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Die Kraft des Evangeliums 1/2022

- Es ist Gnade, um Christi willen zu leiden (Niko Derksen) - Der Christ und Verfolgung (D. Martyn Lloyd-Jones) - Keine Kompromisse (Stuart Olyott) - Eine Familie mit Gott im Zentrum (Matthew Henry) - Sie preisen sie glücklich (Mary Beeke) - Das Gebot der Buße ist ein Gebot der Gnade (Mission) - Charles Haddon Spurgeon – Eine Biografie (Teil 2) - Die Gnadenlehre führt nicht in Sünde (Charles H. Spurgeon) - Die Evangelisch-Reformierte Baptistengemeinde Wetzlar: Ein Portrait

- Es ist Gnade, um Christi willen zu leiden (Niko Derksen)
- Der Christ und Verfolgung (D. Martyn Lloyd-Jones)
- Keine Kompromisse (Stuart Olyott)
- Eine Familie mit Gott im Zentrum (Matthew Henry)
- Sie preisen sie glücklich (Mary Beeke)
- Das Gebot der Buße ist ein Gebot der Gnade (Mission)
- Charles Haddon Spurgeon – Eine Biografie (Teil 2)
- Die Gnadenlehre führt nicht in Sünde (Charles H. Spurgeon)
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DIE KRAFT DES<br />

EVANGELIUMS<br />

Eine Ausgabe <strong>des</strong> Missionswerks Voice of Hope • 1/<strong>2022</strong><br />

In der Welt habt ihr Bedrängnis;<br />

aber SEID GETROST,<br />

ich habe die Welt überwunden!<br />

Johannes 16,33<br />

• Der Christ und Verfolgung<br />

• Keine Kompromisse<br />

• Eine Familie mit Gott im Zentrum<br />

• Sie preisen sie glücklich<br />

• Aus der Missionsarbeit<br />

• Biografie:<br />

Charles Haddon Spurgeon<br />

• <strong>Die</strong> Gnadenlehre<br />

führt nicht in Sünde<br />

• Das Portrait einer Evangelisch-<br />

Reformierten Baptistengemeinde


INHALT<br />

4<br />

10<br />

16<br />

20<br />

22<br />

27<br />

34<br />

40<br />

Der Christ und Verfolgung<br />

Matthäus 5,10<br />

Keine Kompromisse (Teil 1)<br />

Daniel 3,1-18<br />

Eine Familie mit Gott<br />

im Zentrum<br />

Sie preisen sie glücklich<br />

Das Gebot der Buße ist<br />

ein Gebot der Gnade<br />

Aus der Missionsarbeit<br />

Charles Haddon Spurgeon<br />

Eine Biografie (Teil 2)<br />

<strong>Die</strong> Gnadenlehre<br />

führt nicht in Sünde<br />

<strong>Die</strong> Evangelisch-Reformierte<br />

Baptistengemeinde Wetzlar<br />

Ein Portrait


Es ist Gnade, um<br />

Christi willen zu leiden<br />

Ist es ein Privileg, für Christus zu leiden?<br />

Wenn wir Apostelgeschichte 5 lesen, dann<br />

sehen wir, wie die ersten Christen auf Leid<br />

reagierten. Als die Apostel vor dem Hohen Rat<br />

standen, wurde ihnen verboten, im Namen Jesu<br />

zu reden, und man ließ sie auspeitschen. Was war<br />

ihre Reaktion darauf? »Sie nun gingen voll Freude<br />

vom Hohen Rat hinweg, weil sie gewürdigt worden waren,<br />

Schmach zu leiden um Seines Namens willen« (Apg.<br />

5,41).<br />

Viele Christen von heute haben sich in einem<br />

»Wohlfühl-Christentum« eingenistet; dabei<br />

macht sich eine unbiblische Einstellung breit<br />

gegenüber Leid und Verfolgung in ihrem eigenen<br />

Leben. Zu der ganz natürlich vorhandenen Abneigung<br />

gegen Schmerz und Schwierigkeiten kommt<br />

bei vielen Christen noch die Ansicht hinzu, dass<br />

Nöte auf ihrem Lebensweg nicht einmal auftreten<br />

dürften. Tauchen dennoch wider Erwarten<br />

verschiedenartige Belastungsproben auf, so bringen<br />

sie diese keinesfalls mit Gott in Verbindung.<br />

Völlig anders war es bei den ersten Christen.<br />

Wenn wir als Nachfolger Jesu nicht damit<br />

rechnen, dass wir zum Leiden berufen sind, und<br />

wenn wir dies nicht als ein Privileg ansehen, dann<br />

werden wir versuchen, jedem Leid und jeder Verfolgung<br />

aus dem Weg zu gehen, oder wir werden<br />

schnell Kompromisse schließen. Auf der anderen<br />

Seite stehen wir in Gefahr, dass wir zwar bereit<br />

sind, Leid zu ertragen und uns für gewisse Dinge<br />

einzusetzen, doch wir müssen uns fragen: Ist<br />

es wirklich ein Leiden »um der Gerechtigkeit willen«<br />

(Mt. 5,10)? Martyn Lloyd-Jones sagt: »Wir können<br />

großes Leid über uns bringen – wir können uns<br />

große Schwierigkeiten bereiten, die völlig unnötig<br />

sind –, nur weil wir seltsame Vorstellungen<br />

haben, oder weil wir auf Grund einer falschen<br />

Selbstgerechtigkeit solches heraufbeschwören.«<br />

Manche sind bereit, für ihre eigenen Prinzipien<br />

oder für politische Überzeugung zu leiden, doch<br />

wir müssen verstehen: <strong>Die</strong> Verheißung unseres<br />

Herrn richtet sich nur an diejenigen, die um der<br />

Gerechtigkeit willen verfolgt werden.<br />

Der Apostel Paulus sagt, dass den Philippern<br />

»die Gnade verliehen [wurde], nicht nur an Ihn zu glauben,<br />

sondern auch um Seinetwillen zu leiden« (Phil. 1,29)<br />

– es ist also eine Gnade, die den Gläubigen verliehen<br />

wird. Und bei seinem Brief an Timotheus<br />

führt er es noch weiter aus: »Und alle, die gottesfürchtig<br />

leben wollen in Christus Jesus, werden Verfolgung<br />

erleiden« (2.Tim. 3,12). Auch Jesus lehrt uns,<br />

dass wir mit Schwierigkeiten zu rechnen haben:<br />

»In der Welt habt ihr Bedrängnis« (Joh. 16,33). Wir<br />

müssen lernen, Leid und Verfolgung aus Seiner<br />

Hand anzunehmen und sie geduldig zu ertragen<br />

– ohne zu murren oder um uns zu schlagen. Unser<br />

Herr möchte, dass uns diese Erfahrungen, so hart<br />

sie uns auch treffen mögen, zum Guten dienen –<br />

Er möchte, dass wir dadurch im Glauben gestärkt<br />

und geläutert werden.<br />

Liebe Geschwister, ich wünsche von ganzem Herzen,<br />

das dieses Magazin Sie ermutigt, belebt und<br />

Ihnen neue Einsichten schenkt bezüglich Verfolgung,<br />

Leid und der Frage, wie man als Christ<br />

kompromisslos in dieser Welt leben kann. Ich<br />

bete darum, dass alle falschen Vorstellungen verschwinden,<br />

damit wir erkennen, dass wir durch<br />

stilles Leiden immer mehr in das Bild Christi umgestaltet<br />

werden.<br />

In Christus grüßt Sie herzlich<br />

Niko Derksen<br />

Prediger und Lehrer der<br />

Reformierten Baptistengemeinde Reichshof<br />

voiceofhope.de | 3


D. MARTYN LLOYD-JONES<br />

DER CHRIST<br />

UND VERFOLGUNG<br />

»Glückselig sind, die um der Gerechtigkeit willen<br />

verfolgt werden, denn ihrer ist das Reich der Himmel!«<br />

Matthäus 5,10<br />

Mit den Seligpreisungen beschrieb der<br />

Herr Jesus die Merkmale eines wahren<br />

Christen, und mit den Versen 10-12<br />

wendet Er dann die letzte Aussage insbesondere<br />

auf Seine Jünger an.<br />

Zunächst scheint sich diese Seligpreisung von<br />

allen anderen zu unterscheiden. Sie beschreibt<br />

weniger den Charakter eines Christen, als das,<br />

was daraus resultieren wird, wenn er so ist, wie<br />

die Seligpreisungen ihn beschreiben. Er wird<br />

verfolgt, weil er ein besonderer Mensch ist und<br />

demnach auch ein besonderes Verhalten an den<br />

Tag legt. Mit anderen Worten sagt der Herr Jesus:<br />

»Wenn ihr wahre Christen seid, dann werdet ihr<br />

Verfolgung erleben.«<br />

An dieser Stelle können wir berechtigterweise<br />

sagen, dass wir es hier mit einem Test zu tun haben,<br />

der uns wie kein zweiter prüft. <strong>Die</strong>se Seligpreisung<br />

ist die tiefschürfendste: »Glückselig sind,<br />

die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.« Alle<br />

Seligpreisungen gehen in die Tiefe und stellen uns<br />

auf die Probe. Aber in mehrfacher Weise geht diese<br />

Seligpreisung tiefer als alle andern. Sogleich will<br />

ich aber auch hinzufügen, dass wir bei keiner der<br />

Seligpreisungen so vorsichtig sein müssen wie bei<br />

dieser. Keine ist so anfällig für Missverständnisse<br />

wie diese. Wahrscheinlich ist keine der Seligpreisungen<br />

so häufig missverstanden und falsch angewandt<br />

worden. Ich bin daher der Meinung, dass<br />

es bei dieser Seligpreisung äußerst wichtig ist,<br />

die Worte »um der Gerechtigkeit willen« zu betonen.<br />

Es heißt nicht einfach: »Glückselig sind, die verfolgt<br />

werden«, sondern: »Glückselig sind, die um der<br />

Gerechtigkeit willen verfolgt werden.« Lasst uns daher<br />

sicherstellen, dass wir diesen Vers recht verstehen<br />

und auch wissen, was er wirklich aussagt.<br />

1. WAS »VERFOLGT WERDEN« NICHT BEDEUTET<br />

Es heißt nicht: »Glückselig sind, die verfolgt werden,<br />

weil sie so anstößig sind.« Es wird auch nicht<br />

gesagt: »Glückselig sind die, die es schwer in ihrem<br />

Christenleben haben, weil sie so schwierige<br />

4 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Menschen sind.« Es heißt auch nicht: »Glückselig<br />

sind, die als Christen verfolgt werden, weil es ihnen<br />

einfach an Weisheit fehlt und sie in so törichter<br />

und plumper Art Zeugnis von ihrem Glauben<br />

ablegen.« Das wird an dieser Stelle nicht gesagt.<br />

Aber wie oft begegnet man Christen, die ein<br />

wenig »verfolgt« werden, doch nur ihrer eigenen<br />

Torheit wegen, oder weil etwas mit ihnen oder in<br />

ihrem Verhalten nicht stimmt. Aber diesen Menschen<br />

gilt jene Verheißung nicht. Es geht hier<br />

darum, »um der Gerechtigkeit willen verfolgt [zu] werden«.<br />

Wir sollten uns darüber im Klaren sein. Wir<br />

können großes Leid über uns bringen – wir können<br />

uns große Schwierigkeiten bereiten, die völlig<br />

unnötig sind –, nur weil wir seltsame Vorstellungen<br />

vom Zeugnisgeben haben, oder weil wir<br />

auf Grund einer falschen Selbstgerechtigkeit solches<br />

heraufbeschwören. In dieser Beziehung verhalten<br />

wir uns oft sehr töricht. Wir sind häufig ziemlich<br />

schwerfällig darin, den Unterschied zwischen<br />

Vorurteilen und Prinzipien zu erkennen. Und wir<br />

sind ebenso schwerfällig darin, den Unterschied<br />

zwischen einer natürlichen Anstößigkeit, die in<br />

unserer Eigenart beruht, und dem Anstoß »um der<br />

Gerechtigkeit willen« zu erkennen.<br />

LEIDEN UM DES EIGENEN<br />

FANATISMUS WILLEN<br />

Weiterhin steht da nicht: »Glückselig sind, die um<br />

ihres Fanatismus willen verfolgt werden«, noch<br />

heißt es: »Glückselig sind, die verfolgt werden,<br />

weil sie übereifrig sind.« Fanatismus kann auch<br />

zu Verfolgung führen; aber Fanatismus wird an<br />

keiner Stelle <strong>des</strong> Neuen Testaments befürwortet.<br />

Es gibt so viele Versuchungen, die uns in unserem<br />

geistlichen Leben als Christen behindern wollen.<br />

Besonders der Geist <strong>des</strong> Fanatismus hat schon<br />

manchen in große Schwierigkeiten gebracht.<br />

Ich erinnere mich an einen armen Menschen,<br />

der wegen seines Übereifers nicht nur Leid über<br />

sich selbst gebracht hat, sondern auch über seine<br />

Frau. Er war übereifrig und achtete nicht auf einige<br />

ausdrückliche Anweisungen unseres Herrn,<br />

weil er unbedingt darauf aus war, Zeugnis zu<br />

geben. Wir müssen auf der Hut sein, damit wir<br />

nicht unnötiges Leid über uns selbst bringen. Wir<br />

müssen dabei »klug [sein] wie die Schlangen und ohne<br />

Falsch wie die Tauben« (Mt. 10,16). Gott möge uns<br />

davor bewahren, aus dem Grund zu leiden, weil<br />

wir vergessen, diese Worte zu beherzigen. Mit<br />

anderen Worten, es heißt hier nicht: »Glückselig<br />

sind, die verfolgt werden, weil sie sich falsch verhalten«<br />

oder »eine falsche Einstellung haben«.<br />

Wir erinnern uns, wie weise es Petrus ausdrückt:<br />

»Keiner von euch soll daher als Mörder oder <strong>Die</strong>b oder<br />

Übeltäter leiden.« Wir dürfen aber nicht übersehen,<br />

wen er an dieser Stelle noch in einem Atemzug<br />

mit Mördern, <strong>Die</strong>ben und Übeltätern nennt,<br />

nämlich solche, die »sich in fremde Dinge« mischen<br />

(1.Pt. 4,15).<br />

LEIDEN UM DER EIGENEN<br />

PRINZIPIEN WILLEN<br />

Ich füge dem nun noch eine weitere Verneinung<br />

aus einer anderen Kategorie hinzu. <strong>Die</strong>ser Text<br />

sagt gewiss auch nicht: »Glückselig sind, die wegen<br />

eines ihrer Prinzipien verfolgt werden.« Ich<br />

sage, dass es einen Unterschied macht, ob ich »um<br />

der Gerechtigkeit willen« verfolgt werde oder um einer<br />

eigenen Sache, eines Prinzips willen. Es ist<br />

mir natürlich bewusst, dass sich diese zwei Dinge<br />

oft überschneiden. Viele der bekannten Märtyrer<br />

und Glaubenszeugen haben um der Gerechtigkeit<br />

willen und auch um einer Sache willen gelitten.<br />

Daraus darf man aber nicht schließen, dass beide<br />

Dinge zusammengehören. Ich denke, dass dies<br />

eine ganz wichtige Sache ist, die wir gerade in unserer<br />

Zeit nicht vergessen dürfen.<br />

Ich denke, dass in den letzten Jahren einige<br />

Christen aus religiösen Gründen in Gefängnissen<br />

gelitten haben. Sie haben aber nicht »um der Gerechtigkeit<br />

willen« gelitten. Wir müssen an diesem<br />

Punkt sehr genau unterscheiden. Es besteht<br />

immer die Gefahr, so etwas wie eine Märtyrermentalität<br />

zu entwickeln. Es gibt Menschen, die<br />

sich direkt nach einem Märtyrertum sehnen. Sie<br />

hofieren es förmlich. Davon redet unser Herr hier<br />

nicht.<br />

LEIDEN UM POLITISCH-<br />

RELIGIÖSER GRÜNDE WILLEN<br />

Wir müssen auch anerkennen, dass es auch nicht<br />

um Leid und Verfolgung aus politisch-religiösen<br />

Gründen geht. Wir müssen einfach zur Kenntnis<br />

voiceofhope.de | 5


nehmen, dass viele Christen unter dem Naziregime<br />

als Christen leben und wandeln konnten und<br />

auch das Evangelium in aller Öffentlichkeit verkündigten,<br />

ohne behelligt zu werden. Wir wissen<br />

aber auch von anderen Christen, die in Gefängnisse<br />

gekommen sind. Wir müssen nun genau<br />

hinsehen, was im Einzelfall die Ursache für ihre<br />

Inhaftierung war. Und ich bin davon überzeugt,<br />

dass wir feststellen werden, sofern man diese Unterscheidung<br />

berücksichtigt, dass es ganz allgemein<br />

politische Gründe waren. Ich brauche nicht<br />

zu unterstreichen, dass ich damit auf gar keinen<br />

Fall Hitler und seine Helfershelfer entschuldigen<br />

will. Ich möchte aber jedem Christen raten, auf<br />

diese wichtige Unterscheidung zu achten.<br />

Wenn du und ich Religion und Politik vermischen,<br />

dann sollten wir uns nicht wundern, wenn<br />

wir verfolgt werden. Aber es handelt sich nicht<br />

notwendigerweise um Verfolgung »um der Gerechtigkeit<br />

willen«, wie ich versuche zu verdeutlichen.<br />

<strong>Die</strong>s ist etwas ganz Besonderes und Eigenes, und<br />

eine der größten Gefahren, mit der wir es in der<br />

Gegenwart zu tun haben, ist, zwischen diesen beiden<br />

Dingen nicht zu unterscheiden.<br />

Gegenwärtig gibt es Christen in Nordkorea<br />

und anderen Ländern, für die dies ein sehr akutes<br />

Problem ist. Geht es ihnen um die Gerechtigkeit<br />

oder um eine Sache? Natürlich haben sie ihre politischen<br />

Vorstellungen und Ideen. Sie sind Bürger<br />

ihres Lan<strong>des</strong>. Ich will auch nicht sagen, dass man<br />

nicht für seine politische Meinung eintreten sollte.<br />

Ich muss nur an Folgen<strong>des</strong> erinnern: <strong>Die</strong> zu<br />

