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Pirouette No. 02/2022 Februar

EM in Tallinn Die 2014 auch mit EU-Geldern gebaute Tondiraba-Halle in Estlands schöner Hauptstadt Tallinn war zwei Jahre nach der Junioren-WM erneut Austragungsort von ISU-Meisterschaften. Die Organisation klappte selbst unter Corona-Bedingungen problemlos (Transport, Hotel, W-LAN, Tests, Musik und vieles mehr). Während der Woche kamen nur einige hundert Zuschauer, aber am Freitagabend und Samstag viel mehr. Bei der Kür der Frauen am Samstagabend war die Halle mit etwa 5.000 Zuschauern fast voll, alle mit Gesundheitspass auf dem Handy und mit Maske. … Topthemen: · Europameisterschaften · Bavarian Open · Vier Kontinente Meisterschaften Weiteres aus dem Inhalt: · Interview: Nikita Starostin · Interview: Mark Kondratiuk · Interview: Michal Brezina · Filmrezension: Die Kür ihres Lebens · Neues aus aller Welt · Kanadische Meisterschaft · US-Meisterschaften · Synchron: Hevelius Cup & Lumière Cup · Eislaufgeschichte: Bruno Grauel · Neues aus aller Welt Titelbild: Die neue Russische Meisterin Kamila Valieva ist zwar erst 15 Jahre alt, läuft aber schon wie eine Erwachsene und lieferte die wohl beste Leistung aller vier Konkurrenzen ab. Foto: Hella Höppner Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-2-februar-2022.html (Erscheinungstermin 7.2.2022)

EM in Tallinn

Die 2014 auch mit EU-Geldern gebaute Tondiraba-Halle in Estlands schöner Hauptstadt Tallinn war zwei Jahre nach der Junioren-WM erneut Austragungsort von ISU-Meisterschaften. Die Organisation klappte selbst unter Corona-Bedingungen problemlos (Transport, Hotel, W-LAN, Tests, Musik und vieles mehr). Während der Woche kamen nur einige hundert Zuschauer, aber am Freitagabend und Samstag viel mehr. Bei der Kür der Frauen am Samstagabend war die Halle mit etwa 5.000 Zuschauern fast voll, alle mit Gesundheitspass auf dem Handy und mit Maske. …

Topthemen:
· Europameisterschaften
· Bavarian Open
· Vier Kontinente Meisterschaften

Weiteres aus dem Inhalt:
· Interview: Nikita Starostin
· Interview: Mark Kondratiuk
· Interview: Michal Brezina
· Filmrezension: Die Kür ihres Lebens
· Neues aus aller Welt
· Kanadische Meisterschaft
· US-Meisterschaften
· Synchron: Hevelius Cup & Lumière Cup
· Eislaufgeschichte: Bruno Grauel
· Neues aus aller Welt

Titelbild:
Die neue Russische Meisterin Kamila Valieva ist zwar erst 15 Jahre alt, läuft aber schon wie eine Erwachsene und lieferte die wohl beste Leistung aller vier Konkurrenzen ab.
Foto: Hella Höppner

Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-2-februar-2022.html (Erscheinungstermin 7.2.2022)

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<strong>Pirouette</strong><br />

Nr. 2 | <strong>Februar</strong> 2<strong>02</strong>2<br />

Internationales Eiskunstlauf-Magazin | 55. Jahrgang | www.pirouette-online.de<br />

Kamila Valieva<br />

Europameisterschaften<br />

Bavarian Open<br />

Vier Kontinente Meisterschaften


2<br />

Foto: Flade<br />

News<br />

Alexander König wird<br />

Schnelllauf-Bundestrainer<br />

Der von der DEU freigestellte Paarlauf-Bundestrainer<br />

Alexander König (55) hat eine neue<br />

hauptberufliche Tätigkeit gefunden, bei der er<br />

in Berlin bleiben kann: Der Eisschnelllaufverband<br />

mit seinem Präsidenten Matthias Große<br />

hat ihn zum neuen Bundestrainer für die Bereiche<br />

Wissenschaft, Aus- und Fortbildung ernannt.<br />

„Mit seiner Erfahrung und seinem Wissen“,<br />

so schreibt der Verband, „wird er mithelfen,<br />

die deutschen Eisschnellläuferinnen und<br />

-läufer international wieder konkurrenzfähig<br />

zu machen“. König sagte: „Ich bedanke mich<br />

für das Vertrauen in meine Person. Meine<br />

neue Aufgabe in der DESG sehe ich als Herausforderung<br />

an und werde meine ganze<br />

Energie voll und ganz im Sinne des Leistungssports<br />

zur Verfügung stellen. Meine Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen fließen in die Koordination<br />

der Aus- und Fortbildung der Trainer ein,<br />

wobei der Focus darauf liegt, dass die deutschen<br />

Eisschnellläufer den Anschluss an die<br />

Weltspitze wieder erreichen können.“<br />

www.mediavia.de<br />

EISLAUFTRAINING 2<strong>02</strong>2<br />

Beste Trainingsbedingungen von Mitte Juni bis Dezember<br />

• 3 Trainingshallen<br />

• Weltklasse Trainer für Eiskunstlauf,<br />

Eistanz, Choreographie<br />

• Physiotherapien, Ballett- und<br />

Yogaraum, Sportplatz<br />

• Eiszeiten für Gasttrainer mit<br />

ihren Läufern<br />

• Unterkünfte in direkter Umgebung<br />

des Eissportzentrums<br />

Tel.: +49 (0) 83 22-700 5006 · Roßbichlstr. 2-6 · 87561 Oberstdorf<br />

ts@oberstdorf-sport.de · www.eissportzentrum-oberstdorf.de<br />

Surya Bonaly (Mitte) mit den Filmemacherinnen<br />

Audrey Estrougo (links) und Saga Blanchard<br />

vor dem Louvre in Paris. Foto: Brice Dequaire<br />

Surya Bonaly ist Star und<br />

Patin der WM<br />

Die fünffache Europameisterin (1991 – 1995)<br />

und dreifache WM-Zweite (1993-1995) Surya<br />

Bonaly ist in den letzten zwei Jahren in Frankreich<br />

ein bekannter Star geworden. Seit langem<br />

lebt sie in Las Vegas und unterrichtet dort Eislaufkinder.<br />

2007 erhielt sie die US-Staatsbürgerschaft<br />

und konnte die französische behalten.<br />

Schon 2019, kurz vor dem Anfang der<br />

Pandemie, erhielt sie vom Bürgermeister ihrer<br />

Geburtsstadt Nizza den Ritterorden der Ehrenlegion,<br />

eine hohe Auszeichnung, die in etwa mit<br />

dem Bundesverdienstkreuz<br />

in Deutschland<br />

vergleichbar ist (die <strong>Pirouette</strong><br />

berichtete).<br />

Seitdem die Öffentlichkeit<br />

in den USA wie in<br />

Frankreich entdeckt<br />

hat, dass man bisher<br />

versäumt hatte, farbige<br />

Staatsbürger mit besonderen<br />

Leistungen zu<br />

ehren und hervorzuheben,<br />

ist sie eine gefragte<br />

Persönlichkeit<br />

geworden. Immer wieder<br />

gibt sie Interviews<br />

und tritt in Fernsehsendungen<br />

und Internetkanälen<br />

verschiedenster<br />

Art auf.<br />

Im vorigen Jahr hat<br />

Bonaly ein Kinderbuch<br />

in englischer und in<br />

französischer Sprache<br />

mit dem Titel Surya<br />

herausgegeben, das<br />

sich besonders an Eltern<br />

mit arabischen<br />

und afrikanischen<br />

Wurzeln wendet und<br />

das diese für ihre Kinder<br />

kaufen sollen. Auch<br />

hier geht es darum,<br />

diesen Kindern mehr<br />

Selbstbewusstsein zu<br />

vermitteln und das<br />

Das Kinderbuch von<br />

Surya Bonaly<br />

Wissen, dass<br />

sie in der französischen<br />

Gesellschaft etwas wert sind. Zurzeit wird eine<br />

mehrteilige Serie über sie gedreht, die auf Netflix<br />

und anderen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

besonders häufig gesehenen<br />

Kanälen laufen soll. Im Film wird besonders betont,<br />

dass sie ein Beispiel dafür ist, dass auch<br />

Kinder mit dunkler Hautfarbe oder arabischer<br />

Herkunft es im Sport zu etwas bringen können,<br />

wenn sie etwas leisten. Bonaly arbeitet aktiv bei<br />

den Dreharbeiten mit.<br />

Bei der WM in Montpellier ist sie Patin in verschiedenen<br />

Rollen: Sie wird die Wettbewerbe<br />

offiziell eröffnen, sie soll die Zuschauer in französischer<br />

und englischer Sprache unterhalten,<br />

sie wird in den Pausen Läufer für die Zuschauer<br />

interviewen, ist in den sozialen und klassischen<br />

Medien aktiv, wird Autogrammstunden geben<br />

und vieles mehr tun. Im Zuschauerraum wird<br />

auch eine abstrakte moderne Plastik mit<br />

Schlittschuhen zu sehen sein. <br />

krk<br />

Kolyada wegen Covid<br />

nicht in Peking<br />

Mikhail Kolyada kann wegen eines positiven<br />

Corona-Tests nicht bei den Olympischen<br />

Spielen an den Start gehen. Der dreimalige<br />

Russische Meister hatte vor der Abreise nach<br />

Krasnojarsk ins olympische Trainingslager ein<br />

positives Testergebnis, wie der russische Eislauf-Verband<br />

am 25. Januar mitteilte. Für<br />

ihn rückt Evgeni Semenenko nach. Kolyada<br />

hatte bereits die EM wegen einer Verletzung<br />

auslassen müssen. <br />

tat


Impressum<br />

Verlags- und Redaktionsanschrift:<br />

STS·Verlag+Werbung<br />

Stefan Schulze<br />

Am Stutz 14<br />

97993 Creglingen<br />

Fon 07933-700-191<br />

Fax 07933-700-192<br />

E-Mail: info@pirouette-online.de<br />

Webshop: www.pirouette-online.de<br />

Google Play: https://play.google.com/store/apps/<br />

details?id=de.pirouette.android<br />

App Store: https://apps.apple.com/us/app/<br />

pirouette-magazin/id1553450950<br />

Verlagsleitung: Stefan Schulze<br />

Chefredakteur: Klaus-Reinhold Kany<br />

Stellvertreterin: Tatjana Flade<br />

Mitarbeiter: Manuela Buyny, Albert René Kolb<br />

(Schweiz), Katrin Flaschka (Österreich), Hella Höppner<br />

Grafik: Stefan Schulze, Andreas Münch<br />

Anzeigen: Stefan Schulze<br />

Kundenbetreuung: Angelika Manicone<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Bildzuschriften haftet der Verlag nicht.<br />

Beiträge, die mit Namen oder Initialen des Verfassers<br />

gezeichnet sind, stellen nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion oder des Herausgebers dar. Für die<br />

Richtigkeit der Mitteilungen und Berichte zeichnen<br />

die Clubs verantwortlich. Zuschriften können von uns,<br />

falls kein ausdrücklicher Vor behalt gemacht wird, im<br />

Wortlaut oder aus zugs weise veröffentlicht werden.<br />

Erscheinungsweise: 10 mal im Jahr, Mai/Juni und<br />

Juli/August sind Doppelausgaben, sonst monatlich.<br />

Einzelheft (Print): 6,90 EUR zzgl. Versand<br />

Einzelheft (App Store / Google Play): 5,99 / 6,49 EUR<br />

Jahresabonnement (Print):<br />

Deutschland: 69 EUR, EU: 72 EUR inkl. Versand<br />

Probeabo (Print): 36 EUR, EU: 38 EUR inkl. Versand<br />

Bankverbindungen:<br />

GLS Gemeinschaftsbank eG<br />

IBAN DE34430609677014380800,<br />

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Anzeigen: Standard-Formate zum vergünstigten<br />

Festpreis in unserer Preisliste,<br />

Download unter www.pirouette-online.de/info/<br />

anzeigenpreise<br />

Copyright für alle Beiträge bei: STS·Verlag+Werbung.<br />

Nachdruck in Wort und Bild, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Ge neh migung des Verlags.<br />

Gerichtsstand: Bad Mergentheim<br />

Kündigung sind bis acht Wochen vor Ablauf des<br />

Abon ne ments möglich, sonst erfolgt Verlängerung um<br />

ein weiteres Jahr. Eine Kündigung bedarf der<br />

Schriftform.<br />

Unsere vollständigen AGB sind nachzulesen unter:<br />

www.pirouette-online.de/info/<br />

allgemeine-geschaeftsbedingungen<br />

Die Europameister 2<strong>02</strong>2: Victoria Sinitsina / Nikita Katsalapov, Anastasia Mishina / Aleksandr Galliamov ,<br />

Kamila Valieva und Mark Kondratiuk. Foto: Tatjana Flade<br />

Inhalt<br />

Neues aus aller Welt 2<br />

Interview: Nikita Starostin 4<br />

Interview: Mark Kondratiuk 5<br />

Interview: Michal Brezina 6<br />

Filmrezension: Die Kür ihres Lebens 7<br />

Neues aus aller Welt 8<br />

Kanadische Meisterschaft 9<br />

US-Meisterschaften10<br />

Synchron: Hevelius Cup & Lumière Cup 13<br />

Europameisterschaften14<br />

Bavarian Open 26<br />

Vier Kontinente Meisterschaften 30<br />

Eislaufgeschichte: Bruno Grauel 34<br />

Titelbild:<br />

Kamila Valieva<br />

Die neue Russische Meisterin Kamila Valieva<br />

ist zwar erst 15 Jahre alt, läuft aber schon<br />

wie eine Erwachsene und lieferte die wohl<br />

beste Leistung aller vier Konkurrenzen ab.<br />

Foto: Hella Höppner<br />

Die nächste <strong>Pirouette</strong><br />

erscheint voraussichtlich am:<br />

4. März 2<strong>02</strong>2 (Digital),<br />

14. März 2<strong>02</strong>2 (Print)<br />

Termine (mit großem Vorbehalt)<br />

von Mitte <strong>Februar</strong> bis Ende März 2<strong>02</strong>2<br />

04.<strong>02</strong>. – 20.<strong>02</strong>. Olympische Spiele in Peking<br />

(China)<br />

09.<strong>02</strong>. – 13.<strong>02</strong>. Winter Star in Minsk<br />

(Weißrussland)<br />

10.<strong>02</strong>. – 13.<strong>02</strong>. Dragon Trophy in Ljubljana<br />

(Slowenien)<br />

11.<strong>02</strong>. – 13.<strong>02</strong>. Jegvirag Cup in Miskolc<br />

(Ungarn)<br />

15.<strong>02</strong>. – 22.<strong>02</strong>. Erwachsenen-Wettbewerb in<br />

Ottawa (Kanada), verschoben<br />

19.<strong>02</strong>. – 20.<strong>02</strong>. Baden-Württembergische<br />

Meisterschaften in Stuttgart<br />

19.<strong>02</strong>. – 20.<strong>02</strong>. NRW-Meisterschaften in<br />

Dortmund<br />

19.<strong>02</strong>. – 20.<strong>02</strong>. Hessische Meisterschaften<br />

in Bad Nauheim<br />

24.<strong>02</strong>. – 27.<strong>02</strong>. Bellu Memorial in Bukarest<br />

(Rumänien)<br />

24.<strong>02</strong>. – 27.<strong>02</strong>. Challenge Cup in Tilburg<br />

(Niederlande)<br />

25.<strong>02</strong>. – 27.<strong>02</strong>. Sarajevo Open<br />

(Bosnien-Herzegowina)<br />

03.03. – 06.03. Edusport Trophy in Bukarest<br />

(Rumänien)<br />

04.03. – 07.03. Tallink Hotels Cup in Tallinn<br />

(Estland)<br />

07.03. – 13.03. Junioren-WM in Sofia<br />

(Bulgarien)<br />

13.03. – 17.03. Triglav Trophy in Jesenice<br />

(Slowenien)<br />

18.03. – 20.03. Coupe du Printemps in<br />

Kockelscheuer (Luxemburg)<br />

20.03. – 25.03. EYOF (Europ. Olympisches<br />

Jugendfestival) in Vuokatti<br />

(Finnland)<br />

21.03. – 27.03. Weltmeisterschaften in<br />

Montpellier (Frankreich)<br />

29.03. – 01.04. Spring Talents Cup in<br />

Brovary (Ukraine)<br />

Synchron-Wettbewerbe<br />

10.<strong>02</strong>. – 12.<strong>02</strong>. Tissot Neuchatel Trophy<br />

(Schweiz)<br />

11.<strong>02</strong>. – 13.<strong>02</strong>. Trophy d’Ecosse in Dumfries<br />

(Großbritannien)<br />

18.<strong>02</strong>. – 20.<strong>02</strong>. Spring Cup in Sesto San<br />

Giovanni, abgesagt<br />

26.<strong>02</strong>. – 27.<strong>02</strong>. Cup of Dresden, abgesagt<br />

01.03. – 03.03. Budapest Cup (Ungarn),<br />

abgesagt<br />

04.03. – 07.03. Steel City Trophy in Sheffield<br />

(Großbritannien)<br />

17.03. – 19.03. Junioren-WM in Innsbruck<br />

(Österreich)<br />

3<br />

Inhalt & Termine


4<br />

Nikita Starostin<br />

Interview<br />

Nikita Starostin<br />

»Ich will zur Weltmeisterschaft«<br />

Nikita Starostin (19) hat bei seinem EM-Debüt<br />

zwei saubere Programme gezeigt und mit Rang 13<br />

einen gelungenen Einstieg gefeiert.<br />

Foto: privat<br />

Aber ich will jetzt nach Dortmund ziehen, denn<br />

ab <strong>Februar</strong> will ich dort zur Schule gehen. Ich<br />

werde also viel in Dortmund trainieren, das ist<br />

mein Heimatverein. Adam und Jorik werden<br />

dorthin kommen, wir werden vielleicht auch<br />

online arbeiten. Ich möchte erst meinen Schulabschluss<br />

machen und danach Sportmanagement<br />

studieren. Ich denke, ich werde eine<br />

Abendschule besuchen, damit ich tagsüber trainieren<br />

kann, denn mein Hauptaugenmerk liegt<br />

auf dem Eiskunstlauf. Ich will auch gut Deutsch<br />

lernen und die Prüfungen ablegen. Wenn du es<br />

wirklich willst, dir das Ziel setzt, dann schaffst<br />

du es auch.<br />

<strong>Pirouette</strong>: Wir schätzen Sie Ihre Leistung<br />

bei Ihrem EM-Debüt ein?<br />

Nikita: Meine Leistung schätze ich als ausgezeichnet<br />

ein. Ich habe alles gemacht, was ich<br />

sollte. Es gab ein paar kleinere Fehler, an denen<br />

ich arbeiten werde, aber mein Ziel habe<br />

ich erreicht, und das war, zwei saubere Programme<br />

zu zeigen. Das war der bisher beste<br />

Wettbewerb der Saison und sogar meiner<br />

Karriere. Ich bin noch nie zwei saubere Programme<br />

in einem Wettkampf gelaufen. Am<br />

Anfang war ich sehr nervös, ich hatte sogar<br />

Bauchschmerzen und Angst. Aber danach<br />

habe ich mich beruhigt und es einfach nur<br />

genossen, nach dem KP.<br />

Warum waren Sie so nervös?<br />

Es war mein bisher größter Wettbewerb und<br />

ich musste das Finale erreichen, gut laufen. Es<br />

waren relativ viele Zuschauer da. Um mich<br />

herum waren so hochklassige Sportler, das<br />

macht dich auch nervös. Jeder Wettbewerb ist<br />

anders. Bei einigen bin ich ruhig, bei anderen<br />

habe ich viel Stress.<br />

Was war der Unterschied, dass es Ihnen<br />

diesmal gelungen ist, zwei saubere Programme<br />

zu laufen?<br />

Wir haben nach der Deutschen Meisterschaft<br />

angefangen, anders zu denken. Dort hat nichts<br />

funktioniert - der Kopf, der Körper, die Schlittschuhe.<br />

Es war sehr schwer. Wir hatten noch<br />

die Schlittschuhe gewechselt, ich hatte neue<br />

Schuhe. Wir nahmen eine Nummer kleiner,<br />

denn ich hatte Schuhe, die zwei Nummern größer<br />

waren und sie gingen kurz vorher kaputt<br />

und ich musste sie wechseln.<br />

Wieso hatten Sie zu große Schlittschuhe?<br />

Es war sehr dumm, wir haben uns nicht ernsthaft<br />

darum gekümmert, aber das ist jetzt anders.<br />

Wir wollen auch in Zukunft die richtige Größe<br />

nehmen. Es ist eine andere Balance, ein anderes<br />

Eislaufen. Mein Laufen und meine Sprünge haben<br />

sich mit den neuen Schuhen sofort verbessert.<br />

Wir haben einen konkreten Plan aufgestellt,<br />

was wir in den drei Wochen machen und wir<br />

haben uns daran gehalten. Das ganze Team hat<br />

hart gearbeitet und dem Prozess vertraut. Wir<br />

haben auch an den <strong>Pirouette</strong>n gearbeitet, die<br />

besser geworden sind, am Läuferischen, an den<br />

Emotionen, am 3A und den anderen Dreifachen.<br />

So machen wir weiter. Die Motivation war sehr<br />

groß. Die EM ist eine große Verantwortung, ich<br />

vertrete hier Deutschland und ich sollte mich<br />

von der besten Seite der ganzen Welt zeigen. Ich<br />

wurde sehr unterstützt, das war sehr schön.<br />

Sie sind vor etwa einem Jahr zum Training<br />

nach Belgien umgezogen. Wir kam das?<br />

Ich kam 2<strong>02</strong>0 zum Deutschlandpokal, den ich<br />

gewonnen habe, danach fuhren Adam (Solya)<br />

und ich nach Luxemburg zu einem Wettbewerb,<br />

der abgesagt wurde. Es begann der Lockdown<br />

und ich saß sechs Monate fest. Wir haben zusammen<br />

gearbeitet, ich fing an, mehr Englisch<br />

zu sprechen und mir gefiel es, in Westeuropa zu<br />

leben. Als ich nach Russland zurückkam, wurde<br />

mir klar, dass ich meine Zukunft nicht dort sehe.<br />

Aber in Belgien sehe ich meinen Weg in der<br />

Welt des Eiskunstlaufs ganz klar. Dann fing ich<br />

an, mit Jorik (Hendrickx) zu arbeiten und er<br />

wurde mein Techniktrainer, zusammen mit<br />

Adam. Ich vermisse Russland nicht, sondern<br />

freue mich, dass ich in Belgien bin. Dieses Land<br />

ist für mich das Richtige, es ist frei und ich<br />

habe alles, was ich brauche. Ich habe Menschen<br />

um mich, die in meinem Leben sein sollen, ich<br />

habe eine Trainingspartnerin, die mich jeden Tag<br />

motiviert, Loena Hendrickx. Sie trainiert sehr<br />

hart, sie ist innerlich und äußerlich sehr stark.<br />

Sie ist immer positiv, auch wenn etwas nicht<br />

klappt, überwindet sie das. Wir motivieren einander<br />

im Training. Ich bin ein sehr offener<br />

Mensch. Ich bin offen für neue Möglichkeiten,<br />

daher war dieser Umzug nach Belgien die beste<br />

Entscheidung meines Lebens.<br />

Welche sportlichen Ziele setzen Sie sich?<br />

Ich hatte mir das Ziel gesetzt, bei der EM die<br />

Top 10 zu schaffen, aber es wurden Top 13. Es<br />

ist meine erste Saison in der Meisterklasse und<br />

ich muss weiterarbeiten. Ich setze mir das Ziel,<br />

sauber zu laufen. Dann kommen die Resultate<br />

von selbst. Ich versuche, nicht an Punkte zu<br />

denken oder an Plätze, denn das ist nicht<br />

das Wichtigste, wofür wir trainieren. Wir trainieren<br />

und laufen, um es zu genießen, weil wir<br />

es lieben.<br />

Wie sieht es mit Vierfachen aus?<br />

In der EM-Vorbereitung haben wir den Akzent<br />

nur auf die Elemente gelegt, die wir machen<br />

werden, und haben andere Dinge verbessert.<br />

Jetzt planen wir, einen Vierfachen hinzuzufügen,<br />

den Rittberger. Wenn alles gut läuft, bauen<br />

wir ihn ein - aber das Wichtigste sind saubere<br />

Programme. Aber meine Dreifachen sind hoch,<br />

besonders der 3R, er klappt ganz leicht, wie ein<br />

doppelter. Wenn ich ein wenig mehr Power<br />

reinlege, dann sollte die eine Drehung mehr gelingen.<br />

Ich habe ihn am Anfang der Saison probiert,<br />

als ich in Russland wegen Visaproblemen<br />

festsaß, aber dann haben wir entschieden, uns<br />

auf die anderen Elemente zu konzentrieren, und<br />

wir hatten keine Zeit.<br />

Wie sehen Ihre Pläne für die weitere<br />

Saison aus?<br />

Ich will Ende <strong>Februar</strong> beim Challenge Cup in Tilburg<br />

laufen. Und ich will zur WM. Dafür arbeite<br />

ich, ich habe das Ziel, bei solchen hochklassigen<br />

Wettbewerben zu starten. Ich habe auch das<br />

Ziel, zu den Olympischen Spielen zu fahren,<br />

aber das wäre zu früh, ich muss noch viel arbeiten<br />

und dann mit Vierfachen dorthin kommen.<br />

Außerdem brauchen Sie die deutsche Staatsbürgerschaft.<br />

Was ist Ihre Verbindung zu<br />

Deutschland?<br />

Meine Mutter ist mit einem Deutschen veheiratet<br />

und meine Oma lebt in Deutschland, in<br />

Pressath bei Weiden (in der Oberpfalz). Daher<br />

hatte ich die Möglichkeit, für Deutschland zu<br />

laufen. Die habe ich gerne ergriffen.<br />

Vielen Dank für das Interview und weiterhin<br />

viel Erfolg.<br />

Mit Nikita Starostin sprach Tatjana Flade.<br />

•••


Mark Kondratiuk mit Trainerin<br />

Svetlana Sokolovskaia, Foto: Flade<br />

<strong>Pirouette</strong>: Sie waren schon überrascht, als Sie<br />

Russischer Meister wurden. Wie überrascht<br />

sind Sie, dass Sie nun Europameister sind?<br />

Mark: Damit habe ich nicht gerechnet, genauso<br />

wenig wie mit der Russischen Meisterschaft. Ich<br />

kam hierher und hatte die Hoffnung, dass ich es<br />

unter die besten Drei schaffe. Aber dann ist irgendein<br />

Wunder passiert.<br />

Bedeuten diese zwei Titel mehr Druck oder<br />

mehr Selbstvertrauen für die nächsten Wettbewerbe?<br />

Ich denke weder das eine noch das andere. Es<br />

ist schön, diese Titel zu haben. Heute habe ich<br />

gewonnen, ich freue mich ein paar Tage lang<br />

darüber und dann geht es zurück an die Arbeit.<br />

Der Erfolg kann mir etwas Selbstvertrauen geben,<br />

aber wenn du nicht an den Druck denkst,<br />

ist es einfacher.<br />

Die Saison hat für Sie gut begonnen, als Sie<br />

bei der Nebelhorn Trophy den dritten Olympia-Startplatz<br />

für die russischen Herren<br />

bestätigt haben, und einem zweiten Platz<br />

beim Denis Ten Memorial in Kasachstan. Und<br />

dann waren Sie Achter beim Grand Prix in<br />

Sotchi. Sie sprachen von gesundheitlichen<br />

Problemen. Was war los?<br />

Beim Wettbewerb in Kasachstan bekam ich Rückenschmerzen.<br />

Und in den drei Wochen vor<br />

Sotchi habe ich versucht, fit zu werden. Erst in<br />

der letzten Woche vor dem Grand Prix wurde es<br />

besser. Ich habe angefangen zu springen, vorher<br />

bin ich ohne Sprünge gelaufen. Aber als ich<br />

nach Sotchi kam, merkte ich, dass ich mich<br />

überhaupt nicht wohl fühlte. Aber das war weder<br />

eine Ausrede noch eine Entschuldigung,<br />

denn ich hätte trotzdem kämpfen können. Es ist<br />

jetzt besser. Bei der Untersuchung wurde nichts<br />

Ernstes festgestellt. Ich mache weiterhin spezielle<br />

Übungen, notwendige Therapien und konsultiere<br />

Ärzte.<br />

Sie haben in dieser Saison zwei neue Programme.<br />

Wie gut passen sie zu Ihnen?<br />

Mark Kondratiuk<br />

»Ich möchte, dass meine<br />

Programme ein Kunstwerk sind«<br />

Bis vor einem Jahr, als er überraschend Bronze bei der Russischen Meisterschaft holte,<br />

kannte außerhalb Russlands so gut wie niemand Mark Kondratiuk (18). In dieser Saison<br />

holte sich der Moskauer erst den Russischen und dann den Europameistertitel.<br />

