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Magazin Souffleur Ausgabe 01/2021

"Zeit/Gegenwart/2021 im Bild". Wie Fotografen die Welt sehen.

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SIRIUS<br />

DIE GRAUSAMKEIT DES SCHWEIGENS<br />

Wisst Ihr, was für mich das Schwierigste daran ist, pädophil<br />

zu sein? Es ist nicht, meinen Trieb ständig kontrollieren<br />

zu müssen. Es fällt mir grundsätzlich nicht<br />

schwer, ein Kind nicht zu missbrauchen, so, wie es einem<br />

"normalen" heterosexuellen Mann wohl auch nicht<br />

schwerfällt, eine Frau nicht zu vergewaltigen.<br />

Es ist auch nicht so, dass ein Teil meiner Sexualität für<br />

immer unerfüllt bleiben muss, was aber nicht bedeutet,<br />

dass dies nicht manchmal verdammt frustrierend sein<br />

kann. Dennoch habe ich inzwischen Wege gefunden, mit<br />

meiner Sexualität umzugehen, sie gewissermaßen auf<br />

anderen Wegen auszuleben, ohne dass dabei ein Kind zu<br />

Schaden kommt. Jedenfalls ist das Thema „Sex mit Kindern“<br />

keines, das für mich stark belastend ist oder mich<br />

in tiefe Depressionen und Lebenskrisen versinken lässt.<br />

Es ist noch nicht einmal das das Schwierigste, dass es da<br />

draußen viele Menschen gibt, die alleine aufgrund meiner<br />

Sexualität eine schlechte Meinung von mir haben,<br />

mich am liebsten wegsperren oder sogar foltern und ermorden<br />

würden. Damit könnte ich umgehen, wenn ich<br />

zumindest etwas darauf erwidern könnte.<br />

Nein, das Schwierigste für mich ist es, damit umzugehen,<br />

permanent zum Schweigen verdammt zu sein.<br />

Aufgrund einer drohenden Stigmatisierung ist es immer<br />

noch sehr gefährlich, sich als pädophil zu outen. Die Folgen<br />

könnten der Verlust von Freunden, Familie, Arbeitsplatz<br />

oder Wohnung und sogar körperliche Angriffe sein.<br />

Entsprechend vorsichtig muss ich vorgehen bei der Überlegung,<br />

wem ich im sogenannten „echten Leben“ von<br />

SOUFFLEUR #<strong>01</strong>/<strong>2021</strong><br />

meiner Pädophilie erzähle. Und Online, wie<br />

etwa hier in diesem Blog, kann ich deshalb<br />

nur unter einem Pseudonym auftreten. Die<br />

Konsequenz: In vielen Alltagssituationen<br />

bin ich stark eingeschränkt und muss genau<br />

aufpassen, was ich sage, um mich nicht unnötig<br />

in Gefahr zu bringen. Zum Schweigen<br />

verdammt. Und das ist äußerst belastend.<br />

Vor Kurzem erst war ich in ein Gespräch<br />

verwickelt, in dem man irgendwann auf das<br />

Thema LGBT (Anm.d.Red.: Abkürzung für<br />

Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) kam.<br />

Im Laufe des Gesprächs dann die Aussage<br />

eines Bekannten: „Also, ich hab kein Problem<br />

mit dem, worauf jemand steht, ganz<br />

gleich, was immer das auch ist. Bis auf Pädophilie,<br />

das ist krank und geht gar nicht!"<br />

Wie gerne hätte ich mich an dieser Stelle<br />

als pädophil zu erkennen gegeben und geäußert,<br />

wie sehr mich solche Aussagen verletzen.<br />

Den Spruch des Bekannten selbst hätte ich<br />

als weniger schlimm empfunden, wenn ich<br />

meinem Ärger in dieser Situation Ausdruck<br />

verleihen hätte können. Wer weiß, vielleicht<br />

wäre sogar ein konstruktiver Austausch<br />

möglich gewesen. Aber aufgrund der<br />

besagten Gefahren ist ein Outing auch in<br />

solchen Situationen nicht möglich. Und so<br />

bleibt nur eines: Schweigen. Im öffentlichen<br />

Seite 37

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