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Braunger Wörtz Architekten

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Vorwort<br />

Till Briegleb<br />

2


Berthold <strong>Braunger</strong> und Marcus <strong>Wörtz</strong> zählen unbestritten zu den interessantesten<br />

<strong>Architekten</strong> im schwäbischen Raum. In ihrem selbstgewählten<br />

Jubiläumsjahr, das 22 Jahre Praxis seit Bürogründung markiert, blicken<br />

sie bereits auf eine erstaunliche Erfolgsgeschichte zurück. Überall in und<br />

um Ulm begegnet man ihren prägnanten Bauten, die sich meist deutlich<br />

von ihrem Umfeld abheben – weil sie sich intensiv damit auseinandergesetzt<br />

haben. Dieses schöne Paradox bestimmt ihre Entwurfs- und Bautätigkeit<br />

weit mehr als irgendwelche Stilentscheidungen oder der Versuch,<br />

mit ihrem Büro zu einer Marke zu werden.<br />

Die kontinuierliche Neugier auf Themen, Materialien, Menschen und neue<br />

Bauaufgaben hat mittlerweile zu rund 200 Projekten von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong><br />

geführt. Vom Umbau einer Fabrik in das gemischt genutzte Stadtregal<br />

in Ulm zu kleinen Projekten wie der Parkbühne Senden wechseln sich<br />

Programm, Größe und Gestaltung durch alle Sujets. Feuerwehrwachen<br />

und Villen, einfühlsame Stadtergänzungen und vielfältige Bürokomplexe,<br />

Geschosswohnungsbau und Firmenerweiterungen, Fabriken, Schulen,<br />

Behinderteneinrichtungen, Pflegeheime, Hotels, Museen und ein Kloster<br />

gehören zu ihren Werken. Und jedes dieser Bauwerke besitzt seinen<br />

eigenen Charakter.<br />

Trotzdem steckt in ihrer großen inhaltlichen wie künstlerischen Vielfalt<br />

eine verbindende Haltung. <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> machen das, was die Welt<br />

wirklich braucht: Eine regional verwurzelte Baukultur entwickeln, die ihre<br />

Zukunftsperspektiven aus zeitgenössischem Denken gewinnt. Nachhaltig,<br />

sensibel und unkompliziert, identitätsstiftend, schön und kompromisslos<br />

an den Menschen orientiert, die ihre Gebäude später nutzen werden.<br />

Im großen eitlen Zirkus der Magazinarchitektur sind ihre Werke die Bausteine<br />

einer lebenswerten Gemeinschaft, die auch dann noch wertig sein<br />

werden, wenn die Moden sich zigfach abgelöst haben.<br />

Deshalb lohnt es sich, die Arbeit dieses Büros, das sich selbst einen<br />

wunderbaren Arbeitsort im Kleinen Lautertal bei Blaustein geschaffen<br />

hat, in seiner ganzen Breite zu betrachten. Mit Einzel- und Gruppen ­<br />

vor stellungen der wichtigsten Projekte würdigt dieses Buch den wegweisenden<br />

Ansatz von Berthold <strong>Braunger</strong>, Marcus <strong>Wörtz</strong> und ihrem<br />

Team für eine substan tielle, praktisch kluge, ortspezifische und zugleich<br />

schöne Architektur – und verdeutlicht so über den gesamten Schaffenszeitraum<br />