dieser Seligpreisung gehörende Verheißung bezieht<br />

sich nicht auf politische Einstellungen.<br />

Wenn du bereit bist, für deine politische Überzeugung<br />

zu leiden, dann tu es. Aber mach dann<br />

Gott keine Vorhaltungen, wenn sich die Segnungen<br />

dieser Seligpreisung in deinem Leben nicht<br />

einstellen. <strong>Die</strong>se Seligpreisung und ihre Verheißung<br />

richten sich an diejenigen, die um der Gerechtigkeit<br />

willen verfolgt werden. Möge Gott<br />

uns gnädig sein und uns Weisheit und Verstand<br />

schenken, damit wir unterscheiden können zwischen<br />

politischen Einstellungen und Vorurteilen<br />

und geistlichen Prinzipien.<br />

Momentan herrscht diesbezüglich viel Verwirrung.<br />

Viel Gerede, das sich christlich anhört und<br />

von dem behauptet wird, dass es christlich darin<br />

sei, dass es gewisse Dinge anprangert, die in dieser<br />

Welt geschehen, ist – und davon bin ich überzeugt<br />

– nichts weiter als ein Ausdruck politischer<br />

Einstellungen. Mein Wunsch ist es, uns vor einer<br />

solchen falschen Auslegung der Schrift zu bewahren,<br />

die zu ganz und gar unnötigem Leid führt.<br />

Eine weitere große Gefahr entsteht, wenn diese<br />

klare biblische Haltung von denen vereinnahmt<br />

wird, die gewisse politische und soziale Vorstellungen<br />

haben. Zwischen beiden Haltungen liegen<br />

Welten, und sie haben nichts miteinander zu tun.<br />

Lasst mich dies an einem Beispiel illustrieren:<br />

Der christliche Glaube ist an und für sich nicht<br />

gegen die Obrigkeit; und ich hoffe, niemand unter<br />

uns ist so töricht, es der römisch-katholischen<br />

Kirche oder einer anderen Richtung zu erlauben,<br />

uns diesbezüglich zu verwirren und in die Irre zu<br />

führen.<br />

Als Christen müssen wir um die Seelen und das<br />

Heil der Regierenden besorgt sein. Sie müssen uns<br />

genauso am Herzen liegen wie alle anderen Menschen<br />

auch. Hinterlassen wir aber bei ihnen erst<br />

einmal den Eindruck, dass der christliche Glaube<br />

sich nur gegen sie richte, verschließen und verbarrikadieren<br />

wir selbst die Tür zu ihnen und halten<br />

sie förmlich davon ab, die Heilsbotschaft <strong>des</strong><br />

<strong>Evangeliums</strong> anzuhören. Liebe Christen, lasst uns<br />

sehr vorsichtig sein und die Aussagen der Schrift<br />

so nehmen, wie sie dastehen.<br />

LEIDEN, WEIL WIR<br />

»GUTE MENSCHEN« SIND<br />

Nun noch eine letzte verneinende Bemerkung. In<br />

dieser Seligpreisung heißt es noch nicht einmal:<br />

»Glückselig sind, die verfolgt werden, weil sie so<br />

›gute Menschen‹ sind« – oder so großzügig, oder<br />

so opferbereit. Und hier haben wir es mit einer<br />

weiteren äußerst wichtigen Unterscheidung zu<br />

tun. <strong>Die</strong>se Seligpreisung sagt also nicht, dass wir<br />

gesegnet sind, wenn wir aus dem Grund leiden,<br />

weil wir gut und großzügig sind – denn aus diesem<br />

Grund wird mit höchster Wahrscheinlichkeit<br />

niemand verfolgt werden.<br />

Es ist doch eine unwiderlegbare Tatsache, dass<br />

die Welt normalerweise Menschen lobt, verehrt<br />

und liebt, die einfach nur gut und nobel sind. <strong>Die</strong><br />

Welt bedrängt und verfolgt nur die Gerechten.<br />

Es gibt Menschen, die große Opfer gebracht und<br />

Karrieren, Reichtum und eine rosige Zukunft aufgegeben<br />

haben, ja sogar ihr Leben opferten. Sol-<br />

6 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


che Menschen hält die Gesellschaft doch in hohen<br />

Ehren und macht sie zu ihren Helden.<br />

Wir sollten daher sofort vermuten, dass es sich<br />

bei ihrem Opfer oder bei ihren Leiden nicht um<br />

Verfolgung um der Gerechtigkeit willen handelt,<br />

von der in dieser Seligpreisung gesprochen wird.<br />

Es gibt berühmte Persönlichkeiten, die die Welt<br />

für großartige Christen hielt, nur weil sie große<br />

Opfer gebracht haben. Das, so meine ich, sollte<br />

bei uns sogleich die Frage aufwerfen, ob solche<br />

Menschen um der Gerechtigkeit willen verfolgt<br />

wurden, oder ob der Grund für ihr Opfer und ihre<br />

Leiden ein anderer ist – etwa ein allgemein nobler<br />

Charakter.<br />

2. WAS »VERFOLGT WERDEN« BEDEUTET<br />

Wie ist denn nun diese Seligpreisung zu verstehen?<br />

Ich möchte es folgendermaßen ausdrücken:<br />

Gerecht sein, also Gerechtigkeit zu üben heißt, so<br />

zu sein wie der Herr Jesus Christus. Glücklich gepriesen<br />

werden also diejenigen, die verfolgt werden,<br />

weil sie so sind wie der Herr. Es geht noch<br />

weiter: <strong>Die</strong>jenigen, die so sind wie ihr Herr, werden<br />

immer verfolgt werden. Ich möchte euch dies<br />

anhand <strong>des</strong>sen beweisen, was die Heilige Schrift<br />

lehrt.<br />

Hört auf das, was unser Herr darüber zu sagen<br />

hat: »Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie Mich<br />

vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wärt, so hätte<br />

die Welt das Ihre lieb; weil ihr aber nicht von der Welt<br />

seid, sondern Ich euch aus der Welt heraus erwählt habe,<br />

darum hasst euch die Welt. Gedenkt an das Wort, das Ich<br />

zu euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein<br />

Herr. Haben sie Mich verfolgt, so werden sie auch euch<br />

verfolgen« (Joh. 15,18-20) – ohne Einschränkung;<br />

hier handelt es sich um eine kategorische Aussage.<br />

Hört auch auf das, was Paulus an Timotheus<br />

schreibt, der diese Lehre nicht verstand und unglücklich<br />

war, weil er verfolgt wurde: »Und alle, die<br />

gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, werden Verfolgung<br />

erleiden« (2.Tim. 3,12). Das ist wiederum eine<br />

kategorische Aussage. Aus diesem Grunde habe<br />

ich anfangs gesagt, dass ich überzeugt bin, dass<br />

dies die tiefschürfendste aller Seligpreisungen ist.<br />

Lei<strong>des</strong>t du Verfolgung?<br />

MENSCHEN, DIE UM<br />

DER GERECHTIGKEIT WILLEN<br />

VERFOLGT WURDEN<br />

Da ist Abel, der von seinem Bruder verfolgt wurde.<br />

Mose war bitterer Verfolgung ausgesetzt. David<br />

wurde von Saul verfolgt. Und Elia und Jeremia<br />

mussten schreckliche Verfolgung erdulden.<br />

Erinnern wir uns an Daniel, und wie er verfolgt<br />

wurde. <strong>Die</strong>s sind einige der gerechtesten Männer<br />

<strong>des</strong> Alten Testaments, außergewöhnliche Persönlichkeiten,<br />

und jede von ihnen belegt diese biblische<br />

Lehre. Sie wurden nicht verfolgt, weil sie<br />

etwa schwierige, übereifrige Charaktere gewesen<br />

wären. Sie wurden verfolgt, weil sie gerecht<br />

waren.<br />

Im Neuen Testament finden wir genau den<br />

gleichen Sachverhalt vor. Erinnern wir uns an die<br />

Apostel, und welche Verfolgungen sie erdulden<br />

mussten. Ich bezweifle, ob es je eine Person gab,<br />

die mehr erlitten hat als der Apostel Paulus, trotz<br />

seiner Sanftmut und Güte und Freundlichkeit. Es<br />

sollte uns nicht überraschen, wenn er schreibt:<br />

»Alle, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus,<br />

werden Verfolgung erleiden.« Er hat das an so vielen<br />

Stellen seines Lebens erfahren.<br />

Das beste Beispiel ist aber unser Herr Selbst.<br />

Ihn sehen wir in all Seiner einzigartigen Vollkommenheit,<br />

Seiner Sanftmut und Freundlichkeit –<br />

Ihn, von dem gesagt werden kann: »Das geknickte<br />

Rohr wird Er nicht zerbrechen, und den glimmenden<br />

Docht wird Er nicht auslöschen« (Jes. 42,3). Niemals<br />

war irgendjemand so gütig und freundlich! Aber<br />

schauen wir, was Ihm widerfahren ist, und was<br />

die Welt Ihm angetan hat.<br />

Lest aber auch die lange Geschichte der Gemeinde<br />

Jesu. Ihr werdet herausfinden, dass sie<br />

eine endlose Bestätigung <strong>des</strong>sen ist, was wir hier<br />

feststellen. Lest Biographien wie jene von Johannes<br />

Hus oder den Vätern <strong>des</strong> Protestantismus.<br />

Oder informiert euch über die Erweckung im 18.<br />

Jahrhundert, wie die Prediger verfolgt wurden.<br />

Nicht viele haben so viel Verfolgung erlitten wie<br />

z. B. Hudson Taylor. Er wusste, was es heißt, von<br />

Zeit zu Zeit Verfolgung zu leiden. Er ist schlicht<br />

eine Bestätigung dieser Seligpreisung.<br />

voiceofhope.de | 7


Wer verfolgt die Gerechten? Wenn wir daraufhin<br />

die Schrift und die Kirchengeschichte durchforschen,<br />

dann werden wir herausfinden, dass<br />

Verfolgung nicht nur von Seiten der Welt ausgegangen<br />

ist. Einige der schlimmsten Verfolgungen,<br />

die die Gerechten erdulden mussten, gingen von<br />

der Kirche oder Gemeinde selbst aus, von religiösen<br />

Menschen also. Sehr oft geht Verfolgung von<br />

Namenschristen aus.<br />

Schauen wir wieder auf unseren Herrn. Wer<br />

waren Seine Hauptverfolger? <strong>Die</strong> Pharisäer, die<br />

Lehrer <strong>des</strong> Gesetzes. Auch die ersten Christen<br />

wurden aufs unerbittlichste von den Juden verfolgt.<br />

Und dann werfen wir einen Blick in die<br />

Kirchengeschichte, wie die römisch-katholische<br />

Kirche im Mittelalter nicht wenige von denen verfolgte,<br />

die die reine Wahrheit erkannt hatten und<br />

nun versuchten, in aller Stille danach zu leben. Sie<br />

wurden von sehr religiösen Menschen verfolgt.<br />

Das war auch die Geschichte der Väter <strong>des</strong> Puritanismus.<br />

Das ist die Lehre der Heiligen Schrift, bestätigt<br />

durch die Kirchengeschichte, dass Verfolgung<br />

nicht nur von außen zu kommen braucht, sondern<br />

aus den eigenen Reihen. Viele nehmen Vorstellungen<br />

über das Christentum an, die weit von dem<br />

entfernt sind, was die Schrift lehrt. Und aufgrund<br />

dieser Vorstellungen verfolgen sie dann diejenigen,<br />

die schlicht und aufrichtig ihrem Herrn auf<br />

dem schmalen Weg nachfolgen wollen.<br />

Vielleicht kannst du dies auch schon aus eigener<br />

Erfahrung bestätigen. Von Neubekehrten<br />

habe ich schon oft gehört, dass sie weit mehr<br />

Widerstand von angeblichen Christen erfahren<br />

haben als von Seiten der Welt, die oft erfreut ist,<br />

dass sie sich verändert haben, und etwas darüber<br />

wissen möchte. Nominelles, formales Christentum<br />

ist oft der größte Feind <strong>des</strong> biblischen Glaubens.<br />

WARUM WERDEN DIE<br />

GERECHTEN VERFOLGT?<br />

Warum werden gerade die Gerechten verfolgt<br />

und nicht die Guten und Anständigen? Ich meine,<br />

die Antwort darauf ist sehr einfach. <strong>Die</strong> Guten<br />

und Anständigen werden ganz selten verfolgt,<br />

weil man in ihrer Gegenwart das Gefühl<br />

hat, sie seien gerade so, wie man in den besten<br />

Momenten seines Lebens ist. Aber die Gerechten<br />

werden verfolgt, weil sie so ganz anders sind. Darum<br />

hassten die Pharisäer und Schriftgelehrten<br />

den Herrn Jesus Christus – und zwar nicht, weil<br />

Er solch ein guter Mensch war, sondern weil Er<br />

so anders war. Sie sahen am Herrn etwas, das sie<br />

verurteilte. Bei Ihm ahnten sie, dass ihre Gerechtigkeit<br />

sehr schäbig aussah – und das gefiel ihnen<br />

überhaupt nicht.<br />

<strong>Die</strong> Gerechten mögen gar nichts sagen, sie<br />

verurteilen die anderen nicht so sehr mit Worten.<br />

Aber indem sie das sind, was sie sind, verurteilen<br />

sie. In ihrer Gegenwart fühlen sich andere unleidlich<br />

und schrumpfen zu nichts zusammen. Darum<br />

werden sie gehasst, und man setzt alles daran,<br />

auch bei ihnen Fehler zu finden. Das ist auch die<br />

Erklärung für die Verfolgung, die Daniel erlitten<br />

hat. Er musste leiden, weil er gerecht war. Er<br />

machte keine Show daraus, sondern verhielt sich<br />

eigentlich still und unauffällig. Seine Widersacher<br />

aber sagten: »<strong>Die</strong>ser Mann verdammt uns in dem,<br />

was er tut. Wir müssen ihn ausschalten.« Das ist<br />

immer der Auslöser, auch bei unserem Herrn. <strong>Die</strong><br />

Pharisäer und andere hassten Ihn um Seiner absoluten<br />

Heiligkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit<br />

willen. Und das ist auch der Grund, warum solche<br />

freundlichen und liebevollen Menschen wie<br />

Martin Luther, Hudson Taylor usw. so unerbittlich<br />

und grausam verfolgt wurden, und das manchmal<br />

durch die Hände sogenannter Christen.<br />

3. SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

Ich denke, es ist nun klar, dass wir daraus gewisse<br />

Schlussfolgerungen ziehen können. Zum einen<br />

sagt uns das alles sehr viel über unsere Vorstellung<br />

von der Person <strong>des</strong> Herrn Jesus Christus. Wenn<br />

unser Verständnis über Ihn dahin tendiert, dass<br />

Er eigentlich von einem Nichtchristen bewundert<br />

und gefeiert werden könnte, dann haben wir<br />

ein falsches Verständnis über Ihn. Der Eindruck,<br />

den der Herr auf Seine Zeitgenossen machte, war<br />

derart, dass sie Steine nach Ihm warfen. Sie hassten<br />

Ihn; sie entschieden sich letztendlich für den<br />

Freispruch eines Mörders und töteten Ihn. Das<br />

ist die Wirkung, die der Herr immer auf die Welt<br />

ausübt.<br />

8 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Aber es gibt noch andere Vorstellungen über<br />

Ihn. Es gibt weltliche Menschen, die uns sagen, sie<br />

bewunderten Jesus Christus. Aber sie tun das nur,<br />

weil sie Ihn nicht wirklich kennen. Würden sie<br />

Ihn kennen, so würden sie Ihn hassen wie Seine<br />

Zeitgenossen. Der Herr ändert sich nicht; und der<br />

Mensch ändert sich auch nicht.<br />

<strong>Die</strong>s führt zu meiner zweiten Schlussfolgerung:<br />

<strong>Die</strong>se Seligpreisung ist auch für unsere Vorstellungen<br />

über das Christsein ein Test. Ein Christ<br />

ist wie sein Herr; und solches sagte der Herr über<br />

Seine Nachfolger: »Wehe euch, wenn alle Leute gut von<br />

euch reden! Denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen<br />

Propheten gemacht« (Lk. 6,26). Ist das nicht gerade<br />

auch unsere Vorstellung von einem vorbildlichen<br />

Christen, dass er ein netter, beliebter Mensch<br />

sei, der niemals jemanden ärgert oder kränkt, und<br />

mit dem man sehr gut auskommt? Wenn diese Seligpreisung<br />

aber wahr ist, dann ist ein solcher kein<br />

echter Christ; denn der echte Christ wird nicht<br />

von allen Seiten verehrt und gelobt. Sie rühmten<br />

unseren Herrn nicht, und sie rühmen auch nicht<br />

die Menschen, die wie Er sind.<br />

Das führt uns zur letzten Folgerung: <strong>Die</strong> Wiedergeburt<br />

ist eine absolute Notwendigkeit, ehe<br />

überhaupt jemand Christ werden kann. Christsein<br />

bedeutet letztlich, so zu sein wie der Herr<br />

Selbst. Kein Mensch kann allerdings so sein, bevor<br />

er nicht völlig verändert wurde. Wir müssen<br />

das alte Wesen zuerst loswerden, das Christus<br />

und die Gerechtigkeit hasst. Wir benötigen das<br />

neue Wesen, das diese Dinge liebt und vor allem<br />

Ihn liebt und dann so wird wie Er. Wenn du versuchst,<br />

Christus lediglich zu imitieren, dann wird<br />

dich die Welt preisen. Wenn du aber so wirst wie<br />

Christus, dann wird sie dich hassen.<br />

WISSEN WIR, WAS ES HEISST,<br />

»UM DER GERECHTIGKEIT WILLEN«<br />

VERFOLGT ZU WERDEN?<br />

Um unserem Herrn ähnlich zu werden, müssen<br />

wir Licht werden (Jes. 60,1); Licht entlarvt immer<br />

die Finsternis, und darum hasst die Finsternis<br />

auch immer das Licht. Wir sollen nicht anstößig<br />

sein, nicht töricht, nicht unweise. Wir dürfen aus<br />

unserem Glauben auch nicht eine Show machen.<br />

Wir sollten auch nichts tun, das Verfolgung heraufbeschwört.<br />

Wenn wir aber so sind wie unser<br />

Herr, dann wird es unweigerlich zu Verfolgung<br />

kommen. Aber die herrliche Seite dieser Sache<br />

ist, wie Petrus und Jakobus sagen: »Freut euch<br />

darüber!« Und unser Herr sagt: »Glückselig seid<br />

ihr, wenn es euch so ergeht.« Denn wann immer<br />

wir um <strong>des</strong> Herrn und um der Gerechtigkeit willen<br />

verfolgt werden, ist das in der Tat ein Zeichen<br />

dafür, dass wir Christen und Bürger <strong>des</strong> Reiches<br />

Gottes sind. »Denn euch wurde«, sagt Paulus, »was<br />

Christus betrifft, die Gnade verliehen, nicht nur an Ihn zu<br />

glauben, sondern auch um Seinetwillen zu leiden« (Phil.<br />

1,29).<br />

Ich schaue auf jene ersten Christen, die von<br />

den Obrigkeiten verfolgt wurden. Ich höre, wie<br />

sie Gott dafür danken, dass sie für würdig erfunden<br />

wurden, um Seines Namens willen zu leiden.<br />

Möge der Herr uns durch Seinen Geist in diesen<br />

Dingen viel Weisheit verleihen und Unterscheidungsvermögen<br />

und Verstand, sodass wir, wenn<br />

wir zu leiden haben, auch gewiss sein können,<br />

dass es um der Gerechtigkeit willen geschieht.<br />

Dann werden wir auch die ganze Tröstung erfahren,<br />

die diese herrliche Seligpreisung verheißt.<br />

Entnommen aus dem Buch:<br />

BERGPREDIGT (Band 1)<br />

Predigten über Matthäus 5,3-48<br />

ZUM BUCH<br />

Martyn Lloyd-Jones gibt uns eine detaillierte und umfassende<br />

Auslegung <strong>des</strong> wohl bekanntesten, aber am häufigsten missverstandenen<br />

Bibeltextes – der Bergpredigt. <strong>Die</strong>se Predigt ist kein »Gesetzbuch« über<br />

Ethik oder Moral, sondern eine Beschreibung <strong>des</strong>sen, wozu wir als<br />

Menschen geschaffen sind.<br />

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voiceofhope.de | 9


STUART OLYOTT<br />

KEINE<br />

ompromisse<br />

Daniel 3,1-18<br />

In Daniel 3 lesen wir einen Bericht darüber, wie<br />

drei Männer sich mutig über den Befehl <strong>des</strong><br />

mächtigsten Mannes in der damaligen Welt<br />

hinwegsetzten, um dem lebendigen Gott zu gehorchen.<br />

Ihm zu gefallen, war ihnen sogar wichtiger<br />

als ihr eigenes Leben. Ihr Vorbild zeigt uns,<br />

was das Wesen der Gottseligkeit ist. Das Kapitel<br />

zeichnet uns auch auf, wie Gott eingegriffen und<br />

ihren Glauben bestätigt hatte.<br />

<strong>Die</strong> Hauptsache in diesem Kapitel ist jedoch<br />

nicht die wunderbare Errettung jener Männer.<br />

Wir haben mit dem Glauben an Wunder keine<br />

Probleme – das hoffe ich jedenfalls! Wenn wir<br />

erkennen, dass Gott allmächtig ist, und wenn wir<br />

erst einmal glauben, dass Er Seinen Sohn aus den<br />

Toten auferweckt hat, dann sind Wunder für uns<br />

kein Problem mehr. <strong>Die</strong> machtvolle Errettung,<br />

von der in diesem Kapitel berichtet wird, erfüllt<br />

unsere Herzen mit der Anbetung Gottes. Und<br />

doch ist diese Errettung nicht das Wichtigste, was<br />

wir beachten sollten.<br />

<strong>Die</strong> Hauptsache in diesem Kapitel ist, dass<br />

hier drei junge Gläubige versucht werden, Unrecht<br />

zu tun, und dass sie dieses Ansinnen ablehnen.<br />

Sie sind bereit, nicht im Einklang mit den<br />

anderen zu stehen, selbst wenn diese Haltung für<br />

TEIL<br />

10 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />

1<br />

1/<strong>2022</strong>


sie einen schrecklichen Tod bedeuten sollte. Das<br />

Wort »Kompromiss« gehört nicht zu ihrem Wortschatz.<br />

Unrecht bleibt Unrecht, und sie wollen es nicht<br />

tun, wie groß die Gefahr auch sein mag. Sie wollen<br />

keine Sünde tolerieren. Auf diesen Punkt sollten<br />

wir unsere Aufmerksamkeit richten, denn er<br />

lehrt uns einmal mehr, wie das Zeugnis für Gott<br />

in einer heidnischen Welt aufrechterhalten wird.<br />

Wenn wir Gott in einer gefallenen Welt treu bleiben<br />

wollen, dann müssen wir selbst den Weg Sadrachs,<br />

Mesachs und Abed-Negos gehen. <strong>Die</strong>ses<br />

Kapitel ruft uns die alte Frage in Erinnerung:<br />

Was geschieht, wenn eine unwiderstehliche <strong>Kraft</strong> auf<br />

ein unbewegliches Objekt prallt?<br />

(Wenn man davon absieht, dass es sich in diesem<br />

Fall um drei unbewegliche Objekte handelt!) Wir<br />

werden uns zunächst die unwiderstehliche <strong>Kraft</strong><br />

anschauen, danach die unbeweglichen Objekte.<br />

Schließlich werden wir sehen, was geschah, als die<br />

beiden aufeinanderprallten.<br />

DIE UNWIDERSTEHLICHE KRAFT<br />

<strong>Die</strong> unwiderstehliche <strong>Kraft</strong> ist der König Nebukadnezar.<br />

Wenn wir die Verse 1-7 genau betrachten,<br />

dann wird schnell deutlich werden, warum ich<br />

ihn so bezeichne. Der Bericht beginnt damit, dass<br />

er ein Bild aufrichten lässt. Es war unter babylonischen<br />

und syrischen Machthabern üblich, Bilder<br />

zu ihrer eigenen Ehre aufrichten zu lassen, und<br />

was Nebukadnezar tat, wurde nicht als besonders<br />

ungewöhnlich angesehen. Es handelte sich wahrscheinlich<br />

um ein Bild, das seine eigene Person<br />

darstellen sollte. Es ist auch sicher, dass er dabei<br />

nicht allein an seine eigene Ehre dachte, sondern<br />

auch an die Ehre der Götter, die er anbetete.<br />

<strong>Die</strong> Unkosten für die Herstellung und Aufrichtung<br />

eines solchen Bil<strong>des</strong> müssen riesig gewesen<br />

sein. Vergoldet stand es auf seinem Po<strong>des</strong>t<br />

und war über 27 Meter hoch; seine Breite betrug<br />

jedoch nur 2,7 Meter. <strong>Die</strong>se Proportionen sind<br />

ziemlich seltsam, sind aber typisch für babylonische<br />

Standbilder. <strong>Die</strong>ses riesige Standbild wurde<br />

dann in der Ebene Dura aufgerichtet. Es konnte<br />

wahrscheinlich aus vielen Kilometern Entfernung<br />

gesehen werden, insbesondere dann, wenn<br />

sein Goldüberzug die Sonne reflektierte.<br />

Als das Bild fertig war, fand eine Einweihungszeremonie<br />

statt. Hierauf wird in den Versen 2 und<br />

3 Bezug genommen. Bedeutende Beamte kamen<br />

aus den entferntesten Ecken <strong>des</strong> babylonischen<br />

Weltreiches, und ihre unterschiedlichen <strong>Die</strong>nstgrade<br />

werden uns vorgestellt. Wahrscheinlich<br />

hatte niemand in der damals bekannten Welt je<br />

einer solchen Feier beigewohnt. <strong>Die</strong> Menschenmenge<br />

war wohl riesig, und der ganze Prunk war<br />

großartig. Es war ein Bild, das vom mächtigen König<br />

von Babylon errichtet worden war, sowohl zu<br />

seiner eigenen Ehre als auch zu Ehren seiner Götter,<br />

und die Menschen waren bereit, von überall<br />

her zu kommen, um es zu sehen.<br />

In Vers 4 lesen wir, dass der Herold, der vor dieser<br />

großen Menschenmenge stand, »mit gewaltiger<br />

Stimme« rief. Was für eine Stimme muss er wohl<br />

gehabt haben! Der verstummenden Menschenmenge<br />

erteilte er einen Befehl im Namen <strong>des</strong> Königs.<br />

Niemand war von seinen Ansprüchen ausgenommen.<br />

Verschiedene Völker und Nationen und<br />

Sprachen aus dem gesamten babylonischen Weltreich<br />

waren anwesend, und was befohlen wurde,<br />

galt für sie alle. Auch ein Orchester war bei der<br />

Zeremonie anwesend, <strong>des</strong>sen Instrumente in den<br />

Versen 5, 7, 10 und 15 aufgeführt sind. Alle Arten<br />

von Musikinstrumenten waren dabei. Der Befehl<br />

<strong>des</strong> Herolds lautete, dass jeder, wer es auch immer<br />

sein und wo er sich gerade befinden mochte, niederzufallen<br />

und das neu aufgerichtete Bild anzubeten<br />

habe, sobald dieses Orchester spielen würde.<br />

Wenn Vers 6 – »Wer aber nicht niederfällt und anbetet,<br />

der soll augenblicklich in den glühenden Feuerofen<br />

geworfen werden!« – uns heute verwirrend und unvernünftig<br />

zu sein scheint, dann sollten wir uns<br />

an etwas erinnern. <strong>Die</strong>ses seltsame Standbild war<br />

zu Ehren <strong>des</strong> Königs und seiner Götter aufgerichtet<br />

worden. Wenn man nicht vor ihm niederfiel, so<br />

konnte dies nur als Untreue interpretiert werden.<br />

Es wäre eine Weigerung, sich dem Wort <strong>des</strong> Königs<br />

unterzuordnen – was einem Verrat gleichgekommen<br />

wäre. Solches Verhalten konnte nur mit<br />

einem schrecklichen Tod im glühenden Feuerofen<br />

bestraft werden.<br />

Vor solch einem Götzen niederzufallen, stellte<br />

für die große Mehrheit der Menschen im babylo-<br />

voiceofhope.de | 11


nischen Weltreich kein Problem dar, selbst wenn<br />

sie aus anderen Nationen kamen. Sie mussten<br />

einfach nur denken: »<strong>Die</strong> Götter Babylons sind offensichtlich<br />

stärker als unsere eigenen; ansonsten<br />

wären wir nicht besiegt worden. Wir sollten das<br />

durchaus anerkennen.«<br />

Selbst für die Juden in der Verbannung stellte<br />

ein solches Niederfallen kein Problem mehr dar.<br />

Seit Generationen hatten sie Gott nicht gehorcht<br />

und hatten sich im Götzendienst verstrickt. <strong>Die</strong><br />

harten Worte der Propheten hatten sie beständig<br />

ignoriert. Sie hatten wahrscheinlich keine Gewissensbisse,<br />

sich vor dem goldenen Standbild niederzuwerfen.<br />

Götzendienst war ihnen schon in<br />

Fleisch und Blut übergegangen. Warum sollten sie<br />

sich jetzt selbst zum sicheren Tod verurteilen, indem<br />

sie es ablehnten, etwas zu tun, was sie schon<br />

jahrelang getan hatten?!<br />

<strong>Die</strong> Unterordnung unter den Befehl <strong>des</strong> Königs<br />

