Literaturverfilmung als Wahrnehmungsprozeß narrativer Texte
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2. Theoretische Überlegungen 2.1. <strong>Literaturverfilmung</strong> <strong>als</strong> Transformation von Textsystem<br />
stanz sei, denn „Voraussetzung für die Lektüre einer filmischen oder literarischen Erzählung ist die Bereitschaft<br />
des Rezipienten, zwischen verschiedenen Elementen eine narrative Beziehung herzustellen.“ 30<br />
Hier wird die Bedeutung des Rezipienten <strong>als</strong> solche, die narrative Beziehung herstellt, besonders in der<br />
Forschung der <strong>Literaturverfilmung</strong> unterstrichen. Dieser Ansatz wurde aber wie bei Schneider nicht weiter<br />
verfolgt, sondern nur <strong>als</strong> Voraussetzung hingestellt. Statt dessen beschäftigt er sich mit den einzelnen<br />
Kategorien der narrativen Strukturen in bezug auf die beiden Medien. Wie bei anderen Untersuchungen<br />
werden dabei die angeblich wesentlichen Merkmale jeweiliger Medien in bezug auf die narrativen Paradigmen<br />
dargelegt, in der Weise, was der eine besser machen kann <strong>als</strong> der andere. Diese Unterschiede<br />
führen nach ihm schließlich zu den angeblichen Problemen bei der Transformation. 31 Aus dem Standpunkt<br />
der Funktion sind aber m.E. solche Unterschiede nicht von wesentlicher Bedeutung. Sie werden<br />
erst dann zu Problemen, wenn man versucht, die Vorlage möglichst unverändert, mit anderen Worten<br />
werkgetreu zu transformieren. Es ist deshalb m.E. anzunehmen, daß gerade diese Vorstellung hinter<br />
dieser angeblichen Problematik der Transformation versteckt sein kann.<br />
Seine Untersuchung bietet wie oben kurz beobachtet einige Ansätze an, die im Vergleich zu Schneiders<br />
Untersuchung <strong>als</strong> Weiterentwicklung und Vertiefung bezeichnet werden können. Diese neuen Ansätze<br />
wurden aber hier nicht weiter verfolgt, sondern schnell aufgegeben. Aus diesem Grund sind in seiner<br />
Untersuchung im Vergleich zu Schneiders Untersuchung keine wesentlich neuen Erkenntnisse festzustellen.<br />
Der theoretische Rahmen bleibt bei ihm gleich wie bei Schneider. Die positiven Aspekte können<br />
eher bei der Beschreibung der Kategorien der narrativen Strukturen gefunden werden. Dabei operiert er<br />
allerdings mit solchen Kategorien, die keinem einheitlichen Konzept folgen, sondern von den unterschiedlichen<br />
Theorieansätzen unreflektiert übernommen wurden. Dies bewirkt auch auf die konkreten<br />
Analysen einzelner <strong>Texte</strong>, bei denen eine systematische Grundlage für die Beschreibung <strong>narrativer</strong><br />
Strukturen in Literatur und Film fehlt.<br />
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Diese Defizite wurden m.E. durch die Untersuchung von Michaela Mundt einigermaßen beseitigt. 32 Den<br />
Ausgangspunkt dieser Untersuchung stellt ihre Feststellung dar, daß es keine befriedigenden systematischen<br />
Konzeptionen für ein Untersuchungsmodell zur praktisch-analytischen Auseinandersetzung mit der<br />
<strong>Literaturverfilmung</strong> vorliegen. Es wurde deshalb <strong>als</strong> das Ziel der Arbeit gesetzt, systematische, konkrete<br />
Ansatzmöglichkeiten einer vergleichenden Textanalyse und praxisorientierte Untersuchungssystematik<br />
aufzustellen. Als theoretische Grundlage beruft sie sich dabei neben den Grundlagenwerken der Filmanalyse<br />
auf die Verfahrensweisen der strukturalistischen Narrativik.<br />
Aus diesem Standpunkt der strukturalistischen Narrativik, deren Merkmale an früherer Stelle angesprochen<br />
sind, stellt das Kernstück ihrer Überlegung die schematische Rekonstruktion der Textsysteme auf<br />
einer Strukturebene dar, auf der filmische und literarische <strong>Texte</strong> einander direkt vergleichbar sind. 33<br />
Dafür geht sie zunächst von der Annahme aus, daß der Prozeß der <strong>Literaturverfilmung</strong> ein Kommunikationsprozeß<br />
ist. Als solcher setzt er einerseits die Komponenten voraus, die einen Kommunikationsprozeß<br />
30<br />
Walter Hagenbüchle, ebd., S.56.<br />
31<br />
Vgl. Walter Hagenbüchle, ebd., S.101f.<br />
32<br />
Michaela Mundt, Transformationsanalyse. Tübingen 1994.<br />
33 Michaela Mundt, ebd., S.5f.<br />
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