28.06.2022 Aufrufe

Solling-Vogler-Region – Wandermagazin 215

Autor Jarle Sänger entdeckt ein Meer von Grün, einen Hauch von Skandinavien, ein Märchen von Landschaft im Herzen des Weserberglands

Autor Jarle Sänger entdeckt ein Meer von Grün, einen Hauch von Skandinavien, ein Märchen von Landschaft im Herzen des Weserberglands

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Ein Meer von Grün,<br />

ein Hauch von Skandinavien<br />

ein Märchen von Landschaft<br />

im Herzen des Weserberglands<br />

<strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

RegioPanorama<br />

© Ulf Salzmann, GeTour GmbH


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

Ein Meer<br />

von<br />

Grün<br />

Saftige, grüne Wiesen und Weiden in den Tälern,<br />

eingerahmt von dichten, großflächigen Wäldern in<br />

der Höhe: Diese Landschaft ist charakteristisch für die<br />

<strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> und Heimat seltener Tiere,<br />

wie Exmoor-Ponys oder Heckrindern.<br />

2 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Glückliche Pferde streifen durch das Hellental im <strong>Solling</strong><br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>, J. Mitzkat<br />

www.wandermagazin.de<br />

3


REGIOPANORAMA ERZGEBIRGE SOLLING-VOGLER-REGION<br />

<strong>–</strong> WANDERN IM UNESCO WELTERBE<br />

Ein Hauch<br />

von<br />

Skandinavien<br />

Sumpfige Moorlandschaften wie das Hochmoor<br />

Mecklenbruch im Herzen des Hochsolling versprühen<br />

mystisches Flair sowie nordische Kühle. Hier lässt sich<br />

das Leben spüren: wandernd, mit federndem Boden<br />

unter den Füßen, mit sanftem Wind im Gesicht<br />

und der Stille im Ohr.<br />

4 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Holzsteg und Aussichtsturm im Hochmoor Mecklenbruch<br />

© Tore Straubhaar<br />

www.wandermagazin.de<br />

5


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

Ein Märchen<br />

von<br />

Landschaft<br />

Dort, wo die Hügel und äußeren Steilhänge des<br />

<strong>Solling</strong> im malerischen Tal der Weser versinken, lässt<br />

sich weit blicken. Über grüne Wiesen und Wälder, über<br />

glitzerndes Wasser und die Dächer verschlafener Dörfer<br />

hinaus in die Welt. Dem Alltag entfliehen,<br />

Demut spüren und Kraft tanken<br />

mit nur einem Blick.<br />

6 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Sonnenuntergang über der Weser bei Gieselwerder<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

www.wandermagazin.de<br />

7


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

Das Gefühl<br />

von<br />

Heimat<br />

TEXTE: JARLE SÄNGER<br />

<strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

Die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> ist ganz im Süden von Niedersachsen,<br />

an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen<br />

sowie zu kleinem Teil in Nordhessen zu finden. Ein<br />

wenig entdeckter, unscheinbarer Flecken Erde, in<br />

dem wilde wie malerische Landschaften auf idyllische<br />

Dörfer und lebhafte Städtchen treffen. Heimat<br />

authentischer Menschen, spannender Geschichten<br />

und kostbarer Kulturschätze. Eine Wanderregion mit<br />

vielen Gesichtern im Porträt.<br />

LAND DER HÜGEL Im Herzen des Weserberglandes gelegen,<br />

ist die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> von zahlreichen Hügeln, Kuppen<br />

und Höhenzügen geprägt. So finden sich mit dem sanften<br />

<strong>Solling</strong> und dem wilden <strong>Vogler</strong> gleich zwei in ihrem Charakter<br />

ziemlich gegensätzliche Mittelgebirge im Namen der <strong>Region</strong>.<br />

Doch auch die markant geformten Ith, Hils oder Burgberg gehören<br />

zum außergewöhnlichen Relief der Wanderregion westlich<br />

des Harzes, die bis zu 527 m hochgewachsen ist und im Gegensatz<br />

zu manch einem anderen Mittelgebirge in Deutschland<br />

nie eintönig wirkt. Während sich an einem Ort eine einzelne,<br />

Erfrischung: Kühle Bäche durchziehen die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>, J. Mitzkat<br />

