Quality Engineering 04.2021
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Ausgabe 04 | 2021<br />
www.qe-online.de<br />
Umfrage<br />
Strategie<br />
Additive Fertigung<br />
Messtechnik<br />
Welche Trends sehen die Anbieter<br />
aus dem QS-Umfeld?<br />
» Seite 06<br />
Qualitätsmanager werden<br />
zu Brückenbauern<br />
» Seite 10<br />
Experten diskutieren über<br />
Qualitätssicherung im 3D-Druck<br />
» Seite 26<br />
Spezielle Lösungen sorgen für<br />
Effizienz in der Fertigung<br />
» Seite 31<br />
TITELSTORY<br />
Kalibrierlabor<br />
setzt auf<br />
integriertes QM<br />
» Seite 16<br />
Qualität in der Fertigung
Produktneuheiten 2021<br />
Multisensorik und<br />
<br />
TomoScope ® XS FOV 500<br />
für schnelle Messergebnisse in<br />
Fertigung und Messraum<br />
ScopeCheck ® FB<br />
in Multi-Z-Achsen-Bauweise zur<br />
perfekten Integration von Multisensorik<br />
Werth Messtechnik GmbH<br />
Siemensstraße 19<br />
35394 Gießen, Deutschland<br />
mail@werth.de<br />
Tel. +49 641 7938-0<br />
2 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
» EDITORIAL<br />
Es bleibt spannend<br />
Das Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar. Wir haben eine kleine<br />
Umfrage unter den Technikanbietern (Seite 6) gemacht und die zeigt:<br />
Die Hersteller sind zuversichtlich. Sie berichten davon, dass sich die<br />
Wirtschaft erholt und die Geschäftsaussichten positiv sind.<br />
Auch andere Signale machen Mut: Die Vision – Leitmesse der Bildverarbeitungsbranche<br />
– soll im Oktober wieder ihre Türen öffnen. Endlich<br />
wieder Menschen von Angesicht zu Angesicht treffen, auch wenn die<br />
Gesichter wahrscheinlich hinter Masken versteckt sein werden.<br />
Auch wir würden gerne auf unseren Events die Referenten und Besucher<br />
wieder persönlich begrüßen. Doch die Präsenzveranstaltungen heben wir<br />
uns für 2022 auf. In diesem Jahr werden wir noch auf die virtuelle Form<br />
zurückgreifen. Das heißt, dass unser viertes Fachforum zur Qualitätssicherung<br />
in der additiven Fertigung wieder als Webinar stattfinden wird.<br />
Mittlerweile kann man es ja schon als gute Tradition bezeichnen, dass<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> gemeinsam mit dem Fraunhofer IPA an einem Tag<br />
Wissenschaftler, Technikanbieter, Anwender und weitere Fachleute zusammenbringt,<br />
um über die Herausforderungen zu sprechen, die sich<br />
Qualitätsverantwortlichen beim 3D-Druck stellen (Seite 30). Quasi als<br />
Warm-Up zu dem Event haben wir auf einem digitalen Roundtable über<br />
das Thema diskutiert (Seite 26). Mit dabei waren das Fraunhofer IPA, die<br />
Anbieter Wenzel und Volume Graphics sowie 3D-Druck-Dienstleister Cirp.<br />
Zu einer Tradition haben sich innerhalb von kurzer Zeit auch unsere<br />
<strong>Quality</strong> Days entwickelt, mit denen wir im vergangenen Jahr gestartet sind.<br />
Nach erfolgreichen <strong>Quality</strong> Days im März, wird es nun am 22. und 23.<br />
September zwei weitere Webinare geben – zu den Themen Computer -<br />
tomographie und automatisierte Qualitätssicherung (Seite 20). Es bleibt<br />
also spannend. Und mit viel neuem Wissen gerüstet können wir dann<br />
auch den besseren Zeiten entgegen sehen.<br />
Markus Strehlitz, Redaktion<br />
qe.redaktion@konradin.de<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 3
» INHALT 04 | 2021 40. JAHRGANG<br />
IM FOKUS<br />
3D-Druck:<br />
Es fehlt an<br />
offenen<br />
Die Experten-Runde Schnittstellen<br />
ist sich einig: Die » Seite 26<br />
Qualitätssicherung in<br />
der additiven Fertigung<br />
kommt kaum voran.<br />
Titelbild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
MANAGEMENT<br />
Umfrage<br />
Die Technikanbieter setzen<br />
wieder zum Höhenflug an 06<br />
Qualitätsstrategie<br />
Qualitätsmanager werden<br />
zu internen Managementberatern 10<br />
Automobilindustrie<br />
Studie liefert neue Ansätze<br />
für die globale Zusammenarbeit 12<br />
Eine Redaktion — zwei Meinungen<br />
Lieber Teamplayer oder Einzelkämpfer? 15<br />
Qualitätsmanagement<br />
Integriertes System schafft bei<br />
Kalibrierlabor transparente Strukturen 16<br />
Webinare<br />
<strong>Quality</strong> Days 2.0 zu CT und<br />
automatisierter Qualitätssicherung 20<br />
Wärmebehandlung<br />
Die neue Norm CQI-9 hat<br />
den höchsten Durchdringungsgrad 22<br />
Personal & Karriere<br />
Personalsuche im Jahr 2021<br />
– Pragmatismus zählt 24<br />
Alles was Recht ist<br />
Neue Definition des Sachmangels hat<br />
Auswirkungen auf die Qualitätsabteilungen 25<br />
IM FOKUS:<br />
QS IN DER ADDITIVEN FERTIGUNG<br />
Roundtable<br />
Experten sehen noch<br />
keinen Closed Loop im 3D-Druck 26<br />
Online-Forum<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> und Fraunhofer IPA<br />
lassen Fachleute diskutieren 30<br />
FERTIGUNGSMESSTECHNIK<br />
Koordinatenmesstechnik<br />
Geräte-Nachrüstung macht<br />
Messdienstleister agiler 32<br />
Technikaauswahl<br />
Messmittel legen Grundstein<br />
für die selbststeuernde Produktion 34<br />
Automatisierung<br />
Schnellere Rauheitsprüfung<br />
bei Hersteller von Landesystemen 36<br />
Elektromobilität<br />
Messtechnik muss sich<br />
künftig besonders bewähren 38<br />
Laserstrahlen<br />
Überwachung kritischer<br />
Parameter im laufenden Prozess 40<br />
Ebenheitsprüfung<br />
Neues Inline-System mit<br />
Fördertechnik sorgt für Präzision 42<br />
Oberflächentopographie<br />
Digitale Holographie liefert<br />
hochgenaue Messergebnisse 44<br />
News und Produkte 47<br />
QUALITY WORLD<br />
Geruchserfassung<br />
Elektronische Nase für die<br />
pharmazeutische Qualitätskontrolle 50<br />
Firmenindex 51<br />
Impressum 51<br />
4 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Industrie<br />
Bild: andov/stock.adobe.com<br />
Neue Version: Die vierte Edition der Norm CQI-9 für Wärmebehandlungen<br />
ist leichter auditierbar.<br />
» Seite 22<br />
Das<br />
Kompetenz-<br />
Netzwerk<br />
der Industrie<br />
Bild: Blum/Safran<br />
Automatisierte Messung von Fahrwerkskomponenten bringt mehr<br />
Sicherheit in den Produktionsprozess.<br />
» Seite 36<br />
17 Medienmarken für alle wichtigen<br />
Branchen der Industrie<br />
Information, Inspiration und Vernetzung<br />
für Fach- und Führungskräfte in der Industrie<br />
Praxiswissen über alle Kanäle:<br />
Fachzeitschriften, Websites, Events,<br />
Newsletter, Whitepaper, Webinare<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 5
Nach einem schwierigen<br />
Jahr 2020 geht es<br />
bei den Anbietern von<br />
Messtechnik und Software<br />
wieder aufwärts.<br />
Bild: ag visuell/stock.adobe.com<br />
Umfrage von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Die Branche hat wieder zum<br />
Höhenflug angesetzt<br />
Die Konjunktur zieht wieder an. Profitieren davon auch die Hersteller im Bereich<br />
Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement? Und welche Art von Lösungen<br />
sind bei den Kunden in der Industrie aktuell gefragt? Wir haben uns in der<br />
Branche umgehört.<br />
Dr. Marc Wawerla<br />
Geschäftsführer, Carl Zeiss Industrielle Messtechnik<br />
Bild: Zeiss<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen<br />
in den vergangenen zwölf Monaten<br />
entwickelt? Was erwarten Sie für<br />
das laufende Geschäftsjahr?<br />
Die Märkte entwickeln sich sehr dynamisch;<br />
es sind Nachholeffekte in<br />
der Nachfrage in einzelnen Regionen<br />
und Märkten zu spüren. Der Auftragseingang<br />
hat im Vergleich zum Vorjahr<br />
deutlich zugelegt. Der positive Trend<br />
in der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
der Sparte Industrial <strong>Quality</strong> & Research<br />
setzte sich weiter fort.<br />
Welche technologischen Trends sehen<br />
Sie derzeit? Was ist von den<br />
Kunden gefragt?<br />
Neben der klassischen taktilen Messtechnik<br />
sind vor allem neue Lösungen<br />
wie etwa schnelle Multisensor-<br />
Maschinen, aber auch CTs für die zerstörungsfreie<br />
Prüfung gefragt. Die optische<br />
Messtechnik ist ebenso gefragt<br />
wie hochauflösende Licht- und Elektronenmikroskope.<br />
Zudem sehen wir<br />
eine zunehmende Offenheit unserer<br />
Kunden für neue Technologien wie etwa<br />
Machine Learning. Der Fokus liegt<br />
auf Produktivitätssteigerung und damit<br />
Produktionskostensenkung. Unsere<br />
Investitionen in Lösungen für die<br />
Elektromobilität, die Medizintechnik,<br />
Additive Manufacturing, Elektronik<br />
und die Luft- und Raumfahrt Industrie<br />
zahlen sich aus. Wir sehen eine<br />
steigende Nachfrage, sodass wir positiv<br />
in die Zukunft schauen.<br />
6 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
MANAGEMENT «<br />
Lorenz Peiffer<br />
Senior Director, Mitutoyo<br />
Dr. Heiko Wenzel-Schinzer<br />
Geschäftsführer, Wenzel Group<br />
Bild: Mitutoyo<br />
Bild: Wenzel<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in den vergangenen<br />
zwölf Monaten entwickelt? Was erwarten<br />
Sie für das laufende Geschäftsjahr?<br />
Das zweite Halbjahr 2020 hat sich in Bezug auf Covid-19<br />
noch schwierig gestaltet. Ab dem dritten<br />
Quartal hat sich Lage jedoch verbessert. Messen haben<br />
nicht stattgefunden. Insgesamt konnten die<br />
Planziele nicht erreicht werden. Das laufende Geschäftsjahr<br />
hat sich bereits zu Jahresbeginn positiv<br />
entwickelt und bis zur Jahresmitte stetig an Fahrt<br />
aufgenommen. Die Planziele konnten übererfüllt<br />
werden. Für das zweite Halbjahr erwarten wir eine<br />
Fortsetzung dieses Trends. Für das vierte Quartal ist<br />
seit langem wieder die Teilnahme an einer Präsenzmesse<br />
vorgesehen.<br />
Welche technologischen Trends sehen Sie derzeit?<br />
Was ist von den Kunden gefragt?<br />
Die Digitalisierung macht auch vor der Messtechnik<br />
nicht halt. Zunehmende Datenmengen müssen gesammelt,<br />
analysiert und gespeichert werden. Ein<br />
steigender Trend nach kabelloser Datenübertragung<br />
ist vorhanden. Die Anforderung an die automatisierte<br />
Messtechnik steigt. Der Einsatz von komplexer<br />
Messtechnik verlagert sich mehr und mehr vom<br />
Messraum in die Fertigung oder in den fertigungsnahen<br />
Bereich. Automatische Teilezuführung und<br />
Beladung werden mit steigender Tendenz angefragt.<br />
Verkettung von Messgerät, Beladung, Zuführung,<br />
Steuerung/SPS, Datenkommunikation mit dem Produktionsnetz,<br />
Statistik-Ausgabe und Maschinensicherheit<br />
spielen dabei tragende Rollen. Das erfordert<br />
die Anbindung an Feldbussysteme wie etwa<br />
Profibus oder CC-Link. In der Regel bestimmt der<br />
Typ der SPS, welcher Feldbus zum Einsatz kommt.<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in den vergangenen<br />
zwölf Monaten entwickelt? Was erwarten<br />
Sie für das laufende Geschäftsjahr?<br />
Die Geschäftsentwicklung geht eindeutig wieder<br />
nach oben. Der Wenzel-Konzern verzeichnete im<br />
zweiten Quartal 2021 sogar ein Rekordwachstum bei<br />
Auftragseingang, Umsatz und EBITDA; Auftragseingang<br />
und Umsatz haben sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
um fast 60 % gesteigert. Wir haben<br />
damit die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf<br />
die Geschäftsentwicklung erfolgreich gemeistert. Für<br />
das Geschäftsjahr 2021 erwarten wir eine vollständige<br />
Erholung auf das Vorkrisen-Niveau. Positiv dazu<br />
beitragen wird auch eine neue Produktlinie für die<br />
Verzahnungsmessung, mit denen wir nun drei Jahre<br />
nach der Trennung von diesem Geschäftsfeld wieder<br />
direkt als Anbieter am Markt auftreten werden.<br />
Welche technologischen Trends sehen Sie derzeit?<br />
Was ist von den Kunden gefragt?<br />
Ob im Messraum oder in der Fertigung – die Kunden<br />
wollen schneller, genauer, integrierter und einfacher<br />
messen. Um schneller zu messen, setzen viele auf<br />
den Einsatz optischer Sensoren und taktiler 5-Achsen-Messsysteme.<br />
Höchste Präzision erreicht man<br />
am besten schon beim Maschinenbau. Integrierter<br />
zu messen bedeutet, dass Messsysteme automatisch<br />
bestückt und Messprogramme direkt gestartet werden.<br />
Messprogramme und -ergebnisse werden über<br />
standardisierte Schnittstellen ausgetauscht, weiterverarbeitet<br />
und geben unmittelbar Rückmeldung in<br />
den Produktionsprozess. Hier bieten wir mit einem<br />
Automation-Interface und einem mobilen Analyse-<br />
Tool moderne Softwarelösungen für Automation,<br />
Condition Monitoring und Predictive Maintenance.<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 7
» MANAGEMENT<br />
Heiko Müller<br />
Geschäftsführer, Renishaw<br />
Bild: Renishaw<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen<br />
in den vergangenen zwölf Monaten<br />
entwickelt? Was erwarten Sie für<br />
das laufende Geschäftsjahr?<br />
Im Vorjahresvergleich haben wir die<br />
Umsatzerlöse trotz Pandemieeinfluss<br />
gesteigert. Dieser Trend wird sich in<br />
diesem Geschäftsjahr fortsetzen. Die<br />
innerhalb der Renishaw-Gruppe entwickelten<br />
und gefertigten Produkte sichern<br />
der Renishaw GmbH in Deutschland<br />
und Österreich eine extrem diversifizierte<br />
und marktführende Stellung.<br />
Dazu gehören die industrielle Messtechnik,<br />
Motion Control sowie die im<br />
Investitionsgüterbereich angesiedelten<br />
Laserschmelzanlagen für den Metall<br />
3D-Druck (Generative Fertigung) und<br />
Raman-Spektrometer für Industrie und<br />
Forschung. Renishaw ist damit in der<br />
Lage, die gesamte Prozesskette in der<br />
mechanischen Fertigung oder auch die<br />
Analyse und Qualitätsüberwachung<br />
von neuen Materialien und Flüssigkeiten<br />
zu unterstützen.<br />
Welche technologischen Trends<br />
sehen Sie derzeit? Was ist von<br />
den Kunden gefragt?<br />
Die meisten Werkzeugmaschinenhersteller<br />
entwickeln neue Geschäftsmodelle.<br />
Hervorzuheben ist der Fokus auf<br />
ein breiteres Produktangebot, das neben<br />
den Werkzeugmaschinen und<br />
Serviceangeboten umfangreiche Automatisierungs-<br />
und Digitalisierungslösungen<br />
umfasst. Mit unserem modernen<br />
Messtechnikportfolio für<br />
Werkzeug, Werkstück und Maschine<br />
adressieren wir diese Themen optimal<br />
und begleiten unsere Kunden auf dem<br />
Weg zur Industrie 4.0.<br />
Andreas Strobel, Geschäftsführer,<br />
Dr. Heinrich Schneider Messtechnik<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen<br />
in den vergangenen zwölf Monaten<br />
entwickelt? Was erwarten Sie für<br />
das laufende Geschäftsjahr?<br />
Analog zum gesamten deutschen Maschinenbau<br />
sind unsere Umsatze im<br />
Krisenjahr um gut 30 % eingebrochen.<br />
Für das laufende Geschäftsjahr<br />
erwarten und spüren wir eine Erholung<br />
und planen mit einem deutlichen<br />
Wachstum. Große Hoffnung setzen<br />
wir auf die Rückkehr zu Präsenzmessen<br />
denn trotz großer Bemühungen<br />
mit unterschiedlichen Onlineveranstaltungen<br />
sehen wir nicht die Möglichkeit<br />
unsere Produkte in der Tiefe<br />
vorzustellen bzw. war die Resonanz<br />
überschaubar. Wir haben die Krise aktiv<br />
genutzt und in die Weiterentwicklung<br />
unserer Produkte investiert,<br />
ebenso befinden sich auch Neuentwicklungen<br />
in der Pipeline welche wir<br />
vorzugsweise auf Präsenzmessen vorstellen<br />
möchten. Schneider Messtechnik<br />
blickt somit sehr zuversichtlich in<br />
die Zukunft.<br />
Welche technologischen Trends sehen<br />
Sie derzeit? Was ist von den<br />
Kunden gefragt?<br />
Aus unserer Sicht wird sich die Reisetätigkeit<br />
auch nach Corona nicht wieder<br />
auf altes Niveau zurück begeben.<br />
Wir haben in entsprechendes Equipment<br />
investiert, um professionell Maschinendemonstrationen<br />
und Schulungen<br />
bis hin zu Inbetriebnahmen<br />
online vollziehen zu können. Durch<br />
die Notwendigkeit einer fehlerfreien<br />
Dokumentation von Messergebnissen<br />
für die Qualitätssicherung ist und<br />
bleibt die Messtechnik generell ein<br />
Bild: Dr. Heinrich Schneider Messtechnik<br />
Wachstumsmarkt. Hierbei gewinnt die<br />
Modernisierung bestehender Geräte,<br />
also Retrofit, eine immer größere Bedeutung<br />
für uns: Neben Aspekten der<br />
Nachhaltigkeit ist auch das Preis-/<br />
Leistungsverhältnis wirtschaftlich unschlagbar.<br />
Aber auch unsere Paradedisziplin,<br />
die Multisensorik, wird zukünftig<br />
eine bedeutsame Rolle in unseren<br />
Entwicklungen spielen: Neben<br />
der Kombination aus Messtaster und<br />
Kamera kommen weitere Sensoren<br />
wie Weißlicht und Triangulatoren im<br />
Portfolio hinzu.<br />
8 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Dr. Stephan Killich<br />
Geschäftsführer, Consense<br />
Dr. Norbert Böhme<br />
Geschäftsführer, Böhme & Weihs<br />
Bild: Consense<br />
Bild:Böhme & Weihs<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in den vergangenen<br />
zwölf Monaten entwickelt? Was erwarten<br />
Sie für das laufende Geschäftsjahr?<br />
Unser branchenunabhängiges Geschäftsmodell rund<br />
um akzeptierte und lebendige Managementsysteme<br />
hat sich auch dank unseres breiten Leistungsportfolios<br />
für verschiedenste Anforderungen weiterhin als<br />
stabil bewiesen. Für das laufende Jahr sehen wir besonders<br />
im Bereich der webbasierten sowie der gehosteten<br />
Managementlösungen, wie zum Beispiel<br />
Consense Portal, weiter ansteigenden Bedarf.<br />
Welche technologischen Trends sehen Sie derzeit?<br />
Was ist von den Kunden gefragt?<br />
Aus unserer Sicht gibt es einen übergreifenden,<br />
langfristigen Trend: Die Digitalisierung, seit 15 Jahren<br />
unser Kerngebiet, hat sich zu einem Thema entwickelt,<br />
das nahezu jedes Unternehmen betrifft.<br />
Häufig ist der vielfältige Nutzen der Digitalisierung<br />
klar, jedoch nicht, wie sie konkret angegangen werden<br />
kann. Digitalisierung sollte als ein Entwicklungsprozess<br />
aufgefasst werden, für den das Qualitätsmanagement,<br />
das im Grunde das Fundament<br />
unserer Software bildet, als Treiber genutzt werden<br />
kann. Heute stehen Qualitätsziele von Unternehmen<br />
oft in mehr oder weniger engem Bezug zu digitalen<br />
Geschäftsfeldern. Infolge der Orientierung des Unternehmens<br />
an diesen Zielen treibt sich Qualitätsmanagement<br />
aus sich selbst heraus voran. Das Qualitätsmanagement<br />
digitalisiert sich also per se und<br />
wirkt daher wie ein Motor für stetige Digitalisierung,<br />
strategische Steuerung und kontinuierliche<br />
Optimierung.<br />
Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in den vergangenen<br />
zwölf Monaten entwickelt? Was erwarten<br />
Sie für das laufende Geschäftsjahr?<br />
Herrschte zu Beginn coronabedingt noch leichte Zurückhaltung,<br />
hat sich diese Verunsicherung glücklicherweise<br />
nach zwei Monaten wieder aufgelöst. Für<br />
das laufende Geschäftsjahr steht nun weiterhin der<br />
Lückenschluss zwischen CAQ und MES im Fokus. Die<br />
Prozessdaten aus dem Fertigungsleitstand können<br />
dank entsprechender Softwarelösungen direkt in die<br />
Qualitätsdaten mit einfließen. Dieser Datenaustausch<br />
zwischen MES und CAQ sorgt für deutlich<br />
mehr Transparenz und Effizienz über die gesamte<br />
Prozesskette hinweg.<br />
Welche technologischen Trends sehen Sie derzeit?<br />
Was ist von den Kunden gefragt?<br />
Weiterhin ist dies der Ausbau der globalen Vernetzung.<br />
Unternehmen wollen bei der Qualitätssteuerung<br />
direkt mit ihren Niederlassungen, Außenstellen<br />
und Geschäftspartnern zusammenarbeiten – bei zugleich<br />
höchster Datensicherheit. Für eine gesicherte<br />
Vernetzung über Unternehmensgrenzen hinweg<br />
werden die Nutzung von Cloud-Technologie und die<br />
Web-Fähigkeit der Systeme immer relevanter. Diesem<br />
Bedarf tragen wir Rechnung und bauen unsere<br />
browserbasierten CAQ- und MES-Lösungen weiter<br />
aus, um die Qualitätssicherung entlang globaler<br />
Wertschöpfungsketten zu gewährleisten. Auch arbeiten<br />
wir aktiv an Nutzungsmöglichkeiten für<br />
Cloud-Dienste, Containerisierung und Softwareas-a-Service-Modelle.<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 9
» MANAGEMENT<br />
Qualitätsorientierte Geschäftsstrategien<br />
Brückenbauer im Unternehmen<br />
Ein Qualitätsmanagement, das sich in die Unternehmensstrategie integriert, ist<br />
der erste wichtige Schritt, um nachhaltig wirtschaftliche Erfolge zu erzielen.<br />
Qualitätsmanager arbeiten dabei eng mit den Führungskräften zusammen und<br />
werden zu internen Managementberatern.<br />
Im Idealfall agieren<br />
Qualitätsmanager als<br />
Coach mit Fachexpertise<br />
zwischen und innerhalb<br />
von Netzwerk-<br />
Teams.<br />
Bild: contrastwerkstatt/stock.adobe.com<br />
Dr. Wilhelm Griga<br />
Senior <strong>Quality</strong><br />
Manager<br />
Siemens<br />
www.siemens.com<br />
Dirk Kowalewski<br />
Unternehmensberater und<br />
Qualitätsmanagement-Trainer<br />
www.bestformconsulting.com<br />
In unserer hochdynamischen Geschäftswelt,<br />
in der Reaktionsfähigkeit und<br />
