möbel kultur 4/22
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ZKZ 4937<br />
4 I 20<strong>22</strong><br />
MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />
Zukunft<br />
anpacken<br />
So stellt sich der<br />
Hermes Einrichtungs<br />
Service aktuell auf<br />
Expansiv<br />
unterwegs<br />
Foto: Hermes Einrichtungs Service<br />
E-Commerce-Spezialisten wie<br />
Ankorstore, Kaufland.de und<br />
PremiumXL rollen den Markt auf<br />
GROSSE ÜBERSICHT<br />
MEHR ALS 200<br />
ONLINESHOPS<br />
Polipol: Jeden Tag neu denken<br />
V-Zug: Mit Exzellenz überzeugen<br />
BSH: Will noch flexibler werden<br />
Opti: Die Bremer Stadt-Möbilanten<br />
Die Wäscherei: Starkes City-Konzept<br />
Hülsta: „Umsichtig und mutig agieren“
PERSÖNLICHMICHAEL ECK<br />
Herr Eck, Sie haben erst Ende Dezember<br />
1 einen Pop-up-Store in der Hamburger<br />
City eröffnet. Was hat Sie zu diesem Schritt<br />
bewogen?<br />
Michael Eck: Es ist ja bekannt, dass<br />
sich die Wäscherei massiv für den<br />
stationären Handel stark macht –<br />
auch wenn wir selbst einen Onlineshop<br />
betreiben. Ein gut gestaltetes<br />
Geschäft mit einem innovativen<br />
Konzept hat beste Chancen, sich<br />
neben den Einheitsfilialisten zu<br />
behaupten und positiv aus der Masse<br />
hervorzustechen. Pop-up-Shops bieten<br />
die Möglichkeit, Konzepte in<br />
Innenstädten zu testen. Meine Vorstellung<br />
für die Hamburger City ist,<br />
Lifestyle bei uns erlebbar zu machen.<br />
In Paris und London sind solche<br />
Konzepte bereits sehr erfolgreich.<br />
2<br />
Sie haben Ihren Pop-up-Store auch schon<br />
um 100 qm auf nun 500 qm vergrößert.<br />
Das heißt, das Konzept ist erfolgreich<br />
gestartet?<br />
Michael Eck: Wir haben eine sehr<br />
gute Resonanz. Und das zeigt uns<br />
auch, dass nicht nur unser Konzept<br />
stimmt, sondern dass auch viele<br />
Artikel mit besonderem Lifestyle-<br />
Charakter in den Innenstädten einfach<br />
nicht mehr erhältlich sind. So<br />
kann man zum Beispiel Leuchten zu<br />
erschwinglichen Preisen dort eigentlich<br />
nicht mehr finden. Ich hoffe,<br />
dass sich das ändert. Nach und nach<br />
öffnen in der Hamburger City auch<br />
wieder Händler mit einem modernen<br />
Portfolio und emotionalen PoS-<br />
Konzept wie beispielsweise Clic, die<br />
zuvor im Stilwerk waren. Das ist eine<br />
gute Entwicklung.<br />
3<br />
Überlegen Sie nun dauerhaft in der Hamburger<br />
Innenstadt mit einer Dependance<br />
sesshaft zu werden?<br />
Michael Eck: Der Pop-up-Store ist<br />
eine gute Möglichkeit, die City als<br />
Standort mit geringem finanziellen<br />
Aufwand an zu testen. Erst einmal<br />
haben wir geplant, bis Juni/Juli dort<br />
zu bleiben. Allerdings haben wir eine<br />
Verlängerungsoption bis 2025. Dann<br />
wird das Gebäude – der Hamburger<br />
Hof – umgebaut. Ob wir länger bleiben,<br />
entscheiden wir bis Mai.<br />
4<br />
Mit der Wäscherei sind Sie seit mittlerweile<br />
zehn Jahren in der City Nord<br />
sesshaft. Wie entwickelt sich der Standort<br />
– gerade auch vor dem Hintergrund des<br />
Wandels in dem Stadtteil?<br />
Michael Eck: Wir waren ja die Ersten,<br />
die zu Beginn der Veränderungen in<br />
der City Nord vor Ort waren. Seitdem<br />
wurde dort viel neu gebaut.<br />
Es sind Hotels und viel Wohnraum<br />
entstanden. Durch die grüne Umgebung<br />
ist der Stadtteil ein schöner<br />
Wohnstandort. Was noch fehlt ist<br />
der Einzelhandel – aber auch der soll<br />
kommen. Es ist dort viel in Bewegung.<br />
Für uns kann es nicht besser<br />
sein. Unser Restaurant hat beispielsweise<br />
einen enormen Zulauf.<br />
5<br />
Aktuell wird um Ihren Standort herum<br />
auch viel gebaut, merken Sie Beeinträchtigungen<br />
durch die Arbeiten?<br />
Michael Eck: Nein, wir sind davon<br />
nicht so betroffen – und hoffen,<br />
dass das auch so bleibt, denn 2025<br />
beginnt dort der U-Bahn-Bau und<br />
auch die Hauptverkehrsstraße wird<br />
saniert.<br />
6<br />
Neben Ihren stationären Geschäften<br />
betreibt die Wäscherei seit sechs<br />
Jahren einen eigenen Onlineshop. Wie hat<br />
sich dieser entwickelt?<br />
Michael Eck: Während der Pandemie<br />
hat unser Onlineshop ein besonderes<br />
Augenmerk bekommen. Der<br />
Umsatz konnte seit Beginn der<br />
Corona-Krise 2020 verdoppelt werden.<br />
Wir haben seitdem aber auch<br />
viel mehr Produkte in den Shop eingestellt.<br />
Sein Anteil am Gesamtumsatz<br />
macht mittlerweile acht Prozent<br />
aus. Unser Hauptgeschäft bleibt aber<br />
der stationäre Handel. Das bringt<br />
uns am meisten Spaß.<br />
7<br />
Die Wäscherei: Mit City-Konzept erfolgreich<br />
Verfechter des<br />
stationären Handels<br />
Erst Ende Dezember hat die Wäscherei einen Pop-up-Store in der Hamburger<br />
City eröffnet – direkt am Jungfernstieg. Dort wird das Einkaufserlebnis der<br />
Wäscherei mit den kundenfreundlichen Preisen des Sortiments „My Mexico<br />
City“ vereint. Und schon jetzt wurde die Fläche vergrößert. Geschäftsführer<br />
Michael Eck erklärt in der „<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“, warum sein Innenstadt-Konzept<br />
so gut ankommt, wie er seinen Standort in der City Nord bewertet und was<br />
er für dieses Jahr noch geplant hat.<br />
Wie sind Sie bislang durch die Corona-<br />
Pandemie gekommen? Konnte der<br />
18 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
Foto: Die Wäscherei<br />
Onlineshop, der seitdem ja zulegte, mögliche<br />
Verluste auffangen?<br />
Michael Eck: Wie die anderen verzeichneten<br />
auch wir Rückgänge.<br />
Dennoch sind wir vergleichsweise<br />
gut durch die Pandemie gekommen.<br />
Das Plus im Online-Bereich<br />
konnte die Rückgänge allerdings<br />
nicht ausgleichen. Wenn die Bestimmungen<br />
es erlaubten, haben wir<br />
Einzeltermine mit den Kund:innen<br />
gemacht. Besonders gut liefen<br />
auch unsere Abverkäufe über<br />
unsere Social-Media-Kanäle. Für<br />
diese Aktion hatten wir uns während<br />
des Lockdowns entschieden,<br />
weil wir Platz für die neue Ware<br />
brauchten. Wir mussten einen Weg<br />
finden, um uns von den Ausstellungsstücken<br />
zu trennen. Einige<br />
Artikel sind noch da, die werden<br />
online beworben. Insgesamt haben<br />
wir unsere Aktivitäten im Social-<br />
Media-Bereich stark gepusht – mit<br />
Videos, Beiträgen und mehr. Für<br />
uns sind die sozialen Netzwerke zu<br />
einem wichtigen Standbein geworden,<br />
um mit unseren Kund:innen<br />
auch über die Stadtgrenze hinaus<br />
in Kontakt zu bleiben.<br />
8<br />
Aktuell hat die Branche schwer mit<br />
Lieferengpässen und Preiserhöhungen<br />
zu kämpfen. Wie ist die Situation bei Ihnen?<br />
Michael Eck: Auch wir sind von längeren<br />
Lieferzeiten und täglichen<br />
Preiserhöhungen betroffen. Die<br />
Situation ist nicht berauschend.<br />
Aber glücklicherweise haben wir<br />
Kund:innen, die Zeitung lesen und<br />
wissen, wie die Lage diesbezüglich<br />
aussieht. Dadurch haben Sie dafür<br />
Verständnis.<br />
9<br />
Was erwarten Sie von diesem Jahr?<br />
Welche Pläne gibt es und wie ist Ihre<br />
geschäftliche Prognose?<br />
Michael Eck: Im August steht unsere<br />
25-Jahr-Feier an. Das Jubiläum wird<br />
im Geschäft mit besonderen Eigendesigns<br />
und speziellen Entwürfen<br />
von unseren Lieferanten gefeiert.<br />
Außerdem planen wir eine große<br />
Veranstaltung.<br />
Prognosen für das Geschäftsjahr<br />
sind schwer abzugeben, zumal die<br />
vergangenen beiden Jahre mit ihren<br />
Lockdowns zum Vergleich nicht<br />
herangezogen werden können. Verglichen<br />
mit dem Vor-Corona-Jahr<br />
2019 wären wir mit einem Plus von<br />
zehn bis 15 Prozent sehr zufrieden.<br />
DORIS SCHMIDT<br />
www.die-waescherei.de<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 19
TOP-THEMA/POLIPOL-GRUPPE<br />
Allein am Firmensitz in Diepenau, inklusive 7.000 qm großem Showroom, sind inzwischen über 500 Beschäftigte tätig.<br />
Insgesamt, mit den Werken in Polen, Rumänien und Belarus, kommt die Polipol-Gruppe auf mehr als 7.500 Mitarbeitende.<br />
Jeden Tag<br />
neu denken<br />
Wie läuft es aktuell bei<br />
der Polipol-Gruppe,<br />
dem umsatzstärksten<br />
Polster<strong>möbel</strong> hersteller<br />
Deutschlands? Welche<br />
Auswirkungen hat<br />
der Ukraine-Krieg<br />
auf Material engpässe<br />
und Lieferzeiten? Und<br />
warum stellt Hukla<br />
erstmals in Mailand<br />
aus? Die „<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“<br />
hat bei Geschäftsführer<br />
Marc Greve nachgefragt.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Herr Greve, was macht<br />
Ihnen derzeit am meisten Sorgen?<br />
Marc Greve: Dass wir nicht wissen,<br />
was in den nächsten Wochen und<br />
Monaten passiert. Wir haben aktuell<br />
zwar alles noch recht gut im Griff:<br />
Wir können liefern, es wird vollumfänglich<br />
in allen Fertigungen produziert,<br />
aber was die Zukunft bringt,<br />
das wissen wir nicht. Gleichwohl<br />
sind wir durch die Corona-Pandemie<br />
bereits einiges gewohnt. Wir<br />
haben in den letzten Jahren viele<br />
Strukturen geschaffen, die uns jetzt<br />
helfen. Beispielsweise setzen wir<br />
in unseren Werken in Osteuropa<br />
immer auf die Mitarbeiter im entsprechenden<br />
Land. Und wir haben<br />
einen eigenen Fuhrpark. Das heißt,<br />
rund 75 Prozent aller Lieferungen<br />
können wir selbst mit eigenen<br />
Fahrern steuern. Das hilft derzeit<br />
enorm. Auch die Versorgung ist bei<br />
uns gesichert. Materialengpässe gibt<br />
es, aber auch diese können wir –<br />
Stand heute – regeln. Anders sieht<br />
es mit der Preisentwicklung aus.<br />
Schwierig sind die Dinge, die wir<br />
nicht beeinflussen können. Dazu<br />
zählt nicht nur der Krieg in der<br />
Ukraine, mit all seinen Auswirkungen.<br />
Uns beschäftigen derzeit viele<br />
Fragen: Wie entwickeln sich die<br />
Gaslieferungen aus Russland? Was<br />
bedeutet das für die Industrie? Kann<br />
diese dann beispielsweise nur noch<br />
drei Tage in der Woche produzieren?<br />
Das alles muss nicht passieren,<br />
kann aber. Und natürlich schlagen<br />
