Magazin Souffleur Ausgabe 01/2021
"Zeit/Gegenwart/2021 im Bild". Wie Fotografen die Welt sehen.
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dem Objet Trouvé, einem Alltagsgegenstand<br />
oder Abfall, der wie ein Kunstwerk behandelt<br />
wird, abseits von klassischen bildenden<br />
Formen wie Plastik und Malerei. Also<br />
selbstverständlich nicht nur im Zusammenhang<br />
mit den Wortbedeutungen Können und<br />
Geschicklichkeit. Aktionskunst hat sich bereits<br />
vor vielen Jahrzehnten als Schnittmenge<br />
von Kunst und Politik entwickelt. Ist ein<br />
Musikvideo mehr als ein simpler Clip?<br />
Souffeur: Über YouTube und Co. kann<br />
das Video zu Deinem Song „Tränen<br />
zu Wein“ gefunden und mit Augen und<br />
Ohren entdeckt und erlebt werden. Wie<br />
viel Arbeit steckt hinter einem Musikvideo?<br />
Mit dem kreativen Prozess des Songwritings<br />
ist es hier ja nicht getan, oder?<br />
talentierten Braut (Mia Feline), dem mega geilen Schnitt<br />
von David Gesslbauer, dem Colour-Grading (Manuel Portschy),<br />
den Special Fx (Flo Flake), dem Make-Up (Stefanie<br />
Pieper) und nicht zuletzt jeder einzelnen Seele des im Video<br />
zu sehenden Menschenmeeres.<br />
Wir alle kennen Menschen, die, wenn sie ein Musikvideo<br />
sehen, in denen sich nackte Menschen tummeln,<br />
von Sittenlosigkeit sprechen, von Verworfenheit und<br />
davon, dass derartige Werke erstens keine Kunst und<br />
zweitens „krankhaft“ seien. Was sagst Du dazu?<br />
Da das Video mit einer entsexualisierten Form von Nackt<br />
heit spielt, würden mich solche Werturteile nur peripher<br />
tangieren, um es gut bürgerlich zu formulieren. Ich stehe<br />
zu meinen Lastern, wie ich zu meinen Tugenden stehe.<br />
Außerdem hat ein bisschen Verworfenheit noch keinem<br />
geschadet.<br />
Salò: Da „Tränen zu Wein“ mein erstes Musikvideo<br />
war – und auch meine erste Erfahrung<br />
mit der Videoproduktion allgemein –,<br />
war ich sehr überrascht, wie viel Zeit und<br />
Arbeit so ein Video von "nur" ein paar Minuten<br />
in Anspruch nehmen kann. Da war<br />
das Schreiben des Songs noch die kleinste<br />
Arbeit. Das Stichwort ist Teamwork.<br />
Das Video wäre nie möglich<br />
gewesen, ohne ein so großartiges Team<br />
am Start zu haben, beginnend bei der extraordinären<br />
Regie (Mario Hainzl) und Kamera<br />
(Gerfried Guggi), der Koordination der Performer*Innen<br />
(Christina Fritz), Kamera-<br />
Assistenten und Best-Boys (Manuel<br />
Schaffernak, Kevin Wendler), der<br />
wunderschönen und<br />
super<br />
Die einen Kunstkonsumenten halten alles Unkonventionelle<br />
für schlichte Inszenierung, die anderen erkennen<br />
in jedem Kunstwerk eine politische Manifestation. Wo<br />
stehen Dein Song „Tränen zu Wein“ und vor allem die<br />
Absicht hinter dem Video im Spannungsfeld dieser verschiedenen<br />
Perspektiven?<br />
Ich schreibe meine Musik oder plane Videos und die Live-<br />
Performance nicht aus einer Doktrin heraus, sondern<br />
handle eigentlich auf Basis von Intuition und Gefühl.<br />
Nacktheit in der Kunst gibt es, seit es Kunst gibt. Ich<br />
trenne einmal plakativ und stelle auf die eine Seite die<br />
heroische, also idealisierende<br />
SOUFFLEUR #<strong>01</strong>/<strong>2021</strong><br />
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