Veränderung entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
sind, geht es ohne Qualität<br />
nicht. Was ist ein schnell geliefertes<br />
Produkt wert, das den erwarteten Anforderungen<br />
nicht gerecht wird? Wie lässt<br />
sich Qualität frühzeitig absichern? Zahlreiche<br />
Studien und Erfahrungen bekräftigen,<br />
dass das Qualitätsmanagement zum<br />
wirtschaftlichen Erfolg im digitalen Zeitalter<br />
nachweislich beiträgt. Im Wesentlichen<br />
sind zwei Faktoren bestimmend:<br />
Erstens: Unternehmen mit ausgereiften,<br />
zukunftsorientierten Qualitätssystemen<br />
binden ihre Mitarbeiter, Partner und Kunden<br />
proaktiv in die kontinuierliche Verbesserung<br />
ihrer Produkte und Dienstleistungen<br />
ein und nutzen dabei die Möglichkeiten<br />
der Digitalisierung in der Qualitätsplanung<br />
und -sicherung. So ermöglichen<br />
sie es, den heutigen Kundenanspruch<br />
an Geschwindigkeit, Individualisierung,<br />
Kosten und Produkt- beziehungsweise<br />
Dienstleistungsqualität gerecht zu<br />
werden.<br />
Zweitens: Bei Unternehmen, die von einem<br />
umfassenden, modernen Qualitätsmanagement<br />
profitieren, erfolgt die Umsetzung<br />
der aus den Unternehmenszielen<br />
abgeleiteten Qualitätsziele mittels einer<br />
Qualitätsstrategie, welche integraler Bestandteil<br />
der Geschäftsstrategie ist. Die<br />
durchgängige Zielkaskadierung – beispielsweise<br />
mittels Hoshin Kanri – wird als<br />
Erfolgsfaktor wahrgenommen und gelebt.<br />
Somit ist ein Qualitätsmanagement,<br />
welches interne und externe Partner ein-<br />
10 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
indet und in die Unternehmensstrategie<br />
integriert ist, der erste wichtige Schritt, um<br />
insbesondere im digitalen Zeitalter nachhaltig<br />
wirtschaftliche Erfolge zu erzielen.<br />
Gemeinschaftliches<br />
Qualitätsverständnis<br />
Die Praxiserfahrung zeigt deutlich, dass in<br />
besonders erfolgreichen Unternehmen<br />
zusätzlich alle Führungskräfte in engem<br />
Zusammenspiel mit den Qualitätsmanagern<br />
ein gemeinsames Qualitätsverständnis<br />
vermitteln. Sie fordern die Erfüllung<br />
vereinbarter Verhaltens- und Leistungsanforderungen<br />
ein. Dies dient dazu, die<br />
Geschäfts- und Projektabläufe im digitalen<br />
Zeitalter erfolgreich im Sinne der Unternehmensstrategie<br />
umzusetzen.<br />
Erfolgsentscheidend ist, dass nicht nur<br />
das Qualitätsverständnis vorhanden, sondern<br />
auch der Wille zur Umsetzung gegeben<br />
ist. Dafür müssen – ausgehend von<br />
den Bedürfnissen der jeweiligen Organisationsbereiche<br />
– die notwendigen Umsetzungskompetenzen<br />
gegeben sein und<br />
geeignete Methoden und Tools gezielt<br />
genutzt werden. Das Qualitätsverständnis<br />
innerhalb eines Unternehmens muss also<br />
gemeinsam vorgelebt, trainiert und alltäglich<br />
praktiziert werden.<br />
Qualitätsmanager, die in die Abläufe<br />
ihrer Organisation integriert sind, sollten<br />
Organisationseinheiten und Teams gezielt<br />
dabei helfen, die Qualitätsanforderungen<br />
passgenau in jedem Unternehmensbereich<br />
umzusetzen. Dabei wirken sie in<br />
sämtlichen Geschäftsbereichen, die gemäß<br />
der Unternehmensstrategie gezielt<br />
auszurichten sind. Das umfasst die Auswahl<br />
und Qualifizierung von Mitarbeitern,<br />
die Gestaltung und Steuerung von<br />
Abläufen und Prozessen, die Entwicklung<br />
und Bereitstellung von Produkten und<br />
Dienstleistungen und die Analyse der<br />
Kunden- und Marktwahrnehmung unter<br />
Qualitätsgesichtspunkten.<br />
In dieser Rolle liefern Qualitätsmanager<br />
bei der Umsetzung der Qualitätsstrategie<br />
praktische Unterstützung und werden damit<br />
teilweise zum internen Managementberater.<br />
Durchweg fungieren Qualitätsmanager<br />
dann als hilfreiche Feedback-<br />
Geber, um eine funktionsübergreifende<br />
Kultur der kontinuierlichen Verbesserung<br />
unternehmensweit mit dem Management<br />
zu etablieren. Durch diese Vorgehensweise<br />
bauen Qualitätsmanager Brücken über<br />
Unternehmenseinheiten und fördern vernetztes<br />
Denken und agiles Handeln.<br />
Fokus auf die<br />
erfolgskritischen Faktoren<br />
Bei der Erfüllung ihrer Mission nehmen<br />
Qualitätsmanager eine unternehmerische<br />
Perspektive ein und fokussieren sich auf<br />
die erfolgskritischen Faktoren ihres Unternehmens<br />
beziehungsweise die der jeweiligen<br />
internen Organisationseinheit.<br />
Sie bringen Ihre profunde Fachkompetenz<br />
und eine ganzheitliche Sicht ein (siehe<br />
Kasten). Dies unterstützt das Qualitätsbewusstsein<br />
und die Qualitätsorientierung<br />
jedes einzelnen Mitarbeiters.<br />
Je netzwerkorientierter sich eine Organisation<br />
aufstellt, desto erfolgsentscheidender<br />
ist die Qualität der Zusammenarbeit<br />
für den letztendlichen Markterfolg<br />
des Unternehmens. Im Idealfall agieren<br />
Qualitätsmanager dann als Coach mit<br />
Fachexpertise zwischen und innerhalb<br />
von Netzwerk-Teams. Damit können sie<br />
die Teams bei der Erfüllung von qualitätsorientierten<br />
Aufgaben ertüchtigen, direkt<br />
und indirekt unterstützen sowie Qualitätsthemen<br />
netzwerkübergreifend im<br />
Blick behalten.<br />
Neues Kompetenzprofil<br />
Das Profil des Qualitätsmanagers hat sich in den vergangenen<br />
Jahren Zug um Zug erweitert. Zu den notwendigen Kompetenzen,<br />
die Qualitätsmanager mitbringen oder erlangen sollten,<br />
gehören beispielsweise:<br />
• Klassisches Qualitätsmanagement: Qualitätsmanagementsystem-Expertise,<br />
Kenntnis relevanter gesetzlicher Anforderungen<br />
und Normen sowie das Beherrschen klassischer<br />
Qualitätsmethoden (zum Beispiel Six Sigma, FMEA, 8D)<br />
• Digitalisierung: Statistikkenntnisse, Datenanalyse- und<br />
Visualisierungstechniken sowie dazugehörige Tools,<br />
KI-Methoden und -Tools, digitales Prozessmanagement<br />
• Soft Skills: Kommunikation, Präsentation, Veränderungsmanagement,<br />
agiles Arbeiten und Führen, Organisationsentwicklung,<br />
Konflikt- und Krisenmanagement<br />
Im Umgang mit immer komplexeren<br />
Produkt- und Dienstleistungsangeboten<br />
(Business Ecosystems) müssen Qualitätsmanager<br />
vernetzt denken, durchgängige<br />
Risikobetrachtungen fördern und dafür<br />
sorgen, dass kritische Netzwerkeffekte<br />
aufgezeigt werden, die Veränderungen an<br />
einem Systemelement nach sich ziehen.<br />
Permanent laufender<br />
Wertschöpfungsmotor<br />
Die netzwerkorientierte Rolle des Qualitätsmanagers<br />
kann für alle im Unternehmen<br />
gewinnbringend innerhalb und außerhalb<br />
einzelner Netzwerke ausgeschöpft<br />
werden. Der wertschätzende Umgang<br />
mit individuellen Wissensschätzen,<br />
das konstruktive Nutzen von Ideen und<br />
Bedenken, das gemeinsame und beherzte<br />
Ringen um die beste Lösung im Sinne des<br />
PDCA-Zyklus werden im Zusammenspiel<br />
von Geschäftsverantwortlichen, Qualitätsmanagern<br />
und Teams zum permanent<br />
laufenden Wertschöpfungsmotor. Mit der<br />
beschriebenen Ausrichtung wird das Qualitätsmanagement<br />
zu einem integralen<br />
Erfolgsfaktor, um Geschäftsstrategien erfolgreich<br />
umzusetzen. Dies gelingt vor allem<br />
dann, wenn Geschäftsführer und<br />
Qualitätsmanager gemeinsam die Transformation<br />
des Qualitätsmanagements vorantreiben.<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 11
» MANAGEMENT<br />
Die Covid-19-Pandemie hat<br />
Entwicklungskooperationen<br />
in der Automobilindustrie<br />
auf eine harte Probe gestellt.<br />
Bild: Fineas/stock.adobe.com<br />
Umgang mit Partnern in der Automobilindustrie während der Pandemie<br />
Kooperationen in der Zerreißprobe<br />
Im systematischen und strategischen Ausbau von Entwicklungskooperationen liegt<br />
ein Ansatz für Automobilhersteller, um den technologischen Wandel zu bestehen.<br />
Doch was tun, wenn die derzeitige Corona-Pandemie die globale Zusammenarbeit<br />
erschwert? Ansätze liefert eine Studie der Hochschule Esslingen.<br />
Michael Dunst<br />
Doktorand<br />
Die deutsche Automobilindustrie steht vor vielen<br />
Weichenstellungen. Dabei wird immer wieder<br />
gefragt: Wie können wir die Mobilität von morgen<br />
maßgeblich mitgestalten? Wie gelingt es auch künftig,<br />
den Wettstreit um Qualität und Technik, um Digitalisierung<br />
und Kundenbegeisterung wieder anzuführen,<br />
anstatt hinter der Entwicklung herzulaufen?<br />
Oder sind wir gar meilenweit abgehängt?<br />
Sarah Opferkuch<br />
Technische<br />
Betriebswirtin<br />
Prof. Dr.<br />
Dietmar Vahs<br />
Institutsleiter<br />
Institut für Change Management und Innovation (CMI),<br />
Hochschule Esslingen<br />
www.cmi.hs-esslingen.de<br />
Bilder: Hochschule Esslingen<br />
Der technologische Wandel bietet aber auch eine<br />
Chance, denn Kooperationen mit innovativen Zulieferern<br />
und Unternehmen aus der Softwarebranche<br />
schaffen vielversprechende Gelegenheiten. Neben<br />
dem enormen Innovationsdruck in Sachen Fahrzeugantrieb<br />
setzen relativ junge Unternehmen aus Übersee<br />
und Asien auch in der digitalen Welt immer wieder<br />
neue Standards und bringen unsere traditionell<br />
eher mechanisch geprägten Fahrzeugbauer ordentlich<br />
zum Schwitzen.<br />
Bei all den bereits angestoßenen organisatorischen,<br />
technologischen und strategischen Maßnahmen<br />
sollte eine zentrale Fragestellung immer im Mittelpunkt<br />
stehen: Wie können die vorhandenen Innovations-<br />
und Qualitätspotenziale bestmöglich genutzt<br />
werden und welche Rolle spielen dabei unternehmensübergreifende<br />
Kooperationen? Denn Innovation<br />
und Qualität sind, unbestritten und wissenschaftlich<br />
belegt, die wichtigsten Erfolgsfaktoren für<br />
Unternehmen.<br />
Das Institut für Change Management und Innovation<br />
(CMI) der Hochschule Esslingen beschäftigt sich<br />
im Rahmen der Studie Innovation – <strong>Quality</strong> – Automotive<br />
(IQA) mit diesen Themen. In einer aktuellen<br />
Teilstudie wurde die Corona-Pandemie zum Anlass<br />
12 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
genommen, um zu untersuchen, wie sich die derzeitigen<br />
Umstände auf die Akteure auswirken und welche<br />
zusätzlichen Herausforderungen durch die Krise<br />
entstehen und gegebenenfalls noch längere Zeit<br />
fortbestehen werden.<br />
Um die Fragestellungen bestmöglich beantworten<br />
zu können, wurde eine qualitative Erhebungsmethode<br />
in Form von strukturierten Experteninterviews gewählt.<br />
Die insgesamt 18 Interviewpartner kamen aus<br />
Standorten von Dubai über Deutschland bis in die<br />
USA. Dabei wurden sowohl hochrangige Manager der<br />
Automobilkonzerne wie auch Top-Manager der Erstund<br />
Systemlieferanten sowie Brancheninsider befragt.<br />
Die Befragung ist nicht repräsentativ, liefert jedoch<br />
erste spannende Einblicke in das Brachengeschehen.<br />
Corona erschwert Zusammenarbeit<br />
in bestehenden Partnerschaften<br />
In der Befragung wurde festgestellt, dass Kooperationen<br />
derzeit einer harten Belastungsprobe ausgesetzt<br />
sind und einige Partnerschaften sehr viel empfindlicher<br />
und labiler sein dürften als bislang angenommen.<br />
So sind die prozessualen aber auch die sozialen<br />
Beziehungen innerhalb dieser oft so wichtigen<br />
Unternehmenskooperationen durch die Corona-Krise<br />
über stark strapaziert worden. Dies wurde insbesondere<br />
durch eine spürbar verschlechterte Kommunikation<br />
deutlich. So war in den Interviews von teilweise<br />
anhaltender Intransparenz, chaotischen Mitteilungen<br />
und häufigen Missverständnissen die Rede. Auch<br />
der sonst eher partnerschaftliche Umgang wurde<br />
durch rauhe Töne abgelöst, die die Arbeitsbeziehungen<br />
spürbar belasteten.<br />
Eine gute Partnerschaft basiert auf der Qualität<br />
der persönlichen Kontakte und auf einem vertrauensvollen<br />
Austausch. Die Art und Weise der Kommunikation<br />
ist und bleibt dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor.<br />
Aber nicht nur in der aktuellen Krisensituation<br />
sondern auch in der technologischen Transformation<br />
sollten Unternehmen größten Wert auf<br />
Transparenz und einen optimalen Informationsfluss<br />
legen. Angst und Widerstand lassen sich nicht vollständig<br />
vermeiden, jedoch sollte dem mit offener<br />
Kommunikation bestmöglich entgegengewirkt werden.<br />
Denn nur gemeinsam können Entwicklungs-<br />
Erleben Sie innovative Technologien<br />
wie Künstliche Intelligenz, Embedded Vision und die enge Verzahnung von Bildverarbeitung<br />
und Automation – für die Smart Factory von morgen und für stetig<br />
wachsende nichtindustrielle Anwendungen.<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 13
» MANAGEMENT<br />
Mit diesen Maßnahmen<br />
lassen sich nach<br />
Einschätzung von Experten<br />
Partnerschaften<br />
im Automotive-Bereich<br />
in der Corona-<br />
Pandemie am besten<br />
stabilisieren.<br />
Bild: CMI<br />
und Qualitätsprobleme behoben und innovative Konzepte<br />
entwickelt werden, um die Transformation des<br />
Automotive-Sektors zu meistern. Zur Stabilisierung<br />
der Partnerschaften und des eigenen Unternehmens<br />
Drei Tipps für Kooperationen<br />
• Sorgen Sie für einen vertrauensvollen Umgang<br />
mit Ihren externen Partnern. Wahre Freundschaft<br />
ist in schwierigen Zeiten unbezahlbar. Achten Sie<br />
also auf einen respektvollen, vertrauensvollen und<br />
ehrlichen Umgang mit allen Ihren Partnern. Verwenden<br />
Sie beispielsweise den Ansatz des „Single<br />
Point of Contact“ um eine persönliche Vertrauensbasis<br />
zu schaffen.<br />
• Kommunikation ist wichtiger denn je: Nutzen Sie<br />
alle Kanäle. In turbulenten Zeiten sollten Sie großen<br />
Wert darauf legen, Ihre Mitarbeiter über die<br />
neuesten Entwicklungen zu informieren. Dies<br />
kann mithilfe eines Broadcasting Days oder einer<br />
Push-Nachrichten-App umgesetzt werden. Nutzen<br />
Sie die vielfältigen Möglichkeiten für eine zielgruppenbezogene,<br />
transparente und angemessene<br />
Kommunikation.<br />
• Suchen Sie aktiv nach weiteren Kooperationspartnern:<br />
Gemeinsam erreichen Sie mehr. Die hohe<br />
Komplexität der Märkte und die auch zukünftig zu<br />
erwartenden schnellen Technologiesprünge erfordern<br />
zunehmend strategische Partnerschaften.<br />
Nutzen Sie gezielt deren langfristiges Potenzial.<br />
Besonders bei der Softwareentwicklung und der<br />
Realisierung von digitalen Geschäftsmodellen ist<br />
es ratsam, mit erfahrenen und verlässlichen Experten<br />
zu kooperieren.<br />
wurden von den befragten Firmen zahlreiche Maßnahmen<br />
ergriffen. Dabei lag der Fokus meist auf dem<br />
Ziel der schnellen Kostenreduktion und der Effizienzsteigerung.<br />
Eine Krise kommt meist sehr unerwartet,<br />
wer dann auf einen bereits durchdachten Notfallplan<br />
bauen kann, ist im Vorteil. Doch was sollte ein guter<br />
Krisenplan in der gegenwärtigen Situation enthalten?<br />
Die Expertengespräche haben vier wesentliche<br />
Bestandteile aufgezeigt:<br />
• Die Situation des Unternehmens und des Umfelds<br />
bewerten<br />
• Aufdeckung von Stärken und Schwächen<br />
• Aufstellung eines kurz- und mittelfristigen Plans<br />
zum Umgang mit den Gegebenheiten<br />
• Bereits jetzt Maßnahmen für die Zeit nach der<br />
Krise planen<br />
Die aktuelle Pandemie fordert sowohl von den Unternehmen<br />
als auch von deren Mitarbeitern eine<br />
schnelle Reaktion und Anpassung auf die sich ständig<br />
veränderten Rahmenbedingungen. Einige Werkzeuge<br />
eignen sich dabei besonders gut. Die Befragung<br />
ergab, dass vor allem die Einrichtung von Task<br />
Forces zur Sicherung der Unternehmensabläufe sehr<br />
sinnvoll ist. Daneben ist ein der Situation angemessenes<br />
Kommunikationskonzept ein wesentlicher Erfolgsfaktor,<br />
das einen bereichs- und unternehmensübergreifenden<br />
Austausch beinhaltet. Dabei sollte<br />
gewährleistet sein, dass neben den Mitarbeitern des<br />
eigenen Unternehmens auch Partner und Kunden integriert<br />
werden.<br />
Darüber hinaus konnte im Rahmen der Interviewreihe<br />
des CMI festgestellt werden, dass immer<br />
mehr Unternehmen branchenübergreifende Kooperationen<br />
eingehen, um sich erfolgreicher im turbulenten<br />
Markt zu platzieren. Von „neuen Märkten und<br />
unschätzbaren Möglichkeiten“ berichtete zum Beispiel<br />
ein Business Unit Manager eines Tier-1-Lieferanten.<br />
14 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Bild: grivina/stock.adobe.com<br />
Gartenaktionen können im Team<br />
mehr Spaß machen – wenn der<br />
Teamgeist stimmt.<br />
Eine Redaktion – zwei Meinungen<br />
Gemeinsam oder einsam?<br />
Ohne Kooperationen und partnerschaftliche Zusammenarbeit funktioniert die<br />
Wirtschaft nicht. Doch wie schaut es im privaten Bereich aus? Lieber Team<br />
Teamplayer oder Team Einzelkämpfer ? Die Redaktion von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
hat dazu unterschiedliche Ansichten.<br />
Es waren Bilder vom gemeinsamen<br />
Apfelbaum-<br />
Pflanzen, von der gemeinschaftlichen<br />
Apfelpflück-Aktion<br />
und vom Apfelkuchenessen<br />
am großen Gartentisch, die ich<br />
im Kopf hatte, als wir Ja zu<br />
Sabine Koll, Redaktion unserem Schrebergarten sagten.<br />
Wir, das waren ein Freund<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>,<br />
jätet lieber alleine und ich. Der Freund hatte sich<br />
Unkraut.<br />
an einem weinseligen Abend<br />
auch als Gärtner geoutet. In<br />
der Woche darauf hatten wir<br />
schon unseren Kleingarten. Wir waren voller Tatendrang.<br />
Drei Apfelbäume haben wir gepflanzt, eine<br />
Menge Gemüsesaaten ins Beet ausgebracht. Doch im<br />
Laufe des Sommers ließ die Euphorie nach: Der alte<br />
Apfelbaum wollte geschnitten werden, das Unkraut<br />
wucherte in den Beeten, die Hecke wuchs uns über<br />
den Kopf – und uns die Arbeit. Ich hatte ein Déjà-vu:<br />
Zu Studentenzeiten fochten wir in der Wohngemeinschaft<br />
darum, wer wann wie viel kochen oder putzen<br />
sollte. Nun hatten wir die Diskussion im Garten. Wir<br />
beendeten sie aber schnell: Um unsere Freundschaft<br />
nicht zu gefährden, zog der Freund aus der Garten-<br />
WG aus und überließ mir das Feld – und das Unkraut.<br />
Bild: Studioline Photography<br />
Meine Frau Susanne und<br />
ich haben eine große<br />
abfallende Wiese vor dem<br />
Haus. Auf dem Grün kann man<br />
nichts machen, außer Umknicken.<br />
Deswegen hatte sie die<br />
Idee, eine Trockenmauer mit<br />
kleiner Terrasse anzulegen. Sie Uwe Schoppen,<br />
hat alles geplant, das Gelände Redaktion <strong>Quality</strong><br />
abgesteckt und das Material <strong>Engineering</strong>, setzt auf<br />
bestellt: Schotter, Splitt, Steine<br />
und Platten mit einem Ge-<br />
gemeinsames Mauern.<br />
samtgewicht von zehn Tonnen.<br />
Nach der Lieferung sah es bei uns aus wie bei<br />
Stuttgart 21. Mit einem Spaten nahm ich die Erd -<br />
arbeiten in Angriff und setzte danach die Natursteine,<br />
einen nach dem anderen. Wohlgemerkt Natursteine,<br />
keine geschnittenen. Ich hatte oft genug eine<br />
Krise, weil ich nicht weiterkam, weil einfach der<br />
nächste Stein nicht zu finden war. Susanne half mir<br />
regelmäßig aus diesem Loch. Inzwischen steht die<br />
Mauer, Susanne hat sie üppig bepflanzt. Davon habe<br />
ich keine Ahnung, aber es sieht schön aus. Allein hätte<br />
ich mich auch niemals getraut, zehn Tonnen Material<br />
zu bestellen. Kurzum: Das Projekt konnte nur<br />
zu zweit glücken. Jeder für sich allein? Keine Chance!<br />
Bild: Tom Oettle<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 15
» MANAGEMENT<br />
Kalibrierlabor setzt auf integriertes Managementsystem<br />
Messbar schneller<br />
und effizienter<br />
Um die hohen Anforderungen an Dokumentation und Revisionssicherheit<br />
zu erfüllen, nutzt das akkreditierte DakkS-Kalibrierlabor Eumetron ein<br />
Qualitätsmanagementsystem mit elektronischer Unterstützung. Die Software<br />
von Consense sorgt für transparente Strukturen und klare Verantwortlichkeiten.<br />
Zuverlässigkeit und Genauigkeit von Messgeräten<br />
spielen in vielen Branchen eine entscheidende<br />
Rolle. Damit diese gewährleistet sind, gibt es zahlreiche<br />
Normen und Richtlinien, die eine regelmäßige<br />
Überprüfung der Messprozesse sowie eine Kalibrierung<br />
der Messgeräte fordern.<br />
Hochspezialisierte Unternehmen leisten hierbei<br />
Unterstützung. Eines davon ist Eumetron aus Aalen.<br />
Das Unternehmen ist auf Produkte und Dienstleistungen<br />
für die Fertigungsmesstechnik mit Schwerpunkt<br />
Koordinatenmesstechnik spezialisiert. Eumetron<br />
bietet Messungen im Bereich der Längenmesstechnik<br />
an. Zu den Kernkompetenzen des Unternehmens<br />
gehört die Kalibrierung von Referenznormalen<br />
und Referenzwerkstücken. Das Kalibrierlabor ist damit<br />
begehrter Dienstleister für Unternehmen, die die<br />
Kalibrierung eines Referenznormals benötigen – also<br />