die zentralen Aspekte ihrer Philosophie.<br />

3


4


5


Ingelheim am Rhein<br />

Ulm<br />

Donau<br />

Blaubeuren<br />

Neu-Ulm<br />

Senden<br />

Ehingen<br />

Odelzhausen<br />

Illertissen<br />

Ingerkingen<br />

Uttenweiler<br />

Biberach a. d. Riß<br />

Rot an der Rot<br />

Marktdorf<br />

Bavendorf<br />

Garmisch-<br />

Partenkirchen<br />

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Projekte<br />

Konzepte<br />

8 Walther Collection<br />

22 Parkbühne Senden<br />

34 Stadthaus A<br />

54 STADTREGAL UND LOFT<br />

60 Stadtregal Ulm<br />

66 Loft im Stadtregal<br />

70 SCHWARZ UND WEISS<br />

76 UWS Ulm Kundencenter<br />

82 Soziale Wohnbebauung am Vorwerk<br />

90 FEUERWEHREN UND RETTUNGSWACHEN<br />

96 Feuerwehr Ingelheim am Rhein<br />

106 Feuerwehr Illertissen<br />

114 DRK Rettungswache Ulm Eselsberg<br />

120 ERHALTEN UND WEITERBAUEN<br />

126 Sanierung und Anbau Bischof-Sproll-Haus<br />

138 Jordanbad Schwesternhaus, Sanierung Kirche,<br />

Parkhotel<br />

160 HOLZ- UND HYBRIDBAUTEN<br />

166 Erweiterung Bürogebäude<br />

174 Kunden- und Innovationszentrum LM2 Ulm<br />

184 Schul- und Wohncampus<br />

192 Erweiterung Grundschule<br />

200 NACHVERDICHTUNG UND QUARTIERE<br />

206 Evangelisches Gemeindehaus mit Wohnquartier<br />

212 Neues Wohnen Griesgasse<br />

220 Wohnquartier Altes Krankenhaus Söflingen<br />

226 Wohnen und Arbeiten Neue Glacis Bastion<br />

334 Donau-Iller Bank Erbach<br />

336 Beurer Sportpark SSV Ulm 1846 e. V.<br />

338 Kindergarten und Soziales Wohnen Ehingen<br />

340 Wasserturm Wiley<br />

342 Wahl-Lindersches Seniorenzentrum<br />

344 Generalsanierung & Aussegnung Kloster Reute<br />

354 Nachverdichtung Soziales Wohnen<br />

356 Büro- und Seminargebäude<br />

358 DRK Rettungswache Biberach<br />

360 Sanierung ehemaliges Paztrizierhaus<br />

362 Wohnquartier Am Weinberg<br />

364 Schule Am Gröben<br />

366 Rathaus Odelzhausen<br />

368 Neue Stadtbausteine in Söflingen<br />

370 Neue Gründerzeit in Ulm<br />

372 Rathaus im Bischofschloss<br />

376 Ökumenisches Gemeindehaus Bavendorf<br />

378 Blauterrassen<br />

380 Wirtschaftsgebäude Zeltlager Rot an der Rot<br />

382 Lessing Gymnasium mit 6-fach-Turnhalle<br />

Wir<br />

386 Im Gespräch<br />

396 Team<br />

402 Auszug Projekte<br />

420 Auszeichnungen<br />

422 Wettbewerbe<br />

232 STADTBAUSTEINE UND BANKEN<br />

238 Neubau Donau-Iller Bank<br />

246 Dienstleistungsgebäude Zeppelinring<br />

254 Volksbank Höfe<br />

262 Erweiterung Kreissparkasse Biberach<br />

272 FRÜHE BAUTEN<br />

278 Expermentieller Wohngungsbau Baublock 400<br />

284 Erweiterung Firmenzentrale<br />

290 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal<br />

7


Parkbühne Senden<br />

