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VKD-Praxisberichte 2018

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Digitalisierung<br />

iTunes Store (Statista, 2016). Neben Tausenden<br />

von Fitnesstrackern und Ernährungs-Coaches<br />

beschäftigt sich aber nur ein kleiner Teil davon<br />

mit „echter“ Medizin. Eine der ersten Apps auf<br />

Rezept ist die Tinnitus-App „Tinnitracks“. Sie<br />

wird bereits von einigen Krankenkassen finanziert.<br />

Durch Waagen oder Blutzuckermessgeräte<br />

mit digitalen Schnittstellen, mobilen EKG-<br />

Geräten und vielem mehr, lassen sich ganz neue<br />

Versorgungsmodelle für bspw. chronisch kranke<br />

Patienten entwickeln. Auch im Bereich der Prävention<br />

sind neue digitale Geschäftsmodelle<br />

bzw. Dienstleistungen denkbar.<br />

Grundlage dabei ist immer das Zur-Verfügung-<br />

Stellen von Daten. Diese nutzen auch sogenannte<br />

Plattformanbieter als Arbeitsgrundlage.<br />

Ein Plattformbetreiber kann grundsätzlich jede<br />

Art von Leistungen in sein System integrieren,<br />

von der persönlichen ambulanten Pflege bis<br />

hin zum Krankenhaus der Maximalversorgung.<br />

Plattformen koordinieren in immer größerem<br />

Umfang Angebot und Nachfrage. Erfolgreiche<br />

Plattformbetreiber setzen Schnittstellenstandards<br />

durch, wodurch sie das Geschäftsmodell<br />

in ihrem Sektor vollständig beherrschen.<br />

Auch hier gibt es bei AGAPLESION schon erste<br />

Ansätze, etwa beim Projekt „Sicherung intersektoraler<br />

Versorgung durch ein IT-gestütztes<br />

Dienstleistungskonzept für multimorbide Patienten<br />

mit Demenz“ (SimPat). Hier wird eine<br />

digitale Fallmanagementlösung als Plattform<br />

erarbeitet. Sie unterstützt vor allem den Entlassungsprozess<br />

und verbindet das Krankenhaus<br />

mit nachsorgenden Einrichtungen zum<br />

Wohle des Patienten. In Zusammenarbeit mit<br />

der Techniker Krankenkasse und IBM werden<br />

in einem weiteren Projekt der AGAPLESION gAG<br />

die Entlassbriefe in einer elektronischen Patientenakte<br />

für nachsorgende Einrichtungen zur<br />

Verfügung gestellt. Dies ermöglicht eine bestmögliche,<br />

effiziente Versorgung der Patienten,<br />

bspw. auch in Notfallsituationen wie Bewusstlosigkeit<br />

oder bei einer vorangeschrittenen dementiellen<br />

Erkrankung, wenn der Patient sich<br />

selber nicht mehr zu vorangegangenen Interventionen<br />

äußern kann.<br />

Digitalstrategie und Finanzierung<br />

Alle beschriebenen Maßnahmen, vor allem auf<br />

Stufe 1, sind jedoch mit hohen Investitionskosten<br />

verbunden. Dies war uns von Anfang an<br />

bewusst. Man kann die Digitale Transformation<br />

nicht ohne eine gewisse finanzielle Belastung<br />

erreichen. So wie AGAPLESION die letzten Jahre<br />

in Infrastruktur und neuste Medizintechnik investiert<br />

hat, muss nun auch in die Digitalisierung<br />

investiert werden (Abb. 3).<br />

Wichtig ist jedoch, nicht blind Tablets, Lizenzen<br />

und Schnittstellen anzuschaffen. Digitalisierung<br />

ist kein Selbstzweck. Das Ziel muss klar<br />

sein. Prozesse müssen geprüft und neu durchdacht<br />

werden. Die Digitalisierung muss zu einer<br />

Erhöhung der Effizienz und Effektivität der<br />

Prozesse führen und hat immer das Wohl des<br />

Patienten und Bewohners im Blick.<br />

Digitale Transformation –<br />

Ein Frage der Ethik?<br />

Neben hohen Investitionskosten und Fragen<br />

der Datensicherheit kommen bei der Digitalen<br />

Transformation aber auch ethische Fragestellungen<br />

in den Blick: Was macht die Digitalisierung<br />

mit dem Personal? Wie nehmen die Patienten<br />

die Digitalisierung wahr? Wie sehen die<br />

Berufsbilder „Pflege“ und „Arzt“ in Zukunft aus?<br />

Ändert sich das Berufsethos? Was ist erforderlich,<br />

um Mitarbeitende auf die kommenden<br />

Veränderungen vorzubereiten und sie für neue<br />

Aufgaben zu befähigen?<br />

Im Prinzip ist die Digitale Transformation jedoch<br />

nicht anders zu bewerten als die Industrialisierung<br />

im 18. und 19. Jahrhundert. Auch<br />

diese war ein technisch-wirtschaftlicher Prozess<br />

des Übergangs, damals von agrarischen<br />

zu industriellen Produktionsweisen, in dem<br />

sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und<br />

Abbildung 3:<br />

Finanzielle Belastung<br />

Digitale Transformation<br />

(Quelle: eigene Darstellung,<br />

in Anlehnung an das Fish Model,<br />

Technology Services<br />

Industry Association, 2016)<br />

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