sich die hohen Energiepreise auf<br />
die Kaufkraft und die Konsumlust<br />
der Verbraucher nieder. Wir sehen<br />
bereits, dass die Auftragseingänge<br />
zurückgehen. Einfluss auf die Weltwirtschaft<br />
hat auch die Null-Covid-<br />
Strategie in China. Wie wirken sich<br />
die derzeit stark ansteigenden Coronazahlen<br />
für Lieferungen von dort<br />
aus? Man muss jeden Tag aufpassen,<br />
die Lage im Blick behalten, gleichzeitig<br />
dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter<br />
motiviert bleiben. Das ist<br />
nicht immer ganz einfach, aber wir<br />
werden Lösungen finden.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Die Polipol-Gruppe verfügt<br />
über Werke in Polen, Rumänien und Belarus.<br />
Wie ist die aktuelle Lage dort?<br />
Marc Greve: Selbstverständlich<br />
verur teilen wir, wie alle, diesen<br />
20 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
Foto: Polipol<br />
furchtbaren Krieg. Und wir helfen,<br />
wo wir können. Mit unserer Stiftung<br />
„Die Brücke zum Leben“ betreiben<br />
wir mehrere Kinderheime in Osteuropa,<br />
auch in der Ukraine. Dort<br />
sind wir in stetigem Kontakt und<br />
schicken auch Hilfsgüter. Uns ist<br />
es ganz wichtig, zuallererst immer<br />
über die Menschen zu sprechen.<br />
Wir dürfen in diesem ganzen Konflikt<br />
nicht einzelne Nationalitäten<br />
verurteilen. Ich denke, das wird<br />
die größte gesellschaftliche Aufgabe<br />
sein, die wir auch nach diesem<br />
Krieg stemmen müssen. Der<br />
Zusammenhalt ist ganz wichtig. Wir<br />
halten uns selbstverständlich an die<br />
Sanktionen unterstützen diese auch<br />
vollumfänglich.<br />
In Belarus beschäftigen wir<br />
knapp 600 Mitarbeiter. Rohstoffe<br />
aus Weißrussland können aufgrund<br />
des Embargos nicht mehr geliefert<br />
werden. Wir produzieren dort aber<br />
derzeit wie gewohnt weiter. Dabei<br />
müssen wir Woche für Woche neu<br />
bewerten, wie sich die Situation dort<br />
entwickelt. Unser geplanter Bau eines<br />
neuen Werks in Belarus liegt selbstverständlich<br />
auf Eis.<br />
In Polen und Rumänien produzieren<br />
wir aktuell zum Glück<br />
auch auf vollem Niveau. Doch die<br />
Herausforderungen, vor die wir durch<br />
den Krieg in der Ukraine gestellt<br />
werden, sind „Corona hoch 5“.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Polipol hatte schon zu<br />
Beginn der Pandemie dafür gesorgt, vieles<br />
vorrätig zu halten, um die Lieferzuverlässigkeit<br />
zu garantieren. Wie sieht das<br />
jetzt unter diesen neuen Umständen aus?<br />
Marc Greve: Die Lage ist prekär, aber<br />
unsere Größe hilft uns natürlich in<br />
puncto Beschaffung. Die größten<br />
Pro bleme sehen wir in den Bereichen<br />
Holz, Stahl, Chemieprodukte<br />
und Logistik. Gleichzeitig haben die<br />
Preise enorm angezogen. Aber auch<br />
hier müssen wir Ruhe bewahren. Wir<br />
leben jetzt in einer anderen Zeit und<br />
müssen lernen, mit dieser Situation<br />
umzugehen.<br />
Wie bereits in den vergangenen<br />
zwei Jahren sorgen wir bei Polipol<br />
permanent für eine hohe Lagerhaltung.<br />
Deshalb können wir derzeit<br />
noch übliche Lieferzeiten von 30 bis<br />
35 Arbeitstagen garantieren, durchweg<br />
für alle Sortimente, das heißt,<br />
auch für die Betten und Matratzen<br />
von Oschmann. Auf unseren Strategietagen,<br />
die wir jüngst in Diepenau<br />
mit unseren Handelspartnern<br />
durchgeführt haben, hat sich ganz<br />
klar gezeigt, dass die Lieferfähigkeit<br />
das wichtigste Thema bleibt.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Inwieweit konnten Sie Preiserhöhungen<br />
beim Handel durchsetzen?<br />
Marc Greve: Insgesamt sind die steigenden<br />
Preise für Industrie und<br />
Handel gleichermaßen schwierig zu<br />
kalkulieren. Ich muss aber sagen, dass<br />
diese ganzen Herausforderungen, erst<br />
mit der Corona-Pandemie und jetzt<br />
mit den Auswirkungen des Ukraine-<br />
Krieges, dafür gesorgt haben, dass<br />
die Branche enger zusammengewachsen<br />
ist. Wir sind in den letzten<br />
zwei Jahren viel offener miteinander<br />
umgegangen. Es wurde wirklich<br />
partnerschaftlich kommuniziert und<br />
es wurden immer wieder Lösungen<br />
für die großen Herausforderungen,<br />
die uns ja alle betreffen, gefunden.<br />
Und auch nach diesen Krisen werden<br />
wir alle in einem Boot sitzen und<br />
Themen wie Nachhaltigkeit, Personalengpässe<br />
oder Logistik angehen<br />
müssen. Ich bin jedenfalls sehr froh<br />
darüber, wie gut wir die letzten zwei<br />
Jahre gemeinsam meistern konnten.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Sie sind im Beirat der Bega-<br />
Gruppe. Inwieweit können Sie sich mit der<br />
Bega-Geschäftsführung derzeit über all<br />
diese Probleme austauschen?<br />
Marc Greve: Austausch ist immer gut.<br />
Die Bega-Gruppe und wir bei Polipol<br />
sind aber sehr unterschiedlich<br />
aufgestellt. Das sind wirklich zwei<br />
verschiedene Welten. Gleichwohl<br />
erfordert die Zeit, immer wieder<br />
neu zu denken. Beschaffung wird in<br />
Zukunft eine noch zentralere Rolle<br />
einnehmen. Die globale Welt, so wie<br />
wir diese kannten, wird es so schnell<br />
nicht mehr geben.<br />
Wir erleben gerade, dass wir in<br />
den letzten 20 Jahren sehr verwöhnt<br />
waren. Jetzt müssen wir auf die vielen<br />
Brennherde in der Welt flexibel<br />
reagieren und alles nach und nach<br />
abarbeiten.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Auch das Thema Nachhaltigkeit<br />
bleibt drängend. Wohin rückt<br />
dieses Thema, das derzeit eigentlich bei<br />
vielen Unternehmen ganz oben auf der<br />
Agenda steht, in diesen Zeiten?<br />
Marc Greve: Wir haben dazu eine<br />
ganz klare Meinung: Wir bleiben an<br />
dem Thema Nachhaltigkeit dran. Die<br />
gesamte Polipol-Gruppe beschäftigt<br />
sich damit bereits sehr lange,<br />
auch wenn wir erst seit einiger<br />
Zeit öffentlich darüber reden – beispielsweise<br />
haben alle unsere neuen<br />
Werke Blockheizkraftanlagen. Das<br />
bleibt ein Prozess, den wir gezielt<br />
weiter verfolgen – ganz einfach, weil<br />
wir das wollen, sowohl gegenüber<br />
unseren Mitarbeitenden als auch<br />
gegenüber der Umwelt.<br />
Doch nicht nur bei der Nachhaltigkeit<br />
gehen wir weiter. Wir bringen<br />
alle unsere aktuellen Themen voran.<br />
Unser Ziel bleibt es, weiter zu wachsen<br />
und deshalb nehmen wir auch<br />
jetzt kein Tempo raus.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Insbesondere Polster<strong>möbel</strong><br />
konnten 2021 gut zulegen. In Pandemie-<br />
Zeiten haben die Verbraucher:innen in<br />
Möbel und insbesondere Sofas und Sessel<br />
investiert. Was erwarten Sie für 20<strong>22</strong>?<br />
Marc Greve: Die Umsatzentwicklung<br />
2021 war zufriedenstellend. 20<strong>22</strong><br />
sind wir gleichfalls gut in das Jahr<br />
gestartet. Und wir haben einiges<br />
vor, um weiter zulegen zu können,<br />
sowohl im Bereich Polster, als auch<br />
im Segment Schlafen. Wie geplant<br />
werden wir beispielsweise auf der<br />
Herbstmesse erstmals bei Hukla<br />
Betten präsentieren.<br />
Dennoch spüren wir bereits, dass<br />
die Auftragseingänge zurückgehen.<br />
Die Endkunden sind aufgrund der<br />
derzeitigen Situation, der Inflation<br />
und Krisen verunsichert – und<br />
das könnte die Kauflust senken.<br />
Gleichwohl denken wir bei Polipol<br />
immer positiv und konnten mit vielen<br />
neu entwickelten Ideen bereits<br />
einige Neuplatzierungen erreichen.<br />
Ich denke, insgesamt können wir<br />
froh sein, unser Geld mit Möbeln<br />
zu verdienen. Damit sind wir zum<br />
einen gut durch die letzten zwei<br />
Jahre gekommen, zum anderen wird<br />
der Trend, das Zuhause schön einzurichten,<br />
sicherlich anhalten.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Im Juni wird Polipol<br />
erstmals, und zwar mit Hukla, an der<br />
Mailänder Möbelmesse teilnehmen.<br />
Warum haben Sie sich zu diesem Schritt<br />
entschlossen?<br />
Marc Greve: Wir wollen unsere<br />
Geschäfte sowohl in Europa als auch<br />
in Übersee forcieren. Und dafür<br />
sehen wir besonders gute Chancen<br />
für unsere Marke Hukla. Wir<br />
freuen uns deshalb, dass wir auf der<br />
Mailänder Möbelmesse einen guten<br />
Stand in Halle 18 bekommen haben,<br />
auf dem wir ganz bestimmt viele<br />
internationale Kunden begrüßen<br />
werden. Dabei hat unsere erstmalige<br />
Teilnahme dort nichts mit unserer<br />
Präsenz in Köln zu tun. Die „imm<br />
cologne“ bleibt auch künftig unsere<br />
Hauptmesse, auf der wir uns 2023<br />
wieder mit sämtlichen Bereichen<br />
präsentieren werden.<br />
<br />
EVELYNE BECKMANN<br />
www.polipol.de<br />
Polipol-Geschäftsführer Marc Greve betont,<br />
dass es derzeit mehr denn je darauf ankommt,<br />
sich permanant auf neue Sit uationen<br />
einzustellen.<br />
Foto: <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong><br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 21
TOP-THEMA/OPTI WOHNWELT<br />
<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
Die<br />
Stadt-<br />
Möbilanten<br />
Offiziell am 31. März ging das mit Spannung erwartete<br />
Cityhaus von Opti Wohnwelt in Bremen an den Start. Auf<br />
16.000 qm zeigt das Begros-Mitglied, wie innerstädtische<br />
Möbelvermarktung im ehemaligen Kaufhof-Gebäude<br />
funktionieren kann: ein beachtenswertes Pilotprojekt.<br />
Bis zur letzten Minute waren die<br />
Handwerker noch im Einsatz,<br />
wurden Kisten ausgepackt und<br />
Hand an die Deko gelegt, doch am<br />
30. März um 19 Uhr, am Vorabend<br />
des offiziellen Starts, mit Lieferanten<br />
und prominenten Gästen war alles<br />
tipptopp und der rote Teppich für<br />
die VIPs konnte ausgerollt werden.<br />
In freudiger Stimmung begrüßten<br />
dann Opti- Geschäftsführer Oliver<br />
Föst und Einkaufsleiterin Christine<br />
Föst ihre Gäste mit einem launigen,<br />
kurzweiligen Programm, um das<br />
neue Cityhaus in Bremen in der<br />
Papenstraße einzuweihen. Seinen<br />
ersten Dank richtete Oliver Föst an<br />
die Mitarbeitenden, die aus allen<br />
