Tausende von Sternen mussten geboren werden und wieder sterben, damit die auf unserer Erde vorkommenden Materialien entstehen konnten, aus denen wir Menschen letztendlich selbst gebaut sind. Kinder des Weltalls Während die Erklärungsversuche zur <strong>Herkunft</strong> der Menschheit oft mythische Elemente beinhalten, bleibt unser eigentlicher Ursprung dennoch im Dunkeln. Dagegen ist die <strong>Herkunft</strong> des «Baumaterials», aus dem der Mensch besteht, wesentlich besser erforscht. <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Elemente <strong>Herkunft</strong> 27 Text: Andreas Walker Foto: Reha Mark, Shutterstock Nach heutiger Kenntnis leben wir in einem Universum, das vor etwa 13 Milliarden Jahren entstand. Aus einer gewaltigen Explosion, dem «Urknall», ging ein extrem kleiner Feuerball mit unvorstellbarer Dichte und Temperatur hervor – das frühe Universum. Als Folge der Explosion begann es, sich auszudehnen, ein Vorgang, der bis heute immer noch andauert. Mehrere Hunderttausend Jahre nach dem Urknall hatten sich riesige Mengen an Wasserstoff, dem leichtesten Element, das aus einem Proton und einem Elektron besteht, sowie etwas Helium und Spuren von Lithium gebildet. Physiker rätseln heute noch, warum die Schöpfungsgeschichte nicht schon kurz nach dem Urknall abbrach. Rein theoretisch hätte sich nämlich der Wasserstoff ziemlich regelmässig im Universum verteilen können und wäre dann als Wolke im All geblieben, die mit der Expansion des Universums immer dünner geworden wäre. Hätte das Universum diese Entwicklung durchgemacht, wäre es gestorben, bevor etwas aus ihm entstanden wäre, oder anders ausgedrückt: Es hätte in einem gigantischen Raum geendet, in dem nur Wasserstoffwolken schwebten. Die Natur hatte aber eine andere Entwicklung vorgesehen. Durch Zusammenballung von Materie bildeten sich im Laufe der Zeit die Sterne, die in riesigen Haufen, den Galaxien, angeordnet waren. Galaxien sind gigantische Ansammlungen von mehreren 100 Mil liarden Sternen. Auch die Anzahl der Galaxien selbst schätzt man heute auf über 100 Milliarden. Gasmassen verdichteten sich zu Sternen So bildete sich vor Milliarden von Jahren aus Materie der Urwolke auch eine sich drehende Gasspirale – unsere Ur-Milchstrasse. Als sich die Gasmassen langsam zu Sternen verdichteten, entstanden die Sonnen. Massive Sterne der ersten Generation verschmolzen Wasserstoff zu Helium und schwereren Elementen. Da diese massiven Sterne kurzlebig waren und gegen Ende ihres Lebens instabil wurden, zerbarsten sie «bald» in hellen Supernova-Explosionen – übrig blieben ein Sternrest und eine gigantische Gaswolke. Vor einigen Milliarden Jahren verdichtete sich auch eine Wolke von Staub und Gas am Rande der Milchstrasse. In ihrem Zentrum bildete sich ein dichter, heisser Kern, aus dem ein gelber Stern entstand – unsere Sonne. Man nimmt heute an, dass sich die verbleibende Materie in konzentrischen Kreisen um die neugebo rene Sonne sammelte, aus der schliesslich vor etwa 4,8 Milliarden Jahren die 8 Planeten, diverse Zwergplaneten, mindestens 60 Monde, Tausende von Asteroiden und unzählige von Meteoroiden und Kometen her vor gingen. Die Entwicklungsstadien der Sonne und anderer Sterne Die Sonne befindet sich gegenwärtig ziemlich genau in der Mitte ihres Lebens. Für die «nächste Zukunft» – einige 100 Millionen Jahre – wird sie mit der gleichen Konstanz strahlen wie heute. Danach wird ihre Leuchtkraft langsam zunehmen, und sie wird sich aufblähen, bis sie etwa eineinhalbmal so gross ist wie heute und etwa doppelt so hell. Gleichzeitig wird es deshalb auf der Erde unerträglich heiss mit der Folge, dass die Polkappen abschmelzen und die Landmassen sich in Wüsten verwandeln. In rund fünf Milliarden Jahren schliesslich wird der Wasserstoffvorrat im Inneren der Sonne verbrannt sein. Der Kern schrumpft dann durch seine eigene Schwerkraft zusammen und heizt sich auf, bis die Kernverschmelzungsprozesse in äusseren Bereichen einsetzen, wo noch Wasserstoff vorhanden ist. Dabei dehnt sich die Sonne noch weiter aus, gleichzeitig kühlt ihre Oberfläche ab. In diesem Stadium wird sie zu einem roten Riesenstern, der etwa 100-mal heller ist als die heutige Sonne und der sich bis zur Merkurbahn ausdehnen wird. Auf unserer Erde wird dann ein «Backofenklima» herrschen, in dem die Ozeane verdampfen und die Erdoberfläche glühend heiss wird. Nach einigen weiteren Millionen von Jahren wird die Temperatur im Heliumkern der roten Riesensonne auf rund 100 Millionen Grad ansteigen. Dann wird die Verschmelzung von Heliumatomen zu Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen beginnen. Von diesem Zeitpunkt an sammelt sich im Zentrum der Sonne Kohlenstoff an. Im weiteren Verlauf schrumpft der Kern erneut, und die Heliumbrennzone wandert nach aussen. Damit bläht sich der Rote Riese derart gigantisch auf, dass er die Erde verschlucken wird. Schliesslich stösst die Sonne in einem Zeitraum von etwa 100 000 Jahren ihre äusseren Schichten in den Weltraum ab. Diese Gaswolke expandiert als so genannter planetarischer Nebel immer weiter ins All, und im Zentrum bleibt ein heisser, lichtschwacher Stern zurück – es ist der freigelegte Kern der roten Riesensonne. > Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>