8 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Blicke wie dieser vom Ebersnackenturm sind typisch<br />

für die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

© Tore Straubhaar<br />

Gut zu wissen<br />

Die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> ist in etwa deckungsgleich<br />

mit dem gleichnamigen Naturpark, jedoch etwas größer.<br />

Sie ist ein Zusammenschluss der zehn Urlaubsorte<br />

Bevern, Bodenfelde, Bodenwerder-Polle, Boffzen,<br />

Dassel, Delligsen-Grünenplan, Eschershausen-<br />

Stadtoldendorf, Holzminden, Uslar und Wesertal.<br />

Alles zur <strong>Region</strong> unter: www.solling-vogler-region.de<br />

markante Erhebung kuppelförmig in die Höhe reckt, wachen<br />

nur wenige Kilometer weiter sanfte und langgezogene Höhenzüge<br />

über die weitläufige Ebene. Fast vollständig unverbaut und<br />

frei von weithin sichtbaren Zeugnissen der hochtechnisierten<br />

Zeit. Hoch über der Weser wiederum winden sich steile Pfade<br />

mit fast schon alpinem Charakter den Berg hinauf und fallen<br />

steile Klippen teils spektakulär hinab ins sonst so liebliche Tal.<br />

Kein Wunder ist bei einer solch abwechslungsreichen geologischen<br />

Gestaltung, dass Wanderer in der <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

eine Vielzahl an grandiosen Aussichten bewundern können.<br />

Nicht zuletzt dank der ausgesprochen hohen Dichte an Aussichtstürmen.<br />

Dabei ist das Land großflächig mit dichten Wäldern<br />

überzogen, während die zerstreut liegenden Ortschaften in<br />

den Wiesentälern ihren Platz an der Sonne genießen. Im Schoße<br />

der schattigen Waldhügel ist der Blick aufs Grün oftmals kilometerweit<br />

frei und die Perspektive wechselt munter von Ort zu<br />

Ort. Die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> beheimatet eine Mittelgebirgslandschaft,<br />

in der die unberührte Natur vielerorts ganz nah an<br />

die Ortskerne mit ihrem mittelalterlichen Charme und romantischen<br />

Fachwerkhäusern heranwächst und fast nahtlos übergeht<br />

in den Lebensraum der Menschen. Wilde Heimat.<br />

HÖCHSTE WANDERQUALITÄT Seit Anfang 2022 darf<br />

sich die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> voller Stolz als Qualitätsregion<br />

Wanderbares Deutschland bezeichnen und erfüllt damit alle<br />

Anforderungen des modernen Wandertourismus. Ein echter<br />

Geheimtipp, wo Wanderer ein perfekt ausgeschildertes, insgesamt<br />

über 1.000 km langes Wegenetzwerk aus 16 zertifizierten<br />

Tagesstouren, vielen, langen und kurzen Rundwegen sowie mit<br />

Ith-Hils-Weg und Weserbergland zwei überregional bedeutenden<br />

Mehrtagestouren unter die Füße nehmen können. Die<br />

perfekt ausgeschilderten, zertifizierten Tagestouren sind dabei<br />

jeweils den Themen „wild“, „heimatlich“ oder „wild & heimatlich“<br />

zugeordnet und setzen damit die unterschiedlichen Gesichter<br />

der <strong>Region</strong> abwechslungsreich in Szene. Darüber hinaus<br />

zeichnen speziell auf Wanderer eingestellte Gastgeber mit guter<br />

Küche, die eigene <strong>Region</strong>almarke „Echt!“, umfassende Informationsquellen<br />

rund ums Wandern und eine gute Infrastruktur<br />

mit ausreichend großen Wanderparkplätzen und guter Erreichbarkeit<br />

die vom Deutschen Wanderverband zertifizierte Qualitätswanderregion<br />

aus.<br />

Das wunderschöne Wesertal samt kleiner Fähre bei Polle<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>, J. Mitzkat<br />

Das Barbarakreuz wacht hoch oben am Hils über das Land<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>, J. Mitzkat<br />

www.wandermagazin.de<br />

9


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

SCHWÄBISCHE ALB<br />

HEIMAT<br />

VON AUSBLICKEN,<br />

KLIPPEN &<br />

SELTENEN TIEREN<br />

IM HUTEWALD Eine der schönsten<br />

Qualitätstouren im <strong>Solling</strong> ist der 23,4 km<br />

lange Archotrail, der mit dem Hutewald<br />

Nienover, malerischen Ausblicken sowie<br />

dem Weser-Skywalk gleich mehrere Höheoben:<br />

Der Blick vom<br />

Bismackturm hinab auf<br />

Bodenwerder ist gewaltig<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>, J. Mitzkat<br />

