwicklung fest, mit dem Ziel,
handlungsfähig zu sein und vor allem
auch in Zukunft zu bleiben, wenn es um
die Ansiedlung und Entwicklungsmöglichkeiten
von Unternehmen geht. Und
die Dynamik ist hoch: In den vergangenen
Jahren wurden im Durchschnitt
4,4 Hektar städtische Flächen pro
Jahr für die Unternehmensentwicklung
verschiedener Branchen verkauft.
STADTBILDPRÄGEND: ENTWICK-
LUNG AM HAUPTBAHNHOF SÜD
Positiv zeigt sich der Verlauf auf dem
Gelände südlich des Hauptbahnhofs.
Nachdem der Internetanbieter 1&1 mit
rund 1.800 Mitarbeitenden seine neuen
Bürogebäude bezogen hat, erreichte
das durch die Wirtschaftsförderung
moderierte und koordinierte Leitprojekt
„Entwicklungsquartier Hauptbahnhof
Süd“ den nächsten Meilenstein. Derzeit
liegt der Fokus auf der Weiterentwicklung
des städtischen Grundstücks im
Westen des Areals. Bei einem Architektenwettbewerb
entschied sich die Jury
für den stadtbildprägenden Entwurf des
Büros ASTOC Architekten.
Mit dem damit verbundenen städtebaulichen
Entwicklungskonzept entsteht
hier ein neuer Ort der Möglichkeiten
für den Standort Karlsruhe.
GROSSFLÄCHEN: VORKAUFS-
RECHT UND FREIER MARKT
Für die Entwicklung gewerblicher
Flächen bestehen allerdings auch einige
Herausforderungen: Viele Potenziale
sind bereits entwickelt, so zum Beispiel
das ehemalige IWKA-Gelände an der
Brauerstraße, das Pfaff-Gelände in
Durlach oder viele Flächen auf dem
ehemaligen Schlachthofgelände und
heutigen Kreativpark Alter Schlachthof.
Zudem konkurrieren Wohnungsmarkt
mit Gewerbe und Industrie um den
wertvollen Grund. Der Druck auf den
Markt wächst also. Um handlungsfähig
zu bleiben, agiert die Stadt Karlsruhe
hier in zwei Richtungen: die Akquise
von Entwicklungspotenzialen einerseits
und die Arbeit im Bestand andererseits.
Dazu verfolgt die Stadt bzw. die
städtischen Gesellschaften eine aktive
Ankaufstrategie großer Flächen für
Gewerbe und Industrie. Einige Beispiele
sind die Firmengelände von L’Oréal mit
rund 5,5 Hektar sowie von Pfizer mit 20
Hektar im Nordosten Karlsruhes. Auf
dem 3 Hektar umfassenden Rotag-
Areal in Grünwinkel soll Ende 2021 eine
detaillierte Bestandsaufnahme erfolgen.
Bei strategischen Flächen übt die
Stadt ihr Vorkaufsrecht aus, teilweise
erwirbt sie diese Flächen aber auch auf
dem freien Markt.
ANSPRUCHSVOLL:
ARBEITEN IM BESTAND
Aufwändiger und anspruchsvoller ist
die Flächenentwicklung im Bestand.
Hier gibt es wertvolle Erfahrungswerte
aus dem REGEKO-Prozess – der
Flächenaktivierung im Gewerbegebiet
Grünwinkel. REGEKO steht für Ressourcenoptimiertes
Gewerbeflächenmanagement
durch Kooperation.
Unter Einbeziehung der dort ansässigen
Unternehmen wurden mittel- und
langfristige Konzepte entwickelt, um
Flächen unter Gesichtspunkten der
Nachhaltigkeit zu revitalisieren. Aus
den Erfahrungen in diesem Prozess hat
sich ein interdisziplinäres städtisches
Team zur Flächenentwicklung gebildet.
Beteiligt sind die Wirtschaftsförderung,
das Stadtplanungsamt sowie das
Umweltamt. In dieser Zusammensetzung
soll die Arbeit an bestehenden
Arealen erfolgen.
JEDER ARBEITSPLATZ IST EIN
GEWINN FÜR DIE STADT
Laut einer Analyse der Prognos AG von
2019 im Auftrag der Stadt zahlt sich
die Investition und der Aufwand, den
die Stadt derzeit im Zuge der Immobilienentwicklung
betreibt, spürbar aus.
Jeder Arbeitsplatz spült jährlich bis zu
3.300 Euro in die Stadtkasse zurück –
abhängig davon, wo der Arbeitnehmer
oder die Arbeitnehmerin wohnt. Neue
Unternehmen ziehen zudem indirekte
und induzierte Arbeitsplätze mit sich,
die wiederum fiskalisch positiv wirken.
Die Planungshorizonte im Bereich der
Immobilienentwicklung sind lang. Das
macht eine vorausschauende Flächenpolitik
auf der Grundlage langfristiger
strategischer Überlegungen unabdingbar.
Wie die Auswirkungen von
Covid19 auf die Weltwirtschaft und
den Bedarf an Immobilien sein werden,
bleibt abzuwarten. Das Ziel ist und
bleibt es, auch in Zukunft handlungsfähig
zu sein, um aktiv und gestaltend
für die in der Fächerstadt ansässigen
Unternehmen sowie die ansiedlungswilligen
Unternehmen und Investoren
tätig sein zu können.
ANDREA SCHOLZ
Stellvertretende Leiterin der
Wirtschaftsförderung Karlsruhe
84 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
85
Foto Jana Marzinkowski
DIE NEUE FRAU AN
DER AOK-SPITZE
Seit Dezember 2020 hat der größte Versicherer in der Region,
die AOK Mittlerer Oberrhein, eine neue Geschäftsführung.
Petra Spitzmüller leitet nun die Geschicke der Krankenversicherung.
Sie waren 13 Jahre in der Ortenau und
am südlichen Oberrhein stellvertretende
AOK Geschäftsführerin, haben auch dort
Ihre Ausbildung gemacht: Warum sind
Sie der AOK so treu verbunden?
Zunächst ist die AOK ein attraktiver
Arbeitgeber und es gibt immer neue
Herausforderungen, die die Arbeit so
abwechslungsreich machen, denn das
Gesundheitswesen ist ein sehr dynamischer
Zweig. Außerdem ist mein Beruf
sehr sinnstiftend: Was ist wichtiger, als
im Gesundheitswesen dazu beizutragen,
dass die Mitglieder gesund bleiben?
Der dritte Punkt: Ich konnte Familie
und Beruf sehr gut unter einen Hut
bringen, auch mit zwei Kindern.
Warum passt das Leitmotiv
Aufbruch so gut zur AOK?
Die Identität der AOK setzt sich aus
den Worten Gesundheit und Nähe
zusammen: „Gesundnah“ lautet das
Motto. Das leitet uns und bringt auch
zeitgleich ganz neue Herausforderungen
mit sich: Die Menschen werden älter,
der technische Fortschritt wird rasanter
und die Digitalisierung immer wichtiger.
Diese Facetten müssen wir mit unserer
Identität in Einklang bringen, damit wir
uns zukunftsfähig aufstellen können.
Wir sind also auch im Aufbruch, ständig
im Wandel und deswegen passt das
Thema so gut zu uns. (lacht)
Als Arbeitgeber haben wir es geschafft,
angetrieben durch Corona, größtenteils
auf Homeoffice umzustellen.
Über 50 Prozent der Mitarbeitenden
arbeiten von zuhause aus. Wir möchten
uns aber noch besser aufstellen: Wie
funktioniert Leadership im Homeoffice,
welche neuen Tools gibt es, um
noch flüssiger von zuhause arbeiten zu
können? Und vor allem stellen wir uns
tagtäglich die Frage: Wie können wir
unsere Kunden sicher durch die Krise
bringen? Daran arbeiten wir derzeit und
das wird uns noch eine Weile begleiten.
Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Ich möchte die AOK in der Region noch
mehr vernetzen, in die Firmen gehen
und uns dort mit unseren Kompetenzen
einbringen. Betriebliche Gesundheit
ist ein großes Thema. Ich wünsche mir,
dass wir voneinander lernen in allen
Bereichen. Ich möchte mich verstärkt
in politische Themen einbringen und
mitdiskutieren. Nehmen wir beispielsweise
den Ärztemangel. Hier möchte
ich mehr bewegen in der Region.