eines Referenzobjektes, mit dem die Prüfgegenstände<br />
verglichen werden.<br />
»Wichtig ist es, den Aufbau<br />
des Systems gut zu planen<br />
und zu strukturieren.«<br />
Jan Hageney, Eumetron<br />
Eumetron ist eines von<br />
nur vier Dakks-akkreditierten<br />
Kalibrierlaboren,<br />
die in der Lage sind,<br />
komplexe Bauteile oder<br />
Einstellmeister mit<br />
beliebigen Prüfmerkmalen<br />
zu kalibrieren.<br />
Bild: Eumetron<br />
„Wir bekommen Referenzteile zugeschickt, die mit<br />
unseren Koordinatenmessgeräten gemessen werden“,<br />
erklärt Jan Hageney, administrativer Leiter des Kalibrierlabors<br />
bei Eumetron. „Die Maße eines solchen<br />
Referenznormals müssen sehr präzise bestimmt werden.<br />
Auf diesem Gebiet besitzen wir hochspezialisiertes<br />
Know-how und nutzen bestimmte Verfahren,<br />
die wir selbst entwickelt haben. Damit sind wir in der<br />
Lage, die wahren Dimensionen von Referenzgegenständen<br />
bei 20° C mit einer sehr geringen Messunsicherheit<br />
zu kalibrieren. Unsere Kunden erhalten dann<br />
einen Kalibrierschein der ermittelten Maße des Referenznormals<br />
mit den zugeordneten Messunsicherheiten<br />
für jedes Prüfmerkmal.“<br />
Qualitätsmanagement entscheidet<br />
über geschäftlichen Erfolg<br />
In dem 2005 gegründeten Unternehmen mit rund 40<br />
Mitarbeitern spielt das Qualitätsmanagement eine<br />
entscheidende Rolle für den Geschäftserfolg. Das<br />
Unternehmen ist nach DIN EN ISO 17025 akkreditiert.<br />
Diese Norm definiert die Anforderungen an die<br />
16 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Bild: Eumetron<br />
Kompetenz von Kalibrierlaboratorien, die dann entsprechende<br />
Kalibrierungen durchführen. Die Kunden<br />
von Eumetron sind vor allem Hersteller von Messgeräten<br />
oder von Referenznormalen, Betreiber von Kalibrierlaboren<br />
sowie unterschiedliche Firmen aus dem<br />
Maschinenbau und dem Bereich Automotive.<br />
„Bauteile in diesen Branchen werden in immer<br />
größerer Zahl gefertigt. Da muss sichergestellt werden,<br />
dass das einzelne Exemplar die richtigen Maße<br />
aufweist“, sagt Hageney. „Dies wird mit verschiedensten<br />
Messeinrichtungen sichergestellt. Die hierzu<br />
eingesetzten Messgeräte werden mit Referenznormalen<br />
überwacht und kalibriert. Am besten wird dies<br />
mit einem Referenznormal realisiert. Diese Referenznormale<br />
wiederum werden bei uns mit kleinsten<br />
Messunsicherheiten kalibriert.“<br />
Zur Ausstellung der<br />
entsprechenden Scheine<br />
werden die Referenzteile<br />
der Kunden<br />
bei Eumetron exakt<br />
kalibriert.<br />
Power<br />
up your<br />
images!<br />
Labor mit den kleinsten<br />
Messunsicherheiten<br />
Für die Herstellung derartiger Produkte fordert die<br />
Industrie Kalibrierungen durch Labore, die durch die<br />
Deutsche Akkreditierungsstelle (Dakks) akkreditiert<br />
sind. Die Dakks ist eine Einrichtung der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Sie bestätigt und überwacht als<br />
unabhängige staatliche Stelle die fachliche Kompetenz<br />
dieser Labore. Mit einer Akkreditierung bestätigt<br />
die Dakks, dass diese ihre Aufgaben fachkundig und<br />
konform mit geltenden Vorgaben entsprechender<br />
Normen, Richtlinien und Gesetze durchführen.<br />
Eumetron ist eines von nur vier Dakks-akkreditierten<br />
Kalibrierlaboren, die in der<br />
Lage sind, komplexe Bauteile<br />
oder Einstellmeister mit beliebigen<br />
Prüfmerkmalen zu kalibrieren<br />
und dafür entsprechende Kalibrierscheine<br />
auszustellen. Eumetron<br />
ist derzeit das Kalibrierlabor,<br />
welches weltweit die kleinsten<br />
Messunsicherheiten für die Kalibrierung<br />
von Stufenendmaßen,<br />
Kugel- und Lochplatten auf Koordinatenmessgeräten<br />
realisieren<br />
kann.<br />
Um die hohen Anforderungen –<br />
vor allem an Dokumentation, Re-<br />
Dr. Stephan Killich<br />
Geschäftsführung<br />
Consense<br />
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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 17<br />
PTP
» MANAGEMENT<br />
Hohe Anforderungen<br />
an Dokumentation und<br />
Revisionssicherheit:<br />
Eumetron setzt dafür<br />
auf ein softwaregestütztes<br />
Integriertes<br />
Managementsystem.<br />
Bild: Eumetron<br />
visionssicherheit und Bereitstellung von Nachweisen,<br />
zu erfüllen – entschieden sich die Verantwortlichen<br />
bei Eumetron für ein Qualitätsmanagementsystem<br />
mit elektronischer Unterstützung. 2018 wurde die<br />
Software Compact von Consense aus Aachen eingeführt.<br />
Das Unternehmen hat sich auf innovative und<br />
anwenderfreundliche Lösungen für das Qualitätsund<br />
Integrierte Management spezialisiert.<br />
Der Aufbau des neuen softwaregestützten Managementsystems<br />
begann im März 2018. Über tausend<br />
Dokumente wurden in Consense Compact übernommen<br />
und teilweise überarbeitet. Mit der anwenderfreundlichen<br />
Software ließen sich die Prozesse<br />
von Eumetron einfach und transparent in Form von<br />
Flussdiagrammen darstellen. Alle Schritte wurden<br />
dabei mit den jeweils zuständigen Mitarbeitern beziehungsweise<br />
Organisationseinheiten verknüpft. Die<br />
neue Software sorgt nun für transparente Strukturen<br />
sowie klare Verantwortlichkeiten und vereinfacht die<br />
Dokumentation. Die Zugriffe werden durch ein dezidiertes<br />
Rollen- und Rechtesystem geregelt.<br />
Die Verlinkungen der einzelnen Prozessschritte und<br />
Dokumente zu den Normen ISO 17025 und ISO 9001<br />
machen auf einen Blick sichtbar, wie die Erfüllung jeder<br />
einzelnen Normvorgabe bei Eumetron geregelt<br />
ist. „Eben diese Möglichkeit, den Normbezug herstellen<br />
zu können, war für uns unter anderem ausschlaggebend<br />
bei der Entscheidung für Consense“, so Hageney.<br />
„Jetzt lässt sich schnell und transparent belegen,<br />
wo und wie wir die verschiedenen Forderungen<br />
erfüllen. Außerdem war es sehr hilfreich für uns, dass<br />
das System eine eindeutige Festlegung der Zuständigkeiten<br />
fordert. Dabei fällt dann sofort auf, wenn<br />
dies an einer Prozessstelle gegebenenfalls noch nicht<br />
erfolgt ist.“<br />
Software hält Mitarbeiter<br />
auf aktuellem Stand<br />
Den Mitarbeitern gefällt vor allem die anwenderfreundliche<br />
Bedienung des Systems, wie der administrative<br />
Leiter beschreibt: „Besonders positive Rückmeldungen<br />
haben wir zur Suchfunktion der<br />
Consense -Software erhalten. Die Volltextsuche ist<br />
besonders dann hilfreich, wenn man nicht das exakte<br />
Schlagwort im Kopf hat.“<br />
Eine weitere Arbeitserleichterung, die Fehlern vorbeugt:<br />
Ob Wartungs- und Reinigungspläne für Messgeräte,<br />
Arbeitsanweisungen oder Informationen zu<br />
Sonderregelungen für bestimmte Kunden oder zu<br />
den richtigen Verpackungs- und Reinigungsmitteln<br />
sowie vieles mehr – das System stellt sicher, dass die<br />
Beschäftigten von Eumetron immer auf die aktuell<br />
gültige Version eines Dokuments oder Prozesses Zugriff<br />
haben. Auf nicht mehr gültige, gesperrte oder<br />
nicht mehr freigegebene Dokumente ist kein Zugriff<br />
möglich. Außerdem hat sich die automatische Anpassung<br />
von Kopf- und Fußzeilen der Dokumente in<br />
der täglichen Arbeitsroutine besonders bewährt. Die-<br />
18 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
se müssen nun nicht mehr per Hand gepflegt werden,<br />
sondern werden automatisch vom System generiert.<br />
Das elektronische Managementsystem bietet nun<br />
unter anderem wertvolle Unterstützung bei der<br />
Durchführung der regelmäßigen Überwachungsbesuche<br />
der Dakks. Aufgrund der Dakks-Akkreditierung<br />
werden diese nicht durch privatwirtschaftliche Organisationen,<br />
sondern von der staatlichen Deutschen<br />
Akkreditierungsstelle vorgenommen. Die Prüfer prüfen<br />
nicht nur auf dem Papier, sondern nehmen auch<br />
physische Kontrollen vor. „Sie wollen Messverfahren<br />
sehen, bringen ein Normal mit und lassen dies dann<br />
live vor Ort messen. Als Vertreter einer Bundesbehörde<br />
erhalten sie überall Zutritt“, berichtet Hageney.<br />
Bei den Audits ist vor allem die Rückverfolgbarkeit<br />
von Bedeutung: Eumetron muss rückwirkend beliebige<br />
Dokumente wie Bestellungen, Rechnungen, Lieferscheine,<br />
Kalibrierscheine zur Verfügung stellen können.<br />
Auch Daten wie beispielsweise die Klimaaufzeichnung<br />
aus einem bestimmten Raum des Labors<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit<br />
gehören dazu. „Dann ging früher der Lauf nach den<br />
Dokumenten los“, sagt Hageney. „Unser QM-Handbuch<br />
war als PDF vorhanden und die entsprechenden<br />
Unterlagen auf viele Ordner und Unterordner verteilt.<br />
Die Zusammenstellung der geforderten Dokumente<br />
war sehr zeitintensiv. Jetzt werden die Unterlagen mit<br />
wenigen Klicks über das System sofort bereitgestellt.“<br />
Modulares System passt sich<br />
den Bedürfnissen der Anwender an<br />
Nachdem alle Prozesse abgebildet und die notwendigen<br />
Dokumente im System erfasst waren, befassten<br />
sich die Verantwortlichen bei Eumetron mit dem<br />
Ausbau des Systems. Die Consense-Software ist modular<br />
aufgebaut, skalierbar und lässt sich jederzeit<br />
den Bedürfnissen ihrer Anwender anpassen. Bei<br />
Eumetron versprach man sich von den Modulen<br />
Consense Schulungsmanagement und Qualifikationsmanagement<br />
eine weitere Arbeitserleichterung.<br />
Denn die Zahl der Beschäftigten im Bereich des Kalibrierlabors<br />
ist in den vergangenen fünf Jahren von 10<br />
auf 25 angewachsen – eine vergleichsweise hohe<br />
Anzahl für diesen spezialisierten Bereich. Die neuen<br />
Mitarbeiter mussten sorgfältig eingearbeitet werden.<br />
Darüber hinaus muss das Unternehmen für alle Beschäftigten<br />
im Labor regelmäßige Schulungen und<br />
Nachweise über Qualifikationen erbringen. Zuvor<br />
wurde dies in verschiedenen Excel-Tabellen dokumentiert.<br />
Jetzt befindet sich die elektronische Lösung<br />
im Aufbau, die in Kürze entlang der kompletten Prozesskette<br />
der Personalentwicklung unterstützen soll:<br />
von der Planung, der Beantragung und der Genehmigung<br />
von Schulungen über Dokumentation und<br />
Wirksamkeitsprüfung bis hin zum automatischen<br />
Zertifikatsausdruck.<br />
Dabei sorgt das Modul für optimale Übersicht, effiziente<br />
Abläufe und eine strukturierte Organisation –<br />
zum Beispiel von Anmeldungen, Wartelisten und<br />
wiederkehrenden Schulungsmaßnahmen. „Besonders<br />
hilfreich wird es für uns sein, dass das Modul automatisch<br />
und rechtzeitig an anstehende Schulungen<br />
erinnert und die Durchführung dokumentiert – damit<br />
können wir sichergehen, dass die erforderlichen<br />
Nachweise über Qualifikationen immer vollständig<br />
sind“, freut sich der administrative Leiter des Kalibrierlabors.<br />
Strukturierte Einführung<br />
zahlt sich aus<br />
Rückblickend auf die Einführungsphase der<br />
Consense -Software hat Hageney noch einen Ratschlag<br />
für Nachahmer: „Wichtig ist es, den Aufbau<br />
des Systems gut zu planen und zu strukturieren. Unsere<br />
Geschäftsführung wusste, wie wichtig der Aufbau<br />
des digitalen QM-Systems von Beginn an ist und<br />
hat entsprechend Kapazitäten für die Einführung zur<br />
Verfügung gestellt. Das hat sich ausgezahlt.“<br />
Die von Eumetron zunächst gewählte Version<br />
Compact wurde mittlerweile durch ein Upgrade auf<br />
die umfassendere Lösung Consense IMS Professional<br />
erweitert. „Für die Geschäftsführung steht bei einer<br />
solchen Einführung immer die Kosten-Nutzen-Rechnung<br />
im Mittelpunkt. Die kostengünstige, vom Funktionsumfang<br />
etwas reduzierte und in der Nutzerzahl<br />
begrenzte Compact-Version senkt die Hürde, den<br />
Schritt zum softwaregestützten Managementsystem<br />
zu gehen und ermöglicht einen schnelleren Einstieg“,<br />
erklärt Hageney. „Bei uns hat sich gezeigt, dass sich<br />
das Ausprobieren<br />
lohnt: Die Dakks-Audits<br />
haben bewiesen,<br />
dass unser Qualitätsmanagement<br />
mit der<br />
Software hervorragend<br />
funktioniert“,<br />
fügt er hinzu. „Als unsere<br />
Geschäftsführung<br />
sah, wie viel<br />
schneller und strukturierter<br />
damit gearbeitet<br />
wird, fiel die Entscheidung<br />
leicht,<br />
Consense für alle Mitarbeiter<br />
einzuführen,<br />
sodass wir auf die<br />
nächsthöhere Version<br />
umgestiegen sind.“<br />
Zum Unternehmen<br />
Eumetron aus Aalen, Baden-<br />
Württemberg, bietet Produkte<br />
und Dienstleistungen für die<br />
Fertigungsmesstechnik an.<br />
Kernkompetenzen sind die dimensionelle/maßliche<br />
Kalibrierung<br />
von Referenznormalen<br />
und Werkstücken sowie<br />
die Messung von Geometrien<br />
aller Art. Das Unternehmen<br />
beschäftigt 40 Mitarbeiter.<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 19
» MANAGEMENT<br />
<strong>Quality</strong> Days 2.0<br />
CT und Automatisierung<br />
im Fokus<br />
Nach dem großen Erfolg im Frühjahr veranstaltet <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> im<br />
September zwei weitere <strong>Quality</strong> Days. In den beiden Webinaren werden<br />
Fachexperten alle Fragen rund um die Computertomographie sowie die<br />
automatisierte Qualitätssicherung beantworten.<br />
Die <strong>Quality</strong> Days 2.0<br />
finden wieder als reine<br />
Online-Veranstaltung<br />
statt.<br />
Die Computertomographie (CT) ist eine der<br />
Trendtechnologien in der Qualitätssicherung.<br />
Bei Bauteilen mit innenliegenden Strukturen kommt<br />
man am Einsatz von CT nicht vorbei. Aber auch für<br />
komplexe Teile oder Materialanalysen ist die Technologie<br />
hochinteressant.<br />
Doch rund um die CT gibt es auch viele Fragen –<br />
sowohl für bereits bestehende Anwender als auch<br />
für Unternehmen, die sich mit Investitionen in die<br />
Technologie beschäftigen: Welche Applikationen<br />
eignen sich für die CT? Was muss der Anwender<br />
beim Einsatz beachten? Wo sind die Grenzen der<br />
Technologie?<br />
Diese und viele weitere Fragen beantworten Fachexperten<br />
auf dem Online-Forum zum Thema Computertomographie<br />
am 22. September. Dabei werden sie<br />
die Teilnehmer auf den aktuellen Stand der Technik<br />
bringen, neueste Produkte vorstellen und Beispiele<br />
aus der Praxis zeigen.<br />
So wird etwa Tristan Schubert erklären, wie sich<br />
mit CT-Technologie von Werth eine In- und Atline-<br />
Qualitätssicherung umsetzen lässt. Schubert leitet<br />
bei Werth den Vertrieb der CT-Produkte.<br />
Robert Zarnetta wird zeigen, wie sich die Möglichkeiten<br />
der CT erweitern lassen. Denn laut Zarnetta,<br />
der bei Zeiss für industrielle Mikroskopie zuständig<br />
Bild: iuriimotov/stock.adobe.com<br />
20 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
ist, stößt die CT-Technologie an ihre Grenzen, wenn<br />
es um das Auflösungsvermögen von Defekten oder<br />
Merkmalen im Mikrometerbereich und darunter<br />
geht. Röntgenmikroskopie von Zeiss springt hier in<br />
die Bresche. Sie bietet durch eine zusätzlich optische<br />
Vergrößerung eine Auflösung von kleiner 1 μm und<br />
ermöglicht neue CT-Anwendungen im Bereich der<br />
Defektanalyse und Messtechnik.<br />
Uwe Hilpert, Produktmanager CT bei Wenzel, beschäftigt<br />
sich in seinem Vortrag mit dem Messen und<br />
Prüfen von 3D-gedruckten und medizinischen Teilen<br />
mittels Computertomographie. Seiner Meinung nach<br />
sind die Computertomographie sowie die additive<br />
Fertigung zwei junge Technologien, die sich hervorragend<br />
miteinander verbinden. Denn mithilfe der CT<br />
lassen sich die Herausforderungen bewältigen, welche<br />
die additive Fertigung für die Qualitätssicherung<br />
noch bietet. Denn sowohl die Geometrien als auch<br />
die Materialkonsistenz gestalten die Teileprüfung<br />
schwierig.<br />
Lösungen mit<br />
künstlicher Intelligenz<br />
Der <strong>Quality</strong> Day, der am 23. September stattfindet,<br />
stellt die Automatisierung der Qualitätssicherung in<br />
den Mittelpunkt. Diese schreitet immer weiter voran.<br />
Automatisierte Lösungen gewährleisten, dass Fehlerquellen<br />
frühzeitig identifiziert werden. Das Risiko<br />
von Ausschussproduktion und Stillständen in der<br />
Produktion wird reduziert. Und selbst bei kleineren<br />
Losgrößen können entsprechende Technologien Nutzen<br />
bringen.<br />
Im dem Webinar stellen Experten aus der Industrie<br />
neueste Technologien für die Automatisierung vor<br />
und zeigen, in welche Richtung die Entwicklung<br />
geht. So steht Künstliche Intelligenz im Mittelpunkt<br />
des Vortrags von Christian Benderoth. Der Managing<br />
Director bei LMI Technologies erklärt, wie Qualitätskontrolle<br />
mit Hilfe von Deep-Learning-Netzwerken<br />
eine zuverlässige Inspektion bei Anwendungen mit<br />
hoher Variabilität ermöglicht.<br />
Roger Landolt, Senior Solution Manager bei Zeiss,<br />
stellt die Software-Suite ZEN Core vor. Diese bietet<br />
automatisierte Analysen und umfasst Bildgebungs-,<br />
Segmentierungs- und Datenverbindungswerkzeuge.<br />
Als Infrastrukturlösung für Prüflabore bildet die Software-Suite<br />
multimodale Arbeitsabläufe ab und vernetzt<br />
die Labore. Auch bei ZEN core kommt Machine<br />
Learning zum Einsatz.<br />
Die beiden <strong>Quality</strong> Days werden jeweils von einer<br />
Keynote eines Branchenexperten eingeleitet. Nach<br />
jedem Vortrag haben die Webinar-Teilnehmer die<br />
Möglichkeit, Fragen an die direkt an die einzelnen<br />
Referenten zu richten.<br />
Programm 22. September<br />
<strong>Quality</strong> Day:<br />
Computertomographie<br />
10:00 Uhr<br />
10:05 Uhr<br />
10:30 Uhr<br />
10:45 Uhr<br />
11:00 Uhr<br />
Begrüßung<br />
Keynote<br />
N.N.<br />
Scharfer Röntgenblick für die Qualitätssicherung<br />
Dr. Robert Zarnetta, Head of Industrial Microscopy Solutions,<br />
X-ray Microscopy, Zeiss Industrial Microscopy Solutions & X-ray<br />
In- und Atline Qualitätssicherung mit Werth<br />
Computertomografie<br />
Tristan Schubert, Leiter Vertrieb Computertomografie, Werth<br />
Messen und Prüfen von 3D-gedruckten und medizinischen<br />
Teilen mittels Computertomographie<br />
Dr. Uwe Hilpert, Produktmanager CT, Wenzel<br />
Programm 23. September<br />
<strong>Quality</strong> Day:<br />
Automatisierte Qualitätssicherung<br />
10:00 Uhr<br />
10:05 Uhr<br />
10:30 Uhr<br />
10:45 Uhr<br />
Begrüßung<br />
KI/Machine Learning in der Qualitätssicherung mittels optischer<br />
Verfahren – aktueller Status, Chancen und Grenzen<br />
Andreas Frommknecht, Gruppenleiter Abteilung Bild- und<br />
Signalverarbeitung, Fraunhofer IPA<br />
Maschinelles Lernen für hochvariable<br />
Inline-Qualitätsinspektion<br />
Christian Benderoth, Managing Director, LMI Technologies<br />
Intelligente Datenverarbeitung für eine vernetzte Mikroskopie<br />
Roger Landolt, Senior Solution Manager Software,<br />
Zeiss Industrial Microscopy Solutions<br />
Termine und Anmeldung<br />
Hier geht es zur Anmeldung<br />
und weiteren Informationen:<br />
http://hier.pro/RaPKJ<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 21
» MANAGEMENT<br />
Neue Norm CQI-9 für Wärmebehandlungen<br />
Härtetest für Härtereien<br />
Für die Wärmebehandlung ist seit einem Jahr die vierte Edition der CQI-Norm<br />
„CQI-9 Special Process: Heat Treat Assessment“ gültig. Sie hat von den<br />
technischen CQI-Normen weltweit den höchsten Durchdringungsgrad in der<br />
Automotive-Lieferkette.<br />
Die für Wärmebehandlungsprozesse<br />
gültige<br />
„CQI-9 Special Process:<br />
Heat Treat Assessment“<br />
hat von den technischen<br />
CQI-Normen<br />
weltweit den höchsten<br />
Durchdringungsgrad in<br />
der Automotive-Lieferkette<br />
und ist in etwa<br />
vergleichbar mit dem<br />
Nadcap-Standard<br />
„Heat-Treatment-Spec<br />
ific Guidance“ der<br />
Luftfahrtindustrie.<br />
Bild: andov/stock.adobe.com<br />
Bild: Rhein SQM<br />
Wolfgang Rhein<br />
Geschäftsführer<br />
Rhein SQM<br />
www.qm-projects.de<br />
Wärmebehandlung gilt unter Verfahrenstechnikern<br />
als „spezieller“<br />
Prozess, da die durch ihn erzeugten beziehungsweise<br />
veränderten Produktschlusseigenschaften<br />
wie zum Beispiel<br />
Härte oder eine (un)gewollte Veränderung<br />
der Materialstruktur nicht zerstörungsfrei<br />
festzustellen sind. Lieferant und Kunde<br />
sind also dazu gezwungen, sich ein gutes<br />
Stück weit auf Prozessqualität zu verlassen<br />
und anhand von Parameterüberwachung,<br />
einer auf Vorbeugung und totale<br />
Produktivität ausgerichteten Pyrometrie<br />
sowie mittels weniger Stichproben festzustellen,<br />
wenn Qualitätsprobleme vorliegen<br />
könnten.<br />
Ein Beispiel: Es ist selbst bei einem über<br />
mehrere Stunden laufenden Temperatur-<br />
Halteprozess absolut realistisch, dass die<br />
in der sogenannten qualifizierten Zone<br />
eines Ofens wärmebehandelten Teile in<br />
äußerst unterschiedlicher Qualität resultieren.<br />
Nebst anderen ist ein häufiger Beitrag<br />