konnte erwartet werden, denn niemand wurde<br />

dadurch in Verlegenheit gebracht oder verletzt.<br />

Niemand – außer natürlich der gottesfürchtige<br />

Überrest. Das Zeichen für <strong>des</strong>sen bleibende Treue<br />

zu Gott war, dass sie nichts mit der Anbetung falscher<br />

Götter zu tun hatten. Das »erste und größte<br />

Gebot« (Mt. 22,36-39) war für sie von allergrößter<br />

Bedeutung: Sie waren überzeugt, dass nichts<br />

wichtiger sei, als den Herrn, ihren Gott, mit ganzem<br />

Herzen, ganzer Seele, ganzem Denken und<br />

der ganzen <strong>Kraft</strong> zu lieben (Mk. 12,30; vgl. Mt.<br />

22,36-40).<br />

Sie hatten es sogar abgelehnt, Speise zu sich<br />

zu nehmen, die den Götzen geopfert worden war,<br />

so dass sie sich sicherlich nicht vor einem Götzen<br />

verbeugen würden. Jeder andere konnte sich<br />

wohl dem Befehl <strong>des</strong> Königs unterordnen, aber<br />

nicht sie. Es gibt eine höhere Macht, der sie gehorchen<br />

mussten. Sie allein wollten anders sein.<br />

Unrecht bleibt Unrecht, und sie konnten es nicht<br />

tun, selbst wenn die Konsequenz ihres Verhaltens<br />

der sichere Tod in einem glühenden Feuerofen<br />

war. Als alle anderen niederfielen, bleiben sie<br />

stehen!<br />

Seit 2 000 Jahren haben diktatorische Regierungen<br />

Christen befohlen, entweder gottlosen<br />

Forderungen zu entsprechen oder sterben zu<br />

müssen. In vielen Staaten der heutigen Welt erleidet<br />

das Volk <strong>des</strong> Herrn Verfolgung. Sie schmachten<br />

im Gefängnis, dürfen nur die niedrigsten Aufgaben<br />

in der Gesellschaft verrichten, ertragen das<br />

Herzeleid, dass ihnen ihre Kinder weggenommen<br />

werden, leiden unter der Folter und sterben einen<br />

qualvollen Tod. Doch sie geben nicht auf, denn<br />

sie wissen, dass allein Gott die Ehre gebührt. Ihr<br />

fester Entschluss ist: lieber leiden und sterben, als<br />

dem Herrn untreu zu sein.<br />

Wir leben nicht unter einer solchen Regierung.<br />

Und doch bleiben die Worte Samuel Rutherfords<br />

auch für uns wahr: »Du wirst nicht die Möglichkeit<br />

erhalten, dich still in den Himmel und die Gemeinschaft<br />

Christi hineinzustehlen, ohne einen Kampf kämpfen und<br />

ein Kreuz tragen zu müssen.« Der Staat versucht heute,<br />

die Kontrolle über die Gemeinden zu erlangen,<br />

und die Menschen um uns her setzen uns unter<br />

Druck, sich ihnen in ihren Sünden anzuschließen,<br />

indem sie immer wieder sagen: »Jeder andere tut<br />

es doch auch; warum tust du es nicht? Warum<br />

willst du anders sein? Los, gib dir einen Ruck –<br />

nur dieses eine Mal!«<br />

Manche jungen Christen werden dazu gedrängt,<br />

sich mit den Kameraden zu betrinken<br />

oder ihre Unschuld vor der Ehe preiszugeben. Sie<br />

werden unter Druck gesetzt, zu lügen, zu stehlen,<br />

schmutzige Bücher zu lesen und sich anstößige<br />

Serien und Filme anzuschauen. <strong>Die</strong> Entheiligung<br />

<strong>des</strong> Sonntags, Geldverschwendung, Unpünktlichkeit,<br />

Glücksspiel und tausend andere Sünden,<br />

Anstandslosigkeit und Stolz werden als Tugenden<br />

gepriesen.<br />

<strong>Die</strong> Welt hat ihren eigenen »Feuerofen«, der diejenigen<br />

erwartet, die sich nicht der Anbetung ihrer<br />

Götzen hingeben. Es ist der Feuerofen der Verspottung,<br />

<strong>des</strong> Belächeltwerdens, der Verachtung<br />

und Ignorierung.<br />

Gottesfürchtigen Menschen wird wegen ihrer<br />

Verweigerungshaltung gesagt, dass sie engstirnige,<br />

verkalkte Trottel seien, und ihnen wird die<br />

kalte Schulter gezeigt, indem sie vom Leben und<br />

der Zuneigung der Menschen in ihrer Umgebung<br />

ausgeschlossen werden. Vielen Gemeinden und<br />

einzelnen Christen erscheint der Druck heute unwiderstehlich.<br />

Sie fühlen sich zu einer Entscheidung<br />

gedrängt. Sie müssen entweder nachgeben<br />

und so sein wie andere auch, oder sie müssen<br />

sich dagegen wehren und alles verlieren. Das war<br />

die Entscheidung, vor die Sadrach, Mesach und<br />

Abed-Nego gestellt wurden!<br />

12 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


DREI UNBEWEGLICHE »OBJEKTE«<br />

Was taten diese drei jungen Männer, als sie vor diese direkte<br />

Entscheidung gestellt wurden?<br />

<strong>Die</strong> Verse 8-18 sagen es uns. Ihre Entscheidung<br />

war es, Gott zu gefallen – ganz gleich, welche Konsequenzen<br />

das mit sich bringen mochte. Von dieser<br />

Position rückten sie nicht einen Millimeter ab.<br />

<strong>Die</strong> unwiderstehliche <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> Befehls <strong>des</strong> Königs<br />

traf auf drei unbewegliche Objekte!<br />

Wir wollen versuchen, uns die in den Versen<br />

8-12 berichtete Szene vorzustellen. Versuchen<br />

wir, uns ein Bild von der riesigen Volksmenge zu<br />

machen, von der erregten und erwartungsvollen<br />

Atmosphäre. Schließlich spielt das Orchester, und<br />

die Volksmenge beugt sich, wie befohlen, zur Erde.<br />

Es sind – wie es auffälliger nicht gehen kann – nur<br />

drei Menschen, die immer noch aufrecht stehen!<br />

Zweifelsohne haben wir alle schon mal Gottesdienste<br />

besucht, bei denen wir erlebten, dass<br />

jemand stehen blieb, nachdem alle anderen Besucher<br />

sich gesetzt hatten. Jeder nimmt Notiz von<br />

ihm; je<strong>des</strong> Auge fixiert ihn. Wie viel auffälliger<br />

müssen Sadrach, Mesach und Abed-Nego wohl<br />

gewesen sein! Das ganze Weltreich fällt nieder,<br />

aber drei Männer – und zwar nur diese drei – besitzen<br />

die Frechheit, einfach stehen zu bleiben!?<br />

Im Lichte von Kapitel 1 war es wahrscheinlich<br />

weithin bekannt, dass diese drei jegliche Form<br />

von Götzendienst nicht gutheißen konnten. Aber<br />

diesmal scheint es, als ob ihre Haltung sie zugrunde<br />

richten würde. Sie werden dem König namentlich<br />

genannt. Gewiss hätten viele gute Dinge über<br />

sie gesagt werden können, um solch eine Anklage<br />

abzuschwächen. Aber nichts dergleichen wird zu<br />

ihrer Entlastung gesagt. Es wird direkt erklärt,<br />

dass diese drei Beamten keinen Respekt vor der<br />

Obrigkeit und dem König haben.<br />

<strong>Die</strong> Verse 13-15 berichten uns, wie der König in<br />

seinem wilden Zorn befiehlt, diese drei Männer<br />

sogleich zu ihm zu bringen.<br />

»Ist es wahr?«, fragt er sie. Er sichert ihnen<br />

dann zu – ebenso, wie die Welt um uns her es tut<br />

–, dass es, wenn die Kunde von ihrer Weigerung<br />

wahr sei, noch nicht zu spät sei, ihre Meinung zu<br />

ändern und sich so zu verhalten wie jeder andere<br />

auch: »Kommt schon, seid bereit!«, sagt der König.<br />

»Sobald ihr den Klang der Hörner, Flöten, Zithern,<br />

Lauten, Harfen und Sackpfeifen und aller Arten von Musik<br />

hören werdet, niederzufallen und das Bild anzubeten,<br />

das ich gemacht habe, [dann ist es gut!] Wenn ihr es aber<br />

nicht anbetet, so sollt ihr augenblicklich in den glühenden<br />

Feuerofen geworfen werden! Und wer ist der Gott, der<br />

euch aus meiner Hand erretten könnte?« (V. 15).<br />

<strong>Die</strong> Welt um uns her fordert sehr hartnäckig,<br />

Christen zu überreden, sich ihr anzupassen. Sie<br />

kann diejenigen nicht tolerieren, die damit auffallen,<br />

dass sie sich nicht anpassen. Und bevor<br />

die Welt es anstrebt, jemanden zu ruinieren, versucht<br />

sie, ihn zu überreden, genauso wie alle anderen<br />

zu werden. Es scheint etwas in der Welt zu<br />

geben, das sie sehr darauf bedacht sein lässt, dass<br />

das Volk <strong>des</strong> Herrn sich ihr in seinem Denken und<br />

Handeln anpasst. <strong>Die</strong>jenigen, die nicht vor ihren<br />

Götzen niederfallen, vor denen sie sich niederwirft,<br />

verwirren und beunruhigen sie. Sie kann<br />

Leute nicht verstehen, die andere Werte haben.<br />

Sie ärgert sich besonders über diejenigen, die den<br />

unsichtbaren Gott vor allem und jedem anderen<br />

verehren und lieben. Sie würde sie lieber überreden,<br />

als sie zu bestrafen; doch wenn es ihr nicht<br />

gelingt, sie zu überreden, dann wird die Welt die<br />

wahren Gläubigen eigentlich immer bestrafen.<br />

Tatsächlich ist die Androhung einer Strafe Bestandteil<br />

ihrer Argumentation, warum man sich<br />

ihr anpassen soll.<br />

Nebukadnezar ist sehr zornig. Wie können sie es<br />

wagen, ihn nicht als den Höchsten anzuerkennen?<br />

Wenn sie seine Herrschaft nicht auf diese<br />

Weise anerkennen, dann müssen sie es eben auf<br />

eine andere Weise tun – der Feuerofen würde beweisen,<br />

wo die wirkliche Macht liegt. Wenn er, der<br />

König, sie einmal hineingeworfen hätte, wer wäre<br />

der Gott, der fähig wäre, sie aus seiner Hand zu<br />

erretten?! Vers 16 zeigt uns, weshalb es zutreffend<br />

ist, Sadrach, Mesach und Abed-Nego als »unbewegliche<br />

Objekte« zu bezeichnen. Sie antworteten<br />

und sagten zum König Nebukadnezar: »Wir haben<br />

es nicht nötig, dir darauf ein Wort zu erwidern.«<br />

Damit gaben sie Folgen<strong>des</strong> zu verstehen: »<strong>Die</strong><br />

Anklage, die gegen uns erhoben wird, ist wahr.<br />

Wir wollen uns nicht verteidigen, nicht rechtfertigen<br />

oder entschuldigen. Fakten sind Fakten,<br />

und wir stehen zu ihnen. Es ist völlig wahr,<br />

voiceofhope.de | 13


dass wir uns nicht vor dem goldenen Bild niedergeworfen<br />

haben. Wenn du uns nun in den Feuerofen<br />

werfen willst, so geschehe es. Unser Gott<br />

kann uns erretten. In der Tat wird Er das tun.<br />

Wenn Er jedoch nach Seinem souveränen Wohlgefallen<br />

beschließt, uns nicht zu retten, dann wisse,<br />

dass wir immer noch nicht bereit wären, die<br />

Sünde zu tun, die du von uns verlangst.«<br />

Hier spricht der wahre Glaube! Es ist leicht,<br />

sich zu weigern, vor dem Standbild niederzufallen,<br />

wenn die Befreiung von der Strafe sicher ist.<br />

<strong>Die</strong>se drei Männer waren sich der Rettung bewusst.<br />

Aber ihre Entschiedenheit ging so weit,<br />

dass sie sich selbst dann nicht vor dem Bild niederwerfen<br />

würden, wenn sie nicht befreit würden.<br />

So handelt nur der wahre Glaube, so verhalten<br />

sich nur gottesfürchtige Christen. Im Christenleben<br />

gibt es ein großes Prinzip, an das wir uns immer<br />

erinnern sollten. Charles Haddon Spurgeon<br />

brachte es mit folgenden Worten zum Ausdruck:<br />

»Deine Pflicht ist es, das Richtige zu tun; die Konsequenzen<br />

liegen bei Gott ... Deine und meine Aufgabe<br />

ist es, das Richtige zu tun, selbst wenn der Himmel<br />

einstürzen würde, und dem Gebot Christi zu folgen,<br />

welche Konsequenzen das auch mit sich bringen mag<br />

... O meine Herren, was haben wir mit den Konsequenzen<br />

zu tun?! Der Himmel mag einstürzen, aber<br />

der gottesfürchtige Mann sollte seinem Herrn gehorsam<br />

und Seiner Wahrheit treu bleiben. O Mann Gottes,<br />

sei gerecht und fürchte dich nicht! <strong>Die</strong> Konsequenzen<br />

stehen bei Gott, und nicht bei dir.«<br />

<strong>Die</strong>ses biblische Prinzip wird durch Sadrach,<br />

Mesach und Abed-Nego veranschaulicht. Unsere<br />

Pflicht und das Limit unserer Pflicht ist es, das<br />

Rechte zu tun – nicht weniger, aber auch nicht<br />

mehr. Wenn ein gerechter Lebenswandel derartig<br />

tödliche Konsequenzen nach sich zieht wie in ihrem<br />

Fall, dann ist das Gottes Angelegenheit. <strong>Die</strong><br />

Konsequenzen liegen in Seinen Händen, doch die<br />

Pflicht liegt in den unseren. Unsere Aufgabe in<br />

diesem Leben ist es, das zu tun, was Ihm wohlgefällt,<br />

koste es, was es wolle, und ganz gleich, welche<br />

Folgen es mit sich bringen mag.<br />

Sadrach, Mesach und Abed-Nego lebten nach<br />

diesem Prinzip. Nie zuvor hatten sie, soweit wir<br />

wissen, willentlich den König von Babylon verärgert.<br />

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie derartiges<br />

gewollt hätten. Doch wenn man sich entscheiden<br />

muss, entweder dem mächtigsten Mann<br />

auf Erden oder dem ewigen Gott zu gefallen, dann<br />

hat man nur eine Wahl, nur einen Weg, den man<br />

gehen kann. Das »Schlimmste«, was die Welt uns<br />

antun kann, ist, uns zu töten.<br />

Das ist ein überwältigend tröstlicher Gedanke!<br />

Wir werden alle einmal sterben und früher oder<br />

später vor Gott stehen müssen. Sicher ist es besser,<br />

vorzeitig getötet zu werden und Frieden zu haben<br />

im Blick auf unsere Verantwortung vor Ihm, als<br />

ein bisschen länger zu leben und dann mit Schrecken<br />

vor Ihm zu stehen. Wir wissen, dass das Grab<br />

nicht das Ende ist. Warum also sollte denn die bloße<br />

To<strong>des</strong>gefahr für uns ein Grund sein, Dem nicht<br />

mehr gefallen zu wollen, dem wir nach dem Tod<br />

Rechenschaft zu geben haben? Wie viel weniger<br />

sollte uns daher die viel schwächere Androhung<br />

der Verhöhnung davon abhalten, unserem Herrn<br />

in dieser Welt nachzufolgen?<br />

Zu wenige Gläubige beschäftigen sich mit diesem<br />

Thema, über das wir gerade nachgedacht haben.<br />

<strong>Die</strong>s erklärt, warum so viele von ihnen dem<br />

Druck unserer Zeit nachgeben. Sie betrachten nur<br />

die kurzfristigen Konsequenzen, die es mit sich<br />

bringt, der Welt zu missfallen, und entscheiden<br />

dementsprechend darüber, was sie tun.<br />

Sadrach, Mesach und Abed-Nego taten das<br />

genaue Gegenteil. Wie die Konsequenzen auch<br />

immer aussehen mochten – Recht bleibt Recht<br />

und Unrecht bleibt Unrecht. Daher beschlossen<br />

sie, das Richtige zu tun und das Ergebnis Gott zu<br />

überlassen. Solche Überlegungen erhalten das<br />

Zeugnis für Gott in dieser Welt lebendig. Wenn<br />

wir aber Kompromisse schließen, verlieren wir all<br />

unsere <strong>Kraft</strong>, um die Menschen in unserer Umgebung<br />

für Christus zu gewinnen, beziehungsweise<br />

um ein wahres Zeugnis zu sein.<br />

<strong>Die</strong> unwiderstehliche <strong>Kraft</strong> war auf drei unbewegliche<br />

Objekte gestoßen. <strong>Die</strong> mächtigste <strong>Kraft</strong><br />

der damaligen Welt hatte befohlen: »Tut dies!« Ihr<br />

wurde mit der Antwort begegnet, die der Böse am<br />

meisten fürchtet: »Nein!«<br />

• Nebukadnezar wird jedoch nicht von dem Weg<br />

abrücken, den er gewählt hat.<br />

• Sadrach, Mesach und Abed-Nego werden auch<br />

nicht von dem Standpunkt abrücken, den sie<br />

eingenommen haben.<br />

• Welche Folgen wird ihre Haltung haben?<br />

»<br />

<strong>Die</strong> Fortsetzung folgt in »<strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>« 2-<strong>2022</strong>.


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Eine Familie mit<br />

GOTT im Zentrum<br />

Ein Auszug aus dem gleichnamigen Buch von<br />

MATTHEW HENRY<br />

Warum sollten christliche Familien auch<br />

als gottesfürchtige Familien bekannt<br />

sein?<br />

Ich möchte einige Prinzipien aufzeigen, weshalb<br />

ihr in euren Häusern Gott ins Zentrum stellen<br />

solltet. Könnte ich doch so angenehme Worte<br />

finden, um euch zu überzeugen! Habt ein wenig<br />

Geduld mit mir, dann will ich euch zeigen, was im<br />

Namen Gottes zu sagen ist, was eurer Überlegung<br />

wert ist.<br />

Wenn Gott ins Zentrum eurer Familie kommt,<br />

wird Er mitten unter euch wohnen<br />

Unser Gott hat bezüglich Seines Volkes gesagt:<br />

»<strong>Die</strong>s ist für immer Meine Ruhestatt, hier will Ich wohnen;<br />

denn Ich habe sie begehrt« (Ps. 132,14). Es ist sehr<br />

wünschenswert, die gnadenreiche Gegenwart<br />

16 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Gottes bei uns in unseren Familien zu haben,<br />