Tierische Begegnung:<br />

Die Exmoor-Ponys<br />

im Hutewald<br />

© Naturpark <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong><br />

punkte auf oftmals einsamen Pfaden miteinander verbindet. Im<br />

über 200 Hektar großen Hutewald gehen Wanderer auf Tuchfühlung<br />

mit ganz besonderen Tieren: Über 50 Heckrinder, einer Nachzüchtung<br />

der ausgestorbenen Auerochsen, und 30 Exmoor-Ponys,<br />

die lange Zeit vom Aussterben bedroht waren, streifen durch das<br />

schöne Tal des Reiherbachs und lassen damit eine alte Tradition in<br />

einem der größten Eichen-Hutewälder in Deutschland aufleben.<br />

Denn früher schickten die Menschen ihre Nutztiere einfach in<br />

den Wald, wo sie selbstständig Nahrung fanden und kalben bzw.<br />

fohlen konnten. Und das tun diese urtümlichen Lebewesen auch<br />

heute wieder im Hutewald unter wissenschaftlicher Begleitung<br />

der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt der FH Lippe-Höxter<br />

sowie der Uni Göttingen. Wie vielerorts in der wilden<br />

Heimat lebt das Projekt vom miteinander von Mensch und Tier.<br />

So begegnen Wanderer den majestätischen Tieren direkt in freier<br />

Wildbahn und ganz ohne kleinräumige Abzäunung. Zum Beispiel<br />

beim Abnagen junger Sprösslinge im Steilhang der „Neuen Hute“,<br />

beim gemütlichen Queren der Wanderwege oder mit etwas Glück<br />

gar beim kollektiven Baden im kleinen Reiherteich. Wo früher<br />

dichter Fichtenwald stand, entsteht dank der vierbeinigen Landschaftspfleger<br />

heute - neben dem urwüchsigen Eichenwald - ein<br />

neuer Lebensraum. Und das in fast vollständig autarker Regie der<br />

robusten Tiere, von denen einige überaus scheu dem Menschen<br />

gegenüber und manche fast schon zutraulich sind.<br />

10 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Tore Straubhaar, Naturparkranger<br />

Nina Becker, Bundesfreiwillige<br />

© Jarle Sänger<br />

DRAUSSEN UNTERWEGS Nur im Winter werden die urtypischen<br />

Landschaftspfleger auf vier Beinen ein bis zwei Mal<br />

die Woche gefüttert, erzählen die im Rahmen des im Bundesfreiwilligendienst<br />

für die Tierpflege zuständige Nina Becker sowie<br />

Tore Straubhaar, der unter anderem für die Instandhaltung der<br />

Wanderwege in der <strong>Region</strong> unterwegs ist. Während der gebürtige<br />

Lemgoer als Naturparkranger, Wegemanager und Landschaftsarchitekt<br />

seit nun mehr 17 Jahren durch die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

streift und jeden der Wanderwege kennt wie seine Westentasche,<br />

ist die 23 Jahre alte Bundesfreiwillige aus Uslar, im Herzen des<br />

<strong>Solling</strong>, erst seit letztem Sommer in den Wäldern unterwegs. Gemeinsam<br />

haben beide jedoch nicht nur die Arbeit hier draußen,<br />

sondern auch die tief verwurzelte Liebe zur <strong>Region</strong>. So schwärmen<br />

sie im Einklang von der ansteckenden Ruhe der Exmoor-<br />

Ponys, die es übrigens auch andernorts in der <strong>Region</strong> zu sehen gibt,<br />

dem skandinavischen Flair der Landschaft, dem sorglosen Streifen<br />

durch die stillen Wälder und vor allem von den abgeschiedenen<br />

Aussichtspunkten der südniedersächsischen Hügellandschaft.<br />

BLICK AUFS WASSER Wandern mit Weitblick, auf dem<br />

Archotrail gibt es das einige Kilometer nach dem Hutewald. Dort,<br />

wo sich der sonst so zahme <strong>Solling</strong> schroff über dem Tal der Weser<br />

