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AMBERG - HISTORISCHE POSTKARTEN 1899 – 1960

Sammlung Dieter Weiss

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ANSICHTSSACHE <strong>–</strong> DIE <strong>POSTKARTEN</strong> DER SAMMLUNG WEISS UND IHR <strong>AMBERG</strong><br />

1898<br />

einem Album präsentierte oder an der Wand aufhängte.<br />

Damit war die Schwelle zum Sammeln schon während<br />

der Ausbreitungsphase der Postkarte überschritten.<br />

Schnell bildeten sich Vereine und Fachzeitschriften wie<br />

die seit 1896 erscheinende „Der Postkarten-Sammler“,<br />

später etablierten sich spezialisierte Auktionshäuser und<br />

eine eigene Postkartenforschung. Die (seit 1898 in Frankreich<br />

so genannte) Philokartie war geboren.<br />

Die Akteure dieser Bewegung waren breit gestreut.<br />

Natürlich waren es in der Mehrzahl Privatpersonen, die<br />

aus der Post erhaltene oder im Handel erworbene Ansichtskarten<br />

bei sich verwahrten, ordneten und an die<br />

Öffentlichkeit trugen. In Bayern am berühmtesten dürfte<br />

Karl Valentin gewesen sein, der sogar eine eigene Postkartenausstellung<br />

veranstaltete. Auch in Amberg beteiligten<br />

sich, wie Dr. Johannes Laschinger in seiner Publikation<br />

alter Amberger Ansichtskarten im Detail ausgeführt<br />

hat, viele Drucker, Buchhändler und Fotografen an dem<br />

einträglichen Geschäft. Nicht zuletzt zeugt davon die<br />

Sammlung des Stadtarchivs, in die durch Ankauf und<br />

Schenkungen über 500 Postkarten von 1889 bis in die<br />

Gegenwart gelangt sind.<br />

In dieser Tradition steht die große Sammlung von Dieter<br />

Weiß. Was verrät sie dem Betrachter über Amberg?<br />

Nun - Postkarten sind ein Kind der industriellen Revolution<br />

und ihrer massenhaften Produktion gleichförmiger<br />

Güter. Skeptiker könnten also erwarten, dass Amberg<br />

auf den Ansichtskarten sich fast ausschließlich über die<br />

ikonischen Motive wie Rathaus, Stadtbrille, Kirchen oder<br />

Partien der Stadtmauer abgebildet findet. Die Sammlung<br />

von Dieter Weiß zeigt das Gegenteil. Die Karten geben<br />

selbst architektonisch weniger spektakuläre Gebäude<br />

wie das Eichamt oder das Jugendheim wieder, Gesamtansichten<br />

dokumentieren das Amberg ihrer jeweiligen<br />

Entstehungszeit auch und gerade mit allen Details der<br />

Straßenpflasterung, des Verkehrsgeschehens und der<br />

Kleidung der abgebildeten Personen.<br />

Doch die Postkarten dieser Sammlung verraten über das<br />

Amberg ihrer Zeit weit mehr als das Dargestellte. Dies<br />

ist ja nicht objektiv gegeben, sondern wird durch Motiv-,<br />

Standort- und Ausschnittwahl, Belichtung, Nachbearbeitung<br />

und vieles mehr beeinflusst, ja geradezu erst<br />

erschaffen. Eben diese bildkünstlerischen und fotografischen<br />

Arbeitsschritte lassen sich in Teilen nachvollziehen,<br />

und sie legen die Inszenierung über der bloßen Abbildung<br />

frei.<br />

Eine eigene Postkartenästhetik hat es nie gegeben,<br />

reichten die Pole der deutschen Postkartengestalter<br />

doch vom avantgardistischen Bauhaus bis zum bodenständigen<br />

Heimatverlag. Wohl aber wurde das Bild der<br />

Stadt ebenso wie ihr Image dargeboten. Ansichtskarten<br />

sind sie also im doppelten Wortsinne, sie geben Ansichten<br />

einer Stadt wieder, erzählen indes auch viel über die<br />

Ansichten derer, die sie aufnahmen, bearbeiteten und<br />

vertrieben. Wer dies erfolgreich tat, kannte die Erwartungshaltungen<br />

seiner Kunden und bediente sie mit der<br />

Wahl seiner Motive und ihrer Gestaltung. So entstand auf<br />

den Bildpostkarten ein Amberg, das ebenso mit fotografischer<br />

Treue dokumentiert wie mit ästhetischem Ehrgeiz<br />

inszeniert wurde.<br />

Es ist das Verdienst von Dieter Weiß, mit seiner Sammeltätigkeit<br />

ein derart umfassendes Bild Ambergs zusammengetragen<br />

zu haben, nicht zuletzt aber, Teile dieser<br />

einzigartigen Sammlung in diesem Band allen Interessierten<br />

zugänglich zu machen. Ich wünsche dem Band nicht<br />

nur eine zahlreiche, sondern auch aufmerksame Leserschaft<br />

<strong>–</strong> Amberg und die Sammlung haben es verdient.<br />

Dr. Andreas Erb<br />

Leiter Stadtarchiv Amberg<br />

Verwendete Literatur:<br />

Johannes Laschinger, Amberg lässt grüßen.<br />

Amberger Ansichtskarten um 1900, Amberg 2005<br />

Robert Lebeck / Gerhard Kaufmann,<br />

Viele Grüße… Eine Kulturgeschichte der Postkarte, Dortmund 1985<br />

https://de.wikipedia.org/wiki/Philokartie<br />

10<br />

„Gruß aus Amberg“ (Mehrfachbildkarte) 11

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