denn Er hat versprochen: »Wo zwei oder drei in Meinem<br />

Namen versammelt sind, da bin Ich in ihrer Mitte«<br />

(Mt. 18,20). Das war es auch, was sich David so<br />

sehr wünschte: »Wann wirst Du zu mir kommen?« (Ps.<br />

101,2).<br />

Für David wäre sein Palast, sein Hof, wie ein<br />

Gefängnis gewesen, wie ein Kerker, wenn Gott<br />

nicht in seinem Haus hätte wohnen wollen. Ist<br />

das nicht auch das Sehnen eurer Herzen? Ihr, die<br />

ihr eine Familie habt, möchtet ihr nicht, dass Gott<br />

mitten unter euch wohnt? Fleht Ihn an, bittet Ihn<br />

um Sein Wohlwollen und umwirbt Ihn um Seine<br />

bleibende Gegenwart. Er Selbst möchte gerne mitten<br />

unter Seinem Volk wohnen und Seine Gunst<br />

und Gnade jeden Morgen neu schenken. Wenn Er<br />

in eure Mitte kommt, so kommt Er friedfertig und<br />

bringt einen Segen mit, den Er auf den Wohnungen<br />

der Gerechtigkeit ruhen lässt (Hes. 44,30). Er<br />

wird einen Segen verheißen, der auf nicht weniger<br />

hinauslaufen soll als auf »Leben bis in Ewigkeit«<br />

(Ps. 133,3).<br />

<strong>Die</strong>ses Wohlgefallen und dieser Segen werden<br />

eure Beziehungen angenehm, eure Unternehmungen<br />

erfolgreich machen; eure Freuden<br />

werden sich vermehren, und dadurch werden für<br />

euch alle Dinge rein gemacht. Das wird eure familiären<br />

Annehmlichkeiten verdoppeln und eure<br />

familiären Leiden halbieren. Dadurch werden<br />

eure »Zelte« in Tempel und eure »Hütten« in Paläste<br />

verwandelt, so dass man dazu sagen kann:<br />

»Schön erhebt sich, die Freude der ganzen Erde, der Berg<br />

Zion« (Ps. 48,3) bzw. je<strong>des</strong> Haus, in dem Gott im<br />

Zentrum ist.<br />

Der Weg allerdings, um Gottes Wohlgefallen<br />

für euch und eure Häuser zu finden, besteht darin,<br />

sie zu Seiner Zufriedenheit einzurichten. So<br />

lud die gute Schunamitin den Propheten Elisa in<br />

ein Obergemach ein, das sie für ihn bereitet hatte,<br />

indem sie ihn dort mit einem Bett, einem Tisch,<br />

einem Stuhl und einer Lampe beherbergte (2.Kön.<br />

4,8-11).<br />

Wollt ihr eure Häuser so einrichten, wie es Gott<br />

wohlgefällt? Es wird von euch nicht erwartet, dass<br />

ihr sie so ausstattet wie ehemals Seine Stiftshütte,<br />

für die man »blauen und roten Purpur und Karmesin<br />

[und] weißes Leinen« verwenden musste (2.Mo.<br />

25,4). Aber richtet Ihm einen »Thron« und einen<br />

»Altar« auf und haltet bei<strong>des</strong> instand, damit die<br />

ganze Familie Ihm von dem »Altar« aus Ehre erweist<br />

und Er von dem »Thron« aus euch und euren<br />

Kindern das Gesetz und Evangelium kundtut.<br />

Dann könnt ihr Seines Wohlgefallens und Seines<br />

Segens gewiss sein und euch von Tag zu Tag über<br />

Seinen Trost trösten. Gott wird auf einem Weg der<br />

Gnade mit euch sein, während ihr auf dem Weg<br />

der Pflicht bei Ihm seid. Wenn ihr Ihn sucht, wird<br />

Er von euch gefunden werden. Über eurem »Zelt«<br />

wird der vertraute Umgang mit Gott walten, wie<br />

es bei Hiob der Fall war (Hi. 29,4) und wie es bei<br />

den Gerechten ist (Ps. 25,14; Spr. 3,32-33).<br />

Wenn Gott im Zentrum eurer Familie ist, wird<br />

euer Haus zu einem »Heiligtum«.<br />

Der Herr Selbst wird für euch wie ein Heiligtum<br />

sein (Hes. 11,16). Das Mittel zur Erfüllung dieser<br />

Verheißung in euren Häusern besteht darin, die<br />

Gottesfurcht in euren Häusern aufrechtzuerhalten.<br />

Dann werdet ihr ruhig und sicher leben wie<br />

auf einer hohen Burg, die von schützenden Felsen<br />

umgeben ist (nach Jes. 33,16).<br />

Das Gesetz Gottes betrachtet das Haus eines<br />

Mannes als seine Burg, und das Evangelium<br />

Christi macht es tatsächlich dazu. Wenn Gottes<br />

Gnade die Herrlichkeit im Zentrum dieses Hauses<br />

bildet, wird Seine Fürsorge »eine feurige Mauer um es<br />

her sein« (Sach. 2,9).<br />

Satan irritierte es, dass Gott den frommen<br />

Hiob, sein Haus und alles, was er besaß, ringsum<br />

eingehegt hatte, so dass er keine einzige Lücke<br />

finden konnte, durch die er bei ihm eindringen<br />

konnte (Hi. 1,10).<br />

Je<strong>des</strong> Haus, in dem der Herr wohnt, wird beschützt<br />

werden wie die Stiftshütte in der Wüste;<br />

denn Gott hat verheißen, darüber »bei Tag eine<br />

Wolke und Rauch [zu] schaffen und den Glanz einer<br />

Feuerflamme bei Nacht, denn über der ganzen Herrlichkeit<br />

wird ein Schutzdach sein« (Jes. 4,5). Wenn wir auf<br />

diese Weise unser »ganzes Leben lang [im Haus <strong>des</strong><br />

HERRN]« wohnen, indem wir unsere Häuser zu<br />

Seinen Wohnungen machen, dann wird Er uns »in<br />

Seiner Hütte … [und] im Schutz Seines Zeltes [verbergen]«<br />

(Ps. 27,4-5).<br />

Wo auch immer Familien mit Gott im Zentrum<br />

lagern, werden sich die Engel Gottes um sie herum<br />

lagern und ihre »Zelte dort aufschlagen«, wo sie<br />

die ihren aufbauen. Wir denken kaum daran, wie<br />

sehr wir es dem <strong>Die</strong>nst der guten Engel verdanken,<br />

dass unsere Familien vor der Niedertracht<br />

der bösen Engel bewahrt werden, die unablässig<br />

voiceofhope.de | 17


den gerechten Menschen Schaden zuzufügen versuchen.<br />

Es gibt sowohl den Schrecken der Nacht<br />

als auch Pfeile, die bei Tag fliegen, vor denen sich<br />

nur diejenigen bergen können, die unter dem<br />

Schatten <strong>des</strong> Allmächtigen bleiben (Ps. 91,1-5).<br />

Wenn ihr eure Häuser mit dem bestmöglichen<br />

Versicherungsvertrag versichern wollt, dann verwandelt<br />

sie in »Gotteshäuser«. Auf diese Weise<br />

werden sie unter den besonderen Schutz Dessen<br />

gestellt, welcher »der Hüter Israels« ist, der weder<br />

»schläft noch schlummert« (Ps. 121,4). Und wenn ihnen<br />

irgendein Schaden zugefügt wird, wird es in<br />

Gnade und Herrlichkeit wieder gutgemacht. Der<br />

Weg der Pflicht ist ohne Zweifel der sicherste Weg.<br />

Betende Familien werden vor mehr Übeln bewahrt,<br />

als ihnen selbst bewusst ist. Sie erkennen<br />

nicht immer den Unterschied, den Gottes Gnade<br />

zwischen ihnen und anderen macht. Doch Gott<br />

gefällt es, solchen Unterschied manchmal bemerkbar<br />

zu machen, wie in der Geschichte, die<br />

glaubhaft berichtet wurde: In der Schweiz gibt es<br />

im Kanton Bern ein gewisses Dorf, das aus neunzig<br />

Häusern besteht und das im Jahr 1584 durch<br />

ein Erdbeben völlig zerstört wurde – bis auf ein<br />

Haus. Dort wohnte ein gottesfürchtiger Mann,<br />

der zu jener Zeit gerade mit seiner Familie gemeinsam<br />

zum Herrn betete. <strong>Die</strong>se Verheißung<br />

ist dem ganzen Samen <strong>des</strong> glaubenden Abraham<br />

sicher (Röm. 4,16): »Fürchte dich nicht, … Ich bin dein<br />

Schild …« (1.Mo. 15,1).<br />

Der weise Salomo hat es so ausgedrückt: »Wer<br />

... auf Mich hört, der wird sicher wohnen; er kann ohne<br />

Sorge sein und muss kein Unheil fürchten« (Spr. 1,33).<br />

Das bedeutet: Wer auch immer auf Gott hört, ganz<br />

gleich, wo er wohnt – er wird in sicherer Weise<br />

wohnen und ruhig sein vor allem wahrhaft Bösen<br />

selbst und vor der erschreckenden und quälenden<br />

Furcht vor dem Bösen. Nichts kann dem schaden,<br />

nichts braucht den zu erschrecken, den Gott beschützt.<br />

Wenn ihr Gott nicht im Zentrum eurer Familie habt,<br />

dann ist zu befürchten, dass Satan dort einen Thron haben wird<br />

Wenn in euren Familien nicht die Gottesfurcht<br />

vorherrscht, werden dort Sünde und Bosheit<br />

herrschen. »Ich … [weiß,] wo du wohnst«, sagt Christus<br />

zu dem Engel der Gemeinde von Pergamus,<br />

»da, wo der Thron <strong>des</strong> Satans ist« (Off. 2,13). Das war<br />

deren Drangsal.<br />

Es gibt viele, deren Sünde darin besteht, dass<br />

sie wegen ihrer Gottlosigkeit und Unmoral dem<br />

Satan in ihrem Haus einen Sitz gewähren, und<br />

dieser Sitz ist ein Thron. Wie kann das verhindert<br />

werden? Nun, der sicherste Weg, das zu verhindern,<br />

besteht wohl darin, dass Gott durch Sein<br />

Wort ins Zentrum der Familie gelangt.<br />

Martin Luther sagte: »Wo Gott eine Kirche<br />

baut, da baut der Teufel eine Kapelle daneben.«<br />

Eher der Wahrheit entsprechend sollte es lauten:<br />

»Wo Gott keine Gemeinde baut (oder: in welchem<br />

Haus Gott nicht wohnt), da wird der Teufel seine<br />

Kapelle bauen.« Wenn der unreine Geist das Haus<br />

in diesem Sinn leer vorfindet – leer vom Geist<br />

Gottes, obwohl es »gesäubert und geschmückt [ist].<br />

Dann … nimmt [er] sieben andere Geister mit sich, die<br />

bösartiger sind als er, und sie ziehen ein und wohnen dort«<br />

(Mt. 12,44-45).<br />

Schreckliche Geschichten sind über Häuser<br />

erzählt worden, die vom Teufel geplagt wurden,<br />

und über die Angst der Leute, die in solchen Häusern<br />

wohnen. Das sind Häuser, in denen Aufruhr<br />

und Trunkenheit herrschen, Häuser, deren Sprache<br />

aus Schwören und Fluchen besteht, oder wo<br />

schlimmere Bosheiten wie Stolz, Arglist, Habsucht<br />

und Betrug die Oberhand haben. Von diesen<br />

Häusern kann man dann wahrlich urteilen, dass<br />

sie vom Teufel geplagt sind. Das sind die trostlosesten<br />

Häuser, in denen ein Mensch wohnen<br />

kann, und Behausungen böser Geister.<br />

<strong>Die</strong> Art und Weise, Sünde von unserem Haus<br />

fernzuhalten, besteht nun darin, die Gottesfurcht<br />

im Haus hochzuhalten. Sie wird das wirksamste<br />

Gegenmittel gegen das Gift Satans sein. Als Abraham<br />

hinsichtlich <strong>des</strong> Hauses Abimelechs dachte,<br />

dass es an diesem Ort keine Gottesfurcht gebe,<br />

kam er zu dem Schluss: »Darum werden sie mich<br />

wegen meiner Frau umbringen!« (1.Mo. 20,11). Wo es<br />

keine Gottesfurcht gibt, wo man nicht die Bibel<br />

liest, nicht betet, keine Familienandacht hält und<br />

keine geistlichen Lieder singt – was kann man<br />

da anderes erwarten als Böses?! Wo Gottlosigkeit<br />

herrscht, da wird es auch Unmoral, Streit<br />

und Zank, Unzufriedenheit und alles Böse geben.<br />

18 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


<strong>Die</strong>jenigen, die das ernstliche Gebet zurückhalten,<br />

machen die Gottesfurcht zunichte (Hi. 15,4).<br />

Wenn aber wahre Anbetung ihren Platz in der Familie<br />

hat, dann kann man hoffen, dass das Laster<br />

dort keinen Platz findet. Es liegt viel Wahrheit in<br />

dem Ausspruch <strong>des</strong> guten John Dod (1549-1645):<br />

»Entweder bringt das Beten einen Menschen<br />

dazu, das Sündigen aufzugeben, oder das Sündigen<br />

bringt einen Menschen dazu, das Beten aufzugeben.«<br />

Deshalb bleibt noch eine Hoffnung für solche,<br />

in deren Häusern Chaos herrscht, die jedoch Gott<br />

um Gnade bitten, dass Er bei ihnen einkehren<br />

möge. Dort wird es zunächst zwar Kämpfe zwischen<br />

Christus und Belial geben, und die Beleidigungen<br />

durch Sünde und Satan werden dreist und<br />

bedrohlich sein; doch ihr dürft trotzdem hoffen,<br />

dass der Feind an Boden verliert, solange Christus<br />

das Schlachtfeld verteidigt und ihr die Waffen Seiner<br />

Kriegsführung einsetzt.<br />

Wenn Gott im Zentrum eurer<br />

Familie ist, wird es bei euch an Trost nicht mangeln<br />

Nichts ist wohltuender für eine begnadete Seele,<br />

als ununterbrochene Gemeinschaft mit einem<br />

gnädigen Gott zu haben. <strong>Die</strong>s ist das Einzige,<br />

was sie begehrt: dass sie »bleiben darf im Haus <strong>des</strong><br />

HERRN« (Ps. 27,4). Hier befindet sie sich in ihrem<br />

Element. Das ist ihre Ruhe für immer.<br />

Wenn unsere Häuser somit Häuser sind, in denen<br />

der Herr wohnt und regiert, werden wir aus<br />

diesem Grund unser Heim lieben und unsere tägliche<br />

Familienandacht für die schönste und höchste<br />

unserer täglichen Freuden betrachten. Was sind<br />

Salomos Gärten und Parkanlagen und Wasserteiche<br />

und die anderen Vergnügungen der Menschen<br />

(Pred. 2,5.6.8) im Vergleich zu diesen Freuden, in<br />

Gemeinschaft mit unserem Herrn und der Familie<br />

zu sein?<br />

Wenn Gott also ins Zentrum eurer Familie kommt,<br />

wird es dazu führen, dass sich die familiären Beziehungen<br />

für euch angenehm gestalten, indem<br />

die Gottesfurcht die Liebe fördert, Streitigkeiten<br />

verhindert und hitzige Auseinandersetzungen,<br />

die jederzeit aufbrechen können, im Keim erstickt.<br />

Eine Familie, die in der Furcht Gottes lebt<br />

und sich täglich zur Familienandacht vereint, hat<br />

wirklich wahre Freude.<br />

Wenn die Einigkeit in der Familie durch die<br />

Gegenwart <strong>des</strong> Herrn zustande kommt, dann ist<br />

dies wie der Tau, der auf die Berge Zions, auf die<br />

heiligen Berge, herabfließt (Ps. 133,3). <strong>Die</strong> Gemeinschaft<br />

einer gottesfürchtigen Familie ist<br />

ohne Zweifel die angenehmste Gemeinschaft hier<br />

auf Erden. <strong>Die</strong>s ist die lebendigste Darstellung<br />

und der schönste Vorgeschmack auf die kommenden<br />

Freuden im Reich Gottes – für solche, die<br />

durch Christus gerecht gemacht wurden –, welche<br />

die große Hoffnung wahrer Christen in dieser unvollkommenen<br />

Welt sind.<br />

Das Familienleben in der Furcht Gottes zu gestalten,<br />

wird die Angelegenheiten der Familie zum<br />

Erfolg führen; und wenn auch nicht alles unserem<br />

Sinn entspricht, so können wir doch im Glauben<br />

voraussehen, dass es gewiss zu unserem Besten<br />

dienen wird. Wenn sich diese »Freundlichkeit <strong>des</strong><br />

Herrn, unseres Gottes, … über uns« und unseren Familien<br />

befindet, wird sie »das Werk unserer Hände<br />

[für uns fördern], ja, das Werk unserer Hände [wird sie]<br />

fördern!« (Ps. 90,17). Sie wird unsere Herzen damit<br />

trösten, dass alles, was geschieht, vom Herrn kontrolliert<br />

und gelenkt wird.<br />

Wir sollten nicht meinen, dass unser Berg (Ps.<br />

30,8) so fest stehe, dass er nicht bewegt werden<br />

könne. Als Christen müssen wir mit »Bedrängnis im<br />

Fleisch« (1.Kor. 7,28) rechnen. <strong>Die</strong>se Betrübnis kann<br />

gerade aus dem kommen, woraus wir unseren<br />

größten Trost schöpfen – aus unseren Häusern.<br />

Wenn Gott sie in Seiner Souveränität zu Häusern<br />

der Trauer macht (Pred. 7,2-4), dann wird es uns<br />

zum Trost sein, sie als Häuser <strong>des</strong> Gebets zu haben,<br />

und zwar schon, bevor die Trübsal kommt.<br />

Wenn Krankheit, Trauer und Tod in eure Familie<br />

gelangen (und früher oder später wird dies<br />

geschehen), dann ist es gut, dass ihr als Familie<br />

darin geübt seid, täglich Gott zu suchen im Gebet.<br />

Denn wenn ihr mit diesem guten Werk erst<br />

dann beginnt, wenn das Leid euch dazu zwingt,<br />

wird es euch reichlich schwerfallen, besonderen<br />

Trost zu finden. <strong>Die</strong>jenigen aber, die unablässig<br />

beten, wenn es ihnen gut geht, können auch dann<br />

trostreich beten, wenn sie in Not sind.<br />

voiceofhope.de | 19


Mary Beeke<br />

Sie preisen<br />

sie glücklich<br />

<strong>Die</strong> kulturellen Strömungen unserer Gesellschaft<br />

wirbeln um uns herum. Wenn<br />

wir uns von den derzeitigen Weltanschauungen<br />

mitreißen lassen, können wir uns<br />

zweier Dinge sicher sein: Es wird uns an Zufriedenheit<br />

fehlen, und die Trends werden sich auch<br />

wieder ändern. Es gibt einen besseren Weg. Liebe<br />

Schwestern, man mag uns als »unzeitgemäß«<br />

bezeichnen, aber der ursprüngliche Plan unseres<br />

Schöpfers ist immer noch sehr gut. Je mehr wir<br />

ihn annehmen, <strong>des</strong>to mehr Segen werden wir<br />

ernten.<br />

Lasst uns die Rolle der Ehefrau und Mutter<br />

untersuchen. Wir wollen einen Blick auf das große<br />

Ganze werfen, aber wir wollen uns auf unsere<br />

eigene Verantwortung konzentrieren. Wir wollen<br />

nicht fragen: »Erfüllt mein Mann seinen Teil?«,<br />

sondern wir wollen fragen: »Wie kann ich unsere<br />

Ehe bereichern, indem ich meinen Teil dazu beitrage?«<br />

Einige Grundprinzipien werden uns motivieren,<br />

Gottes Willen zu befolgen. Von Anfang<br />

an war Adam das Haupt seiner Frau Eva. Sie war<br />

seine »Gehilfin ..., die ihm entspricht« (1.Mo. 2,18), und<br />

sie waren beide glücklich. Nachdem die Sünde<br />

in die Welt gekommen war, widersetzte sich Eva<br />

Adams Führung. Das ist auch unsere natürliche<br />

Neigung. Aber es gibt eine gute Nachricht: So wie<br />

Jesus Christus Seine Gemeinde liebend erlöst hat,<br />

ist dein Mann dazu berufen, dich als seine Braut<br />

zu lieben, zu versorgen und sich für dich hinzugeben<br />

(Eph. 5,22-33). Du reagierst darauf, indem du<br />

deinen Mann ehrst und dich ihm unterordnest, so<br />

wie es die Gemeinde gegenüber Christus tut.<br />

20 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Wir müssen aus dem Geist Gottes geboren<br />

sein, damit dieser wunderbare Plan gelingt. Ohne<br />

den Heiligen Geist können wir es einfach nicht<br />

schaffen. Der Geist pflanzt die Liebe zu Gott und<br />

zu unserer Familie in unsere Herzen. Wir schöpfen<br />

<strong>Kraft</strong>, Weisheit, Geduld und all das, was wir<br />

brauchen, wenn wir Zeit mit Gott verbringen, indem<br />

wir täglich die Heilige Schrift lesen und beten.<br />

Dann geben wir uns unserer Familie hin.<br />

Du bist aufgerufen, deinen Mann zu ehren.<br />

Das beginnt in deinem Herzen und überträgt<br />

sich auf deine Worte, deinen Tonfall und dein<br />

Handeln. Versetze dich in seine Welt, indem du<br />

Fragen zu seiner Arbeit und seinen Interessen<br />

stellst. Teile ihm deine geistlichen Gedanken und<br />

deine Empfindungen mit. Danke ihm dafür, dass<br />

er hart arbeitet und für eure Familie sorgt. Wenn<br />

ihr nicht einer Meinung seid, besprecht die Probleme<br />

unter vier Augen. Setze ihn nicht mit deinen<br />

Worten oder deinem Gesichtsausdruck herab.<br />

Respektiere seine Ansichten im Umgang mit den<br />

Kindern. Mach ihm privat und öffentlich Komplimente.<br />

Weise auf seine positiven Charaktereigenschaften<br />

hin. Dein Mann wird deine Liebe und<br />

Wertschätzung spüren, und das wird euch enger<br />

zusammenschweißen.<br />

»Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern<br />

unter als dem Herrn« (Eph. 5,22). Es ist Gottes Plan<br />

für die Ehe, dass wir uns unseren Ehemännern<br />

bereitwillig unterordnen, so wie sie sich Gott unterordnen<br />

und Seinem Willen und Seinem Wort<br />

gehorchen. Unser Herr Jesus hat uns ein Vorbild<br />

gegeben, indem Er sich dem Vater unterordnete.<br />

Gott hat Männer und Frauen mit erstaunlichen,<br />

einander ergänzenden Unterschieden geschaffen<br />

– sowohl emotional, als auch körperlich und<br />

geistig. So wie unsere Körper zusammenpassen,<br />

wenn wir uns einander in der Ehe hingeben, so<br />

passt auch unser Leben im Alltag zusammen. Wir<br />

gehören zueinander. Sowohl die körperliche Intimität<br />

als auch das tägliche Leben verbinden uns<br />

zu einer Einheit. Wir sind gleichwertig, aber wir<br />

haben unterschiedliche Rollen. Wir sind ein Team.<br />

Wir setzen unsere Gaben und Fähigkeiten zum<br />

Wohle unserer Familien ein. Wir besprechen die<br />

Probleme; aber wenn wir uns nicht einig sind, hat<br />

Gott den Ehemann zum Entscheidungsträger bestimmt.<br />

Er führt, wir folgen. Schwestern, lasst uns<br />

danach streben, die Frau zu sein, auf die sich ihr<br />

Mann verlässt, dass sie ihm alle Tage ihres Lebens<br />

Gutes erweist (Spr. 31,11-12).<br />

Aber was ist, wenn du in einer schwierigen<br />

Ehe lebst? Dein Mann ist vielleicht ein Ungläubiger<br />

– oder ein Gläubiger mit einem schwierigen<br />

Charakter. Du hast die harte Aufgabe, den Königsweg<br />

<strong>des</strong> Gehorsams gegenüber Gott zu gehen. Du<br />

darfst Sünde nicht zulassen oder gar mitmachen.<br />

Du musst keinen Missbrauch erdulden. Aber zeige<br />

ihm auf jede andere mögliche Weise Liebe,<br />

Ehrerbietung und Unterordnung. Bete viel und<br />

erwarte, dass Gott deine Freundlichkeit und dein<br />

gottesfürchtiges Verhalten zu seiner Bekehrung<br />

und seinem Wachstum in der Gnade einsetzt (siehe<br />

1.Pt. 3,1-2).<br />

Gott hat uns speziell dafür ausgerüstet, unsere<br />

Kinder zu gebären, sie zu nähren und zu versorgen.<br />

<strong>Die</strong> Liebe einer Mutter wird mit der Liebe<br />

Gottes verglichen (Jes. 49,15; 66,13). Wir sollten<br />

unsere mütterlichen Fähigkeiten schätzen und<br />

die Gelegenheit wahrnehmen, unsere Kinder die<br />

Furcht und Liebe Gottes zu lehren (5.Mo. 6,4-7).<br />

Eine Hausfrau zu sein, ist wichtig und ehrenvoll.<br />

Kindererziehung kann man mit Goldwaschen vergleichen.<br />

Wir wühlen uns durch viel Schmutz und<br />

Unrat, um die Goldklumpen am Boden der Waschpfanne<br />

zu finden; es braucht viel geduldige Lehre<br />

und Zurechtweisung, um unsere Kinder zur Gottesfurcht<br />

zu erziehen. Gottesfürchtige Kinder sind<br />

die Bausteine der Gemeinde und der Gesellschaft.<br />

Eine gottesfürchtige Ehefrau und Mutter zu sein,<br />

ist ein Privileg und ein Segen. Zweifelst du daran?<br />

Fühlt sich die Frau aus Sprüche 31 etwa unterdrückt?<br />

Nein. Sie ist erfüllt. Sie dient ihrer Familie,<br />

indem sie kocht, putzt, näht, Waren einkauft, Produkte<br />

verkauft, Land kauft und Gartenarbeit betreibt.<br />

Sie hilft den Bedürftigen. Sie ist freundlich,<br />

stark, weise, fleißig, treu und tugendhaft. Aber<br />

manche mögen entgegnen, dass sie nur gibt; das<br />

klingt ziemlich deprimierend. Weit gefehlt. <strong>Die</strong><br />

Menschen um sie herum loben sie, und das Beste<br />

ist: »Ihre Söhne wachsen heran und preisen sie glücklich;<br />

ihr Mann rühmt sie ebenfalls« (Spr. 31,28). Preist Gott<br />

für eure hoch privilegierte Stellung und Berufung<br />

und freut euch darüber!<br />

Zuerst erschienen in Tabletalk<br />

voiceofhope.de | 21


MISSION<br />

Das Gebot der<br />

BUẞE ist ein Gebot<br />

der GNADE<br />

»… jetzt aber gebietet [Gott] allen Menschen überall,<br />

Buße zu tun, weil Er einen Tag festgesetzt hat, an dem Er den<br />

Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird …«<br />

Apostelgeschichte 17,30-31<br />

Paulus befand sich auf dem Areopag in Athen, als<br />

er den Griechen das Evangelium verkündete und<br />

dabei diese klaren Worte aussprach. Athen war<br />

das Zentrum von Kultur und Gelehrsamkeit und<br />

zugleich eine Hochburg der Satansanbetung. Es<br />

war ein zutiefst religiöser Ort, wo vielen Götzen<br />

gedient wurde, und genau an diesem Ort stellt<br />

Paulus den Griechen den einzig wahren Gott vor.<br />

Sie sollten Den erkennen, der allein aller Anbetung<br />

würdig ist, denn das ist der Sinn der Existenz<br />

<strong>des</strong> Menschen. Und sie sollten wissen, was dieser<br />

einzig wahre Gott und Schöpfer über ihr Leben<br />

sagt.<br />

Sie waren Götzendiener, rebellische und törichte<br />

Sünder, die keine Vorstellung davon hatten,<br />

wer Gott wirklich ist und wie Er handelt. Sie befanden<br />

sich in einem Zustand gefährlicher Unwissenheit.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft von heute ist nicht intelligenter<br />

als die Menschen, die Paulus damals auf dem<br />

Areopag zuhörten. »Es ist keiner gerecht, auch nicht<br />

einer; es ist keiner, der verständig ist, der nach Gott fragt.<br />

Sie sind alle abgewichen, sie taugen alle zusammen nichts;<br />

da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer! Ihre<br />

Kehle ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen betrügen sie;<br />

Otterngift ist unter ihren Lippen; ihr Mund ist voll Fluchen<br />

und Bitterkeit, ihre Füße eilen, um Blut zu vergießen;<br />

Verwüstung und Elend bezeichnen ihre Bahn, und<br />

den Weg <strong>des</strong> Friedens kennen sie nicht. Es ist keine Gottesfurcht<br />

vor ihren Augen« (Röm. 3,10-18). Das ist Gottes<br />

Urteil über alle Menschen bis heute: »Es ist keiner<br />

gerecht, auch nicht einer.«<br />

Gottes Heiligkeit setzt den Maßstab für uns Menschen.<br />

Und weil Gott unser Schöpfer ist, darf Er<br />

Ansprüche an uns stellen, nicht wahr? Sünde verdient<br />

den Tod. Somit sind wir alle <strong>des</strong> To<strong>des</strong> würdig.<br />

Und die Wahrheit ist, dass wir uns selbst aus<br />

diesem Zustand nicht befreien können. Aus diesem<br />

Grund ergreift Gott Selbst die Initiative und<br />

schickt einen Lichtstrahl in diese Dunkelheit und<br />

22 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Hoffnungslosigkeit, einen Hoffnungsschimmer:<br />