erhebt und der dichte Wald seinen Vorhang öffnet. Grandios sind<br />

die Ausblicke von den einsam im Wald gelegenen Aussichtspunkten<br />

Lug ins Land und Sohnreyhöhe, doch<br />

so richtig spektakulär wird es bei den<br />

Hannoverschen Klippen, die wie steinerne<br />

Säulen aus dem Tal der Weser ragen.<br />

Wer es den Felsformationen gleichtun<br />

und den Blick von hoch oben und hinab<br />

auf die Flussdame bewundern will, unternimmt<br />

einen kurzen Abstecher zum<br />

Weser-Skywalk. Das ist eine eindrucksvolle<br />

Konstruktion aus luftigem Gitterrost,<br />

die in ca. 80 Meter Höhe über dem Tal der<br />

Weser ragt. Wow, so einen Blick erleben<br />

Wanderer nicht alle Tage.<br />

oben:<br />

Auch außerhalb des<br />

Hutewaldes, wie<br />

hier im idyllischen<br />

Hellental, trifft man<br />

mit etwas Glück auf<br />

Heckrinder<br />

© Tore Straubhaar<br />

www.wandermagazin.de<br />

11


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

SCHWÄBISCHE ALB<br />

HEIMAT<br />

VON WÄLDERN, MOOREN<br />

& SKANDINAVISCHER<br />

STIMMUNG<br />

oben:<br />

Skandinavisches<br />

Flair im Hochsolling<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

LEBENSRAUM MOOR So manch<br />

ein Ort in der <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> versprüht<br />

das Flair von Südschweden. Vor<br />

allem rund um Neuhaus i. <strong>Solling</strong>, im Herzen<br />

des waldreichen Mittelgebirges, dessen<br />

Namensherkunft auf eine sumpfige Waldlandschaft<br />

hindeutet, findet man solche<br />

Orte: karge, morastige Moorlandschaften,<br />

versteckt schlummernde Seen aus klarem Wasser und tiefe Wälder,<br />

in denen man oftmals keiner Menschenseele begegnet. „Hochmoorgeist“<br />

heißt eine der Qualitätstouren, die es ganz besonders<br />

vermag, die Wanderer mit etwas Fantasie ins weit entferne Skandinavien<br />

zu versetzen. Grund dafür ist allen voran das Hochmoor<br />

Mecklenbruch, dessen Entstehung mit der letzten Eiszeit begann<br />

und das heute dank eines schmalen Holzstegs begehbar ist. Allerlei<br />

seltene Tierarten wie Smaragdlibellen, Waldeidechse, Moorfrosch<br />

oder Mosaikjungfer tummeln sich links und rechts des verwinkelten<br />

Moorpfads und so ist zwischen Wollgras, Moosbeere,<br />

Sonnentau und Moorbirken vor allem im Sommer die Hölle los.<br />

12 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Axel Winter, Wildnisguide © Axel Winter<br />

Mystisch, verlassen und kühl dagegen wirkt das klimatisch extreme<br />

Moorgebiet während der kalten Jahreszeit. Dann, wenn unheimliche<br />

Nebelschwaden über dem sehenswerten Kleinod mit seinen<br />

vielen Wasserstellen und Feuchtarealen wabern und der Blick vom<br />

hölzernen Aussichtsturm ganz besonders eindrucksvoll ist. Hochmoore<br />

wie dieses gibt es einige im <strong>Solling</strong>, wenngleich der ewa<br />

62 Hektar große, als Naturschutzgebiet ausgewiesene Lebensraum<br />

nordöstlich von Silberborn das größte und vielleicht spannendste<br />

unter ihnen ist. Still und friedlich, eingebettet in das schier endlose<br />

Reich der Bäume.<br />

DAS DACH DES SOLLING Einen sehenswerten Eindruck<br />

vom Ausmaß des <strong>Solling</strong>waldes, den bekommt man - unterwegs<br />

auf dem 8,5 km langen Hochmoorgeist - spätestens auf dem eindrucksvollen,<br />

33 Meter hohen Hochsollingturm. Der Lohn nach<br />

180 bewältigten Stufen ist groß und der Blick am Rande des Moosberggipfels<br />

gigantisch. Denn: Höher geht es in der <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

