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Regio-Journal 10/2021

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Themen & Hintergründe<br />

Saarland lockert weitreichend Corona-Maßnahmen<br />

(ta) Nach der Wahl ist vor der Wahl: Nur wenige Tage nach der<br />

Bundestagswahl lockert der saarländische Ministerpräsident<br />

Tobias Hans zahlreiche Corona-Maßnahmen und erntet hierfür<br />

Kritik.<br />

Seit 1. Oktober darf wieder – beispielsweise – in Clubs getanzt<br />

werden – ohne Abstand, ohne Personenbegrenzung. Natürlich<br />

unter Einhaltung der 3G-Regel – Geimpft, Genesen, Getestet.<br />

Somit wird das Tanzen in Clubs wieder möglich, das Feiern im<br />

Fußballstadion ohne verpflichtende Abstände ebenfalls. Die<br />

Personenbegrenzung wird quasi vollständig aufgehoben. Jetzt<br />

also nicht mehr das Saarland-Modell, sondern das Saarland-<br />

Modell Plus.<br />

Auch im privaten Bereich wurden alle Kontaktbeschränkungen<br />

aufgehoben. In allen öffentlichen Räumen, Gaststätten oder<br />

Stadien gilt die 3G-Regel.<br />

Lediglich im ÖPNV, in geschlossenen Räumen mit Kunden- und<br />

Besuchsverkehr sowie in bestimmten Arbeitsumgebungen bleibt<br />

die Maskenpflicht erhalten. In Schulgebäuden entfällt sie<br />

vollständig. Kritik insbesondere für die Aufhebung der Maskenpflicht<br />

an Arbeitsplätzen erntet die Landesregierung um CDU-MP<br />

Hans von den saarländischen Unternehmerverbänden. Diese<br />

So hat das Saarland gewählt<br />

Zweitstimmen<br />

Bundestagswahl <strong>2021</strong>, Saarland<br />

Vorläufiges Ergebnis, 27.09.<strong>2021</strong>, 00:09:58<br />

37,3<br />

kritisiert die Rechtsunsicherheit, die durch das Aufheben der<br />

Maskenpflicht geschaffen wurde und empfiehlt den Unternehmen,<br />

an der Maskenpflicht festzuhalten. Da nach aktuellem<br />

Bundesrecht durch das Arbeitsschutzrecht die Maskenpflicht<br />

gegeben sei, sollten Arbeitgeber daran festhalten. Der Homburger<br />

Virologe Jürgen Rissland findet im SZ-Interview ebenfalls wenig<br />

positives am Vorstoß der Landesregierung. Wörtlich sagte er:<br />

„Wenn man es ein wenig überspitzt ausgedrückt: Einige Wissenschaftler<br />

fordern den World-Freedom-Day für den 30. Oktober.<br />

Das Saarland hat ihn auf den 1. Oktober vorverlegt“. Rissland<br />

nannte das Saarland-Modell-Plus ein „infektions- epidemiologischen<br />

Experiment“. Man müsse zwar manchmal etwas probieren,<br />

er selbst hätte aber gerne etwas zurückhaltender agiert. Rissland<br />

treibt die Sorge um, dass man „nicht darumkommen wird, Lockerungen<br />

wieder zurückzunehmen“. Er selbst schätzt, dass bereits<br />

in sechs Wochen Verschärfungen anstehen.<br />

Saar-MP Hans führte weiter aus, dass Corona damit nicht beendet<br />

sei. Das Virus begleite „uns noch eine ganze Zeitlang“. Bei einer<br />

Verschlechterung der Infektionslage und einer angespannteren<br />

Krankenhaussituation, werde man das „Saarland Modell“ erneut<br />

anpassen.<br />

Gewinne/Verluste: Zweitstimmen<br />

Bundestagswahl <strong>2021</strong>, Saarland<br />

Vorläufiges Ergebnis, 27.09.<strong>2021</strong>, 00:09:58<br />

<strong>10</strong><br />

<strong>10</strong>,1<br />

30<br />

20<br />

<strong>10</strong><br />

0<br />

23,6<br />

<strong>10</strong>,0<br />

11,5 <strong>10</strong>,5<br />

7,2<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-<strong>10</strong><br />

3,9<br />

0,6<br />

-0,0<br />

-5,7<br />

-8,8<br />

CDU SPD DIE LINKE AfD FDP Übrige<br />

CDU SPD DIE LINKE AfD FDP Übrige<br />

© Die Aktuelle Landeswahlleiterin, Wahl Statistisches Amt Saarland<br />

Vorperiode<br />

Kommentar: Das Saarland sieht rot<br />

© Die Gewinn/Verlust Landeswahlleiterin, zur Vorperiode Statistisches Amt Saarland<br />

