Quality Engineering 04.2021
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IM FOKUS » QS in der additiven Fertigung<br />
zubilden. Es sind heute sehr viele manuelle Prozesse<br />
notwendig, die immer das Risiko bergen, dass der<br />
Mensch dahinter Fehler macht. Die Dokumentation<br />
ist außerdem äußerst aufwändig, oft noch verbunden<br />
mit Zettelwirtschaft. Im Rahmen der BMBF-Ausschreibung<br />
„Promat-3D“ gibt es Anstrengungen,<br />
Normen und Standards aus der Metall- in die Kunststoffwelt<br />
zu übertragen. Leider beteiligen sich bis<br />
jetzt keine Maschinen- oder Werkstoffhersteller aus<br />
dem Kunststoffbereich daran.<br />
Wo sehen Sie im Moment die größte Baustelle?<br />
Seifarth: Die größte Herausforderung besteht darin,<br />
dass die Maschinenhersteller<br />
sich nicht öffnen. Auf der Datenseite<br />
ist das alles sehr proprietär.<br />
Selbst bei Maschinen<br />
nur eines Herstellers habe ich<br />
das Problem, dass ich die Daten<br />
aus dem internen Tool zur<br />
Prozesssteuerung und -überwachung<br />
nicht in meine Unternehmens-IT<br />
bekomme, da<br />
der Hersteller keine Schnittstellen<br />
zur Verfügung stellt. Nun haben wir Maschinen<br />
mehrerer Hersteller. Da potenzieren sich die Probleme.<br />
Es gibt keine Möglichkeit, eine übergreifende<br />
Inline-Prozesssteuerung zu nutzen, anhand derer ich<br />
die Chance hätte, Druckjobs bei Fehlern schon während<br />
des Baus abzubrechen oder sogar im Sinne eines<br />
Closed Loops Parameter im laufenden Prozess zu<br />
verändern. Für mich wäre OPC UA eine super Lösung.<br />
Damit könnte ich dem Kunden alle wesentlichen Parameter<br />
des Druckjobs dokumentieren. Noch weiter<br />
gedacht: Wir brauchen offene Schnittstellen entlang<br />
der gesamten Wertschöpfungskette, um auch Daten<br />
aus Maschinen und Geräten für das Pre- und Postprocessing<br />
zu analysieren und dokumentieren.<br />
»Die größte<br />
Herausforderung<br />
besteht darin, dass<br />
sich die Maschinenhersteller<br />
nicht öffnen.«<br />
Christian Seifarth, Cirp<br />
Effenberger: Die 3D-Drucker zeichnen während des<br />
Prozesses durchaus Daten auf, die dann intern im<br />
Drucker abgespeichert werden. Aber für den Anwender<br />
sind diese Daten nicht in der Form zugänglich,<br />
dass er Schlüsse in Bezug auf die Qualität des additiv<br />
gefertigten Bauteils daraus ziehen kann. Außerdem<br />
ist die Integration zusätzlicher Sensorik ohne entsprechend<br />
offengelegte Schnittstellen schwer möglich.<br />
Es wäre ein wirklicher Mehrwert für den Anwender,<br />
Qualitätsaussagen zum Bauteil bereits während<br />
des Druckjobs machen zu können. Auf Forschungsseite<br />
läuft in dieser Richtung viel, aber die<br />
Hersteller von additiver Technologie halten sich ein<br />
Stück weit bedeckt. Das bestätigen andere Forschungsinstitute.<br />
Sperling: Wir sehen die Probleme<br />
im Connectivity-Bereich<br />
ebenfalls. Die meisten<br />
Kunden konzentrieren sich daher<br />
in der Regel auf den<br />
3D-Drucker eines Herstellers.<br />
Doch wir nehmen durchaus<br />
wahr, dass die Kunden die<br />
Hersteller zunehmend unter<br />
Druck setzen, die Schnittstellen offenzulegen. Das<br />
Argument ist immer: Ich muss den Prozess überwachen<br />
und zertifizieren. Ich gehe davon aus, dass die<br />
Systeme in ein oder zwei Jahren deutlich offener<br />
sind.<br />
Schulenburg: Ich sehe heute schon, dass sich hier<br />
viel bewegt – zumindest im Metalldruckbereich. Wir<br />
haben gerade ein Projekt, bei dem der Anwender Daten<br />
aus der Meltpool-Analyse des 3D-Druckers als<br />
Vorindikation erhält, wo sich im Bauteil Defekte befinden<br />
könnten, sodass wir ein Region of Interest CT<br />
genau dieses Bereichs erstellen können. Vor zwei<br />
Jahren wäre das noch undenkbar gewesen, damals<br />
Dr. Ira Effenberger: „Ohne offene Schnittstellen<br />
lässt sich zusätzliche Sensorik nicht integrieren.“<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Dr. Heiko Wenzel-Schinzer: „Auch OPC UA wird nicht die Probleme<br />
der letzten 20 Jahren lösen.“<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Christian Seifarth: „Im Wesentlichen<br />
richten wir uns nach der ISO 9001.“<br />
28 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021