fast nirgendwo. Pfeifend, sausend und rauschend fegt<br />

der Wind über die kleine Aussichtsplattform hinweg, während die<br />

Sicht über die Baumkronen des <strong>Solling</strong>, das gesamte Wesergebirge,<br />

den Reinhardswald bis hin zum Eggegebirge im Westen reicht, wo<br />

man mit geschultem Adlerauge gar das weltberühmte Hermannsdenkmal<br />

ausmachen kann. Auch die Wildnisfarm von Silberborn<br />

ist von hier zu sehen, etwas abgelegen, oberhalb des verborgenen<br />

<strong>Solling</strong>örtchens am Waldrand.<br />

NORDISCHES GEFÜHL Seit 2021 können sich Besucher<br />

der Wildnisfarm auf tierische Entdeckungsreise durch die <strong>Region</strong><br />

begeben. Wer es actionreich mag, lässt sich rasant und spielerisch<br />

zugleich von eifrigen Huskys über die dicht<br />

bewaldete Hochebene des Hochsolling<br />

fahren. Aufgeregt bellend, springend und<br />

tobend freuen sich die 13 Zughunde von<br />

Axel Winter auf wirklich jeden Auslauf.<br />

Entweder vor einen klassischen Winterschlitten<br />

oder aber - im Sommer - vor einen<br />

sogenannten. Dogscooter gespannt.<br />

Ruhig, friedvoll und besinnlich wirken dagegen<br />

die tierischen Wanderungen zu Fuß.<br />

„Dogtrekking“ nennt der 38-jährige Skandinavienfreund<br />

sein Angebot, bei dem man<br />

zusammen mit den Huskys oder aber mit<br />

einem der kuschelig-warmen Rentiere der<br />

Farm wandern und dabei den Alltag für einige<br />

Stunden vergessen kann. So bringt der<br />

Trekkingguide und Erlebnisführer Skandinavien<br />

für kurze Zeit nach Deutschland.<br />

Und wer nicht genug von der Nähe zu den<br />

liebevollen Tieren bekommen kann, findet<br />

auf der Silberborner Wildnisfarm nicht nur<br />

eine außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit<br />

im samischen Lavvu-Zelt samt<br />

Lagerfeuerromantik, sondern auch eine<br />

Wildnisschule, bei der Outdoorexperte<br />

Axel Winter sein Survival- und Wildniswissen<br />

weitergibt. Hier lässt es sich aushalten,<br />

ob für einige Stunden oder mehrere Tage.<br />

Infos unter Infos: www.wildguide.de<br />

oben:<br />

Der Blick vom<br />

Hochsollingturm<br />

über die gleichnamige<br />

Hochebene<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>,<br />

J.Mitzkat<br />

linke Seite unten:<br />

Einer von Axel<br />

Winters neugierigen<br />

Huskys auf der<br />

Wildnisfarm Silberborn<br />

© Jarle Sänger<br />

Der geschwungene<br />

Holzsteg durch das<br />

Hochmoor Mecklenbruch<br />

© Jarle Sänger<br />

www.wandermagazin.de<br />

13


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

SCHWÄBISCHE ALB<br />

HEIMAT<br />

VON MASSIVEM STEIN<br />

& FRAGILEM GLAS<br />

GIGANTEN AUS STEIN Im Osten<br />

der <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> liegt der Ith.<br />

Ein unverwechselbar geformter, schmaler<br />

Streifen exponierten Reliefs, der aus der<br />

Höhe betrachtet an einen riesigen Spazierstock<br />

erinnert. Er ist nicht nur Heimat<br />