das „Ofenprofil“, also die Temperaturschwankungen<br />
und -unterschiede innerhalb<br />
einer Zone, verursacht durch Probleme<br />
mit der Verwirbelung, Verschleißerscheinungen<br />
oder messtechnische<br />
Schwankungen. Alleine dies oder in Kombination<br />
mit einer überfrachteten oder zu<br />
engen Teilebeladung kann dazu führen,<br />
dass an bekannten oder im schlechtesten<br />
Fall unbekannten Plätzen nicht die spezifizierte<br />
Härte erzeugt wird.<br />
Während im Nachgang das messende<br />
Labor für die zerstörten Prüflinge ein IO-<br />
22 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Ergebnis liefert, fallen die nicht ausreichend<br />
gehärteten Komponenten in der<br />
Gewährleistungsphase der Nutzung im<br />
günstigsten Fall aus. Im schlimmsten Fall<br />
haben die Komponenten Sicherheitsrelevanz<br />
und ihr Versagen führt zu Produkthaftungsfällen.<br />
Es bedarf Normen wie<br />
CQI-9, um beherrschbare Wärmebehandlungsprozesse<br />
zu garantieren.<br />
Warum nun eine vierte Edition? Die aktuelle<br />
Edition wurde einerseits in Auftrag<br />
gegeben, um schlichtweg dem technischen<br />
Fortschritt im Allgemeinen (Digitalisierung<br />
und Industrie 4.0) und neuen<br />
Wärmebehandlungsverfahren (beispielsweise<br />
hybride Technologien in der Wärmebehandlung)<br />
gerechter zu werden. Ein<br />
weiterer Grund lag aber auch in den<br />
Rückmeldungen der Normanwender: Die<br />
Produktionsverantwortlichen und die Assessoren<br />
(Auditoren) haben und nutzen<br />
bei CQI-Standards die Möglichkeit, sogenannte<br />
Maintenance Requests an den jeweiligen<br />
Arbeitskreis zu übermitteln. So<br />
ergingen seit der dritten Edition zahlreiche<br />
Anträge, die Anforderungen zu konkretisieren<br />
sowie insgesamt zeitgemäßer<br />
zu werden, das heißt neue Konzepte wie<br />
etwa das Risikomanagement gemäß der<br />
Qualitätsmanagementnorm der Automobil-Serienindustrie,<br />
IATF 16949, zu verankern.<br />
Letzlich war also das Ziel der Revision,<br />
Wärmebehandlungs-Prozessmanagementsysteme<br />
in den Betrieben und das<br />
zugehörige Assessment-Werkzeug für die<br />
Auditoren effektiver zu gestalten.<br />
luten, relativen sowie Trend-Beurteilung<br />
unterzogen werden, wurden bezüglich<br />
Genauigkeitsansprüchen an SAT-Messgeräte<br />
sowie SAT-Häufigkeit, -Fristen, -Karenzzeiten<br />
und -Methode (zum Beispiel<br />
Eintauchtiefe) konkretisiert.<br />
Hervorzuheben ist auch die explizite<br />
Festlegung der bis dahin für Multikammeröfen<br />
noch fehlenden Temperature<br />
Uniformity Survey (TUS), der Ofenprofilermittlung.<br />
Interessant für eigentlich noch<br />
gute, jedoch einfach ältere oder nicht<br />
gängigsten Standards entsprechende Anlagen<br />
ist zudem, dass der Standard auch<br />
auf alternative, unkonventionelle und<br />
selbstentwickelte TUS-Methoden eingeht,<br />
was angesichts der unterschiedlichen<br />
technischen Auslegungen von Anlagen<br />
weltweit positiv zu werten ist.<br />
Aber auch für CQI-9-Assessoren gibt es<br />
Neuigkeiten: Die Fragen und Bewertungskriterien<br />
zu den einzelnen Anforderungen<br />
im Assessment wurden den Prozessen<br />
besser lesbar und direkter angesiedelt –<br />
ein positiver Trend bei neueren CQI-Editionen.<br />
Und dass jede Anforderung nun<br />
auch ein klares „Muss“ beinhaltet, wird<br />
zur Minderung des Interpretationsspielraums<br />
positiv beitragen.<br />
Prozesswarten müssen bis<br />
Juni 2023 digital sein<br />
Eine finanzielle Herausforderung dürfte<br />
für manchen diese Forderung bedeuten:<br />
Bis Juni 2023 müssen Prozesswarten –<br />
Steuerung, Überwachung und kontinuierlicher<br />
Mitschrieb der primären Thermoelemente<br />
– digital sein, denn so wird einerseits<br />
der Bedeutung von Aufzeichnungsmanagement<br />
und Industrie 4.0<br />
Rechnung getragen werden. Andererseits<br />
wird die kontinuierliche – statt bisher<br />
zwei Mal pro Schicht – Überwachung der<br />
Ofenatmosphäre gelingen. Auch Kühlund<br />
Abschrecksysteme haben einen signifikanten<br />
Einfluss auf die Produktqualität<br />
und -langlebigkeit, weshalb die Festlegungen<br />
zu Ventilatorengeschwindigkeiten,<br />
Kühlwassertemperaturen und<br />
-durchflussraten, Alarmsystemen und Abkühlgeschwindigkeiten<br />
verfeinert wurden.<br />
CQI-9-Assessments müssen mindestens<br />
jährlich durchgeführt werden. Die Norm<br />
stellt an die Assessoren Kompetenzanfor-<br />
Veränderte technische<br />
Vorgehensweisen<br />
Es handelt sich um eine „mittelgroße“ Revision:<br />
Während der grundsätzliche Aufbau<br />
und die Handhabung des Standards<br />
erhalten und nur an notwendigen Stellen<br />
angepasst wurden, gab es eine deutliche<br />
Veränderung bei den technischen Vorgehensweisen<br />
und Details. So wurde beispielsweise<br />
die Multi-Messpunkt-Kalibriermethode<br />
von Thermoelementen gestärkt,<br />
was aus messtechnischer Sicht<br />
Sinn macht. Auch die Anforderungen an<br />
die Durchführung des System Accuracy<br />
Tests (SAT), bei dem die Messabweichungen<br />
von nah aneinander platzierten<br />
Messspitzen festgestellt und einer absoderungen,<br />
die einer „eierlegenden Wollmilchsau“<br />
ähneln, soll heißen: Nur in den<br />
seltensten Fällen vereinen Assessoren alle<br />
Fähigkeiten in einer Person, weshalb es<br />
zulässig war und bleibt, Assessoren-<br />
Teams zu bilden. Assessoren müssen nun<br />
aber nachweislich in der Lage sein, QM-<br />
Systemanforderungen, zum Beispiel aus<br />
IATF 16949, im Assessment einzubinden,<br />
also etwa Prozessänderungs- oder Risikomanagement.<br />
Das wird Weiterqualifizierungsbedarf<br />
mit sich bringen. Neu ist<br />
auch, dass nun Lead-Assessoren eine<br />
technische Wärmebehandlungserfahrung<br />
von mindestens fünf Jahren haben müssen<br />
und es bleibt abzuwarten, wie gut das<br />
funktionieren wird.<br />
Das Fazit lautet somit: Einerseits<br />
braucht es Prozessmanagementstandards<br />
wie CQI-9 für die Wärmebehandlung,<br />
denn ISO 9001 und sogar IATF 16949 sind<br />
Meta-Normen, die technisch nicht abbilden,<br />
was es konkret benötigt, um Rückrufe,<br />
teure Gewährleistungs- und vor allem<br />
Produkthaftungsfälle aufgrund von Prozessunsicherheiten<br />
zu verhindern. Der<br />
neue Standard ist leichter auditierbar und<br />
geht stärker auf spezifische Notwendigkeiten<br />
in den einzelnen technischen Verfahren<br />
ein, zum Beispiel beim Sinterhärten<br />
oder beim Nitrieren. Andererseits bedeuten<br />
die Änderungen aber auch echten<br />
Investitionsbedarf in Pyrometrie, Überwachungstechnik,<br />
Methoden, Qualitätsprozesse<br />
und Weiterbildung.<br />
Webhinweis<br />
Die vierte Version der<br />
„CQI-9 Special Process:<br />
Heat Treat Assessment“<br />
kann bei der Automotive<br />
Industry Action Group<br />
(AIAG) in deutscher Sprache<br />
erworben werden:<br />
http://hier.pro/<br />
XCGIu<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 23
» MANAGEMENT<br />
Personalsuche im Jahr 2021<br />
Theoretischer Klimbim bringt nichts<br />
Gerade Technologiefirmen fällt es schwer, geeignetes Personal<br />
für die offenen Stellen zu finden. Der Markt ist leer, es besteht kaum<br />
Wechselwilligkeit. Da hilft es nur, sich beim Recruiting auf alte<br />
Tugenden zu berufen: Pragmatismus und harte Arbeit.<br />
Ein mehr oder weniger lautes Stöhnen ist die vergangenen<br />
Monate von vielen Unternehmen der<br />
Technologiebranchen zu hören, wenn es um die Besetzung<br />
von offenen Stellen beziehungsweise die Bewerbungsresonanz<br />
geht. Je inhaltlich anspruchsvoller<br />
die Stellenbeschreibung, umso geringer sind die<br />
Bewerberzahlen – ganz abgesehen von der benötigten<br />
Qualifikation.<br />
Personal & Karriere<br />
Die Beratungsgruppe wirth +<br />
partner informiert regelmäßig<br />
über Personal und Karriere.<br />
www.wirth-partner.com<br />
Der Autor: Udo Wirth<br />
Über die Gründe hierfür zu diskutieren, ist nur wenig<br />
hilfreich. Das hat natürlich viel mit der Corona-<br />
Pandemie zu tun. Es herrscht Verunsicherung auf vielen<br />
Seiten, hinzu kommen gesellschaftliche Veränderungen.<br />
Werte und persönliche Zielvorstellungen ändern<br />
sich. Karriere ist nicht mehr so wichtig wie früher.<br />
Es geht um Fragen wie: „Was ist „Wohlstand?“<br />
Oder: „Wer ist für mein Wohlergehen verantwortlich?“.<br />
Auf der anderen Seite laufen erhebliche Vertriebsund<br />
Werbekampagnen der sozialen Netzwerke wie<br />
Bild: wirth + partner<br />
Xing und Linkedin oder von Online-Jobbörsen wie Indeed,<br />
Stepstone und Yourfirm mit der Zusicherung,<br />
hierdurch die passenden Bewerber beziehungsweise<br />
Jobs zu finden. Anbieter von digitalisierten Bewerbungsprozessen<br />
versprechen mit ihren Tools die ultimative<br />
Lösung. Und alle möglichen Recruiting-Anbieter<br />
wollen ihre Erfolgsrezepte an den Mann sprich<br />
die Unternehmen bringen.<br />
Die Hände in den Schoss zu legen,<br />
ist keine gute Idee<br />
Doch die Wahrheit ist: Nichts wirkt. Denn wenn der<br />
Arbeitsmarkt leer ist und kaum Wechselwilligkeit besteht,<br />
kann man auch nichts herbeizaubern. Also was<br />
bleibt dann? Die Hände in den Schoss zu legen und<br />
gar nichts zu tun, ist schließlich auch keine gute<br />
Idee.<br />
Aus meiner Sicht hilft da nur noch pragmatische<br />
harte Arbeit und natürlich die Suche nach kreativen<br />
Lösungen:<br />
• Intensives Active Sourcing und Direkt-Ansprache<br />
betreiben.<br />
• Alle Kanäle nutzen, mit denen man mit möglichen<br />
Interessenten persönlich/direkt in Kontakt kommen<br />
kann.<br />
• Dafür auch Gesprächspartner zum Beispiel in Stellenanzeigen<br />
anbieten, die vor allem wirklich erreichbar<br />
sind und über den Job auch konkret sprechen<br />
können<br />
• Hinsichtlich der geforderten Ansprüche Flexibilität<br />
beweisen.<br />
Vielleicht sollte man aber auch mal den ganzen<br />
theoretischen Klimbim, der heute so durch die Medien<br />
getrieben wird – unter Begriffen wie etwa<br />
Work-Life-Balance, New Work, Multiposting-Lösungen,<br />
KI-Lösungen im Recruiting, Recruiting-Strategien<br />
für die Generationen X,Y,Z,?,? – zurückschrauben.<br />
Denn der schafft keine Bewerber, sondern sowohl<br />
bei Suchenden als auch Gesuchten eher Fragezeichen<br />
und Verunsicherung. Also bitte mehr Pragmatismus<br />
und konkrete Arbeit als Digitalisierungswahn.<br />
24 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Neues Kaufrecht<br />
Ordentliche Dokumentation<br />
Der Begriff des Sachmangels im Bürgerlichen Gesetzbuch wird neu definiert.<br />
Das ist auch relevant für die Qualitätsabteilungen. Unternehmen müssen sich<br />
noch stärker auf detaillierte Vereinbarungen mit den Kunden über die<br />
Anforderungen an das Produkt fokussieren, sonst droht erhebliches Ungemach.<br />
Das (alte) Kaufrecht wird digitaler. Durch die Warenkauf-Richtlinie<br />
(Richtlinie (EU) 2019/771)<br />
wird unter anderem die bisherige Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie<br />
(Richtlinie 1999/44/EG) ersetzt, die eine<br />
wesentliche Grundlage unseres derzeit geltenden<br />
deutschen Kaufrechts darstellt. Der deutsche Gesetzgeber<br />
muss die Regelungen der Richtlinie bis zum<br />
01.07.2021 in nationales Recht umsetzen und ab dem<br />
01.01.2022 anwenden. In Folge wird unter anderem der<br />
Begriff des Sachmangels im Bürgerlichen Gesetzbuch –<br />
kurz BGB – umfangreicher definiert. Nach § 434 BGB-E<br />
soll die Ware künftig nur dann frei von Sachmängeln<br />
sein, wenn sie den subjektiven Anforderungen, den objektiven<br />
Anforderungen und den Montageanforderungen<br />
entspricht. Die Vorschrift regelt zudem ausführlich,<br />
wann diese Anforderungen vorliegen sollen.<br />
Eine solche umfangreiche gesetzliche Definition<br />
des Mangelbegriffs war dem bisherigen Kaufrecht<br />
fremd. Vieles wurde insoweit Rechtsprechung und Literatur<br />
überlassen.<br />
Zu den „subjektiven Anforderungen“ zählen insbesondere<br />
die vereinbarte Beschaffenheit, die Eignung<br />
für die nach Vertrag vorausgesetzte Verwendung und<br />
das vereinbarte Zubehör. Ob objektiv ein Mangel vorliegt,<br />
hängt davon ab, ob die Sache (1.) sich für die<br />
gewöhnliche Verwendung eignet, (2.) eine Beschaffenheit<br />
aufweist, die bei Produkten derselben Art üblich<br />
ist und die der Käufer unter Berücksichtigung der<br />
Art der Sache und der öffentlichen Äußerungen des<br />
Verkäufers oder Händlers zum Produkt, zum Beispiel<br />
in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben<br />
wurden, erwarten kann, (3.) einer vom Verkäufer vor<br />
Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Probe oder<br />
einem Muster entspricht und (4.) verpackt und mit<br />
Zubehör, der Montage- oder Installationsanleitung<br />
und Bedienungsanleitung übergeben wird, die für die<br />
Nutzung des Produkts erforderlich sind.<br />
Künftig kann eine Sache also auch objektiv mangelhaft<br />
sein, obwohl sie die vereinbarte Beschaffenheit<br />
hat und damit den subjektiven Anforderungen entspricht.<br />
Dies kann vertraglich durch eine Beschaffenheitsvereinbarung<br />
anders geregelt werden, in der beispielsweise<br />
festgehalten wird, über welche (objektiv<br />
zu erwartenden) Eigenschaften die Sache nicht verfügt.<br />
Aber es bedarf eben einer solchen Vereinbarung.<br />
Die Mangeldefinition und das sich daran anschließende<br />
Gewährleistungsrecht sind insbesondere für<br />
die fertigende und Handel treibende Industrie relevant<br />
– auch und insbesondere für die Qualitätsabteilungen.<br />
Dort laufen im Zweifel die Fäden von Reklamationen<br />
und Regressen<br />
zusammen. Insofern empfiehlt<br />
es sich, in diesem<br />
Thema up-to-date zu<br />
bleiben. Tut man das und Alles was Recht ist<br />
verinnerlicht man sich<br />
zum Beispiel die neue Definition<br />
des Sachmangels,<br />
so wird klar, dass die<br />
schon mehrfach an dieser<br />
Stelle erwähnte Relevanz<br />
„ordentlicher“ Dokumentation<br />
– etwa in Form von<br />
Verträgen, Spezifikationen<br />
und Datenblättern – noch<br />
stärker in den Fokus rückt.<br />
Daniel Wuhrmann<br />
Die „subjektiven“ Anforderungen<br />
sind indivi-<br />
liefert regelmäßige Beiträge zu<br />
von Reusch Rechtsanwälte<br />
duell pro Fall bedingt,<br />
rechtlichen Themen.<br />
hängen also von den jeweiligen<br />
Verträgen und<br />
www.reuschlaw.de<br />
Vorgaben ab. Sind diese<br />
nicht „ordentlich“ dokumentiert,<br />
droht erhebliches Ungemach. Diese Änderungen<br />
der gesetzlichen Struktur erfordern demnach<br />
detaillierte Vereinbarungen mit den Kunden über die<br />
Anforderungen an das Produkt, damit die Verantwortung<br />
für die Verwendung des spezifizierten Produkts<br />
durch den Kunden nicht unversehens beim Zulieferer<br />
landet. Dazu müssen eventuell auch die technischen<br />
Spezifikationen der Produkte geprüft und gegebenenfalls<br />
angepasst werden, um eine klare Zuordnung<br />
der Verantwortung für Produkt und Verwendung zwischen<br />
Zulieferer und Kunde sicherzustellen.<br />
Bild: Reusch Rechtsanwälte<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 25
IM FOKUS » QS in der additiven Fertigung<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Der Roundtable zur Qualitätssicherung in<br />
der additiven Fertigung musste per Videokonferenz<br />
stattfinden.<br />
Roundtable zur Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Der Closed Loop<br />
ist nicht in Sicht<br />
Die Qualitätssicherung in der additiven Fertigung ist ins Stocken<br />
geraden, wie unser Roundtable zeigt. Es fehlt vor allem an offenen<br />
Schnittstellen, mit denen Anwender die Daten aus 3D-Druckern in ihre<br />
IT überführen können, sodass Prozessüberwachung und -regelung<br />
über die gesamte Herstellungskette möglich werden.<br />
» Sabine Koll und Markus Strehlitz<br />
26 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Vor zwei Jahren haben wir beim Roundtable zur<br />
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung gefragt,<br />
wo das Thema heute steht. Frau Dr. Effenberger,<br />
Sie hofften, dass wir heute die Zusammenhänge<br />
zwischen Qualität und Prozessparametern<br />
besser begreifen. Ist das eingetreten?<br />
Effenberger: Wir sind ein Stück weiter als vor zwei<br />
Jahren. Allerdings hat Corona die Entwicklung in der<br />
additiven Fertigung ganz klar gebremst. Viele Unternehmen<br />
hatten durch die<br />
Pandemie andere Probleme,<br />
sodass prozessintegrierte<br />
Lösungen nicht in dem Maße<br />
weiterentwickelt werden<br />
konnten, wie wir uns<br />
das damals vorgestellt haben.<br />
Dennoch sind wir weiter<br />
auf einem guten Weg,<br />
um Daten aus den additiven<br />
Fertigungsprozessen zu<br />
sammeln und mit den Methoden der Künstlichen Intelligenz<br />
und des Maschinellen Lernens auszuwerten.<br />
Herr Schulenburg, Ihr Vater hat damals prognostiziert,<br />
es werde heute Inline-CT-Anlagen geben, die<br />
auch in der Serienfertigung zum Einsatz kommen.<br />
Schulenburg: Die Aussage hätte ich vor zwei Jahren<br />
genau so unterschrieben. Dafür dass dieses Level der<br />
Automatisierung noch nicht flächendeckend eingesetzt<br />
wird, würde ich auch ein Stück weit die Corona-Pandemie<br />
verantwortlich machen. Die Prioritäten<br />
der Unternehmen lagen nicht auf der additiven Fertigung,<br />
sodass wir hier leider immer noch hauptsächlich<br />
im Prototypen-Bereich sowie im Werkzeug- und<br />
Vorrichtungsbau unterwegs sind. In der Serienfertigung<br />
mit hohen Produktionsvolumen ist die additive<br />
Fertigung noch nicht angekommen. Daher wird auch<br />
die vollautomatische und integrierte Prüfung noch<br />
nicht benötigt. Große Projekte in der Luftfahrt- und<br />
Automobilbranche, die in Richtung Vollautomatisierung<br />
der additiven Fertigung gingen, wurden gestoppt.<br />
Wir haben im 3D-Druck durch Corona ein bis<br />
anderthalb Jahre verloren. Doch die Entwicklung<br />
wird wieder Fahrt aufnehmen. Wenn die Massenfertigung<br />
Realität wird, dann muss man auch die Qualitätssicherung<br />
automatisieren.<br />
Wenzel-Schinzer: Wir können hier tatsächlich das<br />
vergangene Jahr komplett streichen. Es war für die<br />
Messtechnikhersteller schon ein schwieriges Jahr,<br />
aber für die Hersteller von Maschinen für die additive<br />
Fertigung war es noch viel schwieriger. Entsprechend<br />
»Wir müssen in der<br />
additiven Fertigung durch<br />
die Corona-Pandemie das<br />
vergangene Jahr komplett<br />
streichen.«<br />
Dr. Heiko Wenzel-Schinzer, Wenzel<br />
gab es auch bei uns so gut wie keine Anfragen etwa<br />
nach CTs für die additive Fertigung. Das hat sich nun<br />
verbessert. Aber die Kunden sind nach wie vor im<br />
Prototypenbereich unterwegs, insofern wird Automatisierung<br />
nicht nachgefragt.<br />
Herr Seifarth, wo steht Cirp bei der additiven Fertigung<br />
– Prototypenbau oder Serienfertigung?<br />
Seifarth: Wir fertigen heute additiv in Serie – und<br />
stehen nach wie vor vor<br />
riesigen Herausforderungen<br />
im Hinblick auf die Automatisierung<br />
einschließlich<br />
Qualitätssicherung. Frau Dr.<br />
Effenberger sprach gerade<br />
davon, Daten zu sammeln,<br />
um den Prozess stabil zu<br />
gestalten. Doch dazu muss<br />
man wissen, dass es auf<br />
diesem Markt keine übergreifenden<br />
Kooperationen von 3D-Druck-Maschinen<br />
oder gar Standards gibt. Dies gilt zumindest für den<br />
Kunststoffbereich, den wir bedienen. Im Metallbereich,<br />
so nehme ich das wahr, hat sich deutlich mehr<br />
bewegt in den vergangenen Jahren. Gleichzeitig ist<br />
auf dem Markt für additive Dienstleister ein großer<br />
Preiskampf entfacht. Die Kunden fordern Serienteile<br />
in der Qualität, die sie von anderen Verfahren etwa<br />
kennen. Normen für additiv gefertigte Kunststoffbauteile<br />
gibt es ja noch nicht im nötigen Maß. Daher<br />
müssen wir uns im Prinzip alles selbst erarbeiten.<br />
Sind Ihre Bestrebungen der Automatisierung eine<br />
Antwort auf den Preiskampf?<br />
Seifarth: Definitiv, ohne Automatisierung ist die Serienfertigung<br />
mit 3D-Druck nicht wirtschaftlich ab-<br />
Die Roundtable-Teilnehmer<br />
• Dr. Ira Effenberger, Gruppenleiterin Abteilung<br />
Bild- und Signalverarbeitung, Fraunhofer IPA<br />
• Dr. Heiko Wenzel-Schinzer, Geschäftsführer,<br />
Wenzel Group<br />
• Philip Sperling, Produktmanager Additive<br />
Manufacturing, Volume Graphics<br />
• Lennart Schulenburg, Geschäftsführer, Visiconsult<br />
• Christian Seifarth, Projektleiter F & E, Cirp<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 27
IM FOKUS » QS in der additiven Fertigung<br />
zubilden. Es sind heute sehr viele manuelle Prozesse<br />
notwendig, die immer das Risiko bergen, dass der<br />
Mensch dahinter Fehler macht. Die Dokumentation<br />
ist außerdem äußerst aufwändig, oft noch verbunden<br />
mit Zettelwirtschaft. Im Rahmen der BMBF-Ausschreibung<br />
„Promat-3D“ gibt es Anstrengungen,<br />