22


23


Oft sind es kleine Dinge in Kommunen, die für ein<br />

Gefühl von Aufgehobenheit und Gemeinschaft<br />

sorgen. Öffentliche Orte, die niedrigschwellig und<br />

trotzdem besonders sind, die sich als Treffpunkt<br />

eignen, als Aufenthaltsort ohne festgelegten Zweck.<br />

Es sind Elemente des Wiedererkennens gerade in<br />

einer Epoche, die sich eher der allgemeinen Angleichung<br />

von Orten schuldig gemacht hat als der<br />

Förderung des Spezifischen. Solche Orte können<br />

Brunnen sein oder Pocket Parks, Pavillons oder<br />

Stadtplätze, Reiterstandbilder oder Arkaden. Und<br />

an manch hübschen Orten, die der Kur des Menschen<br />

vom zivilisatorischen Gift dienen, sind es Bühnen –<br />

kleine ansehnliche Architekturen für Kurorchester<br />

oder Kleinkunstaufführungen.<br />

Lediglich zwei abschließbare Seitenräume dienen der<br />

Funktion als Spielort. Mehr Raumprogramm ist auch<br />

nicht nötig, um dieser durchaus großen grünen Bühne<br />

im Grünen ihre Anziehungskraft als Gemeindetreffpunkt<br />

mit Unterhaltungswert zu verleihen. Bigbands<br />

treten hier auf und Rock‘n‘Roller, Volksmusikanten<br />

und Kinderchöre, und auch Märchen werden erzählt.<br />

Dank des regen Publikumszuspruchs ist diese kommunale<br />

Kulturschönheit aber auch die Wiederlegung<br />

eines Märchens: dass die Leute auf dem Land keine<br />

Kulturleistungen zu schätzen wissen. Baut einfach<br />

eine schöne Parkbühne! <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> sind hilfsbereite<br />

Feen, die mit dem Zauber einer menschenfreundlichen<br />

Architektur stille Orte aus dem Kulturschlaf<br />

wecken können.<br />

Auch Stadtparks kennen gelegentlich noch diese<br />

Form der Freilichtbühnen, wo ohne Eintritt, Verzehrzwang<br />

und Schweigepflicht Kulturprogramm stattfinden<br />

kann, so sich denn jemand verantwortlich fühlt,<br />

die Orte auch zu bespielen. Allerdings werden solche<br />

Veranstaltungsinseln für umsonst und draußen nur<br />

noch sehr vereinzelt neu gebaut. Zu sehr wird Kultur<br />

in vielen Gemeinden missverstanden als freiwillige<br />

Zusatzleistung, die in jeder kleinen Haushaltskrise als<br />

erstes in den Spartopf orientiert wird, obwohl dieser<br />

Etat in kaum einer deutschen Kommune den Anteil<br />

von 2 Prozent der öffentlichen Ausgaben überschreitet.<br />

Aber nicht überall führt das Desinteresse von<br />

Kämmerern zum kulturelle Flurschaden. In Senden bei<br />

Ulm haben sie 2013 eine offene Parkbühne gebaut.<br />

Mitten im Stadtpark existiert dieser Ort als attraktives<br />

Monument, dessen Bretter jedermensch offen stehen.<br />

Das hohe Maß an Gestaltung, das <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong><br />