In der Kür zu „Jesus Christ Superstar“ gefällt<br />

mir die Musik am besten, vor allem der letzte<br />

Teil. Von dieser Musik geht eine enorme Energie<br />

aus. Das reißt mich mit, zusammen mit der Reaktion<br />

des Publikums, und ich ‚krieche‘ nicht<br />

einfach durch das Programm, sondern gebe alles.<br />

Zweitens kannst du zu solcher Musik nicht<br />

emotionslos laufen, sonst frisst sie dich auf. Ich<br />

kann diese Musik gut rüberbringen. Das KP zum<br />

Soundtrack der türkischen Serie „The Magnificent<br />

Century“ ist etwas Neues für mich.<br />

Sie laufen tatsächlich mit viel Gefühl. Gibt es<br />

Vor- und Nachteile dieser Emotionalität?<br />

Positiv ist, dass ich mich in dieser Hinsicht wohl<br />

ein wenig von den anderen unterscheide. Ich<br />

denke, das könnte man als meine Spezialität<br />

bezeichnen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass<br />

ich mich sehr mitreißen lasse, was bedeutet,<br />

dass mich meine Gefühle irgendwann überwältigen.<br />

Bei der Russischen Meisterschaft war das<br />

so - ein bisschen mehr Emotionen und ich wäre<br />

irgendwo gestürzt. Man sollte immer das<br />

Gleichgewicht halten, Emotionen zeigen und<br />

gleichzeitig die Situation kontrollieren.<br />

Wie würden Sie Ihren Stil charakterisieren?<br />

Ich glaube nicht, dass ich schon so professionell<br />

bin, dass ich meinen eigenen Stil entwickelt<br />

habe. Ich denke, ich habe die Voraussetzungen<br />

dafür, aber ich muss erst einmal reifen.<br />

Wie beschreiben Sie Ihre Persönlichkeit?<br />

Aufgeschlossen, aber bescheiden, vor allem,<br />

wenn ich gelobt werde. Das ist mir ein wenig<br />

peinlich. Die schlechte Seite: Ich bin faul. Wenn<br />

es eine Möglichkeit gibt, den leichteren Weg zu<br />

nehmen, werde ich sie nutzen.<br />

Vielleicht ist das nicht Faulheit, sondern<br />

Rationalität?<br />

Das kann auf viele Arten interpretiert werden.<br />

Eine weitere Schwäche ist, dass ich sehr zerstreut<br />

bin. Ich verliere oft Dinge, ich habe fünf<br />

Schlüssel fürs Hotelzimmer, weil ich sie irgendwo<br />

hinlege und vergesse, wo sie sind.<br />

Haben Sie schon mal beim Wettbewerb Ihr<br />

Kostüm vergessen?<br />

Ja, als ich ein Kind war. Ich bin einmal zu einem<br />

Wettbewerb gefahren, bin aus dem Bus ausgestiegen,<br />

und als ich ihn wegfahren sah, habe ich<br />

gemerkt, dass das Kostüm noch im Bus war. Ich<br />

kannte die Busroute und schaffte es, bis zur<br />

nächsten Haltestelle zu laufen. Aber das ist<br />

schon lange her. Vor einem Jahr hätte ich meine<br />

Schlittschuhe fast vergessen. Bis zum Flugzeug<br />

war nur noch wenig Zeit, alle hatten es eilig. Erst<br />

im Hotel, als ich anfing zu packen, merkte ich,<br />

dass etwas fehlte. Ich erinnerte mich daran, dass<br />

ich die Schlittschuhe bei der Siegerehrung in der<br />

Eishalle zurückgelassen hatte. Auf dem Weg zum<br />

Flughafen hielten wir an der Eishalle. Ich hatte<br />

mich in Gedanken bereits von meinen Schlittschuhen<br />

verabschiedet, aber ich hatte Glück.<br />

Neben dem Sport sind Sie ein Künstler, malen<br />

Bilder, nehmen an Ausstellungen teil. Wie<br />

spiegelt sich Ihr künstlerisches Talent in Ihren<br />

Programmen wider?<br />

Ich möchte, dass meine Programme nicht nur<br />

eine Aneinanderreihung von Elementen sind,<br />

sondern eher ein Kunstwerk, eine Komposition,<br />

so dass es interessant ist, nicht nur zu sehen,<br />

wie viele Vierfachsprünge oder andere Sprünge<br />

ich gemacht habe, sondern wie ich laufe, was<br />

ich laufe, was ich sagen will. Aber ich behaupte<br />

nicht, ein Künstler zu sein. Ich male für mich<br />

selbst. Für mich ist es ein Hobby.<br />

Haben Sie jetzt noch Zeit zum Malen?<br />

Es ist schwierig. Ich habe nicht viel Zeit und<br />

Energie, weil die Universität hinzugekommen ist.<br />

Ich studiere jetzt an der Plechanov-Universität,<br />

Fachbereich Wirtschaft. Ich möchte alles ausprobieren<br />

und alles in mich aufnehmen. Wir haben<br />

uns gemeinsam mit meinen Eltern für Wirtschaftswissenschaften<br />

entschieden. Im September<br />

und Oktober nahm ich am Unterricht teil,<br />

aber dann hatte ich Wettkämpfe, die Rückenprobleme,<br />

ich musste behandelt werden, und konnte<br />

nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Ich<br />

habe keine Ahnung, wie ich den Rückstand aufholen<br />

soll, aber irgendwie muss ich es schaffen.<br />

Was sind Ihre Ziele außerhalb des Sports?<br />

Im Moment konzentriere ich mich auf den<br />

Sport. Ich werde immer noch Zeit für alles andere<br />

haben, um etwas anderes auszuprobieren.<br />

Die Zeit im Hochleistungssport ist sehr begrenzt<br />

und solange ich die Chance dazu habe, muss ich<br />

das Beste daraus machen. Der Rest wird mit der<br />

Zeit kommen.<br />

Vielen Dank für das Interview und weiterhin<br />

viel Erfolg!<br />

Mit Mark Kondratiuk sprach Tatjana Flade. •••<br />

5<br />

Mark Kondratiuk<br />

Interview


6<br />

Mikhail Brezina<br />

Michal Brezina<br />

»In meiner letzten Saison möchte<br />

ich jeden Moment genießen«<br />

Michal Brezina blickt auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurück. In Tallinn lief der<br />

Tscheche seine 14. und gleichzeitig letzte Europameisterschaft. Denn nach dieser Saison<br />

möchte der 31-Jährige seine Laufbahn als Eiskunstläufer beenden. Die <strong>Pirouette</strong><br />

war in der Mixed Zone nach der Kür in Tallinn dabei, in der Brezina seine lange Karriere<br />

reflektierte und auf seinen letzten großen Wettbewerb vorausschaut: Seine vierten<br />

Olympischen Spiele in Peking.<br />

Interview<br />

Foto: Dombrowski<br />

<strong>Pirouette</strong>: Gratulation zu einer sauberen Kür.<br />

Wann haben Sie sich entschieden, keine<br />

Vierfachen ins Programm zu nehmen?<br />

Michal: Erst heute morgen. Und um ehrlich zu<br />

sein hätte ich ihn auch schon aus dem Kurzprogramm<br />

streichen sollen. Der Rhythmus und das<br />

Timing bei den Vierfachen war seit meiner Ankunft<br />

in Tallinn nicht da. Irgendwas hat sich<br />

während des Trainings nicht richtig angefühlt<br />

und ich konnte nicht wirklich ausmachen, was<br />

es war. Daher war es eine einfache Entscheidung,<br />

heute auf den Vierfachen zu verzichten.<br />

Sie haben nach Ihrem Lauf eine lange Zeit<br />

auf dem Eis verharrt.<br />

Am Ende meines Programmes wurde ich emotional,<br />

weil ich sauber durchgekommen bin. Ich<br />

bin glücklich, wie ich das Programm vorgetragen<br />

habe und hatte während des Laufs einfach<br />

ein gutes Gefühl. Am Ende wollte ich die Energie,<br />

die Emotionen und das gute Gefühl genießen<br />

und in Erinnerung behalten. Das Publikum<br />

war fantastisch und hat die ganze Kür hindurch<br />

geklatscht. Ich wollte meine letzten Europameisterschaften<br />

mit einem guten Gefühl und<br />

guten Erinnerungen verlassen und das habe ich<br />

geschafft.<br />

Sie waren bereits vor 12 Jahren bei der EM<br />

in Tallinn dabei. Welche Erinnerungen haben<br />

Sie daran?<br />

Ich kann mich noch nicht einmal richtig an die<br />

letzten Europameisterschaften erinnern, 12 Jahre<br />

ist eine lange, lange Zeit. Irgendjemand hat<br />

mir erzählt, dass ich und Allison Reed die einzigen<br />

sind, die damals schon dabei waren. Ich<br />

weiß noch, dass ich damals sehr überraschend<br />

den vierten Platz erreicht habe und gar kein Gala-Programm<br />

vorbereitet hatte. Das hatte auch<br />

etwas Gutes damals: Keine großen Erwartungen<br />

zu haben, einfach zeigen zu wollen, was man<br />

kann. Ich weiß noch, dass ich 2010 super zufrieden<br />

mit meinem Auftritt war. Und jetzt ist es ist<br />

einfach ein schönes Gefühl, nach 12 Jahren immer<br />

noch dabei und konkurrenzfähig zu sein.<br />

Sie laufen Ihre Kür zu verschiedenen Stücken<br />

von Bryan Adams, in denen unter anderem<br />

die Zeile „These were the best days of my<br />

life“ - das war die beste Zeit meines Lebens<br />

- vorkommt. Hat die Auswahl etwas mit<br />

Ihrem anstehenden Karriereende zu tun?<br />

Anfangs nicht, mittlerweile kann ich mich aber<br />

gut mit diesem Text identifizieren. Shae-Lynn<br />

Bourne und ich konnten uns zunächst nicht<br />

wirklich auf eine Kürmusik einigen. Ich wollte<br />

gerne zu etwas Sanfterem, Gefühlvollerem laufen,<br />

sie wollte etwas mit mehr Pep. Irgendwann<br />

hat sie mir Bryan Adams vorgeschlagen und<br />

nachdem ich mich etwas eingehört hatte, war<br />

ich überzeugt und so haben wir die Kür zusammen<br />

erstellt. Jedes Mal wenn ich es auf dem Eis<br />

höre und dazu laufe, macht es mir einfach<br />

Spaß. Shae-Lynn kennt Bryan Adams persönlich,<br />

aber noch glaube ich nicht, dass er mein Programm<br />

gesehen hat. Sie ist aber überzeugt, dass<br />

er es lieben würde. Wir kennen kein anderes<br />

Wettbewerbs-Programm zu Bryan Adams. Das<br />

macht mich ein bisschen stolz. Es ist ein schöner<br />

Zufall, ein Programm mit diesen Zeilen in<br />

meiner letzten Saison zu laufen.<br />

Was waren rückblickend die besten Zeiten in<br />

Ihrer Karriere?<br />

Meine Karriere war eine große Achterbahnfahrt.<br />

Daher kann ich das nicht genau sagen. Ein<br />

ständiges Hoch- und Runter von guten und<br />

schlechten Resultaten. Die Musik in der Kür<br />

enthält beide Aspekte. Gerade diese EM spiegelt<br />

meine ganze Karriere eigentlich sehr gut wieder<br />

- miserables Kurzprogramm - gute Kür, so lief<br />

es eigentlich die ganze Zeit.<br />

Bald geht es für Sie zu Ihren vierten Olympischen<br />

Spielen. Mit welchen Erwartungen<br />

gehen Sie in den Wettbewerb?<br />

Ich bin nicht mehr 20. Ich gehe nicht mehr mit<br />

der Erwartung in den Wettbewerb, um Medaillen<br />

kämpfen zu können. Bei vergangenen Spielen<br />

bin ich mit dem Glauben daran gegangen,<br />

dass das möglich sein könnte. Jetzt fühle ich<br />

das erste Mal diesen wirklichen olympischen<br />

Gedanken: Es ist wichtig, einfach dabei zu sein.<br />

Ich möchte die Zeit voll und ganz genießen. Zudem<br />

ist es dieses Mal auch besonders wichtig<br />

für mich, für meine Teamkollegen da zu sein<br />

und vor allem Nathan (Chen) auf seinem Weg<br />

zum Sieg zu unterstützen. Er verdient diese<br />

Goldmedaille wirklich sehr und ich werde tun,<br />

was ich kann, um ihm beizustehen.<br />

Wie schätzen Sie Nathans Chancen ein?<br />

Nun, jeder sieht ja, was er für unglaubliche<br />

Leistungen abliefert. Jetzt zuletzt wieder bei<br />

den amerikanischen Meisterschaften und das<br />

war lange nicht seine Bestleistung. Ich habe<br />

nun zwei Jahre mit ihm gemeinsam trainiert<br />

und weiß, wozu er in der Lage ist. Ich wünsche<br />

mir mit ganzem Herzen, dass er gewinnt.<br />

Sie werden Tschechien im Teamwettbewerb<br />

vertreten, gemeinsam mit Ihrer Schwester<br />

Eliska. Was bedeutet Ihnen das?<br />

Es war immer der Traum meines Vaters, seine<br />

beiden Kinder gemeinsam bei den Olympischen<br />

Spielen zu sehen. Und jetzt erfüllt sich sein<br />

Traum, im letzten Jahr, in dem wir beide auf<br />

dem Eis stehen. Ich kann natürlich nicht für<br />

meine Schwester sprechen, aber für mich ist es<br />

ganz klar, dass ich nach dieser Saison aufhören<br />

möchte. Es ist großartig, dass ich in meine letzten<br />

Olympischen Spiele gemeinsam mit meiner<br />

Familie erleben kann, das wird alles noch viel<br />

emotionaler machen. Wir haben uns beide qualifiziert,<br />

mein Vater wird dabei sein, und es wird<br />

wohl das allerletzte Mal sein, dass wir alle als<br />

Familie gemeinsam an einem Wettbewerb teilnehmen.<br />

Leider kann ich nicht in Peking bleiben,<br />

um meine Schwester bei ihrem Einzelwettbewerb<br />

zu sehen. Ich werde direkt nach meiner<br />

Kür abreisen, um meine eigene Familie nicht so<br />

lange alleine zu lassen. Ich habe mich am vergangenen<br />

Sonntag von meiner Tochter und meiner<br />

Frau verabschiedet, das heißt, ich werde sie<br />

ohnehin über einen Monat nicht sehen. Das ist<br />

eigentlich schon viel zu lang.<br />

Die <strong>Pirouette</strong> wünscht Michal Brezina einen<br />

gelungenen Abschluss seiner Karriere und<br />

bedankt sich für viele großartige Momente<br />

auf dem Eis während der vergangenen zwei<br />

Jahrzehnte. <br />

Judith Dombrowski


Filmrezension<br />

Die Kür ihres Lebens<br />

Von Alexandra Ilina<br />

Die Kufen rauschen über das Eis,<br />

dann schwenkt die Kamera und wir<br />

sehen eine junge blonde Frau, die über<br />

die Eisfläche gleitet. Sie lächelt, denn<br />

sie läuft zu ihrem Lebenstraum, einem<br />

Lebenstraum, den sie am 15. <strong>Februar</strong><br />

2018 verwirklicht hat. Es ist Aljona Savchenko,<br />

die deutsche Olympiasiegerin<br />

im Paarlauf, die zusammen mit Bruno<br />

Massot mit ihrer Kür vor vier Jahren<br />

nicht nur ihre deutschen Fans, sondern<br />

die ganze Welt verzauberte. Magie.<br />

Höchstleistung. Zauber. Wahnsinn. Etwa<br />

vier Minuten dauerte diese Kür, doch<br />

diese vier Minuten werden für die Ewigkeit<br />

in Erinnerung bleiben und die Kür<br />

zu „La Terre Vue du Ciel“ ist direkt nach<br />

dem Ablauf der letzten Sekunde eine<br />

Legende der Geschichte des Eiskunstlaufens<br />

geworden. Man kann viele Worte<br />

dazu schreiben, um das, was am 15.<br />

<strong>Februar</strong> in Korea geschah, zu beschreiben<br />

und trotzdem werden einem Worte<br />

fehlen, denn das muss man gesehen haben.<br />

Jetzt, vier Jahre später, ist der Dokumentarfilm<br />

„Die Kür ihres Lebens“ erschienen,<br />

der Film, der diese Leistung<br />

und diese Kür würdigt und Millionen<br />

Zuschauer erneut in die Magie des Eislaufens<br />

versetzt.<br />

„Die Idee, diese Kür in einem Film zu verewigen<br />

ist genau in dem Moment der Liveübertragung<br />

von den Olympischen Spielen entstanden. Ich<br />

habe es im Fernsehen gesehen und war sehr bewegt<br />

und es war mir sofort klar, dass man versuchen<br />

muss, diesen Moment festzuhalten –<br />

über so eine TV-Übertragung hinaus“, erklärte<br />

der Produzent des Filmes, Carl-Ludwig Rettinger<br />

vor der Premiere in Berlin, die er zusammen mit<br />

dem Berliner Eislaufclub organisierte. Die DEU<br />

hingegen hätte kurz vor den Olympischen Spielen<br />

leider keine Zeit dafür. „Da gab es wenig Interesse“.<br />

Schließlich sei so ein Film eine gute<br />

Motivation und ein Beispiel einer herausragenden<br />

Karriere für heranwachsende Sportler. Diese<br />

Kür hat Rettinger sofort als „Gesamtkunstwerk“<br />

bezeichnet.<br />

Der Kür ein Denkmal setzen<br />

Von links: Carl-Ludwig Rettinger, Aljona Savchenko, Alexander König und Gerhard Schick<br />

<br />

Foto: Hella Höppner<br />

Doch der Weg zu diesem großen „Gesamtkunstwerk“<br />

des Lebens war für Aljona alles andere als<br />

einfach. Es war kein leichter Weg, erst bei dem<br />

fünften olympischen Anlauf gelang es ihr, das<br />

lang ersehnte Gold zu gewinnen. Und genau das<br />

wollte der Regisseur Gerhard Schick in diesem<br />

Film zeigen: „Es ist ganz klar, wir wollten der<br />

Kür ein Denkmal setzen. Aber für mich war es<br />

wichtig zu zeigen, dass der Weg dorthin ein<br />

schwieriger, steiniger Weg war. Sonst kann man<br />

nicht nachvollziehen, was für eine große Leistung<br />

es ist“, erklärte Schick vor der Premiere.<br />

„Man muss aus meiner Sicht auch die Schwierigkeiten<br />

und die dazugehörigen Streitigkeiten<br />

zeigen – erst dann, wenn man alles sieht, kann<br />

das Publikum es wirklich würdigen und verstehen,<br />

wie groß diese Leistung ist“, erklärte er.<br />

Und das ist dem Team durchaus gelungen: Mit<br />

akribisch ausgewählten Szenen, die wie Perlen an<br />

einer Kette aneinandergereiht sind, kommt man<br />

dem Höhepunkt des Filmes entgegen. Denn im<br />

Mittelpunkt des Filmes steht die wunderschöne<br />

Kür, die vier Minuten, die eigentlich das ganze<br />

Leben der außergewöhnlichen Sportlerin Aljona<br />

Savchenko beinhalten.„Ich habe am Anfang, in<br />

der Mitte und am Ende des Filmes geweint“, offenbarte<br />

Aljona Savchenko bei der Premiere,<br />

nach der sie dem Regisseur und dem Produzenten<br />

herzlichst dankte. Als Perfektionistin fand sie<br />

aber auch Kritikpunkte, die sie eher auf ihre eigene<br />

Kappe nimmt, als an das TV-Team weitergibt.<br />

„Vielleicht müsste ich mich auch anders darstellen,<br />

sonst komme ich mir zu streng vor“, erklärt<br />

sie ihren Standpunkt mit Blick auf diverse Streitigkeiten,<br />

die im Film gezeigt werden. „Ich bin<br />

immer mit mir selbst sehr kritisch, ich finde auch<br />

bei dieser Kür einiges, was ich noch verbessern<br />

könnte“, sagte sie im Vorfeld der Premiere.<br />

Bei der Premiere freute sich Aljona, ihren Goldtrainer<br />

Alexander König wiederzusehen. „Es war<br />

so ein Déjà-vu-Gefühl, technisch und emotional<br />

in die Zeit von damals mitgenommen zu werden.<br />

Man erlebt es noch einmal – natürlich<br />

heute aus anderer Perspektive und reflektiert es<br />

anders als damals. Aber es ist eine sehr schöne<br />

Erinnerung, wenn man die Zeit durch den Film<br />

noch mal erleben darf“, teilte König seine ersten<br />

Eindrücke von dem Film in Berlin mit. Für ihn<br />

sei auch eine neue Erkenntnis gewesen: So berührend,<br />

wie Bruno im Film vorkommt, habe er<br />

ihn bisher nicht erlebt. „Ich habe ihn anders als<br />

im Film kennengelernt“.<br />

Der harte Weg zum Olymp, die Reflektionen<br />

danach, die Emotionen, die immer wieder<br />

hochkommen, all das hat der Film zu bieten.<br />

Doch auch für den Produzenten Carl-Ludwig<br />

Rettinger war es nicht immer leicht, den Film<br />

so zu gestalten, wie er es sich eigentlich vorstellte.<br />

Sein vordringlicher Wunsch war es, einen<br />

echten Kinofilm zu machen. Doch da kamen<br />

die Übertragungsrechte ins Spiel. „Die<br />

Rechte hält allein das Olympische Komitee –<br />

die medialen Rechte in jeglicher Hinsicht,<br />

egal ob das Kino oder Fernsehen, egal für<br />

welche Medien. Und diese Rechte anzukaufen<br />

ist sehr, sehr teuer“, erklärte er. „Das Olympische<br />

Komitee hat das Monopol und es diktiert<br />

die Preise. Wir hätten das gerne als Kinofilm<br />

gemacht, weil es eben große Emotionen sind,<br />

viele große tolle Bilder sind…“. Doch die Kinorechte<br />

dafür zu erwerben, sei viel zu teuer<br />

gewesen. Alleine die Ausschnittrechte für<br />

Frankreich (ARTE sendet auch in Frankreich)<br />

kosteten mehrere 10.000 Euro. Sonst dürfte<br />

man diese Kür gar nicht zeigen. Auch der Regisseur<br />

stand vor einer großen Herausforderung:<br />

Denn das Hauptereignis, das in der Mitte<br />

des Filmes gezeigt werden sollte, zum Anfang<br />

der Dreharbeiten zwei Jahre zurück lag.<br />

Deshalb musste er viel im Archiv „graben“,<br />

um Aufnahmen zu finden, die vor der Kür<br />

entstanden sind. Eine große Hilfe seien auch<br />

die Aufnahmen von Daniel Weiss gewesen,<br />

der auch im Film zu sehen ist. Auch die Corona-Pandemie<br />

erschwerte die Dreharbeiten.<br />

(Fortsetzung auf Seite 8)<br />

7<br />

Die Kür ihres Lebens<br />

Filmrezension


8<br />

News<br />

(Fortsetzung von Seite 7)<br />

Jeder findet für sich in diesem Film etwas ganz<br />

Besonderes – seien es die Bilder vom Training,<br />

die nie gezeigt wurden, oder Nahaufnahmen<br />

der spektakulären Elemente, so dass der Zuschauer<br />

gleich den Eindruck „Live dabei zu<br />

sein“ bekommt und alles hautnah miterlebt und<br />

nicht zuletzt mitfühlt. Denn zum Mitfühlen<br />

gibt es einiges. „Ich habe es noch nicht so erlebt,<br />

dass der Film Menschen so emotional erwischt.<br />

Es ist etwas Besonderes!“, resümierte<br />

der Regisseur Schick. Auch dass das Publikum<br />

nach der Premiere stehend applaudierte, erlebt<br />

man sehr selten.<br />

„Wenn man wieder aufsteht,<br />

ist es super!“<br />

Was lernen wir aus diesem Film? Man darf nie<br />

aufgeben. Das Beispiel von Aljona Savchenko<br />

zeigt, dass man immer bis zu Ende gehen soll<br />

und selbst wenn andere aufgeben und nicht daran<br />

glauben, dass es doch ein Happy End gibt,<br />

ging sie ihren Weg weiter. „Meine Lieblingsszene<br />

ist eine ganz kleine Szene, wo Alex König<br />

von Hinfallen spricht. Er erzählt, dass Fallen dazugehört,<br />

und das ist auch im Leben wichtig,<br />

dass man hinfällt, aber dann auch wieder aufsteht.<br />

Und im Film haben wir dazu Bilder von<br />

Nachwuchsschülern in Zeitlupe gezeigt, indem<br />

König das genau erklärt, und dabei gibt es einen<br />

Moment, wo eine Schülerin hinfällt und der<br />

Partner hebt sie hoch und sie lacht dabei und<br />

dazu läuft schöne Musik. Das ist ein Bild für<br />

mich, dass es im Leben oft schwierig ist, aber<br />

wenn man wieder aufsteht – ist es super“, erklärte<br />

der Regisseur.<br />

Aljona hat immer Kraft gefunden, nicht nur nach<br />

den Stürzen auf dem Eis, sondern auch nach<br />

Schicksalsschlägen aufzustehen und immer weiter<br />

zu gehen. Genau wie eine weitere kleine<br />

Szene des Filmes zeigt – Aljona läuft alleine,<br />

losgelöst über eine große Wiese, immer weiter<br />

und die Kamera folgt ihr eine Weile, schwebt<br />

hinterher und begleitet sie endlich durch eine<br />

Luftaufnahme von oben: Aljona… Vue du Ciel<br />

(Die Erde, vom Himmel aus gesehen)… •••<br />

Sendetermine:<br />

Arte: 3. <strong>Februar</strong>, um 20:15 Uhr<br />

und anschließend in der Arte Mediathek<br />

Bayerischer Rundfunk:<br />

9. <strong>Februar</strong>, um 22:45 Uhr<br />

Neue Anschrif t!<br />

Adam Rippon und<br />

Jussi-Pekka Kajaala<br />

Foto: instagram/@adaripp<br />

Hartigstr. 1, 01127 Dresden – Telefon 0351 32939610 – info@eiskunstlauf-shop.de<br />

Adam Rippon hat geheiratet<br />

Der amerikanische Einzelläufer Adam Rippon<br />

(32) hat an Silvester 2<strong>02</strong>1 in aller Stille in Kalifornien<br />

seinen langjährigen finnischen Lebensgefährten<br />

und Verlobten Jussi-Pekka Kajaala geheiratet.<br />

Dieser kommt nicht vom Eislaufen und<br />

ist als Immobilienmakler tätig. Bei den Olympischen<br />

Spielen 2018 gewann Rippon eine Bronzemedaille<br />

im US-Team und landete im Einzelwettbewerb<br />

auf Platz 10. Kennengelernt hatten<br />

sich die beiden während der Finlandia Trophy<br />

2017. Während der Pandemie konnten sie sich<br />

ein Jahr lang nur online sehen, aber im Sommer<br />

2<strong>02</strong>1, als Amerikaner wieder in die EU reisen<br />

durften, verbrachte Rippon zwei Monate mit<br />

ihm in Finnland. Seit 2019 arbeitet der Amerikaner<br />

hauptberuflich als Trainer und Choreograf<br />

in der Schule von Rafael Arutunian in Irvine in<br />

Südkalifornien, unter anderem mit der neuen<br />

US-Meisterin Mariah Bell.<br />

Schwedische<br />

Meisterschaften verschoben<br />

Die Schwedischen Meisterschaften sind von Dezember<br />

auf den 7. bis 10. April verschoben worden,<br />

in der Hoffnung, dass sich bis dahin die Situation<br />

der Pandemie stark verbessert hat. Geplanter<br />

Austragungsort ist die mittelschwedische<br />

Kleinstadt Borlänge.<br />

Michelle Kwan ist Mutter<br />

Die mehrfache Weltmeisterin und zweifache<br />

olympische Medaillengewinnerin (1998 und<br />

20<strong>02</strong>) Michelle Kwan, inzwischen 41 und zu ihrer<br />

Zeit ein großer Star in den USA, hat wenige<br />

Wochen nach ihrer <strong>No</strong>minierung zur Botschafterin<br />

des mittelamerikanischen Staates Belize erneut<br />

Schlagzeilen gemacht, diesmal keine beruflichen,<br />

sondern private. Denn Mitte Januar gab<br />

Ihr Eiskunstlauf<br />

Fachgeschäft<br />

und Webshop<br />

Anzeige<br />

sie bekannt, dass sie<br />

Anfang Januar Mutter<br />

einer Tochter Kalista<br />

Belle geworden ist.<br />

Weitere Details verriet<br />

sie nicht, weder das<br />

genaue Geburtsdatum<br />

noch wer der Vater ist<br />

und ob sie in einer Beziehung<br />

lebt.<br />

Kanadier Sean Rice<br />

gestorben<br />

Der kanadische Paarläufer Sean Rice, der in den<br />

1990er Jahren mit Jodeyne Higgins gelaufen<br />

und anschließend mit ihr verheiratet war, ist<br />

am 14. Januar im Alter von 49 Jahren gestorben.<br />

Über seine Todesursache wurde nichts bekannt,<br />

nicht einmal die britischen Boulevardmedien<br />

wussten etwas. Ihr größter Erfolg war<br />

Rang 10 bei der WM 1993. Bei der Nebelhorn<br />

Trophy 1992 gewannen sie Bronze. Nach seiner<br />

ISU-Karriere startete Rice noch jahrelang bei<br />

Shows, zuletzt in britischen Staffeln von Dancing<br />

on Ice. Das Ehepaar hat eine acht Jahre<br />

alte Tochter namens Signey.<br />

Gailhaguet erhält kleinen<br />

Schadenersatz<br />

Der ehemalige französische Verbandspräsident<br />

Didier Gailhaguet hat beim Verwaltungsgericht<br />

in Paris eine Schadenersatzsumme von 5.000<br />

Euro vom Sportministerium erfolgreich dafür<br />

eingeklagt, dass er auf Druck der Sportministerin<br />

Roxana Maracineanu im <strong>Februar</strong> 2<strong>02</strong>0 eilig<br />

zurücktreten musste. Beantragt hatte er, so<br />

schrieb die Tageszeitung Le Monde, eine Summe<br />

von 150.000 Euro Schadenersatz und 152.550<br />

Euro für 27 Monate Verdienstausfall, die er bis<br />

zum Ende seiner Amtszeit im Sommer 2<strong>02</strong>2 erhalten<br />

hätte. Anders als in Deutschland erhält<br />

in Frankreich ein Verbandspräsident ein Gehalt<br />

vom Sportministerium. <br />

krk<br />

Ivan Bukin wurde Vater<br />

Der russische Eistänzer Ivan Bukin (28) und seine<br />

langjährige Lebensgefährtin Aliona Samarskaia<br />

(33) freuen sich über die Geburt ihres Sohnes<br />

Artem. Der Junge kam am 3. Januar kurz<br />

vor der EM zur Welt, Mutter und Kind sind<br />

wohlauf, wie der russische Eislaufverband meldete.<br />

Samarskaia ist Choreographin und arbeitet<br />

seit vielen Jahren mit Bukin und seiner Eis-Partnerin<br />

Alexandra Stepanova.<br />

Neuauflage der ISU Awards<br />

In Zusammenarbeit mit Art on Ice vergibt die<br />

ISU in diesem Jahr wieder Auszeichnungen für<br />

Sportlerinnen, Sportler, Trainer und Choreographinnen<br />

in den Kategorien „Wertvolltste/r Läufer/in“,<br />

„Bestes Kostüm“, „Unterhaltsamstes Programm“,<br />

„Bester Newcomer“, „Beste/r Trainer/<br />

in“, „Beste/r Choreograph/in“ und die Auszeichnung<br />

für das Lebenswerk. Die ISU Awards sollen<br />

als online Show live gestreamt werden. Fans<br />

können online abstimmen. Die Auszeichnungen<br />

wurden 2<strong>02</strong>0 erstmals vergeben. Im Vorjahr<br />

zeichnete die ISU wegen der Pandemie und vieler<br />

ausgefallener Wettbewerbe nur Tamara<br />

Moskvina und Alexei Mishin für ihr Lebenswerk<br />

aus. Im Frühjahr sollen weitere Details veröffentlicht<br />

werden. <br />

tat<br />

Besuchen Sie die<br />

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Favoriten siegen bei der<br />

