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Magazin Souffleur Ausgabe 01/2021

"Zeit/Gegenwart/2021 im Bild". Wie Fotografen die Welt sehen.

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MARIO AUER<br />

(1957 - 2020)<br />

ICH BIN EIN MANN<br />

Ich definiere mich über einen Schwanz und zwei Hoden<br />

D<br />

en Sinn des Lebens erkennt man im Alter<br />

von selbst. Mit dem Nachlassen der Hormone<br />

verlieren all die einst so wichtigen<br />

Dinge des Lebens ihre übergroße Bedeutung. Alles wird<br />

klarer, strukturierter und einfacher.<br />

Sicher, das Leben ist komplex, die Wertigkeiten können<br />

stark differenziert sein. Niemand gleicht dem anderen,<br />

und dennoch ist es so einfach, das Leben: Es besteht<br />

grundsätzlich aus der Geburt, der Fortpflanzung und dem<br />

Tod. Mehr ist es nicht. Alles, was wir zwischen Geburt<br />

und Ende als wichtig erachten, alles, was wir glauben<br />

selbstbestimmt zu tun, wird in Wirklichkeit von Hormonen<br />

gesteuert und vorgegeben. Getrieben gehen wir<br />

durchs Leben, den Tieren gleich. Die Sexualität ist die<br />

stärkste Triebfeder für unser Handeln. Sie motiviert uns<br />

und sie bestimmt unseren Weg. Sie lässt uns die Genitalien<br />

unserer Cousinen erforschen, noch bevor wir wissen,<br />

warum. Sie lässt uns auf unser Äußeres achten, Musikinstrumente<br />

erlernen, Karriere machen oder sportliche<br />

Höchstleistungen erbringen, nur um das andere Geschlecht<br />

oder andere mögliche Geschlechtspartner zu beeindrucken.<br />

Wir lernen die Lust kennen und die Liebe, im<br />

Idealfall zur gleichen Zeit. Die Lust war für mich stets<br />

wichtiger als die Liebe und sehr selten bedingten sie ei-<br />

nander. Doch die wenigen Male, als Lust<br />

und Liebe eins wurden, war die Erfüllung<br />

unbeschreiblich und brannte sich in mein<br />

Gedächtnis ein.<br />

Ich erinnere mich zum Beispiel an ein besonderes<br />

Mal, als wir uns den gesamten Akt<br />

lang in die Augen schauten, ich erinnere<br />

mich an den stickigen Raum und an das<br />

schwüle Wetter. Ich fühle heute noch, wie<br />

erregt wir waren und mit wie wenigen Bewegungen<br />

wir auf einer gewaltigen Welle<br />

dahintrieben, ehe ich fragte: „Möchtest du<br />

ein Kind?“.<br />

Lust zu empfinden, sie auszukosten und<br />

hinauszuzögern, war schon in jungen Jahren<br />

mein Ziel. Ich fand Mittel und Wege und<br />

es war mir egal, ob ich diese Lust mit einer<br />

Frau, einem Mann oder mit mir allein genießen<br />

konnte. Vielleicht den besten Weg,<br />

meine Lust möglichst lange zu genießen<br />

und den Orgasmus so lange wie möglich<br />

hinauszuzögern, fand ich im BDSM, wie<br />

man es heute nennt. Vom Anfang der Siebzigerjahre<br />

an sammelte ich meine Erfahrungen<br />

im sadomasochistischen Bereich. Viele<br />

meiner späteren Beziehungen zu Frauen<br />

SEITE 10 SOUFFLEUR #<strong>01</strong>/<strong>2021</strong>

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