Standorten mit angepackt hatten,<br />
um die 16.000 qm große Fläche<br />
des ehemaligen Kaufhofs in ein<br />
völlig neuartiges Wohnkaufhaus zu<br />
verwandeln.<br />
Obwohl Opti bereits seit 2013 in<br />
Bremerhaven vertreten ist und kurzfristig<br />
auch noch mit einem konventionellen<br />
Möbelhaus in Bremen<br />
durch die Übernahme von Möbel<br />
Freche Werbekampagne zum Auftakt: Die Bremer Stadtmöbilanten.<br />
Großes Foto: „Beach House“ zieht im Erdgeschoss das Publikum an.<br />
Rechts: Oliver, Christine und Michael Föst (v. l.).<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 23
ZKZ 4937<br />
4 I 20<strong>22</strong><br />
SPECIAL<br />
E-COMMERCE<br />
Die große Übersicht<br />
mit 200 Adressen<br />
Onlineshops 20<strong>22</strong> /// Das Sonderheft mit 24 Seiten<br />
Marktplätze, Prozesse & Co.<br />
Das passiert<br />
bei den<br />
wichtigsten<br />
Playern<br />
Foto: Shutterstock/Halfpoint<br />
/// PremiumXL: Übernimmt Lomado /// EMV: Die Macht des Influencer-Marketings ///<br />
Ankorstore: B2B-Marktplatz mit schnellem Wachstum /// Alliance: Auf allen Kanälen<br />
/// Hermes: So wird Zukunft angepackt /// K5: Gipfeltreffen der Online-Retailer ///<br />
Möbelfirst: Starke Entwicklung /// Kaufland.de: Hier ist Omnichannel bereits Realität
E-COMMERCE<br />
Foto: dordek/shutterstock.com<br />
Marktplatz-<br />
Expansionen<br />
Die vergangenen Krisenjahre haben gezeigt, dass sich die Grenzen<br />
zwischen analoger und digitaler Welt immer weiter überschneiden.<br />
Die Pure Player waren stark gefordert, den Nachfrage-Boom zu<br />
stemmen. Sie haben Personal, Logistik und Ware aufgestockt, um<br />
den Ansturm zu stemmen. Doch kann das Level nach Ausbruch<br />
des Ukraine-Kriegs so hoch bleiben? Preissteigerungen in allen<br />
Segmenten stellen Onlinehändler vor große Herausforderungen<br />
in der gesamten Liefer- und Prozesskette. Die Verbraucher:innen<br />
halten ihr Geld zusammen. Denn die Inflation schmälert die Kaufkraft.<br />
Aber keine Krise kann die Digitalisierung zurückdrehen. Die<br />
Vormachtstellung großer Marktplätze wie Amazon, Ebay oder Otto<br />
wird weiter wachsen. Mit der Übernahme von Real.de vor knapp zwei<br />
Jahren hat die Schwarz Gruppe ihr Digitalgeschäft angekurbelt. Im<br />
Frühjahr 2021 ging die Plattform unter Kaufland.de an den Start und<br />
sorgte für einen großen Wachstumsschub. Jetzt soll der Marktplatz<br />
sogar international durchstarten und den Partnern neue Absatzkanäle<br />
ermöglichen.<br />
Dass Marktplätze auch im B2B-Business funktionieren, zeigt<br />
Ankorstore. Die ehrgeizige Mission ist es, „den Großhandelsmarkt<br />
für unabhängige Marken und Einzelhändler neu zu erfinden.“<br />
Immerhin verbindet die Plattform nur zwei Jahre nach dem Start in<br />
23 EU-Ländern 15.000 Marken mit 200.000 lokalen Einzelhändlern.<br />
Tendenz weiter steigend. Das und mehr lesen Sie in unserem<br />
24 Seiten starken E-Commerce-Spezial. KRISTINA TAPKEN<br />
Top-Themen<br />
in diesem<br />
E-Commerce-Special:<br />
Verdane: PremiumXL<br />
übernimmt Lomado<br />
Ankorstore: B2B-Marktplatz<br />
mit schnellem Wachstum<br />
Schwarz Gruppe: Die Pläne<br />
für Kaufland.de<br />
MöbelFirst: Baut<br />
Marktposition aus<br />
EMV: Marketing mit der<br />
Macht der Influencer<br />
Onlineshops 20<strong>22</strong> – die exklusive Dokumentation<br />
mit 200 Adressen aus dem Online-Möbelhandel<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 29
E-COMMERCE<br />
Verdane: PremiumXL übernimmt Lomado<br />
„Wir wollen noch<br />
schneller wachsen“<br />
Vor einem Jahr ist die Beteiligungsgesellschaft Verdane bei PremiumXL eingestiegen. In diesem Februar hat<br />
der Online-Händler mit Hilfe des Verdane-Kapitals Lomado übernommen. Das kombinierte Unternehmen<br />
profitiert von dem sich ergänzenden Produktangebot sowie von gemeinsamen Lagern und Logistik.<br />
Mittelfristiges Ziel ist es, die Präsenz von PremiumXL sowie die Wachstumsraten der Home-&-Living-Gruppe<br />
durch die Übernahme weiterer E-Commerce-Anbieter deutlich zu erhöhen.<br />
PremiumXL wurde<br />
2005 von Hermann<br />
Tiben (u.) gegründet,<br />
2021 ist Verdane<br />
eingestiegen. In den<br />
letzten fünf Jahren erreichte<br />
das Unternehmen<br />
ein zweistelliges<br />
Umsatzwachstum.<br />
FACTS<br />
❯ Name: PremiumXL<br />
Julia Gerken von Verdane rechnet mit einer<br />
bevorstehenden Konsolidierung des fragmentierten<br />
Möbel-E-Commerce-Marktes.<br />
Großes Potenzial für das Home-<br />
&-Living-Segment im E-Commerce<br />
sieht die Beteiligungsgesellschaft<br />
Verdane. „Wir erwarten,<br />
dass sich die Pandemie-Effekte, die<br />
das außerordentliche Wachstum in<br />
den letzten zwei Jahren getrieben<br />
haben, langsam normalisieren werden,<br />
während sich die Entwicklung<br />
hin zu einer höheren Online-Durchdringung<br />
fortsetzt“, betont Verdanes<br />
Director Julia Gerken. Sie rechnet<br />
mit einem Wachstum des Online-<br />
Marktes für Home & Living von<br />
zehn bis 15 Prozent und auf führenden<br />
Plattformen wie Amazon und<br />
Otto sogar mit einem Zuwachs von<br />
15 bis 20 Prozent und damit stärker<br />
als der allgemeine Online-Markt.<br />
Um von dieser Entwicklung zu<br />
profitieren, ist Verdane aktuell bei<br />
Bemz, Cura, Desenio und Hem<br />
beteiligt– und seit Sommer 2021<br />
bei PremiumXL. Das 2005 von Hermann<br />
Tiben gegründete Unternehmen<br />
mit Sitz in Osnabrück vertreibt<br />
Möbel und Einrichtungsgegenstände<br />
im mittleren Preissegment über 25<br />
verschiedene Online-Marktplätze in<br />
20 Ländern und über den eigenen<br />
Webshop. Der Umsatz lag 2021<br />
bei rund 60 Mio. Euro. Die Entscheidung<br />
für PremiumXL fiel, weil<br />
es „mit seinen Eigenmarken über<br />
❯ Gründung: 2005 von Hermann Tiben<br />
❯ Firmensitz: Osnabrück und Budapest<br />
(Ungarn)<br />
❯ Mitarbeiter:innen: 100<br />
❯ Umsatz 2021: rd. 60 Mio. Euro<br />
(+30% im Vergleich zu 2020)<br />
❯ Portfolio: ca. 2.500 Produkte in den<br />
Kategorien Möbel, Leuchten,<br />
Accessoires<br />
❯ Marken: 9 (z.B. „en.casa“, „pro.tec“,<br />
casa.pro“, „neu.haus“und „Corium“)<br />
❯ Vertrieb: aktiv in 20 Ländern, Fokus<br />
auf Europa, D wichtigster Markt<br />
www.premiumxl.de<br />
30 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
FACTS<br />
Rund 15.000 Artikel vertreibt der 2016 von Bernd Schnittger (oben r.) gegründete Online-Anbieter Lomado. Im Mittelpunkt steht der Bereich Bad<strong>möbel</strong>,<br />
in dem u.a. auch die eigene Marke Badelo sowie exklusive Produkte vertrieben werden.<br />
eine gute Wettbewerbsposition und<br />
Sichtbarkeit, hohe Rankings auf den<br />
relevanten Marktplätzen sowie eine<br />
hervorragende Kundenzufriedenheit<br />
verfügt“, so Julia Gerken.<br />
Um das Produkt-Portfolio abzurunden<br />
und die derzeitigen Wachstumschancen<br />
noch besser nutzen zu<br />
können, hat PremiumXL jetzt mit<br />
Hilfe von Verdane Lomado erworben.<br />
Dabei handelt es sich um einen<br />
E-Commerce-Anbieter mit Fokus<br />
auf Bad<strong>möbel</strong>, der 2016 von Bernd<br />
Schnittger in Bünde gegründet<br />
wurde (Umsatz 2021: rund 20 Mio.<br />
Euro). Das kombinierte Unternehmen<br />
wird die Marke Lomado fortführen.<br />
„Wir haben Lomado in den<br />
vergangenen Jahren zu einer starken<br />
Online-Marke aufgebaut. Um unser<br />
Wachstumstempo halten zu können,<br />
haben wir mit PremiumXL<br />
einen starken strategischen Partner<br />
gefunden“, betont Bernd Schnittger,<br />
der drittgrößter Anteilseigner der<br />
Gesellschaft wird. Die Produkte von<br />
Lomado und PremiumXL ergänzen<br />
sich demnach bestens, sodass es nun<br />
möglich ist, komplette Raumausstattungen<br />
von größeren Möbeln bis<br />
zur Dekoration anzubieten.<br />
Ein weiterer Vorteil stellt die<br />
räumliche Nähe der beiden Anbieter<br />
dar, denn nun können sie Lager und<br />
Logistik gemeinsam nutzen. Erst im<br />
vergangenen Jahr hat PremiumXL,<br />
das die Logistik selbst verantwortet,<br />
seine Lagerflächen im Osnabrücker<br />
Land deutlich ausgebaut. Lomado<br />
war bisher vor allem über Dropshipping<br />
aktiv – das soll sich nun<br />
ändern. Besonders angesichts der<br />
momentanen Krisen sei es wichtig,<br />
die Produkte im Inland vorrätig zu<br />
haben, betont Julia Gerken. Lomados<br />
Produkte kommen vor allem aus<br />
Deutschland und den europäischen<br />
Nachbarländern, bei PremiumXL<br />
aus Asien.<br />
Darüber hinaus profitieren die<br />
Unternehmen von den E-Commerce-<br />
Kompetenzen des jeweils anderen.<br />
Lomado erwirtschaftet den größten<br />
Teil des Umsatzes über den eigenen<br />
Webshop, während PremiumXL auf<br />
den wichtigsten Online-Marktplätzen<br />
stärker vertreten ist. Als Gruppe<br />
wollen die beiden in Zukunft ihre<br />
Online-Vertriebskanäle optimieren.<br />
Hierbei steht insbesondere der<br />
PremiumXL-Webshop im Fokus, da<br />
dieser laut Julia Gerken ein wichtiger<br />
Bestandteil des Vertriebskonzepts ist,<br />
um bestehende Kontakte zu pflegen<br />
und die Interaktion mit den<br />
Kund:innen zu verbessern.<br />
Im zweiten Schritt setzt Verdane<br />
auf den Ausbau der Markenbekanntheit.<br />
Dabei geht es nicht um die<br />
durchaus gut etablierten Eigenmarken<br />
– Lomado verfügt über fünf (u.a.<br />
Badelo und Lomadox), PremiumXL<br />
über neun (u.a. „en.casa“, „pro.tec“<br />
und „neu.haus“). Sondern: „Wir<br />
wollen mittelfristig eine Markenstrategie<br />
realisieren und die Bekanntheit<br />
der Plattform PremiumXL deutlich<br />
erhöhen“, betont Gerken.<br />
Ein weiteres Standbein, das<br />
künftig verstärkt werden soll, ist<br />
das B2B-Geschäft. PremiumXL<br />
vertreibt seine Produkte auch an<br />
andere Online-Händler sowie an<br />
Hotels und Gastronomie-Betriebe.<br />
Zudem bietet das Unternehmen<br />
Logistikdienstleistungen, zu denen<br />
das Lager-Management und der<br />
Versand von Artikeln gehören. Der<br />
Umsatzanteil liegt aktuell im einstelligen<br />
Prozentbereich des Gruppenumsatzes,<br />
ist aber trotzdem ein<br />
attraktiver Kanal, wie Julia Gerken<br />