Kanadischen<br />

Meisterschaft<br />

und fahren nach Peking<br />

Bei der Kanadischen Meisterschaft Anfang Januar in Ottawa<br />

haben sich die Favoriten und Favoritinnen durchgesetzt<br />

und wurden für die Olympischen Spiele nominiert. Die Omikron-<br />

Variante des Coronavirus ließ auch in Kanada die Infektionszahlen<br />

wieder stark ansteigen, so dass kurzfristig weder<br />

Publikum noch Medien kommen durften und sich mit dem<br />

Livestream begnügen mussten. Immerhin fand der Wettbewerb<br />

anders als im Vorjahr statt, nur die Nachwuchskategorie<br />

verschob Skate Canada auf eine unbekannte Zeit.<br />

Die Eistänzer Piper Gilles/Paul Poirier verteidigten<br />

ihren Titel mit 13 Punkten Vorsprung und<br />

zeigten zwei starke Programme ohne Fehler. Sie<br />

ertanzten 219,24 Punkte und bekamen in der<br />

Kür für alle Elemente einen Level 4. Die WM-<br />

Dritten sind die einzigen Kanadier mit einer realistischen<br />

Medaillenchance in Peking. „Wir waren<br />

ein bisschen nervös und wir haben seit dem<br />

Grand Prix viele Veränderungen vorgenommen,<br />

so dass das für uns ein Test war“, kommentierte<br />

Gilles. Den zweiten Platz sicherten sich Laurence<br />

Fournier-Beaudry/Nikolaj Sörensen, für die<br />

sich damit der Wechsel von Dänemark nach Kanada<br />

gelohnt hat, denn nun können sie sich den<br />

Traum von der Olympiateilnahme erfüllen. Das<br />

Duo überraschte mit einer neuen Kür zur Filmmusik<br />

„Gladiator“, die sie kurz entschlossen drei<br />

Wochen vorher einstudiert hatten. „Diese Musik<br />

fesselt uns“, sagte Fournier-Beaudry. „Als ich<br />

mit dem Eislaufen anfing, habe ich mir diese<br />

Filmmusik immer wieder angehört. Ich wollte<br />

dazu laufen.“ Die Kunst bestand darin, die Elemente<br />

beizubehalten und die Musik und Choreographie<br />

entsprechend anzupassen. Es gelang,<br />

das Paar erzielte 206,65 Punkte. Die Juniorenweltmeister<br />

von 2019, Marjorie Lajoie/Zachary<br />

Lagha, die wie die Zweitplatzierten in der Montrealer<br />

Schule trainieren, holten Bronze und den<br />

dritten Olympiastartplatz mit einer dynamischen<br />

Darbietung zur Filmmusik „Rio“.<br />

Im Paarlauf war man auf das Duell zwischen<br />

Kirsten Moore-Towers/Michael Marinaro und Vanessa<br />

James/Eric Radford gespannt. Doch bei einer<br />

Online-Pressekonferenz vor der Meisterschaft<br />

Kirsten Moore-Towers und Michael Marinaro<br />

enthüllten die Sportler, dass sie beide an den<br />

Weihnachtstagen an Corona erkrankt waren.<br />

James hatte einen Test gemacht, bevor sie ihre<br />

Familie besuchen wollte, und war positiv. Symptome<br />

hatte sie keine, musste aber natürlich in<br />

Quarantäne. Drei Tage später hatte auch ihr<br />

Partner einen positiven Test. Er berichtete von<br />

leichten Erkältungssymptomen. James/Radford<br />

konnten nur vier Tage vor dem Wettkampf<br />

wieder ins Training einsteigen und waren nicht<br />

fit. Im KP mit Fehlern beim Twist und Sturz<br />

beim 3S lagen sie nur auf Rang vier und gaben<br />

auf. „Wir wollten starten, aber es ist besser für<br />

uns, wenn wir verzichten, um dann bei den<br />

Olympischen Spielen in Bestform zu sein“, erklärte<br />

James. Die Bahn war frei für Moore-Towers/Marinaro,<br />

die das erste Mal in der Saison<br />

überzeugten und zwei saubere Programme ablieferten.<br />

Das brachte ihnen 212,54 Zähler ein.<br />

Evelyn Walsh/Trennt Michaud steigerten sich<br />

ebenfalls deutlich im Vergleich zu ihren<br />

Herbstwettbewerben. Nur die Solosprünge waren<br />

unterdreht bzw. leicht unterdreht, aber<br />

grobe Fehler machten sie nicht (186,52). Der<br />

kanadische Verband nominierte dennoch<br />

James/Radford aufgrund der besseren Saisonergebnisse<br />

für die Olympischen Spiele. Darüber<br />

regten sich einige Fans auf und sogar Radfords<br />

Ex-Eispartnerin Meagan Duhamel kritisierte die<br />

Entscheidung – es sieht so aus, als habe sie<br />

ihm immer noch nicht verziehen, dass er keine<br />

Shows mit ihr läuft. Andererseits gab Duhamel<br />

kurz darauf bekannt, dass sie im Sommer ihr<br />

zweites Kind bekommt. Bronze ging an die 38<br />

Jahre alte Amerikanerin und Junioren-WM-<br />

Zweite von 2000, Deanna Stellato-Dudek, die<br />

nach 16 Jahren Pause als Paarläuferin zurückgekommen<br />

war, schon von 2016 bis 2019 mit dem<br />

Amerikaner Nathan Batholomay für die USA lief,<br />

und ihren aktuellen Partner Maxime Deschamps.<br />

Mit ihm läuft seit 2019 zusammen (178,60).<br />

Keegan Messing musste lange auf seinen<br />

ersten nationalen Titel warten<br />

– erst kurz vor seinem 30. Geburtstag<br />

stand er ganz oben auf<br />

dem Treppchen. Sein Gepäck mit den Schlittschuhen<br />

ging auf der Reise von Alaska nach Ottawa<br />

verloren und kam erst kurz vor dem Start<br />

an. Im KP ging der gebürtige US-Amerikaner in<br />

Führung, obwohl er den Axel aufriss. Aber auch<br />

seine stärksten Konkurrenten machten Fehler. In<br />

der Kür gelangen Messing zwei 4T und nur der<br />

erste 3A war unsauber (258,03). Roman Sadovsky<br />

unterdrehte leicht den 4S (q) im KP und aus der<br />

Lutz-Kombi wurde ein mickriger 2L, so dass er<br />

auf Rang vier lag. In der Kür klappten immerhin<br />

zwei 4S, einige andere Sprünge aber nicht. Dennoch<br />

reichte es für Silber, so dass er den von ihm<br />

in Oberstdorf geholten zweiten Olympiastartplatz<br />

selbst nutzen kann (247,60). Junior Wesley Chiu<br />

wurde Dritter mit 232,04 Zählern. Nam Nguyen<br />

beendete seine Karriere mit Rang sechs. Wegen<br />

einer Corona-Infektion hatte er sich nicht gut<br />

vorbereiten können. Seinen Rücktritt nach dieser<br />

Saison hatte er schon vorher angekündigt. Das<br />

einstige Wunderkind Stephen Gogolev trat nicht<br />

an, wurde aber zusammen mit Chiu für die Junioren-WM<br />

nominiert.<br />

Madeline Schizas ist aktuell die klar die beste<br />

Kanadierin und hatte wenig Konkurrenz im<br />

Kampf um den einzigen Olympiastartplatz. Mit<br />

einem soliden KP und ein paar Wacklern in der<br />

Kür sammelte sie 198,24 Punkte. Veronik Mallet<br />

landete fast 30 Zähler dahinter auf Rang zwei.<br />

Die zweimalige Olympia-Teilnehmerin und WM-<br />

Dritte von 2017, Gabrielle Daleman, konnte<br />

nach vielen Verletzungen und Krankheiten nicht<br />

an frühere Leistungen anknüpfen. Sie holte<br />

Bronze (167,50).<br />

Tatjana Flade<br />

Madeline Schizas<br />

Fotos: Hella Höppner<br />

9<br />

Kanadische Meisterschaft


10<br />

US-Meisterschaften<br />

US-Meisterschaften<br />

mit Weltklasse, Überraschungen und Covid-Fällen<br />

In diesem Jahr fanden die amerikanischen<br />

Meisterschaften der Meisterklasse<br />

und der Junioren in der Bridgestone<br />

Arena der Countrymusik-Metropole<br />

Nashville im Bundesstaat Tennessee<br />

statt. Zwar galten in der Eishalle die<br />

üblichen Schutzmaßnahmen, aber nur<br />

dort. Denn diese Stadt ist traditionell<br />

republikanisch dominiert und daher<br />

werden die Corona-Regeln recht lax gehandhabt.<br />

Masken tragen und impfen<br />

gilt bei vielen als ein Zeichen von<br />

Schwäche. Reporterin Christine Brennan,<br />

die sich sonst auf Skandale im Eislaufen<br />

konzentriert, schrieb, dass im offiziellen<br />

Hotel, auch in den Aufzügen,<br />

der Lobby und der Stammkunden-<br />

Lounge keine Maskenpflicht herrschte<br />

und daher viele leichtsinnigerweise<br />

ohne Masken herumliefen. In diesem<br />

Punkt hatte sie recht, denn prompt<br />

wurden wenig später acht Läufer und<br />

einige Trainer positiv getestet und<br />

konnte nicht starten bzw. sich um ihre<br />

Schützlinge kümmern. Dies ist für US-<br />

Läufer besonders hart, weil die nationalen<br />

Meisterschaften für fast alle der<br />

wichtigste Wettbewerb der Saison sind.<br />

Lobend erwähnte Brennan, dass einige<br />

Läufer wie Jason Brown und Hubbell/<br />

Donohue schon zuvor verkündet hatten,<br />

sie würden nicht im offiziellen Hotel<br />

wohnen. Die Olympia-Kandidaten<br />

mussten außerdem fürchten, dass sie<br />

nach einer Infektion nicht schnell genug<br />

wieder negativ getestet werden<br />

konnten, um überhaupt nach China<br />

einreisen zu dürfen.<br />

Ein erstklassiges Comeback feierte die neue<br />

Meisterin Mariah Bell (216 Punkte), die im<br />

ganzen Jahr 2<strong>02</strong>1 nicht gut in Form war,<br />

Fünfte der US-Meisterschaften vor einem Jahr<br />

und bei ihrem ersten Grand Prix in Frankreich<br />

im Herbst Platz 6 belegt hatte. Aber diesmal<br />

gelang der Schülerin von Rafael Arutunian<br />

und Adam Rippon zu dem neo-klassischen<br />

Klavierstück „Rivers Flows in You“ des südkoreanischen<br />

Musikers Yiruma zunächst ein annähernd<br />

fehlerloses KP mit knapper 3F-3T-<br />

Kombination, guten 3L und 2A sowie erstklassigen<br />

<strong>Pirouette</strong>n und eindrucksvoller Schrittfolge<br />

(alles Level 4). Dies ergab 75,55 Punkte<br />

und schon während des Programms konnte<br />

die 25-Jährige strahlen. In der Kür kehrte Bell<br />

nach einigen Umwegen zur Musik „Hallelujah“<br />

von K.D. Lang zurück, mit der sie schon<br />

2019/20 erfolgreich gewesen war. Diese Kür<br />

konnte sie bei der ausgefallenen WM 2<strong>02</strong>0<br />

nicht zeigen, sie drückte ihre optimistisch-positive<br />

Grundeinstellung sehr gut aus. Beide Programme<br />

dieser Saison choreografierte Shae-<br />

Lynn Bourne mit ihr. Die für sie riskante 3F-3T-<br />

Kombination stand in der Kür nicht auf ihrer<br />

Agenda. Aber sechs Dreifache gelangen mehr<br />

oder weniger sauber, plus drei überwiegend mit<br />

+4 bewertete <strong>Pirouette</strong>n und zwei nicht weniger<br />

eindrucksvolle Schrittfolgen, die ihre Komponenten<br />

bis auf etwa 8.8 steigen ließen. Nur<br />

ein 2A war umgestiegen. Vor allem Rippon vermittelt<br />

ihr neue Freude an Wettbewerben.<br />

Die elegante Karen Chen kam mit 213 Punkten<br />

auf den zweiten Platz. Im nagelneuen KP zu<br />

„Requiem for a Dream“, deren Musik sie<br />

2014/15 schon einmal verwendet hatte, erhielt<br />

der Toeloop der Kombination 3F-3T ein q, alles<br />

andere war sehr überzeugend. In der Kür zum<br />

Violinkonzert „Butterfly Lovers“ von Takako<br />

Ni shizaki glückten vier Dreifache einwandfrei,<br />

aber bei drei weiteren fehlte mindestens eine<br />

Vierteldrehung. Auch sie kam immerhin sturzfrei<br />

durch beide Programme. Auf Rang drei nach<br />

dem KP zu einem Zigeunertanz aus dem Ballett<br />

Don Quichote lag Jungstar und Nebelhorn-Siegerin<br />

Alysa Liu, die im <strong>No</strong>vember zu Christy<br />

Krall, Drew Meekins und Viktor Pfeifer nach Colorado<br />

Springs gewechselt war. Beim 3A-Versuch<br />

stürzte sie, aber alles andere einschließlich<br />

der 3L-3T-Kombination erhielt viele Pluspunkte.<br />

Nach dem KP wurde sie jedoch positiv auf Corona<br />

getestet und konnte keine Kür mehr laufen.<br />

Trotzdem wurden sie sowie Bell und Chen<br />

für die Olympischen Spiele nominiert.<br />

Mariah Bell<br />

Fotos: Höppner<br />

Bronze mit 210 Punkten gewann die erst 14<br />

Jahre alte Isabeau Levito aus New Jersey, die<br />

den zweiten Junioren Grand Prix in Courchevel<br />

überlegen gewonnen hatte und schon damals<br />

von der <strong>Pirouette</strong> hervorgehoben worden war.<br />

Sie ist noch zu jung für die Olympischen Spiele<br />

und andere internationale Meisterklassewettbewerbe,<br />

darf jedoch bei der Junioren-WM starten.<br />

Herausragend der für ihr Alter besonders<br />

vom Ballett geprägte Laufstil in der Schwanensee-Kür,<br />

der zweitbesten des Wettbewerbs, der<br />

Komponenten bis 8,75 einbrachte. Vierte mit<br />

188 Zählern wurde Gabriella Izzo aus Boston<br />

vor Lisa Thorngren (186), der Siegerin des ersten<br />

Junioren Grand Prix in Courchevel, die bei einem<br />

abgewerteten 3A stürzte. Sie wird von der<br />

Ex-Österreicherin Julia Lautowa und Olympiasieger<br />

Victor Petrenko trainiert. Audrey Shin<br />

landete auf Platz 6 mit 180 Punkten, Starr Andrews<br />

wurde nur Neunte mit 173 Zählern. Die<br />

Olympia-Vierte von 2014, Gracie Gold, die jetzt<br />

bei Alex Zahradnicek in Aston, Pennsylvania<br />

trainiert, hatte sich bei den regionalen Wettbewerben<br />

für Nashville qualifiziert. Bei ihrem neuesten<br />

Comeback-Versuch nach jahrelangem<br />

Kampf gegen Essstörungen und anderen Problemen<br />

lief sie das beste KP seit Jahren zur in den<br />

USA immer beliebten Musik „East of Eden“, mit<br />

3L-3T-Kombination und q beim 3T. Aber ihre<br />

Kür war recht langsam, ihre Kondition reichte<br />

nicht und sie kam nur auf Platz 10.<br />

Amber Glenn aus Texas verzichtete auf den<br />

sonst probierten 3A und verpatzte die beiden<br />

Dreifachen im KP, anschließend wurde sie positiv<br />

auf Corona getestet und musste aufgeben.<br />

Die zweimalige US-Meisterin Bradie Tennell<br />

hatte ihre langwierige Verletzung am rechten<br />

Fuß noch immer nicht überwurden. Daher verzichtete<br />

die 23-Jährige auf einen Start und damit<br />

auf die Chance, sich für die Olympischen<br />

Spiele zu qualifizieren.<br />

Ilia Malinin direkt hinter Chen<br />

Wie erwartet, konnte Nathan Chen seinen<br />

sechsten nationalen Titel in Folge überlegen<br />

und mit 328 Punkten gewinnen, aber wirklich<br />

glanzvoll lief er zumindest in der Kür nicht. Vor<br />

den Meisterschaften hatte er angekündigt, zu<br />

den beiden sehr erfolgreichen Programmen von<br />

vor zwei Jahren zurückzukehren. Daher hörte<br />

man im KP wieder den 2018 verstorbenen französisch-armenischen<br />

Sänger Charles Aznavour<br />

mit dem Chanson „La Bohème“. Diese Musik<br />

hatte sein ebenfalls armenischstämmiger US-<br />

Trainer Rafael Arutunian mit ausgewählt. Die<br />

sieben Elemente glückten erstklassig, auch der<br />

4F und in der zweiten Programmhälfte die


11<br />

US-Meisterschaften<br />

Isabeau Levito<br />

Ilia Malinin<br />

4L-3T-Kombination; sieben von 45 Komponenten<br />

lagen bei 10,0. Die Kür zur ebenfalls recycelten<br />

Elton John-Musik von „Rocketman“ begann<br />

er mit exzellenter 4F-3T-Kombination,<br />

aber beim zweiten 4F ging er ebenso zu Boden<br />

wie später bei der anspruchsvollen Hip Hop-<br />

Choreo-Schrittfolge. Immerhin brillierte er mit<br />

je einem 4S, 4L, 4T und 3A, so dass sein Sieg<br />

unumstritten war. Dass er auch bei den Olympischen<br />

Spielen diese beiden Programme laufen<br />

wird, wollte er noch nicht bestätigen.<br />

Beinahe sensationell war die Silbermedaille mit<br />

3<strong>02</strong> Punkten für den 17-jährigen Ilia Malinin<br />

aus Virginia bei seiner ersten US-Meisterschaft<br />

in der Meisterklasse. Der Sohn des einst für Usbekistan<br />

laufenden und jetzt in den USA lebenden<br />

Trainerehepaars Tatjana Malinina und Roman<br />

Skorniakov hatte im Herbst die Junioren<br />

Grand Prix in Courchevel und in Linz gewonnen<br />

(die <strong>Pirouette</strong> hatte berichtet). Seitdem hat er,<br />

neuerdings auch durch Training bei Arutunian,<br />

an Sprunghöhe und Stabilität gewonnen und sogar<br />

ein Trainingsvideo veröffentlicht, in dem er<br />

eine Kombination aus zwei 4T sauber landete. Im<br />

KP mit 4L und 4T-3T erhielt er erstmals mehr als<br />

100 Punkte, obwohl seine Komponenten wegen<br />

des noch etwas schlaksigen Laufstils nur bei<br />

etwa 8,3 lagen. Aber ein Preisrichter hatte den<br />

Mut, ihm für die Darbietung (performance) eine<br />

10,0 zu geben. Auch die Kür blieb diesmal fehlerlos,<br />

enthielt vier gute Vierfache, einen 3A und<br />

vier weitere Dreifache. Stehende Ovationen belohnten<br />

seine Auftritte. „Ich hätte nicht gedacht,<br />

dass heute alles so gut klappt“, meinte er später.<br />

sturm nach Nashville. Am Morgen vor der Kür<br />

wurde die Trainerin positiv auf das Corona-Virus<br />

getestet und konnte ihn nicht betreuen. Brown<br />

blieb aber negativ, obwohl sie mehrere Stunden<br />

zusammen im Auto gefahren waren. Im KP zu<br />

„Sinnerman“ verzichtete er auf einen nicht stabilen<br />

Vierfachen, brillierte aber ansonsten und<br />

erhielt zu Recht die höchsten Komponenten des<br />

Feldes mit 23mal 10,0. In der Kür zu „Schindlers<br />

Liste“ stürzte er beim wieder vergeblich versuchten<br />

4S, aber Serien von +5 für alle anderen<br />

Elemente verhalfen ihm zu 289 Punkten, was<br />

aber nur Rang vier bedeutete. Sofort begann<br />

eine Diskussion, wer nun neben Nathan Chen<br />

und Vincent Zhou für Olympia nominiert werden<br />

sollte. Das <strong>No</strong>minierungskomitee entschied<br />

sich für Brown, weil er das (ausgefallene) Grand<br />

Prix Finale erreicht hatte, und Malinin als ersten<br />

Ersatz. Dafür nominierte man Malinin für die<br />

WM, falls er bis dahin das WM-Minimum im KP<br />

(34 Technische Punkte) noch irgendwo schafft,<br />

und Brown als Ersatz – eine faire Entscheidung.<br />

Mit der besten Kür seiner bisherigen Karriere<br />

kam der stilistisch sehr überzeugende Camden<br />

Pulkinen aus Colorado Springs auf Platz 5 mit<br />

260 Punkten. Endlich spielten ihm die Nerven<br />

einmal keinen Streich, so dass er in der Kür mit<br />

zwei 4T und zwei 3A punkten konnte. Sechster<br />

mit 228 Zählern wurde Jimmy Ma aus <strong>No</strong>rwood<br />

bei Boston, der zwar wieder mit 4T-3T im KP gefiel,<br />

aber andere Sprünge in der Kür verpatzte.<br />

Der jetzt in den USA lebende Russe Artur Dmitriev<br />

Junior versuchte in der Kür einen 4A, aber<br />

er war unterdreht und umgestiegen. Zum dritten<br />

Mal in dieser Saison musste der vom Ukrainer<br />

zum Amerikaner gewordenen Jaroslav Paniot einen<br />

Wettbewerb mitten während der Kür abbrechen,<br />

weil sein Schlittschuh defekt war. So kann<br />

er in den USA nie Karriere machen. Im KP war er<br />

Siebter mit gelungener 4T-3T-Kombination gewesen.<br />

Ungünstig auch, dass sein Trainer Todd<br />

Eldredge positiv getestet wurde.<br />

Chock/Bates Meister<br />

Die erwartet knappe Eistanzkonkurrenz gewannen<br />

Madison Chock und Evan Bates mit 227<br />

Punkten vor Madison Hubbell und Zachary Do-<br />

Nathan Chen<br />

Foto: Skate Canada/Earl<br />

Mit Rang drei und 290 Punkten begnügen<br />

musste sich Nebelhorn-Sieger Vincent Zhou aus<br />

Colorado Springs. Das KP zu „Vincent - Starry<br />

Starry Night“ mit 4L-3T und 4S (mit q) war<br />

Weltklasse und erhielt 112 Punkte, aber in der<br />

asiatisch inspirierten Kür zur Filmmusik „Crouching<br />

Tiger, Hidden Dragon“ gelangen vier<br />

Sprünge nicht wie geplant. Jason Brown musste<br />

eine 33 Stunden lange Anreise aus Toronto mit<br />

mehreren Flugabsagen hinter sich bringen. Am<br />

Ende mieteten er und Trainerin Tracy Wilson am<br />

Flughafen von Atlanta ein Auto und fuhren zusammen<br />

die 400 Kilometer durch einen Schneenohue<br />

mit 225 Zählern. Den Vorsprung hatten<br />

Erstere überwiegend den besser bewerteten fünf<br />

Elementen im Rhythmustanz zu einem romantischen<br />

Blues und einem Hip Hop von Billie EiIish<br />

zu verdanken. Denn das auch privat liierte Duo<br />

erhielt ausschließlich Level 4 und die maximale<br />

Preisrichterbewertung von +5 von allen neun<br />

Preisrichtern in der Kurvenhebung und auch bei<br />

den anderen Elementen viele +5, was ihnen<br />

2,55 Punkte Vorsprung einbrachte. Chock sagte:<br />

„Weil das Grand Prix Finale ausgefallen ist, hatten<br />

wir mehr Zeit zu intensiver Feinarbeit an<br />

unseren Programmen.“ Madison Hubbell und<br />

Zachary Donohue bekamen zu drei Hits von Janet<br />

Jackson zwar auch einige +5, aber auch +4<br />

und +3 war häufig zu finden. Außerdem wurde<br />

die weitere Schrittfolge von Hubbell nach einem<br />

winzigen Wackler nur mit Level 3 bewertet.<br />

In der Kür zu vier Stücken von Daft Punk erhielten<br />

Chock und Bates zwar ausschließlich Level<br />

4 für die sieben Level-Elemente und 16 von 45<br />

möglichen Komponenten von 10,0, aber etwas<br />

weniger Pluspunkte trotz überwiegend +4. Sie<br />

spielten die Beziehung von Astronaut und Außerirdischen.<br />

Chock erklärte: „Thema ist, dass<br />

man auch Akzeptanz und Liebe in jemandem<br />

finden kann, der anders ist als Du selbst und<br />

von woanders herkommt.“ Hubbell/Donohues<br />

sinnliche Kür zu Anne Silas „Drowning“ erhielt<br />

0,77 Punkte mehr wegen mehr Pluspunkten der<br />

Preisrichter und geringfügig höheren Komponenten<br />

mit 15 mal 10,0, aber den Rückstand<br />

konnten sie nicht aufholen. Beide Paare laufen<br />

schon seit mehr als zehn Jahre zusammen. Hubbell<br />

und Donohue hatten schon früher angekündigt,<br />

dass dies ihre letzte Saison sei, Chock und<br />

Bates wollen erst nach dem Ende der Saison sagen,<br />

ob sie weiterlaufen. Beide Paare streben<br />

eine olympische Medaille an.


12<br />

US-Meisterschaften<br />

Madison Chock<br />

und Evan Bates<br />

Foto: Ritoss<br />

Kaitlin Hawayek und Jean-Luc Baker gewannen<br />

die erwartete Bronzemedaille (mit 205 Punkten)<br />

und sind damit erstmals bei Olympia dabei. Aber<br />

es wurde knapper als erwartet, weil Hawayek<br />

von Juli bis <strong>No</strong>vember wegen einer im Sommertraining<br />

erlittenen Gehirnerschütterung mit folgenden<br />

Schwindelanfällen gehandicapt war. Im<br />

Rhythmustanz zu Blues und Disco von Donna<br />

Summer wackelte sie beim ersten Twizzle. Dadurch<br />

verloren sie zwei Levels und viele Pluspunkte<br />

und hatten 1,46 Punkte Rückstand auf<br />

Platz 3. Aber mit einer überzeugenden Kür zu<br />

zwei Chopin-Stücken konnten sie aus diesem<br />

Rückstand einen Vorsprung von 2,41 Punkten<br />

machen. Alle drei Spitzenpaare trainieren seit<br />

Jahren in Montreal. Caroline Green und Michael<br />

Parsons aus der Schule von Alexei Kiliakov kamen<br />

auf Platz vier mit 203 Punkten. Ihr Rhythmustanz<br />

gelang ausgezeichnet, hier dominierte<br />

+3 für die Elemente. Auch in der Kür machten<br />

sie keinen Fehler, aber ihre Präsentation war etwas<br />

schwächer. Platz 5 mit 187 Zählern erreichten<br />

Emily Bratti und Ian Somerville mit 187,98<br />

Punkten, Rang sechs Katarina Wolfkostin und<br />

Jeffrey Chen aus der Shpilband-Schule mit<br />

187,27 Zählern. Nur auf Rang 7 mit 185 Punkten<br />

landeten die sichtlich enttäuschten Christina<br />

Carreira/Anthony Ponomarenko. Die <strong>Pirouette</strong><br />

schrieb schon vor einiger Zeit, es zeichne sich<br />

ab, dass sie nicht das Spitzenpaar werden, das<br />

sie sich erträumt hatten, vor allem weil Ponomarenko<br />

viel Mühe bei den Hebungen hat. Juniorenweltmeisterin<br />

Avonley Nguyen und ihr neuer<br />

russischer Partner Gregory Smirnov wollten<br />

ihr Debüt geben, konnten aber wegen Hüftbeschwerden<br />

von Smirnov nicht teilnehmen.<br />

Cain-Gribble/LeDuc Paarlaufmeister<br />

Neue und überlegene Paarlaufmeister mit 225<br />

Punkten wurden Ashley Cain-Gribble und Timothy<br />

LeDuc aus dem Großraum Dallas in Texas. Im<br />

KP zur Filmmusik „Nurejev - The White Crow“<br />

glückten der Tochter des Trainerehepaares Cain<br />

und ihrem Eislauf-Partner sieben erstklassige<br />

Elemente, darunter der weltweit nur selten gezeigte<br />

parallele 3R. Auch ihr Laufstil, gefördert<br />

von Choreograf Misha Ge, war bedeutend eleganter<br />

als früher, so wie es die Musik erfordert.<br />

„Diese Musik ist ein tolles Vehikel, um uns herauszuheben,<br />

besonders mit der Schrittfolge“,<br />

kommentierte Le Duc. Das brachte ihnen etwas<br />

übertriebene 79 Punkte. In der Kür zur Filmmusik<br />

W.E. von Abel Korzeniowski erhielten zehn der<br />

elf Elemente überwiegend Bewertungen von +4,<br />

nur die Sprungkombination aus 3S-2T-2R bekam<br />

Minuspunkte, weil Cain-Gribble den Salchow<br />

doppelt sprang. Jessica Calalang und Brian Johnson<br />

aus Irvine in Kalifornien kamen auf den<br />

zweiten Rang mit 209 Punkten. Hebungen und<br />

Twist waren Weltklasse, aber die Einzelsprünge<br />

klappten nicht wie gewünscht. Sie sind erster<br />

Ersatz für Peking, nachdem sich nach langwierigem<br />

Forschen im Spätsommer herausstellte, dass<br />

eine Kosmetikcreme Calalangs positiven Dopingtest<br />

vom Januar 2<strong>02</strong>1 verursacht hatte, der eine<br />

längere Sperre verursacht hätte.<br />

Bronze mit 191 Zählern ging an Audrey Lu und<br />

Misha Mitrofanov aus <strong>No</strong>rwood bei Boston. So<br />

gut wie bei der Golden Spin, bei der sie die beiden<br />

Spitzenpaare aus Kalifornien geschlagen<br />

hatten (siehe Januarheft, S. 24), waren sie diesmal<br />

nicht, denn zwei Stürze in der Kür beim 3T<br />

und dem Wurfrittberger trübten den Gesamteindruck.<br />

Aber die sind ein Paar der Zukunft. Emily<br />

Chan und Spencer Howe, ebenfalls aus <strong>No</strong>rwood,<br />

belegten Rang vier nach Problemen nicht nur bei<br />

den Einzelsprüngen. Auf Platz fünf kamen Katie<br />

McBeath, mit 27 Jahren erst in der zweiten Saison<br />

Paarläuferin, und der sehr erfahrene Nathan<br />

Bartholomay, der schon 2014 (mit Felicia Zhang)<br />

bei den Olympischen Spielen war. Sie wechselten<br />

Ashley Cain-Gribble<br />

und Timothy LeDuc<br />

Foto: Skate Canada/Earl<br />

im Sommer nach Irvine zu den Trainern Jenni<br />

Meno, Todd Sand und Chris Knierim.<br />

Einen Tag vor dem KP mussten die Favoriten<br />

und Vorjahresmeister Alexa Knierim und Brandon<br />

Frazier ihre Teilnahme absagen. Denn Frazier<br />

war nicht nur positiv auf das Virus getestet<br />

worden, sondern war richtig krank und dokumentierte<br />

dies in einem Video, in dem er seine<br />

beinahe verlorene Stimme hören ließ. Aber weil<br />

sie im Herbst beim Grand Prix in Grenoble die<br />

höchste Punktzahl aller US-Paare erreicht hatten<br />

und das beste US-Paar bei der WM 2<strong>02</strong>1<br />

waren, erhielten sie neben den neuen Meistern<br />

einen der beiden olympischen Startplätze der<br />

USA, wenn sie bis zur Abreise wieder gesund<br />

sind und China sie einreisen lässt. Chelsea Liu<br />

und Danny O’Shea zogen ihre Teilnahme schon<br />

Ende <strong>No</strong>vember zurück, nachdem Liu sich beim<br />

Warschau Cup eine Gehirnerschütterung zuzog,<br />

die schwerer war, als sie aussah.<br />

Bei den Juniorenwettbewerben gab es keine<br />

wirklich erstklassigen Leistungen. Schlagzeilen<br />

machten höchstens die in Wiesbaden als US-<br />

Soldatenkind geborene Eistänzerin Isabella Flores<br />

und ihr Partner Dimitri Tsarevsky. Sie hatten<br />

im Herbst 2<strong>02</strong>1 zweimal Silber in Courchevel<br />

und Danzig gewonnen und galten als Mitfavoriten.<br />

Aber sie gingen nicht an den Start und Flores<br />

schrieb in den sozialen und in halbseriösen<br />

Medien, dass die Eltern von Tsarevsky ihren 18<br />

Jahre alten Sohn zu Hause einsperrten, weil sie<br />

ihm verbieten wollten, weiterhin mit ihr eiszutanzen.<br />

Später stand in einer Lokalzeitung, die<br />

russischstämmige Familie gehöre einer Sekte an<br />

und wolle ihren Sohn wegen eines Verstoßes<br />

gegen ihre religiösen Verhaltensregeln auf diese<br />

Weise bestrafen. Ob dies der Wahrheit entspricht,<br />

blieb unklar. Klaus-Reinhold Kany


Hevelius Cup 2<strong>02</strong>2<br />

Erster Synchronwettbewerb der ISU-Challenger Serie<br />

Endlich meldet sich das Synchroneiskunstlaufen bei dem ersten Wettbewerb der ISU-<br />