für diese Bürgerinnen- und Bürgerbühne geleistet<br />

haben, weckt sofort Neugier. Das große grüne Tor<br />

vor einem bachbegleitenden Baumbestand entpuppt<br />

sich beim Näherkommen als ein Dach in Camouflage‐Verkleidung.<br />

Pappelblätter standen Pate für<br />

die Schuppen aus grünen Tropfenschindeln, die in<br />

mehreren Ebenen die Haut der Bühne bilden.<br />

Dieses Blätterkleid ist aus dem gleichen gefärbten<br />

Beton wie alle sichtbaren Elemente des kleinen<br />

Ensembles, etwa die robusten gestaffelten Bänke<br />

vor der Bühne. Diese lässt sich rückwärtig schließen<br />

für eine bessere Akustik bei den Sommerkonzerten,<br />

die vom örtlichen Kulturbüro veranstaltet werden.<br />

Aber offen hat die Bühne einen besonderen Reiz als<br />

Bilderrahmen für die Auenlandschaft am Bach „Landgraben“,<br />

der sich hinter dem Gebäude in die Kurve<br />

legt, sodass man ihn von der Bühne aus sieht.<br />

24<br />

Parkbühne Senden


Lageplan 1:1000<br />

25


28 Parkbühne Senden


B r a u n g e r W ö r t<br />

A r c h i t e k t e n<br />

0 5 10 20 m<br />

29 Grundriss und Schnitt 1:500<br />

Pakbühne Senden I Zeichnungen I M 1 :500


32 Parkbühne Senden


33


Stadthaus A<br />

34


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40


41


44 Stadthaus A


45


48 Stadthaus A


49


50 Stadthaus A


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Feuerwehren und<br />

Rettungswachen<br />

90


91


Wer noch nie laut über Brandschutzanforderungen<br />

geflucht hat, ist kein richtiger Architekt oder keine<br />

richtige Architektin. Denn in Deutschland, der Nation<br />

mit den fettesten Bauvorschriften in der ganzen Welt,<br />

die auch noch in den 16 Bundesländern unterschiedlich<br />

ausfallen, beschäftigt sich bis zu 80 Prozent des<br />

Baurechts mit möglichen Feuern. Dieses massive,<br />

wie manche finden, völlig überproportionierte Sicherheitsdenken<br />

entwickelt sich in vielen Bereichen der<br />

Architektur, der Innovation, aber auch beim nachhaltigen<br />

Bauen oft zu einem lähmenden Einspruch. Unter<br />

anderem hat die zähe Entwicklung der Holzbauweise<br />

als ökologische Alternative zum Stahlbeton in der<br />

BRD damit zu tun, dass Prüfbeamte bei dem Baustoff<br />

gleich an mittelalterliche Stadtbrände denken, und<br />

dann das komplexe Gesetzespapier als Argument<br />

vorschieben.<br />

Aber es gibt eine hervorragende Entspannung<br />

vom Brandschutz‐Ärger: Feuerwehren selber bauen.<br />

Bei diesen Gebäuden ist alles Brandschutz, sogar<br />

die Idee, und deswegen ist es eine vortreffliche<br />

Übung annehmender Gelassenheit, einfach einmal<br />

jede Vorschriften anzunehmen, die unter der Deutschen<br />

Industrienorm „Feuerwehr“ gelistet ist. Das<br />

schützt schon qua Aufgabe vor späteren Enttäuschungen.<br />

Da diese stehenden Löschmaschinerien<br />

durch die deutsche Sicherheitspräferenz so unabkömmlich<br />

sind wie Beerdigungsunternehmen, werden<br />

sie landauf, landab viel neu gebaut – jedenfalls dort,<br />

wo beengte Verhältnisse das Tempo beeinträchtigen.<br />

Wer 112 ruft, will nicht hören, dass die Feuerwehr<br />

leider zu wenige Parkplätze für den Erstabmarsch hat,<br />

um ihren vier Aufgaben „Löschen, Retten, Bergen,<br />

Schützen“ nachzukommen.<br />

So sah es in Ingelheim am Rhein aus. Die Bevölkerung<br />

wuchs im Zuge einiger Eingemeindungen, und der<br />

bisherige Standort platzte aus allen Schläuchen.<br />

Entsprechend wurde 2007 die Machbarkeit für einen<br />

großen Neubau geprüft, der zudem die zahlreichen<br />

Hindernisse und Unbequemlichkeiten des Vorgänger‐Ensembles<br />

vergessen machen sollte – so waren<br />

etwa das Umkleiden zwischen den Fahrzeugen und<br />

die Lagerung der Einsatzteile auf verschiedene<br />

Gerätehäuser verteilt. 2019 konnte mit dem Bau<br />

begonnen werden, und seit 2021 wacht St. Florian<br />

über die Brandhüter am neuen Standort.<br />

Nun denkt der Laie natürlich, wenn es eine DIN<br />

„Feuerwehr“ gibt, dann ist doch alles so geregelt,<br />

dass es gar keine <strong>Architekten</strong> mehr braucht,<br />

sondern nur Ingenieure. Aber so wie man auf einem<br />

DIN A4‐Blatt alles mögliche gestalten kann, so<br />

bietet auch die Effizienz- und Sicherheitsnorm für<br />

Rettungskräfte eine Menge Spielraum für ästhetisches<br />

Wohl. Bei <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong>, wo das brennende<br />