Eine große Vision ist die Digitalisierung.
Unser Motto „Gesundnah“ muss auch
digital von unseren Kunden erfahrbar
gemacht werden. Es muss nicht nur
menschliche, sondern auch digitale
Nähe gelebt werden. Heißt konkreter:
Noch beim Menschen sein durch unsere
Kundencenter und unsere gute Telefonhotline
und zeitgleich die Generation
mitnehmen, die Tag und Nacht online
unterwegs ist. Da habe ich zuhause
auch das passende Testpublikum: Meine
beiden Söhne, die in jeder Lebenslage
testen, was sie digital erledigen können.
Erst wenn es komplizierter wird, suchen
sie den persönlichen Kontakt. Der wird
also nie ganz wegfallen. Es gibt kein
„entweder - oder“, sondern ein „sowohl
als auch“. Digitalisierung und Kundennähe
gehen weiterhin Hand in Hand.
Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?
In Corona-Zeiten: Von einer Videokonferenz
in die nächste. Die Themen sind
da höchst unterschiedlich: Vertragsverhandlungen
mit Krankenhäusern oder
Personalthemen intern, Kultur und
Digitalisierung, Gespräche mit Ärzten
oder Kommunen über die Gesundheitsversorgung
in der Region. Ich komme
also von einem Thema ins andere und
das ist gut so, das habe ich so gewollt.
Was macht Ihren Job zum
schönsten Job der Welt?
Genau diese Abwechslung, von der ich
gerade gesprochen habe. Das motiviert
mich jeden Tag aufs Neue.
Mit der AOK Mittlerer Oberrhein
auf Tuchfühlung: Gemeinsam
Netzwerken und Kontakte ausbauen,
das ist das Ziel von Geschäftsführerin
Petra Spitzmüller.
Sie wollen Ihr Unternehmen mit der
AOK zusammenbringen?
Melden Sie sich bei uns unter
petra.spitzmueller@bw.aok.de
Hier hat die Zukunft
ein Zuhause.
Karlsruhe ist das Technologiezentrum am Oberrhein und ein starker Messe-, Kongress- und Tourismusstandort.
Das IQ-Korridorthema „Wirtschafts- und Wissenschaftsstadt“ fördert diese Stärken über ausgewählte Leitprojekte
sowie eine effi ziente Verzahnung von Politik, Verwaltung, Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft.
Zusammen eine starke Basis für Ideen und Erfolgsgeschichten schaffen.
Für einen innovativen Standort mit hoher Lebensqualität. Karlsruhe – Ort der Möglichkeiten.
Das Interview führte
86 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
ANYA BARROS
www.wvs.de
Entdecken Sie die Wirtschaftsund
Wissenschaftsstadt Karlsruhe
odm-ka.de
REGION
Foto HWKKA
DIE BESTE ZEIT
IST JETZT
WARUM BETRIEBE TROTZ KRISE
INVESTIEREN SOLLTEN
Mitten in der Krise Geld in die Hand nehmen und großzügig in neue Geräte und Maschinen investieren?
Genau jetzt ist ein guter Zeitpunkt und damit auch alle Fördertöpfe von Bund und Land richtig angezapft
werden können helfen die Berater der Handwerkskammer Karlsruhe.
„Unternehmen
müssen
nicht nur
das ‚Jetzt‘,
sondern auch
das ‚Morgen‘
im Auge
haben“, sagt
Klaus Günter,
Berater und
Beauftragter
für Innovation
und Technologie (BIT) bei der Handwerkskammer
Karlsruhe. „Es ist zugegebenermaßen
zurzeit nicht einfach,
ein Unternehmen zu führen und es auf
‚Kurs‘ zu halten, aber die Grundlagen
für die Zukunft des Unternehmens werden
jetzt durch Investitionen gelegt.“
Diese sind seiner Meinung wichtig, um
das Unternehmen effizienter, umweltfreundlicher
oder für Mitarbeitende
attraktiver machen und um im Wettbewerb
bestehen zu können.
Gerade in ruhigeren Zeiten, die einige
Betriebe pandemiebedingt erleben,
sind Ressourcen frei und Mitarbeitende
können mit den Planungen beginnen.
„Dazu kommt, dass die Fördermittel
noch nie so zahlreich waren wie bisher“,
so Günter weiter. Nach dem Lockdown,
wenn die Unternehmen wieder alle
Kapazitäten hochfahren können, könnte
sich das Investment schnell auszahlen.
Er versteht auch die Mitglieder der
Handwerkskammer, die sich vor
(hohen) Investitionen scheuen: „Die
unsichere wirtschaftliche Lage, ohne
zu wissen, wann die Umsätze wieder
steigen – natürlich überlegen sich die
Firmen zweimal, ob sie das Geld in die
Handnehmen“, so Klaus Günter gegenüber
dem Wirtschaftsspiegel.
UMFASSENDE VORAB -
PLANUNG WICHTIG
Wenn Investitionen getätigt werden
sollen, muss immer deren Finanzierbarkeit
betrachtet werden. Deshalb ist
es wichtig, so Günter, den notwendigen
Umfang der Investitionen festzustellen.
Sein Beispiel: Zur Steigerung der
Produktivität möchte der Unternehmer
eine neue Produktionsmaschine
anschaffen. Aber damit könnten die
Überlegungen des Unternehmers noch
nicht abgeschlossen sein.
„Jetzt muss betrachtet werden, was alles
benötigt wird, um diese Maschine in den
Produktionsprozess einzubinden. Sind
dafür zusätzlich Investitionen für Software,
Hardware, Mitarbeiterschulungen
oder Gebäudeveränderungen notwendig?
Sollten zusätzlich Investitionen in
den Umweltschutz gemacht werden?
Wie müssen zukünftig die Arbeitsprozesse
im Unternehmen angepasst
werden, damit die Maschine optimal
eingesetzt werden kann?“ Diese Fragen
gelte es individuell zu beantworten,
bevor dann der eigentliche Investitionsbedarf
ermitteln werden kann.
Foto stock.adobe.com – StockPhotoPro
FINANZIERUNGSPLAN
ERSTELLEN
Nachdem der Investitionsbedarf
ermittelt wurde, muss der mögliche
Finanzierungsplan erstellt werden.
Bei diesem Plan sollten unbedingt die
möglichen Förderungen berücksichtigt
werden. „Um die zur Verfügung
stehenden Fördermittel kennen zu
lernen, sollten Sie einen Berater der
Handwerkskammer hinzuziehen“,
empfiehlt der Fachmann.
Bei der Handwerkskammer Karlsruhe
sind die Mitarbeitenden allesamt fachlich
kompetente Berater. Die Berater
haben alle ein Studium in ihrem Fachbereich
absolviert und haben zusätzlich
jahrelange Berufserfahrung in diesem
Bereich. Ein weiteres Plus für die
Firmen, die sich beraten lassen wollen:
„Wir sind unabhängig und schauen,
was den Betrieb weiterbringt, nicht,
was uns am meisten Geld bringt –
denn die Beratungen sind kostenlos
für unsere Mitglieder.“
Zehn Mitarbeitende der HWK
beraten, etwa 2.400 telefonische
oder persönliche Kontakte gibt es pro
Jahr. Wenn ein hausinterner Berater
erkennt, dass die „Begleitzeit“ höher
sein wird als seine förderbedingt zulässige
Zeit, werden externe Berater hinzugezogen.
„Alle unsere Berater sind
zusätzlich auch Fördermittelberater in
ihrem Bereich“, sagt Klaus Günter.
GANZHEITLICHE BETRACH-
TUNG DER UNTERNEHMEN
Welche verschiedenen Fördermittel
für die geplante Investition können
Betriebe nutzen und in welcher Kombination
können sie zur Anwendung
kommen? Dafür sind die Ansprechpartner
der HWK da und helfen
weiter. Die derzeit meistgenutzten
Fördermittel sind:
– die Ressourceneffizienz
(Energie, Material)
– die Innovationsfinanzierung 4.0
– Invest BW-Investition
– Digitalisierungsprämie plus
– Digital Jetzt
– Go-Digital
Abhängig vom Anwendungsfall und
den Randbedingungen kann eines
oder eine Kombination verschiedener
Fördermittel zum Einsatz kommen.