Challenger Serie auf der großen internationalen Bühne zurück. Gastgeber waren der<br />

polnische Eislaufverband und die wunderschöne alte Hansestadt Gdansk (Danzig). Vor<br />

dem Hintergrund der gerade alles überrollenden Welle der Omikron-Mutation waren<br />

die Blicke Richtung Polen erwartungsvoll, aber auch skeptisch und wohl auch ein wenig<br />

ängstlich, aber tatsächlich lief alles reibungslos. Zurückgezogen hatte vor Wettbewerbsbeginn<br />

nur das finnische Team Lumineers Senior, denn zwei der Läuferinnen wurden<br />

vor der Abreise nach Polen positiv auf das Corona-Virus getestet. Insgesamt starteten<br />

sechs Meisterklasse-Teams und sieben Juniorenmannschaften. In beiden Wettbewerben<br />

zeigten, wie inzwischen in fast allen Eiskunstlauf Disziplinen, die russischen<br />

Teams, wo der Hammer hängt.<br />

Meisterklasse | Hevelius Cup 2<strong>02</strong>2<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Team Tatarstan – Russland 1 1 226.00<br />

2 Team Crystal Ice Senior – Russland 2 3 212.04<br />

3 Team Dream Edges Senior – Finnland 3 2 210.35<br />

4 Team Passion – Ungarn 4 4 170.85<br />

5 Ice Fire Senior – Polen 5 5 145.24<br />

6 Team United Angels – Deutschland 6 6 129.39<br />

Nicht angetreten:<br />

– Team Lumineers Senior – Finnland – – –<br />

Junioren | Hevelius Cup 2<strong>02</strong>2<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Team Crystal Ice Junior – Russland 1 1 201.87<br />

2 Team Valley Bay Synchro Junior – Finnl. 2 2 180.72<br />

3 Teams Elite Junior – Ver. Staaten 3 3 169.74<br />

4 Team Lexettes Junior – Ver. Staaten 5 4 149.86<br />

5 Team Ice Fire Junior – Polen 4 5 140.50<br />

6 Team Illuminettes Junior – Niederl. 6 6 112.76<br />

7 Team Le Soleil – Polen 7 7 107.11<br />

13<br />

Hevelius Cup & Lumière Cup<br />

Synchron<br />

Im Meister-Wettbewerb setzte sich Team Tartastan<br />

mit 226 Punkten und deutlichem Abstand<br />

gegen das ebenfalls sehr starke Team Ice Crystal<br />

Senior durch. Die beiden russischen Teams erhielten<br />

keine negativen Elementebewertungen.<br />

Team Tartastan beste Bewertung war eine + 5,<br />

bei Ice Crystal Senior dagegen + 4. Besonders<br />

eindrucksvoll gelang Tartastan das <strong>No</strong> Hold-Element,<br />

das nicht nur in der Ausführung Level 4,<br />

sondern im Schritt ebenfalls Level 4 erreichte.<br />

Zusätzlich gab es von den Preisrichtern noch<br />

2,36 Punkte dazu. <strong>No</strong>ch etwas höher wurde die<br />

Gruppenhebung mit insgesamt 10,35 Punkten<br />

belohnt, die im Schwierigkeitsgrad durchaus<br />

vergleichbar mit einem Vierfachsprung ist. Die<br />

Elemente der Zweitplatzierten waren ähnlich<br />

stark, bekamen aber etwas weniger Pluspunkte.<br />

Knapp hinter Ice Crystal Senior platzierten sich<br />

die finnischen Dream Edges Senior, deren<br />

stärkste Elemente ebenfalls die Gruppenhebung<br />

und das <strong>No</strong>-Hold-Element waren. Deutschland<br />

wurde von den United Angels aus Stuttgart vertreten,<br />

die sich mit viel Engagement und Freude<br />

auf der großen Wettbewerbsbühne zurückmeldeten.<br />

Aber die vielen durch Corona bedingten<br />

Trainingsausfälle und die große Aufregung beim<br />

ersten großen Wettbewerb nach zwei Jahren<br />

konnten sie nicht ganz verbergen.<br />

Das beste Juniorenteam Ice Crystal Junior<br />

kommt ebenfalls aus Russland und setzte sich<br />

mit 201 Punkten, großartigen Elementen und<br />

tollen Komponenten und mit einem Abstand<br />

von mehr als 20 Punkten zum zweitplatzierten<br />

und ebenfalls mit einer souveränen Leistung<br />

glänzenden Team Valley Bay Synchro Junior aus<br />

Finnland durch. Die Bronzemedaille ging an das<br />

US-Team Elite Junior, das sich auch in guter<br />

Form zeigte. <br />

•••<br />

Lumière Cup 2<strong>02</strong>2<br />

Zweiter Wettbewerb der Synchron-Challenger Serie<br />

Mit einer Sondergenehmigung der Regierung konnte der Lumière Cup trotz der<br />

auch in den Niederlanden grassierenden Omikron-Welle stattfinden. Das Teilnehmerfeld<br />

der Meisterklasse schrumpfte aber leider von 12 ursprünglich gemeldeten<br />

Teams auf fünf, bei den Junioren von ursprünglich 14 auf 6. So zogen die mehrfachen<br />

Weltmeisterinnen Marigold Ice Unity aus Finnland ebenso wie Team Berlin 1 wegen<br />

Corona-Infektionen zurück. Darüber hinaus sah sich der Veranstalter gezwungen, den<br />

Wettbewerb der Kategorien Advanced <strong>No</strong>vice und der Interclub-Wettbewerbe abzusagen.<br />

Zuschauer waren nicht erlaubt. Trotzdem war die Atmosphäre in der Halle sehr<br />

positiv und fröhlich, es waren Animateure engagiert worden, die den Teams im Zuschauerbereich<br />

ordentlich einheizten. Sehenswert war der Wettbewerb allemal, schon<br />

wegen der beiden russischen Teams Paradise und Crystal Ice Senior. Deutschland wurde<br />

von den Skating Graces vertreten.<br />

Team Paradise dominiert<br />

Die Russinnen, die im KP mit Musik von den<br />

Gipsy Kings und in der Kür mit „Samson und<br />

Delilah“ wunderbar weich und mit sehr eleganten<br />

Bewegungsabläufen unterwegs waren, gewannen<br />

den Wettbewerb mit insgesamt 18<br />

Punkten Vorsprung. Die Elemente waren ebenso<br />

exzellent wie die Komponenten. Paradise lag<br />

klar vor der Konkurrenz aus dem eigenen Land,<br />

obwohl das Kreativelement nicht gegeben wurde<br />

(wegen der Hebung über Schulterhöhe?) und<br />

dieses dem Team Crystal Ice Senior immerhin<br />

fünf Punkte einbrachte. Die Bewertungen für<br />

die Ausführung der Elemente lagen bei Paradise<br />

im Durchschnitt zwischen + 4 und +5 und fast<br />

alle Elemente wurden mit höchstem Level gezeigt.<br />

Besonders schön war das Twizzle-Element<br />

mit Level 4, aber auch wie bereits beim Helvelius<br />

Cup in der Woche zuvor, der <strong>No</strong>-Hold-Block,<br />

der mit Level 4 für das Element und die Schritte<br />

belohnt wurde. Crystal Ice Senior war ebenfalls<br />

stark, hatte aber einen Sturz im <strong>No</strong>-Hold-Element<br />

und das erste Kreuzen wurde zwar mit Level<br />

4 bewertet, der Kreuzungspunkt nur mit Level<br />

1. Das Team hat für das Kurzprogramm die<br />

Mondscheinsonate von Beethoven und für die<br />

Kür einen Titel namens „Bang Bang - Battle<br />

Without Honor or Humanity“ aus dem Film „Kill<br />

Bill“) gewählt. Insgesamt war die Bewertung<br />

nicht ganz so hoch wie bei Paradise.<br />

Trotzdem reichte es noch für einen Vorsprung<br />

von knapp 50 Punkten vor den Bronzemedaillengewinnerinnen<br />

Les Zoulous aus Frankreich, deren<br />

neues KP zu „Feel the Sound of Kenya“ besonders<br />

emotional ist. Die Kür läuft das Team zu „The<br />

World of La Rochelle“. Einen guten vierten Platz<br />

erreichten die Skating Graces aus Chemnitz, die<br />

im Kurzprogramm zur Musik „Unstoppable“ von<br />

The Phantoms und in der Kür zu Musiken aus<br />

dem Film „Xena – the Warrior Princess“ laufen.<br />

Bei den Juniorinnen gewann Team Crystal Ice Junior<br />

aus Russland klar vor dem US-Team Image<br />

und den Schweizer Cool Dreams Junior. mb<br />

Meisterklasse | Lumière Cup 2<strong>02</strong>2<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Team Paradise – Russland 1 1 226.55<br />

2 Team Crystal Ice Senior – Russland 2 2 208.61<br />

3 Team Zoulous – Frankreich 3 3 154.81<br />

4 Team Skating Graces – Deutschland 4 4 138.27<br />

5 Team Ice United – Niederlande 5 5 127.48<br />

Junioren | Lumière Cup 2<strong>02</strong>2<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Team Crystal Ice Junior – Russland 1 1 206.15<br />

2 Team Image Junior – Ver. Staaten 2 2 166.48<br />

3 Team Cool Dreams Junior – Schweiz 3 3 123.59<br />

4 Team Le Soleil – Polen 4 4 114.00<br />

5 Team Starlight Junior – Schweiz 5 5 106.26<br />

6 Team Zazou Junior – Frankreich 6 6 100.68


14<br />

Europameisterschaften<br />

Russland dominiert<br />

die EM in Tallinn<br />

Gut organisierter Wettbewerb · Zwei Medaillen für Italien<br />

Schwache Deutsche, nur Starostin war Lichtblick<br />

In der estnischen Hauptstadt dabei: Klaus-Reinhold Kany<br />

Die 2014 auch mit EU-Geldern gebaute<br />

Tondiraba-Halle in Estlands schöner<br />

Hauptstadt Tallinn mit vier Flächen unter<br />

einem Dach war zwei Jahre nach der Junioren-WM<br />

erneut Austragungsort von<br />

ISU-Meisterschaften. Die Organisation<br />

klappte selbst unter Corona-Bedingungen<br />

problemlos (Transport, Hotel, W-LAN,<br />

Tests, Musik und vieles mehr), auch weil<br />

das kleine Estland (nur 1,3 Millionen Einwohner)<br />

Deutschland technisch um viele<br />

Jahre voraus ist. Alle mussten vorher einen<br />

PCR-Test machen und nach der Ankunft<br />

jeden Tag einen Schnelltest, was gut<br />

funktionierte. Allerdings gab es auch einige<br />

vermutlich falsch-positive Ergebnisse,<br />

wie bei Schnelltests üblich. Insgesamt<br />

meldete die ISU 16 positive Fälle unter<br />

den Teilnehmern, was angesichts Hunderter<br />

von Tests jeden Tag nicht viel war.<br />

Nachteil des Fortschritts: Man will am<br />

liebsten gar nichts mehr auf Papier aushändigen.<br />

Logischerweise konnte dem<br />

Autor dann niemand erklären, wie man<br />

Mitschriften bei Wettbewerben, zum Beispiel<br />

Elemente in welcher Qualität und<br />

mit welchen Fehlern, spontane Anmerkungen<br />

wie „temporeich“,„langweilig“<br />

oder „genau im Takt“ auf einer App mitschreiben<br />

kann. Stattdessen war man erstaunt,<br />

dass im Zeitalter der Oberflächlichkeit<br />

noch jemand detailliert berichten<br />

will. Während der Woche kamen nur einige<br />

hundert Zuschauer, aber am Freitagabend<br />

und Samstag viel mehr. Bei der Kür<br />

der Frauen am Samstagabend war die<br />

Halle mit etwa 5.000 Zuschauern fast<br />

voll, alle mit Gesundheitspass auf dem<br />

Handy und mit Maske. Die Mehrzahl gehörte<br />

wohl zu den 25 - 30 Prozent der<br />

Einwohner von Tallinn mit russischem<br />

Hintergrund, denn bis 1991 war Estland<br />

Teil der Sowjetunion.<br />

Die deutschen Läufer hinterließen mit Ausnahme<br />

von Nikita Starostin einen recht „müden“<br />

(wie die Nachrichtenagentur sid schrieb) und<br />

schwachen Eindruck, es war keine gelungene<br />

Generalprobe für Olympia. Im Paarlaufen ging<br />

der dritte Startplatz verloren, denn statt Fünfte<br />

und Siebte wie 2<strong>02</strong>0 wurden die beiden diesmal<br />

besonderes nervösen Berliner Duos nur<br />

Achte und 13. Bei den Männern ging der zweite<br />

Startplatz verloren, denn Paul Fentz kam nur<br />

auf Platz 16 statt auf 8 wie vor zwei Jahren<br />

(2<strong>02</strong>1 gab es keine EM). Wäre entweder Fentz<br />

15. oder Starostin 12. geworden, hätte es<br />

knapp gereicht. Bei den Frauen und im Eistanzen<br />

schafften weder Nicole Schott noch Katharina<br />

Müller & Tim Dieck den zehnten Platz, den<br />

die DEU als inoffizielle Zielvorgabe erhofft hatte.<br />

Also wird das EM-Team 2<strong>02</strong>3 in Helsinki<br />

ziemlich klein. Staunend sieht die DEU, wie in<br />

Nachbarländern mit wenig Bürokratie wie Belgien,<br />

Schweiz, Österreich oder Italien Spitzenläufer/innen<br />

hervorkommen, aber hier kümmert<br />

man sich mehr um theorielastige Konzepte und<br />

entlässt auch noch den erfolgreichsten Trainer.<br />

Deutsche Preisrichter waren diesmal Kerstin<br />

Kimminus zweimal beim Eistanzen, Andreas<br />

Waldeck in KP und Kür bei den Frauen und Peter<br />

Voth zweimal bei den Paaren.<br />

Das deutsche Team, Foto: Flade<br />

Olga Mikutina<br />

Fotos: Höppner<br />

Nicole Schott<br />

Fernsehzuschauer wurden reichlich mit Eiskunstlaufen<br />

aus Tallinn versorgt: Der Sender ONE<br />

übertrug mit Daniel Weiss als Kommentator<br />

etwa 20 Stunden entweder live oder als spätabendliche<br />

zweistündige Zusammenfassung. Wer<br />

gerne alles live sehen wollte, konnte dies auch<br />

auf www.Sportschau.de genießen. Wer dies nicht<br />

am Computer sehen wollte, sondern im Fernsehen,<br />

konnte seinen Computer per Kabel mit dem<br />

Fernsehgerät verbinden und dort alles am größeren<br />

Bildschirm sehen. Wer auch das nicht wollte,<br />

konnte die EM mit den Kommentatoren Siggi<br />

Heinrich und Hendryk Schamberger teilweise auf<br />

Eurosport 1 und überwiegend auf dem Bezahlsender<br />

Eurosport 2 verfolgen. Wer auch das<br />

nicht wollte, konnte die EM auf dem Livestream<br />

der ISU mit englischsprachigen Kommentaren<br />

sehen. Dieser Livestream war zu Anfang in<br />

Deutschland geoblockiert, zumindest am letzten<br />

Tag aber doch offen. Außerdem gibt es findige<br />

Zuschauer, die weitere Wege finden, zum Beispiel<br />

einen italienischen oder russischen Sportkanal.<br />

Wer später noch einmal etwas sehen will,<br />

kann dies in der Mediathek der ARD (https://<br />

www.ardmediathek.de) tun und muss bei Sportschau<br />

oder Wintersport suchen. Dort sind sie<br />

noch eine Zeitlang gespeichert. Wer dann immer<br />

noch schimpfte, es gebe „nur Schnipsel“ zu sehen,<br />

dem ist nicht mehr zu helfen.


15<br />

Valieva erstklassig, aber nicht perfekt<br />

Die Frauenkonkurrenz mit drei erwarteten Medaillen<br />

für Russland hatte ein hohes Niveau,<br />

denn nicht nur die drei russischen Läuferinnen,<br />

sondern auch viele weitere, die auch aus Russland<br />

kommen, aber für andere Länder starten,<br />

zeigten sehr gute Leistungen, sowie zwei Westeuropäerinnen.<br />

Die wohl beste Leistung aller<br />

vier Konkurrenzen lieferte die neue Russische<br />

Meisterin Kamila Valieva ab, daher ziert sie<br />

auch das Titelbild (Artikel über sie im Januarheft<br />

Seite 7). Sie ist zwar erst 15 Jahre alt, läuft<br />

aber schon wie eine Erwachsene.<br />

Das KP dieses außerordentlichen Talents zur<br />

Musik „In Memoriam“ von Kirill Richter war stilistisch<br />

wie technisch nahezu perfekt und ergab<br />

mit 90,48 Punkten einen neuen Weltrekord. Ihr<br />

3A war absolut erstklassig und erhielt zu Recht<br />

fünfmal Bewertungen von +5. Sie hielt sogar<br />

bei diesem Sprung beide Arme über dem Kopf,<br />

was schwieriger ist und daher mehr Pluspunkte<br />

bringt, auch wenn es wohl kein offizielles Merkmal<br />

(feature) hierfür mehr ist. 3F und 3L-3T waren<br />

ebenfalls erstklassig und die Himmelspirouette<br />

motivierte sogar alle neun Preisrichter, eine<br />

+5 zu geben. Vierfache sind im Frauen-KP noch<br />

nicht erlaubt, daher kann sie jetzt schon rein<br />

mathematisch niemals 100 Punkte oder mehr<br />

bekommen, so wie die besten Männer, denn<br />

zwei sehr gute Vierfache im KP bringen etwa 15<br />

Punkte mehr als zwei Dreifache. Die Komponenten<br />

lagen bei durchschnittlich 9,7, darunter elfmal<br />

(von 45 möglichen) 10,0.<br />

In der Kür zum bekannten Bolero von Maurice<br />

Ravel zeigte sich, dass auch sie nur ein Mensch<br />

ist. Denn nach einem 4S wie aus einem Lehrvideo<br />

(wieder mit Armen oben) stürzte sie beim<br />

3A, ließ aber anschließend eine sehr gute<br />

4T-3T-Kombination folgen, dann vier Dreifache.<br />

Nach einem weiteren 4S machte sie einen kleinen<br />

Zwischenschritt, so dass der folgende 3S<br />

null Punkte erhielt, weil er nicht mehr als Sequenzteil<br />

bewertet wurde. Alles andere, auch<br />

ihr Laufstil, war erneut Weltklasse, aber wegen<br />

des Sturzes gab es diesmal keine Komponente<br />

von 10,0. Ein Trainingsvideo mit einer 4T-4T-<br />

Kombination, das US-Läufer Ilia Malinin kurz<br />

zuvor veröffentlicht hatte, hat sie natürlich<br />

auch schon gesehen. Sie hatte überlegt, im<br />

Training ebenfalls Vierfach-Vierfach zu probieren,<br />

ließ sich aber überzeugen, dass sie sich dabei<br />

verletzen könnte, und will es erst nach der<br />

WM probieren.<br />

Trainerin Eteri Tutberidze hatte in Interviews gesagt,<br />

Valieva sei das größte Talent, das sie je gehabt<br />

habe. Zum Abschluss des Schaulaufens in<br />

Tallinn sprang sie mit dem neuen Europameister<br />

Kondratiuk einen synchronen 4T. In den Jahren<br />

2018 und 2019 lief sie, schon damals als hochtalentiert<br />

erkannt, auch schon in Deutschland,<br />

bei den Weihnachtsshows in Chemnitz, Ingolstadt,<br />

Regensburg und Oberstdorf. Bei der Pressekonferenz<br />

sagte die neue Europameisterin:<br />

»<br />

Kamila Valieva<br />

„Die Zuschauer sind großartig, wir<br />

«<br />

wurden<br />

so toll unterstützt und fühlten uns richtig<br />

geliebt, als wir auf das Eis gingen. Die Kür<br />

heute, naja, es war eine Arbeitskür, nicht alles<br />

hat bei mir geklappt, aber ich werde<br />

weiter trainieren. Ich versuchte, mehr Emotionen<br />

zu zeigen, aber das hat mich abgelenkt.<br />

Ich war nicht ganz entspannt, aber<br />

ich habe es versucht. Ich freue mich, dass<br />

ich es zu den Olympischen Spielen geschafft<br />

habe. Es ist doch der Traum jedes Sportlers,<br />

dort dabei zu sein.“<br />

Die aktuelle Weltmeisterin Anna Shcherbakova<br />

war wieder in guter Form und ließ keine Zweifel<br />

zu, dass sie für die Olympischen Spiele nominiert<br />

wird. Zwar ging sie im KP beim 3L zu Boden,<br />

hatte damit keine Kombination und war<br />

nur auf dem vierten Zwischenrang. Aber die Kür<br />

begann sie mit einem sauberen 4F und zeigte<br />

damit, dass sie wieder da ist. Auch die sieben<br />

Dreifachen (kein Axel) und die <strong>Pirouette</strong>n gelangen<br />

sehr überzeugend und ihre Interpretation<br />

ist ohnehin Weltklasse. Damit konnte sie sich<br />

»<br />

noch auf den Silberrang vorschieben.<br />

Anna Shcherbakova<br />

„Ich fühlte mich fast wie zu Hause,<br />

«<br />

die Transparente,<br />

der Jubel, alles. Nach dem Kurzprogramm<br />

war ich sehr enttäuscht. Der Tag danach<br />

war nervenaufreibend, ich war mit mir<br />

selbst sehr unzufrieden, dass ich die Nervosität<br />

nicht überwunden habe. Vielleicht war es<br />

gut, dass ich zwischen Kurzprogramm und<br />

Kür einen Tag frei hatte. Heute bin wieder<br />

voller Energie zur Kür gekommen. Mit der Kür<br />

war ich wieder sehr zufrieden, und das hat<br />

mich das Kurzprogramm vergessen lassen.“<br />

Alexandra Trusova läuft stilvoller als früher, aber<br />

noch immer etwas weniger elegant als die beiden<br />

Landsfrauen. Im KP verpatzte sie den 3A,<br />

die anderen Elemente gelangen aber ausgezeichnet.<br />

In der Kür glückten 4F und 4S, aber<br />

bei 4T und 4L musste sie zu Boden. Für ihren<br />

Mut spricht, dass sie diese Vierfachen angeht,<br />

aber wenn sie daneben gehen, mindert es den<br />

Eindruck. Dass sie auch diesmal ihr Hündchen<br />

sogar bei der Pressekonferenz vorführte, wirkt<br />

naiv-kindlich, soll aber sicherlich PR für die Regenbogenpresse<br />

sein.<br />

Loena Hendrickx aus der Region Antwerpen, die<br />

bei ihrem Bruder Jorik und bei Adam Solya<br />

(Choreograf auch von Nikita Starostin) trainiert,<br />

wurde die beste nicht-russische Europäerin. Beinahe<br />

hätte sie nicht starten können, denn ihr<br />

Gepäck mit den Schlittschuhen war auf dem<br />

Flug ab Brüssel verlorengegangen. Zunächst<br />

teilte man ihr mit, der Koffer sei nirgendwo registriert<br />

und aufzufinden, was dem Team eine<br />

schlaflose Nacht bereitete. Aber dann fand man<br />

heraus, dass das Gepäckstück auf den Namen<br />

ihres Bruders aufgegeben worden war. Da dieser<br />

aber auch einen eigenen Koffer hatte und jetzt<br />

auf einmal zwei, schien das verdächtig. Aber am<br />

Tag vor dem KP klärte sich alles auf, die wichtige<br />

Fracht traf in Tallinn an und sie konnte wenigstens<br />

vor dem KP noch mal trainieren. Zur<br />

Musik „Caruso“ von Lara Fabian lief sie das bisher<br />

beste KP ihres Lebens mit 3L-3T, 3F, gutem<br />

Stil und 76 Punkten, so dass sie zunächst sogar<br />

sensationelle Zweite war. Aber offensichtlich<br />

machte sie dies ziemlich nervös, denn ihre Kür<br />

wirkte verhalten, obwohl ihr vorher klar war,<br />

dass Shcherbakova und Trusova normalerweise<br />

an ihr vorbeiziehen würden. Platz 4 nach einer<br />

Kür mit fünf verschiedenen Musikstücken und<br />

trotz zwei Stürzen beim 3T nach dem 3L und<br />

später beim etwas unterdrehten 3F ist dennoch<br />

ein großer und verdienter Erfolg. Immerhin gelangen<br />

fast alle anderen Elemente ausgezeichnet<br />

und Bewertungen von +4 dominierten.<br />

Die nächsten Plätze belegten überwiegend gute<br />

russische Läuferinnen, die für andere Länder Osteuropas<br />

starten, aber besser waren als die Westeuropäerinnen<br />

außer Loena Hendrickx. Vier von<br />

ihnen kamen unter die besten zehn. Daher werden<br />

im nächsten Jahr womöglich je zwei Läuferinnen<br />

aus Russland für Polen, Aserbaidschan,<br />

Georgien und Belarus starten und die nicht gerade<br />

erstklassigen Westeuropäerinnen noch weiter<br />

nach hinten schieben. Ekaterina Kurakova läuft<br />

für Polen, trainierte eine Saison lang bei Brian<br />

Orser und jetzt bei Lorenzo Magri in Egna. Sie<br />

holte mehr als 200 Punkte, konnte sowohl mit<br />

einem neuen KP zu einem gefühlvollen Walzer<br />

von Tschaikovsky als auch in der wirklich interpretierten<br />

Kür zu Filmmusiken von Charles Chaplin<br />

überzeugen. Außer einer nicht ganz sauberen<br />

KP-Kombination machte sie keinen einzigen Fehler.<br />

Ekaterina Ryabova läuft für Aserbaidschan<br />

und gefiel mit Stabilität bei den Sprüngen.<br />

Frauen | Europameisterschaften<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Kamila Valieva – Russland 1 1 259.06<br />

2 Anna Shcherbakova – Russland 4 2 237.42<br />

3 Alexandra Trusova – Russland 3 3 234.36<br />

4 Loena Hendrickx – Belgien 2 5 207.97<br />

5 Ekaterina Kurakova – Polen 5 4 204.73<br />

6 Ekaterina Ryabova – Aserbaidschan 7 6 196.75<br />

7 Anastasiia Gubanova – Georgien 6 9 188.17<br />

8 Niina Petrökina – Estland 17 7 187.07<br />

9 Viktoriia Safonova – Weißrussland 8 8 185.41<br />

10 Alexia Paganini – Schweiz 9 10 178.10<br />

11 Eva-Lotta Kiibus – Estland 15 11 171.64<br />

12 Lea Serna – Frankreich 10 13 171.00<br />

13 Nicole Schott – Deutschland 11 14 170.18<br />

14 Josefin Taljegard – Schweden 18 15 164.30<br />

15 Olga Mikutina – Österreich 12 17 164.01<br />

16 Lara Naki Gutmann – Italien 23 12 163.99<br />

17 Natasha McKay – Großbritannien 19 16 161.74<br />

18 Jenni Saarinen – Finnland 16 19 160.32<br />

19 Yasmine Kimiko Yamada – Schweiz 21 18 159.18<br />

20 Alexandra Feigin – Bulgarien 20 20 155.56<br />

21 Eliska Brezinova – Tschechien 13 21 155.24<br />

22 Aleksandra Golovkina – Litauen 24 22 142.20<br />

23 Regina Schermann – Ungarn 22 23 133.42<br />

Ausgeschieden:<br />

– Marina Piredda – Italien 14 – 59.53<br />

Finale nicht erreicht:<br />

25 Anete Lace – Lettland 25 – 49.75<br />

26 Oona Ounasvuori – Finnland 26 – 49.13<br />

27 Lindsay Van Zundert – Niederlande 27 – 48.92<br />

28 Dasa Grm – Slowenien 28 – 47.85<br />

29 Antonina Dubinina – Serbien 29 – 47.77<br />

30 Taylor Morris – Israel 30 – 46.60<br />

31 Linnea Kilsand – <strong>No</strong>rwegen 31 – 45.51<br />

32 Marilena Kitromilis – Zypern 32 – 44.03<br />

33 Alexandra Michaela Filcova – Slowak. 33 – 43.56<br />

34 Aldis Kara Bergsdottir – Island 34 – 42.23<br />

35 Sinem Pekder – Türkei 35 – 42.16<br />

36 Maia Sörensen – Dänemark 36 – 40.93<br />

Europameisterschaften


16<br />

Europameisterschaften<br />

Die Estin Niina Petrökina war in der vergangenen<br />

Saison lange verletzt und verpatzte das KP mit<br />

2L-3T und umgestiegenem 3F. Aber in der Kür<br />

konnte sie beweisen, dass wieder fit ist, zeigte<br />

sieben Dreifache und lief so temperamentvoll,<br />

dass sie noch acht Plätze gutmachen konnte. Die<br />

andere Estin Eva-Lotta Kiibus hat dagegen unter<br />

anderem wegen Verletzungen an Stärke verloren.<br />

Die Schweizerin Alexia Paganini wirkte nicht<br />

mehr ganz so souverän wie vor zwei Jahren und<br />

erhielt weniger Pluspunkte. Immerhin glückte ein<br />

fehlerfreies KP mit 3L-3T und eine Kür mit sechs<br />

Dreifachen, davon auch zwei nicht ganz saubere,<br />

und einem Sturz bei einer <strong>Pirouette</strong>. Lea Serna<br />

war unglücklich, dass sie die Top Ten verpasste,<br />

denn nun muss sie vielleicht eine Ausscheidung<br />

mit der fast wiedergenesenen Maé-Bérénice<br />

Méité um den einen Startplatz bei der Heim-<br />

WM in Montpellier laufen.<br />

Olga Mikutina aus Feldkirch in Vorarlberg hat<br />

nach ihren langwierigen Verletzungen noch nicht<br />

wieder die Form der beinahe sensationellen WM<br />

2<strong>02</strong>1 erreicht. Im KP wurde der Lutz doppelt (null<br />

Punkte) und in der Kür gelangen nur zwei Dreifache<br />

einwandfrei, vier waren unterdreht. Immerhin<br />

problemlos das Finale erreichte auch die<br />

zweite Schweizerin Yasmine Kimiko Yamada,<br />

auch wenn sie Fehler machte. Taylor Morris war<br />

die einzige Israelin, die überhaupt nach Tallinn<br />

gekommen war, sie trainiert in Colorado Springs.<br />

Die Läufer von der Ostküste der drei anderen Kategorien<br />

mussten allesamt wegen Corona oder<br />

vorsichtshalber Quarantäne passen.<br />

Loena Hendrickx mit<br />

Bruder und Trainer Jorik<br />

Foto: privat<br />

Schott nicht überzeugend<br />

Nicole Schott konnte insgesamt nicht überzeugen.<br />

Im Tango-KP war sie die einzige unter den<br />

ersten 17, die keine 3-3-Kombination riskierte.<br />

Die ist aber erforderlich, wenn sie schon keinen<br />

3L im Programm hat. Zwar blieb sie dort ohne<br />

Patzer, aber die Pluspunkte hielten sich in<br />

Grenzen, auch wegen<br />

des nicht sehr hohen<br />

Tempos. Am meisten<br />

bekam noch die dynamische<br />

Schrittfolge<br />

und die drei <strong>Pirouette</strong>n<br />

hatten immerhin Level 4. In der Kür fiel das<br />

„müde“ Tempo bei gewisser Grundeleganz noch<br />

mehr auf, die Komponenten lagen hier nur bei<br />

etwa 7,2. Wieder glückte in der Kombination<br />

nur 3F-2T, der zweite Flip war umgestiegen, der<br />

Rittberger unterdreht und gestürzt und eine<br />

dritte Kombination fehlte. Zwei 2A und zwei 3S<br />

gelangen, aber nur mit durchschnittlich +1 -<br />

+2. Nur drei saubere Dreifache reichen zu<br />

Recht nicht für Rang 10. Josefin Taljegard aus<br />

Schweden ließ ebenfalls Sprungschwächen erkennen,<br />

konnte sich aber drei Tage später freuen,<br />

weil sie trotz nicht erreichter <strong>No</strong>rm des<br />

strengen Schwedischen Olympischen Komitees<br />

für Peking nominiert wurde. Diese Hürde hatte<br />

für Deutschland Schott bei ihrem bisher besten<br />

Saisonwettbewerb in Warschau souverän genommen.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass Vorbild für<br />

