VKD-Praxisberichte 2018
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Aktuelle Themen<br />
durch den MDK verloren. Der Grundsatz „Geld<br />
folgt der Leistung“ gilt nicht mehr. Die Leistung<br />
wird erbracht. Die Kosten fallen an. Die Vergütung<br />
fällt aus. Dieses System ist in seiner jetzigen<br />
Form schädlich für die Krankenhäuser.<br />
Wir fordern hier einen deutlichen Wandel hin<br />
zu einem fairen Miteinander. Das erfordert aus<br />
unserer Sicht auch eine tatsächlich neutrale<br />
Kontrollinstitution.<br />
Wir fordern außerdem – und das seit Jahren –<br />
eine substanzielle, verlässliche Gesamtfinanzierung.<br />
Davor drückt sich auch die aktuelle<br />
Regierungskoalition.<br />
Meinen Sie einen grundsätzlichen Wandel in<br />
der Finanzierung der Krankenhäuser?<br />
Dr. Josef Düllings: Viele Krankenhäuser haben<br />
jedenfalls kein Vertrauen mehr in das DRG-System<br />
in seiner jetzigen Form. Hinzu kommt die<br />
völlig unzureichende Investitionsfinanzierung<br />
durch die Bundesländer, die zu vielen Problemen<br />
geführt hat. Wir stehen vor enormen Herausforderungen<br />
– der Fachpersonalmangel, die<br />
notwendige Digitalisierung der Branche, auch<br />
die immer wieder geforderten und ja durchaus<br />
sinnvollen Zusammenschlüsse von Häusern.<br />
Die damit einhergehenden Struktur- und Angebotsveränderungen<br />
sind nicht zum Nulltarif<br />
zu haben. Aus unserer Sicht müssen beide Finanzierungsschienen<br />
auf den Prüfstand.<br />
Das Bundesgesundheitsministerium plant mit<br />
dem Pflegepersonalstärkungsgesetz bereits<br />
einen durchaus massiven Eingriff in das DRG-<br />
System. Wäre das ein Anfang?<br />
Dr. Josef Düllings: Es ist immer heikel, bei einem<br />
so komplexen System an einer Stelle eine<br />
massive Veränderung vorzunehmen. Zunächst<br />
klingt es sinnvoll, die Pflegekosten vom DRG-<br />
System abzukoppeln und außerhalb dessen voll<br />
finanzieren zu wollen. Es stellt sich aber bei<br />
längerem Nachdenken die Frage, welche Auswirkungen<br />
das am Ende wirklich auf die Budgets<br />
der Krankenhäuser haben wird. Abgesehen<br />
davon, dass wir hier vermutlich ein neues Bürokratiemonster<br />
mit noch mehr Prüfungen und<br />
Erlösausfällen vor uns haben. Aufwertung der<br />
Pflege ist richtig. Aber gibt es nicht intelligentere<br />
Wege?<br />
Hinzu kommt, dass Leistungen vor allem kleiner<br />
Krankenhäuser sowie von Maximalversorgern<br />
inzwischen im DRG-System nicht mehr<br />
adäquat abgebildet werden. Der <strong>VKD</strong> plädiert<br />
daher dafür, das DRG-System insgesamt auf<br />
den Prüfstand zu stellen – nicht unbedingt mit<br />
der Forderung, es abzuschaffen, sondern es den<br />
aktuellen Bedingungen anzupassen.<br />
Solange dabei die Investitionsfinanzierung –<br />
mit einer Unterfinanzierung von jährlich 3,7<br />
Milliarden Euro und dies von Jahr zu Jahr – ausgeklammert<br />
bleibt, solange ist die aktuelle Gesetzgebung<br />
aber Kosmetik. Der Koalitionsvertrag<br />
verheißt hier leider auch keinen wirklichen<br />
und sinnvollen Wandel.<br />
Neben der Finanzierungsproblematik ist die<br />
Notfallversorgung eine weitere Baustelle. Darauf<br />
jedenfalls ist die Politik im Koalitionsvertrag<br />
eingegangen.<br />
Dr. Josef Düllings: Das stimmt und ist sicher<br />
auch gut gemeint, aber leider nur halbherzig<br />
und auch etwas weltfremd. Wir sind für eine<br />
konsequente Lösung, obwohl wir dafür auch auf<br />
Krankenhausseite in der Selbstverwaltung eine<br />
eher unentschlossene Haltung beobachten.<br />
Kurz gesagt: Was wir wollen ist, dass diejenigen,<br />
von denen die Leistungen erbracht werden,<br />
dafür auch die entsprechend faire Vergütung<br />
erhalten und darüber zudem mitbestimmen<br />
können – was derzeit bekannterweise nicht der<br />
Fall ist. Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante<br />
Notfallversorgung sollte denen übertragen<br />
werden, die sie tatsächlich leisten.<br />
Wo also sehen Sie vor allem die Treiber des<br />
Wandels – und wie viel Wandel ist notwendig,<br />
um die Krankenhausversorgung zukunftsfest<br />
zu gestalten?<br />
Dr. Josef Düllings: Das Vergütungssystem insgesamt<br />
– mit Fallpauschalen und Investitionsfinanzierung<br />
– muss auf den Prüfstand.<br />
Es darf dabei aber nicht weiter mit Komplexität<br />
aufgeladen werden. Ein Vorschlag wäre, die<br />
Leistungsentgelte zur Verteilung des Budgets<br />
einzusetzen. Ein ähnlicher Ansatz wurde für<br />
das Entgeltsystem in der Psychiatrie gefunden.<br />
Daran könnte sich eine Weiterentwicklung des<br />
DRG-Systems orientieren.<br />
Der notwendige Strukturwandel muss von den<br />
Krankenhäusern selbst – auch mit Mitteln des<br />
Strukturfonds, Darlehen oder Eigenmittel – angegangen<br />
werden. Kleinere Standorte müssen<br />
sich zu größeren Einheiten zusammenschließen<br />
und Leistungsschwerpunkte komplementär<br />
konzentrieren. Dazu sollten auch Leistungsabsprachen<br />
zwischen Krankenhäusern zählen, die<br />
nicht unbedingt Trägerzusammenschlüsse erfordern,<br />
sondern ebenso über Strukturverträge<br />
umgesetzt werden können.<br />
<strong>VKD</strong>-<strong>Praxisberichte</strong> <strong>2018</strong> | Der alte Patient • Digitalisierung 69