Normen und Standards aus der Metall- in die Kunststoffwelt<br />
zu übertragen. Leider beteiligen sich bis<br />
jetzt keine Maschinen- oder Werkstoffhersteller aus<br />
dem Kunststoffbereich daran.<br />
Wo sehen Sie im Moment die größte Baustelle?<br />
Seifarth: Die größte Herausforderung besteht darin,<br />
dass die Maschinenhersteller<br />
sich nicht öffnen. Auf der Datenseite<br />
ist das alles sehr proprietär.<br />
Selbst bei Maschinen<br />
nur eines Herstellers habe ich<br />
das Problem, dass ich die Daten<br />
aus dem internen Tool zur<br />
Prozesssteuerung und -überwachung<br />
nicht in meine Unternehmens-IT<br />
bekomme, da<br />
der Hersteller keine Schnittstellen<br />
zur Verfügung stellt. Nun haben wir Maschinen<br />
mehrerer Hersteller. Da potenzieren sich die Probleme.<br />
Es gibt keine Möglichkeit, eine übergreifende<br />
Inline-Prozesssteuerung zu nutzen, anhand derer ich<br />
die Chance hätte, Druckjobs bei Fehlern schon während<br />
des Baus abzubrechen oder sogar im Sinne eines<br />
Closed Loops Parameter im laufenden Prozess zu<br />
verändern. Für mich wäre OPC UA eine super Lösung.<br />
Damit könnte ich dem Kunden alle wesentlichen Parameter<br />
des Druckjobs dokumentieren. Noch weiter<br />
gedacht: Wir brauchen offene Schnittstellen entlang<br />
der gesamten Wertschöpfungskette, um auch Daten<br />
aus Maschinen und Geräten für das Pre- und Postprocessing<br />
zu analysieren und dokumentieren.<br />
»Die größte<br />
Herausforderung<br />
besteht darin, dass<br />
sich die Maschinenhersteller<br />
nicht öffnen.«<br />
Christian Seifarth, Cirp<br />
Effenberger: Die 3D-Drucker zeichnen während des<br />
Prozesses durchaus Daten auf, die dann intern im<br />
Drucker abgespeichert werden. Aber für den Anwender<br />
sind diese Daten nicht in der Form zugänglich,<br />
dass er Schlüsse in Bezug auf die Qualität des additiv<br />
gefertigten Bauteils daraus ziehen kann. Außerdem<br />
ist die Integration zusätzlicher Sensorik ohne entsprechend<br />
offengelegte Schnittstellen schwer möglich.<br />
Es wäre ein wirklicher Mehrwert für den Anwender,<br />
Qualitätsaussagen zum Bauteil bereits während<br />
des Druckjobs machen zu können. Auf Forschungsseite<br />
läuft in dieser Richtung viel, aber die<br />
Hersteller von additiver Technologie halten sich ein<br />
Stück weit bedeckt. Das bestätigen andere Forschungsinstitute.<br />
Sperling: Wir sehen die Probleme<br />
im Connectivity-Bereich<br />
ebenfalls. Die meisten<br />
Kunden konzentrieren sich daher<br />
in der Regel auf den<br />
3D-Drucker eines Herstellers.<br />
Doch wir nehmen durchaus<br />
wahr, dass die Kunden die<br />
Hersteller zunehmend unter<br />
Druck setzen, die Schnittstellen offenzulegen. Das<br />
Argument ist immer: Ich muss den Prozess überwachen<br />
und zertifizieren. Ich gehe davon aus, dass die<br />
Systeme in ein oder zwei Jahren deutlich offener<br />
sind.<br />
Schulenburg: Ich sehe heute schon, dass sich hier<br />
viel bewegt – zumindest im Metalldruckbereich. Wir<br />
haben gerade ein Projekt, bei dem der Anwender Daten<br />
aus der Meltpool-Analyse des 3D-Druckers als<br />
Vorindikation erhält, wo sich im Bauteil Defekte befinden<br />
könnten, sodass wir ein Region of Interest CT<br />
genau dieses Bereichs erstellen können. Vor zwei<br />
Jahren wäre das noch undenkbar gewesen, damals<br />
Dr. Ira Effenberger: „Ohne offene Schnittstellen<br />
lässt sich zusätzliche Sensorik nicht integrieren.“<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Dr. Heiko Wenzel-Schinzer: „Auch OPC UA wird nicht die Probleme<br />
der letzten 20 Jahren lösen.“<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Christian Seifarth: „Im Wesentlichen<br />
richten wir uns nach der ISO 9001.“<br />
28 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
war das wirklich sehr Closed Shop. Am Ende des Tages<br />
lassen sich Kostenvorteile in der additiven Fertigung<br />
nur so realisieren.<br />
Welche Rolle spielt OPC UA im CT-Umfeld heute?<br />
Und würde uns das in der additiven Fertigung<br />
weiterbringen?<br />
Schulenburg: Das ist ein super Punkt, den Herr Seifarth<br />
hier aufgegriffen hat. Wir begrüßen die Öffnung<br />
durch OPC UA sehr. Wir leben in einer vernetzten<br />
Welt und Produktion und da sind offene Schnittstellen<br />
das A und O, damit sich der Kunde am Markt<br />
ganz nach seinen Anforderungen bedienen kann. Wir<br />
können nicht von Industrie 4.0 sprechen, wenn wir<br />
nicht einmal die Datenschnittstellen offen legen.<br />
Aber wir müssen Kirche im Dorf lassen: Auch bei traditionellen<br />
Herstellungsverfahren werden Feedback-<br />
Loops noch nicht auf breiter Ebene genutzt.<br />
Wenzel-Schinzer: Wir befassen uns in der Messtechnik<br />
ja bereits mit OPC UA, die erste Veröffentlichung<br />
unter der Ägide des VDMA wird es bald geben.<br />
Im Bereich CT ist das noch nicht der Fall. Aber ich bin<br />
auch kein Fan davon, immer auf den nächsten Standard<br />
zu hoffen und darauf, dass der die Probleme der<br />
letzten 20 Jahren löst. OPC UA wird so manches Problem<br />
sicher lösen. Aber im Grunde ist ein solcher<br />
Standard immer nur der kleinste gemeinsame Nenner,<br />
auf den sich Hersteller einigen. Wenn die Hersteller<br />
von 3D-Druckern wollen, können sie mit entsprechenden<br />
Filtern alle möglichen Datenformate erzeugen<br />
und weitergeben. Und ich denke, sie werden<br />
sich hier bewegen. Es wäre ja auch schon viel gewonnen,<br />
wenn die Hersteller zugeben würden, dass<br />
ihre additiven Verfahren – genauso wie andere Verfahren<br />
auch – nicht immer perfekte Bauteile hervorbringen.<br />
Dafür gibt es einfach zu viele Variablen entlang<br />
des Produktionsprozessen.<br />
Normen und Standards – was fehlt da noch?<br />
Seifarth: Die meisten Kunden haben Werksnormen,<br />
die wir erfüllen müssen. Im Wesentlichen richten wir<br />
uns nach der ISO 9001, um unsere Prozesse zu standardisieren<br />
und dokumentieren. Das aber ist mit großem<br />
Aufwand verbunden. Übergreifende Normen<br />
und Standards gibt es auch, doch beziehen sie sich<br />
größtenteils auf Metall und Kunststoff. Doch additive<br />
Verfahren mit Metall und Kunststoff unterscheiden<br />
sich deutlich voneinander. Nehmen Sie Pulver.<br />
Metallpulver zu klassifizieren ist relativ einfach. Bei<br />
Kunststoff ist man daran gescheitert. Es gibt heute<br />
keinen Sensor, mit dem der Feuchtigkeitsgehalt von<br />
PA 12 inline gemessen werden kann. Den bräuchte<br />
man, denn das Material zieht Feuchtigkeit.<br />
Sperling: Im Metallbereich wurden in den vergangenen<br />
zwei Jahren erste Normen verabschiedet, mit denen<br />
die Anwender arbeiten können. Die decken noch<br />
nicht alle Details ab, aber geben zumindest Leitplanken.<br />
Die Autobahn, für die die Leitplanken gesetzt<br />
wurden, ist zugegebenermaßen heute noch sehr<br />
breit. Da gibt es sehr viele Fahrspuren. Insofern können<br />
den Anwendern nach wie vor Fehler unterlaufen.<br />
Das heißt, man muss sich auf alle Fälle intensiv mit<br />
seinen Prozessen befassen.<br />
Müssen die Anwender ihre Erwartungen an Qualität<br />
additiver Bauteile zurückschrauben?<br />
Schulenburg: Das erfolgt bereits. In der Anfangszeit<br />
wollten Anwender mit CT in einem 600 mm mal 600<br />
mm großem Bauteil aus Titan oder Inconel Lunker in<br />
der Größe eines Mikrometers finden – ohne das Bauteil<br />
zu zerstören. Die Grundlagen der Physik lassen<br />
das aber nicht zu. Heute berücksichtigen die Anwender<br />
zum Teil Design for Inspectability, indem sie zum<br />
Beispiel größere Toleranzen ins Design einbeziehen.<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Lennart Schulenburg: „Auch bei traditionellen Herstellungsverfahren<br />
gibt es Feedback-Loops noch nicht auf breiter Ebene.“<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Philip Sperling: „Ich gehe davon aus, dass die additiven Fertigungssysteme<br />
in ein oder zwei Jahren deutlich offener sind.“<br />
Bild:<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 29
IM FOKUS » QS in der additiven Fertigung<br />
Online-Forum<br />
Wissen und Technik für die<br />
Qualitätskontrolle im 3D-Druck<br />
Bereits zum vierten Mal bringt <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> gemeinsam mit dem Fraunhofer<br />
IPA Wissenschaftler, Technikanbieter und weitere Branchenfachleute<br />
zusammen, um über die Qualitätssicherung in der additiven Fertigung zu diskutieren.<br />
Auch dieses Jahr wird das Forum am 26. Oktober rein virtuell stattfinden.<br />
Für die Qualitätssicherung<br />
stellt die additive<br />
Fertigung noch eine<br />
große Herausforderung<br />
dar – etwa hinsichtlich<br />
Geometrien und Materialien.<br />
Fachforum<br />
Das vierte Fachforum „Qualitätssicherung<br />
in der additiven<br />
Fertigung“ findet als Online-<br />
Veranstaltung am 26. Oktober<br />
statt – gemeinsam organisiert<br />
von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> und<br />
Fraunhofer IPA. Informationen<br />
zu Programm und Anmeldung<br />
finden Sie in Kürze unter<br />
www.qe-online.de<br />
D<br />
ie additive Fertigung ist eine Zukunftstechnologie.<br />
Bauteile lassen<br />
sich damit individualisieren, Losgröße 1<br />
wird durch die vollständig digitale Prozesskette<br />
Realität. Zudem erlaubt der<br />
3D-Druckvöllig neue komplexe Geometrien,<br />
die mit anderen Verfahren nicht<br />
möglich sind. Er ermöglicht auch die Integration<br />
von Funktionen direkt in die Bauteile.<br />
Die Flexibilität der additiven Fertigung<br />
zeigte sich auch zu Beginn der Pandemie.<br />
Innerhalb kürzester Zeit konnten<br />
zum Beispiel dringend benötigte Komponenten<br />
für Beatmungsgeräte additiv hergestellt<br />
werden.<br />
Doch für die Qualitätssicherung stellt<br />
die additive Fertigung noch eine große<br />
Bild: xiaoliangge/stock.adobe.com<br />
Herausforderung dar – etwa hinsichtlich<br />
Geometrien und Materialen. Zudem gibt<br />
es noch keine fest etablierten Normen.<br />
Deshalb lassen sich belegbare Qualität,<br />
Nachverfolgbarkeit und Reproduzierbarkeit<br />
nicht garantieren.<br />
KI und Normen stehen<br />
auf der Agenda<br />
Grund genug, die Fachleute zu diesem<br />
Thema zu Wort kommen zu lassen. Auf<br />
dem vierten Fachforum von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
und Fraunhofer IPA zur Qualitätssicherung<br />
in der additiven Fertigung werden<br />
alle relevanten Aspekte besprochen.<br />
So wird sich zum Beispiel ein Vortrag mit<br />
der Normendiskussion beschäftigen. Thematisiert<br />
wird außerdem, wie Künstliche<br />
Intelligenz die Qualitätssicherung unterstützen<br />
kann. Daneben werden die Experten<br />
verschiedener Anbieter ihre Technologien<br />
vorstellen, mit denen die Qualität<br />
additiv hergestellter Teile zuverlässig geprüft<br />
werden kann.<br />
Weitere Themen:<br />
• Inline-Messtechnik – wie ist der aktuelle<br />
Stand der Technik?<br />
• Computertomographie – der Goldstandard<br />
für die additive Fertigung?<br />
• Dimensionelle Toleranzen – was sind<br />
die Standards?<br />
• Berichte aus der Praxis<br />
30 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
SPECIAL<br />
» Fertigungsmesstechnik<br />
Die Richtung ist klar: Die Messtechnik rückt zunehmend<br />
in die Fertigung – inline oder atline. So lassen sich<br />
Fehler sofort aufdecken und Korrekturen direkt im<br />
Prozess umsetzen.<br />
Messdienstleister<br />
Agilität dank Techniknachrüstung<br />
» Seite 32<br />
Technikanforderungen<br />
Die richtige Messmittelwahl<br />
» Seite 34<br />
Automatisierung<br />
Schnellere Rauheitsprüfung bei<br />
Hersteller von Landesystemen<br />
» Seite 36<br />
Elektromobilität<br />
Messtechnik muss sich bewähren<br />
» Seite 38<br />
Laserstrahlen<br />
Überwachung kritischer<br />
Parameter im laufenden Prozess<br />
» Seite 40<br />
Messen direkt in der Werkzeugmaschine – das ist beispielsweise mit dem Holographie-<br />
Sensor Holotop NX (blau) des Frauhofer IPM möglich.<br />
Bild: Fraunhofer IPM<br />
Ebenheitsprüfung<br />
Inline-System sorgt für Präzision<br />
» Seite 42<br />
Oberflächentopographie<br />
Digitale Holographie liefert<br />
hochgenaue Messergebnisse<br />
» Seite 44<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 31
Das Revo Multisensor 5-Achsen-Messsystem besteht<br />
aus einem unbegrenzt positionierbaren Kopf, taktilen<br />
Messsensoren, Steuerung und der Modus Software.<br />
Bild: Renishaw<br />
Schottischer Messdienstleister stellt sich zukunftssicher auf<br />
Agiler durch Nachrüstung<br />
Werkstückkomplexitäten nahmen zu, Lieferzeiten verkürzten sich und Produktionsvolumen<br />
stiegen. Um agiler zu werden, hat der schottische Messdienstleister<br />
Apex seine bestehenden Koordinatenmessgeräte mit der Revo 5-Achsen-Technologie<br />
nachgerüstet und ein Equator-Prüfgerät gekauft – beides von Renishaw.<br />
Risshu Bergmann<br />
Marketing-Koordinator<br />
Renishaw<br />
www.renishaw.de<br />
Bauteilprüfung und -verifizierung, Softwareprogrammierung,<br />
Validierung und Schulung, Systemwartung,<br />
Installation, Nachrüstungen und Upgrades<br />
– das ist das Spektrum der akkreditierten,<br />
qualitätsgesicherten Dienstleistungen von Apex Metrology.<br />
Zum Einsatz kam dabei in der Vergangenheit<br />
eine Messtechnik-Anlage einschließlich 3-Achsen-<br />
Koordinatenmesssystem, das mit berührend schaltenden<br />
und scannenden Taster an PH10 motorischen<br />
Dreh-/Schwenkköpfen von Renishaw arbeitet.<br />
„Aufgrund der Fortschritte in Produktdesign-Software,<br />
Werkstofftechnik und 3D-Metalldruck konnten<br />
wir eine allgemeine Auftragssteigerung der verschiedenen<br />
Typen und Volumen erkennen.<br />
Diese technologische Entwicklung zusammen<br />
mit der Brexit-Entscheidung<br />
und der weltweiten Covid-19-Pandemie<br />
hat uns vor neue Herausforderungen<br />
gestellt“, berichtet Brian Young, Geschäftsführer<br />
von Apex. „Wir wussten,<br />
dass wir uns anpassen und den von uns<br />
angebotenen Service erweitern mussten. Die Planungshorizont<br />
der Kunden verkleinerte sich ebenfalls.<br />
Ehemals gut planbare und zyklische Nachfragen<br />
waren plötzlich nicht mehr gewährleistet. Daher<br />
wollten wir noch agiler werden.“<br />
Renishaw schlug vor, auf die hochmoderne 5-Achsen-Koordinatenmesstechnik-Technologie<br />
umzustellen,<br />
und zwar in Verbindung mit einem hochgenauen<br />
Prüfgerät für die Produktionsumgebung. Diesem Vorschlag<br />
stimmte Apex zu – und entschied sich somit<br />
für eine strategische Investition in Messtechnik der<br />
nächsten Generation. So wurde ein bestehendes<br />
3-Achsen-Koordinatenmessgerät von Dea (heute Hexagon)<br />
unter Verwendung eines Revo Multisensor<br />
5-Achsen-Messsystems, bestehend aus einem unbegrenzt<br />
positionierbaren Kopf, taktilen Messsensoren,<br />
Steuerung und Renishaws Modus Software, umgerüstet.<br />
„Das Upgrade war sowohl technisch als auch<br />
betriebswirtschaftlich vollkommen sinnvoll“, bestätigt<br />
Young. „Die Kosten und Lieferzeiten für die Installation<br />
eines ganz neuen 5-Achsen-Koordinaten-<br />
32 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Fertigungsmesstechnik « SPECIAL<br />
messgeräts sind zu hoch und wir wussten, dass unser<br />
bestehendes Gerät noch viel leisten konnte.“<br />
Das Revo-System besitzt zwei Drehachsen im Kopf<br />
sowie die drei Linearachsen am Maschinenrahmen.<br />
Der Revo-Kopf hat seine eigene Error-Map, wie das<br />
Koordinatenmessgerät, damit das System immer genau<br />
weiß, wo sich die Messtasterspitze beziehungswe<br />
der Sensor gerade befindet. Der Messtaster muss<br />
also nur in einer Position kalibriert werden und kann<br />
dann in jedem beliebigen Winkel für einen maximalen<br />
Zugang zu Merkmalen verwendet werden. Dadurch<br />
werden Kalibrierzeit eingespart, die Rüstzeit<br />
verkürzt und die Programmierung vereinfacht.<br />
Zur Prüfung von Mittel- bis Großserienteilen hat<br />
Apex zusätzlich in Renishaws schnelles Equator Vergleichsmesssystem<br />
investiert. Equator verfügt über<br />
eine sehr wiederholgenaue Messtechnologie, die<br />
nach dem traditionellen Vergleich der Werkstücke<br />
mit einem Referenzteil arbeitet. Re-Mastering ist so<br />
einfach wie die erneute Messung eines Fertigungsteils,<br />
bei dem alle Änderungen in den thermischen<br />
Umgebungsbedingungen automatisch kompensiert<br />
werden. Young: „Genauso wie mit Revo war es auch<br />
hier naheliegend, den Equator einzuführen. Denn eine<br />
Art Reinraum einzurichten, wie er von alternativen<br />
Messanlagen für Großserien benötigt wird, war<br />
nicht machbar. Es musste in unseren Betrieb und zu<br />
den unterschiedlich großen Durchsätzen passen.<br />
Equator bietet genau diese Flexibilität.“<br />
Messkapazität, Durchsatz<br />
und Produktivität wurden erhöht<br />
Durch die Investition in Revo und Equator ist Apex<br />
nun in der Lage, einen größeren Kundenstamm zu<br />
bedienen und die Messanforderungen von komplexeren<br />
Teilen zu erfüllen. Die Messkapazität, der Durchsatz<br />
und die Produktivität wurden als unmittelbare<br />
Folge erhöht. Zur gleichen Zeit konnte Apex außerdem<br />
sein Leistungsangebot für die Kunden aufgrund<br />
des vergrößerten Kompetenzbereichs auf 5-Achsenund<br />
3-Achsen-Koordinatenmesstechnik erhöhen.<br />
Young: „Die Revo 5-Achsen-Technologie und das<br />
Equator Prüfgerät haben uns zusätzliche, schlüsselfertige<br />
Fähigkeiten gegeben, die wir brauchen, um<br />
aufgrund der veränderten Kundenanforderungen reaktionsfähiger<br />
zu sein. Letztlich sind Veränderungen<br />
unvermeidbar und wir müssen darauf vorbereitet<br />
sein. Es geht jedoch nicht nur um hohe Stückzahlen,<br />
die Kunden bringen uns vermehrt anspruchsvollere<br />
Werkstücke zum Messen, mit hoher Komplexität. Wir<br />
helfen ihnen ihre Engpässe in der Fertigung zu reduzieren<br />
und bieten Schulungen an, die auf echten Erfahrungen<br />
basieren und nicht nur standardisierte<br />
Fertigprodukte sind.“<br />
Der ideale Rahmen<br />
Automobil-, Metall- und Luftfahrtindustrie:<br />
Innovative Märkte verlangen für neuartige<br />
Materialien, Prozesse und Spezifikationen<br />
neue Prüfanforderungen. Die High-End-<br />
Universalprüfmaschinen der AGX-V-Serie<br />
bilden mit ihren umfassenden Merkmalen<br />
für diese Tests den idealen Rahmen.<br />
• Mit 10 kHz branchenweit höchste Abtastrate<br />
• Anwendungsspezifisch mit sechs Tisch- und<br />
Standmodellen von 10 - 600 kN<br />
• Einfache Bedienung über das LCD-Touchpanel<br />
• Erhöhte Verfügbarkeit durch Selbstdiagnoseund<br />
Wartungsfunktionen<br />
• Simultane Messwerterfassung von bis<br />
zu 20 zusätzlichen Sensoren<br />
www.shimadzu.de/agx-v<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 33
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Anforderungen an die Fertigungsmesstechnik<br />
Effizient und zukunftsfähig<br />
Systeme für die Fertigungsmesstechnik haben eine Reihe von Bedingungen<br />
zu erfüllen, sollen sie doch dazu beitragen, optimal und ohne Ausschuss zu<br />
produzieren. In einer Smart-Manufacturing-Strategie legt die Wahl der<br />
Messmittel zudem einen Grundstein zur selbststeuernden Produktion.<br />
Bild: Bruker Alicona<br />
Die Automatisierung ist eine wichtige Anforderung für die Zukunft. Ein Beispiel dafür ist der Bruker Alicona Cobot, der aus einem kollaborativen<br />
6-Achs-Roboter und einem hochauflösenden optischen 3D-Messsensor besteht – hier im Einsatz bei MTU Aero Engines.<br />
Astrid Krenn<br />
Marketing Director<br />
Bruker Alicona<br />
www.alicona.com<br />
Je nach Einsatz und angewandter Technologie hat<br />
Fertigungsmesstechnik unterschiedliche Facetten<br />
und Charakteristika. Ihre Hauptausprägung ist der<br />
Einsatz von optischen und/oder taktilen Messsystemen<br />
direkt in einer Linie, in einem angebundenen<br />
Messraum oder ausgelagert<br />
an einen externen Messdienstleister. Ihre<br />
Aufgabe ist immer dieselbe: Fertigungsmesstechnik<br />
prüft die dimensionelle<br />
Genauigkeit von Bauteilen und sichert<br />
damit deren Qualität. Zusätzlich<br />
können Rüstzeiten für den Werker reduziert<br />
werden, was in weiterer Konsequenz zur Prozesssicherheit<br />
beiträgt.<br />
Das richtige Messsystem sollte eine Reihe von Bedingungen<br />
erfüllen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />
Messmittelfähigkeit: Das eingesetzte Messmittel<br />
muss in der Lage sein, die entsprechende Messaufgabe<br />
zu erfüllen. Um beurteilen zu können, wie geeignet<br />
ein Messsystem für eine Anwendung ist, ist es<br />
wichtig, seine Messmittelfähigkeit beziehungsweise<br />
Genauigkeit zu prüfen. Die Messmittelfähigkeit ist<br />
üblicherweise durch einen Cg-, Cgk-Wert vorgege-<br />
34 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
en, den das entsprechende Messsystem einhalten<br />
sollte. Eine hohe Wiederholgenauigkeit der Messungen,<br />
die Rückführbarkeit auf nationale und internationale<br />