Schotts Auftreten in Peking Warschau und<br />

nicht Tallinn ist.<br />

»„Das war sicherlich nicht meine beste<br />

«<br />

Kür,<br />

Ekaterina Kurakova<br />

Nicole Schott<br />

aber unser Schwerpunkt bei der Vorbereitung<br />

lag in den letzten Wochen nicht auf den Europameisterschaften.<br />

Wegen meiner Booster-<br />

Impfung und meiner Erkältung über Weihnachten<br />

konnte ich nicht viele Küren durchlaufen<br />

und das habe ich in der Kür gespürt.<br />

Unser Ziel ist, es bei den Olympischen Spielen<br />

in Topform zu sein. Aber es war mir wichtig,<br />

dass ich alles angegangen bin und nichts<br />

aufgerissen habe. Bei den Olympischen Spielen<br />

wird es nicht leicht sein, überhaupt das<br />

Finale zu erreichen. Das Niveau ist so hoch.“<br />

Anna Shcherbakova<br />

Fotos: Hella Höppner<br />

Yasmine Kimiko Yamada


17<br />

Neuer Europameister Kondratiuk<br />

Der neue russische Meister Mark Kondratiuk<br />

wurde bei seinem EM-Debüt gleich Europameister,<br />

sogar mit 12 Punkten Vorsprung. Aber eine<br />

olympische Medaille erscheint nur möglich,<br />

wenn er über sich hinauswächst und Nathan<br />

Chen oder mindestens zwei Japaner patzen. In<br />

Pressekonferenzen wirkt er trotz 18 Jahren noch<br />

etwas schüchtern, aber auf dem Eis kann er<br />

Emotionen wecken und ist ein „junger Wilder“,<br />

um es literarisch auszudrücken, allerdings sind<br />

seine Sprünge manchmal etwas schlampig. Das<br />

KP zur Musik der türkischen Seifenoper „Kosem<br />

– Magnificent Century“ klappte mit gutem 4T,<br />

passablem 3A und überzeugender 4S-3T-Kombination<br />

und brachte 99 Punkte.<br />

Die Kür zu Webbers Hippie-Musical „Jesus<br />

Christ Superstar“ wirkte stellenweise nicht ganz<br />

auschoreografiert, war aber durchaus gekonnt.<br />

Mit einem nicht ganz einwandfreien 4T, einem<br />

4S, einer Sprungfolge 4S-Euler-3S, zwei 3A und<br />

drei weiteren Dreifachen konnte er so viel punkten,<br />

dass er klar gewann. Ob aus diesem Rohdiamant<br />

mal ein Juwel wird, wenn er weitere<br />

Vierfache erlernt, werden die nächsten Jahre<br />

zeigen (siehe Interview Seite 5).<br />

Daniel Grassl aus Südtirol gewann seine erste<br />

EM-Medaille und sagte anschließend, dass er<br />

darüber sehr glücklich war, weil er 2<strong>02</strong>0 eine<br />

Medaille knapp verpasst hatte. Im KP lag er auf<br />

Rang 5, weil er dort nur einen Vierfachen im<br />

Programm hat, die drei Russen und der Georgier<br />

dagegen zwei. Diesmal sprang Grassl einen<br />

4L fast ohne Pluspunkte und mit Ausrufezeichen,<br />

weil sein Kantenabsprung grenzwertig ist.<br />

Außerdem erhielt auch der 3L der Kombination<br />

ein !. Damit war er gar nicht einverstanden und<br />

sagte in der Interviewzone, dass er die Abzüge<br />

nicht verstehe, weil er eigentlich kein Problem<br />

mit dem Lutz habe. Wegen seines etwas unschön<br />

gewickelten Sprungstils erhält er ohnehin<br />

bei den Vierfachen weniger Pluspunkte als<br />

die Konkurrenten. Mit den ersten vier Elementen<br />

(4L, 4F, 4R-Eu-3S und 3A, diesmal ohne<br />

Ausrufezeichen) und später fünf Dreifachen in<br />

der Kür punktete er so viel, dass er noch nach<br />

vorne kam.<br />

Eine kleine Überraschung war Bronze für den<br />

lettischen Lambiel-Schüler Deniss Vasiljevs, der<br />

stilistisch wieder stark lief, aber im KP keinen<br />

Vierfachen versuchte, sondern nur einen 3F mit<br />

Abzug wegen grenzwertiger Kante. <strong>Pirouette</strong>n<br />

und Schrittfolgen gelangen erstklassig. Aber in<br />

der Romeo-und-Julia-Kür präsentierte er einen<br />

für ihn sehr seltenen 4S, zwar knapp unterdreht,<br />

aber immerhin. Von den acht Dreifachen, darunter<br />

zwei 3A, gelangen sieben sehr überzeugend,<br />

Schrittfolgen, <strong>Pirouette</strong>n und Ausdruck sowieso.<br />

Andrei Mozalev kam als Ersatz für den mit einer<br />

Bänderdehnung am Fuß leicht gehandicapten<br />

Mikhail Kolyada, die dieser lieber vor Olympia<br />

auskurieren wollte. Mozalev sagte später: „Am<br />

Sonntag bekam ich einen Anruf, dass ich in Tallinn<br />

starten soll, am Montag sind wir losgeflogen“.<br />

Das KP hat er mit 4T-3T, 4S und 3A sogar<br />

knapp gewonnen, weil er in der Schrittfolge einen<br />

Level mehr bekam als Kondratiuk. In der<br />

Kür fiel er aber etwas zurück, weil er zwar zwei<br />

gute 4T zeigte, aber einen 4S zu einem abgewerteten<br />

Dreifachen aufriss und ein weiterer 3S<br />

nicht mehr zählte, weil er ihn schon vorher im<br />

Fall des aufgerissenen wiederholt hatte. Trotzdem<br />

wurde er als dritter Russe neben Kolyada<br />

und Kondratiuk für Olympia nominiert. Denn<br />

nationaler Rivale und WM-Achter Evgeni Semenenko<br />

war zwar ein fehlerfreies KP gelaufen,<br />

hatte in der Kür aber mehrere Fehler gemacht.<br />

Der „Moskauer Georgier“ Morisi Kvitelashvili aus<br />

der Tutberidze-Schule lief ein fehlerloses KP mit<br />

zwei Vierfachen, aber in der Kür verpatzte er einen<br />

4S und erhielt zu Recht niedrigere Komponenten.<br />

Kevin Aymoz aus Grenoble war im KP<br />

zu „The Question of U“ von Prince bei beiden<br />

Vierfachen einem Sturz sehr nahe. Beim 4T hatte<br />

er beide Hände auf dem Eis, daher wurde<br />

dieser gemäß Regel als Sturz gewertet. 3A und<br />

alles andere waren erstklassig, so dass er diesmal<br />

mit blauem Auge davonkam, während er<br />

bei der EM 2<strong>02</strong>0 nach drei Patzern nicht die Kür<br />

erreichte. In der ersten Hälfte der Kür gab es<br />

viel Leerlauf, weil er sich auf die Sprunganläufe<br />

konzentrierte, erst danach konnte er seine Stärken<br />

wieder ausspielen. Der erste 4T war umgestiegen,<br />

der zweite mit 2T knapp, danach fünf<br />

sehr überzeugende Dreifache, plus ein 3F nahe<br />

an einem Kantenfehler. <strong>Pirouette</strong>n und Schrittfolgen<br />

gelangen exzellent.<br />

Vladimir Litvintsev ist ein demnächst 20 Jahre<br />

alter Beute-Russe von Aserbaidschan, der sich<br />

bei der Nebelhorn Trophy für die Olympischen<br />

Spiele qualifizierte. Den 4T beherrscht er und<br />

zeigte ihn insgesamt dreimal. Gabriele Frangipani<br />

aus der Magri-Schule war im Herbst verletzt,<br />

in Tallinn aber wieder in Form und verhalf<br />

Italien zusammen mit Grassl auch für 2<strong>02</strong>3<br />

wieder zu drei Männer-Startplätzen, mit 4S in<br />

beiden Programmen.<br />

Michal Brezina konnte bei seiner 14. und voraussichtlich<br />

letzten EM wieder überzeugen und<br />

erhielt am Ende der Kür stehende Ovationen,<br />

weil die Zuschauer von seinem Abschied wussten.<br />

Im KP ging nicht nur wieder einmal der 4S<br />

daneben, sondern auch der 3A. In der Kür verzichtete<br />

er daher endlich auf einen Vierfachen<br />

und lief eines der besten Programme der letzten<br />

Jahre. Vom KP-Platz 15 kam er mit der fünfbesten<br />

Kür ohne einen einzigen Fehler auf Gesamtrang<br />

10 und gibt somit zwei tschechischen<br />

Nachfolgern für die EM 2<strong>02</strong>3 eine Startchance,<br />

ein toller Abschied (Interview Seite 6).<br />

Lukas Britschgi aus Schaffhausen zeigte im KP<br />

kein sauberes Sprungelement, hielt sich aber<br />

dank ansprechendem Laufstil noch im Mittelfeld.<br />

Die Kür lief besser, auch wenn hier ebenfalls<br />

drei Sprünge nicht einwandfrei klappten.<br />

Der erst 16 Jahre alte Arlet Levandi aus Estland<br />

gab sein EM-Debüt, obwohl er noch keinen 3A<br />

oder Vierfachen beherrscht. Aber mit extravaganten<br />

Choreografie-Elementen von Benoit Richaud<br />

und ohne Fehler im KP sowie nur einem<br />

in der Kür konnte er sich gut halten. Der in<br />

Monza geborene Nikolaj Memola, Italiens<br />

Nummer 4 mit russischer Mutter, kam mit gutem<br />

Laufstil als Ersatz für Matteo Rizzo, weil<br />

dieser kurzfristig die Schlittschuhe wechseln<br />

musste und sie vor Olympia zwei Wochen lang<br />

einlaufen wollte.<br />

Fentz schwach, Starostin stark<br />

Paul Fentz hatte seine verschiedenen Verletzungen<br />

diesmal nach eigenen Angaben gut im Griff.<br />

Aber trotzdem war seine EM mit Rang 16 müde,<br />

matt und misslungen. Das KP war noch akzeptabel:<br />

Zwar stürzte er wieder beim 4T im KP,<br />

aber alles andere gelang. Der 3A war sogar erstklassig<br />

und erhielt achtmal +3. Die Kür begann<br />

er vielversprechend mit einer 4T-2T-Kombination,<br />

dafür ging er beim 3T nach dem 3L zu Boden.<br />

Der erste Axel war doppelt und knapp<br />

durchgezogen, der zweite Axel wieder doppelt,<br />

der Lutz mit der Hand touchiert. In der Sprungfolge<br />

landete er den 3T schief und nach dem<br />

Euler konnte er nur noch einen verkorksten 1S<br />

anhängen. Die <strong>Pirouette</strong>n erhielten kaum Pluspunkte.<br />

Der DOSB genehmigte am Dienstag<br />

nach der EM einen Start im Olympischen Teamwettbewerb,<br />

so dass er noch einmal zu den<br />

Spielen durfte. Nach den Spielen will die DEU<br />

entscheiden, wer zur WM fährt, es sollte der<br />

»<br />

bessere der EM sein.<br />

Paul Fentz<br />

«<br />

„In der Kür war es nicht anders als im Kurzprogramm<br />

vorgestern. Ich habe mich gut gefühlt,<br />

ich war bereit und ich weiß nicht. warum<br />

es so lief. Bei der Dreifach-Dreifach-<br />

Kombination am Anfang habe ich so viel Zeit<br />

verloren. Dann war der Axel zu langsam,<br />

aber er muss trotzdem dreifach klappen.“<br />

Männer | Europameisterschaften<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Mark Kondratiuk – Russland 2 1 286.56<br />

2 Daniel Grassl – Italien 5 2 274.48<br />

3 Deniss Vasiljevs – Lettland 6 3 272.08<br />

4 Andrei Mozalev – Russland 1 6 265.69<br />

5 Evgeni Semenenko – Russland 3 9 260.00<br />

6 Morisi Kvitelashvili – Georgien 4 8 253.91<br />

7 Kevin Aymoz – Frankreich 10 4 252.21<br />

8 Vladimir Litvintsev – Aserbaidschan 7 7 244.70<br />

9 Gabriele Frangipani – Italien 9 10 238.95<br />

10 Michal Brezina – Tschechien 15 5 238.38<br />

11 Lukas Britschgi – Schweiz 13 11 218.91<br />

12 Ivan Shmuratko – Ukraine 8 15 214.57<br />

13 Nikita Starostin – Deutschland 14 12 214.40<br />

14 Arlet Levandi – Estland 17 13 208.52<br />

15 Nikolaj Memola – Italien 12 14 206.53<br />

16 Paul Fentz – Deutschland 11 16 206.06<br />

17 Maurizio Zandron – Österreich 16 20 193.91<br />

18 Kornel Witkowski – Polen 23 17 193.29<br />

19 Valtter Virtanen – Finnland 20 18 190.97<br />

20 Davide Lewton Brain – Monaco 21 19 190.67<br />

21 Konstantin Milyukov – Weißrussland 18 21 182.59<br />

22 Tomas-Llorenc Guarino Sabate – Span. 24 22 178.67<br />

23 Burak Demirboga – Türkei 22 23 168.03<br />

24 Slavik Hayrapetyan – Armenien 19 24 167.84<br />

Finale nicht erreicht:<br />

25 Adam Hagara – Slowakei 25 – 65.23<br />

26 Graham Newberry – Großbritannien 26 – 64.49<br />

27 Matyas Belohradsky – Tschechien 27 – 64.38<br />

28 Nika Egadze – Georgien 28 – 63.60<br />

29 Daniels Kockers – Lettland 29 – 56.10<br />

30 Conor Stakelum – Irland 30 – 56.00<br />

31 Jari Kessler – Kroatien 31 – 55.82<br />

32 Andras Csernoch – Ungarn 32 – 54.88<br />

33 Larry Loupolover – Bulgarien 33 – 45.67<br />

Nicht angetreten:<br />

– Nikolaj Majorov – Schweden – – –<br />

Europameisterschaften


18<br />

Europameisterschaften<br />

Der 19 Jahre alte Debütant Nikita Starostin war<br />

der einzige echte Lichtblick des DEU-Teams. Bezeichnenderweise<br />

kommt er nicht aus einer<br />

deutschen Eishalle, sondern hat in St. Petersburg<br />

eine russische Schule durchlaufen und<br />

trainiert seit Sommer 2<strong>02</strong>1 in Belgien bei Adam<br />

Solya und Jorik Hendrickx. Die Deutsche Meisterschaft<br />

und einige Herbstwettbewerbe gingen<br />

noch mehr oder weniger daneben. Den überraschend<br />

gefundenen und amateurhaft wirkenden<br />

Grund hierfür enthüllte er im Interview auf Seite<br />

4. Aber vor Tallinn war das Problem gelöst.<br />

Zwar lief er nur ein zufriedenstellendes KP mit<br />

sauberem 3A, aber einer wackligen und etwas<br />

mickrigen 3F-2T-Kombination mit Kantenwarnung.<br />

Highlight war aber die Kür, in der er zwei<br />

saubere 3A und sechs weitere Dreifache, überwiegend<br />

mit Armen über dem Kopf, zeigen<br />

konnte, vier davon ganz sauber. Vierfache muss<br />

er noch lernen, um nach vorne zu kommen, aber<br />

er ist erst 19. Sein gefälliger Laufstil brachte<br />

ihm höhere Komponenten als Fentz, obwohl er<br />

etwas verhalten lief.<br />

Mark Kondratiuk<br />

»„Die Hauptsache war, dass ich alle<br />

«<br />

Sprünge<br />

gemacht habe. Ich fühle mich gut, weil das<br />

das erste Mal war, dass ich eine saubere Kür<br />

mit allen sauber ausgeführten Sprüngen gemacht<br />

habe, mit zwei dreifachen Axel, guten<br />

<strong>Pirouette</strong>n, Schrittfolgen, aber ich muss noch<br />

mehr trainieren. Ich muss lernen, mit dem<br />

Stress umzugehen und mehr Spaß zu haben,<br />

denn Eislaufen ist vor allem Spaß. Man muss<br />

es lieben und nicht kämpfen müssen. Ich<br />

trainiere gerne zusammen mit Loena Hendrickx,<br />

denn wir motivieren uns gegenseitig.<br />

Ich freue mich sehr über ihren Erfolg.“<br />

Paul Fentz<br />

Nikita Starostin<br />

Maurizio Zandron aus Innsbruck verpatzte zwei<br />

Sprünge im KP und erhielt für vier Kürsprünge<br />

negative Bewertungen, der erste 3A war sogar<br />

gestürzt. Immerhin erreichte er diesmal das<br />

Finale, was ihm bei der EM 2<strong>02</strong>0 in Graz<br />

misslungen war. Der Schwede Nikolaj Majorov<br />

konnte nicht starten, weil er vor Ort in<br />

Tallinn positiv getestet worden war. Aber<br />

nach der EM erhielt er die erfreuliche<br />

Nachricht des schwedischen Olympischen<br />

Komitees, dass er für Peking nominiert ist,<br />

auch wenn er die unrealistisch hohe<br />

Punktzahl nicht erreicht hat.