Günter weiter: „Die Förderungen
‚Invest BW-Innovation‘, ‚Invest BW-
Investition‘ und das Fördermittelprogramm
‚Digitalisierungsprämie plus‘
wurden gerade überarbeitet.“
Um das Beste aus der Vielzahl an
Fördermitteln und Unterstützungen
zu erhalten sei es wichtig, das große
Ganze im Blick zu behalten. „Bei
Bedarf führen wir daher interdisziplinäre
Beratungen durch, damit das
Unternehmen aus verschiedenen
Blickwinkeln betrachtet werden kann“,
erklärt Klaus Günter, Beauftragter für
Innovation und Technologie (BIT) bei
der Handwerkskammer Karlsruhe.
„Somit ergänzen sich die verschiedenen
Beratungsleistungen zu einer ganzheitlichen
Unternehmensbetrachtung.
Um die für das Unternehmen beste
Beratung zu gewährleisten, werden die
hausinternen Beraterressourcen sowie
bei Bedarf auch das Fachwissen unseres
großen Netzwerks herangezogen.“
Die Beratungsleistungen der Handwerkskammer
sind für Mitgliedsbetriebe
und Existenzgründer kostenlos. Da
die persönlichen Kontakte aufgrund
von Corona minimiert werden müssen,
bietet die Unternehmensberatung der
Handwerkskammer Karlsruhe Videoberatungen
an, bei denen man alle
Themen gemeinsam besprechen kann.
KLAUS GÜNTER
www.handwerkskammer-karlsruhe.de
88 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
89
BADENS BESTE BANK –
DREIFACH
AUSGEZEICHNET.
Die Beratung der Sparkasse Karlsruhe ist auf
TOP-Niveau. Seit 2015 prüft das Deutsche Institut
Foto Vera Becker
für Bankentests in Kooperation mit der Zeitschrift
„DIE WELT“ die Qualität der Bankberatung
von knapp 1.500 deutschen Geldhäusern.
Aus diesen Untersuchungen gehen die besten
Banken Deutschlands hervor – ganz vorne dabei:
die Sparkasse Karlsruhe.
Mit Freude und Stolz hält Lutz Boden, Mitglied des Vorstands der
Sparkasse Karlsruhe, die WELT-Kugel in Händen.
Badens beste Bank –
dreifach ausgezeichnet.
Sie belegte in diesem Jahr erneut
Spitzenplatzierungen in Deutschland
und Baden-Württemberg bei der
Beratung von Privatkunden und darf
sich zurecht auch weiterhin „Badens
beste Bank“ nennen.
„Die erneute Auszeichnung unserer
Beratungsleistungen ist eine schöne
Bestätigung unserer hohen Qualitätsansprüche
und honoriert die tollen
Leistungen unserer Mitarbeiter in
beeindruckender Weise“, freut sich
Michael Huber, Vorstandsvorsitzender
der Sparkasse Karlsruhe. „Diese
wertvolle Auszeichnung durch ein
renommiertes Institut ist für uns alle
ein enormer Ansporn, unseren Kunden
auch künftig die gewohnte, herausragende
Beratung anzubieten und diese
Spitzenposition zu verteidigen“, so
Vorstandsmitglied Lutz Boden.
Die Sparkasse Karlsruhe belegt beim
bundesweiten Qualitäts-Bankentest
nicht nur Platz 1 in Karlsruhe, sondern
auch Platz 3 in ganz Deutschland bei
der Beratung von Privatkunden.
Bei der Beratung von vermögenden
Privatkunden (Private Banking) erreichte
sie sogar den 1. Platz in Deutschland.
Darüber hinaus belegte sie Platz 2 bei
der Beratung zur Baufinanzierung in
Baden-Württemberg.
Als regionales Kreditinstitut ist die
Sparkasse Karlsruhe sehr stolz auf diese
herausragenden Ergebnisse. Die Serie
an Auszeichnungen bei anonymen
Qualitätstests hält bereits seit mehreren
Jahren an und beweist die dauerhaft
hohe, verlässliche Qualität der Sparkasse.
Dreifach-Auszeichnung mit Gold, Silber und Bronze für
Privatkunden-Beratung. #BesteBankInBaden
www.sparkasse-karlsruhe.de
sparkasse-karlsruhe.de
90 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
91
REGION
FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION
UND BLICK FÜR DIE ZUKUNFT
1919 BIS 2019 – 100 JAHRE EHLGÖTZ KOMPRESSOREN + MOTOREN
Die Geschichte des Karlsruher Unternehmens war immer wieder geprägt von Aufbrüchen und Neustarts.
Auch nach über 100 Jahren ist der Betrieb ein Familienbetrieb mit einer spannenden Historie – und einer
ebenso spannenden Zukunft. Im Gespräch mit dem Wirtschaftsspiegel wirft Inhaber Thorsten Ehlgötz einen
Blick zurück und vor allem nach vorne.
Den Ursprung hat die Firma Ehlgötz in
der Karlsruher Oststadt; alles fing mit
der mechanischen Fertigung von Motorenteilen
an. 100% der Teile wurden im
eigenen Betrieb gefertigt. Über 1.500
Zwei- und Motorräder baute Julius
Ehlgötz, Gründer des Betriebes, die
heute noch als Sammlerstücke sehr
begehrt sind. „Nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs waren die meisten
Aufträge Reparaturarbeiten für Motoren
und Kompressoren“, erzählt Thorsten
Ehlgötz, Urenkel des Gründers. Er führt
das Familienunternehmen in der 4. Generation.
„Das Besondere: Motorenbau
und Druckluftbau sind identisch. In den
1950er Jahren, die Jahre des Wiederaufbaus
und des Wirtschaftswunders,
wurde immer mehr Kompressorentechnik
gebraucht. Daher entschieden mein
Urgroßvater und mein Großvater den
Betriebszweig Kompressoren als neue
Sparte aufzunehmen und den Kunden
anzubieten.“ Der Grundstein für den
heutigen Erfolg wurde gelegt.
WICHTIGER ENERGIETRÄGER
IN VIELEN BRANCHEN
Nach Strom ist Druckluft eine der
wichtigsten Energieformen, viele
Fotos jodo-photo/Jörg Donecker Karslruhe
Branchen brauchen Druckluft. Der
Bohrer beim Zahnarzt, der Drucklufthammer
auf der Autobahnbaustelle, die
Druckluftbremse beim Lastwagen, das
Beatmungsgerät im Krankenhaus oder
zum Entfernen kleinster Partikel von
Oberflächen. Die Liste der Anwendungen
ist lang.
Das Karlsruher Traditionsunternehmen
vermietet und verkauft seit den
1970ern Kompressoren, Ehlgötz hat
sich darauf spezialisiert. Nach über
35 Jahren im Familienbetrieb und seit
acht Jahren in der Geschäftsführung,
ist Thorsten Ehlgötz heute noch davon
fasziniert, wo überall Druckluft und die
Kompressorentechnik dahintersteckt.
„Wir begegnen dieser Technologie
jeden Tag in unserem Alltag, sie ist
fast überall“, sagt er. Gerade im neuen
Corona-Alltag wird ihm das täglich vor
Augen geführt: In der Herstellung von
Schutzmasken braucht es ebenfalls
Druckluft, um die Geräte zu kühlen.
KRISEN GAB ES IMMER WIEDER
Die Pandemie-Zeit ist auch für das
Familienunternehmen eine Herausforderung.
„Ich leite das Geschäft in
der vierten Generation und in jeder
Generation gab es Hindernisse: Kriege,
die Ölkrise – heute ist es Corona“,
sagt Thorsten Ehlgötz. Das erfordert
eine besondere Weitsicht. „Jedes
Unternehmen, auch wir, muss schon
heute die Entscheidungen treffen, wie
die Weichen für die Zukunft gestellt
werden. Wenn man als Firma weiß, wo
man herkommt, dann kann man auch
das Morgen für die nächste Generation
bestmöglich gestalten.“
Noch steht die nächste Generation
nicht ganz in den Startlöchern, aber die
beiden Töchter von Thorsten Ehlgötz
wollen nach der Ausbildung und dem
1 Manfred Hummel (l.), Günter und Thorsten Ehlgötz
bilden die Geschäftsführung des Familienbetriebes.