erklärt: „Der Geschäftsbereich ist<br />
2021 im Vergleich zum Vorjahr um<br />
85 Prozent gewachsen.“<br />
Ein wichtiger strategischer Pfeiler<br />
des kombinierten Unternehmens<br />
soll zudem das Thema Nachhaltigkeit<br />
sein. „Wir möchten, dass sich<br />
auch eine Familie mit durchschnittlichem<br />
Einkommen nachhaltige<br />
Möbel leisten kann“, so Julia Gerken.<br />
Dafür will PremiumXL gemeinsam<br />
mit Verdane alle Bereiche in den<br />
Blick nehmen – von den Rohstoffen<br />
❯ Name: Lomado<br />
❯ Gründung: 2016 von Bernd Schnittger<br />
❯ Firmensitz: Bünde<br />
❯ Mitarbeiter:innen: 35<br />
❯ Umsatz 2021: rund 20 Mio. Euro<br />
(2020: 9 Mio. Euro)<br />
❯ Portfolio: ca. 15.000 Produkte, Fokus<br />
auf Bad<strong>möbel</strong>, dazu Wohnen,<br />
Schlafen, Diele und Arbeitszimmer<br />
❯ Marken: 5 (z.B. Badelo und Lomadox)<br />
❯ Vertrieb: D wichtigster Markt, Fokus<br />
auf Europa<br />
www.lomado.de<br />
über die Transparenz innerhalb der<br />
Lieferkette bis hin zur Verpackung.<br />
So aufgestellt, verfolgt der Investor<br />
das klare Ziel, PremiumXL zu einer<br />
größeren Home-&-Living-Gruppe<br />
auszubauen. „Im deutschen Markt<br />
gibt es viele mittelständische E-Commerce-Unternehmen,<br />
die einen<br />
starken Partner suchen. Gleichzeitig<br />
dürften ein verschärfter Wettbewerb,<br />
höhere Fracht- und Marketingkosten<br />
die Konsolidierung des Marktes<br />
vorantreiben“, ist Julia Gerken überzeugt.<br />
„Wir glauben, dass viele dieser<br />
Unternehmen von Zusammenschlüssen<br />
zu einer größeren Gruppe von<br />
einer besseren Verhandlungsposition<br />
gegenüber Lieferanten, Cross-Selling-<br />
Möglichkeiten, einem größeren Sortiment<br />
und einer besseren Sichtbarkeit<br />
auf den Marktplätzen profitieren<br />
würden.“ Aktuell ist die PremiumXL<br />
Gruppe bereits mit einigen potenziellen<br />
Partnern im Gespräch. Ob das<br />
Unternehmen noch in diesem Jahr<br />
erneuten Zuwachs bekommt, bleibt<br />
also abzuwarten. SILJA BERNARD<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 31
E-COMMERCE<br />
Ankorstore: B2B-Marktplatz mit schnellem Wachstum<br />
Das Einhorn für den<br />
freien Einzelhandel<br />
Ankorstore ist ein B2B-Marktplatz, der in 23 EU-Ländern 15.000 Marken mit 200.000<br />
lokalen Einzelhändlern verbindet. Dabei sieht das vierköpfige Gründerteam noch ein<br />
Riesenpotenzial: Denn rund zwei Millionen unabhängige Einzelhändler in Europa<br />
bringen es auf ein Handelsvolumen von einer Billion Euro. Mit einem Investmentkapital<br />
von insgesamt 365 Millionen Euro in vier Runden hat sich Ankorstore vom Start<br />
weg das Ziel gesetzt, der größte globale B2B-Ordermarktplatz zu werden.<br />
Die vier Ankorstore-Gründer (v.l.):<br />
Nicolas Cohen, Pierre-Louis Lacoste,<br />
Nicolas d‘Audiffret und Mahieu<br />
Alengrin. Sie alle waren schon vor<br />
ihrem eigenen Start-up in der Plattform-Ökonomie<br />
beschäftigt.<br />
Fotos: Ankorstore<br />
Nur zwei Jahre nach seinem<br />
erfolgreichen Start erreicht<br />
Ankorstore den Einhorn-Status<br />
– mit einer Bewertung von sage und<br />
schreibe 1,75 Mrd. Euro. Die jüngste<br />
Serie-C-Finanzierungsrunde spielte<br />
noch einmal 250 Mio. Euro ein, um<br />
damit nicht weniger zu tun, als den<br />
B2B-Handel zu revolutionieren.<br />
Was steckt hinter dieser schwindelerregenden<br />
Wachstumsgeschichte?<br />
Ankorstores ehrgeizige Mission ist<br />
es, „den Großhandelsmarkt für unabhängige<br />
Marken und Einzelhändler<br />
neu zu erfinden.“ Mit insgesamt 365<br />
Mio. Euro Investmentkapital hat es die<br />
französische Tech Company in kürzester<br />
Zeit geschafft, in ganz Europa<br />
präsent zu sein. Händler unterschiedlichster<br />
Sparten haben inzwischen<br />
Zugriff auf über eine Million Artikel.<br />
Gerade für kleinere Handelsformate<br />
ist das Angebot verlockend, zumal<br />
auch geringe Mengen geordert werden<br />
können: Der Mindestbestellwert<br />
beträgt gerade mal 100 Euro<br />
pro Anbieter und eine kostenlose<br />
Lieferung in Europa wird schon ab<br />
einem Mindesteinkaufswert von 300<br />
Euro angeboten. Zudem können mit<br />
einer einzigen Bestellung Artikel von<br />
mehreren Marken bezogen werden,<br />
und das bei einer Auswahl von einer<br />
Mio. Artikeln. Das Risiko für Händler<br />
und Marken wird durch ein 60-Tage-<br />
Zahlungsziel für Händler minimiert<br />
– die Marken wiederum werden<br />
von Ankorstore direkt bei Lieferung<br />
bezahlt. Mit diesen Argumenten hat<br />
die B2B-Plattform bereits 2,5 Mio.<br />
Kontakte zwischen Anbietern und<br />
Einzelhändlern hergestellt.<br />
„Unsere Mission ist es, ein globales<br />
Großhandelsgeschäft zu erschaffen<br />
und so die unabhängigen Händler<br />
zu stärken“, erklärt Nicolas Cohen,<br />
Co-CEO und Mitgründer von Ankorstore:<br />
„Wir möchten es Marken und<br />
freien Einzelhändlern leicht und<br />
einfach machen, miteinander ins<br />
Geschäft zu kommen. Wir wollen<br />
ihren Alltag prägen und so die überholte<br />
Art und Weise verändern, wie<br />
Einzelhandel funktioniert – hin zum<br />
Besseren. Die aktuelle Finanzierung<br />
ermöglicht es uns, weiter geografisch<br />
zu expandieren und die Aktivitäten in<br />
unseren europäischen Kernmärkten<br />
zu beschleunigen.“<br />
Heute ist Ankorstore in 23 Ländern<br />
präsent und unterhält Büros in<br />
Paris, London, Amsterdam, Stockholm<br />
und Berlin. 20<strong>22</strong> werden<br />
noch Niederlassungen in Italien und<br />
Spanien eröffnet, denn immer geht<br />
32 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
es darum, so nah wie möglich bei<br />
den Marken und Einzelhändlern zu<br />
sein. Die Unternehmenssprache ist<br />
Englisch, obwohl der Sitz in Paris<br />
ist. Das Deutschland-Geschäft wird<br />
von Constantin Langholz-Baikosius<br />
gemanagt, der seit sieben Monaten<br />
an Bord ist.<br />
Nicolas d‘Audiffret, ebenfalls Co-<br />
CEO und Mitgründer, ergänzt: „Wir<br />
brauchten ein außergewöhnliches<br />
Team, um so schnell zu skalieren,<br />
wie es Ankorstore getan hat. Es hat<br />
engagiert daran mitgewirkt, dass wir<br />
in nur zwei Jahren von null auf 400<br />
Mitarbeiter:innen und 15.000 Marken<br />
gewachsen sind und eine Einhorn-Bewertung<br />
erreicht haben. Das<br />
haben weltweit nur wenige Unternehmen<br />
in so kurzer Zeit geschafft.“<br />
An Selbstbewusstsein mangelt es<br />
den Franzosen sicher nicht. Denn<br />
bis jetzt sei das nur der Anfang ihrer<br />
Mission gewesen, „die Wettbewerbsbedingungen<br />
für freie Einzelhändler<br />
zu verbessern, indem sie problemlos<br />
und risikofrei bestellen können und<br />
so das bestmögliche Kundenerlebnis<br />
erhalten.“<br />
Das Geschäftsmodell soll nicht<br />
nur horizontal, sondern auch vertikal<br />
skalieren: Neben dem Kernangebot<br />
mit fünf Produktkategorien<br />
sollen neue Sparten und Funktionen<br />
hinzukommen, wie etwa erst jüngst<br />
die Segmente „Sport & Wellbeing“<br />
und „Haustiere“. Das Einrichtungssegment<br />
ist vom Start weg eines<br />
der strategisch wichtigsten gewesen<br />
– schließlich gibt es gerade im<br />
Fachsortimentsbereich noch viele<br />
unabhängige Einzelhändler. Ein Teil<br />
des frischen Kapitals soll nun in die<br />
Technologieentwicklung investiert<br />
werden, um das Kundenerlebnis weiter<br />
zu verbessern.“<br />
Der deutsche Markt birgt allein<br />
seiner Größe wegen noch ein erhebliches<br />
Potenzial für Ankor store. Constantin<br />
Langholz- Baikousis, Country<br />
Manager Deutschland, betont: „Der<br />
dezentrale Ansatz – nah an den Marken<br />
und Händlern zu sein – ist eines<br />
der Erfolgsgeheimnisse. Seit 2021<br />
besteht unser Büro in Berlin. Von dort<br />
aus kümmern sich 31 Mitarbeitende<br />
– inklusive Vor-Ort-Vertreter:innen<br />
bundesweit – aktiv um die Bedürfnisse<br />
der deutschen Einzelhändler<br />
und Marken. Und dank der frischen<br />
Kapitalspritze und des starken Wachstums<br />
können wir weitere Talente in<br />
Deutschland einstellen.“<br />
www.ankorstore.com<br />
Interview mit Constantin Langholz-Baikousis<br />
„Auf einem B2B-Online-Marktplatz<br />
gelten ganz andere Gesetze“<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Herr Langholz-Baikousis,<br />
wie schafft man es in etwas mehr als zwei<br />
Jahren 200.000 Einzelhändler und 15.000<br />
Marken an die Plattform zu binden?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Wir haben<br />
sehr viel klassische Vertriebsarbeit<br />
über alle Kanäle geleistet. Andererseits<br />
haben wir aber das Gefühl,<br />
dass viele Händler darauf gewartet<br />
haben, auf einem digitalen Marktplatz<br />
neue Marken kennenzulernen.<br />
Und die Marken wiederum erkennen<br />
die Effizienz eines B2B-Marktplatzes.<br />
Insgesamt hilft uns der ungebrochene<br />
Trend zum E-Commerce, der auch<br />
Standards für das B2B-Geschäft setzt.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Und für einen Händler sind die<br />
Hürden wie im B2C-Commerce nicht hoch.<br />
Einen Account kann er sich mit wenigen<br />
Klicks anlegen.<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Wir versuchen,<br />
den Einzelhändlern mit niedrigen<br />
Warenkörben und kleinen Mindestbestellmengen<br />
so viele Risiken<br />
wie möglich zu nehmen. So können<br />
die Händler sich langsam herantasten,<br />
Sortimente ausprobieren und<br />
dann nach und nach die Intensität<br />
ihrer Ordertätigkeiten verstärken. Mit<br />
Ankorstore kann der Einzelhändler<br />
Sortimentsüberhänge oder gar Fehlkäufe<br />
vermeiden.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Ist Ankorstore insofern Co -<br />
rona-Profiteur, als dass Messen nicht oder<br />
nur eingeschränkt stattfinden konnten?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Ich bin<br />
fest davon überzeugt, dass Messen<br />
auch nach der Pandemie eine Daseinsberechtigung<br />
haben. Die Frage ist<br />
aber, was über Messen abgedeckt wird<br />
– und dazu zählt immer weniger die<br />
direkte Order. Es geht auf Messen<br />
um Austausch, Image und Strategie,<br />
