City-Magazin-Ausgabe-2021-12-Linz
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Aichhorn, „ob Sanitäter,
Notarzt oder Krankenschwester;
sie alle nehmen
sich nebenbei Zeit, um
Wunschfahrten zu begleiten.“
Aus Liebe zum Helfen,
sozusagen. „Mir war bei
der Gründung des Vereins
wichtig, dass wir staatlich
nicht subventioniert sind“,
so Aichhorn weiter, „ebenso
sind wir komplett unpolitisch
und unparteiisch.
Ob grün, blau, rot, lila, gelb
oder bunt – wir freuen uns
über jede helfende Hand,
die uns gereicht wird.“
Ein Engel, der rollt.
Die Namensfindung entstand
spontan: „Wir wollten
auf jeden Fall etwas
Positives mit einbringen, etwas Schönes
und Hoffnungsvolles. Daher das Symbol
des Engels. Und nachdem wir auf unseren
Wunschfahrten auf vier Rädern unterwegs
sind, hat sich das mit dem Rollen
angeboten.“ Die „rollende Intensivstation“,
wie Aichhorn den Wunschfahrt-Wagen
bezeichnet, ist so ausgestattet, dass jeder
medizinische Notfall darin transportiert
werden kann. Allerdings sollte der „Engel“
nicht das Ambiente eines „klassischen
Rettungsautos“ haben, so der 41-jährige:
„Das assoziieren viele kranke und sterbende
Menschen mit etwas Negativem ... alles
steril, Beatmungsgeräte und so weiter. Deshalb
war es uns ganz wichtig, eine Wohlfühl-Atmosphäre
zu schaffen, wie in einem
heimeligen Wohnzimmer.“ Was auch gelang:
Der umgebaute Schulbus präsentiert
sich in den Farben Weiß und Hellblau und
wirkt wie ein gemütliches Wohnmobil, mit
dem man in den Urlaub fährt. „Es ist ja irgendwie
die letzte Reise unserer Fahrgäste“,
sagt Florian Aichhorn, „und die soll so
schön wie nur irgend möglich sein.“ Kreative
Blumendeko, eine Schale mit frischem
Obst und Knabbereien, ein TV und insbesondere
die stimmungsvolle LED-Beleuchtung
werten die Inneneinrichtung auf:
„Von Ferrari-Rot bis Gösser-Grün; unsere
Fahrgäste dürfen die Farbgebung natürlich
selbst bestimmen.“ Auch lässt es sich von
innen wunderbar nach draußen blicken:
„Von draußen kann man allerdings nicht
ins Innere schauen.“ Um die Privatsphäre
der Fahrgäste zu wahren.
Maskottchen. Ein besonderer Gast,
der auf jeder Wunschfahrt mit dabei ist,
ist Teddybär „Ben“, der ganz vorne sitzt
und als Schutzpatron fungiert. „Ein Geschenk
eines kleinen Jungen, dem wir
den letzten Wunsch erfüllen durften. Er
›› Dinge, die unsereins
als selbstverständlich
erachtet, bedeuten
für Sterbende alles
hieß Ben und wollte, dass
sein Teddy noch viel von
der Welt sieht. Nach seinem
Tod schickte uns die
Mutter ein Paket mit seinem
Plüschbären. Nun ist
er unser Maskottchen.“
Beim Kauf eines Teddys
um 11,00 € werden 10 km
Wunschfahrt ermöglicht.
Die Nachfrage ist groß.
Letzte Wünsche. Diese
gestalten sich oft recht
einfach: „Ob Ballonfahrt,
einmal noch einen guten
Schweinsbraten essen, die
geliebte Katze streicheln
oder an Weihnachten mit
der Familie vorm Christbaum
stehen – viele Dinge,
die unsereins als selbstverständlich
erachtet, bedeuten für Sterbende
alles.“ Ein Umstand, der Florian Aichhorn
selbst immer wieder zum Nachdenken
bringt: „Man lernt vermeintliche Kleinigkeiten
wieder mehr schätzen.“ Emotional
fordernd ist die Tätigkeit als „Wunscherfüller“
selbstverständlich sehr: „Aber es
kommt unglaublich viel zurück.“ Dankbarkeit,
Ehrlichkeit und unsagbare Freude:
„Unsere Fahrgäste sind meist sehr gut
gelaunt, machen Schmähs und können sich
vor Freude kaum halten. Schwerer ist es da
oftmals für die Angehörigen, die wissen,
dass sie Abschied nehmen müssen.“
Spuren der Liebe. Auch Aichhorn
und seine Kollegen stoßen häufig an ihre
psychischen Grenzen: „Man glaubt, alles
schon gesehen und erlebt zu haben. Dem
ist aber nicht so. Man wird Teil der Familien,
Teil ihrer Schicksale und Geschichten.“
Doch so „weh“ es manchmal auch tut: „Die
leuchtenden Augen und Tränen der Freude
sind es allemal wert, weiterzumachen.
Das inspiriert und motiviert uns.“ Weil‘s
einfach gut tut, Gutes zu tun – egal, ob im
„großen“ oder „kleinen“ Rahmen –denn,
wie ein Zitat von Albert Schweitzer besagt:
„Wirklich wichtig sind die Spuren der Liebe,
die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Zum Abschluss fragt unsere Redakteurin,
ob es einen Wunsch gibt, den sich die „rollenden
Engel“ gerne erfüllen würden. Aichhorns
Antwort: „Dass sich die Menschen,
besonders in aufwühlenden Zeiten wie diesen,
mit weniger Aggressivität und mehr
Respekt begegnen. Letztendlich ist es doch
das, was wirklich zählt.“
Mithelfen. Unterstützen Sie den Verein
„Rollende Engel“ durch eine Spende (Spendenkonto
AT79 3468 0000 0303 9500)
oder informieren Sie sich auf der offiziellen
Website: www.rollende-engel.at
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BUSSI. Die unheilbar kranke L. (26) konnte
endlich ihren Welpen in die Arme schließen
BESCHEIDEN. Fr. M. wollte vor ihrem Tod die
Aussicht am Linzer Pöstlingberg genießen
LEBWOHL. Hr. J. durfte sich persönlich bei
seiner großen Schwester verabschieden
LILLY. Hr. R. wünschte sich, noch einmal
mit seiner geliebten Katze zu kuscheln.
GUT AUFGEHOBEN. Fr. N. mit ihren Angehörigen
und „Wunscherfüllern“ im „Engel“-Mobil