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Elbgeflüster März 2022

Das Lifestyle-Magazin für den Landkreis Meißen und Oschatz.

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INTERVIEW<br />

”Verbrechen sind niemals<br />

wirklich einzigartig!“<br />

Lydia Benecke berichtet am 1. April um 19.30 Uhr<br />

in der Stadthalle "stern" in Ihrem aktuellen Programm<br />

über „Die Psychologie des Bösen“.<br />

elbgeflüster ® : Ihre Tour heißt „Die Psychologie des<br />

Bösen“. Da stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage,<br />

wo die Grenze zu „böse“ ist?<br />

Lydia Benecke: „Das Böse“ ist zunächst eine Bewertung.<br />

Inhaltlich ist damit häufig gemeint: Handlungen,<br />

die aus egozentrischen Motiven begangen werden<br />

und einen Schaden für andere willentlich in Kauf nehmen.<br />

Das Ausmaß des Schadens sowie die Egozentrik<br />

der handelnden Person werden hierbei häufig als<br />

Grundlage für das empfundene Ausmaß des "Bösen"<br />

genutzt.<br />

elbgeflüster ® : Steckt "das Böse“ in jedem von uns?<br />

Lydia Benecke: In meinem Buch "Auf dünnem Eis - Die<br />

Psychologie des Bösen" habe ich ethische Gedankenexperimente<br />

genutzt, um zu zeigen, wie kompliziert<br />

in Wirklichkeit das Konzept vom "Bösen" ist und dass<br />

kein Mensch ausschließlich "gute" oder "böse" Eigenschaften<br />

hat. Manche Menschen haben nur mehr<br />

Persönlichkeitseigenschaften, aufgrund derer es ihnen<br />

leichter als anderen fällt, unsoziale Verhaltensweisen<br />

zu zeigen. Wenn beispielsweise ein Mensch<br />

weder Angst, Mitgefühl noch Schuldgefühl empfindet,<br />

erleichtert ihm dies ungemein, sich unsozial zu verhalten.<br />

Er hat eben die gefühlsmäßigen Kosten nicht, die<br />

Menschen normalerweise haben - weil wir Menschen<br />

schon immer in Gruppen zusammenlebten und es für<br />

ein soziales Miteinander wichtig ist, solche „Gefühlsbremsen“<br />

zu haben. Das bedeutet aber auch, dass<br />

wir uns häufig deshalb sozial Verhalten, weil wir die<br />

Kosten von Angst vor negativen Konsequenzen und<br />

48 MÄRZ <strong>2022</strong> elbgeflüster ®<br />

einem schlechten Gewissen nicht wollen. Wenn diese<br />

Gefühle plötzlich weg wären, würden wir es dann<br />

nicht deutlich einfach haben, häufiger egozentrisch<br />

und unsozial zu handeln? Solche und ähnliche Fragen<br />

sind das eigentlich faszinierende an der wissenschaftlichen<br />

Betrachtung des „Bösen“.<br />

elbgeflüster ® : Haben Sie bei der Arbeit mit Straftätern<br />

keine Angst? Lydia Benecke: Nein, auch wenn ich<br />

häufig danach gefragt werde. Es ist so, wie keine Angst<br />

beim Autofahren zu haben - das statistisch gesehen<br />

deutlich gefährlicher ist als mein Job. Jeder weiß, dass<br />

es Menschen gibt, die bei Autounfällen sterben und<br />

schwer verletzt werden. Trotzdem haben Menschen<br />

für gewöhnlich keine Angst beim und keine vermehrten<br />

Alpträume über das Autofahren. Die statistische<br />

Betrachtung von Risiken ist ohnehin sowohl ein wesentlicher<br />

Teil meines Jobs als auch ein persönliches<br />

Interessengebiet von mir. Da ich in Köln wohne, bin ich<br />

mir beispielsweise im Klaren darüber, dass ich theoretisch<br />

jederzeit im Schlaf von meinem Haus erschlagen<br />

werden könnte - was Menschen beim Einsturz des<br />

Kölner Stadtarchivs 2009 passiert ist -, aber es ist halt<br />

sehr unwahrscheinlich und deshalb habe ich auch keine<br />

Angst in meinem Haus.<br />

elbgeflüster ® : Was ist für Sie das Faszinierendste an<br />

Ihrem Job? Lydia Benecke: Der Wissenszuwachs auf<br />

diesem Gebiet ist in den letzten hundert Jahren extrem<br />

angestiegen, die internationale Vernetzung der<br />

Forschung ist ein riesiger Gewinn, um immer schneller<br />

und effektiver Wissen auszutauschen. Besonders<br />

faszinierend ist hierbei, dass Verbrechen niemals<br />

wirklich einzigartig sind. Man findet immer - häufig<br />

auch in unterschiedlichen Zeiten und Kulturen - ähnliche<br />

Prinzipien, die ähnliche Verbrechen auslösen.<br />

Weil mich dieses ganze Themenfeld wissenschaftlich<br />

schon seit bald drei Jahrzehnten interessiert, befasse<br />

ich mich auch außerhalb meiner Berufstätigkeit viel<br />

damit. Auf Autofahrten höre ich mir Berichte über<br />

internationale Fälle an, Zuhause lese ich die aktuelle<br />

Forschungsliteratur - es ist halt mein privates und berufliches<br />

Interessengebiet.<br />

Wir verlosen unter allen<br />

Teilnehmern 1 x 2 Freikarten.<br />

MITMACHEN IST DENKBAR EINFACH: Schicken Sie eine<br />

E-Mail mit dem Betreff „Lydia Benecke“ sowie Ihre Kontaktdaten<br />

an: gewinnspiel@elbgefluester.de oder senden<br />

Sie eine Postkarte mit dem Stichwort „Lydia Benecke<br />

Reuter“ an Elbgeflüster, Goethestr. 81, 01587 Riesa. Bitte<br />

eine Telefonnummer nicht vergessen. Einsendeschluss:<br />

22.03.22. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Foto: Manfred Esser

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