(ta) Die Bundestagswahl wurde im Saarland<br />

zu SPD-Festspielen. 52 Gemeinden im<br />

Saarland – 52 Mal siegt die SPD. Die Union<br />

verliert alle Direktmandate. Es droht<br />

Ungemach. Ein Kommentar.<br />

Die CDU im Saarland hat eine verheerende<br />

Bundestagswahl erlebt. Von 52 Gemeinden<br />

gingen 52 an die SPD. Während die SPD<br />

<strong>10</strong>,1 Prozent Zuwachs an Zweitstimmen<br />

erringen konnte, verliert die CDU 8,8<br />

Prozent. Auch die FDP legt mit 3,9 Prozent<br />

deutlich zu. Spätestens jetzt werden bei der<br />

Saar-CDU die Alarmglocken läuten. Auch<br />

wenn die Sozialdemokraten mutmaßlich<br />

deutlich durch den Ausschluss der Grünen<br />

profitiert haben dürften, droht nach mehr<br />

als 20 Jahren CDU-Regentschaft bei der<br />

nächsten Landtagswahl ein enger Kampf<br />

und gar der Verlust der Staatskanzlei.<br />

Während das Marketing der Staatskanzlei<br />

und der Saar-CDU ständig ihre Erfolge<br />

lobpreisen, herrscht im Saarland eine<br />

gefährliche Lethargie.<br />

Ernsthaften Aufschwung im Bruttoinlandsprodukt<br />

sind nicht zu verzeichnen, 2020,<br />

12<br />

<strong>Regio</strong>-<strong>Journal</strong> <strong>10</strong>/<strong>2021</strong><br />

hauptsächlich coronabedingt, fiel man auf<br />

ein BIP des Jahres 2014 zurück. Im ersten<br />

Halbjahr <strong>2021</strong> konnte man um 2,3 Prozent<br />

zulegen – nach 6,7 Prozent Realverlust im<br />

Jahr 2020. Auch die Arbeitslosenquote im<br />

Saarland hat sich seit 2008 kaum spürbar<br />

entwickelt (2008: 7,3 %, 2012: 6,7%, 2016:<br />

7,2%, 2018: 6,1%, 2020:7,2%).<br />

Und auch die Anzahl der Unternehmen im<br />

Saarland nimmt seit 2008 spürbar ab.<br />

Waren es im Jahr 2008 noch 36.000, sind<br />

es heute noch rund 34.000.<br />

Dass das Saarland unter Einwohnerschwund<br />

leidet, ist ebenfalls hinlänglich<br />

bekannt. Waren es 2000 noch 1.068.703<br />

Einwohner, sind es 2020 noch rund<br />

984.000 gewesen.<br />

Aus diesem Grund wäre ein Wechsel nach<br />

mehr als zwei Jahrzehnten durchaus<br />

denkbar. Dass der Absturz der Saar-CDU<br />

vom desaströsen Abschneiden der Bundespartei<br />

beeinflusst ist, ist unübersehbar. Und<br />

auch ist die Aussagekraft dieser Wahl für die<br />

bevorstehende<br />

Landtagswahl<br />

überschaubar.<br />

Doch die Alarmglocken bei den saarländischen<br />

Christdemokraten dürften zumindest<br />

leise klingeln.<br />

Ich vermute, dass der Burgfrieden zwischen<br />

CDU und SPD an der Saar enden wird.<br />

Denn die Christdemokraten werden das<br />

Feld nicht freiwillig räumen. Und auch die<br />

Saar-Sozialdemokraten wirkten in den<br />

vergangenen Monaten auffällig freundlich<br />

und ruhig. Man konnte den Eindruck<br />

bekommen, man sei mit seiner Position<br />

innerhalb der GroKo ganz zufrieden. Mit<br />

dem neuen „Bundesselbstvertrauen“<br />

hingegen kann – und muss und wird sich<br />

dieses Bild ändern. Denn selbst im Saarland<br />

ist erkennbar, dass der Eintritt in die „GroKo“<br />

der Saar-SPD schadete: Hatte man 1994<br />

noch mit 49,4 % unter Lafontaine die<br />

absolute Mehrheit, trat man 1999 mit der<br />

CDU unter Peter Müller in eine Große<br />

Koalition ein. Seitdem verzwergte die<br />

Saar-SPD auf zuletzt 29,6 Prozent, während<br />

die CDU immer noch bei über 40 Prozent<br />

liegt – oder zumindest lag. Dem Saarland<br />

stehen spannende Zeiten bevor.

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