eines der bekanntesten Segelfluggebiete in<br />

Niedersachsen, sondern auch Kulisse von<br />

einem der spannendsten Klettergebiete in<br />

Norddeutschland <strong>–</strong> den Lüerdissener Klipoben:<br />

Der Wilhelm-Raabe-<br />

Turm auf dem Hilskamm:<br />

Was aussieht wie ein<br />

Sendemast, ist ein<br />

Aussichtsturm von 1909<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

Die mächtigen Felsbrocken<br />

im Hangwald des Ith<br />

© GeTour GmbH<br />

pen. Eng aneinandergereihte, in den dicht bewachsenen Hangwald<br />

modellierte Felsformationen ragen hier steil in die Höhe und<br />

erinnern unweigerlich an die weit entfernte Sächsische Schweiz<br />

oder das Dahner Felsenland in Rheinland-Pfalz. Insgesamt sind es<br />

über 30 bizarre Brocken, Felstürme und kunstvoll geformte Wunderwerke<br />

aus Gestein, die bis zu 30 m hoch sind und in all ihren<br />

kuriosen Details mitunter an Fabelwesen erinnern. Vor allem im<br />

Sommer sind die Felsen beliebte Spielwiese für Kletterer, die von<br />

weit her zum Ith pilgern und das Glück in der Vertikalen suchen.<br />

DER VERBORGENE SCHATZ Vorbei am Kletter-Eldorado<br />

sowie den kompletten Ithkamm entlang führt der Ith-Hils-Weg,<br />

der in Coppenbrügge ganz im Norden des Ith seinen Anfang findet.<br />

Fast immer auf der Kammhöhe, schlängelt sich die 82 km lange<br />

Mehrtagestour mit Qualitätssiegel auf insgesamt sieben Etappen<br />

jedoch nicht nur über den Ith, sondern auch über den Hils<br />

sowie Duingser und Thüster Berg. Eines haben alle gemeinsam: die<br />

großartigen Blicke hinaus ins wellenförmige Weserbergland und<br />

bei gutem Wetter sogar bis hin zum Brocken im Harz. Der Hils<br />

liegt vis-à-vis des Ith. Wie eine Ohrmuschel geformt, behütet er<br />

einen ganz besonderen Schatz in seinem Talkessel: Grünenplan.<br />

Das historische Glasmacherdorf und 2.400-Seelen-Örtchen im<br />

Schoße des Hils ist nicht nur Herkunftsort zahlreicher Alltagsgegenstände<br />

aus Glas, sondern auch einzigartiger Erzeugnisse von<br />

höchstem Weltrang. So reicht die gläserne Palette des Traditionsunternehmens<br />

Schott AG, rückblickend bis heute, von Autospiegeln,<br />

Brillengläsern, optischen, medizinischen und komplexen<br />

14 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


Hans-Joachim Bode, Hils- und Verkehrsverein Grünenplan<br />

© Jarle Sänger<br />

Spezialgläsern bis hin zum derzeit dünnsten Glas der Welt, um das<br />

sich Weltkonzerne wie Samsung für die Herstellung von faltbaren<br />

Smartphones reißen.<br />

VOM HILS IN DIE WELT „Glas, so dünn, dass man es einfach<br />

aufrollen könne“, veranschaulicht Hans-Joachim Bode vom<br />

Hils- und Verkehrsverein Grünenplan begeistert, während er die<br />

sehenswerten Fundstücke im Erich-Mäder-Glasmuseum vorführt.<br />

Allesamt zeugen sie von der langen Tradition der Glasmacherei<br />

in Grünenplan. Die ersten Glashütten der <strong>Region</strong> entstanden bereits<br />