19<br />

Europameisterschaften<br />

Deniss Vasiljevs<br />

Nikita Starostin<br />

Fotos: Hella Höppner<br />

Daniel Grassl<br />

Maurizio Zandron


20<br />

Europameisterschaften<br />

Sinitsina/Katsalapov<br />

verteidigten Titel<br />

Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron waren<br />

wohl Favoriten in der Eistanzkonkurrenz.<br />

Aber sie hatten Sorge, sich auf der Reise von<br />

Montreal oder in Tallinn mit Corona anzustecken<br />

und deshalb nicht zu den Olympischen<br />

Spielen fliegen zu dürfen. Denn diese sind ihre<br />

Hauptmotivation, noch Wettbewerbe zu laufen.<br />

Daher sagten sie ihre Teilnahme in Tallinn ab<br />

und verließen sogar ihre Wohngemeinschaften<br />

mit anderen Eistänzern in Montreal, um nach<br />

jedem Training alleine zu sein. Somit war der<br />

Weg zum Gold frei für Victoria Sinitsina und Nikita<br />

Katsalapov aus der Schule von Alexander<br />

Zhulin. Seine Rückenbeschwerden, die ihn am<br />

Start bei der Kür der Russischen Meisterschaften<br />

hinderten, haben sich gebessert, so dass sie<br />

in Tallinn laufen und ihren EM-Titel aus dem<br />

Jahr 2<strong>02</strong>0 verteidigen konnten.<br />

Im Rhythmustanz zu „You Can Leave Your Hat<br />

On“ von Joe Cocker und zum Funk „Brick House“<br />

von den Commodores, einer britischen Popgruppe<br />

der 1970er und 1980er Jahre, erhielten zwei<br />

Schrittfolgen Level 3, die drei anderen Elemente<br />

Level 4. Alle glückten erstklassig und das ganze<br />

Programm strahlte sehr viel Harmonie aus, daher<br />

erhielten sie sogar drei Komponenten von 10,0.<br />

Die klassische Rachmaninov-Kür (Zweites Klavierkonzert<br />

und Paganini-Variationen) war ebenfalls<br />

sehr gelungen, die Levels waren fast optimal,<br />

die Komponenten lagen im Durchschnitt bei<br />

»<br />

9,7 mit fünf (von 45 möglichen) 10,0.<br />

Victoria Sinitsina & Nikita Katsalapov<br />

Sinitsina: „Wir sind so glücklich, wie es heute<br />

lief. Diese Europameisterschaften werden<br />

sehr lang in unserem Herzen bleiben. In dieser<br />

Kür geht es um unser Leben, unsere Karriere,<br />

die wir während unserer Reise spüren.“<br />

Katsalapov: „Dies Medaille bedeutet uns viel<br />

und dieser Wettbewerb vor den Olympischen<br />

Spielen ist eine riesige Motivation für uns.<br />

Ich habe gemischte Gefühle über die Kür. Es<br />

gab ein paar ganz kleine Momente für mich.<br />

Zum Glück haben sie die Levels nicht beeinflusst,<br />

aber es gab sie. Wir müssen daran arbeiten,<br />

dass sie verschwinden und dass wir<br />

uns noch wohler in der Kür fühlen. Wir müssen<br />

die Kür noch mehr leben, als sie nur zu<br />

laufen. Wir haben nicht mehr viel Zeit, aber<br />

wir wissen, woran wir arbeiten müssen. Diese<br />

zwei Musikstücke von Sergei Rachmaninov<br />

hat David Garrett zusammengestellt, der<br />

«<br />

bekannte Geiger. Das Klavierkonzert haben<br />

wir vor drei Jahren gewählt und auf den<br />

richtigen Zeitpunkt gewartet, um es jetzt zu<br />

nehmen. Im zweiten Teil mögen wir besonders<br />

das explosive Ende. Es ist ein Programm<br />

im Programm. Am Ende legen wir all unsere<br />

Energie und unsere Emotionen hinein.“<br />

Verdient war auch die Silbermedaille von Alexandra<br />

Stepanova & Ivan Bukin aus der Moskauer<br />

Schule von Irina Zhuk und Alexander Svinin. Sie<br />

liefen den Rhythmustanz zu Stücken der Back-<br />

street Boys und Justin Bieber, mit etwas verschmitzter<br />

Ironie, technischem Können, aber<br />

auch unterhaltsam. Hier lagen sie nur einen<br />

Punkt hinter den Siegern. Auch in der Kür zu „We<br />

Have a Map Of the Piano“ von der isländischen<br />

Gruppe Mum und zu Nino Rotas Version von<br />

„Romeo und Julia“ konnten sie glänzen. Bukin ist<br />

guter Hoffnung, dass er anders als 2018 diesmal<br />

»<br />

bei den Olympischen Spielen starten darf.<br />

Alexandra Stepanova<br />

„Heute, so glaube ich, haben wir den<br />

«<br />

Schritt<br />

nach vorne gemacht, den wir nach den Russischen<br />

Meisterschaften gebraucht haben.<br />

Daher sind wir heute sehr mit uns zufrieden,<br />

wir danken allen Zuschauern, den Trainern<br />

und unseren Angehörigen. Wir finden es super,<br />

zum zweiten Mal Silbermedaillengewinner<br />

zu sein, denn in der olympischen Saison<br />

sind das Ergebnis und unser Laufen besonders<br />

wichtig. Wir sind zufrieden mit unserer<br />

heutigen Kür. Ja, wir wollen auch im Teamwettbewerb<br />

laufen, jeder Sportler will das<br />

wahrscheinlich.“<br />

Bronzemedaillengewinner Charlène Guignard &<br />

Marco Fabbri erwähnten noch einmal, dass es<br />

zu Saisonbeginn schwierig war, zum Thema<br />

„Street Dance“ passende Musikstücke zu finden,<br />

aber schließlich landeten sie bei Funk, Rock und<br />

Disko von Michael Jackson, weil er alle drei Musikrichtungen<br />

in seinen Songs verwendete. Auch<br />

die Kür zur Filmmusik „Atonement“ von Dario<br />

Marinelli und zum „Song of the Little Sparrow“<br />

von Abel Korzeniowski gelang fehlerlos und mit<br />

hohen Elementebewertungen. Am Tag der Kür<br />

konnte Trainerin Barbara Fusar Poli sie zu ihrem<br />

Bedauern nicht begleiten, weil sie morgens positiv<br />

getestet worden war und ins Hotel zur<br />

Quarantäne musste. Aber ein PCR-Test zur<br />

Kontrolle brachte am nächsten Tag wieder ein<br />

negatives Ergebnis, so dass sie nach den Meisterschaften<br />

zurückfliegen konnte. Auch Co-Trainer<br />

Lukas Csolley war positiv getestet worden.<br />

Olivia Smart & Adrian Diaz schafften problemlos<br />

und endgültig die Qualifikation für die<br />

Olympischen Spiele, denn auch beim dritten<br />

Aufeinandertreffen waren sie das bessere spanische<br />

Paar. Sie sind recht nahe an die internationale<br />

Spitze gerückt. Gut präsentierte sich auch<br />

das andere spanische Duo Sara Hurtado & Kirill<br />

Khaliavin, das schon 2018 bei den Spielen war.<br />

Wenn nichts schiefgeht, sind somit beide je einmal<br />

bei Olympia gestartet. Die Briten Lilah Fear<br />

& Lewis Gibson gehören ebenfalls zur erweiterten<br />

Weltspitze, auch wenn sie in dieser Saison<br />

etwas weniger showbetonte Programme zeigen.<br />

Das dritte russische Paar Diana Davis & Gleb<br />

Smolkin trainiert bei Igor Shpilband in den USA,<br />

ist neu in der Meisterklasse und war 2<strong>02</strong>0 Fünfte<br />

der Junioren-WM in derselben Halle. Sie sind<br />

im eigenen Land etwas umstritten, weil manche<br />

ihnen vorwerfen, nur deshalb national so weit<br />

vorne zu liegen, weil Davis’ Mutter die Startrainerin<br />

Eteri Tutberidze ist. Aber sie hatten die<br />

besten Grand Prix-Ergebnisse, während die bisherigen<br />

nationalen Dritten Zagorski/Guerreiro<br />

wegen des mehrwöchigen Krankenhausaufenthalts<br />

von Zagorski gar nicht trainieren konnten.<br />

So richtig erstklassig wirkten Davis und Smolkin<br />

besonders stilistisch in der Tat noch nicht.<br />

Allison Reed & Saulius Ambrulevicius aus Litauen<br />

kamen erstmals unter die besten 10, weil sie<br />

in Mon treal optimal gefördert werden und für<br />

die Kürelemente meist +2 oder +3 erhielten.<br />

Aber sie waren frustriert, weil auch der zweite<br />

Antrag von Reed auf die litauische Staatsbürgerschaft<br />

abgelehnt wurde. Daher dürfen sie<br />

nicht zu den Spielen, obwohl sie sich mit Platz<br />

15 bei der WM dafür qualifiziert hatten. Stattdessen<br />

wird Litauen nun die unerfahrenen Paulina<br />

Ramanauskaite & Deividas Kizala schicken,<br />

die im <strong>No</strong>vember nur 19. beim Warschau Cup<br />

geworden waren und jetzt bei Maurizio Margaglio<br />

in Finnland trainieren.<br />

Als Franzosen Nummer 1 in Tallinn erreichten<br />

Evgenia Lopareva & Geoffrey Brissaud erstmals<br />

die besten 10, aber sie haben auch tatsächlich<br />

große Fortschritte gemacht und trainieren mal<br />

bei Roxane Petetin und Fabian Bourzat in Lyon,<br />

Eistanz | Europameisterschaften<br />

RT Kür Pkt<br />

1 Victoria Sinitsina / Nikita Katsalapov<br />

Russland 1 1 217.96<br />

2 Alexandra Stepanova / Ivan Bukin<br />

Russland 2 2 213.20<br />

3 Charlène Guignard / Marco Fabbri<br />

Italien 3 3 207.97<br />

4 Olivia Smart / Adrian Diaz<br />

Spanien 5 4 196.86<br />

5 Lilah Fear / Lewis Gibson<br />

Großbritannien 4 6 196.01<br />

6 Sara Hurtado / Kirill Khaliavin<br />

Spanien 6 5 191.90<br />

7 Diana Davis / Gleb Smolkin<br />

Russland 8 7 186.61<br />

8 Allison Reed / Saulius Ambrulevicius<br />

Litauen 7 8 183.17<br />

9 Evgeniia Lopareva / Geoffrey Brissaud<br />

Frankreich 10 9 178.34<br />

10 Oleksandra Nazarova / Maksym Nikitin<br />

Ukraine 12 10 173.99<br />

11 Natalie Taschlerova / Filip Taschler<br />

Tschechien 11 13 172.39<br />

12 Katharina Müller / Tim Dieck<br />

Deutschland 13 12 170.27<br />

13 Tina Garabedian / Simon Proulx Senecal<br />

Armenien 14 11 168.43<br />

14 Natalia Kaliszek / Maksym Spodyriev<br />

Polen 9 16 166.52<br />

15 Sasha Fear / George Waddell<br />

Großbritannien 16 14 163.21<br />

16 Loicia Demougeot / Theo Le Mercier<br />

Frankreich 15 15 162.77<br />

17 Mariia Holubtsova / Kyryl Bielobrov<br />

Ukraine 17 17 156.35<br />

18 Mariia Ignateva / Danijil Leonyidovics Szemko<br />

Ungarn 19 18 150.83<br />

19 Jasmine Tessari / Stéphane Walker<br />

Schweiz 18 19 147.55<br />

20 Solene Mazingue / Marko Jevgeni Gaidajenko<br />

Estland 20 20 143.89<br />

Finale nicht erreicht:<br />

21 Carolina Moscheni / Francesco Fioretti<br />

Italien 21 – 59.13<br />

22 Viktoria Semenjuk / Ilya Yukhimuk<br />

Weißrussland 22 – 54.28<br />

23 Maria Sofia Pucherova / Nikita Lysak<br />

Slowakei 23 – 54.19<br />

24 Aurelija Ipolito / Luke Russell<br />

Lettland 24 – 53.35<br />

25 Hanna Jakucs / Alessio Galli<br />

Niederlande 25 – 49.39<br />

26 Ekaterina Kuznetsova / Oleksandr Kolosovskyi<br />

Aserbaidschan 26 – 48.35<br />

Nicht angetreten:<br />

– Anastasia Polibina / Pavel Golovishnikov<br />

Polen – – –


mal bei Alexander Zhulin in Moskau. Für Olympia<br />

und die WM sind sie allerdings nur Ersatz,<br />

denn weil Papadakis & Cizeron 2<strong>02</strong>1 nicht bei<br />

der WM gestartet waren, hat Frankreich dort<br />

nur je einen Startplatz. Ersatz für das Spitzenpaar<br />

in Tallinn waren Loicia Demougeot & Théo<br />

Le Mercier aus Villard de Lans, denen noch ein<br />

bisschen Meisterklassenreife fehlt.<br />

Katharina Müller & Tim Dieck verpassten den im<br />

Ideal angestrebten 10. Platz um vier Punkte, auch<br />

wenn sie nicht darüber sprachen. Im Rhythmustanz<br />

wackelte Müller bei den Twizzles, was zwei<br />

bis drei Punkte kostete. Alles andere gelang,<br />

wenn auch mit etwas wenig Tempo, was auch<br />

Trainerin Angelika Krylova auffiel. In der Kür zu<br />

zwei Songs von Whitney Houston aus dem Film<br />

„Bodyguard“ waren keine Fehler sichtbar, aber<br />

zwei Schrittfolgen erhielten nur Level 2.<br />

Olivia Smart und Adrian Diaz<br />

Fotos: Hella Höppner<br />

21<br />

Europameisterschaften<br />

Katharina Müller nach der Kür<br />

»„Wie bei den Deutschen Meisterschaften<br />

«<br />

wollte ich den Fehler bei den Twizzles aus<br />

dem Rhythmustanz nicht wiederholen. Ich<br />

glaube, heute haben wir die Balance zwischen<br />

Spannung und Entspannung gut gemanagt.<br />

Wir haben das Eis gespürt. Wir sind<br />

zufrieden, aber Tim ist unzufrieden über die<br />

Levels für die Schrittfolgen. Wir arbeiten<br />

nach jedem Wettbewerb daran und hoffen<br />

natürlich, dass wir uns verbessern. Bei den<br />

Olympischen Spielen wollen wir uns technisch<br />

verbessern und auch nicht vergessen,<br />

an den Emotionen zu arbeiten. Wir fahren<br />

kurz nach Deutschland zur Einkleidung zurück<br />

und dann geht es wieder nach Moskau.“<br />

Charlène Guignard<br />

und Marco Fabbri<br />

Natalia Kaliszek & Maksym Spodyriev waren im<br />

Herbst nacheinander länger verletzt und froh,<br />

überhaupt bei der EM wieder starten zu können.<br />

Von den fünften und neunten EM-Plätzen von<br />

2019 und 20 waren sie daher weit entfernt. Die<br />

Schweizer Jasmine Tessari & Stéphane Walker<br />

können zufrieden sein, gleich bei ihrem EM-Debüt<br />

das Finale erreicht zu haben, aber die Levels<br />

bei den Schrittfolgen waren noch recht niedrig.<br />

Im Rhythmustanz liefen sie zum Disko „Just an<br />

Illusion“ von der britischen Gruppe Imagination,<br />

zum Blues „Women in Love“ von Barbara Streisand<br />

und zur weiteren Disko „Can’t Take My Eyes<br />

Off You“ von Gloria Gaynor. Ihre Kürmusiken sind<br />

„Hable Con Ella“ von Alberto Iglesias, „Le Di A La<br />

Caza Alcance“ von Estrella Morente und „Poeta<br />

En El Mar“ des Gitarristen Vicente Amigo.<br />

Katharina Müller<br />

und Tim Dieck<br />

Nicht anreisen durften die Nebelhorn-Sieger<br />

Juulia Turkkila & Matthias Versluis aus Finnland,<br />

die eine Chance auf einen Top Ten-Platz gehabt<br />

hätten. Turkkila war über Weihnachten Coronapositiv<br />

gewesen. Zwar war sie längst wieder voll<br />

im Training, aber ihr PCR-Test am Tag vor der<br />

Anreise nach Tallinn war immer noch positiv.<br />

Daher mussten sie zu Hause bleiben und konnten<br />

sich auf die Olympischen Spiele vorbereiten.<br />

Wegen anhaltender Knieprobleme fehlten auch<br />

die Georgier Maria Kazakova und Georgy Reviya<br />

(Zweite der Junioren-WM 2<strong>02</strong>0), mit Papadakis/Cizeron<br />

also drei Paare mit guten<br />

Chancen auf vordere Plätze.<br />

Alexandra Stepanova<br />

und Ivan Bukin


22<br />

Europameisterschaften<br />

Victoria Sinitsina und Nikita Katsalapov<br />

Foto: Hella Höppner


Drei russische Paare vorne<br />

Die Paarlaufkonkurrenz hatte drei Tage vor dem<br />

Beginn noch 25 Meldungen, was ein EM-Rekord<br />

gewesen wäre. Neun wären in diesem Fall nach<br />

dem KP ausgeschieden. Aber dann kamen Absagen:<br />

Die Israelis Hailey Kops & Evgeni Krasnopolski<br />

mussten ebenso wegen Corona in den<br />

USA (Hackensack, New Jersey) bleiben wie die<br />

amerikanischen Schweizer Jessica Pfund & Joshua<br />

Santillan (Ellenton, Florida). Die Mailänder<br />

Nicole Della Monica & Matteo Guarise wollten<br />

eine kleine Knieverletzung von Della Monica lieber<br />

vor den Olympischen Spielen auskurieren.<br />

Besonderes Pech hatte Severin Kiefer, denn beim<br />

Training in Tallinn stürzte er auf die linke Hand.<br />

Zunächst meinte man, es sei nichts gebrochen.<br />

Aber in Österreich wurde ein Bruch des Kahnbeins<br />

(ein Handwurzelknochen) festgestellt. Kiefer<br />

schrieb der <strong>Pirouette</strong>: „<strong>No</strong>ch am 14.1. wurde<br />

ich am Kahnbein operiert und dieses wurde stabil<br />

verschraubt. Die Operation ist sehr gut verlaufen.<br />

Seit Dienstag (18.1.) kann ich wieder auf dem Eis<br />

trainieren. Die Ärzte geben uns eine sehr gute<br />

Chance, dass wir in Peking fit und bereit sind, daher<br />

sind wir sehr optimistisch.“ Es blieben 21<br />

Paare, immer noch doppelt so viele wie 2019.<br />

Wie erwartet, gewannen die russischen Paare die<br />

drei Medaillen, denn sie waren dem übrigen Feld<br />

hoch überlegen. Die aktuellen Weltmeister Anastasia<br />

Mishina & Aleksandr Galliamov aus der St.<br />

Petersburger Schule von Artur Minchuk und Tamara<br />

Moskvina zeigten bei ihrem EM-Debüt die<br />

Paare | Europameisterschaften<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Anastasia Mishina / Aleksandr Galliamov<br />

Russland 1 1 239.82<br />

2 Evgenia Tarasova / Vladimir Morozov<br />

Russland 2 2 236.43<br />

3 Aleksandra Boikova / Dmitrii Kozlovskii<br />

Russland 3 3 227.23<br />

4 Karina Safina / Luka Berulava<br />

Georgien 6 4 184.05<br />

5 Rebecca Ghilardi / Filippo Ambrosini<br />

Italien 4 5 178.90<br />

6 Ioulia Chtchetinina / Mark Magyar<br />

Ungarn 7 7 171.03<br />

7 Sara Conti / Niccolo Macii<br />

Italien 10 6 168.90<br />

8 Minerva Fabienne Hase / <strong>No</strong>lan Seegert<br />

Deutschland 5 9 168.75<br />

9 Laura Barquero / Marco Zandron<br />

Spanien 8 8 168.40<br />

10 Bogdana Lukashevich / Alexander Stepanov<br />

Weißrussland 9 12 161.76<br />

11 Maria Pavlova / Balazs Nagy<br />

Ungarn 11 11 161.32<br />

12 Jelizaveta Zukova / Martin Bidar<br />

Tschechien 15 10 159.73<br />

13 Annika Hocke / Robert Kunkel<br />

Deutschland 13 13 156.91<br />

14 Camille Kovalev / Pavel Kovalev<br />

Frankreich 12 14 156.55<br />

15 Sofiia Holichenko / Artem Darenskyi<br />

Ukraine 14 15 147.61<br />

16 Lana Petranovic / Antonio Souza Kordeiru<br />

Kroatien 16 16 143.24<br />

Finale nicht erreicht:<br />

17 Coline Keriven / <strong>No</strong>el-Antoine Pierre<br />

Frankreich 17 – 51.79<br />

18 Anastasia Vaipan-Law / Luke Digby<br />

Großbritannien 18 – 51.11<br />

19 Letizia Roscher / Luis Schuster<br />

Deutschland 19 – 48.77<br />

20 Milania Vaananen / Mikhail Akulov<br />

Finnland 20 – 46.34<br />

21 Daria Danilova / Michel Tsiba<br />

Niederlande 21 – 36.86<br />

präzisesten Elemente und 239 Punkte waren ein<br />

neuer Weltrekord. Schon im KP zu den „Variationen<br />

zum Ballett Esmeralda“ von Cesare Pugni<br />

bestachen sie durch besondere Synchronität<br />

beim 3S und der <strong>Pirouette</strong> und Exaktheit beim<br />

Wurfflip und den anderen Elementen. Auch in<br />

der Kür zu zwei bekannten Schneesturm-Variationen<br />

von Georgi Sviridov gelang fast alles erstklassig<br />

und erhielt Bewertungen von +4 oder +5.<br />

Nur beim ersten der beiden Salchows der<br />

»<br />

Sprungfolge wackelte Mishina etwas.<br />

Mishina & Galliamov nach der Kür<br />

Mishina: „Heute war es etwas schwieriger zu<br />

laufen, vielleicht weil es spät war. Insgesamt<br />

war es aber eine normale Leistung für uns.<br />

Nach den russischen Meisterschaften und<br />

Neujahr sind wir nicht viel gelaufen und hatten<br />

etwas Urlaub, wir hatten nur eine Woche<br />

Zeit uns vorzubereiten. Es war eine Idee unserer<br />

Trainerin, die beiden Musikstücke vom<br />

selben Komponisten zu kombinieren. Es geht<br />

um das Leben zweier junger Leute. Etwas Erfreuliches<br />

passiert, die schnelle Musik beginnt<br />

und wir zeigen unsere Emotionen und<br />

wir wollen Unterschiede zwischen dem ersten<br />

und dem zweiten Teil machen. Wir hören gerade<br />

erst, dass das ein Weltrekord war, das<br />

wussten wir gar nicht. Das ist schön, aber wir<br />

legen darauf nicht so viel Wert, denn wir<br />

können noch besser laufen. Unser Ziel ist immer,<br />

fehlerfreie Programme zu laufen. Erst<br />

ungefähr mit zehn Jahren habe ich mich für<br />

das Paarlaufen interessiert und meine Idole<br />

waren Volosozhar & Trankov und Aljona Savchenko.<br />

Egal mit wem sie lief, Ich mochte<br />

immer ihren Charakter, wie sie um den ersten<br />

Platz kämpfte, und ich war so glücklich, als<br />

sie die Olympischen Spiele gewann.“<br />

«<br />

Galliamov: „Der Wettbewerb in Russland<br />

hilft uns, die Trainer bringen uns das von<br />

Anfang an bei. Nur der Beste überlebt eben.“<br />

Evgenia Tarasova & Vladimir Morozov trainieren<br />

seit dem Sommer bei Einzellauf-Coach Eteri Tutberidze<br />

und Olympiasieger Maxim Trankov. Bei<br />

ihnen gelangen im KP zu „Metamorphosis 2“ des<br />

US-Komponisten Philip Glass und zu „Experience“<br />

von Ludovico Einaudi sechs Elemente hervorragend,<br />

nur bei der Landung des Wurfrittberger<br />

musste Tarasova eine Hand zu Hilfe nehmen.<br />

Dabei erklärten sie, sie spielen „Pygmalion und<br />

Galathea“ aus der griechischen Mythologie. Besonderes<br />

Highlight war wieder der Twist. In der<br />

Kür hörte man „Lighthouse“ von Patrick Watson,<br />

hierzu waren Savchenko & Massot in der vorolympischen<br />

Saison gelaufen. Tarasova stolperte<br />

zu Beginn beim 3S, alle weiteren Elemente gelangen,<br />

meist sogar ganz hervorragend.<br />

»<br />

«nem<br />

Vladimir Morozov nach der Kür<br />

„Heute sind wir gut gelaufen, wir waren<br />

selbstbewusst und konzentriert, wenn auch<br />

nicht am allerbesten. Jeder in unserem neuen<br />

Trainerteam gibt uns etwas. Sie arbeiten alle<br />

so präzise wie wertvolle und gute Uhren.“<br />

Die St. Petersburger Aleksandra Boikova &<br />

Dmitrii Kozlovskii, 2<strong>02</strong>0 Europameister, mussten<br />

sich diesmal zu Recht mit Bronze begnügen.<br />

Im KP zum „Schwanensee“ sprang sie den Salchow<br />

nur doppelt, was etwa vier Punkte kostete,<br />

alles andere gelang sehr gut. In der Malaguena-Kür,<br />

also erneut zu Musik, die man<br />

schon tausendmal gehört hat, machten sie keine<br />

größeren Fehler.<br />

»<br />

Kozlovskii nach der Kür<br />

„Wir sind zufrieden, dass wir nach<br />

«<br />

dem<br />

dummen Patzer im Kurzprogramm wieder<br />

Mut gefasst haben, das ist das Wichtigste.<br />

Die starke Konkurrenz in unserem Land hat<br />

zwei Seiten: Auf der einen Seite werden wir<br />

besser und sie motiviert uns. Auf der anderen<br />

Seite stresst sie und ist es wichtig, dass<br />

man deswegen nicht untergeht. Daher muss<br />

man den Kopf auch mal vom Wettbewerb<br />

frei bekommen. Bei den Olympischen Spielen<br />

geht es nicht nur darum, körperlich in Form<br />

zu sein, sondern auch einen kühlen Kopf zu<br />

bewahren, wenn es nötig ist.“<br />

Zwischen Platz 3 und 4 klafft eine Distanz von<br />

43 Punkten, denn alle anderen präsentierten<br />

sich eine, wenn nicht zwei Klassen schwächer<br />

und machten viele Fehler. Die russischen Georgier<br />

Karina Safina & Luka Berulava trainieren<br />

meist bei Pavel Sliusarenko in der Schule von<br />

Perm, etwa 1.400 Kilometer östlich von Moskau,<br />

gelegentlich auch bei Maxim Trankov. Sie hatten<br />

bei der Nebelhorn Trophy einen olympischen<br />

Startplatz für Georgien geholt und waren kurzfristig<br />

statt des anderen georgischen Paares<br />

Metelkina & Parkman gekommen. Im KP zu<br />

„Moonlight“ von der brasilianischen Gruppe „Viper“<br />

stürzte Safina beim 3S, die anderen Elemente<br />

gelangen. Auch in der Kür zur Musik „In<br />

This Shirt“ von der britischen Popgruppe „The Irrepressibles“<br />

hatten sie Probleme nur bei den<br />

Einzelsprüngen. Diesmal stand sie den 3S, während<br />

er patzte. Später sagte sie, sie sei begeistert,<br />

denn sie habe Angst vor dem Salchow gehabt,<br />

weil er im Training stets schief gegangen<br />

sei. Aber ausgerechnet im Wettbewerb habe er<br />

bei ihr geklappt.<br />

Rebecca Ghilardi & Filippo Ambrosini kamen<br />

trotz einiger Fehler wie einem Sturz beim weggeworfenen<br />

Wurflutz im KP auf Rang 5, aber<br />

178 Punkte sind keine Glanztat. Sie sind ebenso<br />

für Peking qualifiziert wie die für Ungarn laufenden<br />

Ioulia Chtchetinina & Mark Magyar, die<br />

ebenfalls große Probleme bei den Einzelsprüngen<br />

hatten. Sara Conti & Niccolo Macii machten<br />

keine gravierenden Fehler, laufen aber etwas<br />

langsam und bieder.<br />

Minerva Hase & <strong>No</strong>lan Seegert hätten in dieser<br />

Konkurrenz gut und gerne Vierte werden können,<br />

aber genau diese Aussicht machte sie nervös.<br />

Es fehlte vielleicht Alexander König, der sie<br />

als Mentaltrainer beruhigen konnte. Im KP zu<br />

„You Are the Reason“ von Calcum Scott und<br />

Leona Lewis ging der sonst so sichere Wurfsalchow<br />

daneben, ansonsten gefielen sie mit einochmals<br />

etwas eleganteren Laufstil,<br />

23<br />

Europameisterschaften


24<br />

Europameisterschaften<br />

nachdem sowohl Alexander König als auch<br />

Dmitri Savin mit ihnen zuletzt hieran gearbeitet<br />

hatten. In der Kür zu „People Help the People“<br />

von der britischen Sängerin Birdy gelang<br />

der Wurfsalchow wieder souverän, dafür ging<br />

sie beim Wurfrittberger zu Boden und er musste<br />

die Axel-Lasso-Hebung abbrechen, was besonders<br />

viele Punkte kostete. In der Sprungkombination<br />

war ihr zweiter Toeloop nur einfach,<br />

dafür stieg er beim 3S um. Insgesamt waren<br />

die 168 Punkte eine misslungene Generalprobe<br />

für Peking.<br />

»<br />

Minerva Fabienne Hase<br />

„Wir haben uns zu viel Druck gemacht.<br />

«<br />

Unser<br />

Ziel war, hier Vierte zu werden und als das<br />

Kurzprogramm nicht so gut lief, wollten wir<br />

unbedingt eine gute Kür laufen. Wir wollten<br />

einfach so gut wie im Training sein. Der Zeitplan<br />

war für uns unnormal, mit langen Pausen<br />

zwischen Training und Wettbewerb. Wir<br />

müssen uns mal den Zeitplan der Olympischen<br />

Spiele näher anschauen, um sicherzugehen,<br />

dass wir uns daran anpassen. Wir gehen<br />

jetzt zurück zum Training nach Sotchi<br />

und dann fliegen wir nach Peking über Berlin<br />

und Frankfurt.“<br />

Auch das neue, für Olympia qualifizierte und<br />

für Spanien startende Paar Laura Barquero &<br />

Marco Zandron machte mehr Fehler als im<br />

Herbst. Vielleicht lag es daran, dass sie beim<br />

Einlaufen zur Kür in die Bande krachten, um einem<br />

anderen Paar auszuweichen. Baquero sagte,<br />

ihr Bein schmerze etwas, aber es sei nicht<br />

so schlimm. Die für Olympia qualifizierten<br />

Tschechen Jelizaveta Zukova & Martin Bidar<br />

patzten beim 3T im KP und dem Wurfflip in<br />

beiden Programmen, vieles andere war aber relativ<br />

sauber. Die gebürtige Russin Zhuk hat die<br />

tschechische Staatsbürgerschaft erhalten, damit<br />

ist das Paar bei den Spielen startberechtigt.<br />

Dafür musste sie ihren Nachnamen von Zhuk<br />

zu Zhukova „tschechisieren“. Nicht überzeugen<br />

konnten die beiden nicht für Peking qualifizierten<br />

französischen Duos. Die Chemnitzer Letizia<br />

Roscher und Luis Schuster erreichten zwar wegen<br />

des umgestiegenen 2A von Schuster und<br />

drei kleinerer unsauberer Elemente nicht das<br />

Finale, aber ihr Laufstil kam an und sie<br />

konnten wertvolle Erfahrungen<br />

für später sammeln.<br />

Mit nur noch zwei<br />

Startplätzen wird ein Start<br />

bei der EM 2<strong>02</strong>3 allerdings<br />

schwieriger.<br />

Anfang März steht für sie<br />

die Junioren-WM an. •••<br />

Annika Hocke und Robert Kunkel liefen nach<br />

ihrer längeren Verletzungspause den ersten<br />

kompletten Wettbewerb und waren ebenfalls<br />

weit von den Leistungen beim guten siebten<br />

Platz von 2<strong>02</strong>0 entfernt. Im KP zu zwei Stücken<br />

von Abba stürzte Hocke beim 3S und den<br />

Wurfrittberger landete sie (in beiden Programmen)<br />

auf zwei Füßen. Hebung und Schrittfolge<br />

gelangen dagegen sehr gut. In der Kür zu „The<br />

Other Side“ der US-Sängerin Ruelle überdrehte<br />

Kunkel den 3S und in der Kombination wurde<br />

Hockes Toeloop doppelt. Die Hebungen glücken,<br />

aber die Komponenten blieben relativ niedrig,<br />

»<br />

weil der Lauffluss nicht optimal war.<br />

Annika Hocke und Robert Kunkel<br />

Kunkel: „Das war unser Startwettbewerb in<br />

die Saison und es ist etwas seltsam, denn<br />

das sollte für uns das Highlight der Saison<br />

sein. Aber wir haben es geschafft, die Verletzungen<br />

sind nicht schlimmer geworden, wir<br />

fühlen uns körperlich gut, und darauf können<br />

wir aufbauen.“<br />

Hocke: „Es ist schade, dass wir nicht<br />

«<br />

zeigen<br />

konnten, was wir im Training machen. Wir<br />

hatten jetzt mehr Zeit zum Training, aber ein<br />

Wettbewerb ist noch eine ganz andere Sache.<br />

Uns fehlt in dieser Saison die Wettkampferfahrung.<br />

Aber wir wollen frisch in<br />

die nächste Saison gehen und ein paar Änderungen<br />

vornehmen. Wir sind sehr motiviert<br />

und freuen uns darauf.“<br />

Annika Hocke und<br />

Robert Kunkel<br />

Fotos: Hella Höppner<br />

Evgenia Tarasova und Vladimir Morozov<br />

mit den Trainern<br />

Eteri Tutberidze und<br />

Maxim Trankov<br />

Karina Safina und<br />

Luka Berulava


25<br />

Europameisterschaften<br />

Minerva Fabienne Hase<br />

und <strong>No</strong>lan Seegert<br />

Anastasia Mishina und<br />

Aleksandr Galliamov<br />

Aleksandra Boikova<br />

und Dmitrii Kozlovskii


26<br />

Bavarian Open<br />

Janse van Rensburg & Steffan gewinnen<br />

Bavarian Open<br />

Im vergangenen Jahr mussten die Bavarian<br />

Open in Oberstdorf wegen Corona abgesagt<br />

werden, aber diesmal konnten sie mit strengen<br />

Auflagen und ganz ohne Zuschauer stattfinden, allerdings<br />

sogar ohne Eltern der Läufer/innen. Wer nicht<br />

dabei war, konnte den kostenlosen Livestream nutzen.<br />

Den Wettbewerb in Oberstdorf<br />

beobachtete Klaus-Reinhold Kany<br />

Siegerin der Meisterklasse wurde die Mannheimerin<br />

Kristina Isaev, die seit eineinhalb Jahren<br />

bei Michael Huth in Oberstdorf trainiert und bei<br />

den Deutschen Meisterschaften Platz 2 hinter<br />

Nicole Schott belegt hatte. Diesmal führte die<br />

21-Jährige schon nach einem praktisch fehlerfreien<br />

KP mit 3T-3T-Kombination (der zweite<br />

mit q) und 3F. Die drei <strong>Pirouette</strong>n mit Level 4<br />

gelangen sehr gut, auch die Schrittfolge erhielt<br />

Level 4. Die ebenfalls sturzfreie Kür begann sie<br />

mit einer souveränen 3T-2T-Kombination, der 3L<br />

erhielt jedoch ein (!), also eine kleine Warnung,<br />

dass ihr Absprung an der Grenze zur falschen<br />

Kante war. Es folgten noch 3F, 3S und 3T-2T-2R<br />

sowie zwei 2A. Die drei <strong>Pirouette</strong>n und die beiden<br />

Schrittfolgen glückten überzeugend. Stilistisch<br />

hat sie erneut etwas dazugewonnen und<br />

erhielt in der Kür Komponenten von etwa 7,2,<br />

aber ihr Tempo ist nicht optimal.<br />

Nicole Schott war eine Woche nach den Europameisterschaften<br />

wieder am Start und betrachtete<br />

die Bavarian Open als letzten Test vor<br />

Olympia. Dass die 25-Jährige dabei kein Risiko<br />

einging und sich nicht verletzen wollte, war<br />

verständlich. Im KP war die 3F-2T-Kombination<br />

etwas unsauber. Beim geplanten 3R sprang sie<br />

gar nicht ab, die anderen Elemente gelangen<br />

sehr gut und erhielten Wertungen bis +3, die<br />

Schrittfolge (Level 3) sogar einmal +4. In der<br />

Kür leistete sie sich zwar keinen Sturz, aber nur<br />

zwei Flips, ein Rittberger und ein Salchow waren<br />

dreifach, und eine 3-3-Kombination sah<br />

man wie bei der EM in keinem der beiden Programme.<br />

Ebenfalls noch auf dem Treppchen<br />

landete die Finnin Linnea Ceder (19). Sie präsentierte<br />

3L-2T im KP und drei gelungene Dreifache<br />

in der Kür, aber einen unsauberen 3F und<br />

stürzte beim 3L.<br />

Stefanie Pesendorfer (18) aus Linz, die aktuelle<br />

Österreichische Meisterin, konnte im KP einen<br />

Frauen | Meisterklasse<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Kristina Isaev – Deutschland 1 1 176.67<br />

2 Nicole Schott – Deutschland 4 2 170.03<br />

3 Linnea Ceder – Finnland 2 4 168.88<br />

4 Stefanie Pesendorfer – Österreich 6 3 162.87<br />

5 Sophia Schaller – Österreich 5 5 160.25<br />

6 Olivia Lisko – Finnland 7 6 151.10<br />

7 Taylor Lynn Morris – Israel 3 8 149.09<br />

8 Aya Hatakawa – Deutschland 8 7 145.65<br />

9 Jennifer Fischer – Deutschland 9 9 115.27<br />

10 Yasemin Zeki – Türkei 10 10 107.47<br />

11 Antonia Moarcas – Deutschland 11 11 97.13<br />

12 Frederique Koning – Niederlande 12 12 90.51<br />

knapp gestandenen 3L vorweisen,<br />

aber der 3F klappte nicht<br />

richtig, so dass sie keine Kombination<br />

zeigen konnte. In ihrer<br />

relativ gelungenen Kür waren<br />

vier Dreifache ziehmlich sauber,<br />

in der Sprungfolge aus 3L-Euler-<br />

3S der 3S jedoch nicht ganz. Knapp<br />

hinter ihr landete Sophia Schaller aus<br />

Salzburg, die in beiden Teilen bei einem<br />

Sprung patzte, aber ansonsten ebenfalls<br />

ansprechende Programme zeigte. Aya Hatakawa<br />

lief wieder besser als zuletzt, vor allem<br />

stilistisch, aber im KP waren zwei Sprünge nicht<br />

ganz einwandfrei und beim 3S der Kombination<br />

musste sie zu Boden. In der Kür gelangen immerhin<br />

die beiden 3S sicher, drei andere Sprünge<br />

jedoch nicht.<br />

Polnischer Meister gewinnt<br />

Im stark ausgedünnten Feld der Männer dominierte<br />

der polnische Meister Vladimir Samoilov<br />

aus Torun, der früher in seiner Geburtsstadt<br />

Moskau trainiert hat und jetzt in Egna. Im KP<br />

gelang ein guter 3A und eine ebenso überzeugende<br />

3L-3T-Kombination, aber den vierfach geplanten<br />

Salchow riss er auf. In der Kür war dieser<br />

Sprung etwas unsauber, aber immerhin versucht.<br />

Sechs Dreifache erhielten ebenfalls Pluspunkte.<br />

Im Training sah man auch nicht stabile<br />

4L und 4F. Bei der EM in Tallinn hatte er absurderweise<br />

nicht starten dürfen, so schrieb Trainer<br />

Lorenzo Magri der <strong>Pirouette</strong>, weil er gemäß Regeln<br />

des polnischen Verbandes nicht vorher zwei<br />

internationale Wettbewerbe gelaufen war. In<br />

Männer | Meisterklasse<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Vladimir Samoilov – Polen 3 1 211.57<br />

