VKD-Praxisberichte 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Digitalisierung<br />
iTunes Store (Statista, 2016). Neben Tausenden<br />
von Fitnesstrackern und Ernährungs-Coaches<br />
beschäftigt sich aber nur ein kleiner Teil davon<br />
mit „echter“ Medizin. Eine der ersten Apps auf<br />
Rezept ist die Tinnitus-App „Tinnitracks“. Sie<br />
wird bereits von einigen Krankenkassen finanziert.<br />
Durch Waagen oder Blutzuckermessgeräte<br />
mit digitalen Schnittstellen, mobilen EKG-<br />
Geräten und vielem mehr, lassen sich ganz neue<br />
Versorgungsmodelle für bspw. chronisch kranke<br />
Patienten entwickeln. Auch im Bereich der Prävention<br />
sind neue digitale Geschäftsmodelle<br />
bzw. Dienstleistungen denkbar.<br />
Grundlage dabei ist immer das Zur-Verfügung-<br />
Stellen von Daten. Diese nutzen auch sogenannte<br />
Plattformanbieter als Arbeitsgrundlage.<br />
Ein Plattformbetreiber kann grundsätzlich jede<br />
Art von Leistungen in sein System integrieren,<br />
von der persönlichen ambulanten Pflege bis<br />
hin zum Krankenhaus der Maximalversorgung.<br />
Plattformen koordinieren in immer größerem<br />
Umfang Angebot und Nachfrage. Erfolgreiche<br />
Plattformbetreiber setzen Schnittstellenstandards<br />
durch, wodurch sie das Geschäftsmodell<br />
in ihrem Sektor vollständig beherrschen.<br />
Auch hier gibt es bei AGAPLESION schon erste<br />
Ansätze, etwa beim Projekt „Sicherung intersektoraler<br />
Versorgung durch ein IT-gestütztes<br />
Dienstleistungskonzept für multimorbide Patienten<br />
mit Demenz“ (SimPat). Hier wird eine<br />
digitale Fallmanagementlösung als Plattform<br />
erarbeitet. Sie unterstützt vor allem den Entlassungsprozess<br />
und verbindet das Krankenhaus<br />
mit nachsorgenden Einrichtungen zum<br />
Wohle des Patienten. In Zusammenarbeit mit<br />
der Techniker Krankenkasse und IBM werden<br />
in einem weiteren Projekt der AGAPLESION gAG<br />
die Entlassbriefe in einer elektronischen Patientenakte<br />
für nachsorgende Einrichtungen zur<br />
Verfügung gestellt. Dies ermöglicht eine bestmögliche,<br />
effiziente Versorgung der Patienten,<br />
bspw. auch in Notfallsituationen wie Bewusstlosigkeit<br />
oder bei einer vorangeschrittenen dementiellen<br />
Erkrankung, wenn der Patient sich<br />
selber nicht mehr zu vorangegangenen Interventionen<br />
äußern kann.<br />
Digitalstrategie und Finanzierung<br />
Alle beschriebenen Maßnahmen, vor allem auf<br />
Stufe 1, sind jedoch mit hohen Investitionskosten<br />
verbunden. Dies war uns von Anfang an<br />
bewusst. Man kann die Digitale Transformation<br />
nicht ohne eine gewisse finanzielle Belastung<br />
erreichen. So wie AGAPLESION die letzten Jahre<br />
in Infrastruktur und neuste Medizintechnik investiert<br />
hat, muss nun auch in die Digitalisierung<br />
investiert werden (Abb. 3).<br />
Wichtig ist jedoch, nicht blind Tablets, Lizenzen<br />
und Schnittstellen anzuschaffen. Digitalisierung<br />
ist kein Selbstzweck. Das Ziel muss klar<br />
sein. Prozesse müssen geprüft und neu durchdacht<br />
werden. Die Digitalisierung muss zu einer<br />
Erhöhung der Effizienz und Effektivität der<br />
Prozesse führen und hat immer das Wohl des<br />
Patienten und Bewohners im Blick.<br />
Digitale Transformation –<br />
Ein Frage der Ethik?<br />
Neben hohen Investitionskosten und Fragen<br />
der Datensicherheit kommen bei der Digitalen<br />
Transformation aber auch ethische Fragestellungen<br />
in den Blick: Was macht die Digitalisierung<br />
mit dem Personal? Wie nehmen die Patienten<br />
die Digitalisierung wahr? Wie sehen die<br />
Berufsbilder „Pflege“ und „Arzt“ in Zukunft aus?<br />
Ändert sich das Berufsethos? Was ist erforderlich,<br />
um Mitarbeitende auf die kommenden<br />
Veränderungen vorzubereiten und sie für neue<br />
Aufgaben zu befähigen?<br />
Im Prinzip ist die Digitale Transformation jedoch<br />
nicht anders zu bewerten als die Industrialisierung<br />
im 18. und 19. Jahrhundert. Auch<br />
diese war ein technisch-wirtschaftlicher Prozess<br />
des Übergangs, damals von agrarischen<br />
zu industriellen Produktionsweisen, in dem<br />
sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und<br />
Abbildung 3:<br />
Finanzielle Belastung<br />
Digitale Transformation<br />
(Quelle: eigene Darstellung,<br />
in Anlehnung an das Fish Model,<br />
Technology Services<br />
Industry Association, 2016)<br />
44<br />
<strong>VKD</strong>-<strong>Praxisberichte</strong> <strong>2018</strong> | Der alte Patient • Digitalisierung