Trail Kalender 2022
Alle Termine auf einen Blick - Trailrunning, Berglauf, Crosslauf, Trail Camps
Alle Termine auf einen Blick - Trailrunning, Berglauf, Crosslauf, Trail Camps
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wunder-Schuhe mit carbon?<br />
Die Ständige Impfkommission (STIKO) wägt Vorteile<br />
und Risiken von Impfstoffen gegeneinander ab.<br />
Würde sie dies auch für technische Innovationen in<br />
Laufschuhen wie beispielsweise Carbonplatten tun,<br />
stünden einige Modelle vielleicht nicht in den Regalen<br />
der Fachhändler.<br />
Die Olympischen Spiele in Tokio 2021 waren nicht nur<br />
ein Aufgebot an Top-Athleten, die Unglaubliches leisteten.<br />
Es war auch ein unglaubliches Aufgebot an Technik.<br />
Nachdem Karsten Warholm bei seinem 400-Meter-Hürdenlauf<br />
mit 45,94 Sekunden die 46-Sekunden-Schallmauer<br />
durchbrochen hatte und den bisherigen Weltrekord<br />
gleich mit 76 Hundertstel pulverisierte, sagte<br />
er zur Freude seines Ausstatters Puma in die Mikrofone<br />
der versammelten Weltpresse: „Der Schuh hilft mir,<br />
länger Energie zu haben.“<br />
„Das Geheimnis der Rekordflut von Tokio“, titelte danach<br />
die „Welt“. Und im “Kölner Express” war zu lesen:<br />
„Leichtathletik-Weltrekorde dank Wunder-Schuh?“ Die<br />
„Energie“, von der Warholm spricht, kommt von einer<br />
dünnen Platte aus Carbon, die sich leicht gebogen durch<br />
die gesamte Mittelsohle zieht. Schon 2017 präsentierte<br />
Nike mit dem “Vaporfly 4%” einen neuartigen Laufschuh<br />
mit Carbonplatte, der den ersten Marathonlauf<br />
in weniger als zwei Stunden möglich machen sollte. Nur<br />
zwei Jahre später wurden 86 Prozent der Podiumsplätze<br />
bei den sechs World Marathon Majors von Läufern<br />
erobert, die einen Nike Vaporfly mit Carbonplatten in<br />
der Mittelsohle trugen.<br />
Das Gesetz der Hebelwirkung auf Laufschuhe<br />
adaptiert<br />
Tatsächlich steckt hinter der Idee von Nikes Chef-Entwickler<br />
Matt Nurse, eine Carbonplatte in einem Laufschuh<br />
zu verbauen und den Läufern damit zu neuen<br />
Bestzeiten zu verhelfen, reine Physik. Im Kern geht<br />
es darum, in der Antriebsphase möglichst wenig mechanische<br />
Energie zu verschwenden. Zuvor hatte einer<br />
der anerkanntesten Biomechaniker weltweit, Benno<br />
M. Nigg, zusammen mit weiteren Kollegen in einer<br />
Studie nachgewiesen, dass von den Mittelfußknochen<br />
in der Antriebsphase wesentlich mehr Energie absorbiert<br />
als produziert wird. Andere Gelenke wie Fußgelenk,<br />
Knie oder Hüfte generieren hingegen mehr Energie<br />
als sie verbrauchen.<br />
Hier anzusetzen, um die Performance der Läufer zu verbessern,<br />
macht absolut Sinn. Die steife Carbonplatte im<br />
Schuh verlängert in der Antriebsphase den Hebel, verhindert,<br />
dass sich die Zehen nach oben biegen (Dorsiflexion)<br />
und vermeidet damit unnötigen Energieverlust.<br />
Das Problem ist nur: Jeder Läufer ist anders. Die beiden<br />
Kinesiologen Darren Stefanyshyn und Ciro Fusco kamen<br />
in einer Studie zu dem Schluss, dass eigentlich jeder Läufer<br />
abhängig von Gewicht, Größe und Kraft ein anderes<br />
Maß an Versteifung benötigt, um persönliche Bestzeiten<br />
zu erreichen. Bei manchen Läufern hatten die Carbonplatten<br />
sogar komplett negative Auswirkungen.<br />
Nur 1 Prozent der Läufer müssen 4 Prozent<br />
schneller laufen<br />
Fast noch wichtiger ist aber: 99 Prozent der Läufer sind<br />
überhaupt keine Profiläufer. Sie laufen in ihrer Freizeit,<br />
um sich und ihrem Körper etwas Gutes zu tun -<br />
und nicht, um eine persönliche Bestzeit nach der an-<br />
68