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Magazin Souffleur Ausgabe 01/2021

"Zeit/Gegenwart/2021 im Bild". Wie Fotografen die Welt sehen.

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und Vorwürfe, Wutausbrüche und Verzweiflung<br />

so lange wie möglich zurückzuhalten.<br />

Das Leben meiner Freundin bestand<br />

bald nur noch daraus, sich zu konzentrieren<br />

darauf, sich ja nicht "falsch" zu verhalten,<br />

mir ja keinen Anlass für Eifersucht zu<br />

geben.<br />

Dürsten nach Anerkennung<br />

Durch diesen meinen Wahnsinn am<br />

Ende unserer Kräfte fingen meine<br />

Freundin und ich in dieser Zeit an,<br />

uns tatsächlich gegenseitig Sachen zu<br />

verheimlichen. Meine Partnerin hat<br />

damit begonnen, regelmäßig ausführlich<br />

mit Freundinnen über mein Verhalten<br />

und ihre Probleme damit zu<br />

sprechen, hat nicht nur einmal – das<br />

habe ich erst viel später erfahren –<br />

auch oft darüber nachgedacht, die<br />

Beziehung mit mir sogar zu beenden.<br />

Ich meinerseits war derart besessen<br />

vom Gedanken betrogen zu werden,<br />

dass ich begonnen habe, Mäntel und<br />

Taschen meiner Freundin nach möglichen<br />

Indizien für eine Affäre zu<br />

durchsuchen und ihr hinterherzufahren,<br />

wenn sie ins Fitnessstudio oder<br />

auf einen Kaffee mit Freundinnen<br />

ging.<br />

Das Verrückte daran: Ich selbst war<br />

so überzeugt, dass meine Eifersucht<br />

begründet, also eine sogenannte reaktive<br />

Eifersucht war, wie das der Psychologe<br />

nennt, dass ich mich dazu<br />

berechtigt fühlte, selber Kontakt mit<br />

fremden Frauen zu suchen. Ja, oft war<br />

es jetzt sogar umgekehrt: Dadurch<br />

dass ich, wie jeder andere unter<br />

krankhafter Eifersucht leidende<br />

Mensch, im Grunde unter einem grob<br />

gestörten Selbstwertgefühl litt, war<br />

ich überdurchschnittlich empfänglich<br />

für Komplimente, für Zuspruch, für<br />

Verständnis von Frauen. So hat es<br />

sich selbst in jenen Zeiten, in denen<br />

ich in der Beziehung mit meiner<br />

Freundin und in dieser Beziehung<br />

eben maßlos eifersüchtig war, ergeben,<br />

dass ich selbst verzaubert war<br />

von einer anderen Frau. Das, wie ich<br />

erst heute weiß, nur deshalb, weildiese<br />

fremden Frauen mit Schmeicheleien<br />

und mit vorgeblichem Verständnis<br />

für meine Situation (ich ach so armer<br />

Betrogener) meine Aufmerksamkeit<br />

erregt hatten. Meine Seele, die so<br />

sehr nach Anerkennung schrie, ließ<br />

sich leider immer wieder blenden von<br />

letztlich oberflächlicher Zuneigung.<br />

SOUFFLEUR #<strong>01</strong>/<strong>2021</strong><br />

So war dann innerhalb der Beziehung mit meiner Freundin<br />

also jedes Mal ich derjenige, der fremdgegangen ist.<br />

Gleichzeitig aber habe ich meiner Partnerin Untreue unterstellt.<br />

Klar: Weil ich in manchen Momenten wohl meine<br />

eigene Art auf andere projizierte und instinktiv annahm,<br />

andere seien so wie ich.<br />

Aggression<br />

Als ob dieses Verhalten von mir nicht schon genug gewesen<br />

wäre, ist dann vor fünfundzwanzig Jahren passiert,<br />

was wohl passieren hat müssen. Meine Freundin war damals<br />

zwei Wochen alleine auf Urlaub in Italien gewesen.<br />

Als sie zurückkam, verhielt sie sich meiner Wahrnehmung<br />

nach verändert, etwas seltsam. Klar: Sie war zwei Wochen<br />

weg, zwei Wochen auf Abstand zu meiner Eifersucht,<br />

hat zwei Wochen lang mit Freundinnen über ihre<br />

Situation gesprochen, ist nach zwei Wochen bestimmt<br />

auch zum Entschluss gekommen, dass sich etwas ändern<br />

muss in dieser Hinsicht. Wie ich später erfahren habe,<br />

hatte meine Freundin damals bereits Kontakt mit einer<br />

Paartherapeutin aufgenommen, sie war also fest entschlossen,<br />

mein Problem mit Minderwertigkeit und Eifersucht<br />

mit mir gemeinsam anzugehen. Aber sie wusste<br />

wohl noch nicht, wie sie mich in ihren Plan einweihen<br />

wollte.<br />

Für mich allerdings gab es nur einen einzigen Grund für<br />

ihr verändertes Verhalten, und diesen habe ich ihr immer<br />

lauter, immer intensiver, immer aggressiver an den Kopf<br />

geworfen: “Du hast im Urlaub einen anderen Mann kennengelernt!”<br />

Als mir meine Freundin schließlich von der geplanten<br />

Paartherapie erzählte, empfand ich ihr Bemühen mir zu<br />

helfen als brutalen Angriff. “Ich bin also krank?! Lass du<br />

dich doch behandeln!“, warf ich ihr vor. "Du vögelst überall<br />

mit jedem herum!” Und als ich erfuhr, dass meine<br />

Partnerin auch bereits mit einigen meiner Freunde über<br />

mich und meine Krankheit gesprochen hatte, konnte ich<br />

mit dieser Situation nicht mehr umgehen, meine Nerven<br />

waren am Ende.<br />

Die unausweichliche Katastrophe<br />

An einem Sonntag – meine Freundin und ich<br />

*1<br />

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