career's purpose - Mach, was du bist. 01/2022

„Auch mit einem
abgeschlossenen
Studium steht man
erst am Anfang der
eigenen Entwicklung.“
Bild: Franz Nebel
VOM CFO ZUM
Bio-Cowboy
Neuorientierung – Nachhaltigkeit – Engagement
Franz Nebel war im Vorstand
eines internationalen Konzerns
tätig, im März 2021 ging er in
Pension. Aber dann ließ er drei
Mustangs (ja, die Pferde) aus
den USA einfliegen und baute
eine Ranch, die er als Bio-Bauer
bewirtschaftet. Wie passt das
zusammen?
Franz, du warst Chief Financial
Officer bei der REWE International
AG. Wie kam es dazu und was hat
dir an diesem Beruf besonders Spaß
gemacht?
Ja, wie kam es dazu? Also geplant war
das nicht. Als ich 1980 zu Billa kam, war ich
21 Jahre alt und hatte kein Startkapital; mir
war vor allem wichtig, Geld zu verdienen, um
mir Wohnung und Auto leisten zu können.
Bei Billa erhielt ich die Möglichkeit, schon
in jungen Jahren Führungsverantwortung zu
übernehmen und einen „Doppeljob“ (Buchhaltungsleiter
und IT-Operating mit Projektleitung
für ein neues Buchhaltungssystem)
zu bekleiden. Durch diese Chance – und die
damit verbundenen Überstunden – konnte
ich nicht nur Geld verdienen, sondern auch eine Menge
lernen. Und genau dieses Lernen, die permanente
Weiterentwicklung und damit das Übernehmen von
immer mehr Verantwortung, hat mir sehr viel Freude
bereitet. Natürlich läuft so eine Karriere nicht immer
friktionsfrei oder ohne Herausforderungen und
Schwierigkeiten ab, aber das Wichtigste war: Es blieb
immer spannend und interessant.
Nun hast du eine ganz andere Richtung
eingeschlagen – was hat dich zu dieser
Veränderung inspiriert?
Das waren zwei Dinge: Erstens hat meine schlaue
Tochter, die schon als Kind zu reiten begonnen hat,
mich mit 49 Jahren zum Vatertag mit Reitstunden überrascht
und damit mein Interesse geweckt (mittlerweile
bin ich stolzer Besitzer des Western Riding Certificate).
Zweitens bin ich in einer kleinen „Selbstversorgungslandwirtschaft“
aufgewachsen – wir hatten Hühner,
Hasen, ein Schwein und eine Ziege – und meine Frau
kommt von einem Landwirtschaftsbetrieb. Wir wollten
wieder ein bisschen zurück zu unseren Wurzeln. Zusätzlich
gefällt mir der Kontrast zu meinem vorherigen Job
sehr gut. Es ist wieder eine neue Herausforderung!
Stichwort Lifelong Learning – welche Tipps
würdest du Leuten geben, die ebenso eine neue
Richtung einschlagen möchten?
Ich glaube, es ist gar nicht so wichtig, welche
Richtung man einschlägt, sondern dass man diese
mit vollem Engagement angeht und Freude an neuen
Erfahrungen hat. Wer einen Job (bzw. jede Form von
Aufgabe) wirklich gut erledigen möchte, muss 100 %
Einsatz und Interesse mitbringen, dann geht es fast von selbst. Man
muss permanent lernen – egal, ob man sich neu orientieren oder
in der eigenen Sparte vorankommen will. Meine Frau und ich beispielsweise
bilden uns aktuell durch einen Bio-Kurs der Landwirtschaftskammer
weiter. Was ich damit sagen will: Auch mit einem
abgeschlossenen Studium steht man erst am Anfang der eigenen
Entwicklung.
Man nennt dich auch „Bio-Cowboy“. Warum ist es dir
wichtig, biologisch zu wirtschaften?
Das ist offenbar nicht nur mir wichtig, sondern sehr vielen
Menschen. Unsere – nein, ich bin ja mittlerweile Pensionist – also die
REWE Eigenmarke „Ja! Natürlich“ ist z. B. die erfolgreichste Eigenmarke
in Österreich und ganz allgemein folgt der Lebensmitteleinzelhandel,
also auch die ehemalige Konkurrenz, diesem Trend und damit
dem Qualitätsbewusstsein der Bevölkerung. Ich bin froh, dass nicht
nur Bio, sondern Nachhaltigkeit generell so großen Zuspruch in der
Bevölkerung findet, denn hier geht es um das Gesunde, Schöne,
Vielfältige und Erhaltenswerte auf unserem Planeten.
Last but not least – was ist dein Purpose? Hat sich dieser
mit der neuen Aufgabe verändert?
Der ist immer noch derselbe: neue Erfahrungen sammeln, jeden
Tag dazu lernen, spannende Herausforderungen bewältigen – einfach
ein interessantes Leben führen.
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