2 Luc Maierhofer – Österreich 2 2 208.71<br />

3 Kai Jagoda – Deutschland 1 4 2<strong>02</strong>.89<br />

4 Valtter Virtanen – Finnland 4 3 197.80<br />

5 Rakhat Bralin – Kasachstan 5 5 140.25<br />

Nicht angetreten:<br />

– Matyas Belohradsky – Tschechien – – –<br />

– Mihhail Selevko – Estland – – –<br />

– Alexandr Selevko – Estland – – –<br />

– Lotfi Sereir – Deutschland – – –<br />

Kristina Isaev<br />

Foto: Höppner<br />

Oberstdorf holte er in<br />

beiden Programmen das<br />

WM-Minimum und hofft,<br />

dass er nun für die WM in<br />

Montpellier nominiert wird. Der<br />

ebenfalls in Egna trainierende Wiener<br />

Luc Maierhofer lief ein fehlerfreies<br />

KP mit 2A, 3L-3T und 3F. In der Kür<br />

versuchte er erstmals einen 4T, der aber<br />

gestürzt und abgewertet war. Aber es<br />

ist richtig, einen höheren Schwierigkeitsgrad<br />

anzugehen. Fünf Dreifache<br />

glückten solide, zwei erhielten ein q.<br />

Einziger Deutscher war der Ex-Berliner Kai<br />

Jagoda, der nach einem fehlerlosen KP mit<br />

erstklassigem 3A, seinem Paradeelement,<br />

3T-3T und 3F geführt hatte. Zu Beginn der Kür<br />

ging der 3F daneben und auch der 3A war nicht<br />

einwandfrei, aber später folgten vier Dreifache,


darunter auch ein knapper zweiter 3A. Frisch<br />

aus Tallinn war der „Oberstdorfer Finne“ Valtter<br />

Virtanen gekommen, der im KP mit 3T-3T, 3L<br />

und 2A ebenfalls ohne Makel blieb und in der<br />

Kür fünf Dreifache meisterte, aber beim unterdrehten<br />

4T und dem 3T patzte.<br />

Eistanz | Meisterklasse<br />

RT Kür Pkt<br />

1 Jennifer Janse van Rensburg / Benjamin Steffan<br />

Deutschland 1 1 186.10<br />

2 Marie Dupayage / Thomas Nabais<br />

Frankreich 2 2 172.80<br />

3 Lou Terreaux / <strong>No</strong>e Perron<br />

Frankreich 3 3 171.49<br />

4 Lara Luft / Maximilian Pfisterer<br />

Deutschland 5 4 160.37<br />

5 Natacha Lagouge / Arnaud Caffa<br />

Frankreich 6 5 160.29<br />

6 Shira Ichilov / Vladimir Byelikov<br />

Israel 4 7 154.47<br />

7 Elisabetta Leccardi / Mattia Dalla Torre<br />

Italien 7 6 153.12<br />

8 Viktoriia Lopusova / Asaf Kazimov<br />

Deutschland 8 8 146.10<br />

Nicht angetreten:<br />

– Yuka Orihara / Juho Pirinen<br />

Finnland – – –<br />

In der Gruppe 1 gab es keine Spitzenläuferin,<br />

aber das Mittelfeld war besser. Die erst 13 Jahre<br />

alte Siegerin Ida Karhunen aus Finnland lief ein<br />

fehlerfreies KP mit 3L-3T, 3F und 2A sowie eine<br />

Kür mit fünf gelungenen und zwei misslungenen<br />

Dreifachen. Die Italienerin Anna Pezzeta aus<br />

Egna, Zweite der nationalen Meisterklasse-Meisterschaften,<br />

aber mit 14 Jahren noch zu jung für<br />

die EM, stürzte zweimal im KP, konnte aber mit<br />

einer fast fehlerfreien Kür noch aufholen. Die<br />

Französin Lola Ghozali, 6. beim Junioren Grand<br />

Prix 2<strong>02</strong>1 in Courchevel, hatte in beiden Programmen<br />

mit unsauberen Sprüngen zu kämpfen.<br />

Olesya Ray aus Dortmund wurde beste Deutsche<br />

und hatte mit 143 Punkten auch ein anspre-<br />

Jennifer Janse van Rensburg<br />

und Benjamin Steffan<br />

Foto: Höppner<br />

27<br />

Bavarian Open<br />

Janse van Rensburg & Steffan<br />

siegreich<br />

Die Lokalmatadoren Jennifer Janse van Rensburg<br />

& Benjamin Steffan, die auch auf dem<br />

Plakat für die Bavarian Open abgebildet waren,<br />

gewannen die Eistanzkonkurrenz überlegen.<br />

Der Rhythmustanz gelang sehr gut, hier erhielten<br />

drei Elemente Level 4 und ihre Bewertung<br />

lag überwiegend bei etwa +2. Das beste Element<br />

war die Hebung. Auch in der Kür unterlief<br />

ihnen kein offensichtlicher Fehler, hier dominierten<br />

Bewertungen von +3 und die Hebungen<br />

erhielten auch einige +4. Die Komponenten lagen<br />

bei 7,7 bzw. 8,0. Marie Duypayage & Thomas<br />

Nabais aus Villars de Lans nahe Grenoble<br />

blieben ebenfalls ohne Patzer, aber sie hatten<br />

schwächere Level im Rhythmustanz und weniger<br />

hohe Bewertungen in beiden Programmen.<br />

Ihre Trainingskameraden Lou Terreaux & <strong>No</strong>e<br />

Perron hatten ein ähnlich gutes Niveau. Lara<br />

Luft & Maximilian Pfisterer boten die bisher<br />

beste Leistung ihrer Karriere und erhielten zehn<br />

Punkte mehr als bei den Deutschen Meisterschaften.<br />

Vor allem ihre Elemente in der Kür<br />

wurden gut bewertet. Victoria Lopusova & Asaf<br />

Kazimov haben ebenfalls erfreuliche Fortschritte<br />

gemacht und können sich sogar über 16<br />

Punkte mehr als in Neuss freuen.<br />

Die Paarlauf-Sieger Irma Caldara & Riccardo<br />

Maglio waren Fünfte der italienischen Meisterschaften.<br />

Im KP gelang ein guter dreifacher<br />

Twist, aber 2A und dreifacher Wurfrittberger<br />

gingen mehr oder weniger daneben.<br />

Beide Elemente klappten in der sturzfreien<br />

Kür, aber sie liefen etwas farblos. Ihre<br />

Landsleute Anna Valesi & Manuel Piazza<br />

hatten im KP Probleme bei drei Elementen.<br />

Die Kür lief trotz einiger Wackler<br />

besser. Das KP hatten Nika Osipova<br />

und Dmitri Epstein aus den Niederlanden<br />

mit sauberem 3S gewonnen,<br />

aber in der Kür unterliefen<br />

ihnen viele Fehler.<br />

Vladimir Samoilov<br />

Foto: Luca Tonegutti<br />

Japanische Juniorinnen<br />

Für viele Junior/innen waren die Bavarian Open<br />

eine Generalprobe für die Junioren-WM Anfang<br />

März in Sofia. Bei den 34 Juniorinnen, die in<br />

zwei altersmäßige Gruppen aufgeteilt waren,<br />

mischte erwartungsgemäß keine Deutsche ganz<br />

vorne mit. Herausragend in Gruppe 2 waren<br />

zwei Japanerinnen. Hana Yoshida riss im KP den<br />

vorgeschriebenen Flip auf, führte aber mit sehr<br />

guter 3L-3T-Kombination und 2A trotzdem. In<br />

der Kür glückten ein erstklassiger dreifacher<br />

Axel und sechs weitere Dreifache, dazu gute<br />

andere Elemente. Rinka Watanabe präsentierte<br />

im KP dieselben Elemente und riss kurioserweise<br />

ebenfalls den Flip auf. In der Kür war ihr 3A-<br />

Versuch unterdreht und gestürzt, aber sieben<br />

Dreifache folgten. Janne Salatzki aus Berlin war<br />

Beste von acht Deutschen in Gruppe 2. Aber 118<br />

Gesamtpunkte mit 3T-2T, 2F und 2A im fehlerlosen<br />

KP sowie ein einziger gelungener Dreifacher<br />

(3T) in der Kür sind noch kein internationales<br />

Niveau.<br />

Paare | Meisterklasse<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Irma Caldara / Riccardo Maglio<br />

Italien 2 1 147.47<br />

2 Anna Valesi / Manuel Piazza<br />

Italien 3 2 141.41<br />

3 Nika Osipova / Dmitry Epstein<br />

Niederlande 1 3 134.37<br />

Nicht angetreten:<br />

– Lachlan Lewer / Campbell Young<br />

Australien – – –<br />

– Nadezhda Labazina / Alexey Sviatchenko<br />

Russland – – –


28<br />

Bavarian Open<br />

chendes Gesamtniveau. Zwar wäre<br />

sie beinahe im KP bei der 3T-3T-<br />

Kombination gestürzt und der Flip<br />

war nur doppelt und erhielt ein !,<br />

aber alles andere gelang gut, auch<br />

ihr Laufstil ist für ihr Alter sehenswert.<br />

In der Kür gelangen drei Dreifache,<br />

aber zwei andere Sprungelemente<br />

nicht. Die hohen Komponenten dank<br />

ihres attraktiven Laufstils halfen ihr<br />

trotzdem zu einer guten Platzierung.<br />

Olesya Ray<br />

Foto: Höppner<br />

Tatsuya Tsuboi<br />

Fotos: Luca Tonegutti<br />

Hana Yoshida<br />

Frauen 1 | Junioren<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Ida Karhunen – Finnland 1 2 159.39<br />

2 Anna Pezzetta – Italien 6 1 150.26<br />

3 Lola Ghozali – Frankreich 2 3 147.55<br />

4 Kanon Smith – Ver. Staaten 4 4 143.51<br />

5 Olesya Ray – Deutschland 3 5 143.01<br />

6 Janna Jyrkinen – Finnland 5 6 132.49<br />

7 Kiia Kurkinen – Finnland 9 8 115.69<br />

8 Flora Marie Schaller – Österreich 13 7 113.60<br />

9 Stefania Yakovleva – Zypern 8 10 112.86<br />

10 Tara Maria Ienciu – Rumänien 14 9 111.84<br />

11 Ina Jungmann – Deutschland 7 12 108.86<br />

12 Jolanda Vos – Niederlande 10 11 107.27<br />

13 Paula Beryak – Deutschland 11 13 1<strong>02</strong>.30<br />

14 Selina Wilhelm – Deutschland 12 15 100.25<br />

15 Kama Schelewski – Deutschland 16 14 95.69<br />

16 Marielen Hirling – Deutschland 15 16 92.29<br />

17 Roos Marijne De Jong – Niederlande 17 17 72.00<br />

Nicht angetreten:<br />

– Giulia Castorini – Belgien – – –<br />

Frauen 2 | Junioren<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Hana Yoshida – Japan 1 1 194.23<br />

2 Rinka Watanabe – Japan 2 2 183.69<br />

3 Lorine Schild – Frankreich 3 3 154.77<br />

4 Dani Loonstra – Niederlande 5 4 137.47<br />

5 Eve Dubecq – Frankreich 6 5 124.66<br />

6 Janne Salatzki – Deutschland 4 6 118.22<br />

7 Hannah Dempfle – Deutschland 7 7 110.50<br />

8 Sirkku Koskenvaara – Finnland 9 12 105.03<br />

9 Elisabeth Jäger – Deutschland 10 8 103.66<br />

10 Lois Libregts – Niederlande 11 10 103.00<br />

11 Eva Balduzzi – Deutschland 12 9 1<strong>02</strong>.94<br />

12 Mai Helske – Finnland 8 13 1<strong>02</strong>.44<br />

13 Leah-Sophie Beck – Deutschland 13 11 99.64<br />

14 Mariella Wallner – Deutschland 15 14 92.42<br />

15 Zoe Trafela – Deutschland 16 15 89.77<br />

16 Jane Knoester – Niederlande 14 16 86.92<br />

17 Carmen Wolf – Deutschland 17 17 83.09<br />

Nicht angetreten:<br />

– Andreea Ramona Voicu – Rumänien – – –<br />

Männer | Junioren<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Tatsuya Tsuboi – Japan 1 1 238.34<br />

2 Matteo Nalbone – Italien 3 2 195.04<br />

3 Francois Pitot – Frankreich 2 4 185.38<br />

4 Corentin Spinar – Frankreich 4 3 184.85<br />

5 <strong>No</strong>ah Bodenstein – Schweiz 5 5 165.86<br />

6 Ian Vauclin – Frankreich 7 6 161.92<br />

7 Hugo Willi Herrmann – Deutschland 6 10 154.52<br />

8 Luca Fünfer – Deutschland 8 8 154.38<br />

9 Arthur Mai – Deutschland 12 7 154.20<br />

10 Mykhailo Rudkovskyi – Ukraine 9 11 151.29<br />

11 Louis Weissert – Deutschland 10 9 149.95<br />

12 Robert Weber – Deutschland 11 12 139.14<br />

13 Linus Mager – Deutschland 15 13 126.94<br />

14 Matias Lindfors – Finnland 13 16 121.84<br />

15 Alexander Vlascenko – Deutschland 14 14 121.28<br />

16 <strong>No</strong>ah Leander Jüßen – Deutschland 16 15 109.55<br />

Nicht angetreten:<br />

– Jegor Martsenko – Estland – – –<br />

– Denis Gurdzhi – Deutschland – – –<br />

– Gabriel Renoldi – Italien – – –<br />

Paare | Junioren<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Brooke McIntosh / Benjamin Mimar<br />

Kanada 1 1 155.07<br />

2 Summer Homick / Marty Haubrich<br />

Kanada 2 2 137.79<br />

3 Barbora Kucianova / Lukas Vochozka<br />

Tschechien 3 3 121.39<br />

4 Alyssa Montan / Filippo Clerici<br />

Italien 4 4 118.33<br />

5 Louise Ehrhard / Matthis Pellegris<br />

Frankreich 5 5 110.86<br />

6 Josefine Lossius / Artem Rotar<br />

Deutschland 6 7 97.45<br />

7 Lachlan Lewer / Campbell Young<br />

Australien 7 6 96.12<br />

Nicht angetreten:<br />

– Anastasiia Kostiuk / Dmitrii Chigirev<br />

Russland – – –<br />

– Margareta Muskova / Oliver Kubacak<br />

Slowakei – – –<br />

Eistanz | Junioren<br />

RT Kür Pkt<br />

1 Angelina Kudryavtseva / Ilia Karankevich<br />

Zypern 1 1 153.17<br />

2 <strong>No</strong>emi Tali / Stefano Frasca<br />

Italien 2 2 143.99<br />

3 Elizabeth Tkachenko / Alexey Kiliakov<br />

Israel 3 3 142.28<br />

4 Giorgia Galimberti / Matteo Libasse Mandelli<br />

Italien 4 4 136.00<br />

5 Anna Simova / Kirill Aksenov<br />

Slowakei 5 6 134.42<br />

6 Louise Bordet / Thomas Gipoulou<br />

Frankreich 8 5 132.19<br />

7 Elliana Peal / Ethan Peal<br />

Ver. Staaten 6 9 131.03<br />

8 Yulia Lebedeva-Bitazde / Dmitri Parkhomenko<br />

Georgien 7 8 130.57<br />

9 Nao Kida / Masaya Morita<br />

Japan 11 7 127.91<br />

10 Karla Maria Karl / Kai Hoferichter<br />

Deutschland 10 10 124.99<br />

11 Lucie Lauria / Antonin Emo<br />

Frankreich 9 12 118.24<br />

12 Anita Straub / Andreas Straub<br />

Österreich 12 11 114.28<br />

13 Eliska Zakova / Filip Mencl<br />

Tschechien 13 13 109.65<br />

14 Hilda Taylor / Urho Reina<br />

Finnland 15 14 83.16<br />

15 Janne Kummer / Erik Kummer<br />

Deutschland 14 15 81.51<br />

– Sofia Val / Nikita Vitranyuk<br />

Spanien – – –<br />

– Daniela Ivanitskiy / David Goldhsteyn<br />

Finnland – – –<br />

– Isabelle Guise / Ethan Alday<br />

Neuseeland – – –<br />

Weblink zu den vollständigen<br />

Ergebnissen:<br />

www.deu-event.de/results/<br />

BO2<strong>02</strong>2/index.htm


Bei den Junioren Männern gewann der Japaner<br />

Tatsuya Tsuboi (19 Jahre, vor drei Jahren 14. der<br />

Junioren-WM) überlegen mit mehr als 40 Punkten<br />

Vorsprung. Sein fehlerfreies KP enthielt 3A,<br />

3L-3T und 3F und er konnte auch stilistisch<br />

überzeugen. Die Kür begann er mit gutem 4S<br />

und ließ zwei 3A und sechs andere Dreifache<br />

folgen. Matteo Nalbone (16) aus Egna glückte<br />

zwar im KP ein 3A und eine 3L-3T-Kombination,<br />

aber dann wackelte er. Die Kür begann er mit<br />

einem knappen 3A und legte mit sechs weiteren<br />

Tripelsprüngen nach. Francois Pitot aus der<br />

Die aus Russland stammenden und in Moskau<br />

trainierenden Zyprioten Angelina Kudryavtseva<br />

& Ilia Karankevich, die im Herbst Siebte und<br />

Dritte bei ihren Junioren Grand Prix geworden<br />

waren, waren das beste Junioren-Eistanzpaar.<br />

Karla Maria Karl & Kai Hoferichter aus Berlin<br />

waren bestes deutsches Tanzpaar. Im Rhythmustanz<br />

waren die Levels gemischt, in der Kür<br />

besser, aber bei einem Zwischenschritt gab es<br />

einen kurzen Sturz. Im Juniorenpaarlauf hatten<br />

die beiden kanadischen Duos Brooke McIntosh<br />

& Benjamin Mimar und Summer Homick &<br />

Marty Haubrich die Nase vorne. Josefine Lossius<br />

& Artem Rotar aus Berlin gingen alle Elemente<br />

an und die Mehrzahl war auch schon relativ gelungen,<br />

aber sie sind noch am Anfang.<br />

Erstklassige Nachwuchs-Mädchen<br />

29<br />

Bavarian Open<br />

Hugo Willi Herrmann<br />

Foto: Höppner<br />

Schule von Florent Amodio konnte im KP einen<br />

sehr guten 3A landen, in der Kür ging dieser<br />

Sprung allerdings zweimal daneben, zwei weitere<br />

später ebenfalls. Außerdem war er viel zu<br />

spät fertig und erhielt nach einer misslungenen<br />

<strong>Pirouette</strong> drei Punkte Abzug wegen Zeitüberschreitung.<br />

Der Schweizer <strong>No</strong>ah Bodenstein, der<br />

in Oberstdorf trainiert, präsentierte im KP fünf<br />

saubere (darunter 3T-3T) und zwei nicht ideale<br />

Elemente. In der Kür waren drei Dreifache einwandfrei,<br />

drei andere nicht.<br />

Der Berliner Hugo Willi Herrmann wurde bester<br />

Deutscher, aber der Oberstdorfer Luca Fünfer<br />

und Arthur Wolfgang Mai aus Berlin lagen ganz<br />

knapp dahinter. Herrmann lief ein fehlerfreies<br />

KP mit 3L-2T und 3F sowie eine Kür mit fünf<br />

Dreifachen, aber zwei 1A statt 2A. Stilistisch<br />

konnte er durchaus überzeugen. Fünfer hatte<br />

dasselbe Sprungrepertoire im KP, riss aber in der<br />

Kür einen Lutz auf und weitere Sprünge waren<br />

unsauber. Sein Tempo ist höher als früher. Mai<br />

landete im KP zwar ebenfalls eine gute 3L-2T-<br />

Kombination, aber der Flip wurde abgewertet<br />

und eine <strong>Pirouette</strong> war nicht einwandfrei. In der<br />

ebenfalls sturzfreien Kür, überwiegend zur gut<br />

interpretierten Musik „Run“ von Ludovico Einaudi,<br />

glückten vier der sechs Dreifachen einwandfrei.<br />

Ohne Zeitüberschreitung wäre er sogar<br />

bester Deutscher geworden und er schaffte<br />

die für ihn gültige DEU-Kadernorm. Nicht überzeugen<br />

konnte diesmal Louis Weissert, der im<br />

Herbst stilistisch besonders gefiel.<br />

Beim Nachwuchs konnte eine Reihe von Mädchen<br />

schon viel mehr glänzen als Jungen im<br />

selben Alter. Das entwickelt sich ähnlich wie in<br />

Russland, nur nicht auf demselben Niveau. Siegerin<br />

mit fast sensationellen 143 Punkten war<br />

in Gruppe 2 die Finnin Petra Lahti, die im KP<br />

bereits 3L-2T und 3F mit Pluspunkten und eine<br />

Kür mit sechs Dreifachen zeigte und auch stilistisch<br />

sehr überzeugte. 23 Punkte dahinter folgte<br />

Julia Grabowski aus Essen auf Rang 2, die im KP<br />

2A, 3T und 3S meisterte und in der fehlerfreien<br />

Kür vier Dreifache und zwei 2A. In Gruppe 1<br />

hatte die Estin Maria Eliise Kaljuvere mit 3L und<br />

3F im KP und fünf Dreifachen in der Kür die<br />

Nase mit 126 Punkten vorne. 122 Zähler holte<br />

die Zweitplatzierte Sophie Erhardt aus Oberstdorf,<br />

ebenfalls ein Supertalent, die das KP mit<br />

3L-2T und 3F gewann und in der Kür dreimal<br />

erfolgreich dreifach drehte, nur der 3F ging daneben.<br />

Ähnliches gelang der Dortmunderin Anna<br />

Gerke mit 3R und 3T im KP und drei gelungenen<br />

und zwei misslungenen Tripelsprüngen in der<br />

Kür (Vierte mit 119 Punkten).<br />

Söner Öztürk<br />

Foto: Höppner<br />

Der Berliner Jungensieger Söner Öztürk (98<br />

Punkte) hatte im KP bei allen drei Sprüngen<br />

Probleme, aber in der Kür schaffte er 3T und<br />

3S, patzte allerdings bei zwei anderen<br />

Anna Gerke<br />

Foto: Höppner<br />

Sprüngen. Der Zweitplatzierte Leon Rojkov (88<br />

Punkte), ebenfalls aus Berlin, ging beim 3T im<br />

KP zu Boden, meisterte allerdings 2F-2T und 2A,<br />

hatte aber in der Kür einige Probleme. Er wird<br />

von Silke Heritz betreut und nicht von Karin<br />

Hendschke, wie das im Januarheft versehentlich<br />

stand. Aber jeder hielt bei den Nachwuchsmeisterschaften<br />

Abstand von jedem und Läufer und<br />

Trainerinnen trugen den ganzen Tag eine Maske,<br />

da kann eine Verwechslung passieren. Im Paarlaufen<br />

besiegten Sofia Krause & Albert Loor aus<br />

Berlin mit 66 Punkten Cara Sophie Lampe & Ilia<br />

Trofymov aus Mannheim (57 Zähler), vor allem,<br />

weil sie stilistisch schon besser waren. Im Eistanzen<br />

konnten die Berliner Alexia Kruk & Jan<br />

Eisenhaber überzeugen und gewannen eine verdiente<br />

Silbermedaille mit 114 Punkten unteri<br />

zehn Teilnehmern. Den Wettbewerb der Intermediate<br />

Tänzer (Neulinge) gewannen Eniko &<br />

Zoad Kobor aus Dortmund. •••<br />

Petra Lahti<br />

Foto: Tonegutti


30<br />

Vier Kontinente Meisterschaft<br />

Gelungene Vier Kontinente<br />

Meisterschaft in Tallinn<br />

Historischer Erfolg für Korea –<br />

Japan und die USA dominieren<br />

Aus Tallinn berichtet Tatjana Flade<br />

Dass eine Vier Kontinente Meisterschaft einmal in Europa<br />

stattfinden würde, hätte man bis vor kurzem nie geglaubt.<br />

Doch nachdem China wegen der Pandemie bereits den dritten<br />

ISU-Wettbewerb nach der Junioren-WM und dem Grand Prix<br />

2<strong>02</strong>1 zurückgab und die ISU zunächst keinen Ersatz-Gastgeber<br />

fand, sprangen die Esten ein und richteten also zwei ISU-Meisterschaften<br />

in Folge aus, ein weiteres <strong>No</strong>vum. Was dieser kleine<br />

Verband mit seinen enthusiastischen Mitarbeiterinnen und<br />

freiwilligen Helfern geleistet hat, verdient großen<br />

Respekt. Am Ende waren alle erschöpft, aber<br />

glücklich. Die Esten bewiesen, dass<br />

man auch ohne „Blase“ eine sichere<br />

Veranstaltung durchführen kann. In<br />

der Woche wurde nur ein positiver Covid-Fall gemeldet. Wie bei<br />

der EM mussten sich alle Akkreditierten täglich testen lassen.<br />

Der Zuschauerzuspruch war geringer als bei der<br />

EM, was nicht überrascht, denn die großen<br />

Stars fehlten wie fast immer in einem Olympiajahr.<br />

Dafür ist der Wettbewerb in so einer Saison<br />

die Chance für Newcomer und für Läufer<br />

und Läuferinnen aus der zweiten Reihe, die sich<br />

bei einer ISU-Meisterschaft beweisen können.<br />

Sie alle betonten mehrfach, wie froh und dankbar<br />

sie waren, dass die „Vier Kontinente“ stattfanden.<br />

Die USA und Japan dominierten wie<br />

meistens, aber Korea trumpfte auf und holte<br />

mit drei Medaillen so viele wie noch nie bei einer<br />

ISU-Meisterschaft. Das winterliche Wetter<br />

sorgte für einige Probleme bei der Anreise. Am<br />

Montag herrschte so starker Sturm über Tallinn,<br />

dass die Lufthansa-Maschine mit vielen Teilnehmern,<br />

die um 17 Uhr landen sollte, abdrehte<br />

und nach einer Zwischenlandung in Stockholm<br />

nach Frankfurt zurückkehrte. Die Passagiere kamen<br />

dann mit dem (ebenfalls verspäteten)<br />

Abendflug erst gegen zwei Uhr morgens an.<br />

Junhwan Cha schreibt Geschichte<br />

Junhwan Cha fiel der <strong>Pirouette</strong> schon 2016 bei<br />

seinem Junioren-WM-Debüt auf. Sechs Jahre<br />

später feierte der Koreaner seinen ersten großen<br />

Titel und schrieb Geschichte, denn er ist der erste<br />

Mann, der für Korea eine ISU-Meisterschaft<br />

gewann. Bisher war dies nur seiner berühmten<br />

Landsfrau Yuna Kim gelungen. Cha trainiert eigentlich<br />

bei Brian Orser in Toronto, aber wegen<br />

der Pandemie war er die vergangenen zwei Jahre<br />

fast nur in der Heimat und musste dort allein<br />

trainieren. Das hat ihm offenbar nicht geschadet<br />

und er hat im Laufe der Saison sein Selbstbe-<br />

wusstsein und seine Leistung kontinuierlich gesteigert.<br />

Im KP mit 4S und 3L-3R erzielte er eine<br />

neue persönliche Bestleistung mit 98,96 Punkten<br />

und landete knapp vor Kazuki Tomono. Der Japaner<br />

hatte zwar erfolgreich zwei Vierfache riskiert,<br />

bekam aber etwas weniger für die Ausführung<br />

seiner Elemente und in den Komponenten,<br />

denn Cha läuft eleganter. In der Kür zu „Turandot“<br />

stürzte der Koreaner beim 4T, riss<br />

sich danach zum (wackligen) 4S zusammen<br />

und stand alle Dreifachen, nur ein Axel war<br />

unterdreht. Das reichte zum Sieg mit rund<br />

fünf Punkten Vorsprung. Tomono ging<br />

ebenfalls bei einem 4T zu Boden. Die anderen<br />

Elemente im Programm zu „La La Land“<br />

waren bis auf einen knappen 4T-2T gut.<br />

Junwhan Cha<br />

»„Als ich hierherkam, dachte ich nicht<br />

«<br />

an Medaillen<br />

oder Platzierungen, sondern es war<br />

für mich ein weiterer Schritt auf dem Weg<br />

zu den Olympischen Spielen. In der Kür war<br />

ich ein wenig über die Fehler bei den ersten<br />

beiden Sprüngen (4T und 4S) enttäuscht,<br />

aber ich habe mich durchgekämpft und bin<br />

insgesamt glücklich damit. Meine Leistung<br />

hier war ein großer Schritt für die Olympischen<br />

Spiele und den Rest der Saison. Ich<br />

habe viele Dinge gelernt, die für mich hilfreich<br />

sein werden, und ich kann mehr<br />

Selbstvertrauen gewinnen.“<br />

Kao Miura ist erst 16 Jahre alt, wirkt aber deutlich<br />

erwachsener. Der Japaner freute sich über<br />

Bronze bei seinem Vier-Kontinente-Debüt. Im KP<br />

Junwhan Cha<br />

Fotos Robin Ritoss


überzeugte er mit zwei Vierfachen, in der Flamenco-Kür<br />

gelangen ihm wiederum 4S-2T und<br />

4T, beim Solo 4S stieg er um. Dabei hatte er sich<br />

am Trainingstag nach dem KP eine Muskelzerrung<br />

geholt. Das nächste Ziel für den witzigen<br />

Miura, der sagte, er sei vor dem KP so nervös<br />

gewesen, dass seine Beine wie bei einem neugeborenen<br />

Bambi zitterten, ist die Junioren-WM.<br />

Bronze für Kao Miura , Silber an Kazuki Tomono<br />

Foto: Tatjana Flade<br />

Der groß gewachsene Sena Miyake ist ein weiterer<br />

talentierter Läufer aus Japan mit 4S im<br />

Repertoire. Allerdings herrschte zwischen den<br />

Elementen einiger Leerlauf. Der Kasache Michail<br />

Shaidorov trainiert bei Alexei Urmanov in Sotchi<br />

und überzeugte mit insgesamt drei 4T, läuft jedoch<br />

nicht sehr mitreißend. Brendan Kerry aus<br />

Australien wollte in Tallinn nicht an den Start<br />

gehen, aber für das Australische Olympische Komitee<br />

war die Meisterschaft Teil der Olympiaqualifikation,<br />

und er musste (genauso wie Kailani<br />

Craine) eine <strong>No</strong>rm erfüllen. Da Kerry in Moskau<br />

trainiert, hatte er wenigstens keine weite<br />

Anreise, aber er ist durch eine Fußverletzung<br />

gehandicapt. „Ich hatte einen Ermüdungsbruch,<br />

und jetzt sagen die Ärzte, dass mein Fuß jeden<br />

Moment brechen kann. Ich muss vorsichtig sein,<br />

habe das Training und die Zahl der Vierfachsprünge<br />

limitiert“, erklärte der Australier. Immerhin<br />

stand er jeweils einen 4T in beiden Programmen<br />

und erzielte das beste Ergebnis seiner<br />

Karriere bei den Vier Kontinenten.<br />

Die Amerikaner schnitten schlecht ab, denn sie<br />

machten alle mehrere Fehler. Tomoki Hiwatashi<br />

hatte die US-Meisterschaft wegen eines positiven<br />

Coronatests verpasst und hatte Trainingsrückstand.<br />

„Jeden Tag habe ich einen Test gemacht,<br />

aber ich war nicht rechtzeitig negativ“,<br />

klagte er. Jimmy Ma war so unbeständig wie<br />

früher und Camden Pulkinen hatte sein Pulver<br />

anscheinend in Nashville verschossen und konnte<br />

nicht an diese guten Leistungen anknüpfen.<br />

„Ich stand ein wenig neben mir, war noch müde<br />

von den US-Meisterschaften,“ kommentierte er.<br />

Zu allem Überfluss saß sein Trainer Damon Allen,<br />

der mit der Israelin Taylor Morris bereits zur<br />

EM angereist war, wegen eines positiven Covid-<br />

Tests im Hotel in Quarantäne und konnte ihn<br />

nur telefonisch betreuen. Pech hatten auch die<br />

Kanadier Corey Circelli und Joseph Phan, die<br />

zwei Tage später als geplant ankamen, nachdem<br />

ein Flug wegen schlechten Wetters in Kanada<br />

gestrichen worden und ein weiterer wegen technischer<br />

Probleme mehrere Stunden verspätet<br />

Männer | Vier Kontinente Meisterschaften ist das ein Tanz zu „Eso Concerto“ und „Clouds.<br />

The Mind on the Re(Wind)“ von Ezio Bosso und<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Junhwan Cha – Südkorea 1 1 273.22 sie interpretierten diese ungewöhnliche Musik<br />