Interesse für diese Herausforderung seit 2006 zu<br />

mittlerweile zehn gebauten Feuerwachen geführt<br />

hat, war die baukulturelle Expertise bereits hoch,<br />

als das Büro 2017 den Wettbewerb am Rhein bei<br />

Mainz gewann.<br />

Das Grundkarma der Feuerwache, dass alle Wege<br />

kurz und alle Geräte schnell zur Hand sein müssen,<br />

gibt zunächst bestimmte organisatorische Figuren<br />

auf. Ein Besuch in der zuletzt fertiggestellten Feuerwache<br />

Illertissen von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> oder der<br />

Vergleich mit anderen Projekten im Bereich „Eilige<br />

Hilfe“ zeigt eine konstante Figuration von Großgarage<br />

mit Funktionsräumen im Rücken sowie einem Turm<br />

zum Trocknen der Schläuche, oft genutzt als vertikaler<br />

Parcours für das Klettertraining. Dieser Turm sitzt<br />

manchmal direkt am Gebäude, manchmal steht er<br />

davon abgesetzt – wie eben bei modernen Kirchen<br />

auch. Und je nach Programm befinden sich in den<br />

Komplexen auch noch Atemschutzübungsanlagen<br />

nach DIN 14093 oder Schulungsräume für die vielen<br />

Freiwilligen, die einen spontanen und schnellen<br />

Katastrophenschutz überhaupt erst möglich machen.<br />

Nach der Setzung dieser zentralen organisatorischen<br />

Strukturen beginnt erneut eine gestalterische Suche<br />

innerhalb von zwei weiteren entscheidenden Komponenten,<br />

die von Architektinnen und <strong>Architekten</strong> nun in<br />

gesteigertem Maße beeinflusst werden können:<br />

Die Aufenthaltsqualität und die Fassade. Denn es<br />

fällt nicht schwer, sich trübe Funktionsräume in<br />

abgewetzten Baracken vorzustellen, wo Helfer sich<br />

in Bereitschaft langweilen für die 1 bis 3 Brände,<br />

die es pro Gemeinde im Jahr höchstens gibt (in<br />

Flächengemeinden kommen 250–300 Einsätze von<br />

Kellerauspumpen bis Katzenretten dazu). Da das<br />

Warten zum Feuerwehrleben gehört wie das Wasser<br />

zum Löschen, ist die angenehme Atmosphäre eigentlich<br />

eine Pflichtaufgabe, die aber nicht in der DIN<br />

„Feuerwehr“ steht. In diesem Zusammenhang<br />

sorgt im neuen Ingelheimer Feuerwehrhaus – dem<br />

bekanntesten und mit dem BDA-Preis Rheinland-<br />

Pfalz ausgezeichneten Projekt einer Rettungskirche<br />

von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> – zunächst die Architekturnorm<br />

„Licht“ für die ange nehme Gestaltungsregie im<br />

Wartestand.<br />

Dazu wurde zunächst der Schulungs- und Ruhetrakt<br />

in L‐Form von der Großgarage abgesetzt, mit dem<br />

Trockenturm als Kampanile und der Floriansstube als<br />

Terrasse im Erdgeschoss. Ein Shed‐Dach über den<br />

92 Feuerwache Feuerwehren Ingelheim und Rettungswachen


Lageplan Feuerwehr 1:5000 Illertissen Lageplan 1:2750 Feuerwehr Ingelheim am Rhein Lageplan 1:6750<br />

