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Sonepar_Report_Juni 2021

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Erneuerbare Energien<br />

Eine wirklich<br />

runde Sache<br />

Grafik: Volker Presser, INM<br />

„Grüner Wasserstoff“ wird aus erneuerbaren<br />

Energien hergestellt und ist frei von CO 2 -Emissionen,<br />

denn man braucht dafür (anders als<br />

bei anderen Arten der Wasserstoff-Erzeugung)<br />

weder Kohle noch Erdgas. In „Elektrolyseuren“<br />

genannten Elektrolyse-Anlagen wird dazu<br />

mittels regenerativ erzeugtem „Grünstrom“<br />

das Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff<br />

und Sauerstoff zerlegt.<br />

Wasserstoff gilt als einer der wichtigsten Hoffnungsträger der<br />

Energiewende weltweit. Die Schwierigkeit: Um ihn im industriellen<br />

Maßstab ohne fossile Energieträger gewinnen zu können, müsste<br />

auf Meerwasser zurückgegriffen werden. Dessen Entsalzung aber<br />

benötigt viel zu viel Energie – bisher.<br />

Naheliegend ist deshalb der Gedanke, das<br />

größte natürliche Wasserreservoir anzuzapfen,<br />

das die Erde zu bieten hat: die Ozeane. Denn<br />

sie fassen den Großteil der 1.400 Trillionen<br />

Liter des Wassers auf der Erde. Klingt logisch,<br />

hat aber einen entscheidenden Pferdefuß: Heutige<br />

Elektrolysesysteme können keinen Wasserstoff<br />

direkt aus dem Salzwasser der Meere<br />

gewinnen. Man muss es erst entsalzen. Und<br />

das kostet dann wiederum so viel Energie, dass<br />

von „grün“ eigentlich keine Rede sein kann.<br />

Doktorandin Yuan Zhang hatte die<br />

geniale Idee von der Wasserstoffproduktion,<br />

die nicht auf die wertvollen<br />

Süßwasservorräte zugreifen muss.<br />

(Foto: Thorsten Mohr, UdS)<br />

Eine revolutionäre Idee<br />

Schon deshalb ist die Nachricht, dass ein<br />

wichtiger Schritt in puncto Energie aus Meerwasser<br />

– zumindest im Labormaßstab – gelungen<br />

ist, höchst willkommen. Zu verantworten<br />

hat die erfolgreichen Experimente Volker<br />

Presser, der als Professor für Energie-Materialien<br />

an der Universität des Saarlandes und Leiter<br />

des Programmbereichs Energie-Materialien<br />

am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM)<br />

mit seinen Arbeiten zur Elektrochemie immer<br />

wieder internationale Beachtung findet.<br />

Um zu verstehen, wie groß dieser Schritt ist,<br />

muss man wissen, dass bislang Wasserstoff<br />

für Brennstoffzellen erzeugt wird, indem man<br />

zuvor mit viel Energie deionisiertes (entsalztes)<br />

Wasser aus Meerwasser herstellt, um aus<br />

diesem aufbereiteten Wasser dann wiederum<br />

Wasserstoff zu gewinnen. Hintergrund: Nur<br />

so lässt sich Wasserstoff herstellen, ohne die<br />

ohnehin limitierten wertvollen Süßwasservorräte<br />

weiter zu verringern.<br />

Und hier nun kommt die Idee von Yuan Zhang<br />

ins Spiel, die Doktorandin von Prof. Dr. Presser<br />

ist. Ihren „revolutionären“ Vorschlag fasst der<br />

Energie-Professor zusammen: „Wir benutzen<br />

einfach die Brennstoffzelle selbst, um das<br />

Meerwasser zu entsalzen und anschließend<br />

Süßwasser zu erhalten, das dann in der<br />

Brennstoffzelle für die Wasserstofferzeugung<br />

genutzt werden kann.“<br />

Ihr Doktorvater, Prof. Dr. Volker Presser,<br />

ist ein renommierter Experte auf dem<br />

Gebiet der Elektrochemie.<br />

(Foto: Uwe Bellhäuser, INM)<br />

Eine Brennstoffzelle für den Schulbedarf<br />

Dazu haben sich Presser und Zhang einen einfachen<br />

Experiment-Aufbau überlegt: Aus einer<br />

Brennstoffzelle für den Schulbedarf haben sie<br />

eine Anlage gebaut, die aus dem Ausgangsstoff<br />

Salzwasser am Ende Süßwasser erzeugt<br />

und dazu noch Strom und Wärme produziert,<br />

die wiederum in die Gewinnung von Wasserstoff<br />

investiert werden können.<br />

Das im Salzwasser vorhandene Salz (vor allem<br />

NaCl, Kochsalz), so erläutern sie, werde dabei<br />

durch die Zugabe von Wasserstoff und Sauerstoff<br />

„gezwungen“, seine Verbindung mit dem<br />

Wasser aufzulösen. „Es entstehen neben dem<br />

dann entstandenen Trinkwasser, das man im<br />

Anschluss für die Gewinnung von Wasserstoff<br />

nutzen kann, eine Säure (insbesondere<br />

HCl; Salzsäure) und eine Base (insbesondere<br />

NaOH, Natriumhydroxid) als Zwischenprodukte.“<br />

Und nun der Clou: „Außerdem erzeugen<br />

wir an dieser Stelle Elektrizität, die wir weiter<br />

nutzen können“, so Volker Presser. Die Säure<br />

und die Base erzeugen, wenn man sie zum<br />

Schluss wieder zusammenbringt, zusätzlich<br />

Wärme, die man ebenfalls weiter nutzen kann.<br />

Ein doppelter Salto für die Zukunft<br />

Und der Nutzwert? „Wir können nun aus jeder<br />

Brennstoffzelle ein Modul bauen, das nicht nur<br />

Strom generiert, sondern ganz nebenbei auch<br />

Trinkwasser erzeugt. Dieses kann dann auch<br />

für die Wasserstoffproduktion genutzt werden.<br />

Man braucht dazu halt Wasserstoff, aber den<br />

kann man über Elektrolyse ‚grün‘ mit ‚Power<br />

to Gas‘ herstellen“, so Presser. Damit hat das<br />

Team von der Saar einen neuen Technologieansatz<br />

entwickelt, der in Zukunft in großem<br />

Maßstab zum Einsatz kommen könnte.<br />

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:<br />

volker.presser@leibniz-inm.de<br />

Originalpublikation: Zhang et al., Electrocatalytic<br />

fuel cell desalination for continuous<br />

energy and freshwater generation,<br />

Cell <strong>Report</strong>s Physical Science (<strong>2021</strong>),<br />

https://doi.org/10.1016/j.xcrp.<strong>2021</strong>.100416<br />

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<strong>Sonepar</strong> <strong>Report</strong> 223 | E-xpertise<br />

<strong>Sonepar</strong> <strong>Report</strong> 223 | E-xpertise<br />

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