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Leseprobe_Tiemeyer_Schreker

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1. Klang als dramatisches Ausdrucksmittel in den Opern Franz <strong>Schreker</strong>s<br />

Kritiken sind von einem tiefen Verständnis der Werke <strong>Schreker</strong>s gekennzeichnet<br />

und gipfeln in seinem Essay Franz <strong>Schreker</strong>. Studie zur Kritik der modernen<br />

Oper 3 , in dem er zentrale Thesen seiner Operntheorie formuliert und an <strong>Schreker</strong>s<br />

Œuvre exemplifiziert. Diese Gedanken Bekkers dienen noch heute als<br />

Ausgangspunkt für die gattungs- und zeitgenössische Einordnung von <strong>Schreker</strong>s<br />

Opern.<br />

Mitte der 1920er Jahre nahm das Interesse an <strong>Schreker</strong> jedoch rapide ab,<br />

nicht zuletzt, da seine Vision vom Klang als nicht mehr zeitgemäß erschien. So<br />

geriet <strong>Schreker</strong> als Komponist bereits zu Lebzeiten nahezu in Vergessenheit,<br />

bevor mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten seine Opern komplett<br />

aus dem Spielplan gestrichen wurden. Der einst so gefeierte Komponist war<br />

damit von der Bildfläche der deutschsprachigen Opernproduktion verschwunden<br />

und firmierte lange Zeit ausschließlich als ‚Geheimtipp‘.<br />

Der Umfang der <strong>Schreker</strong>-Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg ist aus<br />

Gründen dieser Verdrängung überschaubar. Gab es zum hundertjährigen Jubiläum<br />

des Komponisten 1978 eine Reihe von Konferenzen und Symposien, 4<br />

die in einer Anzahl von Einzeldarstellungen mündeten, so blieb Gösta Neuwirth<br />

mit seiner 1959 publizierten Kurzbiographie über <strong>Schreker</strong> 5 lange Zeit<br />

der einzige Autor, der sich mit der Darstellung des Lebens des Komponisten<br />

befasste. Neuwirth darf auch in einer zweiten Hinsicht als Pionier der <strong>Schreker</strong>-Forschung<br />

gelten, denn er war der erste, der sich mit seiner Dissertation<br />

zur Harmonik des Fernen Klangs aus dem Jahr 1972 6 detailliert mit der kompositorischen<br />

Struktur einer Oper <strong>Schreker</strong>s auseinandersetzte. Christopher Hailey<br />

legte mehr als dreißig Jahre nach Neuwirth die erste und bis heute einzige<br />

umfangreiche <strong>Schreker</strong>-Biographie 7 vor, die 2018 schließlich auch in deutscher<br />

Übersetzung erschien. 8 Hailey war unermüdlich tätig, um Quellenmaterial<br />

3 Paul Bekker, Franz <strong>Schreker</strong>. Studie zur Kritik der modernen Oper, Berlin 1919.<br />

4 Die beiden wichtigsten Publikationen in diesem Zusammenhang sind nach wie vor Franz<br />

<strong>Schreker</strong>. Am Beginn der Neuen Musik, hrsg. von Otto Kolleritsch, Graz 1978 (Studien zur<br />

Wertungsforschung 11) sowie das Franz-<strong>Schreker</strong>-Symposion, hrsg. von Elmar Budde und<br />

Rudolph Stephan, Berlin 1980 (Schriftenreihe der Hochschule der Künstler Berlin 1).<br />

5 Gösta Neuwirth, Franz <strong>Schreker</strong>, Wien 1959.<br />

6 Gösta Neuwirth, Die Harmonik in der Oper „Der ferne Klang“ von Franz <strong>Schreker</strong>, Regensburg<br />

1972 (Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts 27).<br />

7 Christopher Hailey, Franz <strong>Schreker</strong>, 1878–1934. A cultural biography, Cambridge 1993. Weiterführende<br />

biographische Hintergründe finden sich zudem bei Ernst Hilmar, „<strong>Schreker</strong>s<br />

Wiener Jahre“, in Kolleritsch, Franz <strong>Schreker</strong>, S. 59–75 sowie Haidy <strong>Schreker</strong>-Bures,<br />

„Franz <strong>Schreker</strong> und seine Zeit“, in Franz <strong>Schreker</strong>, hrsg. von ders., Hans Heinz Stuckenschmidt<br />

und Werner Oehlmann, Wien 1970 (Österreichische Komponisten des XX. Jahrhunderts<br />

17), S. 9–38.<br />

8 Christopher Hailey, Franz <strong>Schreker</strong> (1878–1934). Eine kulturhistorische Biographie, übers. von<br />

Caroline Schneider-Kliemt und Volkmar Putz, Wien u. a. 2018.<br />

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