Krypto-Special Muss es immer Bitcoin sein? Für eingefleischte Bitcoin-Fans gibt es nur Bitcoin und „Shitcoins“. Die anderen Kryptoprojekte sind keine dezentralen Währungen im engeren Sinn. Viele sind jedoch mit Technologiefirmen vergleichbar. TEXT: BEATE LAMMER 78 PRIVATE BANKING
FOTO: REUTERS Für Bitcoin-Maximalisten ist die Sache klar. Nur Bitcoin ist völlig dezentral, manipulationssicher und zudem begrenzt. Die anderen Projekte haben zwar zumeist auch ein dezentrales und kryptografisch abgesichertes Kassenbuch (Blockchain), doch steht hinter ihnen eine Stiftung oder ein Gremium, ein Unternehmen oder eine Gründerperson, auf die jemand Einfluss nehmen kann. Auch gab es bei vielen Projekten ein „Pre-Mining“: Vor der offiziellen Markteinführung wurden Coins erzeugt, mit denen etwa Entwickler entlohnt wurden. Bei Bitcoin gab es kein Pre-Mining, jeder konnte von Anfang an dabei sein. Bitcoin-Maximalisten sprechen oft abfällig von „Shitcoins“, wenn sie sich auf andere Projekte beziehen. Unter den inzwischen 19.000 Kryptowährungen, die Coinmarket.cap anführt, finden sich tatsächlich viele, bei denen keine Entwicklung mehr stattfindet, einige dienten wohl auch nur der Bereicherung ihrer Erfinder. Andere haben aber einen tatsächlichen Nutzen, sind wie Technologiefirmen, die das Abwickeln von Verträgen, den Handel mit digitalen Werten (NFTs) und von Privatperson zu Privatperson erbrachte Geldgeschäfte (etwa Darlehen) ermöglichen. Während Bitcoin ein Wertspeicher sei, seien Investments in Ethereum, Cardano oder Solana mit Investments in Technologieunternehmen zu vergleichen, meint Mark Valek, Bitcoin-Experte bei Incrementum. Es gehe bei ihnen weniger darum, das Geldsystem zu verändern, als Probleme im Finanz- und Zahlungsbereich zu lösen. Schnelle Zahlungen Auf der Ethereum-Blockchain mit seiner Währung Ether kann man etwa Verträge (Smart Contracts) abschließen. Auch werden NFTs (Non Fungible Tokens, digitale Besitzurkunden etwa von digitaler Kunst) zumeist auf der Ethereum-Blockchain gehandelt. Bitcoin soll zumindest Letzteres bald auch können. Auf der Bitcoin-Konferenz in Miami wurde ein Protokoll namens Taro („Taproot Asset Representation Overlay“) vorgestellt, das es ermöglichen soll, NFTs oder andere Vermögenswerte (etwa Stable-Coins, das sind Kryptowährungen, die an den Dollar gekoppelt sind) über das Lightning-Netzwerk von Bitcoin zu handeln. Beim Lightning-Netzwerk handelt es sich um einen Seitenarm der Blockchain, auf dem man kleinere Zahlungen schnell und gebührenarm abwickeln kann. Kurz: Bitcoin soll künftig nicht nur die dezentralste aller Kryptowährungen sein, sondern auch noch vieles können, Ethereum und andere Coins sind mit Unternehmen vergleichbar. Der Begriff Währung ist oft irreführend. für das man jetzt noch Ethereum benötigt. Indes versuchen auch kleinere Projekte, Ethereum den Rang abzulaufen. Zu den Ethereum-Konkurrenten werden gewöhnlich Solana, Cardano, Binance, Terra sowie die nach Marktkapitalisierung kleineren Währungen Avalanche, Fantom oder Near gezählt, berichtet Adrian Fritz, Research Associate bei 21Shares, einem Anbieter von ETPs (Wertpapieren, mit denen man in Kryptowährungen investieren kann). „Was alle diese Projekte gemeinsam haben, ist, dass sie wie ein so genannter App-Store funktionieren, also Plattformen für die Bereitstellung von Dienstleistungen und Applikationen von DeFi-Dienstleistungen und NFTs darstellen.“ DeFi bedeutet „Decentralized Finance“ und steht für Finanzdienstleistungen, bei denen man ohne Banken oder andere Vermittler auskommt, NFTs (Non-Fungible Token) sind digitale Besitzurkunden. „Wenn Bitcoin wie Gold ist, dann ist Ethereum wie Amazon“, meint BCG-Experte Bernhard Kronfellner, der sich intensiv mit Kryptowährungen befasst hat. „Gold glänzt nostalgisch und bietet einen Werterhalt, da es – wie auch Bitcoin – limitiert ist.“ Ethereum und viele andere Coins seien hingegen mit Unternehmen vergleichbar, der Begriff „Währung“ sei häufig irreführend. Viele der so genannten Tokens seien eigentlich Service-Provider für DeFi oder auch Plattform von dezentralem Speicher von sensiblen Daten wie Wert-Transaktionen. Erträge abseits vom Wertzuwachs Die Anwendungen geben Nutzern die Möglichkeit, Geld zu verdienen mit ihren Coins, und zwar über den Wertzuwachs hinaus. So könne man 20 Prozent und mehr Ertrag pro Jahr erzielen, wenn man Coins für das Validieren von Transaktionen auf der Blockchain für gewisse Zeit zur Verfügung stellt, aber auch für Lending (Leihen), Market Making (Marktpflege) oder Liquidity Provision (Bereitstellung von Liquidität). DeFi-Projekte sind etwa Aave, Uniswap oder Anchor. Das Anchor-Protokoll funktioniere wie ein Fondsmanager für DeFi: Es erkennt, welche Dienstleistungen (Market Making, Bereitstellen von Liquidität etc.) bei welchen Coins gerade gefragt sind, und stellt diese automatisch zur Verfügung. Diese Dienstleistungen könne man auch mit Stable Coins erbringen, deren Kurs etwa an den Dollar gekoppelt ist (USD Tether, USD Coin), und dafür Geld erhalten. Bei der weltgrößten Kryptobörse Binance erhalte man Cash-Backs für seine Kreditkarte, die umso höher ausfallen, je mehr Binance-Coins man hat. Ethereum, Luna oder Avalanche seien Plattformen, auf denen man Verträge (Smart PRIVATE BANKING 79