2 Druckluft braucht man auch auf Baustellen, wie hier
auf der Rheinbrücke bei Karlsruhe.
3 Blick ins Lager: Kompressoren werden hier für die
Kunden vorbereitet.
1 2
3
Studium in den Familienbetrieb einsteigen.
„Die beiden haben ja von klein auf
mitbekommen, dass das Unternehmen
ein Stück unseres Lebens ist, daher erfüllt
es uns selbstverständlich mit Stolz,
wenn eine 5. Generation anfängt“,
sagt Thorsten Ehlgötz gegenüber dem
Wirtschaftsspiegel.
SOZIALE VERANTWORTUNG
FÜR MENSCH UND UMWELT
Ein Erfolgsgeheimnis für über 100
Jahre Bestehen hat Thorsten Ehlgötz
nicht. Vielleicht eher einen Ratschlag.
„Nutze den Tag, so würde ich unser
Erfolgsgeheimnis in drei Worten beschreiben“,
sagt er und ergänzt: „Viele
Großunternehmen haben in der heutigen
Zeit vergessen, dass sie eine soziale
Verantwortung haben. Wenn man das
jedoch fest im Betrieb verankert, dann
hat man Erfolg. In der Geschäftsführung
sind wir immer für die Kollegen
ansprechbar – keine Zeit gibt’s bei uns
nicht. Das wissen die Mitarbeitenden zu
schätzen!“, berichtet Thorsten Ehlgötz.
Die langjährige Betriebszugehörigkeit
gibt ihm Recht: Einige Mitarbeitende
seien schon seit 35 Jahren in der Firma,
etwa die Hälfte der über 60 Angestellten
sei seit über 20 Jahren dabei.
Über 100 Jahre gibt es die Firma bereits,
für Thorsten Ehlgötz nicht selbstverständlich.
„Das ist nicht mehr an der Tagesordnung,
so ein tolles Jubiläum zu feiern.“ Wo
der Karlsruher Traditionsbetrieb in den
nächsten 100 Jahren stehen wird? „Wenn
ich das wüsste“, sagt er lachend. „Was ich
weiß: Ich versuche schon heute die Basis
für die Zukunft zu legen, daran werde ich
in den kommenden zwei Jahrzehnten arbeiten
müssen und den Generationswechsel
vorzubereiten.“ Und dann? „Dieser
Wechsel wird nur gelingen, wenn man den
Grundstein gelegt hat und sich rechtzeitig
zurückzieht, denn die Jungen sollen ihre
eigenen Erfahrungen machen und aus
ihren Entscheidungen lernen.“
ANYA BARROS
www.wvs.de
92 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
93
Foto: IStock
GEMEINSAM FÜR
GLASFASER
Weitere Informationen unter
breitbandkabel-karlsruhe.de
Foto pexels.com/Brett Sayles
Foto unsplash.com/Umberto
Am 4. November 2020 erreichte der größte Internetknoten der Welt,
der DE-CIX in Frankfurt, einen neuen Rekorddatendurchsatz von
10 Terabit pro Sekunde, was die zunehmende Digitalisierung deutlich
sichtbar macht. Das ortsunabhängige Arbeiten wird immer mehr
Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Geschäftsbetrieb.
Von Videokonferenzen über Homeschooling bis zur Nutzung von
Streamingdiensten: Auch im privaten Bereich ist eine schnelle und
verlässliche Internet-Verbindung von immenser Bedeutung.
VORREITER BEI DER
DIGITALISIERUNG
Bei der Entscheidung für ein neues
Zuhause wie auch für einen neuen
Firmenstandort kommt einer schnellen
Internetverbindung eine immer
größer werdende Bedeutung zu. Dies
gilt sowohl für Privatpersonen, als
auch für Unternehmen, Institutionen
oder Organisationen.
Das Ziel der BLK (=Breitbandkabel
Landkreis Karlsruhe) ist eine flächendeckende
Internetverbindung
im Gebiet des Landkreis Karlsruhe zu
schaffen. So schafft die BLK die Voraussetzung
für eine Grundversorgung
mit Glasfaseranschlüssen mit mindestens
50 Mbit/s Datengeschwindigkeit.
Damit sind die Gesellschafter Vorreiter
bei der Digitalisierung und dadurch
anderen Standorten einen entscheidenden
Schritt voraus.
AUS DER REGION
FÜR DIE REGION
Hinter der BLK steht ein Gemeinschaftsprojekt,
das 30 Städte und
Gemeinden des Landkreises Karlsruhe
sowie die Städte Bad Herrenalb und
Karlsruhe zusammenführt. Gesellschafter
sind der Landkreis Karlsruhe und die
TelemaxX Telekommunikation GmbH.
Durch das Zusammenspiel der Partner
kann die bereits vorhandene Infrastruktur
genutzt, fehlende Trassen gebaut
und ein durchgängiges Backbone-
Netz zur Verfügung gestellt werden.
Dadurch wird es vermieden, unnötige
und kostspielige Doppelstrukturen auszubauen.
Diese entstandene Datenautobahn
dient zum einen den Kommunen,
die ihr Access-Netz anschließen
können, zum anderen dem eigentlichen
Betreiber, der Inexio GmbH.
Die Zukunft
der Mobilität gestalten.
Mit innovativen IT-Lösungen unterstützt INIT den öffentlichen Nahverkehr – auch
und gerade in herausfordernden Zeiten. Unsere Systeme für kontaktloses Bezahlen
und zur Steuerung von Besetztgraden ermöglichen Abstandhalten in Bus und Bahn.
Und erhöhen so die Sicherheit im ÖPNV.
Damit setzen wir Zeichen und stellen die Weichen dafür, dass der ÖPNV auch in
Zukunft gewinnen kann. Denn Vertrauen schafft Vertrauen und weckt Begeisterung
– bei immer mehr Menschen. Das zahlt sich aus: Aktionäre der
init SE investieren in eine nachhaltig mobile Zukunft.
94 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
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The Future of Mobility
REGION
KARLSRUHE PROFILIERT SICH ALS
WISSENSCHAFTSSTADT
Weitere Informationen:
www.karlsruhe.de/wissenschaftsbuero
www.effekte-karlsruhe.de
www.karlsruhe.digital
www.scienceweek.kit.edu
www.triangel.space
InnovationFestival@karlsruhe.digital: Hochkarätige Keynotes
und kurzweilige Impulsvorträge machen digitale
Innovationen aus Karlsruhe und der Region sichtbar.
Im Wissenschaftsjahr 2021 feiert die Fächerstadt gemeinsam mit
den Akteuren der Wissenschaft sowie der Stadtgesellschaft an
unterschiedlichen „Orten der Möglichkeiten“.
Wissenschaft, Hochschulen und
innovative Technologien sind wesentliche
Faktoren im Wettbewerb der
Standorte. Das Wissenschaftsbüro der
Stadt Karlsruhe, das bei der Wirtschaftsförderung
angesiedelt ist, bildet
eine Schnittstelle zwischen Akteuren
der Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen,
der Wirtschaft, den
Kulturbetrieben sowie der Politik und
der breiten Öffentlichkeit. Es setzt als
Vermittler zwischen Wissenschaft und
Öffentlichkeit Impulse für die Profilie-
rung Karlsruhes als Innovationsmagnet
und plant zahlreiche Veranstaltungen,
um Karlsruhes Position in diesem Bereich
weiter zu festigen.
FESTIVAL EFFEKTE: WISSEN-
SCHAFT ZUM ANFASSEN UND
MITERLEBEN
Für Juni 2021 plant das Wissenschaftsbüro
bereits zum fünften Mal das
Wissenschaftsfestival EFFEKTE. Alle
zwei Jahre verwandelt sich hierbei die
Fächerstadt in ein riesiges Mitmach-
und Erlebnislabor: Auch vom 12. bis
20. Juni 2021 gibt es faszinierende
und einmalige Einblicke in die hiesige
Wissenschaftslandschaft, natürlich alles
corona-konform.