»… jetzt aber gebietet [Gott] allen Menschen überall, Buße<br />

zu tun, weil Er einen Tag festgesetzt hat, an dem Er den<br />

Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird …« Jetzt ist die<br />

Zeit der Buße und Errettung. Gott erweist Gnade<br />

und gibt den Menschen bis zum heutigen Tag Zeit<br />

zur Buße. Sein Gebot ist ein Gebot der göttlichen<br />

Gnade.<br />

Wie fordert Gott zur Buße auf?<br />

Gott hat Sein Volk dazu beauftragt, diesen Befehl<br />

den Menschen zukommen zu lassen. Wir als Jünger<br />

Jesu sind diejenigen, die Gottes Aufruf zur<br />

Buße und zum Glauben an das Evangelium allen<br />

Menschen verkünden sollen. Gott sendet uns aus,<br />

um Menschen durch unser Handeln und Reden<br />

darauf aufmerksam zu machen, dass Er die Erde<br />

richten wird, dass Er aber jetzt noch Zeit zur Buße<br />

schenkt und Menschen errettet, die Seinen Namen<br />

im Glauben anrufen!<br />

Denken wir dabei an Römer 10: Sie können Seinen<br />

Namen nicht anrufen, wenn sie nicht an Ihn glauben;<br />

und sie können nicht an Ihn glauben, wenn<br />

sie nichts von Ihm gehört haben; und sie können<br />

nichts von Ihm hören, wenn niemand da ist, der<br />

ihnen die rettende Botschaft von Jesus Christus<br />

verkündigt.<br />

Das ist unser Vorrecht: Das Evangelium der Gnade<br />

Gottes zu verkündigen.<br />

Deshalb haben wir es uns als Gemeinde und<br />

Missionswerk zum Ziel gesetzt, dieses herrliche<br />

Evangelium zu verbreiten, zu predigen und solche<br />

zu unterstützen, die dasselbe tun.<br />

Im vergangenen Jahr durften wir – Dank der<br />

Gnade Gottes – mehrere Tausend Bibeln und<br />

evangelistische Schriften nach Sierra Leone<br />

schicken und an bedürftige Menschen verteilen.<br />

Missionar Daniel Lusenie fuhr von Dorf zu Dorf,<br />

ging von Haus zu Haus und predigte den Menschen<br />

vom kommenden Gericht Gottes über jeden,<br />

der nicht an Jesus Christus glaubt und Buße<br />

tut. Dort gab er jedem, der es wünschte, eine Bibel.<br />

Dem Herrn sei Dank für die offene Tür, das Evangelium<br />

zu verbreiten! Sierra Leone gehört zu den<br />

10 ärmsten Ländern der Welt. Der größte Teil der<br />

Bevölkerung wächst muslimisch auf, ein kleiner<br />

Teil ist katholisch oder charismatisch. <strong>Die</strong> Menschen<br />

kennen den wahren Gott nicht; <strong>des</strong>halb<br />

braucht dieses Land nicht an erster Stelle eine<br />

bessere Infrastruktur und Bildung, sondern viel<br />

mehr das Licht <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>.<br />

voiceofhope.de | 23


<strong>Die</strong> Bevölkerung in Rumänien gehört zu<br />

den Ärmsten in ganz Europa. Fast die<br />

Hälfte der Einwohner lebt in ärmlichen<br />

Verhältnissen. Es gibt unzählige Waisenkinder<br />

und unerwünschte Kinder, die einfach ausgesetzt<br />

wurden und in Kinderheimen leben, in denen<br />

manchmal sehr erschreckende Zustände herrschen.<br />

Eltern sehen keine Möglichkeit, die Familie<br />

durchzubringen, und lassen ihre Kinder wie<br />

in kommunistischen Zeiten im Stich, oder sie<br />

führen ein chaotisches Leben, bringen behinderte<br />

Kinder zur Welt und legen diese irgendwo ab.<br />

Am Zustand der Kinder kann man meist den Zustand<br />

einer Nation ermessen; und die Kinder in<br />

Rumänien vermitteln ein herzzerreißen<strong>des</strong> Bild.<br />

Rumänien braucht Hoffnung. Rumänien braucht<br />

das lebendige Wort Gottes.<br />

Unsere Glaubensgeschwister aus Rumänien,<br />

die mit Hingabe für die Ehre Gottes und die Ausbreitung<br />

Seines Reiches leben und arbeiten, und<br />

denen die Menschen dort ans Herz gewachsen<br />

sind, nutzen unterschiedliche Wege, um diesem<br />

»Volk, das in der Finsternis wandelt« (Jes. 9,1), die rettende<br />

Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen.<br />

Durch Gottes gnädige Führung, die auch die<br />

Unterstützung durch großzügige Spender mit<br />

einschließt, wurden rumänische sowie einige<br />

deutsche Bibeln und weitere Literatur dorthin geliefert.<br />

<strong>Die</strong> Geschwister vor Ort besuchen regelmäßig<br />

Kinderheime und bedürftige Familien, bauen<br />

Kontakte zu Obdachlosen auf und sprechen mit<br />

Leuten auf der Straße und mit LKW-Fahrern auf<br />

den Rastplätzen. Viele sind überglücklich, eine Bibel<br />

zu erhalten, da sie sich keine leisten können.<br />

Es gibt auch gläubige Familien, die nur eine oder<br />

zwei Bibeln für ihre ganze Familie haben und nun<br />

glücklich sind, dass jeder seine eigene Bibel hat. Es<br />

ist ermutigend, diesen Hunger nach Gottes Wort<br />

unter Gläubigen zu sehen und zu erfahren, dass<br />

junge Menschen, die aus zerrütteten Familienverhältnissen<br />

kommen, Jesus Christus kennen und<br />

lieben lernen.<br />

Eine Schwester, die Schüler und Studenten unterrichtet,<br />

nutzt diesen Kontakt, um ihnen vom<br />

Herrn Jesus zu erzählen, und manchen schenkt<br />

sie auch eine Bibel. Einige Pastoren ermutigen<br />

ihre Gemeindeglieder, Bibeln unter ihren Nachbarn<br />

zu verteilen.<br />

Ein Glaubensbruder aus Österreich bedankte<br />

sich bei uns für erhaltene Bibeln. Er war zu Besuch<br />

bei seinen Verwandten in Rumänien. Als er<br />

sah, dass sie so viele Bibeln auf Rumänisch hatten,<br />

bat er sie darum, Bibeln nach Österreich zu<br />

schicken, um sie an die dort ansässigen Rumänen<br />

zu verteilen. Allein in Wien wohnen über 36 000<br />

Rumänen!<br />

Wir sind gespannt, wie Gott all diese Geschwister<br />

gebraucht, um durch Sein kraftvolles<br />

Wort zu wirken, weil wir wissen, dass es nicht<br />

fruchtlos bleibt. Ein Pastor schrieb uns: »Das Bedürfnis<br />

nach dem Evangelium übersteigt unsere<br />

Erwartungen bei weitem; wir sind sehr froh über<br />

die Bibeln.«<br />

24 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Mit der Unterstützung von Spendern und<br />

christlichen Organisationen konnten<br />

auch einige Tausend Bibeln und weitere<br />

Literatur nach Athen verschickt werden. Ein Teil<br />

ist bereits angekommen, und einiges ist noch unterwegs.<br />

Es gibt stets zwei entgegengesetzte Reaktionen<br />

auf die <strong>Evangeliums</strong>botschaft: Annahme<br />

und Ablehnung.<br />

Als Paulus in Athen predigte und die Menschen<br />

»von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten<br />

die einen, die anderen aber sprachen: Wir wollen dich darüber<br />

nochmals hören!« (Apg. 17,32).<br />

Bei unseren Geschwistern, die heute in Athen<br />

wohnen, sieht das nicht anders aus.<br />

»Auf der einen Seite sind hier die orthodoxen<br />

Griechen, die Gottes rettende Botschaft ablehnen,<br />

und auf der anderen Seite gibt es hier Tausende<br />

von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak, aus Palästina,<br />

Somalia, Afghanistan, Pakistan, Bangla<strong>des</strong>ch<br />

und vielen anderen Ländern, die so glücklich<br />

sind, in ihrer Sprache das Wort Gottes zu<br />

bekommen«, berichten sie. <strong>Die</strong>sen Flüchtlingen<br />

dienen sie und freuen sich, dafür weitere Bibeln<br />

erhalten zu haben. Auf der Straße bauen sie Kontakte<br />

zu den Menschen auf und laden sie dann zu<br />

einem Hauskreis ein, um ihnen in der Gruppe das<br />

Evangelium von Christus zu predigen wie auch<br />

vom kommenden Gericht.<br />

»Demnach kommt der Glaube aus der Verkündigung,<br />

die Verkündigung aber durch Gottes Wort.«<br />

Römer 10,17<br />

voiceofhope.de | 25


Auch für Deutschland haben wir einige Tausend<br />

Bibeln im vergangenen Jahr erhalten<br />

und haben tausendfach unterschiedliche<br />

Schriften wie Traktate, Broschüren und erbauliche<br />

Bücher für Gläubige hergestellt. Vieles wurde<br />

unter Flüchtlingen, LKW-Fahrern, in den Flutgebieten,<br />

bei Stadteinsätzen und bei vielen weiteren<br />

Gelegenheiten verteilt. Wir haben vor zweieinhalb<br />

Jahren begonnen, Gemeinden je ein kostenfreies<br />

Exemplar der »Lektionen fürs Leben« zur<br />

Verfügung zu stellen, damit in Deutschland mehr<br />

evangelistische Sonntagsschulen gegründet werden<br />

können, die Kindern und Jugendlichen die<br />

wichtigsten Heilslehren vermitteln und sich insbesondere<br />

an junge Menschen aus ungläubigen<br />

Familien richten. Nun durften wir erfahren, dass<br />

dieses Anliegen bereits Früchte trägt und in Gemeinden<br />

umgesetzt wird. Zudem sind die Kinder<br />

zu Jugendlichen herangewachsen, die durch Gottes<br />

Gnade errettet wurden und sich taufen lassen<br />

möchten.<br />

Ende letzten Jahres durften wir auch das Traktat<br />

drucken: »<strong>Die</strong> wahre Geschichte der Geburt<br />

Christi«; auf der Rückseite haben wir auf unsere<br />

kostenfreie App hingewiesen, die mit zahlreichen<br />

bibeltreuen Predigten, der »Glaubenslehre<br />

für Kinder« und einigen Hörbüchern wertvolle<br />

Belehrung aus Gottes Wort enthält. Mehrere Tausend<br />

Menschen haben dieses Traktat in ihre Hände<br />

bekommen, und viele von ihnen profitieren<br />

von wertvollen Predigten, die ihnen dadurch zugänglich<br />

gemacht werden. Auch Geschwister aus<br />

anderen Gemeinden haben das Traktat verteilt<br />

und benutzen selbst die neue VOH-App.<br />

LIEBE MISSIONSFREUNDE,<br />

wir sind unserem Herrn unbeschreiblich dankbar,<br />

Ihm und so vielen Menschen dienen zu dürfen. Es ist für uns<br />

ein Vorrecht und zugleich eine kostbare Pflicht, die aus<br />

dem Wunsch erwächst, dass Menschen den einzig wahren Gott<br />

kennenlernen. Herzlichen Dank, dass auch Sie sich durch<br />

Gebete und Spenden an diesem Werk beteiligen!<br />

Ein großes Gebetsanliegen ist für uns unser Land.<br />

Wir dürfen es nicht vergessen, denn die meisten Menschen<br />

hier kennen Gott nicht. Aus diesem Grund sollten wir uns als<br />

Christen im Bereich der Evangelisation mehr einsetzen und<br />

die rettende Botschaft von Jesus Christus verbreiten.<br />

Bitte beten Sie:<br />

• für unsere Obrigkeit<br />

• für Erweckung in Deutschland<br />

• für die Länder Sierra Leone, Rumänien und Griechenland<br />

• für den Russland-Ukraine-Konflikt,<br />

für die Obrigkeiten Russlands und der Ukraine,<br />

für das ukrainische Volk<br />

• dass wir mehr Literatur drucken und verbreiten können<br />

26 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


TEIL 2<br />

Charles Haddon<br />

Spurgeon (1834-1892)<br />

Waterbeach war Spurgeons erste Festanstellung<br />

als Prediger. Da er kein theologisches<br />

Seminar oder College besucht<br />

hatte, wurde ihm von seinem Vater und<br />

anderen dazu geraten, an das Baptist College in<br />

Stepney zu gehen, um sich gründlicher auf das<br />

Predigtamt vorzubereiten. Nachdem sein Treffen<br />

mit dem Direktor <strong>des</strong> Colleges durch ein Missverständnis<br />

verhindert worden war, sah Spurgeon<br />

dies als Gottes Vorsehung an und entschied sich<br />

gegen eine theologische Ausbildung am College.<br />

Bei der Sonntagsschullehrer-Konferenz 1853<br />

wurde der junge Prediger aus Waterbeach aufgefordert,<br />

eine Ansprache zu halten. <strong>Die</strong>se hinterließ<br />

bleibenden Eindruck und machte die bekannte<br />

Baptistengemeinde in Southwark in der New<br />

Park Street Chapel, die keinen Prediger hatte, auf<br />

ihn aufmerksam. Bald darauf entschieden die Diakone,<br />

Spurgeon einzuladen.<br />

SEINE BERUFUNG<br />

NACH LONDON<br />

Als er diese Einladung bekam, hielt er das für einen<br />

Irrtum und nahm an, dass der Brief für irgendeine<br />

andere Person bestimmt sein müsse;<br />

aber die Diakone verstanden die Sache besser und<br />

sagten ihm, dass er tatsächlich eingeladen sei. Er<br />

reiste also nach London, um an einem Sonntag im<br />

Herbst 1853 auf der Kanzel der New Park Street<br />

Chapel zu predigen. <strong>Die</strong> Kirche, welche gut tausend<br />

Personen Platz bot, konnte kaum einen ermutigenden<br />

Eindruck auf den Prediger machen,<br />

denn die Vormittagsversammlung war nur von<br />

etwa 200 Zuhörern besucht worden. <strong>Die</strong> Predigt<br />

machte auf die wenigen Zuhörer einen gewaltigen<br />

Eindruck, sodass die Versammlung am Abend nahezu<br />

doppelt so groß war und die Leute sich über<br />

das, was sie hörten, verwunderten.<br />

<strong>Die</strong> Diakone luden Spurgeon infolge<strong>des</strong>sen<br />

ein, ihnen noch an drei weiteren Sonntagen zu<br />

predigen; nachher bat die Gemeinde ihn einmütig,<br />

für weitere sechs Monate zu bleiben, indem<br />

sie auf seine mögliche Wahl hindeutete. Das aber<br />

war überflüssig, da die Gemeinde ihn schon vor<br />

Ablauf dieser Zeit einstimmig zu ihrem Prediger<br />

wählte. In seinem Brief, in welchem er die Annahme<br />

der Wahl mitteilte, schrieb er: »Ich lege mich in<br />

die Hände unsres Bun<strong>des</strong>gottes, <strong>des</strong>sen Weisheit<br />

alle Dinge lenkt. Er soll für mich wählen, und soweit<br />

ich urteilen kann, ist dies Seine Wahl.«<br />

Ehe drei Monate vergangen waren, hatte sich<br />

der Ruf <strong>des</strong> jungen Predigers, der noch keine<br />

voiceofhope.de | 27


20 Jahre alt war, in ganz London verbreitet. Im<br />

Herbst dieses Jahres hielt er eine Predigt über<br />

die Worte: »Ist jetzt nicht die Weizenernte?« <strong>Die</strong><br />

Predigt wurde gedruckt und war die erste einer<br />

Reihe von Predigten, welche sich beständig vermehrten<br />

und immer weiter verbreitet wurden, so<br />

dass schlussendlich 63 Bände seiner Predigten herausgegeben<br />

wurden, ihren Weg über den ganzen<br />

Erdkreis fanden, in viele Sprachen übersetzt und<br />

millionenfach verbreitet worden sind. Insgesamt<br />

wurden etwa 3 500 seiner Predigten gedruckt.<br />

Über 50 Millionen Exemplare von Büchern mit<br />

seinen Predigten wurden weltweit verkauft; aber<br />

der durchschnittliche wöchentliche Verkauf belief<br />

sich auf ca. 25 000 Exemplare – ein Resultat,<br />

das in der Geschichte der Predigtliteratur einzig<br />

dasteht. Kein anderer Prediger in irgendeinem<br />

Land oder zu irgendeiner Zeit konnte ein solches<br />

Resultat verzeichnen. Aus diesem Grund wird<br />

Spurgeon »Der Fürst der Prediger« genannt.<br />

Innerhalb eines Jahres war die New Park Street<br />

Chapel nicht nur bis auf den letzten Platz gefüllt,<br />

sondern an jedem Sonntag mussten Hunderte<br />

enttäuscht umkehren, weil sie keinen Einlass<br />

mehr finden konnten. <strong>Die</strong> Kirche musste <strong>des</strong>halb<br />

vergrößert werden, und während dieser Vergrößerung<br />

wurde für die Zeit von etwa drei Monaten<br />

die Exeter Hall benutzt. Da nach der Eröffnung der<br />

vergrößerten Kirche die andrängenden Scharen<br />

größer waren als je zuvor, wurde es für notwendig<br />

erachtet, die sehr geräumige Surrey Gardens Music<br />

Hall zu mieten.<br />

Hier ereignete sich beim ersten Sonntagabend-Gottesdienst<br />

am 19. Oktober 1856 ein<br />

schrecklicher Zwischenfall. Von feindlich Gesinnten<br />

wurde plötzlich ein falscher Feueralarm ausgerufen,<br />

welcher einen derartig panischen Schrecken<br />

verbreitete, dass bei dem dadurch entstandenen<br />

Chaos sieben Personen getötet und 28 weitere<br />

verletzt wurden. Das Nervensystem <strong>des</strong> Predigers<br />

selbst wurde dadurch so mächtig erschüttert, dass<br />

er für eine Zeitlang unfähig war zu predigen. Durch<br />

Gottes große Barmherzigkeit wurde er jedoch wiederhergestellt,<br />

so dass er schon am 31. Oktober die<br />

Kanzel wieder betreten konnte. Um in Zukunft jeden<br />

blinden Alarm zu vermeiden, wurde beschlossen,<br />

dass die Gottesdienste in der Music Hall am<br />

Sonntagmorgen gehalten würden. Obgleich diese<br />

Tageszeit für große Versammlungen am wenigsten<br />

günstig ist, kamen die Leute doch Sonntag für<br />

Sonntag in Mengen bis zu zehntausend zusammen,<br />

um das freie Evangelium von der erlösenden<br />

Gnade Gottes zu hören. Das Beste von allem war,<br />

dass viele errettet wurden – sie wurden gläubig und<br />

taten Buße über ihre Sünden.<br />

Im Dezember <strong>des</strong> Jahres 1859 beschloss die<br />

Verwaltung der Music Hall, an den Sonntagabenden<br />

das Gebäude für Vergnügungen zu öffnen,<br />

und von da an sahen sich Spurgeon und seine<br />

Freunde aus Gewissensbedenken genötigt, dieses<br />

Gebäude aufzugeben und die Gottesdienste wieder<br />

nach Exeter Hall zu verlegen, bis das Metropolitan<br />

Tabernakel eröffnet werden konnte. Kurze<br />

Zeit, nachdem Spurgeon die Surrey Gardens Music<br />

Hall verlassen hatte, wurde fast das ganze Gebäude<br />

durch einen Brand zerstört. Der den Flammen<br />

entrissene Teil wurde zu einem Krankenhaus<br />

umgebaut.<br />

Als Spurgeon so außerordentlich populär geworden<br />

war, ohne dass er je danach gestrebt hätte,<br />

wurde häufig die Frage aufgeworfen: »Wer ist<br />

dieser Spurgeon eigentlich?« Mehrmals wurde<br />

er gebeten, einen kurzen Bericht über sein Leben<br />

zu veröffentlichen. Nach einigem Drängen gab<br />

er nach und verfasste unter Mithilfe seines Vaters<br />

und Großvaters die geforderte Auskunft in<br />

einem kurzen Abriss seines Lebens und Wirkens<br />

und fügte einen Auszug <strong>des</strong> Baptistischen Glaubensbekenntnisses<br />

hinzu. Fast 10 000 Exemplare<br />

wurden in nur einem Jahr verkauft. <strong>Die</strong>se Schrift<br />

diente dazu, die Neugierde hinsichtlich <strong>des</strong> bisherigen<br />

Lebens <strong>des</strong> jungen Predigers zu befriedigen.<br />

Seit dieser Zeit hat aber auch die Presse stets<br />

seine Werke bekannt gemacht. Jahrelang wurde er<br />

fast unbarmherzig mit Feder und Stift karikiert.<br />

Meistens waren es die Feinde, welche die Bedeutung<br />

seines Werkes nicht verstanden und die<br />

ihn lächerlich zu machen suchten; andererseits<br />

enthielten diese Skizzen einiges an Wahrheit. All<br />

diese Dinge trugen dazu bei, den Prediger bekannt<br />

zu machen, bis ganz England von ihm gehört<br />

hatte. Es gab nur wenige Zeitungen, in welchen<br />

nicht irgendein empfehlender Artikel enthalten<br />

war. Selbst die »Times« fühlte sich veranlasst, die<br />

Frage aufzuwerfen, wie es denn komme, dass die<br />

St Paul’s Cathedral und die Westminster Abbey<br />

verhältnismäßig leer blieben, während der junge<br />

Baptistenprediger jeden Sonntag 10 000 Leute<br />

um sich sammeln könne, um ihnen die rettende<br />

Botschaft von Christus zu predigen.<br />

28 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


voiceofhope.de | 29


Susannah Spurgeon<br />

DIE FRAU AN DER SEITE<br />

DES PREDIGERFÜRSTEN<br />

Ein MP3-Hörbuch über das Leben der Frau von C.H. Spurgeon<br />

Bestell-Nr.: 875370 | www.voh-shop.de<br />

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ZUM HÖRBUCH<br />

All diese Umstände vermehrten die Anziehungskraft<br />

Spurgeons, so dass es notwendig<br />

wurde, für eine so große und stark anwachsende<br />

Gemeinde und für die großen Scharen, die sich<br />

herbeidrängten, seine Predigten zu hören, ein<br />

entsprechen<strong>des</strong> Gebäude zu beschaffen.<br />

SEINE EHE<br />

Das Jahr 1856 war ein besonderes Lebensjahr für<br />

Spurgeon. Es war das Jahr seiner Hochzeit und<br />

ebenso das Jahr, in welchem er bei dem Jubiläum<br />

seines Großvaters die Predigt hielt.<br />

Am Vormittag <strong>des</strong> 8. Januar heiratete Charles<br />

Spurgeon Susanna Thompson. Es waren so viele<br />

Menschen da, dass schätzungsweise 2 000 Personen<br />

keinen Platz mehr in der Kirche finden konnten.<br />

»Nie dürften zwei Personen einander Herz<br />

und Hand gereicht haben, welche so zueinander<br />

gepasst hätten wie diese beiden«, berichtete eine<br />

Zeitung. <strong>Die</strong> Zwillinge Charles und Thomas Spurgeon<br />

waren die einzigen Kinder, die das Ehepaar<br />

Spurgeon bekam.<br />

DAS »METROPOLITAN<br />

TABERNACLE«<br />

<strong>Die</strong> Geschichte <strong>des</strong> Metropolitan Tabernacles ist<br />

an und für sich ein sehr interessantes Thema, so<br />

dass man über die Umstände, die seine gesamte<br />

Bauphase und seine schuldenfreie Eröffnung begleiteten,<br />

viel zu berichten hätte. <strong>Die</strong> Dinge, die<br />

sich da zutrugen, waren sowohl für den Staat als<br />

auch für andere Gemeinden eine Ursache großen<br />

Erstaunens.<br />

Im Oktober 1856 wurde die erste große Versammlung<br />

gehalten, in welcher die notwendigen<br />

Schritte zur Errichtung <strong>des</strong> großen Tabernacles<br />

erwogen wurden. Der Vorschlag wurde von Spurgeons<br />

Freunden freudig begrüßt, und sehr bald<br />

zeigte sich in jedem Teil <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> unter vielen<br />

