Leseprobe_Tiemeyer_Schreker
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1. KLANG ALS DRAMATISCHES AUSDRUCKS-<br />
MITTEL IN DEN OPERN FRANZ SCHREKERS<br />
Im Musiktheater des frühen 20. Jahrhunderts ragen die Opern Franz <strong>Schreker</strong>s<br />
vor allem durch ihren besonderen Orchesterklang hervor. Bereits mit der Premiere<br />
von Der ferne Klang galt dieses Spezifikum als Sensation, als Phänomen<br />
im deutschsprachigen Raum. In jeder Oper <strong>Schreker</strong>s ereignen sich Momente,<br />
in denen die Musik in ihrer materiellen Gestalt als suggestive Klangvision<br />
selbst in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Diese symbolischen Emanationen<br />
des Klangs bilden das musikdramatische Zentrum der Werke und waren<br />
für <strong>Schreker</strong> der Ausgangspunkt für die Konzeption seiner Textbücher. Ein<br />
reich differenzierter Orchestersatz, schillernde Texturen und ein wogendes<br />
Klangbild formen die grundlegenden Elemente seiner spezifischen Klangsprache.<br />
Die vorliegende Untersuchung stellt deshalb die Frage nach der individuellen<br />
Gestaltung dieses ‚<strong>Schreker</strong>-Klangs‘ und will diesem mit musikanalytischen<br />
Detailstudien der frühen Opern nachgehen. Es handelt sich dabei um die<br />
vier in Wien entstandenen Opern, die mit dem Fernen Klang beginnen und mit<br />
dem Schatzgräber ihren stilistischen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Klang <strong>Schreker</strong>s zeigt sich als zeitaktuelles Phänomen der Wiener<br />
Moderne. <strong>Schreker</strong>s Werke wurden eifrig rezipiert, was sich an der großen<br />
Fülle an Rezensionen zeigt. Vor allem in den Musikblättern des Anbruch finden<br />
sich mannigfaltige Kompilationen von Werkbesprechungen sowie Aufsätze,<br />
die sich mit der Person <strong>Schreker</strong> auseinandersetzen. Gleich drei Sonderhefte<br />
des Anbruch (1919, 1920 und 1924) sind <strong>Schreker</strong> und seinen Opern gewidmet.<br />
Bereits im Jahr 1921 wurden zwei <strong>Schreker</strong>-Biographien, verfasst von Julius<br />
Kapp 1 und Rudolf Hoffmann 2 , publiziert. Diese beziehen in der ästhetischen<br />
Debatte klar Stellung für <strong>Schreker</strong>, zeichnen den künstlerischen Werdegang<br />
des Komponisten nach und widmen den Opern ausführliche Besprechungen.<br />
Der Kritiker Paul Bekker setzte sich mit Nachdruck für <strong>Schreker</strong> ein und<br />
es entwickelte sich eine für beide Seiten produktive Freundschaft. Bekkers<br />
1 Julius Kapp, Franz <strong>Schreker</strong>. Der Mann und sein Werk, München 1921.<br />
2 Rudolf Hoffmann, Franz <strong>Schreker</strong>, Wien u. a. 1921.<br />
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