Das Festival unter dem Motto „Science
in the City“ belebt mit verschiedenen
Formaten die Innenstadt. Spannende
Veranstaltungen rund um Zukunftsund
Innovationsthemen sowie die
Megatrends von morgen informieren
und überraschen Besucherinnen und
Besucher. Durch die aktuelle Corona-
Lage sind in diesem Jahr kleinere
analoge, digitale sowie hybride Veranstaltungsformate
über die ganze Stadt
verteilt geplant. Vorträge, Podiumsdiskussionen
und Bürgerdialogformate,
unter anderem im TRIANGEL Open
Space und an zentralen Plätzen in der
Karlsruher Innenstadt, „Science Shopping“
im Einzelhandel sowie dezentrale
Ausstellungen und Führungen.
INNOVATIONFESTIVAL@KARLS-
RUHE.DIGITAL: INNOVATIONEN
MADE IN KARLSRUHE
Zu den Projekten des Wissenschaftsbüros
zählt auch karlsruhe.digital,
ein Leitprojekt im Rahmen des IQ-
Foto Dennis Dorwarth
Korridorthemas „Wirtschafts- und
Wissenschaftsstadt“. IQ steht dabei
für innovativ und quervernetzt und so
vereint karlsruhe.digital Akteure aus
Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und
Verwaltung mit dem Ziel, Karlsruhe als
Motor der Digitalisierung voranzutreiben.
Die Initiative bündelt Expertenwissen,
fördert Vernetzung und sorgt dafür,
dass Themen wie Digitale Souveränität,
Künstliche Intelligenz, Smart City oder
IT-Sicherheit ganzheitlich bearbeitet
werden, um die digitale Zukunft der
Stadt aktiv zu gestalten und Karlsruhe
als nationalen und internationalen Digitalstandort
zu positionieren.
Pandemiekonform wurde 2020 das
hybride Veranstaltungsformat
InnovationFestival@karlsruhe.digital
entwickelt, um digitalen Innovationen
eine Bühne zu geben – live gestreamt
aus dem ZKM | Zentrum für Kunst und
Medien. Mit über 2.000 Zuschauern
aus 16 Ländern war das Format sehr
erfolgreich. Auch in diesem Jahr ist
deshalb für den 8. Oktober 2021 ein
InnovationFestival, im Rahmen der
neuen KIT Science Week, geplant.
Mit hochkarätigen Keynotes und
kurzweiligen Impulsvorträgen werden
digitale Innovationen aus Karlsruhe
und der Technologie Region Karlsruhe
erlebbar und live gestreamt.
Bewerbungen für Beiträge sind bis
zum 11. Juni 2021 willkommen.
Übrigens: Die nächste Bunte
Nacht der Digitalisierung findet
am 1. Juli 2022 statt.
KIT SCIENCE WEEK: CHANCEN,
RISIKEN UND NUTZEN KÜNSTLI-
CHER INTELLIGENZ
Als größte Forschungs- und Lehreinrichtung
steht das Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) im Dialog mit seinen
Stakeholdern in Politik, Wissenschaft,
Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die erstmalig
stattfindende KIT Science Week
beleuchtet vom 5. bis 10. Oktober 2021
das Thema: „Der Mensch im Zentrum
lernender Systeme“. Politik, Wirtschaft
und Teilnehmende diskutieren die
Chancen und Risiken von künstlicher
Intelligenz (KI) sowie deren Nutzen für
die Gesellschaft.
Die KIT Science Week kombiniert eine
hochrangige, internationale, wissenschaftliche
Konferenz mit Dialogformaten
für die Öffentlichkeit und
bezieht dabei Partner aus Stadt und
Region mit ein. Das Wissenschaftsbüro
als städtischer Netzwerkpartner beteiligt
sich mit einem eigenen Format
gemeinsam mit weiteren Hochschulen
und Forschungseinrichtungen.
TRIANGEL OPEN SPACE: EIN
ORT FÜR KOMMUNIKATION,
KREATIVITÄT UND TRANSFER
AUS DER WISSENSCHAFT
Im zweiten Quartal 2021 eröffnet das
KIT das neue TRIANGEL Open Space.
Zentrumsnah am Kronenplatz gelegen
soll das TRIANGEL Open Space die
Innenstadt weiter beleben und Raum
für Austausch und Zusammenarbeit,
Inspiration und Kreativität an der
Schnittstelle zur Wissenschaft bieten.
Ein Jahresprogramm greift aktuelle
Themen auf, flexibel nutzbare Räume
sowie ein Café ermöglichen kreatives
Arbeiten. TRIANGEL Open Space
ist offen für alle, die sich für Wissenschaft
und Innovation begeistern –
ob als Veranstaltungsgast oder für
eigene Formate.
CLAS MEYER
Leiter des Wissenschaftsbüros Karlsruhe
Foto Stadt Karlsruhe Monika Müller-Gmelin
96 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
97
REGION
Foto @5ascha
PASSGENAU
DER KREATIVE FRANZOSE
BENJAMIN BIGOT ZAUBERT
KUNSTWERKE AUS LEDER
Dieser Schuhmacher hat schon viele
Leisten gesehen und ist dabei geblieben.
Lederkunstwerke versus Schuhe von der
Stange – was ist der Unterschied? Wir
haben dem Schuhkünstler aus Karlsruhe
auf die Füße geschaut – und nachgefragt.
Benjamin, wie bist du zu dem Beruf des
Maßschuhmachers gekommen?
Mit 15 ist mir ein Bild in einer Zeitung
aufgefallen. Da hat ein Schuhmacher
an einem Fuß einer hübschen jungen
Frau mit langen Beinen Maß genommen.
Da stand für mich fest, dieses
Handwerk will ich erlernen. Für zwei
Jahre bin ich nach Marseille auf eine
Schule für Schuhmacher. Als Mitglied
der Compagnons du Devoir (französische
Handwerksorganisation) war ich
dann für mehrere Jahre auf der Walz.
Ich wollte immer einen ausgefallenen
Beruf, etwas was nicht jeder macht.
Die Rückmeldungen der Menschen
sind für mich wichtig. Als Schumacher
habe ich die Möglichkeit, Menschen
glücklich machen.
Was genau macht für dich
einen originellen Schuh aus?
Ich fertige nicht nur ein Paar Schuhe.
Wenn ich einen Auftrag annehme,
gehe ich etwas tiefer in die Materie,
beschäftige mich auch mit dem Menschen,
der später den Schuh trägt. Die
Persönlichkeit soll mit einfließen in das
Design. Mit Farben, Design, Farbkombinationen
und Materialien kann man
spielen, allerdings arbeite ich nicht
so gern mit exotischen Lederarten.
Originalität in Form und Design ist
mein Credo, ich möchte keine alten
Modelle nachmachen. Wenn ich
eine Idee habe, dann schlage ich das
meinen Kunden vor und zeige einen
ausgearbeiteten Entwurf.
Ist für dich persönlich das Thema
Nachhaltigkeit wichtig?
Für mich ist Nachhaltigkeit sehr
wichtig, schon allein wegen meiner
Kinder. Mit umweltbewusst hergestellten
Materialien arbeiten ist für mich
Alltag, seit ich mein eigenes Geschäft
habe. In meinem Atelier verarbeite ich
nur gegerbte Ledersorten, bei denen
keine Schwermetalle wie z.B. Chrom
oder giftige Chemikalien im Produktionsprozess
zum Einsatz gekommen
sind. Die beliebten „Ökoschuhe“
bestehen leider sehr oft aus dem nicht
sehr umweltbewusst hergestellten
Leder. Meine Leidenschaft ist das
Fertigen von Kinderschläppchen aus
biozertifiziertem Leder, die können die
Kids auch unbedenklich in den Mund
nehmen. Dazu kommt noch, dass ein
nach Maß gefertigter Schuh ungefähr
15 Jahre hält. Das ist für mich das Argument
schlechthin was Nachhaltigkeit
betrifft, lieber so einen Schuh zu
tragen, als einen klassisch hergestellten.
Der Sinn eines Maßschuhes ist,
dass man ihn immer wieder reparieren
kann. Bei der Herstellung der Schuhe
achte ich darauf, so wenig Kleber wie
möglich für die Sohle zu verwenden.
Da gibt es eine tolle Alternative, lieber
mehr Nähte, da kann ich auch mehr
auf Tradition achten.