93


DRK Eselsberg Lageplan 1:2750<br />

94<br />

Feuerwehren und Rettungswachen


Jugend- und Schulungsräumen und eine rhythmische<br />

Reihe nach außen gefalteter Fensterwinkel vor den<br />

Ruheräumen im Sozialtrakt geben den dortigen<br />

Räumen nicht nur eine gute, aber blendfreie Versorgung<br />

mit Tageslicht. Diese auffälligen Sägezähne<br />

verleihen als Strukturelemente dem großen Komplex<br />

etwas Charakteristisches, das in dem eher trostlosen<br />

Gewerbegebiet, wo die Feuerwehr auf ihre Einsätze<br />

wartet, ein Beispiel echter Baupersönlichkeit darstellt.<br />

Die vollverglasten Garagentore lassen Licht zudem<br />

so tief ins Gebäude, dass sogar die Teeküche mit<br />

Innensicht zum Fuhrpark hell wirkt. Zweckdienliche<br />

Aufgeräumtheit und ordnugsstiftende Übersicht<br />

genießen in den Innenräumen klarerweise oberste<br />

Priorität – dabei vermitteln Holzeinbauten, dunkle<br />

Vorhänge und korallrote Farbakzente an Schränken<br />

und Spinden im gleichen Zuge jedoch auch einen<br />

freundlichen Ansatz in der Gestaltung.<br />

Eine „Wärmeeingewöhnungsanlage“, die der gewöhnliche<br />

Mensch „Sauna“ nennen würde, befindet<br />

sich hier ebenfalls so stimmig integriert wie Fitnessräume<br />

und bunte Kletterwände für die „Facheinheit<br />

Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen“. Für eine<br />

Prise Nostalgie aus der Zeit, als Kinder noch Feuerwehrmann<br />

und nicht Influencer werden wollten, sorgt<br />

schließlich die große historische Vitrine beim Eingang<br />

mit einem Löschfahrzeug von 1942 samt weiteren<br />

Rettungsartefakten.<br />

Notruf‐Arbeit in einem rechtwinkligen Kubus mit<br />

integriertem Turm aus Sichtbeton sachlich optimiert.<br />

In einer Ecke findet sich dann aber auch ein Statement<br />

bayrischer Gemütlichkeit: Die Floriansstube mit<br />

ihren hellen Schreinermöblen würde sofort als cooles<br />

Wirtshaus oder Berghütte durchgehen.<br />

Diese traditionellen Afterwork‐Clubs gibt es in allen<br />

größeren Feuer- und Rettungswachen im Portfolio<br />

von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> – und sie sind so unterschiedlich<br />

gestaltet wie die Fassaden, welche bezugnehmend<br />

auf den Ort mal mit weißen Betonfertigteilen, mal mit<br />

dunklen Lochblechen oder mal mit Kratzputz eine<br />

Adresse für die Deutsche Industrienorm „Feuerwehr“<br />

bilden. Die gewohnte Anonymität dieser Bauaufgabe<br />

erhielt so beispielsweise in Günzburg, in Aufheim,<br />

in Blaustein oder auf dem Eselsberg in Ulm ein<br />

Gesicht. Auf diese Weise wird den St. Florianskirchen<br />

mit den meist im hellen Holz der Weißtanne gestalteten<br />

Räumen für und durch das zwanglose Erholen<br />

beim Bier auch eine warme Seele eingehaucht – die<br />

nun keine DIN mehr kennt.<br />

Wenn <strong>Braunger</strong> und <strong>Wörtz</strong> im Gespräch stets betonen,<br />

dass sie für ihre Architektur eine regionale Wurzel<br />

suchen, dann ist es in Ingelheim die filigran strukturierte<br />

Betonfassade. Die in unregelmäßigen horizontalen<br />

Spuren gezeichnete Oberfläche sucht in der<br />

Anmutung eine Verbindung zum regionalen Kalkstein<br />

des Rheinhessischen Hügellands. Die Zuschlagstoffe<br />

der Betonrezeptur stammen deshalb auch aus dem<br />

nahegelegenen Mittelrheinischen Becken. Das Säuern<br />

der Oberflächen nach dem Ausschalen sorgte dann<br />

für eine weich‐sandige Oberfläche im Beigeton von<br />

Naturstein. Mit etwas Abstand wirkt vor allem der<br />

Turm wie gehüllt in gemütliches Cord.<br />

Im Gegensatz zum Ingelheimer Standort im waldärmsten<br />

Teil Deutschlands, wo die Kargheit des Rhein ­<br />

tals nur durch Weinberge gemildert wird, ist der<br />

Neubau im bayrischen Illertissen bei Neu‐Ulm umgeben<br />

von Wald. Diese Banderole legt nahe, dass<br />

die Verkleidung des strengen Programms durch eine<br />

Lärchenholzfassade geschieht, die anfänglich fuchsbraun<br />

wirkt, aber in unterschiedlicher Intensität je<br />

nach Wetterseite langsam ins Samtgraue verwittert.<br />

Schwarze Kastenfenster geben der Lattenfront<br />

interessante Tiefe. Hier ist die Organisation der<br />

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Holz- und<br />

Hybridbauten<br />

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188 Holz- und Hybridbauten Schul- und Wohncampus