Kalibriernormale, die Einhaltung von globalen<br />
Normen sowie geringe Messunsicherheiten sind weitere<br />
entscheidende Faktoren, die die Qualität einer<br />
Messung bestimmen.<br />
Langzeitstabilität: Die Langzeitstabilität eines<br />
Messmittels ist entscheidend für eine kontinuierlich<br />
hohe Prozesssicherheit. Wird ein Bauteil über einen<br />
längeren Zeitraum zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />
gemessen, müssen Messergebnisse trotz eventuell<br />
geänderter Umgebungsbedingungen wie Temperatur,<br />
Vibrationen oder Licht konstant bleiben.<br />
Single-Button-Lösungen sichern<br />
konstante Messungen<br />
Bedienbarkeit: Da in einer Fertigung unterschiedliche<br />
Maschinen eingesetzt werden, muss der Werker<br />
und/oder Messtechniker einer Produktion oft mehrere,<br />
völlig unterschiedliche Maschinen bedienen. Daher<br />
ist die einfache, intuitive Bedienbarkeit des<br />
Messsystems für den laufenden Betrieb unabdingbar.<br />
Single-Button-Lösungen sowie automatisierte Messabläufe<br />
sichern konstante Messungen ohne Benutzereinfluss.<br />
Kosteneffizienz: Die Investition in ein Messsystem<br />
muss sich auszahlen. Ein schneller ROI, die Instandhaltung<br />
ohne hohe Wartungskosten und der laufende<br />
Betrieb ohne Verbrauchsmaterial sind Teil der Gesamtkalkulation.<br />
Die Verfügbarkeit von regelmäßigen<br />
Software-Updates und Serviceleistungen sollen einen<br />
flexiblen Einsatz ermöglichen und die schnelle<br />
Anpassung an neue oder geänderte Produktionsanforderungen<br />
sichern.<br />
Geschwindigkeit: Mess- und Rüstzeiten stehen in<br />
unmittelbarem Zusammenhang. Kurze Rüstzeiten<br />
verlangen nach hoher Messgeschwindigkeit in Kombination<br />
mit wiederholgenauen, rückführbaren<br />
Messergebnissen. Je schneller ein Messergebnis zur<br />
Verfügung steht, desto schneller und gezielter kann<br />
der Werker reagieren und Maschinen umrüsten. Die<br />
Messgeschwindigkeit ist demnach mitverantwortlich<br />
für wenig Stehzeiten sowie schnelle Rückmeldungsund<br />
Prozessregelmöglichkeiten, um eine wirtschaftliche,<br />
effiziente Produktion ohne Ausschuss zu unterstützen.<br />
Flexibilität: Eine flexible Fertigung fordert flexible<br />
Messsysteme. Produktionsleiter sind zunehmend mit<br />
der Anforderung konfrontiert, auch kleine Losgrößen<br />
von unterschiedlichen Bauteilen zu fertigen. Für die<br />
Fertigungsmesstechnik heißt das, verschiedene Bauteilformen,<br />
-typen und -größen, die zudem oft aus<br />
unterschiedlichen Materialien beziehungsweise Verbundstoffen<br />
hergestellt werden, schnell und zuverlässig<br />
zu messen. Messtechnik muss in Sachen Flexibilität<br />
mit der Fertigung mithalten und sich in gleichem<br />
Maße an variierende Bauteile, Geometrien und<br />
Materialien anpassen können. Im Idealfall deckt ein<br />
Messsystem alle Messaufgaben unabhängig von Größe<br />
und Oberflächenbeschaffenheit der zu prüfenden<br />
Bauteile ab. Wichtige Voraussetzung dafür ist unter<br />
anderem die einfache und schnelle Zugänglichkeit<br />
der zu messenden Bauteildetails.<br />
Ganzheitlichen Konzepten<br />
gehört die Zukunft<br />
Zukunftsfähigkeit: Moderne Produktionsstrategien<br />
setzen vermehrt auf ganzheitliche Fertigungskonzepte.<br />
Die Vernetzung von Produktionssystemen, Maschinen<br />
und Messtechnik soll im Sinne von Industrie<br />
4.0 die adaptive Produktionsplanung beziehungsweise<br />
selbststeuernde Produktion ermöglichen. Das Produktionskonzept<br />
Smart Manufacturing setzt voraus,<br />
dass Messtechnik direkt in der Fertigung integriert<br />
ist und in die Produktion eingreifen kann. Messsensoren<br />
erkennen fehlerhafte Bauteile, diese Information<br />
wird automatisch in den Produktionskreislauf eingespeist<br />
und die Produktion adaptiert und korrigiert<br />
sich völlig automatisch. Um die selbststeuernde Produktion<br />
langfristig umsetzen zu können, müssen<br />
Messsysteme unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen.<br />
Dazu zählen unter anderem die vollständige<br />
Automatisierung von Messungen, die Bereitstellung<br />
von produktionstauglichen, hochgenauen Messsensoren<br />
und eine einfach integrierbare Schnittstellentechnologie<br />
zur Vernetzung mit bestehenden Produktionssystemen.<br />
Der Einsatz von Künstlicher<br />
Intelligenz (KI)<br />
spielt eine zunehmend<br />
größere Rolle in der<br />
Fertigungsmesstechnik.<br />
Hier das optische 3D<br />
Messsystem Infinitefocus<br />
SL, das beispielsweise<br />
bei Vitesco<br />
Technologies Laserbearbeitungsprozesse<br />
mithilfe von KI überwacht.<br />
Bild: Bruker Alicona<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 35
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
TC63-RG wird zur automatisierten Überwachung der Oberflächen von Fahrwerkskomponenten eingesetzt.<br />
Bild: Blum/Safran<br />
Rauheitsmessung<br />
Sichere Landung dank Messtechnik<br />
Mit einer automatisierten Rauheitsmessung hat Safran Landing Systems mehr<br />
Sicherheit und Qualität in den Produktionsprozess gebracht. Mit dem System<br />
von Blum-Novotest lässt sich die Oberflächenrauheit schneller prüfen.<br />
Menschliche Fehler im Messprozess werden eliminiert.<br />
Theo Drechsel<br />
im Auftrag von<br />
Blum-Novotest<br />
www.blum-novotest.com<br />
Als Hersteller von Landesystemen für Flugzeuge<br />
zählt Safran Landing Systems unter anderen<br />
die Marktführer Airbus und Boeing zu seinen Kunden.<br />
Das Unternehmen nutzt bereits seit langem Fertigungsmesstechnik<br />
von Blum-Novotest, um zu gewährleisten,<br />
dass jede Baugruppe, die das Werk verlässt,<br />
die strengen Kundenanforderungen erfüllt. Zunächst<br />
setzte Safran auf den CNC-Bearbeitungszentren<br />
vor allem Lasermesssysteme zur Werkzeugvermessung<br />
in Länge und Radius, Verschleißüberwachung<br />
und zur Werkzeugbruchkontrolle ein.<br />
„Seit einigen Jahren vertrauen wir bei der Vermessung<br />
von Werkstücken in den Bearbeitungszentren<br />
auch auf den CNC-Messtaster TC63“, berichtet NC-<br />
Coordinator Shawn Page. „Und seit kurzem haben<br />
wir außerdem das Blum-Rauheitsmesssystem<br />
TC63-RG im Einsatz, das<br />
zur automatisierten Überwachung<br />
der Oberflächen – die für die bei Safran<br />
hergestellten hochtechnischen<br />
Systeme einen besonders kritischen<br />
Parameter darstellen – verwendet<br />
wird.“ Mit Blick auf den Produktionsablauf<br />
der Fahrwerkskomponenten<br />
ergänzt er: „Es ist ein bearbeitungsintensiver Prozess<br />
– zumal unsere Kunden sehr anspruchsvoll sind, was<br />
die Präzision angeht. Vor allem die Oberflächenbeschaffenheit<br />
ist von entscheidender Bedeutung.“<br />
Prüfung dauerte<br />
vorher 45 Minuten<br />
Die Hauptkomponente jedes Fahrwerksystems ist zunächst<br />
einmal ein massives Schmiedestück, das bis<br />
zu acht Tonnen wiegen kann. Jedes dieser Teile wird<br />
in CNC-Bearbeitungszentren zuerst mit Schruppfräsern<br />
grob vorbearbeitet und anschließend mit einem<br />
Schlichtvorgang auf Fertigmaß gebracht. Im letzten<br />
Schritt wird dann die Oberflächenqualität kontrolliert.<br />
Da die Prüfung der Oberfläche an dem noch in das<br />
Bearbeitungszentrum eingespannten Fertigteil erfolgen<br />
musste, hatte diese Messung – neben dem Zeitaufwand<br />
für den Bediener – auch Auswirkungen auf<br />
die Taktzeit der Maschine. An jedem Werkstück<br />
mussten zehn Bereiche geprüft werden, der Vorgang<br />
dauerte etwa 45 Minuten. Weil die Genauigkeit der<br />
Messung von der korrekten Positionierung des Handmessgeräts<br />
durch den Bediener abhängig gewesen<br />
36 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
ist, war die Möglichkeit menschlicher Fehler ebenfalls<br />
in Betracht zu ziehen. Aufgrund des hohen Zeitaufwands<br />
musste Page, der die Aufsicht über den<br />
Fertigungsprozess bei Safran hat, auch selbst eine<br />
gewisse Zahl von Oberflächen prüfen.<br />
Zur Bewältigung des größeren Arbeitsumfangs, der<br />
Reduzierung der manuellen Prozesse sowie der Aufrechterhaltung<br />
und Verbesserung der hohen Standards<br />
bei Qualitätskontrollen musste Safran automatisieren.<br />
Die Prüfung der Oberflächenbeschaffenheit<br />
war eine Aufgabe, bei der Page Potenzial sah, Zeit<br />
einzusparen, die Genauigkeit zu verbessern und die<br />
Zahl der geprüften Werkstücke zu erhöhen – und das<br />
alles mit weniger Bedienpersonal. Außerdem wollte<br />
der NC-Koordinator die Menge der während der Produktion<br />
erfassten Daten vergrößern und in der Lage<br />
sein, diese wieder in den Produktionsprozess einfließen<br />
zu lassen.<br />
Digitale und analoge<br />
Funktionen in einem Gerät<br />
Page setzte sich mit Blum-Novotest in Verbindung<br />
und nach mehreren Produktpräsentationen wurde<br />
die Entscheidung getroffen, dass die Hauptkomponente<br />
des Fahrwerksystems zukünftig mit dem<br />
TC63-RG kontrolliert werden soll, der auf der von<br />
Blum vorangetriebenen Digilog-Technologie basiert.<br />
Bei Systemen mit dieser Technologie sind sowohl digitale<br />
als auch analoge Funktionen in einem Gerät<br />
vereint.<br />
Während Erstere sich gut<br />
zur Erfassung von Abmessung<br />
und Lage eignen, bietet<br />
das analoge Messen<br />
auch die Möglichkeit zur<br />
Erfassung der Rauheitswerte.<br />
Fährt man schaltend einen<br />
Punkt an, wird – wie<br />
bei allen normalen Messtastern<br />
– ein digitales Signal an die Maschinensteuerung<br />
gesendet. Zusammen mit der Position der Achsen<br />
erhält man so die exakte Position des Messpunkts.<br />
Bei allen Messtastern von Blum wird das Schaltsignal<br />
grundsätzlich optoelektronisch durch Abschattung<br />
einer Miniaturlichtschranke generiert.<br />
Beim analogen Messen hingegen wird der prozentuale<br />
Anstieg dieser Abschattung ausgewertet, der<br />
entsteht, wenn der Messeinsatz ausgelenkt wird. Das<br />
sich daraus ergebende analoge Signal bildet dann<br />
den Messwert – so lässt sich der TC63-RG mit einem<br />
speziell geformten Tasteinsatz schnell über Oberflächen<br />
oder entlang von Konturen führen, wodurch in<br />
kürzester Zeit tausende Messwerte zur Verfügung<br />
»Die Oberflächenbeschaffenheit<br />
ist von entscheidender<br />
Bedeutung.«<br />
Shawn Page, Safran Landing Systems<br />
stehen. Dabei ist eine Messbewegung in zwei Achsen<br />
möglich.<br />
Dank des TC63-RG von Blum-Novotest erfolgt die<br />
Erfassung der Oberflächenqualität schnell und zuverlässig:<br />
Das Rauheitsmessgerät wird wie ein ganz normaler<br />
CNC-Messtaster in die Maschinenspindel eingewechselt<br />
und misst dann an den vordefinierten<br />
Stellen die Oberflächenrauheit. Innerhalb von wenigen<br />
Sekunden kann so die Werksstückoberfläche Mikrometer-genau<br />
geprüft und entsprechend der Rauheitskenngrößen<br />
Ra, Rq, Rt, Rz und Rmax ausgewertet<br />
werden.<br />
Safran plant, die Messtechnik von Blum künftig<br />
noch stärker in den Zerspanungsprozess zu integrieren,<br />
um Werkzeugverschleiß<br />
und Abweichungen<br />
zu erkennen, bevor sie zu<br />
einem ernsthaften Problem<br />
werden. Im nächsten<br />
Schritt ist die Ausweitung<br />
auf andere Maschinen und<br />
Prozesse bei Safran angedacht.<br />
Weniger menschliche Fehler<br />
im Messprozess<br />
„Wir sind sehr zufrieden, mit dem TC63-RG endlich<br />
eine Lösung zur Verfügung zu haben, die den Zeitaufwand<br />
für die Überprüfung der Oberflächenrauheit<br />
massiv reduziert, die Taktzeit deutlich erhöht und<br />
menschliche Fehler im Messprozess eliminiert“, fasst<br />
Page zusammen. „Wir haben dadurch nicht nur die<br />
Produktivität unseres Zerspanungsprozesses deutlich<br />
erhöht, sondern können auch die gesparte Zeit für eine<br />
noch intensivere Werkstückprüfung nutzen und<br />
viel mehr Oberflächen prüfen als zuvor. Somit bringen<br />
wir noch mehr Sicherheit und Qualität in unseren<br />
Produktionsprozess.“<br />
Als Hersteller von Landesystemen<br />
für Flugzeuge<br />
zählt Safran<br />
Landing Systems unter<br />
anderen Airbus und<br />
Boeing zu seinen Kunden.<br />
Bild: Blum/Safran<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 37
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Messtechnik für die Elektromobilität<br />
Qualitativ auf der Überholspur<br />
Ob Batterie, Brennstoffzellen-Separatoren, Elektromotor, Getriebe oder<br />
Leistungselektronik – die Messtechnik muss sich in der elektromobilen<br />
Fertigungszukunft besonders bewähren. Entsprechende Lösungen für die<br />
Automobilindustrie hält Mitutoyo bereit.<br />
Derzeit wird der Batterie beim Thema<br />
Elektromobilität die größte Aufmerksamkeit<br />
gewidmet. Zu messen<br />
ist hier zum Beispiel die Dicke der<br />
Separatoren zwischen der positiven<br />
und negativen Elektrode von Lithium-Ionen-Batterien.<br />
Möglich ist<br />
dies mit Bildverarbeitungs-Messgeräten<br />
wie dem Quick Vision Apex.<br />
Bild: Mitutoyo<br />
Bild: Mitutoyo<br />
Lorenz Peiffer<br />
Senior Director<br />
Mitutoyo Deutschland<br />
www.mitutoyo.de<br />
Der Batterie gebührt gegenwärtig<br />
beim Thema Elektromobilität die<br />
größte Aufmerksamkeit. Ihre Fähigkeiten<br />
bestimmen maßgeblich Leistung und<br />
Reichweite, aber auch Wirtschaftlichkeit<br />
und Sicherheit des Fahrzeugs. Die in Elektrofahrzeugen<br />
verbauten Batterien bestehen<br />
aus einzelnen Batteriezellen, die zunächst<br />
zu Modulen verbunden und dann<br />
zu Batteriepacks zusammengefasst werden.<br />
Schon eine einzige schlecht positionierte<br />
oder verunreinigte Zelle reicht dabei<br />
aus, um die Leistungsfähigkeit oder<br />
Sicherheit der gesamten Einheit zu beeinträchtigen.<br />
Das Augenmerk der Qualitätssicherer<br />
gilt daher der passgenauen Konstruktion<br />
der Zellen, Module und Batteriewannen –<br />
und vor allem den Toleranzen bei der Endmontage.<br />
So spielt zum Beispiel die Dicke<br />
der Separatoren zwischen der positiven<br />
und negativen Elektrode von Lithium-Ionen-Batterien<br />
mit Blick auf die Explosions-<br />
und Brandgefahr eine entscheidende<br />
Rolle. Da man sich hier im Mikrometerbereich<br />
einer dimensionellen Messung bewegt,<br />
ist eine sehr hohe Sensibilität der<br />
eingesetzten Technik gefragt, wie sie beispielsweise<br />
der hochgenaue Längenmess-<br />
taster VL-50 von Mitutoyo zeigt. Mit einer<br />
konstanten und niedrigen Messkraft<br />
von 0,01 N (1 gf) und einem Ziffernschrittwert<br />
von 0,01 μm bringt er alle<br />
Qualitäten für das Messen der Separatoren<br />
von Lithium-Ionen-Batterien mit.<br />
Auch abträglich für die Sicherheit,<br />
Wirtschaftlichkeit und Langlebigkeit der<br />
Batterien sind Verunreinigungen in der<br />
Laminierung. Anders als der feine Tastsinn<br />
ist hier der strenge QS-Blick eines Messmikroskops<br />
gefragt, wie es sich ebenfalls<br />
im Portfolio von Mitutoyo findet.<br />
Ultraschall-Mikrotaster<br />
für Separatoren<br />
Bei Brennstoffzellen-Fahrzeugen wird<br />
elektrische Energie aus den Energieträgern<br />
Wasserstoff, niedermolekulare Alkohole<br />
(Methanol, Ethanol) oder Ammoniak<br />
durch eine Brennstoffzelle erzeugt. Diese<br />
Energie wird dann direkt mit dem Elektroantrieb<br />
in Bewegung umgewandelt oder<br />
zeitweise in einer Antriebsbatterie zwischengespeichert.<br />
Brennstoffzellen-Separatoren<br />
besitzen – anders als die in Lithium-Ionen-Batterien<br />
– Strömungskanäle<br />
für die Gasdiffusion. Entsprechend empfiehlt<br />
sich hier eine andere Form der messenden<br />
Antastung, etwa über einen Ultraschall-Mikrotaster.<br />
Der hochgenaue Ultrasonic<br />
Micro and Accurate Probe<br />
(UMAP) Taster von Mitutoyo erlaubt die<br />
38 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Bild: Mitutoyo<br />
Taktile Sensoren auf<br />
Koordinatenmessgeräten<br />
kommen auch in<br />
der Elektromobilität<br />
zum Einsatz, um Oberflächengüten<br />
mechanischer<br />
Komponenten<br />
oder Karosserieflächen<br />
zu messen.<br />
taktile Messung im nahezu mikroskopischen<br />
Bereich. Dies mit einem minimalen<br />
Tastspitzendurchmesser von 15 μm und<br />
einer äußerst geringen Messkraft von nur<br />
1 μN.<br />
Beim Elektromotor verzeihen die Herstellung<br />
und Montage von Stator und<br />
Hairpins sowie der Blechpakete von Stator<br />
und Rotor nicht die kleinste Ungenauigkeit.<br />
Die Vielzahl der Messaufgaben in<br />
diesem Sektor kann Mitutoyo als Komplettanbieter<br />
mit Lösungen für alle relevanten<br />
Bereichen abdecken. So ermöglichen<br />
beispielsweise mit einem Tastsystem<br />
ausgestattete Bildverarbeitungs-Messgeräte<br />
sowohl die Prüfung von Pressteilen<br />
als auch – im berührungslosen optischen<br />
Messmodus – von sensiblen, dünnen und<br />
feinen Komponenten. Formmessgeräte für<br />
Rundheit und Zylindrizität wiederum prüfen<br />
Rotor-Außendurchmesser und Stator-<br />
Innendurchmesser, während Laser-Scan-<br />
Micrometer Hochgeschwindigkeitsmessungen<br />
mit hohem Ziffernschrittwert an<br />
Rotorspulen absolvieren.<br />
Durchgängige Erfassung<br />
von Messdaten<br />
Das Getriebe des Elektroautos ist in aller<br />
Regel zusammen mit dem Motor in einem<br />
gemeinsamen Gehäuse untergebracht.<br />
Diese Auslegung verringert zwar die Zahl<br />
der Komponenten und das Gewicht, nicht<br />
aber die Ansprüche an die Qualität. Im<br />
Forderungskatalog stehen optimale Leistungsentfaltung,<br />
geringer Verschleiß und<br />
möglichst geringe Geräuschentwicklung.<br />
Um dies sicherzustellen, müssen eine<br />
Vielzahl von Mess- und Prüfschritten absolviert<br />
werden. Auch hier erweist sich eine<br />
durchgängige Systemlösung von einem<br />
Anbieter als Vorteil; nicht zuletzt<br />
auch vor dem Hintergrund einer möglichst<br />
durchgehend ineinandergreifenden<br />
Messdatenerfassung und -speicherung.<br />
So erlaubt beispielsweise die Datenmanagement-Software<br />
Measurlink von Mitutoyo<br />
die Sammlung und Verwaltung von<br />
Daten aus elektronischen Messgeräten,<br />
RS232-Geräten, PC-gestützter Messtechnik,<br />
SPS und weiteren Quellen. Das ermöglicht<br />
nicht nur eine schnellere und<br />
genauere Datensammlung, sondern vereinfacht<br />
auch das Erstellen von Berichten,<br />
das Data-Mining und die Audit-Vorbereitung.<br />
Bildverarbeitung für die<br />
Leistungselektronik<br />
Die Leistungselektronik schließlich ist das<br />
verbindende Element in einem Elektroauto.<br />
Sie ist gleichzeitig Gehirn, Nervensystem<br />
und Blutbahn, Impulsgeber und Befehlsempfänger.<br />
Halbleiter, Leiterplatten,<br />
Elektronikmodule und Prozessoren bilden<br />
hier eine hochkomplexe und feinst abgestimmte<br />
Systemwelt. Entsprechend wird<br />
die Messtechnik hier geprägt von Bildverarbeitungssystemen<br />
und optischen Prüfgeräten<br />
wie Messmikroskopen – zum<br />
Beispiel für die Qualitätsbewertung von<br />
Chips und Bonddrähten oder die prüfende<br />
Betrachtung von gelöteten Chip-Kontakten.<br />
Webhinweis<br />
Ein Video von Mitutoyo<br />
zeigt die Vorteile des neuen<br />
Bildverarbeitungs-Mess -<br />
geräts Quick Vision Pro:<br />
http://hier.pro/<br />
JmSYf
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Inline-Messungen von Laserstrahlen<br />
Kritischen Laserparametern<br />
auf der Spur<br />
In vielen Produktionsprozessen spielt Lasertechnik eine Schlüsselrolle. Stabile<br />
Produktionsprozesse und eine hohe Fertigungsqualität lassen sich dabei<br />
gewährleisten, wenn man Messtechnik integriert, die kritische Laserparameter<br />
im laufenden Prozess überwacht.<br />
Das industrielle Messgerät<br />
Ophir Helios Plus von MKS<br />
Instruments misst Laserleistungen<br />
bis 12 kW auch<br />
bei Wellenlängen im Blau-<br />
Grün-Spektrum, die beim<br />
Kupferschweißen in der<br />
Batteriefertigung häufig<br />
genutzt werden.<br />
Bild: Ophir<br />
Sven Schipper<br />
Regional Sales Manager<br />
Ophir Spiricon<br />
www.ophiropt.com<br />
Moderne Lasersysteme sind vielseitig<br />
nutzbar, sehr effizient und lassen<br />
sich präzise justieren. Allerdings sind sie<br />
keine verschleißfreien Werkzeuge. Ein<br />
komplexes Lasersystem besteht aus zahlreichen<br />
Komponenten, die altern oder<br />
verschmutzen können. Gerade für die<br />
sensible Fertigung von Batterien stellt<br />
dies ein Risiko dar. Schließlich werden bei<br />
der Fertigung von Energiespeichersystemen<br />
zum Teil mehr als 15.000 elektrische<br />
Kontakte lasergeschweißt, um die einzelnen<br />
Zellen zu einem Batteriepack zu ver-<br />
Bild: MKS Instruments<br />
binden. Jede davon muss den sehr hohen<br />
Qualitätsanforderungen genügen. Automobilhersteller<br />
sind deshalb gut beraten,<br />
die Prüfung des Laserstrahls auf der Bearbeitungsebene<br />
direkt beim Aufbau neuer<br />
Fertigungslinien in den Prozess zu integrieren.<br />
Grundvoraussetzung für eine dauerhaft<br />
hohe Schweißqualität sind gleichbleibende<br />
Laserparameter. Zu den wichtigsten<br />
Eckdaten eines Laserstrahls zählen die Laserleistung,<br />
die Leistungsdichte, Fokusdurchmesser<br />
