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Die Schönsten Fernwanderwege 2021

36 Seiten – 20 Tourentipps - 6.000 Wanderkilometer – 8 Länder

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DER ALPSEE AM LECHWEG<br />

Beim Weitwandern<br />

verschwinden Alltagssorgen<br />

vielleicht nicht gänzlich,<br />

aber sie werden leichter<br />

und ich gewinne Klarheit.<br />

autarke Wanderung in der Wildnis. So jedenfalls dachte<br />

ich vor mehr als 30 Jahren, als ich das erste Mal<br />

zu einer Weitwanderung aufbrach. Als Greenhorn hatte<br />

ich mir mit Grönland sogleich ein ambitioniertes Ziel<br />

ausgesucht und lernte, kaum dass ich die ersten Kilometer<br />

hinter mir hatte, dass bei all den vermeintlich<br />

wichtigen Dingen etwas noch wichtigeres fehlte: ein<br />

Moskitonetz für den Kopf. Moskitos leben kurz und in<br />

Grönland besonders intensiv, ich war ahnungslos und<br />

ein gefundenes Fressen.<br />

TEXT UND<br />

FOTOS:<br />

THORSTEN<br />

HOYER<br />

unten im Rucksack verstaut, fehlte aber immer noch der<br />

Platz für Kocher und die Tüten mit Trekkingnahrung.<br />

Und das Zelt lag auch noch neben dem Rucksack!<br />

Zig Mal packte ich alles ein und aus, stopfte das Unterste<br />

nach oben und wieder anders herum. Das Aussortieren<br />

von Dingen ging äußerst behutsam vonstatten,<br />

denn jedes einzelne Teil war ja wesentlich für meine<br />

Das Gefühl der Freiheit<br />

Wieder zuhause, zeigte sich, was ich wirklich gebraucht<br />

hatte und was unnützer Ballast war. Und das<br />

war einiges. Ich war mir sicher – sollte es ein nächstes<br />

Mal geben – meinen Rücken nicht nochmal mit 26<br />

kg zu behängen. Aber längst war mir klar, dass diese<br />

Reise etwas mit mir gemacht hatte und sich die Frage,<br />

ob es ein nächstes Mal geben würde, gar nicht stellte.<br />

<strong>Die</strong> Frage war vielmehr: Wann kann ich wieder los? In<br />

den vier Wochen des Unterwegsseins erlebte ich ein<br />

unbeschreibliches Gefühl der Freiheit. Niemand sagte<br />

mir, wann ich loszugehen hatte, wann Pause war und<br />

wann ich mein Tagesziel erreicht hatte. Ich ging einfach<br />

los und kam irgendwann irgendwo an. Fertig. Einzig die<br />

Natur zeigte mir meine Grenzen auf: Wenn ich den ganzen<br />

Tag im strömenden Regen wanderte, wenn ich die<br />

weglosen Berganstiege unterschätzte, wenn ich im Nebel<br />

umherirrte oder wenn ich die Moskitos aus meinem<br />

Essen fischte, die mit einem Sturzflug darin landeten.<br />

Dass dabei auch immer ein wenig von den knapp bemessenen<br />

Mahlzeiten verloren ging, sah ich nicht ein,<br />

und es erschien mir sinnvoll, die Viecher als zusätzliches<br />

Protein zu betrachten. All das fiel mir leicht anzunehmen,<br />

die Natur war eine Lehrmeisterin, die ich vorbehaltlos<br />

akzeptierte. Vielmehr akzeptieren musste,<br />

da es, ganz im sprichwörtlichen Sinn, manchmal eben<br />

keinen anderen Weg gab. Und das war ein elementarer<br />

Unterschied zu allen anderen Erfahrungen, die ich<br />

in meinem Leben bis dahin gemacht hatte. Wenn mich<br />

auch mal der Zweifel beschlich, mich mit meinem Tun<br />

übernommen zu haben, spürte ich etwas sehr Kraftvolles<br />

in mir, Nahrung für mein Selbstbewusstsein. Und<br />

da war eine große Sehnsucht. Natürlich wollte ich so<br />

bald wie möglich wieder los und niemals hätte ich gedacht,<br />

wie groß diese Sehnsucht noch werden und auf<br />

welchen (Lebens)Weg ich deshalb abbiegen sollte.<br />

www.wandermagazin.de<br />

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