Christen große Sympathie dafür. <strong>Die</strong> reichlich<br />

fließenden Spenden von Reich und Arm, von dem<br />

einfachen Landmann bis zum Earl of Shaftesbury,<br />

zeugten von der christlichen Liebe. Es ist wahr, es<br />

gab viele, welche über die Idee, ein Bauwerk mit<br />

5 000 Sitzplätzen zu errichten, lächelten, und<br />

nicht wenige schüttelten den Kopf und »weissagten«<br />

den baldigen Verfall <strong>des</strong> Predigers und seines<br />

Planes. Aber ohne Rücksicht auf die sich zeigenden<br />

Hindernisse wurde das Werk in Angriff genommen.<br />

Am 16. August 1859 wurde von Sir Samuel Morton<br />

Peto der Grundstein gelegt. Im Jahre 1860 fand<br />

in dem Rohbau <strong>des</strong> neuen Gebäu<strong>des</strong> eine große<br />

Versammlung statt. <strong>Die</strong> Eröffnungsgottesdienste<br />

begannen im März 1861 und wurden fünf Wochen<br />

lang täglich fortgesetzt, und am Ende dieser Zeit<br />

hatte der Schatzmeister die Summe von 31.332<br />

Pfund Sterling (ca. 320.400 €) – von den freiwilligen<br />

Gaben <strong>des</strong> Volkes – in seinen Händen, und das<br />

herrliche Tabernacle mit 5 500 Sitzplätzen und<br />

30 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


weiteren 1 000 Stehplätzen war schuldenfrei. Als<br />

das Tabernacle eröffnet wurde, zählte die Gemeinde<br />

1 178 Mitglieder. Durch das beständige Predigen<br />

<strong>des</strong> Wortes und Wirken <strong>des</strong> Geistes Gottes wurden<br />

so viele Menschen errettet, dass die Zahl der Mitglieder<br />

bis Dezember 1886 auf 5 351 stieg – trotz<br />

der beständigen Gründungen von neuen Gemeinden<br />

durch die Studenten <strong>des</strong> Prediger-Seminars,<br />

trotz der vielen Sterbefälle und vielen Mitglieder,<br />

die London im Laufe der Zeit verließen.<br />

Das Metropolitan Tabernacle war ein wundervolles<br />

Bauwerk. Unter dem großen Versammlungsraum<br />

befanden sich zwei weitere Stockwerke,<br />

in denen sich ein Betsaal mit 900 Sitzplätzen,<br />

ein Sonntagsschulsaal, in welchem 1 000 Kinder<br />

unterrichtet wurden, verschiedene Klassenräume<br />

und eine Küche befanden. <strong>Die</strong> Gemeinde im<br />

Tabernacle hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in<br />

den Dörfern durch Predigten im Freien und in den<br />

Häusern zu evangelisieren, und dadurch hat der<br />

Herr viel Frucht gewirkt. <strong>Die</strong> Evangelisten waren<br />

in öffentlichen Sälen tätig, in Wirtshäusern und<br />

an den Straßenecken und sandten Mitarbeiter<br />

dorthin, wo Hilfe benötigt wurde. <strong>Die</strong> Gemeinde<br />

trug bereitwillig zur Mission unter den Ungläubigen<br />

bei; ebenso waren sie für die Armen tätig, um<br />

bei Krankheiten und Sterbefällen für die Zahlung<br />

ihrer Unkosten aufzukommen.<br />

Gott wirkte in und durch die Gemeinde im Tabernacle<br />

so mächtig, dass sie 28 Missionsstationen,<br />

24 Sonntagsschulen und Schulen für verwahrloste,<br />

arme und vernachlässigte Kinder gründen<br />

konnte. Es wurde auch eine Bibliothek für junge<br />

Prediger und eine Kinder- und Lehrer-Bibliothek<br />

ins Leben gerufen. <strong>Die</strong> Frauen in der Gemeinde<br />

nahmen an dem Werk <strong>des</strong> Herrn großen Anteil;<br />

sie sorgten für Hilfsbedürftige und für verarmte<br />

Mütter, sie besuchten die Kranken und sammelten<br />

Kleider für mittellose Prediger mit ihren Familien;<br />

sie starteten eine Hilfsstation zur Förderung der<br />

Zenana-Mission in Indien und China.<br />

PREDIGER-SEMINAR<br />

Wohl von keinem Seminar kann man so bestimmt<br />

sagen, dass es durch die göttliche Vorsehung ins<br />

Leben gerufen worden sei, wie von dem Predigerseminar,<br />

das mit Spurgeon und der Gemeinde im<br />

Tabernacle in Verbindung steht. Es hatte seinen<br />

Ursprung in einem dringenden Bedürfnis, und<br />

dieses wurde dem jungen Charles Spurgeon auf<br />

folgende Weise bewusst. Ehe er drei Monate in der<br />

New Park Street Chapel gepredigt hatte, waren<br />

viele recht begabte junge Männer bekehrt, getauft<br />

und in die Gemeinde aufgenommen worden.<br />

voiceofhope.de | 31


Von der Liebe Christi gedrungen und von dem<br />

Eifer <strong>des</strong> Predigers angespornt, begannen einige<br />

von ihnen aufrichtig und eifrig, das Wohl anderer<br />

zu suchen. Einer dieser jungen Männer, namens<br />

Medhurst, fing mit der Straßenpredigt an. Darin<br />

ermutigt, als er sah, welcher Segen darauf lag,<br />

wandte er sich an Spurgeon und bat um Unterricht,<br />

um in diesem Werk fähiger zu werden. Der<br />

Prediger war bereit, ihn für diesen Zweck zu unterstützen.<br />

So wurde Medhurst Spurgeons erster<br />

Schüler, und so wurde das Prediger-Seminar – mit<br />

nur einem Schüler – ins Leben gerufen. In Spurgeon<br />

regte sich der Wunsch, noch mehr Männern<br />

für das Werk <strong>des</strong> Herrn behilflich sein zu können.<br />

Er hatte außer seinem eigenen Gehalt keine Mittel,<br />

das Werk zu fördern; aber eines Tages legten<br />

er und einige Freunde die Summe von 20 Pfund<br />

Sterling zusammen, um Bücher zu kaufen und die<br />

Männer unterrichten zu können. Es dauerte nicht<br />

lange, bis Medhurst zum Prediger berufen wurde,<br />

und er wirkte im Werk <strong>des</strong> Herrn in großem<br />

Segen. Er war der erste von 742 Schülern, welche<br />

unter Spurgeons Leitung für den Predigerdienst<br />

ausgerüstet worden sind.<br />

In Erwägung seiner eigenen vielen pastoralen<br />

Pflichten besuchte Spurgeon den Prediger George<br />

Rogers in Camberwell und teilte ihm seine Gedanken<br />

über die Ausbildung junger Männer mit.<br />

<strong>Die</strong>ser ging mit Herz und Seele darauf ein und<br />

nahm die ihm angebotene Stelle als theologischer<br />

Lehrer an. <strong>Die</strong> ersten Schüler wohnten in seinem<br />

Haus, kamen aber jede Woche einmal zu Spurgeon<br />

ins Haus, um Belehrungen und Anweisungen von<br />

ihm zu erhalten, die ihnen nützlich waren.<br />

Als die Zahl der Schüler sich mehrte, wurden<br />

auch größere Räumlichkeiten nötig, als die Klassenräume<br />

im Tabernacle sie bieten konnten, und<br />

im Jahre 1874 wurde das Seminargebäude errichtet.<br />

Spurgeon hatte von vornherein gewohnheitsmäßig<br />

einen großen Teil seines Einkommens der<br />

Unterstützung <strong>des</strong> Seminars zugewandt. Viele<br />

Leser seiner Predigten und anderer Werke erwiesen<br />

ihm ihre Liebe dadurch, dass sie ihn durch<br />

finanzielle Mittel unterstützten, und außerdem<br />

wurden die gewöhnlichen Kollekten bei den Versammlungen<br />

im Tabernacle demselben Zweck zugewandt.<br />

Von vornherein hat Spurgeon stets versucht,<br />

den jungen Predigern in der Gemeinde die Pflicht<br />

nahezulegen, die Grenzen <strong>des</strong> Reiches Gottes zu<br />

erweitern, indem sie die Gnadenbotschaft unseres<br />

Herrn in entfernte Länder und in unerreichte<br />

Völker und Stämme trugen. Durch das Lehren<br />

im Predigerseminar wuchsen junge Männer in<br />

der Erkenntnis Jesu Christi und wurden für den<br />

<strong>Die</strong>nst <strong>des</strong> Herrn zugerüstet. Der Herr berief viele<br />

junge Prediger, und sie gingen in 140 Länder der<br />

Welt, und 150 Prediger, die im Land geblieben waren,<br />

gründeten neue Gemeinden, während wieder<br />

andere an Orten das Interesse für die Sache <strong>des</strong><br />

Herrn neu beleben konnten, wo es beinahe erloschen<br />

war.<br />

Während dieser Segen <strong>des</strong> Herrn, der nicht<br />

überschätzt werden kann, ein beständiger Grund<br />

zur Dankbarkeit gegenüber Christus als dem<br />

Haupt der Gemeinde ist, hat er dem Leiter <strong>des</strong> Predigerseminars<br />

doch auch große Sorgenlasten auferlegt.<br />

Jede neu gegründete und heranwachsende<br />

Gemeinde machte die Errichtung von Kirchen<br />

und Schulen nötig, und so kamen sie stets mit der<br />

Bitte zu Spurgeon, finanziell zu helfen, und zwar<br />

wesentlich zu helfen, bis diese Gemeinden in der<br />

Lage waren, sich selbst zu erhalten. Doch unter<br />

all diesen Lasten wusste der Herr Jesus Seinen<br />

Knecht zu erhalten und ihm in Erhörung seiner<br />

ernsten Gebete und seines kindlichen Vertrauens<br />

die Mittel für die Bedürfnisse der Gemeinden zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

DAS WAISENHAUS<br />

IN STOCKWELL<br />

Hinsichtlich der Bedeutung und Wichtigkeit stehen<br />

die Waisenhäuser in Stockwell nur denen von<br />

Georg Müller in Bristol nach. Frau Hillyard, die<br />

Witwe eines Pastors, welche sich der Baptistengemeinde<br />

angeschlossen hatte, stellte Charles Spurgeon<br />

zur Gründung eines Jungen-Waisenhauses<br />

die Summe von 20.000 Pfund Sterling zur Verfügung.<br />

Anfangs schreckte Spurgeon vor einer solchen<br />

schweren Verantwortung zurück, aber infolge<br />

einer Unterredung mit der Dame kam er zu der<br />

Überzeugung, dass ihre Absichten gut waren. <strong>Die</strong><br />

Summe wurde angenommen, ein Schatzmeister<br />

wurde bestimmt, und das Werk konnte beginnen.<br />

Zunächst kaufte man ein großes Grundstück.<br />

Der Plan zu den Waisenhäusern war in einem<br />

Jahr gereift, und viele freigebige Freunde wirk-<br />

32 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


ten voller Freude mit dem Prediger zusammen<br />

und vermehrten die Gabe von Frau Hillyard. Verschiedene<br />

Familien trugen je 500 Pfund zum Bau<br />

dieser Häuser bei, die nach den Namen der Geber<br />

benannt wurden. Es gab kaum einen freudenreicheren<br />

Tag für Spurgeon, als am 9. August 1867<br />

der Grundstein zu diesen ersten Häusern gelegt<br />

wurde, denn es versammelten sich viele Freunde,<br />

um das Werk mit reichen Gaben zu unterstützen.<br />

Im Jahr 1879 wurden auch Gebäude für Mädchen<br />

errichtet, so dass schließlich 240 Jungen und 230<br />

Mädchen Platz finden konnten. <strong>Die</strong> Ausgaben beliefen<br />

sich jährlich auf ca. 10.000 Pfund Sterling,<br />

für die Gott gnädig sorgte. Auf vielfache Weise<br />

und oft durch ganz besondere Vorsehung sandte<br />

Er das Geld durch Seine Kinder.<br />

DIE ARMENHÄUSER<br />

Ganz in der Nähe <strong>des</strong> Tabernacles und nahe der<br />

Eisenbahnstation »Elephant and Castle« stand<br />

eine Reihe von Gebäuden, die aus Schulen und<br />

Armenhäusern bestand. In letzteren befanden<br />

sich Räume zur Aufnahme von Frauen, die über<br />

60 Jahre alt waren und deren Namen im Gemeindebuch<br />

<strong>des</strong> Tabernacles standen. In der New Park<br />

Street gab es sechs Armenhäuser. Nachdem die<br />

Gemeinde ins Tabernacle eingezogen war und ihr<br />

Eigentum in der New Park Street verkauft hatte,<br />

veranlasste Spurgeon, dass in den neuen Gebäuden<br />

nahe <strong>des</strong> Tabernacles Raum für mehr Bewohner<br />

geschaffen werde. Somit konnten die Bewohner<br />

aus der New Park Street umziehen und ohne<br />

große Mühe den Gottesdiensten beiwohnen.<br />

<strong>Die</strong> Schule, die mit den Armenhäusern in Verbindung<br />

stand, war ein wertvolles Werk, ein großer<br />

Segen für die Gemeinde und für die Kinder<br />

in der Umgebung. Der Unterricht, welcher dort<br />

erteilt wurde, war sehr gründlich und der Preis<br />

dafür sehr gering.<br />

Eltern sie und waren bemüht, ihre Gesinnung und<br />

Urteilsfähigkeit zu prägen. Und Gott berief sie<br />

durch Seine souveräne Gnade zu neuem Leben;<br />

sie wurden in die Gemeinde <strong>des</strong> Tabernacles aufgenommen,<br />

und beide gaben sich dem <strong>Die</strong>nst <strong>des</strong><br />

Herrn hin.<br />

Nachdem sie die Schule beendet hatten, widmeten<br />

sie ihre ganze Zeit und <strong>Kraft</strong> der Missionsarbeit.<br />

Ebenso nahmen sie häufig Einladungen an,<br />

um an verschiedenen Orten zu predigen. Im Jahre<br />

1879 wurde Charles Prediger in einer jungen Baptistengemeinde<br />

in der Nähe von London. Thomas<br />

ging als Missionar nach Australien, wo er unter<br />

Gottes Beistand ein großes Werk ausrichtete. Er<br />

baute in Auckland, Neu-Seeland, ein großes Tabernacle<br />

und war mehrere Jahre Pastor einer der<br />

größten Gemeinden in jener Kolonie.<br />

Wenn C.H. Spurgeon ab und zu auf Reisen war,<br />

vertrat ihn sein Sohn Charles oft im Metropolitan<br />

Tabernacle, wo man seine Predigten gerne hörte.<br />

Ebenso vertrat auch Thomas Spurgeon seinen<br />

Vater, wenn er krank war. Und nachdem der treue<br />

Gottesmann C.H. Spurgeon seine viel umfassende<br />

und reich gesegnete Arbeit im Werk <strong>des</strong> Herrn<br />

beendet und am Sonntag, den 31. Januar 1892, von<br />

seinem Herrn heimgeholt worden war, wurde<br />

Thomas Spurgeon im Jahre 1893 zum Prediger im<br />

Metropolitan Tabernacle gewählt. Er war 15 Jahre<br />

lang Pastor der Gemeinde und starb 1917.<br />

SPURGEONS<br />

ZWILLINGSSÖHNE<br />

<strong>Die</strong> beiden Söhne von Charles und Susannah<br />

waren eine Quelle großer Freude für ihre Eltern.<br />

Viele Gebete um ihre Bekehrung sind zum Herrn<br />

emporgestiegen. Mit großer Hingabe erzogen die<br />

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<strong>Die</strong> GNADEN-<br />

LEHRE führt<br />

nicht in SÜNDE<br />

Denn die Sünde wird nicht<br />

herrschen über euch, weil ihr nicht<br />

unter dem Gesetz seid,<br />

sondern unter der Gnade. Wie nun?<br />

Sollen wir sündigen, weil wir<br />

nicht unter dem Gesetz, sondern<br />

unter der Gnade sind? Das sei ferne!<br />

Römer 6,14-15


C. H. SPURGEON<br />

Substanz und Essenz <strong>des</strong> wahren <strong>Evangeliums</strong><br />

ist die Lehre von Gottes Gnade. Wenn<br />

du Gottes Gnade aus dem Evangelium herausnimmst,<br />

entfernst du Blut und Leben daraus,<br />

und nichts bleibt übrig, das es zu predigen lohnt,<br />

zu glauben lohnt, für das es sich zu kämpfen<br />

lohnt. Gnade ist die Seele und die Musik <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>;<br />

ohne sie ist es stumm.<br />

<strong>Die</strong> Lehre von der Gnade Gottes besagt, dass<br />

Gott mit sündigen Menschen auf der Grundlage<br />

reiner Barmherzigkeit umgeht. <strong>Die</strong> Menschen<br />

sind vor Seinen Augen schuldig; <strong>des</strong>halb schafft<br />

Er mit dem Tod Seines geliebten Sohnes ein Sühneopfer,<br />

das von ihrer Vergangenheit oder irgendwelchen<br />

guten Werken, die sie vorzuweisen<br />

hätten, überhaupt nicht abhängig ist. Er nimmt all<br />

diejenigen an, die ihr Vertrauen auf diese Versöhnung<br />

setzen; Er wählt den Glauben als Weg zur Errettung,<br />

so dass diese ganz aus Gnaden sei. Darin<br />

handelt Gott aus einem Motiv heraus, das in Ihm<br />

Selbst zu finden ist. <strong>Die</strong>se Gnade Gottes fließt von<br />

alters her zum Sünder hin und beginnt, in ihm zu<br />

wirken, während nichts Gutes in ihm ist; sie wirkt<br />

das Gute und Angenehme in ihm und fährt fort,<br />

so in ihm zu wirken, bis das Werk der Gnade vollendet<br />

ist, wenn der Gläubige in die Herrlichkeit<br />

aufgenommen wird, für die er geschaffen ist. <strong>Die</strong><br />

Gnade beginnt zu retten und bleibt dabei, bis alles<br />

getan ist.<br />

Alles an der Errettung ist aus Gnade und nur<br />

aus Gnade. Alles ist aus freier Gunst, nichts aus<br />

Verdienst. »Denn aus Gnade seid ihr errettet durch<br />

den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist<br />

es« (Eph. 2,8). <strong>Die</strong>se Lehre ist Zielscheibe für alle<br />

Schüsse fleischlicher Logik. Nicht errettete Herzen<br />

mögen sie nicht und werden sie nie mögen;<br />

sie ist so demütigend für den menschlichen Stolz<br />

und lässt das Edle an der menschlichen Natur so<br />

gering erscheinen. Dass Menschen wie verurteilte<br />

Kriminelle durch königliches Vorrecht Schuldenerlass<br />

empfangen oder in ihren Sünden verderben<br />

müssen, das ist eine Lehre, die sie nicht ertragen<br />

können. Statt das silberne Zepter von Gottes<br />

Barmherzigkeit zu berühren und unverdiente<br />

Gunst anzunehmen, nur weil Gott sie gewähren<br />

will, wenden sie sich ab und kämpfen gegen das<br />

Reich der Gnade.<br />

Fleischliche Menschen suchen sich Waffen, um<br />

gegen das Evangelium der Gnade zu kämpfen,<br />

und eine der größten Kanonen, die sie je an die<br />

Front brachten, ist die Erklärung, dass die Gnadenlehre<br />

zur Sünde verleite. Wenn schlimmen<br />

Sündern umsonst vergeben werde, würden die<br />

Menschen noch schlimmere Sünder werden. Und<br />

manche folgern: »Wenn Gottes Gnade den erlösten<br />

Sündern sicher ist, könnten sie dazu verleitet<br />

werden, so zu leben, wie es ihnen gefällt, und sich<br />

trotzdem als errettet ansehen.« Ich habe dieses<br />

immer und immer wieder angeführte Argument<br />

so oft gehört, dass ich es mit seiner Nichtsnutzigkeit<br />

und falschen Anklage nicht mehr hören<br />

kann. Es basiert zum einen auf einem großen Fehler,<br />

der von einem falschen Verständnis herrührt,<br />

und zum anderen auf einer großen Lüge, weil die<br />

Menschen es im Grunde besser wissen.<br />

Es mag so aussehen, dass die Lehre von der<br />

freien Gnade ein Freibrief für die Sünde sei; aber<br />

ein genaueres Verständnis vom menschlichen<br />

Wesen belehrt da eines Besseren. Gefallen, wie<br />

die menschliche Natur ist, ist sie immer noch<br />

menschlich und wendet sich leicht bestimmten<br />

Formen <strong>des</strong> Bösen, wie z. B. der Undankbarkeit,<br />

zu. Es ist kaum menschlich zu nennen, wenn man<br />

denjenigen immer wieder beleidigt, der nicht aufhört,<br />

mit Gutem zu reagieren.<br />

Ich muss leider sagen, dass ich Menschen kenne,<br />

die einen angeblich üblen Einfluss der Gnadenlehre<br />

anprangern, die aber selbst aufgrund<br />

ihrer unmoralischen Gesinnung in keiner Weise<br />

qualifiziert sind, über das Thema zu richten. Es<br />

ist schlecht um die Moral bestellt, wenn unmoralische<br />

Menschen sich als ihre Wächter darstellen.<br />

<strong>Die</strong>ser Lüge kann man ja nur mit der Frage begegnen:<br />

»Was hast du mit Moral zu tun oder die Moral<br />

mit dir?« <strong>Die</strong> Leute, die es mit guten Werken so<br />

peinlich genau nehmen, sind oft nicht diejenigen,<br />

die sie auch praktizieren. <strong>Die</strong> Gesetzlichen sollten<br />

doch auf ihre eigenen Hände und Zungen achten<br />

und das Evangelium der Gnade und seine Befürworter<br />

für sich selbst gera<strong>des</strong>tehen lassen.<br />

Wenn ich auf die Geschichte der Puritaner zurückschaue,<br />

lese ich in ihren Büchern eine Widerlegung<br />

dieser so oft wiederholten Verleumdung.<br />

Wer wagt zu behaupten, dass diejenigen, die an<br />

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die Gnade Gottes glaubten, sündiger gewesen<br />