im 12. Jh., damals noch als kleine, vereinzelte Hütten mitten<br />

im Wald. Doch spätestens mit der Errichtung der großen Spiegelglashütte<br />

und einer der ersten, reinen Arbeitersiedlungen Deutschlands<br />

durch den Braunschweiger Herzog Karl I. im Jahr 1744 war<br />

der Werdegang von Grünenplan besiegelt. Vom Hils aus gelangten<br />

allerlei Luxusgüter, wie kunstvoll verzierte<br />

Spiegel oder prächtige Trinkgläser, in die<br />

europäischen Herrenhäuser, ehe aus der<br />

einstigen Arbeitersiedlung das heutige<br />

Glasmacherdorf entstand. Seit nunmehr<br />

über 850 Jahren entsteht hochwertiges<br />

Glas in Grünenplan, dessen Identität und<br />

Heimatgefühl für immer mit diesem faszinierenden<br />

Stoff verbunden sein wird.<br />

Heimatgefühl? Für den 73-jährigen Bode,<br />

der in der historischen Glasmachersiedlung<br />

geboren und groß geworden ist, stehe<br />

das aber auch für einen ganz besonderen<br />

Ort am Ith-Hils-Weg: den Wilhelm-Raabe-Turm,<br />

oben auf dem Hilskamm. Dieser<br />

bereits 1909 erbaute, denkmalgeschützte<br />

und ziemlich luftige Aussichtsturm ist<br />

festliches Ziel der seit 1904 jährlich zum<br />

vierten Advent stattfindenden Sohlwanderung<br />

und dem wohl wichtigsten Schriftsteller<br />

der <strong>Region</strong> gewidmet. Von diesem<br />

geschichtsträchtigen Ort aus, unweit von<br />

Eschershausen, dem Geburtsort Raabes,<br />

reicht der Blick in alle Himmelsrichtungen<br />

von Bodes geliebter Heimat. Wunderschön.<br />

oben:<br />

Ein Felsturm der<br />

Lüerdissener Klippen<br />

durchbricht das<br />

Walddach und<br />

genießt die Sonne<br />

© Ulf Salzmann, GeTour GmbH<br />

links:<br />

Gute Markierungen<br />

und Wegweiser<br />

machen die Navigation<br />

auf dem Ith-Hils-Weg<br />

zum Kinderspiel<br />

© GeTour GmbH, Ulf Salzmann<br />

www.wandermagazin.de<br />

15


REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION<br />

SCHWÄBISCHE ALB<br />

HEIMAT<br />

VON MENSCHEN,<br />

GESCHICHTEN & TRADITIONEN<br />

IM AUENLAND Es ist faszinierend, wie<br />

facettenreich sich die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

wandeln kann. So zum Beispiel auf der<br />

7,8 km langen Qualitätstour Wilde Burschen,<br />

deren erste Hälfte geprägt ist von<br />

einer stillen, aber stets zivilisationsnahen<br />

und offenen Hügellandschaft mit üppigen<br />

Weiden und duftenden Wiesen. Sorgenfrei<br />

grasende Rehe in der Ferne und hektisch<br />

davonhoppelnde Hasen sind keine selteoben:<br />

Abendlicher Ausblick vom<br />

Ebersnackenturm über das<br />

wilde Hügelland des <strong>Vogler</strong>s<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>,<br />

Jörg Mitzkat<br />

Der „Echt!“-Präsentkorb<br />

kann online bestellt werden<br />

© <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong><br />

nen Begegnungen im Grasland über Lauenberg. In etlichen Wellen,<br />

Schwingen, Beugen, Hügeln und Buckeln erinnert das grüne<br />

Tal des Kolgenhagengrabens mit seinen zahlreichen Gewändern<br />

ein bisschen an das Auenland aus Tolkiens Herr der Ringe, dessen<br />

Stille nur durch das unermüdliche, ferne Krähen eines Hahns<br />

unterbrochen wird. Sein Schrei schallt aus dem heimeligen Dorf<br />

der Menschen im Tal mitten hinein in das wilde Reich der Natur,<br />

wo sich zwei so unterschiedliche Lebensräume für einen Moment<br />

akustisch miteinander vereinen. Wandern mit allen Sinnen.<br />

CHARME DER VERGANGENHEIT Schön sind sie gleichermaßen,<br />

diese gegensätzlichen Lebensräume der <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong>.<br />

Vor allem dort, wo der Mensch über Jahrhunderte<br />

hinweg prachtvolle Bauwerke hinterlassen hat. Zum Beispiel das<br />

Weserrenaissanceschloss in Bevern, Schloss Fürstenberg oder die<br />

Klosterkirche Lippoldsberg im hessischen Wesertal. Allesamt zeugen<br />

sie von der wechselhaften Geschichte der <strong>Region</strong>, die etliche<br />

Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückreicht. Auch Uslar ist<br />

neben Bodenwerder, Eschershausen, Dassel oder Holzminden so<br />

ein Ort mit ganz besonders historischem Charme. Grund dafür ist<br />

der wunderschöne Stadtkern, sind die schiefen Fachwerkhäuschen<br />

und kleinen Sträßchen, in denen die Menschen lebhaft ihrem Alltag<br />

nachgehen. Uslar, das ist auch die Wahlheimat von Matthias<br />

Kreiter, der aus Osterode im Harz in den <strong>Solling</strong> zog, um in der<br />