189


Erweiterung Firmenzentrale Lageplan 1:2000<br />

276<br />

Frühe Bauten


Die drei Modulreihenhäuser erschrecken also niemand<br />

durch aufdringliche Töne, weil sie klassische<br />

Materialfarben von Wohnhäusern wiedergeben,<br />

wie man sie von Dachschindeln oder Fachwerkhäusern<br />

kennt. Das Bestandsgebäude, ein Mehrfamilienhaus,<br />

das den Hof gegen die Straße schützt, ist<br />

zwar moosgrün, aber in Neu‐Ulm treten sehr viele<br />

Blockrandhäuser in starken Farben in den Stadtraum,<br />

sodass dieser kräftige Naturakzent überhaupt nicht<br />

zu laut um Aufmerksamkeit schreit. Das Nachkriegsgebäude,<br />

das Teil des Entwicklungsplans war, haben<br />

<strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> durch zum Hof addierte Laubengänge<br />

mit außenliegendem Treppenhaus innen räumlich<br />

optimiert, sodass die 15 Wohnungen mehr Zimmer<br />

mit Südausrichtung erhielten.<br />

Mit einer Pelletheizung für das Ensemble, die auf<br />

andere Häuser erweitert werden kann, sorgte dieser<br />

2004 fertiggestellte Bau auch noch für eine CO 2<br />

‐<br />

neutrale und regenerative Heizenergie, und auch<br />

ein Regenwassersystem hilft bei der ökologischen<br />

Gesamtbilanz, indem es das Verschwinden des<br />

Regenwassers in die Kanalisation durch ein Versickern<br />

auf den Grünflächen des Geländes vermeidet.<br />

Eierlegende Wollmilchsau? Eher ein Beweis dafür,<br />

dass kluge und geduldige Planung viele Denkblockaden<br />

jener Art zu lösen vermag, die Innovation<br />

mit dem Argument verhindern, dass irgendetwas<br />

„unmöglich“ sei.<br />

Holz als warmes Element rahmt diese gläserne Innenwelt.<br />

Und die gesamte Ausführung folgt in ihrer<br />

Schlichtheit und Übersichtlichkeit dem Grundgedanken<br />

der oberschwäbischen Baufirma. Ihre Kom petenz<br />

in der Ausführung von Beton-, Stahl- und Holzbau ist<br />

für Besucher sofort sinnlich nachvollziehbar – eine<br />

Material- und Ausführungskunde von hohem atmosphärischem<br />

Wert, die Vertrauen schenkt.<br />

Auf dieser Basis intensiver Auseinandersetzung mit<br />

den vermeintlichen Grenzen des Entwerfens aus<br />

den Gründerjahren hat sich dann die ganze Vielfalt<br />

individueller Lösungen entwickelt, für die die Praxis<br />

von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> heute steht. Und auch der neue<br />

Dreisatz, den sie stets beherzigen. Guter Bauherr,<br />

gute Handwerker und gute <strong>Architekten</strong> gleich gute<br />

Architektur: Das stimmte schon im ersten Jahr von<br />

<strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong>, und macht auch im 22. Jahr immer<br />

noch das Unmögliche möglich.<br />

Ein Jahr nach dem Wettbewerbsgewinn begannen<br />

Berthold <strong>Braunger</strong> und Marcus <strong>Wörtz</strong> ein weiteres<br />

