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Büchereiperspektiven 1/21: Bibliotheken bleiben. Aus der Krise in die Zukunft

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

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BIBLIOTHEKEN BLEIBEN I PERSPEKTIVEN FÜR DIE ZUKUNFT<br />

zu Me<strong>die</strong>n und Technologien, zu Beratung und Schulung<br />

ausgebaut wird, können sie gezielt Bildungsungleichheiten<br />

entgegenwirken. Sie unterstützen Menschen dar<strong>in</strong>, Kompetenzen<br />

zu bilden, und bieten Raum für gesellschaftliche<br />

Begegnung und demokratische <strong>Aus</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung. In<br />

Bonn, Leicester und Malmö lässt sich beobachten, dass<br />

sie neben <strong>der</strong> vermittelnden e<strong>in</strong>e belebende Rolle haben:<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>en Stadtteilbibliotheken an dezentralen<br />

Standorten können für <strong>die</strong> BewohnerInnen wie Dorfplätze<br />

wirken. Als staatliche Institution <strong>der</strong> nonformalen Bildung<br />

können sie dazu beitragen, <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>wohlorientierte Idee<br />

des Teilens von Ressourcen <strong>in</strong> <strong>die</strong> breite Bevölkerung zu<br />

tragen. Im Idealfall unterstützen sie auch <strong>die</strong> Erreichung<br />

sozialer Nachhaltigkeitsziele wie <strong>die</strong> För<strong>der</strong>ung des psychosozialen<br />

Wohlergehens (SDG 3) und des lebenslangen Lernens<br />

(SDG 4) sowie e<strong>in</strong>es nachhaltigen Wirtschaftswachstums<br />

durch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>wohlorientierte, sozial-ökologische<br />

Ökonomie (SDG 8).<br />

<strong>Aus</strong>wirkungen von Bibliotheksstrategien<br />

Die Gestaltung sowie <strong>die</strong> Vorstellungen von <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Bibliothek als Ort haben sich nicht nur im Zuge <strong>der</strong><br />

Digitalisierung verän<strong>der</strong>t. Auch durch <strong>die</strong> zunehmende<br />

kommunale F<strong>in</strong>anzknappheit und <strong>die</strong> damit verbundene<br />

Unterf<strong>in</strong>anzierung öffentlicher Infrastrukturen stehen sie<br />

als freiwillige Dienstleistung <strong>der</strong> Kommunen unter starkem<br />

Druck, ihre Dienste zu effektivieren und zu legitimieren. Als<br />

Reaktion auf <strong>die</strong> verän<strong>der</strong>ten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erproben<br />

Kommunen verschiedene Strategien:<br />

> Erweiterung <strong>der</strong> Angebote und Dienstleistungen (Selbstausleihe,<br />

digitale Me<strong>die</strong>n, neue Formate etc.)<br />

> <strong>Aus</strong>bau <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit und <strong>der</strong> Kommunikation<br />

über soziale Me<strong>die</strong>n<br />

> <strong>Aus</strong>bau <strong>der</strong> Kooperation mit staatlichen und nicht-staatlichen<br />

Institutionen, Organisationen und Initiativen<br />

> Fokussierung auf e<strong>in</strong>zelne mo<strong>der</strong>ne Neubauten als<br />

„Leuchttürme“ (und damit häufig Zentralisierung des<br />

lokalen Bibliothekssystems)<br />

> Event- statt Bestandsorientierung<br />

> Schließung dezentraler Standorte, Personalkürzungen,<br />

Aufgabenverlagerung <strong>in</strong>s Ehrenamt<br />

> Privatisierung von Teilaufgaben (Me<strong>die</strong>nbeschaffung,<br />

digitale Plattformen, Cafébetrieb etc.)<br />

> <strong>Aus</strong>bau bedarfsorientierter und zielgruppenspezifischer<br />

Angebote<br />

> <strong>Aus</strong>bau ehrenamtlicher Strukturen als Unterstützung<br />

> partizipative Angebotsentwicklung mit NutzerInnen<br />

Je nach politischer <strong>Aus</strong>richtung und Zielen <strong>der</strong> lokalen Politik<br />

kommen mehrere und auf den ersten Blick wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />

Strategien gleichzeitig zum E<strong>in</strong>satz. Sowohl <strong>in</strong> Leicester<br />

und Bonn als auch <strong>in</strong> Malmö s<strong>in</strong>d Modelle zur räumlichen<br />

Zentralisierung und Shar<strong>in</strong>g-Modelle strategische<br />

Elemente <strong>der</strong> Bibliotheksentwicklung geworden. Durch <strong>die</strong><br />

Strategie <strong>der</strong> Zentralisierung werden zwar <strong>die</strong> Repräsentationsfunktion<br />

öffentlicher <strong>Bibliotheken</strong> und e<strong>in</strong> attraktives<br />

Angebot an zentralen Standorten gestärkt. Dies führt<br />

häufig jedoch zu e<strong>in</strong>er <strong>Aus</strong>dünnung <strong>der</strong> Bibliotheks<strong>die</strong>nste<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fläche sowie zur Verlagerung von Dienstleistungen<br />

<strong>in</strong> ehrenamtliche Leitung. <strong>Aus</strong> Perspektive <strong>der</strong> Bildungsgerechtigkeit<br />

verschlechtert sich dadurch <strong>die</strong> Erreichbarkeit<br />

und <strong>die</strong> Qualität <strong>der</strong> Angebote <strong>in</strong> peripheren und oft<br />

benachteiligten Stadtquartieren. Vor allem für mobilitätse<strong>in</strong>geschränkte<br />

und e<strong>in</strong>kommensschwache Bevölkerungsgruppen<br />

(unter an<strong>der</strong>em arme Menschen, isolierte ältere<br />

Menschen, Geflüchtete und MigrantInnen, Obdachlose,<br />

Alle<strong>in</strong>erziehende, K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche), <strong>die</strong> am stärksten<br />

von den dezentralen Angeboten profitieren, wird <strong>der</strong><br />

Zugang schwerer. Ebenso ist <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>bau ehrenamtlicher<br />

Strukturen <strong>in</strong> <strong>der</strong> staatlichen Dase<strong>in</strong>svorsorge ambivalent:<br />

<strong>Büchereiperspektiven</strong> 1/<strong>21</strong><br />

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