Privatbrauerei Bergbräu als leitender Brauer einem der traditionsreichsten<br />

Handwerke in Deutschland nachzugehen. Auch wenn<br />

die Bierherstellung heute nicht mehr viel mit jener zu Zeiten der<br />

Brauereigründung im Jahr 1868 zu tun habe, meint der 33-jährige<br />

16 WANDERMAGAZIN Sommer 2022


echts oben: Frank Meyer, Landwirt<br />

rechts unten: Matthias Kreiter, Brauer<br />

Beide Fotos: © Jarle Sänger<br />

Braukünstler, der daraufhin voller Leidenschaft und Hingabe ein<br />

Loblied auf die kleinen, aber feinen Unterschiede einzelner Malzsorten<br />

sowie die individuellen Kniffe der Brauprozesse zum Besten<br />

gibt. „Dein Bier von hier“, so lautet der Slogan des Uslarer Betriebes,<br />

das den urigen Charakter einer kleinen Brauerei unterstreicht,<br />

in der Vieles noch von Hand geht. So gehört das Bergbräu wie<br />

mehr als 70, oftmals familiengeführte Betriebe zur <strong>Region</strong>almarke<br />

„Echt!“ und verpflichtet sich unter anderem zur Verwendung von<br />

regionalen Rohstoffen, verantwortungsbewusstem Umgang mit<br />

hiesigen Ressourcen, der Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe<br />

sowie der Identifikation mit den Menschen der <strong>Region</strong> und<br />

ihrer Heimat. Logisch, dass die meisten „Echt!“-Produkte wie beispielsweise<br />

Wurst- und Backwaren, Pesto, Öle oder Getränke bei<br />

regionalen Gastgebern sowie in kleinen Hofläden in der ganzen<br />

<strong>Region</strong> zu finden sind. Infos: www.echt-solling-vogler-region.de<br />

NACHHALTIGKEIT ZUM ANFASSEN Wie regionale Authentizität,<br />

Identität und Nachhaltigkeit unter der <strong>Region</strong>almarke<br />

„Echt!“ gelebt werden, weiß auch Frank Meyer aus Holzminden.<br />

Der 57-jährige Landwirt im Nebenerwerb züchtet und begleitet<br />

eine Herde ganz besonderer Tiere: das Rote Höhenvieh. Um 1985<br />

nur knapp dem Aussterben entgangen, gilt die seltene Hausrindrasse<br />

als besonders robust und eignet sich dadurch für die ganzjährige,<br />

extensive Weidehaltung des gelernten Bankbetriebswirts, für<br />

den industriell hergestelltes Futter, Pestizide oder Dünger absolute<br />

Fremdwörter sind. Angefangen habe alles mit „Röschen“, seiner<br />

ersten Kuh. Das war 2004, mittlerweile ist auf seinen Wiesen im<br />

Hochsolling eine stattliche Herde von Nutztieren zu finden, die<br />

ausschließlich auf die Herstellung<br />

von hochwertigen,<br />

hundertprozentig regionalen<br />

Fleischerzeugnissen zielt. Die Milch<br />

der Mutterkühe bleibt einzig und allein<br />

dem Nachwuchs vorbehalten. Meyers<br />

Philosophie: Verwertet wird alles, „from<br />

nose to tail“. Kein Teil des Tieres solle verschwendet<br />

werden, „das ist Nachhaltigkeit<br />

zum Anfassen“, sagt er stolz.<br />

Angesprochen auf das, was Heimat für ihn<br />

bedeute, beginnt die Stimme des großgewachsenen<br />

Landwirts zu zittern. Ein, zwei<br />

Mal reibt er seine feuchten Augen, dann<br />

findet er eine Antwort: „Teil von etwas zu<br />

sein, einen Beitrag zu leisten und die Vielfältigkeit<br />

des <strong>Solling</strong>s erleben zu dürfen.“<br />

Es ist der Moment, in dem klar wird, dass<br />

die <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong>-<strong>Region</strong> etwas ganze Besonderes<br />

ist. Die windigen Höhen, schattigen<br />

Wälder und grünen Täler rund um<br />

<strong>Solling</strong> und <strong>Vogler</strong>, sie sind Schmelztiegel<br />

einer ganzen <strong>Region</strong>. Einer <strong>Region</strong>, in der<br />

Mensch und Natur achtsam und respektvoll<br />

miteinander umgehen, um zu schützen<br />

und zu wahren, was einzigartig ist: das Gefühl<br />

von Heimat.<br />

oben:<br />

Ein seltener Anblick<br />

in Deutschland:<br />

Das Rote Höhenvieh<br />

© Naturpark <strong>Solling</strong>-<strong>Vogler</strong><br />

www.wandermagazin.de<br />

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