Schlüsselprojekt ihrer frühen Jahre, die Erweiterung<br />

der Zentrale der Baufirma Matthäus Schmid. Eigentlich<br />

angefragt für den Entwurf von Möbeln hatten<br />

die beiden die Chuzpe, gleich ein neues Gebäude<br />

vorzuschlagen, obwohl es bereits einen Plan dafür<br />

vom Schwager des Seniorchefs gab. Doch dieser<br />

schenkte ihnen das Vertrauen und ließ <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong><br />

ein Gesamtkonzept entwickeln. Drei Jahre analysierten<br />

und planten sie eine den Bedürfnissen der Firma<br />

entsprechende neue Heimat.<br />

Daraus entstand ein perfekt zugeschnittenes Bürogebäude<br />

aus wenigen, wertigen Materialen und mit<br />

großer Durchlässigkeit, gefasst in einen prägnanten<br />

Bügel aus schwarz gefärbtem Beton. Der Bestand<br />

aus den 1960er Jahren wurde integriert, der Neubau<br />

dem Urgebäude angepasst und mit sehr viel Glas zu<br />

einem Sinnbild offener Kommunikation – ein zentraler<br />

Ausdruck der transparenten Firmen-Philosophie.<br />

„Denkinseln“ für die kre ativen Diskussionen wechseln<br />

sich ab mit Flächen für offene Büroorganisation.<br />

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Architekturwerkstatt<br />

im Kleinen Lautertal<br />

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302 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal


303


308 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal


309


310 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal


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312 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal


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322 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal Kontorhaus


323


330 Architekturwerkstatt im Kleinen Lautertal Kontorhaus


331


Wasserturm Wiley<br />

Ein stiller Zeuge vergangener Tage der US Army in Neu‐Ulm. Besonders<br />

spannend die Höhe und Form der Stahlbetonkonstruktion, die heutige<br />

Lage am Campus der Hochschule und – natürlich – die Chance zur<br />

Schaffung eines lebendigen Denkmals. Eingewoben in die Konstruktion<br />

schraubt sich gleichsam einer Helix eine neue Treppe in luftige Höhe.<br />

Mündend im ehemaligen Wasserbehälter wird so ein begehbarer, roh<br />

belassener Zylinder geschaffen, der Raum bietet für Kultur, temporäre<br />

Veranstal tungen, Cave und Ausblick.<br />

B r a u n g e<br />

A r c h i t e k<br />

Wasserturm Wiley I Stadt Neu Ulm I Stegreif I Stand 17.06.2021 I Visualisierung Illumination<br />

340 Konzepte


B r a u n g e r W ö r t z<br />

A r c h i t e k t e n<br />

31,30<br />

27,40<br />

0,50<br />

0,00<br />

Wasserturm Wiley I Stadt Neu Ulm I Stegreif I Stand 17.06.2021 I Schnitt<br />

Wasserturm Wiley I Stadt Neu Ulm I Stegreif I Stand 17.06.2021 I Regelgeschoss<br />

341


Generalsanierung Kloster Reute<br />

Das Kloster Reute hatte über Jahrhunderte großen Einfluss auf die<br />

Region Oberschwaben und berührt die Geschichte verschiedener<br />

Projekte von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong>. Mit ihrer St. Franziskus Stiftung unterhält<br />

das Frauen‐Kloster seit 1911 den Standort in Ingerkingen für geistig<br />

und körperlich behinderte Menschen, den das Büro <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong><br />

um ein Schulgebäude sowie um zwei Wohngebäude erweitert hat.<br />

Das Ensemble Jordanbad bei Biberach, das von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> saniert,<br />

modernisiert und ergänzt wurde, ist 1889 von den Franziskanerinnen<br />

als die erste ärztlich geleitete Wasserheilanstalt nach den Lehren von<br />

Sebastian Kneipp in Deutschland eröffnet worden. Und in Ehingen –<br />

wo die Volksbank Höfe und die neue Zentrale der Donau‐Iller Bank<br />

ebenjene sensible Modernisierung historischer Orte aufzeigen, die das<br />

konzeptionelle Denken des Büros aus dem Lautertal so entschieden<br />

prägt – dort, in Ehingen also, begann überhaupt die Geschichte des<br />

neuen Klosters Reute.<br />

344 Konzepte


Bestand und Planung<br />

345


396 Team


397


398 Team


399


ISBN-13: 978-3-948137-77-9

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