Ich bemühe mich, alles mehr als einmal
zu verwenden, sowohl Materialien als
auch Alltagsgegenstände im täglichen
Leben. Falls ich tatsächlich mal
Maßschuhe nicht selbst liefern kann,
werden Kartons beim Versand der
Schuhe wiederverwendet, was nicht
sehr oft vorkommt.
Woher bekommst du deine Materialien
für deine Schuhe?
Für die Brandsohle an den Schuhschichten
habe ich eine Gerberei in
Tuttlingen, die naturgerben, also das
Leder mit Holz bearbeiten. Alle anderen
Ledersorten beziehe ich von einem
Lieferanten aus Lahr.
Wem würdest du gerne mal
ein Paar Schuhe machen?
Da muss ich mal überlegen, ich fertige
ja schon Schuhe für Schauspieler und
Tänzer. Sehr beeindruckend finde ich
den französische Schauspieler Omar Sy
(„Ziemlich beste Freunde“). Für mich
hat der Mann Charakter und ich wäre
sehr stolz, wenn ich einmal Schuhe für
ihn entwerfen könnte. Eine Schauspielerin
fällt mir im Moment nicht ein. Am
liebsten möchte ich schöne Schuhe für
alle Frauen machen. (lacht)
Trägst du selbst auch Maßschuhe?
Ich trage meine Schuhe, aber noch
keinen Schuh nach Maß. Es gibt noch
keine Leisten, die an meine Füße
angepasst sind. Für Ausstellungsstücke
stelle ich immer alle Schuhe in meiner
Größe her, die ich dann anziehen
kann. Tatsächlich gibt es schon rahmengenähte
Schuhe aus dem Material
Cordovan, also Pferdeleder, die ich für
mich persönlich ausgesucht habe: eine
Mischung aus einem traditionellen
Modell und modernem Design. Das
gibt Stabilität und Basis und die Sohle
ist weich und leicht. Ich mag sehr hartes
Leder nicht so gerne.
Was ist dein ausgefallenstes/
schönstes Maßschuhprojekt?
Ich habe einen Kunden, der schon
mehrmals Schuhe bestellt hat.
Am Anfang hat er eigentlich gar nichts
ausgesucht, sondern mir komplett
freie Hand gelassen bei der Entwicklung
eines Schuhmodells. Das war
schon eine große Herausforderung,
was die Verarbeitung angeht, und ich
musste komplett meine Designerkenntnisse
auspacken. Das Entwickeln
einer Idee und Machart war unheimlich
befriedigend. Jeder Mensch hat
einen anderen Fuß, und jeder Kunde
sucht nicht dieselben Modelle aus.
So variieren auch immer die Arbeitsschritte.
Modelle, die ich entwickle,
gibt es sonst nirgendwo.
Wie viel Zeit braucht es von Anprobe
bis zur Fertigstellung der Schuhe?
Professionell gefertigte Maßschuhe
brauchen ihre Zeit: Wartezeit etwa 7
Monate, 50 Arbeitsstunden und 200
Arbeitsprozesse pro Schuh im Durchschnitt.
Wenn auf ein Schuhmodell
eine Sohle geklebt wird, ist das weniger
Arbeit, dafür muss ich dann oft mehr
Zeit in das gesamte Modell stecken.
Die Wartezeit kann sich auch >>
98 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
99
Echt schöner
Kinderschmuck
Modern, stylisch und nachhaltig – der Maßschuh-Sneaker.
Mit seinem Hund auf leisen Sohlen: der Meister in seinem Atelier.
>> durchaus mal verlängern, je nachdem
wie viele Aufträge dazukommen.
Was kostet denn ein Paar Maßschuhe?
So ein traditionell gefertigter Schuh mit
Charakter hat natürlich seinen Preis:
Für das erste Paar Maßschuhe muss
man um die 4.000 Euro rechnen. Das
zweite Paar ist schon etwas günstiger,
knapp 600 Euro weniger, weil ich
da keine Leisten und Probeschuhe
mehr herstellen muss. Meine Kunden
kommen aus allen Schichten, die einen
sparen, die anderen haben das Geld und
wieder andere brauchen Maßschuhe
aus gesundheitlichen Gründen. Ich
habe es geschafft, Menschen aus allen
Schichten für meine Schuhdesigns zu
begeistern, nicht nur diejenigen, die es
sich leisten können. Das macht mich
sehr stolz. Zu mir kommen übrigens vor
allem Menschen, die noch nie einen
maßgefertigen Schuh hatten.
Welche Schritte sind notwendig,
bis ein Maßschuh fertiggestellt ist?
Insgesamt gibt es 3 Termine bis die
Maßschuhe fertig zum Anziehen und
Ausführen sind. Für mich zu Beginn
am Wichtigsten: Maßnehmen am Fuß
und das Gegenüber kennenlernen. Ich
beobachte das Gegenüber, damit ich
weiß, welche Schuhe ich machen soll.
Dann wird diskutiert – über Schuhe und
Gott und die Welt. Die Entscheidung
über Farbe, Modell und Ledermaterial
fällt dann nach ein paar Wochen bei der
ersten Anprobe mit dem Probeschuh.
Da schlage ich dann auch ein Modell
und Form vor. Es gibt Leute, die wissen
schon genau, was sie haben wollen. Den
Kunden, die noch nicht sicher sind, wie
ihre Schuhe aussehen sollen, lasse ich
genug Zeit, sich Gedanken zu machen.
Der dritte Termin ist dann die Abnahme
und Abgabe des Schuhs.
Wie bist du letztes Jahr durch
die Coronazeit gekommen?
Mein Schuhgeschäft hatte 10-jähriges
Jubiläum mitten in der Coronakrise.
Staatshilfen wollte ich im ersten Lockdown
nicht beantragen. Ganz zufällig
hatte ich von einer Crowdfunding
Plattform gehört, die Coronahilfen
anbietet. Ich wollte damals lieber diesen
Weg gehen, als den üblichen Antrag zu
stellen. Das hat toll geklappt, es sind
mehr als 3.000 Euro zusammengekommen,
damit konnte ich drei Monate lang
die Ateliermiete bezahlen. Dazu kamen
noch Aufträge für Maßschuhe von Leuten,
die mich unterstützen wollten. Im
Sommer nach dem Lockdown musste
ich leider doch noch Coronahilfen beantragen,
weil es nicht ganz gereicht hat.
Seit November 2020 läuft es wieder,
ich brauche keine finanzielle Unterstützung
mehr, zum Glück. Ich habe genug
Aufträge und es geht mir gut, dafür bin
ich sehr dankbar.
Stichwort Aufbruch: Worauf kommt es
an, damit Wanderer lange durchhalten?
Das Wichtigste für mich ist nicht,
möglichst weit voranzukommen. Ich
freue mich über jede Überraschung und
nehme alle Herausforderungen an. Und
versuche nicht, zu weit nach vorne zu
schauen, mache einen Schritt nach dem
anderen und genieße die Zeit während
des Voranschreitens. Mit jedem Schritt
bin ich mal mehr, mal weniger zufrieden.
Wenn ich mich umdrehe, sehe ich
welchen Weg ich geschafft habe. Das ist
gerade in diesen Zeiten ein spannendes
Thema, weil ich glaube, dass der Mensch
das jetzt braucht. Hey, auf dem Boden
bleiben und eins nach dem anderen. Das
gibt mir eine gewisse Sicherheit, gerade
weil ich viele Baustellen um mich herum
habe. Ich kann mit meinen „Wanderstiefeln“
nur weiterkommen, wenn
ich meiner selbst sicher und glücklich
bin. Dann stimmt die Verbindung von
Mensch zu Boden.
HIER VERWURZELT
PRODUKTE AUS KARLSRUHE UND DER REGION
Foto Phoenix Coffee
NUR NET HUDDLE
Schön langsam, das ist
das Credo vom Chef,
wenn er die Rohkaffees röstet. Nur so kann sich das volle Aroma entfalten. Alle Kaffees
werden von Röstmeister Patrick Crocoll im Bruchsaler Laden geröstet und nur ins
Sortiment übernommen, wenn Qualität und Geschmack den Ansprüchen entsprechen.