aber das Geschäft kann über Plattformen<br />
effizienter abgebildet werden.<br />
Und: Man muss sich eine Messe<br />
auch leisten können. Deshalb ist<br />
Messe auch ein statisches Geschäft,<br />
denn die Großen leisten sich große<br />
Standflächen,die kleineren Anbieter<br />
verschwinden im Hintergrund. Eine<br />
kleine Marke kann auf Ankorstore<br />
mit überschaubaren Rüstkosten auf<br />
200.000 Einzelhändler treffen. Hier<br />
gelten also ganz andere Gesetze.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Sie haben eine Million Produkte<br />
auf der Plattform. Ich habe viele<br />
Kerzen gefunden, weniger Wohnwände<br />
und keine Staubsauger.<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Wir orientieren<br />
uns am unabhängigen Einzelhandel.<br />
Consumer Electronics werden<br />
nur über die großen Händler vertrieben,<br />
weshalb unser Fokus nicht darauf<br />
liegt. Wir wollen die Einzelhändler<br />
dazu befähigen, sich mit einem individuellen<br />
Sortiment zu differenzieren<br />
und so gegen die großen Handelsketten<br />
zu bestehen. Wir sehen aber,<br />
dass gerade in Deutschland unser<br />
Home&Living-Angebot sehr gefragt<br />
ist, denn viele Concept Stores bedienen<br />
sich aus dem für sie relevanten<br />
Angebot.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Welche Einzelhändler kaufen<br />
auf Ankorstore ein? Ich stelle mir das sehr<br />
breit gefächert vor – vom Friseur über den<br />
Tabakladen bis hin zu Deko-Laden.<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Ja, es ist<br />
alles mit dabei. Und wir beobachten<br />
auch, dass die Grenzen immer mehr<br />
verschwimmen und beispielsweise<br />
Floristen oder Friseure auch neue Sortimente<br />
aufnehmen und ausprobieren<br />
– dafür bieten wir eine breite Palette<br />
in jedem Konsumgütersegment. Ausgenommen<br />
sind lediglich Fast Moving<br />
Consumer Goods wie Lebensmittel<br />
oder Drogerie-Artikel.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Welche Besonderheiten<br />
stellen Sie auf dem deutschen Markt fest?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: In<br />
Deutschland haben wir 2.000 Marken<br />
angedockt und 2.000 Händler mit<br />
einem Account versehen. Die Deutschen<br />
kaufen im Vergleich wertiger<br />
und gehen weniger Risiko ein. Aber<br />
im Großen und Ganzen ticken die<br />
kleinen, unabhängigen Händler in<br />
Europa sehr ähnlich. Wir verfolgen<br />
aber die Strategie, in jedem Land mit<br />
einem eigenen Team vor Ort zu sein,<br />
weil jeder Markt eigene regulatorische<br />
Herausforderungen hat.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Gibt es auch Asien-Importeure<br />
auf der Plattform?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Wir<br />
sprechen bewusst von Marken, die<br />
in Europa eingetragen sind. Das ist der<br />
DACH General Manager Constantin Langholz-<br />
Baikousis kennt sich in der Konsumgüterbranche<br />
bestens aus, denn er hat selbst schon<br />
ein Mode-Label gegründet. Nun ist er seit<br />
sieben Monaten bei Ankorstore und erklärt,<br />
was die Plattform antreibt.<br />
Anspruch, den wir verfolgen, denn<br />
für reine Importware gibt es andere<br />
Marktplätze. Es kann natürlich sein,<br />
dass eine europäische Marke ihre<br />
Ware aus Asien bezieht oder dort<br />
fertigt.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wird jede Marke auf Herz<br />
und Nieren geprüft?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Wir<br />
möchten eine größtmögliche Vielfalt<br />
auf dem Marktplatz anbieten, aber<br />
wir prüfen, ob bestimmte Standards<br />
wie zum Beispiel die Bildqualität<br />
erfüllt werden.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wie verdient Ankorstore<br />
Geld?<br />
Constantin Langholz-Baikousis: Über<br />
Provisionen. Die sind aber im Marktvergleich<br />
relativ niedrig. Uns geht<br />
es weniger darum, bei einer Transaktion<br />
möglichst viel abzugreifen,<br />
denn wir möchten erreichen, dass<br />
die Händler kontinuierlich über<br />
uns bestellen. Deshalb übernehmen<br />
wir auch den kostenfreien Versand<br />
und kümmern uns um die Finanzierungsmodalitäten,<br />
sodass ein<br />
60-tägiges Zahlungsziel angeboten<br />
werden kann. SASCHA TAPKEN<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 33
E-COMMERCE<br />
Der Druck<br />
auf das Möbel-Commerce nimmt zu<br />
Die Online-Vermarktung in der Home & Living-<br />
Branche 20<strong>22</strong> im Überblick auf 24 Seiten<br />
34 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
4 20<strong>22</strong><br />
ONLINESHOPS 20<strong>22</strong><br />
Illustration: Shuterstock/eamesBot<br />
Krisen stemmen<br />
> Marktplätze: Die Plattformen drehen<br />
sich immer schneller<br />
> Möbelhandel: Kundenansprache mit<br />
Podcast, Social Media und Co.<br />
> Überblick: 200 Online-Adressen<br />
und die wichtigsten Fakten auf<br />
einen Blick<br />
Noch mehr Onlineshop-News!<br />
++ DISTANZHANDEL ++ STATIONÄRER HANDEL ++ FILIALISTEN ++<br />
SYSTEMVERMARKTER ++ MARKTPLÄTZE ++ PORTALE ++ VERBÄNDE ++<br />
INTERNET-PURE-PLAYER ++ SHOPPING-CLUBS ++
KÜCHE<br />
V-Zug: Mehr Swiss-Made für die Welt<br />
Mit Exzellenz<br />
überzeugen<br />
Schweizer Präzision und Eleganz<br />
oder auch die Spezialkompetenz<br />
beim Einsatz von Dampf überzeugen<br />
immer mehr Händler in<br />
aller Welt. Spitzenköche wie Jan<br />
Hartwig (o.) – einer der wenigen<br />
mit drei Michelin-Sternen –<br />
stehen als Ambassadore für die<br />
Qualität der Marke V-Zug ein.<br />
Elegant-reduziert im Design und technisch weit<br />
vorn: Mit ihrer international ausgerichteten<br />
Premium-Offensive findet die Schweizer Marke<br />
V-Zug immer mehr Anhänger auch außerhalb des<br />
Mutterlandes. Hierzulande sind es bereits 350<br />
Händler. Nicht nur die jüngste „Excellence-Line“<br />
überzeugt Gerätegourmets in aller Welt.<br />
Mit einem Umsatzplus von 9,5<br />
Prozent auf 623,7 Mio. CHF<br />
(607,8 Mio. Euro) konnte<br />
V-Zug auch 2021 den Wachstumskurs<br />
fortsetzen. Gleichzeitig wurde<br />
das Betriebsergebnis mit + 27,5<br />
Prozent (62,7 Mio. CHF/61,1 Mio.<br />
Euro) nochmals deutlich gesteigert.<br />
Erstmals in der Firmengeschichte<br />
konnten insgesamt mehr<br />
als 500.000 Geräte p.a. ausgeliefert<br />
werden. Befeuert wurde der<br />
Rekordumsatz zum einen durch<br />
die anhaltend hohe Nachfrage im<br />
Heimatmarkt Schweiz – hier kletterte<br />
der Nettoumsatz um 5,4 Prozent<br />
auf 529,1 Mio. CHF (515,6<br />
Mio. Euro). Zum anderen sorgte<br />
vor allem das noch ausbaufähige<br />
internationale Geschäft, auf das der<br />
Schweizer Marktführer für Hausgeräte<br />
seit den letzten Jahren einen<br />
besonderen Fokus legt, für Schub-<br />
kraft: Bei 94,6 Mio. CHF Umsatz<br />
(92,2 Mio. Euro) wurde das Vorjahr<br />
hier um 40,5 Prozent übertroffen.<br />
Damit stieg die Exportquote von<br />
11,8 auf 15,2 Prozent. Einen guten<br />
Anteil daran hat auch Deutschland<br />
(s. dazu das Interview mit Verkaufsleiter<br />
Patric Schleicher, S. 62).<br />
Ein starkes Wachstum im Ausland<br />
wies neben den eigenen Konzernmarken<br />
(+ 26.5 %, u.a. auch<br />
Sibir) das OEM-Geschäft (+ 91.9<br />
%) auf. Mit Blick auf die gut gefüllten<br />
Auftragsbücher in der Schweiz<br />
und in den internationalen Märkten<br />
rechnete V-Zug zum Zeitpunkt der<br />
Bilanzpressemitteilung Mitte März<br />
auch für das laufende Geschäftsjahr<br />
20<strong>22</strong> weiterhin mit deutlichen<br />
Umsatzzuwächsen von mehr als 6<br />
Prozent, im Export sogar von über<br />
10 Prozent. Allerdings bestehen<br />
große Unsicherheiten im Zusam-<br />
60 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
menhang mit dem Krieg in der<br />
Ukraine sowie den Zulieferketten<br />
und Einkaufspreisen. Aufgrund der<br />
hohen Absatz- und Umsatzerwartungen<br />
und einer guten Kostenkontrolle<br />
wird jedoch für 20<strong>22</strong> das Ziel<br />
einer EBIT-Marge von 10 Prozent<br />
aufrechterhalten.<br />
Um mit der Marke V-Zug international<br />
noch mehr Präsenz zu zeigen,<br />
soll die Anzahl der Showrooms weiter<br />
erhöht werden. Neben den zehn<br />
„Zugorama“-Standorten im Heimatland<br />
Schweiz bestehen bereits Studios<br />
in München, Löhne, Sydney,<br />
Singapur, Hongkong und London,<br />
das am 24. März in bester Citylage<br />
eröffnete. Weitere Showrooms sind<br />
in Paris (voraussichtlich im Juni),<br />
ein zweites in Sydney (3. Quartal)<br />
und Wien (4. Quartal) geplant.<br />
Vertrieb und Marketing erhalten<br />
vor allem durch zahlreiche Produktpremieren<br />
entsprechend Rückenwind.<br />
Ein besonderes Highlight im<br />
vergangenen Jahr war bereits die<br />
Einführung der „Excellence Line“.<br />
Erweitert wird diese nun unter<br />
anderem mit dem neuen „Power-<br />
Steam“, einer Weltneuheit mit innovativer<br />
Kombination von Dampfund<br />
Mikrowellentechnologie, die<br />
präzises und schnelles Kochen<br />
mit Geling-Garantie ermöglicht.<br />
Außerdem lanciert die Marke den<br />
„Combi CookTop“ als zweite Generation<br />
des Kochfeldes mit integriertem<br />
Dunstabzug.<br />
Digitalisierung ist ebenso ein<br />
zentrales Anliegen: So wurden im<br />
Geschäftsjahr 2021 verschiedene<br />
neue Lösungen etabliert. Kernstück<br />
ist die „V-Zug Home“-App,<br />
die dank erweiterten Funktionalitäten<br />
sowie einer vereinfachten<br />
Verknüpfung zum digitalen Kochassistenten<br />
für Rezepte und Menüplanung<br />
(„V-Kitchen“) zum digitalen<br />
Begleiter der neuen „Excellence<br />
Line“ geworden ist.<br />
Selbst unter den nun deutlich<br />
strengeren Vorgaben hat die V-Zug-<br />
Gruppe im Berichtsjahr weiterhin<br />
rund 58 Prozent der reskalierten<br />
Geräte in den höchsten drei Energieeffizienzklassen<br />
A bis C verkauft.<br />
Im Rahmen von Pilotprojekten testet<br />
V-Zug auch die Vermietung von<br />
Waschmaschinen an Geschäftskunden.<br />
Nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit<br />
sollen die Geräte nach Ende<br />
der Mietdauer zurückgenommen<br />
und zur Verarbeitung brauchbare<br />