wären als andere Sünder? Ich fordere diejenigen,<br />

die Steine werfen, heraus, zuerst ihre eigene<br />

charakterliche Überlegenheit zu beweisen. Wann<br />

waren die heiligen Puritaner Verteidiger der Ungerechtigkeit?<br />

<strong>Die</strong> Puritaner fand man so oft auf<br />

ihren Knien, wie sie zu Gott um Rettung aus der<br />

Versuchung schrien; und in Verfolgungszeiten<br />

konnte man sie im Gefängnis antreffen, weil sie<br />

es um der Wahrheit willen freudig ertrugen, dass<br />

man ihnen alles genommen hatte. <strong>Die</strong> Puritaner<br />

waren sehr gottesfürchtige Menschen. Kann man<br />

so widersprüchlich urteilen, dass man sie spöttisch<br />

nach ihrer Reinheit benennt – und auf der<br />

anderen Seite behauptet, ihre Lehren führten zur<br />

Sünde?<br />

<strong>Die</strong> Puritaner sind auch nicht der einzige Beweis<br />

dafür, dass dieser Vorwurf keine Grundlage<br />

hat. <strong>Die</strong> ganze Geschichte bestätigt diese Regel.<br />

Wenn gesagt wird, dass die Gnadenlehre zur<br />

Sünde verführe, weise ich auf die Fakten hin und<br />

überlasse die Antwort jedem selbst. Wenn wir<br />

je ein reines und gottesfürchtiges Land erleben<br />

wollen, ohne Trunkenheit und soziales Elend,<br />

kann das nur durch die Verkündigung der Gnade<br />

Gottes geschehen. <strong>Die</strong> Menschen brauchen Vergebung<br />

durch Gnade, Erneuerung durch Gnade,<br />

Umwandlung durch Gnade, Heiligung durch<br />

Gnade, Bewahrung durch Gnade. Aber solange<br />

man ihnen nur Pflichterfüllung beibringt und<br />

sie ihrer eigenen Stärke überlässt, ist alle Arbeit<br />

umsonst. Ein totes Pferd kannst du lange antreiben;<br />

es wird sich doch nicht rühren. Menschen<br />

das Laufen beizubringen, die keine Füße haben,<br />

ist ein schlechtes Unterfangen; und ebenso verhält<br />

es sich mit der Unterweisung in Moral, bevor<br />

die Gnade ein Herz geschenkt hat, das Heiligkeit<br />

liebt. Allein das Evangelium der Gnade<br />

Gottes gibt dem Menschen Motivation und <strong>Kraft</strong>,<br />

und <strong>des</strong>halb müssen wir das Evangelium als den<br />

wahren Reformer der Menschen erkennen.<br />

<strong>Die</strong> Gnadenlehre und der ganze Plan der Erlösung<br />

durch Gnade sind überaus förderlich zur<br />

Heiligkeit. Wann immer nötig, hilft sie uns zu<br />

antworten: »Das sei ferne!« auf die Frage: »Sollen<br />

wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern<br />

unter der Gnade sind?« (Röm. 6,15). Das sage ich in<br />

aller Klarheit und Deutlichkeit.<br />

ERLÖSUNG VON<br />

DER MACHT DER SÜNDE<br />

Mancher behauptet, wir würden unter der »Errettung«,<br />

die wir auch dem gemeinsten Menschen<br />

predigen, lediglich die Befreiung von der Hölle<br />

und den Zugang zum Himmel verstehen. Nun,<br />

das schließt sie mit ein, und darin resultiert sie;<br />

aber das ist es nicht, was wir damit meinen. Was<br />

wir unter Errettung verstehen, ist dies: <strong>Die</strong> Erlösung<br />

von der Liebe zur Sünde, die Rettung von<br />

der Gewohnheit der Sünde und die Befreiung von<br />

dem Wunsch zu sündigen. Wenn es wahr ist, dass<br />

die Gnade von Sünde befreit, wie sollte dieses<br />

Geschenk dann Sünde produzieren? Ich sehe darin<br />

überhaupt keine Gefahr. Ganz im Gegenteil!<br />

Dem Mann, der die gnadenreiche Verheißung <strong>des</strong><br />

Sieges über Sünde verkündigt, sage ich: »Beeile<br />

dich! Geh überall in der Welt umher und verkündige<br />

den übelsten Menschen, dass Gott sie durch<br />

Seine Gnade von der Liebe zur Sünde freisetzen<br />

und neue Geschöpfe aus ihnen machen will!« Das<br />

Evangelium bezeugt nirgends, dass die Gottlosen<br />

durch den Glauben ihre Sünden weiterhin genießen<br />

und der Strafe entgehen werden.<br />

Das Evangelium bezeugt statt<strong>des</strong>sen, dass die<br />

Gottlosen durch den Glauben an den Herrn Jesus<br />

in die Lage versetzt werden, ihr Leben zu ändern,<br />

so dass sie für Gott leben, statt der Sünde und dem<br />

Satan zu dienen. Sogar die toten, vertrockneten<br />

Knochen einer Seele können durch Seinen Geist<br />

zum Leben erweckt werden. <strong>Die</strong>se Erneuerung<br />

wird sich erweisen in heiligen Gedanken, reinen<br />

Worten und gerechten Taten zur Ehre Gottes. In<br />

Seiner großen Liebe ist Gott dazu bereit, all dies<br />

an allen Gläubigen zu bewirken. Welcher Schaden<br />

sollte denn daraus erwachsen? Das sollte<br />

doch ruhig einmal der allerschlaueste unter den<br />

Gegnern versuchen, aus moralischen Gründen zu<br />

missbilligen, dass Gott den Menschen ein neues<br />

Herz und einen gerechten Geist gibt, wie es Ihm<br />

wohlgefällt.<br />

LIEBE HAT GROSSE MACHT<br />

ÜBER DIE MENSCHEN<br />

Im 18. Jh. träumten die Menschen davon, dass<br />

Verbrechen mit Strenge bekämpft würden, und<br />

sie verließen sich auf den Nutzen härterer Strafen;<br />

aber die Erfahrung belehrte sie eines Besse-<br />

36 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


en. Unsere Vorväter fürchteten die Ausgabe von<br />

Falschgeld – ein Verbrechen, das häufig begangen<br />

wurde und tatsächlich ein schlimmer Betrug<br />

ist. Zudem fügt es dem Vertrauen unter den<br />

Menschen Schaden zu. Um damit aufzuräumen,<br />

stuften sie die Fälschung der aktuellen Silber-,<br />

Kupfer- und Messingmünzen sowie die Ausgabe<br />

oder Bezahlung mit ihnen als Hochverrat ein und<br />

erklärten ein dreifaches Vergehen zu einem Kapitalverbrechen:<br />

der Counterfeiting Coin Act. Wie<br />

viele Hinrichtungen hat es wegen dieses Gesetzes<br />

gegeben! Welch ein Jammer! Und doch reichte der<br />

ständige Gebrauch der Galgen nicht aus, um dieses<br />

Verbrechen auszurotten. Viele Vergehen wurden<br />

durch die Strafe geschaffen, die eigentlich zu<br />

ihrer Ausrottung gedacht war.<br />

Es ist bemerkenswert, dass der Mensch gerade<br />

dann, wenn man ihm etwas verbietet, den<br />

Wunsch verspürt, es zu tun, auch wenn er bis dahin<br />

nie daran gedacht hatte. Das Gesetz befiehlt<br />

Gehorsam, aber es fördert ihn nicht. Oft bewirkt<br />

das Gesetz Ungehorsam, und eine zu strenge Bestrafung<br />

hat schon häufig ein Vergehen herausgefordert.<br />

Das Gesetz versagt, aber die Liebe gewinnt.<br />

Liebe macht die Sünde auf jeden Fall unattraktiv.<br />

Jemanden zu bestehlen ist schlecht; aber einen<br />

Freund zu bestehlen, der einem oft aus der Not<br />

geholfen hat, ist ein schlimmes Verbrechen. Liebe<br />

versetzt der Sünde mit glühendem Eisen ein<br />

Brandmal auf die Stirn. Einen Feind zu töten ist<br />

eine schwerwiegende Straftat; aber seinen Vater<br />

zu erschlagen, dem man das Leben verdankt<br />

– eine solche Grauenhaftigkeit schreit zum Himmel.<br />

Das Licht der Liebe lässt die Sünde ganz besonders<br />

sündig erscheinen.<br />

Und das ist nicht alles. Liebe drängt zwingend<br />

und mächtig zur höchsten Form der Tugend. Taten, die<br />

man aufgrund <strong>des</strong> Gesetzes keinem Menschen<br />

zumuten könnte, werden aus Liebe voller Freude<br />

vollbracht. Wer sich weigern würde, durch den<br />

Zwang eines Gesetzes sein Leben aufs Spiel zu<br />

setzen, würde dies aus Liebe freiwillig tun, um<br />

Mitmenschen zu retten. »Nun stirbt kaum jemand<br />

für einen Gerechten; für einen Wohltäter entschließt sich<br />

vielleicht jemand zu sterben« (Röm. 5,7). Güte gewinnt<br />

das Herz, und man ist bereit, für einen Freundlichen<br />

und Großzügigen zu sterben. Seht doch, wie<br />

Menschen ihr Leben für ihre Staatsoberhäupter<br />

gelassen haben! Als ein Arzt tief in das Fleisch eines<br />

verwundeten französischen Soldaten schnitt,<br />

um an die Kugel zu gelangen, schrie der Patient<br />

auf: »Noch ein Stückchen tiefer, und sie verletzen<br />

den Kaiser!« Pflichtgefühl hält nur gerade eben<br />

die Festung; aber Liebe wirft den eigenen Körper<br />

der tödlichen Kugel in den Weg. Wer würde auf<br />

den Gedanken kommen, aufgrund eines Gesetzes<br />

sein Leben zu opfern? Nur die Liebe misst<br />

dem eigenen Leben weniger Bedeutung bei als<br />

dem <strong>Die</strong>nst an dem Geliebten. Liebe zu Jesus erzeugt<br />

ein Heldentum, von dem das Gesetz nichts<br />

weiß. <strong>Die</strong> ganze Geschichte der Gemeinde Jesu<br />

ist, solange sie ihrem Herrn treu war, ein Beweis<br />

dafür.<br />

Auch Güte hat, gemäß dem Gesetz der Liebe, schon<br />

oft die Unwürdigsten verändert und damit bewiesen,<br />

dass sie nicht zum Bösen reizt. Ein Trinker wachte<br />

eines Morgens aus seinem Rausch auf, voll bekleidet,<br />

eben wie er am Abend zuvor ins Bett gefallen<br />

war. Er sah, wie ihm sein einziges Kind, seine<br />

Tochter Millie, das Frühstück brachte. Während<br />

er zur Besinnung kam, fragte er: »Millie, warum<br />

bleibst du bei mir?« Sie antwortete: »Weil du mein<br />

Vater bist, und weil ich dich liebe.« Da erkannte er<br />

sich selbst als den zerlumpten Nichtsnutz, der er<br />

war, und antwortete: »Millie, liebst du mich wirklich?«<br />

Das Kind erwiderte: »Ja, Vater, und ich werde<br />

dich nie verlassen. Bevor Mutter starb, sagte<br />

sie: ›Millie, bleib bei deinem Vater und bete immer<br />

für ihn. Eines Tages wird er das Trinken aufgeben<br />

und dir ein guter Vater sein.‹ Also werde ich dich<br />

nie verlassen.« Es ist wunderbar, dass wir hinzufügen<br />

können, dass Millies Vater das Trinken ließ<br />

und ein gläubiger Mann wurde. Millie versuchte<br />

die selbstlose Liebe zu praktizieren, nicht wahr?<br />

Nach der Art unserer Moralisten hätte sie sagen<br />

müssen: »Vater, du bist ein furchtbarer Schuft!<br />

Jetzt habe ich es lange genug bei dir ausgehalten.«<br />

Aber die <strong>Kraft</strong> der Liebe machte einen besseren<br />

Mann aus ihm.<br />

<strong>Die</strong> Gnade Gottes hat eine seltsam unwiderstehliche<br />

Macht und führt Menschen zur Umkehr,<br />

indem sie sie »mit menschlichen Banden …, mit<br />

Seilen der Liebe [zieht]« (Hos. 11,4). Der Herr weiß,<br />

dass der Schlüssel zum Herzen der Menschen,<br />

wie schlecht sie auch sein mögen, die Liebe ist. Er<br />

weiß, dass Seine allmächtige Gnade, wenn auch<br />

auf oft unergründliche Weise, am Ende triumphieren<br />

wird.<br />

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GNADE DECKT DIE<br />

BOSHEIT DER SÜNDE AUF<br />

<strong>Die</strong> Befürchtung, dass die Gnadenlehre Menschen<br />

zur Sünde führen werde, ist völlig unbegründet.<br />

Es ist nämlich so, dass jede Bosheit vor oder bei<br />

der Vergebung dem Menschen überaus bitter gemacht<br />

wird. Wenn Gott anfängt, an einem Menschen<br />

zu wirken, veranlasst Er ihn normalerweise<br />

dazu, sein böses Wesen in all seiner Hässlichkeit<br />

zu erkennen. Er lässt ihn seine Sünde erkennen,<br />

bis er mit David ausruft: »Meine Sünde ist allezeit vor<br />

mir« (Ps. 51,5).<br />

In meinem eigenen Fall sah meine Seele, als<br />

ich von Sünde überführt wurde, nur Finsternis<br />

und ein schreckliches Unwetter. Es war mir, als<br />

wären meine Augen bedeckt. <strong>Die</strong> Schuld legte sich<br />

so dicht um mich, dass ich vor der zu erwartenden<br />

Verdammnis keine Ruhe finden konnte. Ich fühlte,<br />

dass ich Gott beleidigt hatte und dass dies das<br />

Schrecklichste ist, was ein menschliches Wesen<br />

tun kann. Bis zu dieser Stunde ruft der Anblick<br />

von Sünde schlimmste Gefühle in mir hervor, gerade<br />

so, wie ein Kind, dass sich einmal verbrannt<br />

hat, tiefe Panik vor dem Feuer empfindet.<br />

<strong>Die</strong> Gnade bewirkt, dass wir der Sünde überdrüssig<br />

werden und sowohl die Sünde selbst als<br />

auch ihre vermeintlichen Freuden verabscheuen.<br />

Wir möchten sie völlig aus dem Herzensboden<br />

unseres Wesens ausreißen. Eine der Früchte <strong>des</strong><br />

Geistes ist ganz gewiss, Heiligkeit zu lieben und<br />

alle falschen Wege zu verabscheuen. Eine tiefe innere<br />

Verwandlung verbietet dem Kind Gottes zu<br />

sündigen. Es hat in sich das Gericht über die Sünde<br />

und ihre Verdammung erfahren, und <strong>des</strong>halb<br />

ist sie ihm ein Gräuel. <strong>Die</strong> Furcht, dass die Gnade<br />

missbraucht werden könnte, ist darum völlig unbegründet.<br />

DIE GNADE MACHT<br />

DEN MENSCHEN ZU EINER<br />

NEUEN KREATUR<br />

<strong>Die</strong> Gnadenlehre ist ungefährlich in den Händen<br />

eines Menschen, der vom Heiligen Geist bewegt<br />

und eine neue Schöpfung nach dem Bild Gottes<br />

geworden ist. Der Geist Gottes ist eingezogen und<br />

hat den Menschen umgewandelt, ihm die Unwissenheit<br />

weggenommen, seine Gefühle verändert,<br />

seinen Verstand erleuchtet, seinen Willen Ihm<br />

unterworfen, seine Wünsche veredelt, sein Leben<br />

verwandelt. Er ist jetzt tatsächlich ein im Geist<br />

Neugeborener. <strong>Die</strong>ser Wandel wird in der Schrift<br />

mit der Auferstehung von den Toten verglichen,<br />

mit einer Schöpfung und mit einer Neugeburt.<br />

»Ihr müsst von Neuem geboren werden«, sagte Christus<br />

zu Nikodemus (Joh. 3,7), und gottselige Menschen<br />

sind von Neuem geboren.<br />

Dem wahren Gläubigen ist die überfließende<br />

Gnade <strong>des</strong> Vaters ein Band zur Gerechtigkeit, das<br />

zu durchtrennen er nie in Betracht ziehen würde.<br />

Gottesfürchtige Menschen empfinden echte<br />

Dankbarkeit und streben nach vollkommener<br />

Heiligkeit in der Furcht <strong>des</strong> Herrn (2.Kor. 7,1). Alle<br />

Wesen leben gemäß ihrer Natur, und der errettete<br />

Mensch bildet in seinem veränderten Sinn heilige<br />

Instinkte aus. Er verlangt nach Heiligkeit, kämpft<br />

gegen Sünde, arbeitet daran, in allen Dingen rein<br />

zu sein, und bietet all seine <strong>Kraft</strong> für das auf, was<br />

rein und vollkommen ist. Das neue Herz macht<br />

den ganzen Unterschied. <strong>Die</strong> Segnungen <strong>des</strong> Allmächtigen<br />

führen nicht zur Sünde, sondern geben<br />

vielmehr erhabenste Ziele vor.<br />

REINIGUNG DURCH SÜHNE<br />

Das Blut Jesu Christi reinigt ebenso gut, wie es<br />

vergibt. Der Sünder erfährt, dass es das Leben seines<br />

besten Freun<strong>des</strong>, <strong>des</strong> Sohnes Gottes, gekostet<br />

hat, damit ihm freie Vergebung zuteil würde. Der<br />

Blick auf den Herrn, den er durchbohrt hatte, bewirkt<br />

eine heilige Reue über die Sünde. Im Herzen<br />

<strong>des</strong> Sünders, dem vergeben wurde, ist die Liebe<br />

zu Jesus entbrannt, und <strong>des</strong>halb fühlt er eine tiefe<br />

Abneigung gegen die abscheuliche Bosheit der<br />

Sünde; jede Art <strong>des</strong> Bösen ist ihm verhasst.<br />

Der bußfertige Sünder hört mit Entsetzen,<br />

wie der Sohn Gottes wegen seiner eigenen Sünde<br />

schrie: »Eli, Eli, lama sabachthani?« Aus dem Tod<br />

Jesu muss gefolgert werden, dass Sünde aus der<br />

Sicht <strong>des</strong> Herrn überaus sündig ist; denn wenn<br />

die ewige Gerechtigkeit nicht einmal den geliebten<br />

Sohn Jesus verschonen konnte, als die Sünde<br />

auf Ihm lag, wieviel weniger würde sie schuldige<br />

Menschen verschonen? Es muss etwas unaussprechlich<br />

Vergiftetes sein, das selbst den sündlosen<br />

Jesus zu solch furchtbaren Leiden veranlasste.<br />

38 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Man kann sich nichts vorstellen, das größere<br />

Macht auf gottselige Menschen ausüben könnte<br />

als der Blick auf den gekreuzigten Erlöser, der mit<br />

allen Seinen Wunden und mit jedem Tropfen Blut,<br />

das aus Seinem Leib floss, die Sünde anprangert.<br />

Was? Leben in der Sünde, die Jesus umbrachte?<br />

Vergnügen finden an dem, was Ihm den Tod einbrachte?<br />

Unmöglich! Ihr seht also, wenn die freie<br />

Gnade von der durchbohrten Hand gereicht wird,<br />

verleitet sie wohl niemals zu Nachgiebigkeit gegenüber<br />

dem eigenen Ich, ganz im Gegenteil!<br />

TÄGLICHE HILFE<br />

VON GOTTES GEIST<br />

Gott der Heilige Geist wohnt in jedem Menschen,<br />

den Gott aus Gnade gerettet hat. Ist das nicht eine<br />

wunderbare Art und Weise der Heiligung? Wodurch<br />

sonst könnten die Menschen von der Sünde<br />

abgehalten werden als dadurch, dass Gott Selbst<br />

in ihren Herzen wohnt?! Der Heilige Geist leitet<br />

die Gläubigen an, viel zu beten; und welch eine<br />

heilige <strong>Kraft</strong> findet sich in dem Kind der Gnade,<br />

das mit seinem himmlischen Vater spricht!<br />

<strong>Die</strong> in Versuchung geratene Seele flieht zu ihrem<br />

Gott und äußert ihren Kummer, erblickt dabei<br />

die blutenden Wunden ihres Erlösers und geht<br />

gestärkt aus diesem Anblick hervor, um der Versuchung<br />

zu widerstehen. Auch das Wort Gottes ist<br />

mit seinen Grundsätzen und Verheißungen eine<br />

nie versiegende Quelle der Heiligung. Wenn wir<br />

nicht täglich in der Heiligen Schrift lesen, können<br />

wir bald schwach und unentschlossen werden.<br />

Aber die Gemeinschaft mit Gott erneuert uns im<br />

leidenschaftlichen Ringen mit der Sünde. Auch<br />

der Geist erquickt das Gewissen <strong>des</strong> Gläubigen<br />

oft, so dass er Dinge, die ihm in der Vergangenheit<br />

nicht sündig zu sein schienen, jetzt als Sünde erkennt,<br />

als ob er sie in klarerem Licht sähe. Das Gewissen<br />

ist von Natur aus hart und gefühllos; aber<br />

das gottselige Gewissen wird immer zarter, bis<br />

es schließlich so empfindsam ist wie eine offene<br />

Wunde. Wer am meisten Gnade erfahren hat, ist<br />

sich mehr als alle anderen <strong>des</strong>sen bewusst, dass er<br />

noch mehr Gnade braucht. Hast du diese Gnade in<br />

deinem Leben erfahren? Das ist das Mittel, durch<br />

das der Heilige Geist dich davor bewahrt, deine<br />

Freiheit jemals in Freizügigkeit zu verkehren.<br />

TEILHABER<br />

AN DER GNADE GOTTES<br />

Wer an die Gnadenlehre glaubt, ist über die<br />

Grundsorgen der Welt um Essen und Kleidung erhaben.<br />

Sein Sinn wird zur Betrachtung edler Themen<br />

geführt: der ewige Bund, seine Bestimmung,<br />

die unwandelbare Liebe, seine Berufung, Gott in<br />

Christus, das Werk <strong>des</strong> Geistes, die Rechtfertigung,<br />

die Heiligung, seine Annahme bei Gott. Andere<br />

spielen noch mit kleinen Sandhäufchen am<br />

Strand; aber der wahre Christ wandelt in der freien<br />

Gnade zwischen Hügeln und Bergen umher.<br />

<strong>Die</strong> Themen aus der Heiligen Schrift über Gott<br />

und Sein Wirken türmen sich auf wie die Alpen.<br />

<strong>Die</strong>s ist der Weg, von Bosheiten und erniedrigenden<br />

Lüsten befreit zu werden.<br />

Gedankenlosigkeit ist die fruchtbare Mutter<br />

von Missetaten. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen,<br />

wenn sich Menschen mit erhabenen Wahrheiten<br />

befassen. Der Mensch, der von Gott zu<br />

denken gelehrt wurde, wird nicht so bereitwillig<br />

sündigen wie derjenige, <strong>des</strong>sen Geist unter dem<br />

Fleisch begraben liegt. Jetzt lebt er in der Gegenwart<br />

Gottes, und das Leben ist Realität für ihn,<br />

ernst und erhaben. Er hat nicht im Sinn, mit dem<br />

Rechen der Begierde Gold zusammenzuraffen,<br />

denn er ist errettet und muss einfach nach dem<br />

ewigen Lohn streben. Er erkennt, dass er für göttliche<br />

Zwecke und Aufgaben geboren wurde; darum<br />

fragt er: »Herr, was willst Du, dass ich tun soll?«<br />

(Apg. 9,6). Er erkennt, dass die Liebe, mit der Gott<br />

ihn liebt, durch ihn weiterfließen kann zu andern.<br />

Wir alle sind wie leuchtende Lampen, die in der<br />

Finsternis scheinen und andere Lampen anzünden<br />

sollen.<br />

Viele neue Hoffnungen gewinnt der Mensch, der<br />

aus Gnade errettet ist. Seine neue Denkweise richtet<br />

sich auf die Ewigkeit. Wie Gott ihn schon in der<br />

Zeit liebt, wird ihn eben diese Liebe auch in der<br />

Ewigkeit segnen – das glaubt er. Er fürchtet die<br />

Zukunft nicht, weil er weiß, dass sein Erlöser lebt.<br />

Und so geht er mit freudigem Herzen und leichtem<br />

Schritt voran in die ewige Zukunft, so fröhlich<br />

wie zu einer Hochzeitsfeier.<br />

Streck deine Glaubenshand aus und ergreife diesen<br />

deinen Teil! Vertraue Jesus von ganzer Seele<br />

und empfange dein Erbe!<br />

voiceofhope.de | 39


Evangelisch-Reformierte<br />

Baptistengemeinde Wetzlar<br />

DER ALTE GLAUBE FÜR EINE NEUE ZEIT<br />

www.erb-wetzlar.de | Falltorstr. 23, 35614 Klein-Altenstädten<br />

EIN PORTRAIT<br />

»Dem aber, der weit über die Maßen mehr zu tun vermag, als wir bitten oder<br />

verstehen, gemäß der <strong>Kraft</strong>, die in uns wirkt, Ihm sei die Ehre in der Gemeinde in<br />