und -position, Fokusshift,<br />
Strahlprofil und Divergenz. Welche dieser<br />
Parameter tatsächlich im Prozess überwacht<br />
werden, hängt wesentlich von der<br />
Sensibilität des gefertigten Produkts ab.<br />
Generell wichtig bei der Integration jeglicher<br />
Sensoren zur Messung des Laserstrahls<br />
in Fertigungsprozessen sind<br />
• ein robustes Gehäuse, das den rauen<br />
Produktionsumgebungen gewachsen ist<br />
• industrielle Kommunikationsschnittstellen,<br />
die für eine schnelle und automatisierte<br />
Übertragung der Messdaten<br />
in das Fertigungsnetzwerk sorgen<br />
• eine sehr hohe Verfügbarkeit, um die<br />
24/7 Produktion nicht zu gefährden<br />
sowie<br />
• eine kurze Messdauer.<br />
40 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Als erstes Indiz für die Einhaltung der<br />
Prozessparameter dient die Laserleistung.<br />
Kompakte thermische Messgeräte arbeiten<br />
heute mit der „Pulsed Power Methode“,<br />
mit der sich bis zu 12 kW Laserleistung<br />
schnell und einfach messen lassen.<br />
Sensoren mit dieser Technologie messen<br />
die Energie des Laserstrahls während einer<br />
sehr kurzen Bestrahldauer und errechnen<br />
daraus die Laserleistung. Sobald<br />
die gemessene Laserleistung variiert, wird<br />
das Lasersystem geprüft. Großer Vorteil<br />
gerade in der Fertigung: Industrielle Leistungsmessgeräte<br />
wie Ophir Helios Plus<br />
von MKS Instruments erlauben die automatisierte<br />
Messung des Laserstrahls ohne<br />
zusätzliche Wasser- und Luftkühlung.<br />
Leistungsdichte ist<br />
entscheidend<br />
Zeigt die Leistungsmessung im Prozess<br />
Abweichungen zum vorgegebenen Prozessfenster,<br />
sind allerdings in der Regel<br />
weitere Messungen erforderlich, um den<br />
Fehler zu lokalisieren und zu beheben.<br />
Wichtig ist in diesem Zusammenhang<br />
die Leistungsdichte. Sie setzt die Laserleistung<br />
in Beziehung zur Strahlgröße und gibt<br />
an, in welchem Maß der Laserstrahl auf das<br />
zu verarbeitende Material wirkt. Berechnet<br />
wird sie, in dem die Leistung durch die Fläche<br />
des Strahls geteilt wird; als Einheit ergibt<br />
sich daraus Watt pro Quadratzentimeter.<br />
Schon der geringfügige Fokus-Shift ändert<br />
zum Beispiel die Fläche des Strahls<br />
signifikant und die auf dem Material wirkende<br />
Leistungsdichte nimmt deutlich ab.<br />
Verschiebt sich die Leistungsdichte, beeinflusst<br />
dies direkt die Qualität der Schweißnaht,<br />
die gerade bei sensiblen Schweißprozessen<br />
Änderungen der Leistungsdichte nur<br />
in sehr engen Toleranzen zulässt.<br />
Eine große Herausforderung bei der<br />
Analyse des Laserstrahls sind Laserleistungen<br />
im Kilowatt-Bereich, wie sie in<br />
Schweißprozessen eingesetzt werden. Ein<br />
von Ophir entwickeltes berührungsloses<br />
Messverfahren ermöglicht die Strahlprofilmessung<br />
auch bei hohen Laserleistungen.<br />
Es basiert darauf, die Streuung elektromagnetischer<br />
Wellen an Teilchen zu<br />
erfassen, deren Durchmesser im Vergleich<br />
zur Wellenlänge klein ist, wie zum Beispiel<br />
Sauerstoff- oder Stickstoff-Moleküle<br />
in der Luft. Das elektrische Feld der Laserstrahlung<br />
induziert eine Oszillation des<br />
Dipolmoleküls bei der Laser-Frequenz und<br />
führt zu einer elastischen Streuung der<br />
gleichen Frequenz. Das gestreute Laserlicht<br />
wird von der Seite mit einem telezentrischen<br />
Linsenaufbau auf eine CCDoder<br />
CMOS-Kamera abgebildet.<br />
Aus diesen Messungen lassen sich mittels<br />
einer integrierten Software mit hoher<br />
Genauigkeit Strahl- und Strahlqualitätsparameter<br />
nach ISO-13694 und<br />
ISO-11146-Standards berechnen. Die Beamwatch<br />
Produktlinie basiert auf dieser<br />
Technologie und ermöglicht es, das<br />
Strahlprofil in Echtzeit zu überwachen.<br />
Fokusveränderungen lassen sich so direkt<br />
sichtbar machen.<br />
Um die Vorteile der berührungslosen<br />
Messtechnik auch in Fertigungsprozessen<br />
vollumfänglich zu nutzen, kombinieren<br />
industrielle Strahlcharakterisierungssysteme<br />
der Ophir Beamwatch Integrated<br />
Serie Leistungs- und Strahlprofilmessungen<br />
mit Kommunikationsschnittstellen<br />
und robustem Design.<br />
Hinweise für die<br />
vorausschauende Wartung<br />
Die Vorteile der berührungslosen Messtechnik<br />
zeigen sich schnell: Die kurze<br />
Messdauer ermöglicht es, den Laserstrahl<br />
während jedes Lade-/Entladevorgangs zu<br />
prüfen. Das Strahlcharakterisierungssystem<br />
erfasst in Videorate mehrere Profile<br />
entlang der Strahlkaustik und berechnet<br />
aus den gewonnen Daten alle wichtigen<br />
Strahlparameter – darunter den Fokus-<br />
Shift – in Echtzeit. Alle Parameter werden<br />
angezeigt und gespeichert, Trenddiagramme<br />
basierend auf den Daten liefern<br />
wertvolle Hinweise für die vorausschauende<br />
Wartung. Zusätzlich lassen sich Toleranzen<br />
und Grenzwerte festlegen, um<br />
bei Bedarf korrigierend in den Prozess<br />
einzugreifen. Verschmutzt beispielsweise<br />
ein Schutzglas über die Zeit, nimmt der<br />
Fokusshift zu. Damit sinkt die Leistungsdichte<br />
auf der Arbeitsebene, es kommt zu<br />
fehlerhaften Schweißungen. Die Trendfunktion<br />
zeichnet die Veränderungen der<br />
Fokuslage auf und löst rechtzeitig einen<br />
Alarm aus, sobald der Fokus den festgelegten<br />
Grenzwert überschreitet.<br />
Ein Unternehmen von <strong>Quality</strong> Vision International<br />
Der größte optische Multisensorkonzern der Welt<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 41<br />
65719 Hofheim-Wallau<br />
T: 06122/9968-0 • www.ogpgmbh.de
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Inline-Ebenheitsprüfung<br />
Fördersystem sorgt<br />
für Genauigkeit<br />
Wenn die Ebenheit von Bauteilen auf wenige μm genau gemessen werden muss,<br />
waren Inline-Messsysteme aufgrund mangelnder Präzision bisher keine technisch<br />
machbare Option. Automation W+R hat nun eine alternative Lösung entwickelt.<br />
Entscheidender Punkt: der Transport der Teile.<br />
Das Fördersystem<br />
transportiert die Bauteile<br />
unter einem Prüfkopf<br />
hindurch und ermöglicht<br />
eine berührungslose<br />
Ebenheitsprüfung<br />
mit einer Genauigkeit<br />
von wenigen<br />
μm und Toleranzen bis<br />
0,1 mm.<br />
Bild: Automation W+R<br />
Peter Stiefenhöfer<br />
im Auftrag von<br />
Automation W+R<br />
www.automationwr.de<br />
Flache Bauteile wie beispielsweise Stanz- oder<br />
Feinschneidteile müssen in Abhängigkeit von ihrer<br />
Aufgabe zum Teil extrem hohe Anforderungen<br />
bezüglich ihrer Oberflächengüte und Ebenheit erfüllen.<br />
Wo hohe Belastungen auftreten oder möglichst<br />
niedrige Reibungswerte erzielt werden müssen, stellt<br />
die Ebenheit ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar, das<br />
in der Vergangenheit aufgrund mangelnder Genauigkeit<br />
nicht inline geprüft werden konnte.<br />
Die wenig wirtschaftliche, zeitaufwendige<br />
Notlösung bestand bislang<br />
aus einer taktilen Prüfung, die beispielsweise<br />
mit mechanischen Falllehren<br />
durchgeführt wurde.<br />
Automation W+R hat jetzt eine Alternative<br />
für diese Aufgabenstellung<br />
vorgestellt. „Advic 2D kann flache Bauteile<br />
berührungslos mit einer Genauigkeit<br />
von wenigen μm inline prüfen und Toleranzen<br />
bis 0,1 mm überwachen“, erläutert Paul Gruber, Vertriebsleiter<br />
bei Automation W+R. „Die Besonderheit<br />
von Advic 2D liegt dabei darin, dass die Prüfteile im<br />
Durchlauf sehr exakt auf ihre Ebenheit untersucht<br />
werden können, was auf einem Förderband nach unserem<br />
Kenntnisstand in dieser Genauigkeit derzeit<br />
weltweit einmalig ist.“<br />
Die Entwickler mussten<br />
neue Wege gehen<br />
Um die gewünschte Präzision zu realisieren, mussten<br />
die Entwickler von Automation W+R neue Wege gehen.<br />
Entscheidend war dabei der Transport der Teile<br />
sowie ihre Präsentation vor dem Messsystem, so Moritz<br />
Leicht, der die Advic-2D-Anlagen als Projektleiter<br />
bei Automation W+R begleitet: „Bei herkömmlichen<br />
Ebenheitsprüfungen müssen die Bauteile absolut ru-<br />
42 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
»Von der Bildaufnahme bis<br />
zum Ergebnis kommen über<br />
70 Bildverarbeitungsalgorithmen<br />
zum Einsatz.«<br />
Paul Gruber, Automation W+R<br />
hig liegen, um vergleichbare Ergebnisse erzielen zu<br />
können.“ Ein wesentlicher Teil des Know-hows der<br />
Advic-Module steckt daher in einem eigens entwickelten<br />
Fördersystem, das Automation W+R nach<br />
langen Tests mit der gewünschten Genauigkeit realisieren<br />
konnte.<br />
Auf diesem speziellen Fördersystem werden die<br />
Bauteile unter einem Prüfkopf hindurchbewegt und<br />
auf ihre Ebenheit untersucht. Das eingesetzte Lasertriangulationssystem<br />
ist eine Eigenentwicklung von<br />
Automation W+R und besteht aus einem Laser der<br />
Schutzklasse 3B sowie aus zwei hochgenauen Kameras.<br />
Sie sind jeweils in einem bestimmten Winkel vor<br />
und hinter dem Laser angeordnet und ermöglichen<br />
nach dem Triangulationsverfahren die Aufnahme<br />
exakter Höhenbilder mit über 100.000 Messpunkten,<br />
die als Basis zur Vermessung der Bauteile dienen.<br />
Industrie-PC berechnet<br />
Ergebnisse in Echtzeit<br />
Die Berechnung der Ergebnisse aus den Kamerabildern<br />
erfolgt in Echtzeit auf einem Industrie-PC, der<br />
im zugehörigen Schaltschrank montiert ist und bei<br />
Überschreiten der vorgegebenen Toleranzen eine<br />
Ausschleuseeinheit ansteuert, um fehlerhafte Teile<br />
aus dem weiteren Prozess zu nehmen. Dieses Aussortieren<br />
kann je nach Kundenanforderung in der Anlage<br />
oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen – im<br />
beschriebenen System ist dieser Vorgang direkt nach<br />
der Teileprüfung integriert.<br />
Die zur Bildanalyse eingesetzte Software stellt<br />
nach Grubers Aussage eine weitere wichtige Kernkompetenz<br />
von Automation W+R dar: „Von der Bildaufnahme<br />
bis zum Ergebnis kommen über 70 Bildverarbeitungsalgorithmen<br />
zum Einsatz, die alle hausintern<br />
entwickelt wurden.“<br />
Die Benutzeroberfläche der Advic-2D-Anlagen ist<br />
mit einem großen Touchscreen ausgestattet und ermöglicht<br />
eine intuitive Einrichtung sowie einen<br />
schnellen Wechsel zwischen vorab hinterlegten Prüfprogrammen<br />
für verschiedene Bauteile. Bei Bedarf<br />
können sich Bediener mit entsprechenden Rechten<br />
die 3D-Darstellung der Messergebnisse einzelner<br />
Bauteile mit verschiedenen Optionen abrufen und so<br />
jederzeit die Qualität der Produktion überprüfen.<br />
Abhängig von der Größe und Geometrie der untersuchten<br />
Bauteile sind Taktzeiten von etwa einer halben<br />
Sekunde mit den vom Markt geforderten Genauigkeiten<br />
realisierbar. Derzeit können mit Advic 2D<br />
Bauteile zwischen 0,8 und 6,0 mm Dicke und einem<br />
Außendurchmesser von 90 bis 240 mm geprüft werden,<br />
doch laut Leicht ist das System bereits in der<br />
Weiterentwicklung, um zukünftig auch deutlich größere<br />
Prüfteile zu messen.<br />
Modulares Konzept für die<br />
100-%-Kontrolle<br />
Advic 2D ist nur eine Komponente der Linespect-Reihe<br />
von Automation W+R, die verschiedene modular<br />
aufgebaute, standardisierte Inline-Prüfzellen für die<br />
100-%-Bauteilkontrolle umfasst und je nach Größe<br />
und Geometrie der Prüfobjekte Stückzahlen von bis<br />
zu zehn Bauteilen pro Sekunde ermöglicht. Ein weiteres<br />
Element des Linespect-Angebots ist Advic 3D:<br />
Diese Module sind für die Prüfung dreidimensionaler<br />
Bauteile wie zum Beispiel Guss- oder Schmiedeteile<br />
ausgelegt.<br />
„Je nach Kundenanforderung können wir die Linespect-Module<br />
sehr flexibel kombinieren und auslegen“,<br />
sagt Gruber. „So besteht beispielsweise die<br />
Möglichkeit, zwei Advic-3D-Module mit einem zwischengeschalteten<br />
Wendesystem zu koppeln und auf<br />
diese Weise eine voll automatisierte beidseitige Inline-Prüfung<br />
flacher Objekte zu realisieren.“<br />
Die Benutzeroberfläche<br />
erlaubt einen schnellen<br />
Wechsel zwischen vorab<br />
hinterlegten Prüfprogrammen.<br />
Bild: Automation W+R<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 43
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Digitale Holographie in der Produktion<br />
Hohe Messraten,<br />
hochgenaue Messergebnisse<br />
Die digitale Mehrwellenlängenholographie hat sich zu einer der schnellsten und<br />
gleichzeitig genauesten Methoden zur Erfassung der Oberflächentopographie<br />
von Bauteilen in der Produktionslinie entwickelt. Sie ist vielseitig anpassbar<br />
und liefert bei hohen Messraten hochgenaue Messergebnisse.<br />
Im Jahr 2015 wurde<br />
der erste industrietaugliche<br />
Holographie-<br />
Sensor in die Fertigungslinie<br />
einer Präzisionsdreherei<br />
integriert.<br />
Die Prüfung von Präzisionsoberflächen stellt die<br />
Qualitätssicherung immer wieder vor große<br />
Herausforderungen – insbesondere bei der hochgenauen<br />
Geometrievermessung und zuverlässigen Detektion<br />
kleinster Defekte. Sichtprüfung und Machine-Vision-Systeme<br />
erfüllen selten alle Anforderungen<br />
bezüglich Zuverlässigkeit und Dokumentation,<br />
die an moderne Produktionsanlagen gestellt werden.<br />
Mit der digitalen Mehrwellenlängenholographie ist<br />
seit einigen Jahren ein optisches Verfahren im Einsatz,<br />
das zuverlässig eine vollständige dreidimensionale<br />
Erfassung von Bauteiloberflächen im Sub-Sekunden-Takt<br />
ermöglicht.<br />
Die Vermessung erfolgt dabei kontaktlos, hochpräzise<br />
und extrem schnell. Die Skalierbarkeit des Verfahrens<br />
ist ein weiterer Vorzug: Während beispielsweise<br />
für mikromechanische Bauteile feinste Strukturen<br />
aufgelöst werden müssen, können durch Anpassungen<br />
am optischen Aufbau auch Messfelder<br />
von 30 mm × 30 mm und deutlich darüber realisiert<br />
werden. Spiegelnde und raue Oberflächen können<br />
gleichermaßen vermessen werden. Auch Materialverbünde<br />
wie metallische Strukturen auf Kunststoffsubstraten<br />
sind gut messbar, ebenso Verbundwerkstoffe<br />
wie kohlefaserverstärkte Kunststoffe. Einzig<br />
Volumenstreuer, wie etwa verschiedene Keramiken<br />
Bild: Fraunhofer IPM<br />
44 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
oder transluzente Kunststoffe, lassen sich mit digitaler<br />
Mehrwellenlängenholographie nicht vermessen.<br />
Bei der digitalen Holographie wird der zu vermessende<br />
Prüfling flächig mit Laserlicht bestrahlt. Der<br />
Prüfling streut das Licht teilweise zurück zum Sensor.<br />
Dieses rückgestreute Licht wird in der Regel mit einem<br />
Objektiv eingesammelt und auf eine Kamera gelenkt.<br />
Dort wird es mit unbeeinflusstem Laserlicht –<br />
dem Referenzstrahl – überlagert: Die beiden Laserstrahlen<br />
interferieren und die vom Kamerachip erfassten<br />
Referenzbilder tragen die Information über<br />
die Form des Objekts in sich. Diese kann durch numerische<br />
Berechnungen aus den aufgenommenen Interferenzbildern<br />
gewonnen werden. Wiederholt man die<br />
Messung mit mehreren leicht unterschiedlichen Laserwellenlängen,<br />
können Messgenauigkeit und<br />
Messbereich gesteigert werden. Durch die Wahl der<br />
Laserwellenlängen und die Anpassung des optischen<br />
Aufbaus lässt sich das Verfahren an viele verschiedene<br />
Einsatzbereiche individuell anpassen.<br />
Über 100 Millionen 3D-Punkte pro<br />
Sekunde wurden realisiert<br />
Die Messrate des Verfahrens skaliert zum einen mit<br />
der Anzahl der benötigten Messpunkte und zum anderen<br />
mit dem Verhältnis aus Messauflösung zu<br />
Messbereich in z-Richtung. Benötigt man viele<br />
Messpunkte, kommt im Sensor eine Kamera mit höherer<br />
Pixelzahl zum Einsatz. Da für eine Messung<br />
mindestens sechs Bilder benötigt werden, ist die erreichbare<br />
Messrate in der Regel durch ein Sechstel<br />
der Bildrate limitiert. Mit modernen Industriekameras<br />
werden in bereits realisierten Sensoren Messraten<br />
von über 100 Millionen 3D-Punkten pro Sekunde<br />
realisiert. In Sonderfällen, zum Beispiel an spiegelnden<br />
Oberflächen, kann die Auswertung auch mit nur<br />
einem Kamerabild erfolgen, sodass die hier erzielbaren<br />
Messraten mehrere 100 Millionen 3D-Punkte pro<br />
Sekunde betragen können. Für größere axiale Messbereiche<br />
bei gleichbleibender Messauflösung wird<br />
die Zahl der verwendeten Laser erhöht, sodass auch<br />
die Anzahl der aufzunehmenden Bilder steigt. Die<br />
Messrate reduziert sich beispielsweise von 120 Millionen<br />
ausgewerteter 3D-Punkte pro Sekunde im Falle<br />
zweier Laser auf etwa 100 Mio. bei Verwendung<br />
dreier Laser.<br />
Eine Besonderheit der digitalen Mehrwellenlängenholographie<br />
ist die Möglichkeit des „nachträglichen<br />
Scharfstellens“: Nach Auswerten der Messdaten<br />
liegt im Rechner ein vollständiges Modell der<br />
Lichtwellen vor, die vom Objekt auf den Sensor gelangt<br />
sind. Wurde das Objekt oder ein Teil davon unscharf<br />
abgebildet, so kann man die Daten mithilfe<br />
numerischer Methoden so weiterverarbeiten, dass<br />
nachträglich ein scharfes Bild des<br />
Objekts berechnet wird. Dazu sind<br />
keine mechanische Bewegung und<br />
keine zusätzliche Datenaufnahme erforderlich.<br />
Metallische Dichtflächen, die beispielsweise<br />
in Einspritzdüsen bei Dieselmotoren<br />
Drücke von 2500 bar und<br />
mehr standhalten sollen, müssen mit Dr. Alexander Bertz<br />
sehr hoher Präzision hergestellt werden.<br />
Eine fortlaufende 100-Prozent- Geometrische<br />
Gruppenleiter<br />
Inspektion der Oberflächengenauigkeit<br />
ist dabei unabdingbar. Hierzu Fraunhofer IPM<br />
Inline-Messsysteme<br />
werden seit dem Jahr 2015 digitalholographische<br />
Holotop-Sensoren in<br />
www.ipm.fraunhofer.de<br />
der Linie eingesetzt. Typische Messfelder<br />
sind dabei etwa 20 mm<br />
× 20 mm groß. Die Bauteiltoleranzen bewegen sich<br />
in der Größenordnung von etwa 10 μm, sodass Messgenauigkeiten<br />
von etwa 1 μm benötigt und realisiert<br />
werden. Bei der Großserienfertigung solcher Bauteile<br />
spielt die digitale Holographie ihre Vorzüge aus: Die<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
• Gutlehrring/dorn aus Material HX wird in Gauger eingespannt<br />
• Werkstück wird zur Lehrung herangefahren, Pendelhalter erlaubt<br />
Bewegungen in 4 Richtungen ähnlich einer Lehrung von Hand<br />
• <br />
<br />
www.frenco.de<br />
Bild: Fraunhofer IPM<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 45<br />
FRENCO GmbH I Verzahnungstechnik I Messtechnik I 90518 Altdorf I www.frenco.de
SPECIAL » Fertigungsmesstechnik<br />
Beispielmessung einer Münze mit einem Messfeld von rund 19 mm × 19 mm und einer Messzeit von 60 ms. Links ist das Amplitudenbild zu sehen – vergleichbar<br />
mit einer klassischen Fotografie. Das Phasenbild in der Mitte stellt in jedem Pixel die Höheninformation als Grauwert dar. Rechts sind die Messergebnisse<br />
in 3D dargestellt. Die 9 Mio. 3D-Punkte in diesem Beispiel weisen eine Einzelpunktgenauigkeit von deutlich unter 1 μm auf.<br />
Bilder: Fraunhofer IPM<br />
Messdaten für eine Messung, die aus 9 Millionen<br />
3D-Punkten besteht, werden innerhalb von 60 ms<br />
aufgenommen. Dadurch wird eine 100-Prozent-Prüfung<br />
im Sekundentakt möglich – inklusive Handling.<br />
Ähnliche Oberflächengenauigkeiten müssen auch<br />
mikroelektronische Bauteile einhalten. Diese haben<br />
nicht selten über 100.000 elektrische Kontakte, die<br />
über Ball-Grid-Arrays mit ihrer Peripherie verbunden<br />
werden. Ball-Grid-Arrays sind nur wenige Mikrometer<br />
hohe Strukturen, die mit Sub-Mikrometer-Genauigkeit<br />
hergestellt und vermessen werden müssen,<br />
um sicherzustellen, dass alle Leitungen während des<br />
Fügeprozess verbunden werden. Für diese Anwendungen<br />
werden digital-holographische Sensoren verwendet,<br />
die 65 Millionen 3D-Punkte in einer Messung<br />
erfassen können. Die Aufnahme erfolgt dabei in<br />
weniger als 200 ms. Ein Messfeld ist etwa 18 mm<br />
× 14 mm groß, sodass eine laterale Abtastung in einem<br />
Zwei-Mikrometer-Raster erfolgt. Für die Höhenbestimmung<br />
der Mikrobumps werden Wiederholgenauigkeiten<br />
von weniger als 0,2 μm realisiert.<br />
Qualitätskontrolle<br />
in der Werkzeugmaschine<br />
Eine besonders kompakte Bauweise holographischer<br />
Sensoren ermöglicht auch eine echte 100-Prozent-<br />
Qualitätskontrolle in der Werkzeugmaschine: Solche<br />
Systeme – wie das Holotop NX – erfassen bis zu<br />
12,5 mm × 12,5 mm der bearbeiteten Bauteiloberfläche<br />
mit einer einzelnen Messung in unter 500 ms.<br />
Auch Abweichungen von wenigen Mikrometern können<br />
so ohne erneutes Einrichten des Werkstücks direkt<br />
in der Werkzeugmaschine nachbearbeitet und<br />
falsche Werkzeugzustellungen von wenigen Mikrometern<br />
detektiert werden. Die Auswertung erfolgt<br />