Was als Idee, eine kleine private Rösterei mit einigen wenigen Sitzplätzen im Café zu
eröffnen angefangen hat, ist nun ein Coffee Shop mit Konditorei geworden. Wer den
Kaffee von Phoenix Coffee lieber zuhause genießen möchte, kann sich ein Päckchen
der gemahlenen Kaffeebohnen – teilweise in Bio-Qualität – online bestellen und
liefern lassen oder im Café abholen.
www.phoenixcoffee.de
C
M
INNERE WERTE
Anfang des Jahres 2020 wurde HÜLLE & FÜLLE von drei Gründern
zum Leben erweckt. Die Mission: ehrliche Maultaschen. Nach ausgiebiger
Verfeinerung der Rezeptur können die handgemachten Leckerbissen nun
im Online-Shop bestellt und in Ettlingen im Baggerloch abgeholt werden.
Besonders wichtig sind den Gründern und Köchen von HÜLLE & FÜLLE
regionale und frische Zutaten. Außerdem verzichten sie auf Geschmacksverstärker
und künstliche Konservierungs- und Zusatzstoffe. Damit wollen
Sie eine bewusstere Alternative zu Massenproduktion und maschineller
Fertigung bieten. Diese inneren Werte machen die badischen Maultaschen
von HÜLLE & FÜLLE besonders hochwertig und nachhaltig.
www.hf-maultaschen.de
Foto HÜLLE & FÜLLE Maultaschen
Y
CM
MY
CY
CMY
K
Foto Uli Hochreither
LIGHT MY FOTO
Ein Foto an die Wand hängen kann jeder. Was wäre, wenn das Lieblingsbild
zeitgleich leuchten würde? Lumitrast, aus Ettlingen, stellt 3D-Leuchtbilder aus
recyceltem Kunststoff her. Einfach Motiv aussuchen oder Lieblingsfoto hochladen
und das Motiv wird Pixel für Pixel in die Platte gefräst und von hinten beleuchtet.
Je mehr Material abgetragen wird, desto mehr Licht kommt durch und umso
heller das Pixel. Die zuvor unscheinbare Platte erwacht beim Einschalten der
Beleuchtung zum Leben und zeigt nun das zuvor versteckte Motiv in seiner
ganzen Pracht.
www.lumitrast.de
102 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
UNTERNEHMENSPROFILE
Hoepfner Bräu – Häuser zum Wohlfühlen
Die Hoepfner Bräu Friedrich Hoepfner Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG betreibt ein
aktives Immobilienmanagement mit gemischt genutzten Objekten. Im Jahre 1798 gegründet,
beschäftigt sich das Unternehmen mit der Verwaltung und Entwicklung eigener Immobilien.
In vielfältigen Projekten setzt die Hoepfner Bräu immer wieder auf den behutsamen Erhalt des
Schönen und Althergebrachten, gleichzeitig verbunden mit modernster Ausstattung. Besonders
gut erkennt man dies an Objekten wie dem „Alten Malzwerk“, einem Teil der Hoepfner-
Burg in Karlsruhe. An Top-Standorten in Süddeutschland wie Karlsruhe, Heidelberg und in der
Hauptstadt Berlin wird für den eigenen Bestand gebaut. Die Tochtergesellschaft Hoepfner
HI-TECH Beteiligungsgesellschaft mbH arbeitet als Business Angel zur Unterstützung junger
Hightech-Unternehmen, die Hoepfner BauInvest Plus GmbH & Co. KG als Immobilienentwickler
für anspruchsvolle Kunden.
www.hoepfner-braeu.de
STOBER
MEDIEN
STOBER MEDIEN GmbH
Industriestraße 12, 76344 Eggenstein
HOEPFNER BRÄU Friedrich Hoepfner
Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG
Haid-und-Neu-Str. 18-20, 76131 Karlsruhe
Fon 0721 480886-66
presse@hoepfner-braeu.de
www.hoepfner-braeu.de
Ihren Ideen Ausdruck geben
„Sicher und auf kurzem Weg, mit Fingerspitzengefühl und Freude an der richtigen Lösung,
einfach und kompakt.“ 30 Fachleute bringen Ideen ins Ziel. Von der Beratung und Produktentwicklung
bis zur Herstellung über alle Etappen.
Ihr Partner für Unternehmen, Agenturen und Kultur
Ihre Anforderungen finden bei uns praktikable Lösungen. Partnerschaftlich stehen wir
Ihnen mit zukunftsorientiertem Know-how bei Satz, Gestaltung, Digital- und Offsetdruck,
Weiterverarbeitung sowie Letterpress und Konfektionierung zur Seite. Sprechen Sie uns an!
www.stober.de
Die beste Bank der Stadt
Zum fünften Mal in Folge hat sich die Volksbank Karlsruhe 2020 beim größten Verbrauchertest
nach DIN-Norm der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH durchgesetzt. Als Seriensiegerin
darf sie sich weiterhin in den Sparten Privatkundenberatung, Gewerbekundenberatung
und Baufinanzierung als die „Beste Bank vor Ort“ bezeichnen. Und auch beim unabhängigen
City Contest in Zusammenarbeit mit dem Magazin Focus-Money geht die Volksbank Karlsruhe
2020 zum wiederholten Mal als Testsieger ihrer Stadt hervor und hat in allen Kategorien
Spitzenwerte erzielt. „Die Volksbank Karlsruhe hat den Beratungsprozess in Karlsruhe hervorragend
umgesetzt“, lautet das Fazit der Tester.
Besonders der Vergleich auf Basis von DIN-Normen liefert die im Sinne des Verbraucherschutzes
verlässlichste Beurteilung der Beratungsqualität. Darüber hinaus lässt die Volksbank
Karlsruhe ihre Beratungsleistungen über das Portal des Anbieters eKomi ungefiltert durch ihre
Kunden beurteilen. Und auch hier wird ihr eine herausragende Beratungsqualität attestiert: Von
maximal 5 möglichen Sternen vergeben die Kunden 4,9 Sterne.
www.volksbank-karlsruhe.de
VOLKSBANK KARLSRUHE eG
Ludwig-Erhard-Allee 1
76131 Karlsruhe
Telefon 0721 9350-0
E-Mail: info@volksbank-karlsruhe.de
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern
in diesem Magazin die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der
Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle
Gründe und beinhaltet keine Wertung.
IMPRESSUM
Herausgeber:
Baden TV GmbH
Haid-und-Neu-Str. 18
76131 Karlsruhe
Telefon: 0721 989773-500
Fax: 0721 989773-501
Geschäftsführer Bernd Gnann
Gesamtproduktion, Copyright:
WERBEAGENTUR VON
SCHICKH GmbH
Pforzheimer Str. 134
76275 Ettlingen
Telefon: 07243 71100-0
info@wvs.de, www.wvs.de
Redaktionsleitung, Konzeption:
Sabine Edle von Schickh
Redaktion: Anya Barros,
Angelika Schmied, Caroline
Carnevale, Andreas Lütke, Julia Wolf
Layout, Illustration:
Felicitas Riffel, Adelina Apostolova
Produktion:
Felicitas Riffel
Koordination: Anya Barros
Titelbild:
rdnzl – www.stock.adobe.com
Anzeigen:
Baden TV GmbH, Susanne Sauer
Haid-und-Neu-Str. 18
76131 Karlsruhe
Telefon: 0721 989773-500
Fax: 0721 989773-501
wirtschaftsspiegel@baden-tv.com
Druck:
Stober Medien GmbH, Eggenstein
Der „Wirtschaftsspiegel der
TechnologieRegion Karlsruhe” ist
direkt über den Herausgeber oder
über ausgewählte Vertriebspartner
zu beziehen.