2 Kazuki Tomono – Japan 2 2 268.99 mit innovativer Choreographie. Das war sehr erfrischend<br />

anzusehen und ist ein Programm, das<br />

3 Kao Miura – Japan 3 3 251.07<br />

4 Sena Miyake – Japan 5 4 240.<strong>02</strong><br />

5 Mikhail Shaidorov – Kasachstan 8 5 234.67 mit jedem Mal noch besser gefällt. Der RD zu<br />

6 Brendan Kerry – Australien 4 8 227.57 Liedern von Janet Jackson war ebenfalls originell.<br />

Fehler machten die US-Amerikaner keine,<br />

7 Sihyeong Lee – Südkorea 6 11 223.18<br />

8 Tomoki Hiwatashi – Ver. Staaten 7 10 222.37<br />

9 Joseph Phan – Kanada 10 6 220.85 die Levels waren gut, der Lauffluss ebenfalls.<br />

10 Jimmy Ma – Ver. Staaten 9 9 215.12<br />

11 Corey Circelli – Kanada 11 12 213.<strong>02</strong><br />

12 Camden Pulkinen – Ver. Staaten 14 7 204.39 Caroline Green & Michael Parsons<br />

13 Dias Jirenbayev – Kasachstan 12 13 192.92<br />

14 Jaeseok Kyeong – Südkorea 13 14 187.97 Caroline: „Unser Ziel war es einfach,<br />

15 James Min – Australien 15 15 155.<strong>02</strong><br />

16 Jordan Dodds – Australien 16 16 139.15<br />

Ausgeschieden:<br />

– Harrison Jon-Yen Wong – Hongkong 17 – 43.95»<br />

«<br />

da draußen<br />

einen Moment zu erschaffen und ich<br />

denke, das haben wir getan. Wir sind sehr<br />

froh, dass wir dieses Programm, das für uns<br />

etwas ganz Besonderes ist, mit anderen teilen<br />

konnten. Diese Kür war ein sehr interessanter<br />

Prozess für uns. Wir sind noch nie an<br />

Eistanz | Vier Kontinente Meisterschaften<br />

RT Kür Pkt ein Programm so herangegangen wie an dieses.<br />

Ich denke, es steht für unsere Entwick-<br />

1 Caroline Green / Michael Parsons<br />

Ver. Staaten 1 1 200.59 lung als ein Team und für die Richtung, in die<br />

2 Kana Muramoto / Daisuke Takahashi<br />

wir mit unserer Partnerschaft gehen wollen.“<br />

Japan 2 2 181.91<br />

3 Christina Carreira / Anthony Ponomarenko<br />

Ver. Staaten 3 3 175.67<br />

4 Carolane Soucisse / Shane Firus<br />

Kanada 4 4 172.45<br />

5 Emily Bratti / Ian Somerville<br />

Ver. Staaten 6 5 169.54<br />

6 Marie-Jade Lauriault / Romain Le Gac<br />

Kanada 5 6 166.89<br />

7 Haley Sales / Nikolas Wamsteeker<br />

Kanada 7 7 160.99<br />

8 Holly Harris / Jason Chan<br />

Australien 8 8 157.00<br />

9 Charlotte Lafond-Fournier / Richard Kang In Kam<br />

Neuseeland 9 9 141.11<br />

10 India Nette / Eron Westwood<br />

Australien 10 10 113.15<br />

war. Phans Koffer ging kaputt (wenigstens waren<br />

seine Sachen noch da) und als die zwei endlich<br />

im Hotel waren, blieben sie im Aufzug stecken.<br />

Green/Parsons überlegen<br />

Caroline Green und Michael Parsons laufen erst<br />

in ihrer dritten Saison zusammen, aber sie haben<br />

bereits auf sich aufmerksam gemacht. Beide<br />

tanzten früher mit ihren Geschwistern beim<br />

selben Trainerteam um Alexei Kiliakov und<br />

fanden zusammen, als die Schwester<br />

bzw. der Bruder die Schlittschuhe<br />

an den Nagel hängten.<br />

Bei der US-Meisterschaft<br />

blieben sie nur<br />

knapp hinter den<br />

etablierteren Kaitlin<br />

Hawayek/Jean-Luc<br />

Baker (manche Beobachter<br />

sahen sie<br />

auf Platz drei und im<br />

Olympiateam), und in<br />

Tallinn bewiesen sie,<br />

dass mit ihnen zu<br />

rechnen sein wird.<br />

Green/Parsons<br />

fielen insbesondere<br />

mit ihren avantgardistischen,<br />

am<br />

Modern Dance<br />

orientierten<br />

Programmen<br />

auf. In der Kür<br />

Caroline Green &<br />

Michael Parsons<br />

31<br />

Vier Kontinente Meisterschaft


32<br />

Vier Kontinente Meisterschaften<br />

Erfolg für Muramoto/Takahashi<br />

Kana Muramoto/Daisuke Takahashi schrieben<br />

wie Cha die Eislaufgeschichte fort. Zum einen<br />

erzielten sie mit Silber das bisher beste Ergebnis<br />

bei einer ISU Meisterschaft für ein japanisches<br />

(und asiatisches) Tanzpaar. Zum anderen ist Takahashi<br />

der erste Eiskunstläufer, der sowohl im<br />

Einzel als auch im Eistanz eine Medaille bei<br />

Meisterschaften gewinnen konnte. Plus mit 35<br />

Jahren ist er auch noch einer der ältesten (wenn<br />

nicht der älteste). Es lief jedoch nicht alles<br />

glatt. Im RD stürzte Muramoto bei einem Zwischenschritt<br />

gleich am Anfang während Takahashi<br />

beim Twizzle wackelte. Aber das ungewöhnliche<br />

Programm zu einem Mix aus traditio<br />

neller japanischer Musik und Hip Hop-Klängen<br />

kam dennoch sehr gut an und es gab immerhin<br />

Level vier für den Midnight Blues, die<br />

Hebung und Muramotos Twizzles. In der Kür „La<br />

Bayadère“ demonstrierten die Japaner viel Eleganz.<br />

Ein wenig fehlte es an Tempo, aber das<br />

kaschierte die Choreographie geschickt. In jedem<br />

Fall ist es eine tolle Leistung, was Muramoto<br />

und der Einzel-Weltmeister von 2010 in<br />

zwei Jahren erreicht haben - und dies auch<br />

noch unter erschwerten Bedingungen, denn wegen<br />

der Pandemie konnten sie monatelang nicht<br />

mit Marina Zueva trainieren, sondern waren auf<br />

Fernunterricht und selbständiges Training angewiesen.<br />

Für die WM setzt sich das Duo das ehrgeizige<br />

Ziel, unter die Top Ten zu kommen.<br />

Team Japan feuert an, Fotos: Flade<br />

Kana Muramoto & Daisuke Takahashi<br />

»<br />

Muramoto: „Es ist etwas ganz Besonderes,<br />

mit Daisuke hier zu sein und ihn als Eistänzer<br />

zu sehen. Für uns ist das erst der Anfang.<br />

Unser Team in Florida – Marina (Zueva) und<br />

alle anderen Trainer haben uns darauf vorbereitet,<br />

dass wir unser Bestes geben können.<br />

Wir wollen (für die WM) an unserem Selbstvertrauen<br />

arbeiten und mit den Besten der<br />

Welt mithalten können. Wir haben noch so<br />

viel Potenzial. Daisuke hat in zwei Saisons<br />

unglaublich viel erreicht.”<br />

Kana Muramoto & Daisuke Takahashi<br />

Takahashi: „Für mich ist das erst die zweite<br />

Saison (als Eistänzer) und ich fühle mich geehrt,<br />

zu dieser Meisterschaft geschickt zu<br />

werden. Wegen Covid hatten wir kaum<br />

Wettbewerbe und so war dies eine<br />

«<br />

kostbare<br />

Gelegenheit, uns mit internationalen Paaren<br />

zu messen. Wir haben Fehler gemacht. Wir<br />

konzentrieren uns jetzt auf die WM und danach<br />

müssen wir uns die Zeit nehmen und<br />

überlegen, was wir machen wollen. Wenn<br />

wir weiterlaufen wollen, ist das eine Verpflichtung<br />

und wir müssen sicher sein, dass<br />

wir die gleichen Ziele haben.“<br />

Bronze ging an Christina Carreira/Anthony Ponomarenko,<br />

die in den vergangenen zwei, drei<br />

Jahren in ihrer Entwicklung stagnierten und bei<br />

der US-Meisterschaft gar nur Siebte waren. Da<br />

die Kanadierin Carreira noch keinen amerikanischen<br />

Pass hat, waren die Olympischen Spiele<br />

keine Option, aber dennoch war die Platzierung<br />

hinter neueren Paaren wie Green/Parsons und<br />

Emily Bratti/Ian Somerville eine Enttäuschung.<br />

In Tallinn konnten der Sohn der Olympiasieger<br />

Marina Klimova/Sergei Ponomarenko und seine<br />

Partnerin mit soliden Leistungen überzeugen,<br />

aber die Level waren nicht optimal.<br />

In einer ähnlichen Lage befinden sich Carolane<br />

Soucisse/Shane Firus, die vor vier Jahren Silber<br />

bei der Vier-Kontinente-Meisterschaft gewannen<br />

und seitdem nicht richtig vorankamen und<br />

in Kanada von anderen Paaren überholt wurden.<br />

Sie konnten in Tallinn saubere Programme abliefern,<br />

es fehlt aber das gewisse Etwas. Bratti/<br />

Somerville laufen in ihrer ersten Saison zusammen<br />

und haben rasche Fortschritte gemacht. Sie<br />

gefallen mit flottem Laufstil, in der Kür unter<br />

anderem zu „Seven Nation Army“. Mit ihnen arbeiten<br />

unter anderem Tanith (Belbin) und Charlie<br />

White. Das kanadisch-französische Ehepaar<br />

Marie-Jade Lauriault/Romain Le Gac hat sich<br />

dafür entschieden, für Kanada zu starten, weil<br />

sie dort seit sieben Jahren leben. Bis auf einen<br />

Sturz von ihr bei den Twizzles in der Kür kamen<br />

sie gut durch.<br />

Mai Mihara und Yuna Kims Erbinnen<br />

Die zauberhafte Mai Mihara schwebt wie eine<br />

kleine Fee über das Eis und ist der Liebling vieler<br />

Fans, die mit ihr um die Olympiaqualifikation<br />

gezittert haben. Doch die verpasste die zierliche<br />

Japanerin knapp. Bei ihrem „Hauswettbewerb“<br />

Vier-Kontinente trumpfte sie mit zwei fehlerlosen<br />

Programmen mit allen üblichen Dreifachen<br />

auf und gewann ihren zweiten Titel und ihre<br />

»<br />

vierte Medaille insgesamt.<br />

Mai Mihara<br />

„Ich war so nervös vor meiner Kür,<br />

«<br />

dass mir<br />

schon vorher die Tränen in die Augen stiegen<br />

und ich fragte mich, was ich tun soll. Dann<br />

sagte ich mir ‚ich habe keine Wahl, ich muss<br />

jetzt da raus und das machen‘. Ich war erst<br />

Erste, dann Zweite und Dritte (bei den Vier-<br />

Kontinenten) und ich wollte diesmal nicht<br />

Vierte werden, sondern setzte mir den ersten<br />

Platz auf dem Podium als Ziel. Jetzt ist das<br />

meine beste und glücklichste Medaille. Ich<br />

denke, ich habe meine Bitterkeit von der nationalen<br />

Meisterschaft damit überwunden.“<br />

Korea ist im Aufwind, das hat die <strong>Pirouette</strong><br />

schon vor zwei Jahren beschrieben. Haein Lee<br />

und Yelim Kim gehören wie Young You zu der<br />

Generation talentierter Läuferinnen, die dank<br />

der Erfolge von Olympiasiegerin Yuna Kim zum<br />

Frauen | Vier Kontinente Meisterschaften<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Mai Mihara – Japan 1 1 218.03<br />

2 Haein Lee – Südkorea 2 2 213.52<br />

3 Yelim Kim – Südkorea 3 4 209.91<br />

4 Audrey Shin – Ver. Staaten 5 5 203.86<br />

5 Rino Matsuike – Japan 8 3 2<strong>02</strong>.21<br />

6 Young You – Südkorea 4 7 198.56<br />

7 Yuhana Yokoi – Japan 12 6 185.34<br />

8 Gabriella Izzo – Ver. Staaten 7 8 180.06<br />

9 Starr Andrews – Ver. Staaten 6 12 173.01<br />

10 Gabrielle Daleman – Kanada 9 9 172.98<br />

11 Alison Schumacher – Kanada 11 10 168.42<br />

12 Kailani Craine – Australien 10 11 164.<strong>02</strong><br />

13 Veronik Mallet – Kanada 13 13 151.87<br />

14 Jocelyn Hong – Neuseeland 18 14 145.62<br />

15 Tzu-Han Ting – Taiwan 17 15 145.57<br />

16 Sofia Lexi Jacqueline Frank – Philipp. 14 17 139.26<br />

17 Victoria Alcantara – Australien 16 16 138.26<br />

18 Andrea Montesinos Cantu – Mexiko 19 18 133.03<br />

19 Eugenia Garza – Mexiko 15 20 128.73<br />

20 Tara Prasad – Indien 20 19 127.93


33<br />

Mai Mihara<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

stürzte sie. Vor ihr landeten daher Audrey Shin<br />

und Rino Matsuike, die zwei starke Küren mit<br />

jeweils sieben Dreifachsprüngen ablieferten. Die<br />

Kanadierin Gabrielle Daleman, WM-Dritte von<br />

2017 und Team-Olympiasiegerin von 2018, ist<br />

trotz einer endlos erscheinenden Kette von Verletzungen<br />

und Krankheiten noch dabei. Sie<br />

kämpfte allerdings mit einigen Sprüngen, auch<br />

ihre Paradekombi 3T-3T klappte nicht.<br />

Kleiner Paarlaufwettbewerb<br />

Der Paarlaufwettbewerb war sehr klein, da nur<br />

sechs nordamerikanische Teams am Start waren.<br />

Die Japaner und Chinesen waren wegen der<br />

Olympischen Spiele nicht gekommen und die<br />

<strong>No</strong>rdkoreaner sind von der Bildfläche verschwunden.<br />

Die Australier fehlten aus unbekanntem<br />

Grund und die übrigen Vier-Kontinente-Länder<br />

haben gar keine Paare. Die Favoriten<br />

Audrey Lu/Misha Mitrofanov setzten sich verdient<br />

durch, bis auf einen Sturz von Lu beim 3T<br />

in der Kür erlaubten sie sich keinen Fehler. Bei<br />

der US-Meisterschaft waren sie nicht in Topform,<br />

nachdem er ihr kurz zuvor bei der Todesspirale<br />

mit der Schlittschuhkufe die Wange aufgeschlitzt<br />

hatte und sie einigen Trainingsausfall<br />

hatten, aber nun waren sie wieder fit. Emily<br />

Chan, vor nicht so langer Zeit noch Einzelläuferin,<br />

und Spencer Akira Howe, die mit den Siegern<br />

bei Boston trainieren, zeigten ebenfalls solide<br />

Leistungen und gewannen Silber trotz eines<br />

schmerzhaft aussehenden Sturzes von Chan<br />

beim Wurfrittberger in der Kür. Evelyn Walsh/<br />

Trennt Michaud überzeugten im KP, aber in der<br />

Paare | Vier Kontinente Meisterschaften<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Audrey Lu / Misha Mitrofanov<br />

Ver. Staaten 1 1 189.10<br />

2 Emily Chan / Spencer Akira Howe<br />

Ver. Staaten 3 2 180.94<br />

3 Evelyn Walsh / Trennt Michaud<br />

Kanada 2 3 179.70<br />

4 Deanna Stellato-Dudek / Maxime Deschamps<br />

Kanada 5 4 172.71<br />

5 Katie Mcbeath / Nathan Bartholomay<br />

Ver. Staaten 4 5 168.18<br />

6 Lori-Ann Matte / Thierry Ferland<br />

Kanada 6 6 163.60<br />

Kür machten sie mehrere Fehler und verpatzten<br />

die letzte Hebung, so dass sie auf den dritten<br />

Rang zurückfielen. Letztendlich gaben sie damit<br />

dem kanadischen Verband recht, der sie trotz<br />

guter Leistung bei der nationalen Meisterschaft<br />

nicht für Peking nominierte, sondern Vanessa<br />

James/Eric Radford vorzog.<br />

Deanna Stellato-Dudek/Maxime Deschamps<br />

hatten Probleme bei den Einzelsprüngen. Ihnen<br />

fehlten wegen Deschamps‘ Corona-Erkrankung<br />

vor der Kanadische Meisterschaft Trainingskilometer.<br />

Stellato-Dudek beweist, dass man auch<br />

mit 38 Jahren noch auf einem hohen Niveau<br />

laufen kann. Die Amerikanerin und ihr kanadischer<br />

Partner hoffen auf eine Olympiateilnahme<br />

in vier Jahren. „Ich bin wahrscheinlich in besserer<br />

Form als je zuvor und wir können genauso<br />

viel trainieren wie Zehnjährige in<br />

unserer Eishalle. Ich passe gut<br />

auf mich und meinen Körper<br />

auf, um das möglich zu machen“,<br />

sagte Stellato-Dudek.<br />

Katie McBeath ist auf Vorschlag<br />

des US-Verbandes<br />

erst mit Mitte 20<br />

zum Paarlauf gewechselt<br />

und hinterließ<br />

zusammen<br />

mit Nathan<br />

Bartholomay einen<br />

ordentlichen<br />

Eindruck. •••<br />

Vier Kontinente Meisterschaften<br />

Haein Lee<br />

Eiskunstlauf kamen. Lee und Kim beeindruckten<br />

mit sehr guten Leistungen. Von Lee sieht man<br />

im Training einen 3A, aber im Wettbewerb riskierte<br />

sie ihn noch nicht. Ihr nächstes Ziel ist<br />

nun die Junioren-WM. You, die mit Kim nach<br />

Peking fährt, scheiterte am 3A in beiden Programmen<br />

– im KP war er einfach, in der Kür<br />

Audrey Lu & Misha Mitrofanov


34<br />

Bruno Grauel<br />

Eislaufgeschichte<br />

Eislaufgeschichte:<br />

Ein Multigenie<br />

auf dem Eis:<br />

Bruno Grauel<br />

Zu den außergewöhnlichsten Persönlichkeiten der Deutschen Eiskunstlaufgeschichte<br />

gehört Bruno Grauel. Dieser vereinte als Deutscher Meister im Paarlaufen,<br />

Europameister im Eishockey, Vorstandsmitglied im Ehrenamt, erfolgreicher<br />

Unternehmer und Erfinder mit zahlreichen Patenten gleich mehrere Laufbahnen in<br />

einer Person. Trotz seiner Einzigartigkeit ist Grauel heute völlig in Vergessenheit<br />

geraten. Seine Eiskunstlaufkarriere ist selbst in Fachkreisen nahezu unbekannt.<br />

Karl Gerhard Bruno Grauel wurde am 1. <strong>No</strong>vember<br />

1884 als vierter Sohn von Hermann Grauel<br />

(1844-1924) und Anna Thusius (1854-1888) in<br />

Berlin geboren. Er verlor seine Mutter, als er gerade<br />

4 Jahre alt war. Die Familie lebte im Hofgebäude<br />

der Spenerstraße 23. Sein Vater besaß<br />

eine Maschinenfabrik, anfangs in der Paulstraße<br />

12, die um 1900 in die Brückenallee 21, ebenfalls<br />

in Berliner Stadtteil Moabit, umzog. Hermann<br />

Grauel verfügte über enormen Erfindergeist<br />

und meldete zahlreiche Patente an. Dieser<br />

wirtschaftliche und innovative familiäre Hintergrund<br />

bildete die Basis für seine außergewöhnliche<br />

Karriere.<br />

Duale Sportkarriere im Eishockey<br />

und Eiskunstlaufen<br />

Bruno Grauels Name taucht erstmals im Jahre<br />

1908 in der Sportpresse auf. Er gehörte der ersten<br />

Eishockeymannschaft des Berliner Schlittschuh-Clubs<br />

(BSchC) an, die nach Eröffnung des<br />

Eispalastes in der Lutherstraße gebildet wurde.<br />

Diese praktizierte die in Kanada entwickelte<br />

Spielart mit Puck, die das in Europa praktizierte<br />

Bandy ablöste. Nach seinen eigenen Angaben erlernte<br />

er das Eislaufen in Kanada, wo er einen<br />

Großteil seiner Jugend verbracht haben soll. Allerdings<br />

fehlen entsprechende Nachweise in Melderegistern<br />

oder Passagierlisten. Mit dem BSchC<br />

nahm er an den ersten Eishockey-EM 1910 in Les<br />

Avants (Schweiz) teil. Die Mannschaft errang den<br />

2. Platz. Zudem wurde er mit dem BSchC 1910<br />

Berliner Meister. Grauel war aber auch ein erfolgreicher<br />

Eiskunstläufer. So siegte er mit Alice<br />

Rolle in der Walzerkonkurrenz, die als Rahmenwettbewerb<br />

der „ISU-Meisterschaften für Damen<br />

und Paare“ am 4. <strong>Februar</strong> 1910 im Berliner Eispalast<br />

in der Lutherstraße ausgetragen wurde. Als<br />

Inventar-Verwalter übte er zudem eine ehrenamtliche<br />

Funktion im Vorstand des BSchC aus.<br />

Die Saison 1910/11 begannen Alice Rolle / Bruno<br />

Grauel vielversprechend mit einem Sieg im<br />

Paarlaufen beim Bezirksmeeting des BSchC am<br />

3.Dezember 1910. Ende Dezember gab das aufstrebende<br />

Paar sogar ein Schaulaufen im Eispalast<br />

von Brüssel. Beide Sportarten parallel zu<br />

betreiben, entwickelte sich mit zunehmender<br />

Professionalität zu einem Problem. So traten<br />

N. Hoffmann und Bruno Grauel bei<br />

der Davoser Sportwoche 1919<br />

Quelle: Berliner Illustrirte Zeitung<br />

Rolle / Grauel im Paarlaufen beim Sportfest des<br />

BSchC am 3. Januar 1911 nicht an, weil Grauel<br />

nach dem Spiel gegen die Oxford Canadiens zu<br />

mitgenommen war. Den größten Erfolg seiner<br />

Eiskunstlauf-Karriere erzielt er mit zwei Medaillengewinnen<br />

bei den Deutschen Meisterschaften<br />

am 2. <strong>Februar</strong> 1911 in Berlin. Mit Alice Rolle<br />

wurde er Deutscher Paarlaufmeister vor Else<br />

und Heinrich Weber. In der inoffiziellen Walzerkonkurrenz<br />

siegte das Ehepaar Weber vor Rolle /<br />

Grauel. In Letzteren sahen die Verbandsfunktionäre<br />

bereits das künftige Meisterpaar, das<br />

Deutschland international vertreten soll. Dieses<br />

wurde dringend gesucht, weil die aktuellen<br />

Weltmeister und bislang binational startenden<br />

Ludowika Eilers / Walter Jakobsson nach ihrer<br />

Heirat ab 1912 ausschließlich für Finnland liefen.<br />

„Um diese Stufe zu erreichen, hätte Herr<br />

Grauel dem Hockey auf dem Eise, das er noch<br />

leidenschaftlicher betreibt, Valet sagen müssen“<br />

(Lebewohl), kommentierte das Neue Wiener<br />

Tagblatt treffend.<br />

Erfolge im Eishockey und<br />

Berufsleben<br />

Die Hoffnung der Funktionäre, dass sich Grauel<br />

auf das Paarlaufen konzentrieren und das Eishockey<br />

aufgeben möge, erfüllte sich nicht. Die<br />

Entscheidung fiel bei der Internationalen Eissportwoche<br />

des BSchC vom 15. bis 17. <strong>Februar</strong><br />

1911. Diese enthielt neben der Eiskunstlauf-WM<br />

der Herren zahlreiche Rahmenwettbewerbe sowie<br />

die Eishockey-EM. Er plante einen Doppelstart<br />

im Eishockey und mit Alice Rolle im „Internationalen<br />

Junioren-Paarlaufen“. Das Paar<br />

zog jedoch seine Meldung zurück. Im Eishockey<br />

gewann er mit der deutschen Mannschaft den<br />

2. Platz. Danach scheint er sich vom Eiskunstlaufen<br />

zurückgezogen zu haben. Sein Name<br />

fehlt in den nachfolgenden Wettkampfberichten.<br />

Alice Rolle setzte ihre Karriere in der Saison<br />

1911/12 mit Walter Hennig fort.<br />

Grauel feierte im Eishockey große Erfolge. Mit<br />

dem BSchC wurde er 1912 erster Deutscher<br />

Meister. Mit der deutschen Nationalmannschaft<br />

errang er bei den EM 1913 den 3. und bei den<br />

EM 1914 den 2. Platz. Seinen größten Erfolg im<br />

Eishockey stellte der Sieg der deutschen Mannschaft<br />

beim Turnier der Ligue International de<br />

Hockey sur Glace - dem Vorreiter von WM - dar,


35<br />

Eislaufgeschichte<br />

Bruno Grauel<br />

Mannschaft des Berliner Schlittschuh-Clubs beim internationalen Eishockey-Turnier in Chamonix 1911. Bruno Grauel ist der Fünfte von links bzw rechts. Quelle: Sport im Bild<br />

das vom 22. bis 24. Januar 1913 in St. Moritz<br />

ausgetragen wurde. Diese sportlichen Erfolge<br />

sind in Anbetracht seiner beruflichen Karriere<br />

noch bemerkenswerter. Hermann Grauel überschrieb<br />

seinem Sohn Bruno im Jahr 1908 die<br />

Fabrikation. Neben dem Management trat Bruno<br />

Grauel auch als Erfinder in die Fußstapfen<br />

seines Vaters. 1911 ließ er ein Verfahren zur<br />

Herstellung haltbarer Aufdrucke auf Glas patentieren.<br />

1912 erfand er einen Flaschenverschluss<br />

gegen betrügerisches Wiederfüllen und 1920 einen<br />

Füllbleistift.<br />

Re-Start im Eiskunstlaufen<br />

Bruno Grauel mit Autogramm<br />

Quelle: www.hockeyarchives.info<br />

Überraschend taucht der Name Bruno Grauel in<br />

der Saison 1917/18 wieder in den Ergebnislisten<br />

auf. Am 13. Januar 1918 war er mit Margarete<br />

Klebe im Paarlaufen beim Bezirkskunstlaufen<br />

des BSchC auf der Westeisbahn gemeldet. Bei<br />

den Deutschen Meisterschaften am 10. <strong>Februar</strong><br />

1918 in Oppeln (Opole) errang das neu zusammengestellte<br />

Paar hinter Else Passauer / Oskar<br />

Hoppe und Margarete Winter / Hellmuth Jüngling<br />

den 3. Platz in der inoffiziell ausgetragenen<br />

Paarlaufkonkurrenz. Offiziell umfassten die<br />

Deutschen Meisterschaften in der Kriegszeit bis<br />

1919 nur „Damenlaufen“. Dazu wurden noch<br />

„Verbandslaufen für Junioren“ und für „Damen-<br />

Paare“ ausgeschrieben. Ebenfalls einen 3. Platz<br />

erliefen Klebe / Grauel in der am 2. März 1918<br />

im Berliner Admiralspalast ausgetragenen Paarlaufkonkurrenz<br />

des Deutsch-Österreichischen<br />

Eissportfests hinter Thea Frenssen / Seybold und<br />

Margarete Winter / Hellmuth Jüngling. Nachdem<br />

Margarete Klebe zu Paul Metzner, dem aus<br />

dem Krieg zurückgekehrten Deutschen Meister<br />

von 1914, wechselte, fand Bruno Grauel mit N.<br />

Hoffmann (voller Vorname unbekannt) eine<br />

neue Partnerin auf dem Eis. Das neu zusammengestellte<br />

Duo begann vielversprechend mit<br />

zwei Siegen beim „Internationalen Paarlaufen“<br />

der Davoser Sportwoche am 2. <strong>Februar</strong> 1919<br />

und nachfolgend in St. Moritz. Am 18. Oktober<br />

1919 heiratete Bruno Grauel in Malberg (Freiburg)<br />

Anna Bertha Engel (1895-1961). Sie<br />

wohnten gediegen in einer Villa im Berliner<br />

Stadtteil Nikolassee in der Prinz-Friedrich-Leopoldstraße<br />

23. 1921 wurde ihre Tochter Gisela<br />

und 1923 ihr Sohn Werner geboren.<br />

In der Saison 1919/20 widmete sich Bruno<br />

Grauel wieder verstärkt dem Eishockey und<br />

wurde mit dem BSchC zum zweiten Mal Deutscher<br />

Meister. Seine Auftritte im Eiskunstlaufen<br />

blieben deshalb selten. Einzig dokumentiert ist<br />

die Teilnahme von Hoffmann / Grauel an der<br />

Walzerkonkurrenz beim „Internationalen Eislaufen“<br />

am 23. Januar 1921 im Berliner Admiralspalast,<br />

bei dem sie hinter Margarete Klebe /<br />

Paul Metzner und Lisl Meixner / Oskar Hoppe<br />

(Troppau) den 3. Platz erreichten. In der darauffolgenden<br />

Saison betrieb Grauel Paarlaufen mit<br />

größerer Ernsthaftigkeit. Bei den Deutschen<br />

Meisterschaften vom 21. bis 22. Januar 1922 in<br />

Riessersee erliefen Hoffmann / Grauel den dritten<br />

Platz. Diese bedeutete seine zweite Podestplatzierung<br />

in einer offiziellen deutschen Meisterschaftsdisziplin<br />

und die mögliche WM-Qualifikation.<br />

Bei den anschließenden sogenannten<br />

„Deutschen Kampfspielen“, die vom 24. bis 25.<br />

Januar 1922 am gleichen Ort ausgetragen wurden,<br />

erwischten Hoffmann / Grauel aber keinen<br />

guten Tag und erreichten bei sieben teilnehmenden<br />

Paaren nur den 6. Platz, womit sie sich<br />

nicht für einen WM-Start empfahlen. Dies<br />

scheint das Ende für das Paar gewesen zu sein.<br />

Während sich Grauel in der Saison 1922/23<br />

wieder dem Eishockey zuwandte und mit dem<br />

BSchC den dritten und letzten nationalen Meistertitel<br />

seiner Karriere gewann, wechselte N.<br />

Hoffmann zu Rudolf Eilers.<br />

Comeback mit Else Flebbe als vierten<br />

Partnerin<br />

Nach drei Jahren eissportlichen Ruhestands feierte<br />

Bruno Grauel 1926 im fortgeschrittenen Alter<br />

von 42 Jahren ein erstaunliches Comeback.<br />

Seine neue Partnerin war Else Flebbe, die deutsche<br />

Paarlaufmeisterin von 1924 und spätere<br />

Olympiateilnehmerin 1928. Im Rahmen der WM-<br />

Woche der Herren und Paare im Sportpalast Berlin<br />

wurden neben den WM-Disziplinen auch ein<br />

Internationales und ein Nationales Paarlaufen<br />

sowie eine Walzerkonkurrenz ausgetragen. Im<br />

Internationalen Paarlaufen erliefen Flebbe /<br />

Grauel hinter den WM-Sechsten Ethel Muckelt /<br />

John Page (Großbritannien) und vor den WM-<br />

Siebten Else und Oskar Hoppe (Deutschland) den<br />

2. Platz, womit man ihr internationales Ranking<br />

einschätzen kann. Im Nationalen Paarlaufen<br />

siegten Flebbe / Grauel vor Voges / Georg Hallama<br />

und Nelke / Kramer (beide Breslauer EV).<br />

Muckelt / Page gewannen auch die Walzerkonkurrenz<br />

vor Flebbe / Grauel und Olga Schiefferlers<br />

/ Robert von Zeebroeck (Belgien). Mit diesen<br />

drei Medaillengewinnen schloss Grauel seine<br />

einzigartige eissportliche Laufbahn erfolgreich<br />

ab und zog sich ins Wirtschaftsleben zurück.<br />

Seine Firma „B. Grauel & Co. KG“ entwickelte<br />

unter anderem Mehrfarben-Flachdruckmaschinen<br />

zum Bedrucken von Kunststoffverpackungen.<br />

Bruno Grauel verstarb am 6. Juli 1937 im<br />

Alter von nur 52 Jahren in Berlin. Das Unternehmen<br />

wurde von seiner Frau Berta als Inhaberin<br />

sowie bis 1951 von seinem Bruder Hermann als<br />

kaufmännischem Leiter weitergeführt. Nach dessen<br />

Tod übernahm Brunos Sohn Werner die Geschäfte.<br />

1994 folgte die Umfirmierung in die bis<br />

heute bestehenden B. Grauel GmbH. So hat der<br />

Name Bruno Grauel noch immer im Berliner<br />

Wirtschaftsleben Bestand. Mit diesem Artikel<br />

sollen aber auch die eissportlichen Pionierleistungen<br />

des Ausnahmeathleten präsent bleiben.<br />

<br />

Dr. Matthias Hampe


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