Christus Jesus, auf alle Geschlechter der Ewigkeit der Ewigkeiten! Amen.«<br />

Epheser 3,20-21<br />

Vor Grundlegung der Welt hatte Gott in<br />

Seiner unendlichen Weisheit geplant, die<br />

Herrlichkeit Seiner Gnade in der Gemeinde<br />

darzustellen. Ja, die Gemeinschaft der Erwählten<br />

soll sich in Ortsgemeinden zusammenfinden,<br />

um hier Gott anzubeten und den Segen zu empfangen,<br />

den Er zu Seinem Ruhm und dem Wohl<br />

der Gläubigen bestimmt hat.<br />

Warum ausgerechnet Gemeinden, die in vielerlei<br />

Hinsicht oft so schwach und unbedeutend<br />

erscheinen?<br />

Weil Gott so umso mehr Seine Macht und Gnade<br />

demonstriert. Gott ruft Seine Kinder auf, Seinem<br />

Wort in der Gemeinde zu folgen.<br />

40 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Am 12. Juli 2009 schlossen sich darum einige<br />

von Gott begnadigte und geliebte Sünder zusammen,<br />

um im mittelhessischen Wetzlar die<br />

Evangelisch-Reformierte Baptistengemeinde zu<br />

gründen. Seither erleben wir Zeiten großer Ermutigung,<br />

aber auch herausfordernde und schmerzhafte<br />

Phasen. Letztendlich dient aber bei<strong>des</strong><br />

zur Ehre und Verherrlichung Christi. Der Erfolg<br />

drängt uns zum demütigen Lob Gottes, und die<br />

Rückschläge und Schwierigkeiten führen uns unsere<br />

Abhängigkeit vom Herrn vor Augen. Christus<br />

sei die Herrlichkeit in der Gemeinde!<br />

Seit 2015 hat uns Gott mit einem hübschen Gemeindegebäude<br />

beschenkt, in dem wir uns seither<br />

als Gemeinde versammeln und Ihm Gottesdienst<br />

feiern dürfen. Als einzelne Glieder durch Liebe<br />

untereinander verbunden, füllen wir diesen Raum<br />

mit Lob und Anbetung. Geleitet wird die Gemeinde<br />

dabei von den beiden Pastoren Nathanael Armisen<br />

und Robert Kunstmann, unterstützt von<br />

zwei Diakonen, Daniel Schneeberger und Samuel<br />

Schneeberger. Wir sind dankbar dafür, dass Nathanael<br />

Armisen der Gemeinde als vollzeitlicher<br />

Pastor dienen darf. Insbesondere die Missionsgesellschaft<br />

HeartCry hilft uns dabei, dies zu ermöglichen.<br />

So hat der Herr unsere beiden Unterhirten<br />

Christi dazu berufen, Seiner Gemeinde in Treue<br />

zu dienen, das Wort angemessen zu lehren und<br />

Gott in allem zu ehren. Wie sieht das nun in der<br />

ERB Wetzlar konkret aus?<br />

1. GEMEINDEGEBET<br />

Einmal in der Woche treffen wir uns mittwochabends<br />

als Gemeinde, um gemeinsam den Herrn<br />

anzubeten. Das ist die Herzkammer der Gemeinde.<br />

Unscheinbar und unspektakulär gehen wir<br />

vor Gott auf die Knie und schütten unser Herz<br />

vor Ihm aus. Wir sind ganz und gar von Ihm abhängig.<br />

Darüber hinaus haben wir etwa ein- bis zweimal<br />

im Jahr besondere Fast- und Bettage, an denen<br />

wir oft wegen besonderer Herausforderungen<br />

voiceofhope.de | 41


vor den Herrn kommen. Als Gemeinde erheben<br />

wir so einmütig die Stimme zu Gott (Apg. 4,24)<br />

und erleben dabei immer wieder, wie Er »weit über<br />

die Maßen mehr zu tun vermag als wir bitten oder verstehen«.<br />

Er erhält und trägt Seine Gemeinde, ja Er<br />

segnet uns überreich.<br />

2. GOTTES WORT GEPREDIGT<br />

Am Tag <strong>des</strong> Herrn versammeln wir uns als Gemeinde<br />

morgens und abends zu zwei Gottesdiensten<br />

1 , wie es in Psalm 92,2-3 heißt:<br />

»Gut ist’s, dem HERRN zu danken, und Deinem Namen<br />

zu lobsingen, Du Höchster; am Morgen Deine<br />

Gnade zu verkünden und in den Nächten Deine Treue.«<br />

Der Gottesdienst, den wir in der ERB Wetzlar feiern,<br />

ist schlicht und wenig »kreativ«, aber auf die<br />

direkte Begegnung mit dem lebendigen und dreieinigen<br />

Gott ausgerichtet. In den Gottesdienst gehören<br />

daher auch nur Dinge, die Gott in Seinem<br />

Wort geboten und so zum Segen bestimmt hat.<br />

Durch Schriftlesung und Predigt spricht der Herr<br />

zur Gemeinde, und durch Gebete und Lieder antwortet<br />

die Gemeinde dem Herrn. Da wir unseren<br />

Gesang – wie Johannes Calvin – als gemeinsam<br />

gesungene Gebete verstehen, singen wir am Ende<br />

der Lieder ein bekräftigen<strong>des</strong> »Amen«. Im Gottesdienst<br />

geht es nicht um die Verherrlichung oder<br />

Darstellung von Menschen, sondern es geht darum,<br />

dass wir gemeinsam hinzutreten zum Thron<br />

der Gnade in ehrfürchtiger Erwartung, dem<br />

Herrn zu begegnen und durch Christus gesegnet<br />

zu werden. Und genau dies dürfen wir auch auf<br />

wunderbare Weise immer wieder erleben: Gott ist<br />

herrlich gegenwärtig im Gottesdienst!<br />

Ein weiteres zentrales Element <strong>des</strong> Gottesdienstes<br />

ist die fortlaufende Schriftauslegung<br />

in der Predigt. Dabei geht es nicht in erster Linie<br />

darum, in moralischer Härte Missstände<br />

anzumahnen, sondern in liebevoll einladender<br />

Weise Sünder zur Buße zu rufen. So verstand<br />

auch der württembergische Pietist und Erweckungsprediger<br />

Ludwig Hofacker seinen Verkündigungsdienst:<br />

»Es erhellt dieses auch aus<br />

meiner Predigtweise, die wegen ihres erwecklichen<br />

Bußcharakters wohl nicht über zwei Jahre<br />

an einen Ort passt; denn auch das schärfste Anfassen<br />

werden die Leute nach und nach gewohnt<br />

und verderben sich zuletzt damit den Appetit, so<br />

dass sie endlich lauter Gewürz essen wollen.« Bereits<br />

Johannes Calvin empfiehlt diese weise Ausgewogenheit<br />

für den Hirtendienst: »Ein Pastor<br />

sollte zwei Stimmen haben: eine, um die Schafe<br />

zu sammeln, und eine andere, um die Wölfe und<br />

<strong>Die</strong>be abzuwehren und zu vertreiben. <strong>Die</strong> Heilige<br />

Schrift gibt ihm die Mittel, bei<strong>des</strong> zu tun; denn<br />

wer darin geübt ist, wird fähig sein, sowohl die<br />

zu leiten, die lernbereit sind, als auch die Feinde<br />

der Wahrheit zu widerlegen« (Kommentar zu Tit.<br />

1,7-9).<br />

<strong>Die</strong> Predigt, die die Gläubigen tröstend auferbaut<br />

und gleichzeitig von Sünde überführt und<br />

zurechtweist, ist das von Gott bestimmte Gnadenmittel,<br />

zu Seiner eigenen Verherrlichung, aber<br />

auch zur geistlichen Stärkung der Gemeinde, ja<br />

auch in unserer heutigen Zeit, »auf alle Geschlechter<br />

der Ewigkeit der Ewigkeiten!«<br />

3. GEMEINDE GELEBT<br />

Neben dem öffentlichen Gottesdienst am Tag<br />

<strong>des</strong> Herrn feiern die einzelnen Familien der Gemeinde<br />

zu Hause Familienandachten. Besonders<br />

die Ehemänner und Väter tragen dort die Verantwortung,<br />

ihre Frauen und Kinder täglich im Wort<br />

Gottes zu unterweisen. In den Familien wollen wir<br />

leben, was Gott uns geboten hat:<br />

»<strong>Die</strong>se Worte, die Ich dir heute gebiete, sollst du<br />

auf dem Herzen tragen, und du sollst sie deinen<br />

1<br />

In den Ferienzeiten findet zurzeit allerdings nur ein Gottesdienst statt.<br />

42 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in<br />

deinem Haus sitzt oder auf dem Weg gehst, wenn<br />

du dich niederlegst und wenn du aufstehst; und<br />

du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden,<br />

und sie sollen dir zum Erinnerungszeichen über<br />

den Augen sein; und du sollst sie auf die Pfosten<br />

deines Hauses und an deine Tore schreiben« (5.Mo.<br />

6,6-9).<br />

Zu unserer Gemeinde gehören viele Familien<br />

mit kleinen Kindern, die so von Kin<strong>des</strong>beinen an<br />

tagtäglich zuhause in Gottes Wort unterwiesen<br />

werden. Um die wichtigsten biblischen Lehren zu<br />

verinnerlichen, lernen viele auch Bibelverse und<br />

einen Kinderkatechismus auswendig und, wenn<br />

sie älter sind, den Kleinen Katechismus. 2 Zuhause<br />

in den Familien lernen die Kinder, Gott zu ehren<br />

und anzubeten, so dass sie am Sonntag auch<br />

in den Gottesdiensten mit dabei sind. Dort gibt es<br />

nur für die ganz kleinen Kinder eine Übertragung<br />

<strong>des</strong> Gottesdienstes in einen separaten Raum.<br />

Vor allen Dingen aber sollen die Kinder auch<br />

am Sonntag lernen, mit Freude zusammen mit<br />

der ganzen Familie im Gottesdienst Gott anzubeten.<br />

Überhaupt wollen wir als Gemeinde auch Zeit<br />

miteinander verbringen. Wenn es möglich ist,<br />

versuchen wir wenigstens einmal im Monat am<br />

Sonntag gemeinsam Mittag zu essen. (Das war<br />

pandemiebedingt in den beiden letzten Jahren<br />

leider kaum möglich.) Außerdem laden wir uns<br />

gerne gegenseitig ein, besuchen einander und haben<br />

auch sonst einige informelle Mittel und Wege,<br />

wie wir einander in geschwisterlicher Liebe beistehen,<br />

einander helfen, in der Nachfolge ermutigen<br />

und im Glauben stärken.<br />

4. GOTT LEBT IN DER ORTSGEMEINDE<br />

<strong>Die</strong>se von Gott verordneten Gnadenmittel, samt<br />

Taufe und Abendmahl, gehören ausdrücklich<br />

in die Ortsgemeinde. Jesus spricht zwar von einer<br />

geistlichen Gabe der Ehelosigkeit, aber nicht<br />

von einer Gabe der Gemeindelosigkeit. Letzteres<br />

betrachten wir als eine sehr große Not in<br />

unserer Zeit. Wie viele Gläubige gehören keiner<br />

Ortsgemeinde an! Dabei fehlt es sowohl an biblisch<br />

geordneten Gemeinden als auch am nötigen<br />

geistlichen Verständnis, warum Christus in der<br />

Gemeinschaft der Heiligen verherrlicht werden<br />

will und in der Ortsgemeinde besonderen Segen<br />

wirkt. Nirgendwo wird Christus so verherrlicht,<br />

wie durch die liebevolle Einheit und Gemeinschaft<br />

von Glaubensgeschwistern.<br />

Wir sind sehr unterschiedlich in unserer Gemeinde;<br />

es gibt viele verschiedene Nationalitäten,<br />

soziale Schichten; wir haben unterschiedliche Interessen,<br />

doch stehen wir in dem einen fest verbunden<br />

zusammen: im Bekenntnis zu Christus<br />

und Seinem Wort, der der Herr ist über alles. Ist<br />

nicht genau das eine Darstellung der wirksamen<br />

<strong>Kraft</strong> Christi in den Menschen, der allein herzlich<br />

vereinen kann, was keine andere Bindung<br />

schafft?<br />

So haben wir als Gemeinde auch das große<br />

Anliegen, weitere biblisch geordnete Gemeinden<br />

zu gründen. Bisher durften wir dies einmal erleben,<br />

als Gott uns 2016 gebraucht hat, um die ERB<br />

Frankfurt zu gründen.<br />

Als Gemeinde wollen wir aber auch auf anderen<br />

Wegen Menschen mit dem Evangelium erreichen,<br />

die den Herrn noch nicht kennen oder keine<br />

Möglichkeit haben, eine gesunde Ortsgemeinde<br />

zu besuchen. Darum laden wir die Predigten auf<br />

Sermonaudio und anderen Plattformen hoch. Außerdem<br />

veranstalten wir gewöhnlich ein bis zwei<br />

Konferenzen pro Jahr, die sich als große Ermutigung<br />

erwiesen haben und auch brüderliche Beziehungen<br />

schaffen zu anderen gleichgesinnten<br />

Christen in Deutschland und Europa.<br />

Durch die Übersetzungen und Publikation einiger<br />

reformiert-baptistischer Schriften wollen<br />

wir auch Bücher bekannt machen, die uns selbst<br />

solch ein großer Segen waren, die biblischen Lehren<br />

zu erfassen und im Leben umzusetzen.<br />

2<br />

Biblische Glaubenslehre für Kinder – Kinderkatechismus (Edition ERB / Betanien 2014/2018²);<br />

Der Kleine Katechismus, Hg. Robert Kunstmann (Edition ERB / BoD, 2021).<br />

voiceofhope.de | 43


5. GLAUBENSBEKENNTNIS UND GEMEINDEORDNUNG<br />

Wir sind überzeugt, dass Christus besonders da<br />

»die Ehre in der Gemeinde« empfängt, wo wir bereit<br />

sind, all unsere Pläne und Formen im Lichte der<br />

Bibel zu prüfen, und wenn wir uns Ihm in allem<br />

unterordnen. Als Gemeinde brauchen wir auch<br />

eine tragfähige innere Struktur, die meist nach<br />

außen hin unsichtbar ist, wie das Skelett im Körper,<br />

und doch eine überlebenswichtige Funktion<br />

hat.<br />

Wir halten es für biblisch geboten, dass wir<br />

klar und offen darlegen, woran wir glauben, und<br />

den ein für alle Mal den Heiligen überlieferten<br />

Glauben bekennen und verteidigen. Dazu haben<br />

wir uns als Gemeinde vor allen Dingen auf das<br />

Baptistische Glaubensbekenntnis von 1689 verpflichtet.<br />

Darüber hinaus nutzen wir einen Katechismus,<br />

um in einfacher Weise die wichtigsten<br />

Lehren der Bibel zu verinnerlichen. 3<br />

Ebenso wichtig ist es, dass wir auch klar darlegen,<br />

wie wir als Gemeinde miteinander leben wollen.<br />

Mit Hilfe von bewährten Baptistengemeinden<br />

aus Nordirland und den USA konnten wir<br />

eine Gemeindeordnung verfassen, in der wir dies<br />

schriftlich festhalten. <strong>Die</strong>ses wertvolle Dokument<br />

ist gefüllt mit Querverweisen auf die Bibel als unsere<br />

höchste Richtschnur für Glauben und Leben.<br />

<strong>Die</strong> Bekenntnisgrundlage und Gemeindeordnung<br />

der Gemeinde haben sich über die Jahre hin<br />

als ein reicher Segen erwiesen, den wir auf keinen<br />

Fall missen möchten. Wir haben so in den wichtigsten<br />

Lehrfragen Klarheit und müssen uns nicht<br />

aneinander reiben. Ebenso sind die zentralen<br />

Fragen, wie wir als Gemeinde bestimmte Dinge<br />

handhaben, klar geordnet (z. B.: Wie wird jemand<br />

Gemeindeglied? Oder: Wie handhaben wir öffentliche<br />

Sünde und Gemeindezucht?).<br />

6. GLAUBENSKRAFT IN NEUER ZEIT<br />

Wie passt es zusammen, dass eine solch junge Gemeinde<br />

– jung vom Alter der Gemeindeglieder,<br />

aber auch vom Gemeindealter her – so stark auf<br />

alte Glaubensinhalte und -formen zurückgreift?<br />

Auf der einen Seite wollen wir den Glauben nicht<br />

als eine bloß rückwärtsgewandte Tradition weiterleben,<br />

als lebten wir heute noch immer im 17.<br />

oder 18. Jahrhundert. Auf der anderen Seite dürfen<br />

die biblische Lehre und bewährte, geistliche<br />

Formen der Gottesverehrung auch nicht von<br />

unbiblischen Trends und Einflüssen <strong>des</strong> jeweils<br />

vorherrschenden Zeitgeists verdrängt oder sogar<br />

erdrückt werden.<br />

Unser Anliegen ist es, in der Gegenwart die<br />

Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden.<br />

Wir leben altbewährtes, kraftvolles, ehrfürchtiges,<br />

biblisches Gemeindeleben auch in unserer<br />

Zeit authentisch und frisch, ja in gewisser Weise<br />

»modern« als Menschen <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts,<br />

denn das alte Evangelium errettet auch bis heute<br />

jeden, der glaubt, »denn es ist Gottes <strong>Kraft</strong> zur<br />

Errettung« (Röm. 1,16). <strong>Die</strong>s charakterisiert uns als<br />

Evangelisch-Reformierte Baptistengemeinde in<br />

Wetzlar.<br />

So wollen wir auch weiterhin mit den bewährten<br />

und kostbaren biblischen Lehren und vom<br />

Herrn bestimmten Mitteln die Menschen heute<br />

erreichen und die Herrlichkeit Christi verkünden.<br />

Wir sind gespannt, was der Herr weiter in unserer<br />

Mitte wirkt zur Ehre Seines Namens und zum Segen<br />

Seiner Gemeinde in dieser Welt.<br />

Herzliche Einladung auch an jeden, der uns<br />

gerne einmal besuchen möchte. Wir freuen uns<br />

über jeden Gast, der mit uns zusammen Gott preisen<br />

möchte!<br />

3<br />

Das baptistische Glaubensbekenntnis von 1689, Hg. Robert Kunstmann (Edition ERB / BoD, 2002/2020²).<br />

Der Kleine Katechismus, Hg. Robert Kunstmann (Edition ERB / BoD, 2021). Wir bekennen uns ferner zu einigen<br />

1989 vorgenommenen Ergänzungen zum Bekenntnis von 1689, dem Apostolischen Glaubensbekenntnis und der<br />

Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel von 1978. In Abgrenzung zu der so genannten<br />

Pfingstbewegung schließen wir uns <strong>des</strong> Weiteren den Ausführungen der Berliner Erklärung von 1909 an.<br />

44 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 1/<strong>2022</strong>


UNSERE<br />

EMPFEHLUNGEN<br />

DER KLEINE KATECHISMUS<br />

Baptistenversion<br />

Der Kleine Katechismus enthält Fragen und Antworten<br />

über alle biblischen Lehren, die für das Heil in<br />

Christus notwendig sind. Er ist ein nützliches Hilfsmittel,<br />

nicht nur für Familien mit heranwachsenden<br />

Kindern, sondern auch im Bibelunterricht für Neubekehrte<br />

aller Altersgruppen.<br />

5,99 €<br />

Bestell-Nr.: 75433344<br />

Softcover<br />

DAS BAPTISTISCHE<br />

GLAUBENSBEKENNTNIS<br />

von 1689<br />

Das Baptistische Glaubensbekenntnis ist eine unübertroffene<br />

Zusammenfassung der biblischen Wahrheiten<br />

mit Belegstellen aus der Schrift, die die Gläubigen<br />

befähigen können, die Hoffnung, die in ihnen<br />

ist, zu begründen (s. 1.Pt. 3,15).<br />

15,99 €<br />

Bestell-Nr.: 75190637<br />

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oder 02265 99749 22<br />

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Unsere<br />

Empfehlung<br />

John MacArthur<br />

DAS KRAFTVOLLE<br />

EVANGELIUM (BAND 2)<br />

WIE GOTT ES OFFENBART HAT<br />

Wo in der Bibel finden Sie die deutlichste Darstellung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>? In einem der<br />

vier Evangelien – Matthäus, Markus, Lukas und Johannes? Vielleicht im Brief von Paulus<br />

an die Römer? Irgendwo anders im Neuen Testament?<br />

<strong>Die</strong> Antwort mag Sie überraschen.<br />

Es gibt keine Schriftstelle, die das Sühnewerk Christi für die Sünder deutlicher erklärt<br />

als Jesaja 53. Es ist wahrhaftig das erste Evangelium (geschrieben 700 Jahre, bevor<br />

Christus auf die Erde kam) und wegen seines Detailreichtums die erstaunlichste Prophezeiung<br />

im Alten Testament.<br />

Vertiefen Sie Ihre Dankbarkeit für das Erlösungswerk Christi – entdecken Sie den<br />

Reichtum von Jesaja 53 in John MacArthurs wegweisender Studie.


· IMPRESSUM ·<br />

Herausgeber<br />

MISSIONSWERK VOICE OF HOPE E. V.<br />

Eckenhagener Str. 43<br />

51580 Reichshof-Mittelagger<br />

Tel.: +49 2265 99749-0<br />

Fax: +49 2265 99749-29<br />

E-Mail: info@voiceofhope.de<br />

www.voiceofhope.de<br />

CHRISTLICHER VERLAG VOICE OF HOPE<br />

Tel.: +49 2265 99749-22<br />

www.voh-shop.de<br />

Über den Autor<br />

John MacArthur ist seit 1969<br />

leitender Pastor der Grace Community<br />

Church in Sun Valley, Kalifornien. Sein<br />

<strong>Die</strong>nst als Auslegungsprediger ist an<br />

Reichweite und Einfluss unübertroffen: In<br />

über 50 <strong>Die</strong>nstjahren auf derselben Kanzel<br />

hat er Vers für Vers über das gesamte<br />

Neue Testament (und viele Schlüsseltexte<br />

<strong>des</strong> Alten Testaments) gepredigt.<br />

Er ist Leiter der Master's University und<br />

deren Predigerseminar und ist täglich in<br />

der Radiosendung Grace to You<br />

zu hören (übertragen von hunderten von<br />

Radiosendern weltweit). Er ist Autor einer<br />

Reihe von Büchern, darunter der MacArthur<br />

Studienbibel, »Das kraftvolle Evangelium<br />

(Band 1 & 2)«, »Wie man die Bibel studiert«<br />

und »Gnade für dich«.<br />

www.voh-shop.de<br />

02265 9974922<br />

17,90 € • Bestell-Nr.: 875465<br />

237 Seiten • Hardcover<br />

Bankverbindungen<br />

DEUTSCHLAND:<br />

Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt<br />

Missionswerk Voice of Hope e. V.<br />

IBAN: DE98 3845 0000 1000 1033 31<br />

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Hinweis<br />

Zweckgebundene Spenden werden<br />

grundsätzlich satzungsgemäß und für<br />

den vom Spender bezeichneten Zweck<br />

eingesetzt. Gehen für ein bestimmtes<br />

Projekt mehr Spenden als erforderlich ein,<br />

werden diese für einen ähnlichen satzungsgemäßen<br />

Zweck verwendet.<br />

Als gemeinnütziger Verein sind wir berechtigt,<br />

Ihnen Spendenbescheinigungen auszustellen.<br />

<strong>Die</strong>se können Sie dem Finanzamt<br />

vorlegen, sodass Ihre Spende bei Ihrer<br />

Steuererklärung Berücksichtigung findet.<br />

© <strong>2022</strong> VOICE OF HOPE, Germany<br />

Bildernachweis: Shutterstock, Alamy Stock,<br />

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Nachdruck oder Verwendung<br />

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Informationen sind nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung der Redaktion gestattet.


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www.voiceofhope.de<br />

Wenn wir um die Reinheit der Gemeinde nicht<br />

mehr besorgt sind als um weitere mögliche Probleme<br />

und Krisen, dann stellt das eine ernsthafte Frage an<br />

unser Christsein dar. Fragen wir uns doch mal:<br />

Was beunruhigt uns als Christen am meisten?<br />

Sind es die Vorgänge in der Welt um uns herum?<br />

Oder ist es der Name und die Ehre unseres<br />

allmächtigen Gottes, die geistliche Gesundheit und<br />

der Zustand Seiner Gemeinde, das Gedeihen und die<br />

Zukunft Seiner Sache unter den Menschen?<br />

Möge Gott uns die Gnade schenken, die biblische<br />

Wahrheit anzunehmen und zu lernen, die Dinge nicht<br />

politisch, sondern geistlich zu beurteilen!<br />

D. Martyn Lloyd-Jones

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