104 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
105
STANDORTINFORMATIONEN
DIE TECHNOLOGIEREGION KARLSRUHE IM ÜBERBLICK
Merkmal Maßeinheit Stadtkreis Landkreis
Stadtkreis
Landkreis
Landkreis
Landkreis Stadtkreis
Departement
TechnologieRegion
Karlsruhe Karlsruhe Baden-Baden
Rastatt
Germersheim Südliche Weinstraße Landau
Bas-Rhin 7
insgesamt
Fläche 2 km 2 173,42 1.084,97 140,19 738,44 463,32 639,95 82,94 4.755,03 8.078,26
Bevölkerung am 30.09.2020 2, 3 Anzahl 308.530 447.120 55.345 232.481 128.870 110.672 46.627 1.133.552 2.463.197
Kaufkraftkennziffer 2021 1 je Einwohner 101,2 108,8 116,7 106,9 101,9 103,4 98,7 · 105,5 6
(Bundesgebiet = 100)
Einzelhandelsumsatz 2021 1 je Einwohner 121,0 87,6 114,2 77,6 68,2 82,9 139,4 · 94,4 6
(Bundesgebiet = 100)
Zentralitätsindex 2021 1 je Einwohner 119,6 80,5 97,9 72,6 66,9 80,2 141,2 · 89,5 6
Bruttoinlandsprodukt 2018 2 in Euro 85.070 78.513 70.948 84.908 80.906 65.833 59.334 · 79.770 6
(je Erwerbstätigen)
Erwerbstätige 2018 2 in Tausend 240,7 213,9 42,2 120,3 59,7 46,3 33,4 481,6 1.238,1
Versicherungspflichtig Beschäftigte Anzahl 179.534 158.734 31.343 92.965 46.072 31.611 23.686 467.919 1.031.864
am Arbeitsort am 30.06.2020 2, 4
darunter
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Anzahl 101 573 . 452 480 903 71 6.901 9.481 8
Produzierendes Gewerbe Anzahl 27.494 56.100 7.427 48.000 20.886 9.645 4.257 75.377 249.186
Handel, Verkehr und Gastgewerbe Anzahl 38.663 32.746 6.710 16.124 11.297 8.377 5.346 215.362 334.625
Sonstige Dienstleistungen Anzahl 113.275 69.312 17.099 28.388 13.509 12.686 14.012 140.794 409.075
Verarbeitendes Gewerbe am 30.09.2019 2
Betriebe (mit 20 und mehr Beschäftigten) Anzahl 98 309 31 173 77 57 30 568 1.343
Beschäftigte Anzahl 18.672 39.611 4.563 40.411 17.135 6.523 2.708 65.683 195.306
Umsatz 2019 in Mrd. Euro 10,6 11,0 0,9 22,1 13,0 1,7 0,6 . 59,9 6
Arbeitslosenquote am 30.06.2020 5 % 5,2 3,9 6,0 4,0 4,8 4,6 6,3 7,8 (p) 4,5 6
(bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen)
STUDIERENDE AUSGEWÄHLTER FACHRICHTUNGEN IN KARLSRUHE
Fakultät / Fachrichtungen (WS 2020/21) KIT Hochschule Karlsruhe – Duale zusammen
Technik und Wirtschaft Hochschule
Anzahl Anzahl %
Elektro- und Informationstechnik 2.027 831 109 2.967 8,7
Maschinenbau und Mechatronik 5.424 1.360 563 7.347 21,5
Informatik und Wirtschaftsinformatik 2.785 1.101 967 4.853 14,2
Wirtschaftswissenschaften 3.436 2.357 1.247 7.040 20,6
Architektur, Bauwesen, Geo- und Umweltwissenschaften 3.073 1.665 - 4.738 13,9
Mathematik 662 - - 662 1,9
Physik, Chemie und Biowissenschaften 4.153 - - 4.153 12,2
Studierende der ausgewählten Fachrichtungen zusammen 21.560 7.314 2.886 31.760 93,0
Studierende insgesamt 23.321 7.602 3.190 34.113 100,0
STUDIERENDE IN KARLSRUHE
WS 2020/21 %
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 23.321 58,1
Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft 7.602 18,9
Pädagogische Hochschule 3.711 9,2
Duale Hochschule Baden-Württemberg 3.190 7,9
Hochschule für Musik 568 1,4
Staatliche Akademie der Bildenden Künste 343 0,9
Staatliche Hochschule für Gestaltung 408 1,0
Karlshochschule International University (privat) 406 1,0
EC Europa Campus (privat) * 350 0,9
FOM Hochschule für Ökonomie & Management (privat) 262 0,7
Insgesamt 40.161 100
FernUniversität Hagen (Studierende im Stadtgebiet KA) 515
1
Quellen GfK, Nürnberg; Amt für Stadtentwicklung, Karlsruhe
2
Quellen Statistische Landesämter Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz;
Institut National de la Statistique et des Etudes Economiques (Insee) Direction Régionale de Strasbourg
3
Städte in Rheinland-Pfalz Stand: 30.06.2020
4
Städte in Rheinland-Pfalz Stand: 30.06.2019
5
Quellen Bundesagentur für Arbeit; Insee
6
Ohne Departement Bas-Rhin
7
Stand: 31.12.2017 bzw. Volkszählung 2017, (p) = vorläufig zum Stand 3. Trimester 2020
8
Summe ohne Stadtkreis Baden-Baden
106 NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
Quelle Amt für Stadtentwicklung, Karlsruhe
*Schätzwert
Quelle Amt für Stadtentwicklung, Karlsruhe
107
DATEN UND FAKTEN ZUM WIRTSCHAFTSSTANDORT KARLSRUHE
IM VERGLEICH ZU DEN STÄDTEN MANNHEIM UND STUTTGART
Karlsruhe Mannheim Stuttgart
Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung*
Bevölkerung am 30.09.2020 308.530 310.121 631.688
Veränderung 12/2015 - 09/2020 in % 0,3 1,4 1,3
Hallo, wir wohnen auch hier.
Erwerbstätige am Arbeitsort**
Erwerbstätige im Jahr 2019 (Jahresdurchschnitt, Berechnungsstand August 2020) 240.000 242.400 546.200
Veränderung 2015 - 2019 in % 1,6 2,4 5,5
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort*
SV-Beschäftigte am 30.06.2020 179.534 189.353 423.052
Veränderung 2015 - 2020 in % 5,1 5,1 8,6
Betriebe*
Betriebe 2019 15.191 15.724 33.315
Anteil kleiner und mittlerer Betriebe in % 99,3 99,2 99,3
(Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten. SV-Beschäftigte am 31.12.2019)
Arbeitslose***
Arbeitslose am 30.06.2020 8.978 13.074 20.047
Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) 5,2 7,5 5,7
Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen*
Euro je Erwerbstätigen 2018 (Berechnungsstand August 2019) 85.070 86.269 105.982
Veränderung 2015 - 2018 in % 6,7 8,9 4,4
Bruttowertschöpfung zu Herstellungspreisen*
Bruttowertschöpfung 2018 (in Millionen Euro) 18.442 18.844 51.673
darunter Anteil in %
Produzierendes Gewerbe 22,8 37,0 34,3
Dienstleistungsbereiche 77,1 63,0 65,6
Gewerbesteuer*
Hebesatz 2020 in % 430 430 420
Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern****
Kaufkraft je Einwohner 2021 (Bundesdurchschnitt = 100) 101,2 99,1 112,5
Umsatzkennziffer je Einwohner 2021 (Bundesdurchschnitt = 100) 121,0 146,5 127,0
Zentralitätskennziffer 2021 (Umsatzkennziffer je EW/Kaufkraft je EW) 119,6 147,8 112,9
Quellen
* Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
** Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (vorläufige Ergebnisse)
*** Bundesagentur für Arbeit
**** GfK, Nürnberg
Wir sind ein Unternehmen,
von dem Sie vielleicht noch nie gehört haben.
Denn von uns können Sie gar nichts kaufen.
Wir machen nämlich Banken-IT.
Aber wir sind da.
Als Arbeitgeber. Als Steuerzahler.
Oder einfach bloß als Nachbar.
Als guter Nachbar.
Indem wir helfen, wo wir können.
In der Bildung genauso wie beim Sport,
in der Kunst oder in sozialen Einrichtungen.
„Zukunftserfahren“ soll nicht nur ein Wort sein,
das wir unter unser Logo drucken.
Es ist unser Selbstverständnis, dass man
Zukunft aktiv gestalten kann.
Vor Ort. In der eigenen Stadt. Mit den eigenen Nachbarn.
Und damit haben wir Erfahrung.
108
NR 64 2021 WIRTSCHAFTSSPIEGEL
5
Wohnung gesucht –
Zuhause gefunden!
Wir schaffen und erhalten bezahlbaren Wohnraum. Mit über
13.350 Mietwohnungen sind wir der größte Vermieter in
Karlsruhe. Wir bemühen uns um soziale Ausgewogenheit
und setzen uns für Nachhaltigkeit ein.
6
www.volkswohnung.com