Einzelteile wiederverwendet werden.<br />
Das Unternehmen verfolgt<br />
im Bereich Nachhaltigkeit generell<br />
einen ganzheitlichen Ansatz, der<br />
tief in der Unternehmens<strong>kultur</strong><br />
verwurzelt ist, wie nicht zuletzt<br />
das Großprojekt „vertikale Fabrik“<br />
in Zug unterstreicht. Am Standort<br />
in Zug konnte im November 2021<br />
die neue Oberflächentechnikanlage<br />
zum Emaillieren im Gebäude<br />
„Zephyr Hangar“ freigegeben werden.<br />
Außerdem wurde im Mai 2021<br />
mit dem Neubau der letzten noch<br />
ausstehenden Werkhalle „Zephyr<br />
Ost“ begonnen. Die am Standort<br />
der neuen Kühlschrankfabrik in<br />
Sulgen seit Herbst 2020 laufenden<br />
Betriebsausbauten konnten ebenfalls<br />
planmäßig fertiggestellt und die<br />
Produktion im Januar und Februar<br />
20<strong>22</strong> schrittweise aufgenommen<br />
werden. So wurden weitere Meilensteine<br />
erreicht, mit denen sich die<br />
V-Zug-Gruppe auf kontinuierliches<br />
Wachstum vorbereitet.<br />
HEIKE LORENZ<br />
www.vzug.com<br />
Oben: In bester Lage und Nachbarschaft zu anderen Premiummarken hat<br />
V-Zug am 24. März seinen neuen Showroom in der Londoner Wigmore Street<br />
eingeweiht, der sechste im Ausland. Weitere werden in Kürze folgen.<br />
Unten: Parallel zum Entstehen der „Vertikalen Fabrik“ in Zug wurde zum<br />
Jahresanfang das neue Kühlgeräte-Werk in Sulgen in Betrieb genommen.<br />
Für effiziente Prozesse sorgen hier ein 16 Meter hohes, vollautomatisiertes<br />
Hochregallager mit 4.500 Palettenplätzen und fahrerlose Transportsysteme,<br />
die zentral mit SAP gesteuert werden.<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 61
GO GREEN<br />
Die Räume in der<br />
Marsstraße 74<br />
in München sind<br />
Showroom, Büro,<br />
Work-Café und<br />
Archiv zugleich.<br />
Form & Refine: Showroom-Eröffnung in München<br />
Nachhaltigkeit<br />
aus Dänemark<br />
Minimalistischer Stil, qualitativ hochwertiges Material<br />
und eine nachhaltige Verarbeitung – dafür steht das<br />
dänische Interior-Label Form & Refine. Ende März hat<br />
das 2018 gegründete Unternehmen einen Showroom<br />
in München eröffnet, in dem die Philosophie auf jedem<br />
Quadratmeter deutlich wird.<br />
Das ,Look-and-feel‘ unserer<br />
Produkte ist auf Fotos gut,<br />
aber nur begrenzt vermittelbar.<br />
In unserem Showroom kann<br />
man sie jetzt selbst mit allen Sinnen<br />
erleben“, freut sich Lasse Lund Lauridsen.<br />
Er hat zusammen mit Herman<br />
Mortensen und Jonas Herman<br />
Pedersen das dänische Label 2018<br />
ins Leben gerufen.<br />
Bereits im Juli 2021 wurden<br />
die Räume mit 200 qm Fläche im<br />
Münchner Stadtteil Neuhausen-<br />
Nymphenburg, genauer gesagt in<br />
der Marsstraße 74, bezogen. Wegen<br />
der Pandemie und Renovierungsarbeiten<br />
konnte die offizielle Eröffnung<br />
jedoch erst am 31. März 20<strong>22</strong><br />
stattfinden.<br />
Die Geschäftsräume sind Ausstellungsraum<br />
von Form & Refine<br />
und Büro der Innenarchitekten<br />
Federleicht in einem. Letztere legen<br />
ebenfalls großen Wert auf pures und<br />
nachhaltiges Design passen dadurch<br />
gut zur Business-Philosophie von<br />
Form & Refine passt.<br />
Dass die beiden Unternehmen<br />
zusammengefunden haben, war<br />
purer Zufall und eine glückliche<br />
Fügung: Federleicht-Inhaberin Andrea<br />
Franke und Form & Refine CEO<br />
Lasse Lund Lauridsen, die über die<br />
persönliche Verbindung zur dänischen<br />
Kultur miteinander in Kontakt<br />
gekommen waren, brauchten beide<br />
neue Geschäftsräume und taten sich<br />
zusammen. „Wir suchten lange<br />
nach einem geeigneten Objekt.<br />
Die Kombination aus Showroom,<br />
Büroräumen, Work-Café, Archiv<br />
und Außenplätzen war schwer zu<br />
finden in München. Als dann die<br />
Räume in der Marsstraße über einen<br />
bekannten Makler angeboten wurden,<br />
haben Andrea und ich schnell<br />
zugeschlagen“, erinnert sich Lasse<br />
Lund Lauridsen.<br />
Fotos: Form & Refine<br />
Durch die großen<br />
Fenster ergibt sich<br />
ein natürliches<br />
Licht- und Schattenspiel,<br />
das gut zum<br />
Interior aus Naturmaterialien<br />
passt.<br />
68 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
Nachhaltige Maßnahmen:<br />
Für die<br />
Verpackung wird<br />
recyceltes Papier<br />
verwendet, die<br />
Keramikprodukte<br />
kommen ausschließlich<br />
aus Portugal<br />
und das Holz ist<br />
FSC- oder PEFCzertifiziert.<br />
Von der Marsstraße 74 aus operieren<br />
der Vertrieb sowie die Marketing-Abteilung<br />
des skandinavischen<br />
Interior-Labels. Das Creative Department<br />
und die Produktentwicklung<br />
haben ihren Sitz in Ry, Dänemark.<br />
„Geschäftspartner und Privatkunden<br />
sind wochentags herzlich<br />
willkommen, sich hier im Showroom<br />
vor Ort von der Qualität und<br />
Besonder heit unserer Produkte zu<br />
überzeugen. Sie können die hochwertigen<br />
Materialien unserer Möbel<br />
und Home-Accessoires nicht nur<br />
sehen, sondern auch spüren – das<br />
Holz, die Alpaka-Wolle, den Ton. Wir<br />
sind allerdings kein Shop. Bestellun-<br />
gen dürfen bei Interesse gerne über<br />
unsere zahlreichen Händler erfolgen“,<br />
erklärt Lasse Lund Lauridsen.<br />
Ausgestellt werden im Showroom<br />
sowohl Topseller als auch moderne<br />
Klassiker für jeden Raum – vom<br />
Office über das Wohnzimmer bis<br />
hin zum Essbereich. Hinzu kommen<br />
Küchen-Accessoires aus Ton und<br />
Holz, die im Work-Café perfekt in<br />
Szene gesetzt werden. Die Küchenzeile<br />
und Lounge-Ecke wurden im<br />
Gegensatz zu dem restlichen, weiß<br />
gestrichenen Showroom mit einem<br />
modernen Stone-Ton getüncht und<br />
vermitteln damit eine Message, für<br />
die Form & Refine ebenfalls steht:<br />
dass man zeitlos und zugleich am<br />
Puls der Zeit sein kann – mit nachhaltigem<br />
Design mehr denn je.<br />
„Unsere Marke verkörpert die<br />
greifbare Alternative zur Wegwerf-<br />
Kultur. Wir sind stolz darauf, kleine<br />
Serien zu produzieren, bei denen<br />
Qualität statt Quantität im Fokus<br />
steht. Wir bringen nur neue Produkte<br />
heraus, wenn wir der Meinung<br />
sind, dass sie eine Bereicherung<br />
sind. Wir jagen keinen Trends hinterher,<br />
sondern wir möchten eine<br />
verantwortungsbewusste Firma mit<br />
einer Kollektion von gut designten<br />
Qualitäts<strong>möbel</strong>n und Objekten sein,<br />
die ein Leben lang halten können<br />
und die man jetzt genauso genießen<br />
kann wie ein paar Generationen später“,<br />
sagt Helle Herman Mortensen.<br />
Der kompromisslose Ansatz von<br />
Form & Refine in puncto Nachhaltigkeit,<br />
Handwerkstradition und Qualität<br />
manifestiert sich auch in den gleichberechtigten<br />
Partnerschaften, die die<br />
Firma mit lokalen Handwerkern,<br />
Werkstätten und Kooperativen pflegt.<br />
Alle Möbel und Holzaccessoires<br />
werden in Europa hergestellt. Dabei<br />
wird nur Bauholz von Bäumen<br />
verwendet, die in der Nähe der Werkstätten<br />
gefällt werden. Alle Materialien<br />
müssen innerhalb eines Radius<br />
von 100 Kilometer gewonnen und<br />
verarbeitet werden. Weitere nachhaltige<br />
Maßnahmen sind der konsequente<br />
Verzicht auf Aluminium,<br />
Chemikalien oder Toxine, die Verwendung<br />
von zu hundertprozentig<br />
grünem Strom aus der dänischen<br />
Windindustrie für die Produktion<br />
der Stahlprodukte, der Einsatz von<br />
recyceltem Papier bei den Verpackungen<br />
sowie die Vermeidung von<br />
Lufttransport. So gelingt es Form &<br />
Refine, den CO2-Abdruck zu reduzieren<br />
und Produkte herzustellen, die<br />
so naturbelassen wie möglich sind.<br />
<br />
STEFANIE WOLF<br />
FACTS<br />
❯ Unternehmen: Form & Refine<br />
❯ CEO: Lasse Lund Lauridsen<br />
❯ Gründungsjahr: 2018<br />
❯ Sortiment: Möbel und Home-<br />
Accessoires<br />
❯ Vertrieb: in namhaften Shops im<br />
Inland (z. Bsp. Connox, Manufactum)<br />
und Ausland (z. Bsp. Illums Bolighus,<br />
Melville, Con Tempi)<br />
www.formandrefine.com<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 69
INDUSTRIE<br />
Seit 2019 ist Dr. Thomas<br />
Knecht bereits an Hülsta<br />
mehrheitlich beteiligt und<br />
als geschäftsführender Gesellschafter<br />
tätig gewesen.<br />
Jetzt hat er die restlichen<br />
Anteile übernommen.<br />
Hülsta-Geschäftsführer Dr. Thomas Knecht im Interview<br />
„Umsichtig und<br />
mutig agieren“<br />
Nachdem die Familie Hüls ihre restlichen Anteile an<br />
Dr. Thomas Knecht verkauft hat, will dieser nun seinen<br />
eingeschlagenen Kurs als Alleingesellschafter fortsetzen:<br />
Mit modernerem Maschinenpark, PoS-Konzepten für den<br />
Handel und individuellen Einrichtungslösungen für die<br />
Endkunden. Die „<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“ fragte nach.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Herr Dr. Knecht, seit kurzem<br />
sind Sie alleiniger Gesellschafter von<br />
Hülsta. Welche Pläne haben Sie mit der<br />
bekannten Traditionsmarke?<br />
Dr. Thomas Knecht: Seit knapp drei<br />
Jahren verantworte ich das operative<br />
Geschäft von Hülsta – deshalb<br />
ist das Thema für mich und die<br />
Kollegen in der Gruppe nicht neu.<br />
Schon seit meinem Start in Stadtlohn<br />
arbeiten wir intensiv daran,<br />
die bekannte Möbelmarke zu verjüngen,<br />
neue Wege zu gehen und<br />
die Basis für eine erfolgreiche<br />
Zukunft zu schaffen – und wir haben<br />
bereits einiges bewegen können.<br />
Sie können sich vorstellen, dass eine<br />
Neuausrichtung mit umfangreichen<br />
Plänen einhergeht. Während einige<br />
konkrete Maßnahmen sich derzeit<br />
in der Umsetzung befinden, sind<br />
andere bereits abgeschlossen. Das<br />
Gesamtprogramm umfasst opera<br />
tive, aber auch strukturelle beziehungsweise<br />
strategische Vorhaben. So<br />
haben wir beispielsweise die weitere<br />
Automatisierung unseres Maschinenparks<br />
in den Werken angepackt<br />
und in diese investiert. Neue Anlagen<br />
und intelligente Fertigungsprozesse<br />
sorgen dafür, dass wir die Wertschöpfung<br />
in den Werken schon im<br />