dabei durch eine integrierte Datenvorverarbeitung,<br />
was die Robustheit gegenüber Schwingungen deutlich<br />
erhöht. Mit einem Durchmesser von nur 125 mm<br />
und eine Höhe von 180 mm lässt sich ein solches<br />
System in vielen Werkzeugmaschinen einsetzen.<br />
Für die scannende Vermessung großskaliger Objekte<br />
und komplexer Bauteile – wie beispielsweise Zahnräder<br />
– wurden in der jüngeren Vergangenheit holographische<br />
Systeme entwickelt, die es ermöglichen,<br />
auch kontinuierlich bewegte Objekte zu vermessen.<br />
Diese können Höhendaten bei Geschwindigkeiten im<br />
Bereich mehrerer Zentimeter pro Sekunde mikrometergenau<br />
erfassen und rekonstruieren. Typische<br />
Messfeldgrößen variieren hier zwischen mikroskopischen<br />
Messfeldern von rund 3,5 mm× 0,4 mm mit<br />
0,5 μm lateraler Abtastung bis hin zu Makroabbildungen<br />
von 20 mm × 2 mm mit 4 μm lateraler Abtastung.<br />
Dabei ist jeweils die kürzere Seite durch die<br />
kontinuierliche Objektbewegung beliebig erweiterbar.<br />
Bild: Fraunhofer IPM<br />
Seit Ende 2015 vermisst der Holographie-Sensor<br />
Holotop rund 10 Millionen Teile jährlich in der Fertigungslinie<br />
einer Präzisionsdreherei. Die Messung des<br />
für die Anlage verwendeten Kalibrierteils verdeutlicht<br />
die Systemleistung: Neben der Geometrie des Bauteils,<br />
welches aus zwei unterschiedlichen Kegelflächen<br />
geformt ist, wird auch die Mikrostruktur der Oberfläche<br />
– hier als Falschfarbdarstellung – sichtbar. Klar zu<br />
erkennen sind beispielsweise die Bearbeitungsspuren<br />
oder auch Kerben an den Flanken.<br />
46 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
NEWS & PRODUKTE «<br />
Neue Richtlinie<br />
So werden Prüfmittel richtig kalibriert<br />
Eine Basis zur Bewertung neuer und gebrauchter<br />
Messmittel für geometrische<br />
Größen schafft die überarbeitete Richtlinie<br />
VDI/VDE/DGQ/DKD 2618 Blatt 1.1<br />
„Prüfmittelüberwachung – Anweisungen<br />
zur Überwachung von Messmitteln für<br />
geometrische Größen – Grundlagen“.<br />
Blatt 1.1 ist für die weitere Nutzung aller<br />
anderen Richtlinien der Reihe zwingend<br />
erforderlich, da sie die allgemein geltenden<br />
Forderungen bei der Überwachung<br />
von Messmitteln für geometrische Größen<br />
beinhaltet. Außerdem erklärt sie die<br />
Struktur der Richtlinienreihe, beschreibt<br />
wie die Ergebnisse zu dokumentieren sind<br />
und zeigt wie Kennwerte zur Bewertung<br />
der Ergebnisse ermittelt werden können.<br />
Herausgeber der Richtlinie ist die VDI/<br />
VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik<br />
(GMA).<br />
Die Richtlinie erleichtert die Zusammenarbeit<br />
von Messmittelherstellern, Anwendern<br />
und Anbietern von Kalibrierdienstleistungen<br />
und sollte als Arbeitsanweisung<br />
für die Durchführung der Prüfmittelüberwachung<br />
herangezogen werden.<br />
Die gesamte Richtlinienreihe VDI/VDE/<br />
DGQ/DKD 2618 enthält strukturierte Anweisungen<br />
zur Kalibrierung von handelsüblichen<br />
Messmitteln, die überwiegend in<br />
fertigungsnahen Bereichen eigesetzt werden.<br />
Bild: Andrey Popov/stock.adobe.com<br />
Koordinatenmesstechnik<br />
Multisensorik wird noch flexibler<br />
Bild: Werth<br />
Das Koordinatenmessgerät Scopecheck FB von Werth steht jetzt wahlweise<br />
mit einer, zwei oder drei unabhängigen Sensorachsen zur Verfügung.<br />
Die Multisensorik ist komplett integriert und kann daher ohne<br />
zeitaufwändige Sensorwechsel eingesetzt werden. Jeder Sensor ist an<br />
einer eigenen Z-Pinole montiert, die Parkpositionen befinden sich außerhalb<br />
des Messbereichs. Beispielsweise lassen sich der Multisensor<br />
aus Zoom und Laser Probe oder ein konventioneller Taster am Dreh-<br />
Schwenk-Gelenk an der dritten Pinole ergänzen. Mit Messbereichen<br />
von 530 mm x 500 mm x 350 mm bis 2130 mm x 1000 mm x 600 mm<br />
eignen sich die Geräte auch für die Messung größerer Werkstücke. Der<br />
Scopecheck FB lässt sich zudem mit einer flexiblen Dreh-Schwenk-<br />
Einheit ausstatten. Die neue Achse mit spezieller Lagerungstechnik ist<br />
auch für große und schwere Werkstücke geeignet.<br />
Korrosions- und Schadensanalyse<br />
Ifkorr jetzt unter dem Dach von Leadec<br />
Mit der Übernahme des Instituts für Korrosions-<br />
und Schadensanalyse (Ifkorr) in<br />
Magdeburg verstärkt Leadec sein Angebot<br />
für Werkstoffprüfung und Qualitätsmanagement.<br />
Im Fokus stehen dabei die Analysen<br />
von Schweißnähten und elektrochemische<br />
Korrosionsprüfungen.<br />
„Die Transformation zur E-Mobilität<br />
bringt neue Anforderungen sowohl an<br />
Prozesse als auch an Werkstoffe mit sich.<br />
Mit der Übernahme des Instituts für Korrosions-<br />
und Schadensanalyse vertiefen<br />
wir dieses Know-how und gewinnen neue<br />
Kompetenzen hinzu. Unsere Industriekunden<br />
setzen auf unser Expertenwissen und<br />
unsere Fachkompetenz hinsichtlich der<br />
Qualitätsprüfung“, sagt Dr. Achim Agostini,<br />
Executive President der Division Global<br />
Automation & <strong>Engineering</strong> bei Leadec.<br />
Moderne Prüfgeräte, lückenlose Analysen<br />
im eigenen Labor oder beim Kunden vor<br />
Ort und schnelle Reaktionszeiten zeichnen<br />
das Institut für Korrosions- und<br />
Schadensanalyse aus Magdeburg aus. Es<br />
verstärkt die Leadec-Division Global Automation<br />
& <strong>Engineering</strong> vor allem im Bereich<br />
Qualitätsmanagement. Ein weiterer<br />
Fokus des Ifkorr liegt auf der Analyse von<br />
Schweißnähten. Dafür steht zum Beispiel<br />
die inhouse entwickelte Software Weldone<br />
zur Verfügung.<br />
Bild: Leadec<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 47
» NEWS & PRODUKTE<br />
Neue Industriekameras<br />
Erkennt sogar Kratzer auf Oberflächen<br />
Bild: IDS<br />
Die neuen Ueye FA Industriekameras von<br />
IDS sind besonders widerstandsfähig und<br />
eignen sich damit sehr gut für anspruchsvolle<br />
Umgebungsbedingungen. Die Gehäuse<br />
der Ueye FA Modelle, Objektivtuben<br />
und die verschraubbaren Steckverbinder<br />
(8-poliger M12-Ethernet-Stecker<br />
mit X-Kodierung und 8-poliger Binder-<br />
Stecker) erfüllen die Anforderungen der<br />
Schutzart IP65/67.<br />
Die GigE-Kameras können entweder mit<br />
12–24 V oder alternativ als isolierter<br />
Power-over-Ethernet-Aufbau betrieben<br />
werden. Power over Ethernet (POE) ermöglicht<br />
den praktischen Einkabelbetrieb<br />
bis zu einer Maximallänge von 100 m. Die<br />
neuen Kameras werden typischerweise<br />
für Machine-Vision-Aufgaben in Industrieanlagen<br />
und der Qualitätssicherung<br />
eingesetzt. Softwareseitig werden sie beispielsweise<br />
von dem IDS Peak SDK unterstützt.<br />
Die Kamera-Familie besteht aus drei neuen<br />
Sensoren: Sowohl der 12 MP Rolling<br />
Shutter Sensor IMX226 (4000 x 3000 px)<br />
als auch der 20,44 MP Rolling Shutter<br />
Sensor IMX183 (5536 x 3692 px) stammen<br />
aus der Starvis-Reihe von Sony. Sie<br />
punkten dank Back-Side-Illumination-<br />
Technologie mit sehr hoher Lichtempfindlichkeit<br />
und geringem Rauschen.<br />
Der 5 MP Polarisationssensor IMX250MZR<br />
spielt seine Stärken vor allem bei schwachem<br />
Kontrast oder reflektierendem Licht<br />
aus. Er hilft dabei, Kratzer auf Oberflächen<br />
oder die Spannungsverteilung innerhalb<br />
transparenter Objekte zu erkennen.<br />
So werden Details sichtbar, die anderen<br />
Sensoren verborgen bleiben.<br />
3D-Software<br />
Leichter bedienbar, höhere Auflösungen<br />
Bild: Creaform<br />
Mit der neuen Version VX-Elements 9.0 optimiert Creaform seine 3D-Softwareplattform,<br />
welche die gesamte Produktpalette von 3D-Scan- und Messtechnologien<br />
unterstützt. Zu den wichtigsten Vorteilen der neuen Version<br />
zählt der VX-Elements Viewer: Diese kostenlose Version der Plattform wird<br />
zum Teilen von Daten verwendet und erlaubt es Kunden oder Kollegen außerhalb<br />
des Teams, Scandaten sowie Inspektionsprogramme von VX-Inspect sofort<br />
darzustellen, was die Kommunikation in gemeinsamen Projekten einfacher<br />
und schneller macht. Die neue Funktion Smart Resolution steht für die neuste<br />
Generation von Creaforms 3D-Scannern zur Verfügung und erlaubt die Erstellung<br />
von Scans mit verschiedenen Auflösungen, um Details, Kanten und starke<br />
Krümmungen besser nachbilden zu können. Höhere Auflösungen lassen sich<br />
dabei automatisch durch die Software-Intelligenz erstellen, über den Scanner<br />
auslösen oder aus einer Auswahl auf dem Netz oder von der Vorlage erzeugen.<br />
Mess-Software<br />
Deutlich schneller zu den Messergebnissen<br />
Freiformflächen und Punktemengen berechnet<br />
die neue Version der Mess-Software<br />
Calypso von Zeiss 20 mal schneller<br />
als die Vorgängerversion. Zudem können<br />
Anwender der Multisensor-Messgeräte<br />
O-Inspect damit den Messvorgang jetzt<br />
erheblich beschleunigen, denn in der neuesten<br />
Software-Version lassen sich unnötige<br />
Maschinenbewegungen aussparen<br />
und Messelementsortierungen einbinden.<br />
Außerdem bündelt die neue Version möglichst<br />
viele Messelemente in einer Kameraposition,<br />
die mittels einer vorzugeben-<br />
den Zoomstufe automatisch ermittelt<br />
werden. Bei einem Messvergleich erzielt<br />
Calypso 2021 an der O-Inspect damit eine<br />
Messzeitoptimierung von bis zu 270 %.<br />
Die neue Option Calypso Dynamic Planning<br />
ermöglicht zudem eine einfache Anpassung<br />
des Prüfumfangs auf Basis von<br />
Dynamisierungsregeln aus MES/CAQ-Lösungen.<br />
Durch die Anwendung der Dynamisierungsregeln<br />
sind deutliche Zeiteinsparungen<br />
während des Messablaufs<br />
möglich. Ein weiterer Vorteil: Da die Anwender<br />
die Prüfpläne selbst nicht verändern,<br />
müssen diese auch nicht erneut<br />
aufwändig zertifiziert werden.<br />
Neben der Beschleunigung des reinen<br />
Messprozesses optimiert die neue Software-Version<br />
von Zeiss auch die Programmierung.<br />
Bild: Zeiss<br />
48 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
Messtechnik<br />
Mahr mit neuer Geschäftsführung<br />
Wechsel an der Spitze von Mahr: Chief<br />
Executive Officer (CEO) Stephan Gais ist<br />
in den Beirat gewechselt; sein Nachfolger<br />
ist Manuel Hüsken. Hüsken verantwortete<br />
als Geschäftsführer beim Göttinger Messtechnikspezialisten<br />
bislang die Bereiche<br />
Vertrieb, Marketing, Anwendungstechnik,<br />
Service und Kundenlösungen. Er wird die<br />
Unternehmensgruppe in Zukunft gemeinsam<br />
mit Udo Erath (COO) und Dr. Lutz<br />
Aschke (CFO/CIO) gleichberechtigt führen<br />
und als Sprecher der Geschäftsführung<br />
fungieren.<br />
Die drei Manager haben nun die verantwortungsvolle<br />
Aufgabe, die neu entwickelte<br />
Strategie zur Umsetzung zu bringen.<br />
„Als Technologieunternehmen in Familienhand<br />
steht Mahr für Vertrauen und<br />
Nachhaltigkeit. Diesem Anspruch möchten<br />
wir auch in Zukunft mit intelligenten<br />
und nutzerfreundlichen Lösungen gerecht<br />
werden und damit die Basis für kräftiges<br />
Wachstum legen“, so Hüsken.<br />
Nach knapp 30 Jahren bei Mahr verabschiedete<br />
sich Gais Ende Juni aus der Geschäftsführung.<br />
Er beendete damit seine<br />
Bild: Mahr<br />
operative Tätigkeit für das Göttinger Familienunternehmen,<br />
bleibt der Mahr-<br />
Gruppe aber als Mitglied im Beirat erhalten.<br />
„Eine Menge ist in den drei Jahrzehnten<br />
passiert“, resümiert Gais. Gemeinsam<br />
habe man viel erreicht: „Mahr hat einen<br />
ausgezeichneten Namen bei Kunden in<br />
der ganzen Welt und unser Portfolio ist<br />
zukunftsfähig aufgestellt.“<br />
Führungswechsel<br />
Erste Frau an der Spitze der PTB<br />
Bild: Evelyn Hülsheger, WWU Münster<br />
In der Führungsebene der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) steht ein wichtiger Personalwechsel<br />
an. Ab 1. Mai 2021 wird die Physikerin Prof. Dr. Cornelia Denz von der Westfälischen<br />
Wilhelms-Universität Münster die PTB leiten. Der derzeitige Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Joachim<br />
Ullrich scheidet dann altersbedingt aus. In der 135-jährigen Geschichte wird Denz die erste Frau<br />
an der Spitze des nationalen Metrologieinstituts sein. Für sie ist die PTB keine Unbekannte – und<br />
umgekehrt. Seit vielen Jahren engagiert sie sich im Kuratorium der PTB und ist daher mit den Aufgaben<br />
und Zielen der Bundesanstalt bestens vertraut. „Ich freue mich sehr über diese Berufung“,<br />
sagt Denz. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die PTB mit ihrer weitreichenden Messkunst einen<br />
wegweisenden Beitrag zu den systemischen Herausforderungen der anstehenden technischen<br />
und gesellschaftlichen Transformationen leisten wird.“ Ihr wissenschaftlicher Werdegang führte<br />
Denz von der Technischen Universität Darmstadt zur Universität Münster. Dort hat sie seit 2003<br />
den Lehrstuhl für Experimentalphysik mit Schwerpunkt Angewandte Physik inne. Seit 2004 ist sie<br />
außerdem Direktorin des Instituts für Angewandte Physik.<br />
Elektromobilität<br />
Neues Batterietestzentrum bei der BAM<br />
Die Bundesanstalt für Materialforschung<br />
und -prüfung (BAM) hat in Berlin ein Batterietestzentrum<br />
eröffnet. In dessen Fokus<br />
stehen Untersuchungen zur Sicherheit<br />
– vor allem der so genannte Thermal<br />
Runaway, eine Kettenreaktion, die zu extrem<br />
hohen Temperaturen und Bränden<br />
führen kann – sowie nachhaltige Batteriematerialien.<br />
Die Untersuchungen der<br />
BAM dazu fließen auf nationaler und internationaler<br />
Ebene in Regelwerke und<br />
die Normung ein. „Im neuen Batterietestzentrum<br />
werden wir vor allem zum State<br />
of Safety, dem Sicherheitszustand von<br />
Batterien und Zellen, forschen“, sagt die<br />
Leiterin Dr. Anita Schmidt. „Wir setzen<br />
einzelne Zellen, ganze Batterien oder batteriebetriebene<br />
Geräte gezielt mechanischen,<br />
thermischen oder elektrischen Belastungen<br />
aus. Aus den multisensorisch<br />
und mit bildgebenden Verfahren erfassten<br />
Daten leiten wir Schlussfolgerungen für<br />
die Sicherheitsbewertung und den State<br />
of Safety ab.“<br />
Die Testeinrichtungen erlauben es etwa,<br />
Akkus mit hohen Laderaten zyklisch zu laden<br />
und damit ihre beschleunigte Alterung<br />
zu simulieren. Ergänzt werden die<br />
Einrichtungen durch einen Batterie-<br />
Großprüfstand auf dem Testgelände Technische<br />
Sicherheit der BAM in Brandenburg.<br />
Bild: BAM<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 49
» QUALITY WORLD<br />
Künstliche Geruchserfassung<br />
Mit dem richtigen Riecher<br />
Forschende verschiedener Institute haben gemeinsam eine elektronische Nase<br />
mit einem künstlichen Geruchssinn entwickelt: Mit hoher Präzision kann sie<br />
unterschiedliche Minzarten erkennen – damit eignet sie sich unter anderem für<br />
Anwendungen in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle.<br />
Bild: Amadeus Bramsiepe, KIT<br />
Bislang kennt die Forschung schätzungsweise<br />
100.000 unterschiedliche<br />
biologische Verbindungen, über die<br />
benachbarte Pflanzen miteinander interagieren<br />
oder andere Organismen wie Insekten<br />
steuern“, sagt Professor Peter Nick<br />
vom Botanischen Institut des Karlsruher<br />
Instituts für Technologie (KIT). „Diese Verbindungen<br />
sind bei Pflanzen der gleichen<br />
Gattung sehr ähnlich.“<br />
Ein klassisches Beispiel in der Pflanzenwelt<br />
sei die Minze, bei der die verschiedenen<br />
Sorten mit sehr artspezifischen Duftstoffen<br />
ausgestattet seien. Insbesondere<br />
die industrielle Überwachung von Minzöl<br />
unterliege zum Vermeiden von Fälschungen<br />
einer strengen gesetzlichen Regelung,<br />
sei zeitaufwendig und erfordere viel<br />
Geschick, so der Wissenschaftler. Diese<br />
Aufgabe soll künftig eine elektronische<br />
Die Kombination von Sensoren und Materialien ermöglicht den künstlichen Geruchssinn.<br />
Nase unterstützen, die Forschende vom<br />
Botanischen Institut, vom Institut für<br />
Funktionale Grenzflächen (IFG), vom Institut<br />
für Mikrostrukturtechnik (IMT) und<br />
vom Lichttechnischen Institut (LTI) des<br />
KIT gemeinsam entwickelt haben.<br />
Mensch dient als Vorbild<br />
Bei der Entwicklung orientierte sich das<br />
Forschungsteam so weit wie möglich am<br />
biologischen Vorbild: Die Geruchszellen,<br />
die beim Menschen Informationen über<br />
elektrische Impulse ans Gehirn geben, ersetzten<br />
sie durch insgesamt zwölf spezielle<br />
Sensoren. Diese bestehen aus zwei<br />
Elektroden mit einem Quarzkristall. „Die<br />
Duftstoffe der Minze lagern sich auf der<br />
Oberfläche der Sensoren ab. Dadurch ändert<br />
sich deren Resonanzfrequenz, und<br />
wir erhalten eine Reaktion auf den jeweiligen<br />
Duft“, erläutert Professor Christof<br />
Wöll vom IFG.<br />
Die elektronische Nase haben die Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler<br />
mit sechs verschiedenen Minzarten getestet<br />
– darunter klassische Pfefferminze,<br />
Pferdeminze und Katzenminze. „Mit unterschiedlichen<br />
Methoden des Maschinellen<br />
Lernens trainieren wir die Sensoren<br />
so, dass sie aus den gesammelten Daten<br />
den Fingerabdruck des jeweiligen Dufts<br />
erstellen und so die Düfte voneinander<br />
unterscheiden können“, erläutert Wöll.<br />
Die Ergebnisse des interdisziplinären<br />
Forschungsteams haben gezeigt, dass die<br />
elektronische Nase die Minzdüfte mit hoher<br />
Spezifität einer Art zuordnen kann.<br />
Zusätzlich sei die Technologie eine benutzerfreundliche,<br />
zuverlässige und kostengünstige<br />
Alternative zu herkömmlichen<br />
Methoden wie Massenspektrometrie, so<br />
Wöll.<br />
50 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021
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bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />
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zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach<br />
Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils<br />
vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen<br />
aus technischen Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein<br />
Anspruch auf Ersatz.<br />
Auslandsvertretungen:<br />
Großbritannien: Jens Smith Partnership, The Court, Long<br />
Sutton, GB-Hook, Hampshire RG29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info;<br />
USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />
19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881,<br />
Fax +1 212 6293988, detleffox@com cast.net<br />
Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors,<br />
nicht unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt<br />
eingesandte Berichte keine Gewähr.<br />
Eingesandte Manuskripte unterliegen der evtl. redak tionellen<br />
Kürzung oder Erweiterung. Korrekturabzüge können leider<br />
nicht zur Verfügung gestellt werden.<br />
Alle in <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> erscheinenden Beiträge sind<br />
urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen,<br />
vorbehalten. Reproduktionen gleich welcher Art nur<br />
mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />
Druck:<br />
Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen<br />
Printed in Germany<br />
© 2021 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
Automation W+R 42<br />
Blum-Novotest 36<br />
Böhme & Weihs 9<br />
Bruker Alicona 34<br />
Bundesanstalt für Materialforschung<br />
und -prüfung (BAM) 49<br />
Cirp 27<br />
Consense 9, 16<br />
Creaform 48<br />
dk Fixiersysteme 39<br />
Dr. Heinrich Schneider Messtechnik 8<br />
Fraunhofer IPA 27, 30<br />
Fraunhofer IPM 31,45<br />
Frenco 45<br />
Hochschule Esslingen 12<br />
IDS 48<br />
KIT 50<br />
Landesmesse Stuttgart 13<br />
Leadec 47<br />
LMI Technologies 20<br />
Micro-Epsilon 3<br />
Mitutoyo 7, 38<br />
OGP Meßtechnik 41<br />
Ophir Spiricon 40<br />
Physikalisch-Technische<br />
Bundesanstalt (PTB) 49<br />
Wo Qualität drauf steht,<br />
ist auch Qualität drin.<br />
Renishaw 8, 32<br />
Reusch Rechtsanwälte 25<br />
Rhein SQM 22<br />
Shimadzu Deutschland 33<br />
Siemens 10<br />
sonoro audio 52<br />
SVS – VISTEK 17<br />
VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und<br />
Automatisierungstechnik (GMA) 47<br />
Visiconsult 27<br />
Volume Graphics 27<br />
Wenzel 7, 20, 27<br />
Werth 2, 20, 47<br />
wirth + partner 24<br />
Zeiss 6, 20, 48<br />
Vier Ausgaben im Jahr sorgen für maximalen Lesenutzen<br />
und Leselust. QUALITY ENGINEERING widmet sich seit<br />
2013 ausschließlich und umfangreich der Story hinter der<br />
Firma, dem Produkt oder der Lösung, aber auch den Strategien<br />
und Problemen rund um die Qualität.<br />
www.qe-online.de<br />
Kooperationspartner:<br />
AFQ Akademie für<br />
Qualitätsmanagement<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021 51
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DESIGN <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 04 | 2021