November 2011 - Evangelische Kirchengemeinde Bad Krozingen
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wenn nicht Tausende von Artikeln<br />
und Büchern auf Arabisch,<br />
die sich mit dem Krieg von<br />
1948 beschäftigen, und es gibt<br />
lehrreiche Analysen zu den<br />
Gründen der militärischen Niederlage.<br />
Aber bis heute besteht<br />
nicht die Bereitschaft dazu,<br />
sich mit der einen schlichten<br />
Tatsache auseinanderzusetzen:<br />
Die Entscheidung, gegen die<br />
Teilungsresolution der UNO in<br />
den Krieg zu ziehen, war ein<br />
schlimmer politischer und moralischer<br />
Fehler der arabischen<br />
Welt.<br />
Hätten die Palästinenser und<br />
die arabischen Staaten den<br />
Teilungsbeschluss akzeptiert,<br />
wäre Palästina schon seit 1948<br />
ein unabhängiger Staat, und<br />
das Problem der Flüchtlinge<br />
hätte nie existiert. Nicht die<br />
Gründung des Staates Israel<br />
schuf das Flüchtlingsproblem,<br />
sondern der Krieg der Araber<br />
gegen die Gründung des jüdischen<br />
Staates in einem Teil des<br />
Landes Israel.<br />
Den Israelis, die nach Versöhnung<br />
streben, muss es erlaubt<br />
sein, von der arabischen Seite<br />
zu fordern, dass sie sich diesen<br />
Fragen stellt. So wie es unmöglich<br />
ist, die Vertreibung von<br />
zwölf Millionen Volksdeutschen<br />
aus Osteuropa nach 1945<br />
vom deutschen Überfall auf<br />
Polen 1939 abzukoppeln, so<br />
unmöglich ist es, von der moralischen<br />
Dimension der arabischen<br />
Entscheidung, Krieg<br />
gegen die Idee der Teilung zu<br />
führen, abzusehen: Wenn man<br />
in den Krieg zieht und ihn<br />
verliert, dann bringt dies Ergebnisse<br />
mit sich, selbst wenn<br />
man den Sieger nicht von der<br />
Verantwortung für seine Taten<br />
freisprechen kann.<br />
Wenn wir uns also auf eine<br />
Zwei-Staaten-Lösung zubewegen,<br />
kann man von der arabischen<br />
Seite ein gewisses Maß<br />
an Selbstkritik erwarten – etwa<br />
in der Art, wie sie S. Yizhars<br />
Buch „Hirbet Hizah“ im israelischen<br />
Diskurs symbolisiert.<br />
Dies würde es den Israelis erheblich<br />
erleichtern, Anteil am<br />
Schmerz der Palästinenser zu<br />
nehmen.<br />
Die Knospen der demokratischen<br />
Entwicklung in der<br />
arabischen Welt müssen die<br />
Hoffnung wecken, dass eines<br />
der Ergebnisse dessen, was<br />
auf dem Tahrir-Platz vor sich<br />
gegangen ist, ein kritischer Diskurs<br />
sein wird – der Beginn der<br />
Befreiung auch vom Unvermögen,<br />
einen kritischen Blick in<br />
den Spiegel zu werfen.<br />
s h l o m o a v i n e r i<br />
ist Professor für Politische<br />
Wissenschaften an der Hebräischen<br />
Universität Jerusalem<br />
und Friedensaktivist.<br />
Oktober | <strong>November</strong> <strong>2011</strong> 39