Geschäftsjahr 2020 erheblich optimieren<br />
konnten. Wir sind in der<br />
Fertigung flexibler geworden, was<br />
auch bei Individual-Anfertigungen<br />
ins Gewicht fällt – und wir arbeiten<br />
an weiteren Maßnahmen, die uns für<br />
die Kundenbedürfnisse der Zukunft<br />
noch besser ausrichten.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wie drückt sich das im<br />
Sortiment aus?<br />
Dr. Thomas Knecht: Unsere Pläne er <br />
kennt man auch deutlich an der<br />
strategischen Portfolio-Erweiterung:<br />
Schon seit meinem<br />
Start in Stadtlohn arbeiten<br />
wir intensiv daran, die<br />
bekannte Möbelmarke<br />
zu verjüngen.<br />
Mit „Hülsta individual“ hat das<br />
Unternehmen ein neues Zielkundensegment<br />
erschlossen. Durch die<br />
Eröffnung des ersten „Hülsta individual“-Flagshipstores<br />
in München<br />
2021 wird diese Strategie untermauert.<br />
Hier bietet die bekannteste<br />
deutsche Möbelmarke individuelle,<br />
ganzheitliche Einrichtungskonzepte<br />
für Privatpersonen ebenso wie für<br />
Objektausstattungen. So haben wir<br />
beispielsweise für unseren strategischen<br />
Partner, den Fußball-Bundesligisten<br />
FC Bayern München, bereits<br />
umfangreiche Teile der Allianz Arena<br />
umgebaut, sowie den Sport-Campus<br />
und den Hauptsitz an der Säbener<br />
Straße in München neu ausgestattet.<br />
Die Expertise, die wir im Bereich<br />
Hospitality aufgebaut haben, zeigt<br />
74 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
für uns auch starkes Potenzial für<br />
20<strong>22</strong> und die Folgejahre.<br />
Die Erweiterung der Kooperation<br />
mit Rolf Benz im Bereich Hülsta<br />
Sofa ist ein zusätzlicher Meilenstein.<br />
Der Bereich Polster verzeichnet in<br />
der Möbelbranche ein überdurchschnittliches<br />
Wachstum – außerdem<br />
ist Hülsta Sofa ein wichtiger<br />
Baustein der Sortimentsstrategie,<br />
um Räume ganzheitlich mit Hülsta<br />
Designs auszustatten. Wir sind hier<br />
sowohl national, aber auch international<br />
aktiv und sehen durchaus<br />
das weitere Zusammenwachsen<br />
dieser wichtigen Produktkategorien.<br />
Ein qualitativ hochwertiges<br />
Produktangebot – quasi aus einer<br />
Hand – trifft die Anforderung des<br />
heutigen Kunden sehr gut. Natürlich<br />
haben wir auch den Bereich<br />
Digital für uns auf der Liste. Für den<br />
wichtigen Baustein des Onlinehandels<br />
konzipiert Hülsta mittlerweile<br />
zugeschnittene Produkte und kooperiert<br />
mit zahlreichen Pure-Playern.<br />
Diese Partnerschaften wurden in<br />
den Pandemiejahren weiter intensiviert.<br />
Wir sehen uns auch hier als<br />
Informations- und Innovationsgeber.<br />
Wir wollen die Plattform bieten, die<br />
uns eine intensive Kooperation mit<br />
unseren Handelspartnern ermöglicht<br />
und den Endkunden umfangreich<br />
informiert beziehungsweise<br />
im Kaufprozess begleitet.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Die letzten zwei Pandemiejahre<br />
waren herausfordernd für die Möbelbranche.<br />
Wie ist es bei Hülsta gelaufen?<br />
Dr. Thomas Knecht: 2020 und 2021<br />
wa ren auch für uns spannende<br />
Jahre. Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen<br />
war es auch für die<br />
Möbelmarke Hülsta herausfordernd.<br />
Besonders bei unseren planungsintensiven<br />
Möbeln aus den Segmenten<br />
Wohnen und Schlafen hat die Schließung<br />
von Ladengeschäften unserer<br />
Vertriebspartner keinen positiven<br />
Umsatzbeitrag liefern können. Verständlicherweise<br />
möchte der Endkunde<br />
gerade diese Kommissionen<br />
auch persönlich erleben und fühlen.<br />
Demgegenüber haben sich kleine<br />
mobile Möbelstücke und Bauteile<br />
sowie unsere tollen Home-Office-<br />
Lösungen sehr positiv entwickelt,<br />
ebenso das Objektgeschäft. Dies<br />
gepaart mit den umfangreichen Prozessanpassungen<br />
und Umstrukturierungen<br />
im Hause hat dazu geführt,<br />
dass wir im Gesamtjahr 2021 unter<br />
dem Strich einen Konzerngewinn<br />
ausweisen dürfen.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Laut VDM ging der Umsatz<br />
für Wohn-, Schlaf- und Esszimmer 2021<br />
um 7,6 Prozent zurück. Konnte sich Hülsta<br />
davon abkoppeln?<br />
Dr. Thomas Knecht: Nein, wir konnten<br />
uns nicht davon abkoppeln, sind<br />
aber auch bei positiven Effekten im<br />
Branchentrend.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Welche Preis- und Sortimentsbereiche<br />
liefen im vergangenen<br />
Jahr besonders gut?<br />
Dr. Thomas Knecht: Betrachtet man<br />
unser komplettes Sortiment, so<br />
zeichnen sich bei Kunden im<br />
statio nären Handel Favoriten ab:<br />
„ Gentis“, „Neo“ und „Tetrim“<br />
für Hülsta, „Time“ für Now! by<br />
Hülsta. Im Bereich Schlafen sind es<br />
die individuellen Schranksysteme<br />
von „Multi-Forma“ und Boxspring.<br />
Online funktionieren kleine, flexible<br />
Möbelelemente wie „Now to go!“<br />
und „Now! easy“ besonders gut. Wir<br />
haben aber gerade im Bereich Schlafen<br />
mit „Tantum“ und „Amana“ im<br />
Jahr 2021 zwei großartige Neuerungen<br />
ins Sortiment aufgenommen,<br />
die aus meiner Sicht wieder typisch<br />
für Hülsta sind und ich bin sehr<br />
gespannt, wie unsere Partner und<br />
Kunden diese annehmen.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wie stark belastet Sie die<br />
Beschaffungsproblematik?<br />
Dr. Thomas Knecht: Die Fragilität der<br />
Lieferketten ist auch für Hülsta mit<br />
Unsicherheiten verbunden, allerdings<br />
zielen wir bei unseren Produkten<br />
zuerst auf einen hohen Grad der<br />
Eigenfertigung. Die Rohstoffbeschaffung<br />
konnten wir bisher sehr gut<br />
sicherstellen. Die Zukaufteile bezieht<br />
die Marke schon immer wesentlich<br />
aus der Region, aus anderen Teilen<br />
Deutschlands und aus Österreich.<br />
Deshalb sind wir im Vergleich zu<br />
anderen hier noch gut aufgestellt und<br />
dürfen für uns in Anspruch nehmen,<br />
„lieferfähig“ zu sein. Auch Probleme<br />
in den Logistikketten wiegen dadurch<br />
weniger schwer, da sich die Spedition<br />
für Neu<strong>möbel</strong> Logistik „SLC“<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft der<br />
Möbelmarke befindet. Ohne Frage<br />
beschäftigen uns gerade die aktuellen<br />
Entwicklungen, besonders die<br />
Preissteigerungen für Rohstoffe und<br />
Energie sind in diesem Zusammenhang<br />
eine große Herausforderung.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Welche Erwartungen haben<br />
Sie für die Entwicklung 20<strong>22</strong>? Wie stark<br />
wird die Möbelbranche aus Ihrer Sicht von<br />
dem Ukraine-Krieg beeinflusst werden?<br />
Dr. Thomas Knecht: 20<strong>22</strong> sind wir alle<br />
noch mit Einschränkungen – unter<br />
anderem bedingt durch die Corona-<br />
Pandemie – gestartet. Trotz des somit<br />
zögerlichen Starts waren wir zunächst<br />
von einer Entspannung der Lage ausgegangen<br />
– auch, weil die bereits<br />
im Jahr 2020 gestellten Weichen<br />
die solide Basis für Wachstum im<br />
Jahr 2021 gelegt haben. Mit dem<br />
Krieg in der Ukraine und der Sondersituation<br />
in den osteuropäischen<br />
Ländern müssen wir die Lage sicher<br />
neu bewerten und Schwankungen<br />
genau beobachten. Natürlich haben<br />
wir erhebliche Einbußen im internationalen<br />
Ost-Geschäft, wesentlich<br />
in Russland und der Ukraine. Daneben<br />
bemerken wir alle derzeit die<br />
deutliche Kaufzurückhaltung der<br />
nationalen Kunden. Gestiegene Inflation,<br />
gestiegene Faktorkosten und<br />
natürlich die Unsicherheit über die<br />
gesamtwirtschaftliche Entwicklung<br />
stellen uns alle vor echte, unternehmerische<br />
Herausforderungen und<br />
wir müssen hier sicher umsichtig<br />
und gleichermaßen auch mutig<br />
agieren. Ich befürchte, die gesamte<br />
Möbelbranche steht vor einem<br />
zweiten Halbjahr 20<strong>22</strong> mit großen<br />
Unwägbarkeiten. Letztlich erstellen<br />
und vertreiben wir Konsumgüter,<br />
die nicht den menschlichen Primärbedarf<br />
befriedigen. Somit verschiebt<br />
sich das Konsumverhalten der Käufer<br />
– zeitlich, qualitativ und auch<br />
preislich.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Was heißt das konkret für<br />
Ihre Handelspartner?<br />
Dr. Thomas Knecht: Einige Produktneuheiten,<br />
an denen wir gerade intensiv<br />
arbeiten, werden wir schon bald vorstellen.<br />
Wir sind überzeugt, dass wir<br />
mit unseren neuen Kollektionen dem<br />
Handel in die Hände spielen und<br />
trotz allgemeiner Kaufzurückhaltung<br />
Begehrlichkeiten schaffen. Aktuell<br />
befindet sich zum Beispiel eine Initiative<br />
zur Stärkung des Vertriebs im<br />
stationären Möbeleinzelhandel in<br />
Umsetzung: Wir lancieren dabei zum<br />
Beispiel neue PoS-Konzepte auf den<br />
Flächen und treten intensiver in den<br />
Dialog mit Verkäufern. Denn unsere<br />
Möbel stehen für Werte: Exklusives<br />
Design, ausgewählte Materialien,<br />
hoch wertige Verarbeitung, handwerkliche<br />
Details und Nachhaltigkeit.<br />
Wir lancieren neue<br />
PoS-Konzepte und treten<br />
intensiver in den Dialog<br />
mit Verkäufern.<br />
Genau das ist die Art von Qualität, für<br />
die Hülsta zum Synonym wurde. Und<br />
dies gilt es zu erzählen und vor allem<br />
auch mit eindrucksvollen Details zu<br />
belegen, um Endkunden nachhaltig<br />
zu begeistern.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Sie sind dieses Jahr nicht<br />
in Mailand. Was planen Sie stattdessen?<br />
Dr. Thomas Knecht: Mit dem Handel<br />
bei uns in Stadtlohn ins Gespräch<br />
zu kommen, hat Tradition. Nach<br />
einer langen Phase der digitalen<br />
Treffen freuen wir uns deshalb nun<br />
auf viele persönliche Termine und<br />
einen intensiven Austausch bei uns<br />
vor Ort im Münsterland. Wir haben<br />
für Mitte Mai Einladungen verschickt<br />
und werden dann in unserem Showroom<br />
attraktive Neuheiten präsentieren.<br />
Neben frischen Kollektionen<br />
für den Bereich Dining zeigen wir<br />
auch eine vielversprechende Produktpflege<br />
einer besonders beliebten<br />
Hülsta-Kollektion sowie eine<br />
komplett neue Kojengestaltung. Wir<br />
möchten die gemeinsame Zeit mit<br />
unseren Partnern außerdem nutzen,<br />
um intensiv über den Markt, die sich<br />
bietenden Möglichkeiten und unseren<br />
gemeinsamen Weg 20<strong>22</strong>/23 zu<br />
sprechen. Grundsätzlich blicke ich<br />
aber dem persönlichen Austausch<br />
auf den bekannten Branchenmessen<br />
entgegen, denn letztlich ist es der<br />
Dialog in der Branche und auch mit<br />
den Kunden, der uns gerade in der<br />
Möbelindustrie treibt – und der auch<br />
zum Kauf bewegt. Mailand, Köln und<br />
Stadtlohn sind daher feste Termine in<br />
unserem Kalender für die Zukunft.<br />
RITA BREER<br />
www.huelsta.de<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 75
ZKZ 4937<br />
4 I 20<strong>22</strong><br />
SPECIAL<br />
DIENSTLEISTER<br />
Foto: Hermes Einrichtungs Service<br />
Logistik, Software & Co.<br />
Wettbewerbsfähig bleiben<br />
/// Hermes Einrichtungs Service: Mehr Business mit Polen /// Computop: Eine Lösung<br />
für alle Kanäle /// Studie: Einrichtungshäuser pushen die Möbel-Werbung /// Youtube:<br />
Geliebt wird, wer unterhält /// Medienpark: Mehr Sicherheit gegen Cyber-Angriffe ///
DIENSTLEISTER<br />
Foto: www.freepik.com/senivpetro<br />
Hoffnungsvoll nach vorn<br />
Es sind ungewisse Zeiten, in die Menschen und Unternehmen derzeit<br />
steuern. Und niemand vermag zu sagen, welche Richtung die Zukunft<br />
einschlägt. Der Krieg in der Ukraine versetzt die Welt in Angst und<br />
Schrecken. Neben der Sorge um die Bevölkerung vor Ort und die Entwicklung<br />
der kommenden Monate beschäftigen insbesondere auch<br />
Logistikanbieter existenzielle Fragen, die durch die Auswirkungen des<br />
Krieges aufgeworfen werden. Ukrainische Fahrer fehlen, da sie ihr Land<br />
verteidigen. Manche Routen sind nicht mehr befahrbar und explodierende<br />
Preise bei Kraftstoff und Energie stellen viele Unternehmen vor<br />
große Herausforderungen. Und doch lässt sich die Branche nicht unterkriegen<br />
und investiert in die Zukunft, die hoffentlich bald besser wird.<br />
So hat Hermes Einrichtungs Service beispielsweise gemeinsam mit<br />
Raumschmiede ein neues HUB in der Nähe von Posen gebaut, das im<br />
Mai in Betrieb gehen soll. Ein perfekter Standort, denn Polen ist der<br />
zweitgrößte Möbel-Importeur für den deutschen Markt. Geld in die Hand<br />
nimmt auch der Einrichtungshandel. Um neue Kund:innen zu g ewinnen,<br />
setzt er auf Werbung und sorgt damit für 74 Prozent des Werbevolumens<br />
im Bereich Möbel, wie eine aktuelle Studie von Research Tools<br />
ergeben hat. Aber auch weitere Angebote wie moderne Zahlungssysteme,<br />
frische Kommunikationswege und durchdachte Software-Tools<br />
tragen dazu bei, sich wettbewerbsfähig aufzustellen.<br />
DORIS SCHMIDT<br />
Top-Themen<br />
in diesem<br />
Dienstleister-Special:<br />
Research Tools: Einrichtungshäuser<br />
pushen die<br />
Möbel-Werbung<br />
Hermes Einrichtungs<br />
Service: Mehr Business<br />
mit Polen<br />
Youtube: Geliebt wird,<br />
wer unterhält<br />
Medienpark: Mehr Sicherheit<br />
gegen Cyber-Angriffe<br />
ZUM TITEL<br />
In den kommenden Wochen wird das neue HUB<br />
von Hermes Einrichtungs Service und Raumschmiede<br />
in Polen mit Kommissionsware von<br />
über 100 polnischen Herstellern beliefert.<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 85
DIENSTLEISTER<br />
Research Tools: „Werbemarktanalyse Möbel 20<strong>22</strong>“<br />
Einrichtungshäuser pushen<br />
die Möbel-Werbung<br />
Um in den Köpfen der Verbraucher:innen zu bleiben und neue Kund:innen zu gewinnen, ist Werbung unerlässlich – auch<br />
in der Möbelbranche. Insbesondere Händler setzen hier auf Anzeigen, Prospekte, Spots und Co., wie die „Werbemarktanalyse<br />
Möbel 20<strong>22</strong>“ von Research Tools ergeben hat. Sie sorgen für 74 Prozent des Werbevolumens im Bereich Möbel.<br />
Rund 717 Mio. Euro wurden<br />
innerhalb eines Jahres für<br />
Möbel-Werbung ausgegeben.<br />
Besonders aktiv waren dabei die Einrichtungshäuser.<br />
Das geht aus der<br />
„Werbemarktanalyse Möbel 20<strong>22</strong>“<br />
von Research Tools hervor, für die<br />
400 Unternehmen und ihre Werbeausgaben<br />
für Möbel in Deutschland<br />
untersucht wurden. Bei den unter<br />
die Lupe genommenen 15 Teilmärkten<br />
wie Bad-, Büro- und Garten<strong>möbel</strong>,<br />
Küchen-, Schlafzimmer- und<br />
Wohn<strong>möbel</strong> verzeichnen Einrichtungshäuser<br />
74 Prozent des gesamten<br />
Werbevolumens. Mit deutlichem<br />
Abstand folgt der Produktmarkt<br />
Wohn<strong>möbel</strong>, der zehn Prozent ausmacht,<br />
der Küchenhandel mit fünf<br />
Prozent, Büro<strong>möbel</strong> mit drei sowie<br />
Küchen- und Schlafzimmer<strong>möbel</strong><br />
mit jeweils zwei Prozent. Weitere<br />
Teilmärkte wie Möbel für Garten,<br />
Bad, Kinder und Jugendliche oder<br />
Imagewerbung machen zusammen<br />
vier Prozent aus.<br />
Auf die mediale Kommunikation<br />
setzen dabei viele Möbelhandelsunternehmen.<br />
Die Konzentration<br />
in dem Teilmarkt ist vergleichsweise<br />
gering. „Hier entfallen 30 Prozent<br />
der Werbeausgaben auf die drei<br />
ausgabenstärksten Marken dieser<br />
Kategorie“, erläutern die Autoren<br />
der Studie. Noch geringer fällt<br />
die Konzentration im Teilmarkt<br />
Wohn<strong>möbel</strong> aus. Dort beträgt sie<br />
27 Prozent. Bei den Büro<strong>möbel</strong>n<br />
hingegen nehmen die werbestärksten<br />
Marken 64 Prozent ein.<br />
„Trotz einer teilweise hohen Werbekonzentration<br />
sind im Monatsdurchschnitt<br />
stolze 794 Marken<br />
medial aktiv.“<br />
Möbelhäuser sind die größten Werbetreibenden im Segment Einrichtung<br />
74 % des Werbevolumens wird von den Händlern ausgegeben<br />
Die Werbekonzentration unter den Möbelhäusern ist vergleichsweise gering. Höffner, Poco und XXXLutz zeigten sich 2021 wie schon im Vorjahr besonders werbestark. Insgesamt sind monatlich im<br />
Durchschnitt 794 Möbelmarken medial aktiv. Quelle: Werbemarktanalyse Möbel 20<strong>22</strong> / Research Tools, Bilder: Icons8/www.icons8.com/IconsMind/www.IconsMind.com<br />
86 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 4/20<strong>22</strong>
Ob im Internet, in Zeitungen, Zeitschriften,<br />
im TV, Radio oder out of Home: Werbung<br />
wird vielfältig ausgespielt. Durch einen<br />
breiten Mix kann eine höhere Reichweite<br />
erzielt werden. Ebenso lassen sich dadurch<br />
verschiedene Zielgruppen ansprechen und<br />
gewinnen.<br />
Besonders werbestark über alle<br />
Produktmärkte hinweg präsentieren<br />
sich Höffner, XXXLutz und Poco. Sie<br />
hatten auch schon im vergangenen<br />
Jahr die vordersten Ränge der zehn<br />
Topwerber belegt. Höffner nimmt<br />
einen Werbeanteil von 8,4 Prozent,<br />
XXXLutz von 7,6 Prozent und Poco<br />
von sieben Prozent ein. Es folgen<br />
Home24 mit 6,6 Prozent, Ikea mit<br />
4,6 Prozent, Roller mit 3,3 Prozent,<br />
Segmüller mit 2,8 Prozent, Jysk mit<br />
2,5 Prozent, Hardeck mit 2,3 Prozent<br />
und Seats and Sofas mit 2,1<br />
Prozent.<br />
Ausgespielt wird die Werbung<br />
vor allem im Herbst. So markieren<br />
die Monate Oktober und November<br />
den Volumenpeak. Eine Werbeflaute<br />
herrscht dagegen im Frühsommer.<br />
„Der absolute Fünf-Jahres-Peak zeigt<br />
sich im November 2021 mit einem<br />
Kommunikationsvolumen in Höhe<br />
von 83 Mio. Euro“, stellen die Autoren<br />
der Analyse fest.<br />
Bei der Frage, wo die Werbung<br />
ausgespielt wird, zeigt sich die Branche<br />
breit aufgestellt. So bilden das<br />
Internet (29%), das Fernsehen (28<br />
%) und Zeitungen (26%) die drei<br />
Hauptsäulen. Teilweise erfolgt eine<br />
mediale Kommunikation auch in Zeitschriften<br />
(8%), im öffentlichen Raum<br />
(6%) und im Radio (3%) statt. „Diese<br />
Medienvielfalt spiegelt sich auch im<br />
Mediensplit der zehn Topwerber<br />
wider, die im Schnitt einen Mix aus<br />
4,4 der sechs analysierten Werbemedien<br />
einsetzen“, so die Autoren.<br />
Bei der Frage nach dem Inhalt<br />
der Werbung machen die Anbieter<br />
vielfach mit Rabatt- und Prämienangeboten<br />
auf sich aufmerksam, um<br />
Kund:innen zu gewinnen. Daneben<br />
findet sich vereinzelt aber auch<br />
das Argument des CO2-neutralen<br />
Versands wieder. DORIS SCHMIDT<br />
www.research-tools.net<br />
Möbelhäuser und Wohn<strong>möbel</strong>-<br />
Anbieter zeigen sich werbestark<br />
Angaben in %<br />
Wohn<strong>möbel</strong> 10%<br />
Schlafzimmer<strong>möbel</strong> 2%<br />
Büro<strong>möbel</strong> 3%<br />
Küchenhandel 5%<br />
Küchen<strong>möbel</strong> 2% weitere Teilmärkte* 4%<br />
Einrichtungshäuser 74%<br />
Von Januar bis Dezember 2021 sorgten Einrichtungshäuser für<br />
74 Prozent des Werbevolumens im Bereich Möbel. *Weitere Teilmärkte<br />
wie bspw. Möbel für Bad, Garten, Kinder, Imagewerbung.<br />
Sonstige<br />
52,9%<br />
Bei der medialen Kommunikation machen die Top-Ten 2021 knapp<br />
die Hälfte des Werbevolumens aus. Aber auch kleinere Unternehmen<br />
schalteten Anzeigen und Co.<br />
JAN FEB MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI AUG SEP OKT NOV DEZ<br />
Höffner 8,4%<br />
XXXLutz 7,6%<br />
Poco 7,0%<br />
Die Werbeausgaben ließen während der Corona-Lockdowns spürbar nach und zogen mit der Wiedereröffnung der Geschäfte sprunghaft an.<br />
Werbestark zeigt sich der Herbst. Quelle: Werbemarktanalyse Möbel 20<strong>22</strong> / Analysen durch Research Tools auf Basis AdVision digital.<br />
Home24 6,6%<br />
IKEA 4,6%<br />
Roller 3,3%<br />
Segmüller 2,8%<br />
Jysk 2,5%<br />
Hardeck 2,3%<br />
Seats and Sofas 2,1%<br />
Mehr Geld für Werbung: Produktmarktübergreifend zog die mediale<br />
Kommunikation 2021 im Vergleich zum Vorjahr an<br />
Angaben in T€<br />
90.000<br />
60.000<br />
30.000<br />
Höffner, XXXLutz und Poco<br />
belegen die vordersten Ränge<br />
Angaben in %<br />
JAN - DEZ 2021<br />
JAN - DEZ 2020<br />
4/20<strong>22</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 87
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