Kulturelle Bildung
Grundschule aktuell Heft 158 - Mai 2022
Grundschule aktuell Heft 158 - Mai 2022
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Thema: <strong>Kulturelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Es ist ein Zweiklang von Erzählen<br />
und Zuhören.<br />
Erzählen ist kein Monolog, sondern<br />
ein Dialog, der die Schwingungen des<br />
Publikums aufnimmt und damit ein<br />
Märchen, eine Geschichte immer wieder<br />
neu lebendig werden lässt. Die<br />
Erzählenden sehen die Augen des Publikums,<br />
spüren dessen körperliche<br />
Anspannung oder Gelöstheit, sehen<br />
rote Wangen, wache Augen, spüren<br />
einen gemeinsamen Atem – all diese<br />
Beobachtungen, Empfindungen haben<br />
Auswirkungen auf die Erzählung, auf<br />
die Körpersprache, Blicke, Gesten, die<br />
Lautstärke, die Stimmfärbung, auf Pausen<br />
und Wiederholungen.<br />
Die Erzählerinnen „spielen“ für uns,<br />
vermitteln Spaß an der Sprache, wecken<br />
in den Kindern Gefühle wie Wut, Mitleid,<br />
Angst und Freude. Viele Kinder<br />
kommen dadurch das erste Mal mit<br />
Kunst, mit Erzählkunst, in Berührung.<br />
(Hausburg Grundschule 2021, EZ 13)<br />
Allgemein habe ich das Gefühl, dass die<br />
ErzählZeit für die Aufmerksamkeit ein<br />
super Format ist. Viele kennen es von<br />
zu Hause nicht, Geschichten erzählt zu<br />
bekommen. Das Zuhören lernen sie hier,<br />
was auch Effekte auf den Unterricht hat.<br />
(Ossietzky Grundschule 2021, EZ 13)<br />
Weitererzählen<br />
Im nächsten Schritt erzählen die Kinder<br />
und Schüler*innen gehörte Märchen<br />
nach und erfinden eigene Geschichten.<br />
Aus Zuhörer*innen werden Erzähler*innen<br />
– sie erleben Sprache als<br />
Schlüssel zur Welt. Durch die regelmäßigen<br />
Erzählstunden wächst eine<br />
lebendige Erfahrung der „Baupläne“, der<br />
Dramaturgie der Märchen. Der Wortschatz<br />
erweitert sich.Jedes Jahr ist es<br />
wieder eine große Freude für uns, mitzuerleben,<br />
was an Sprachverständnis<br />
und -gewandtheit gewachsen ist und<br />
wie aus aktiven, neugierigen Zuhörer*innen<br />
phantasievolle Nacherzähler*innen<br />
und Geschichtenerfinder*innen<br />
geworden sind.<br />
Man lernt einige Kinder neu kennen.<br />
Kinder, die sonst gar nichts sagen, blühen<br />
auf, fangen an zu erzählen, mitzumachen,<br />
trauen sich … Ich bin immer<br />
wieder fasziniert, wie sich die Kinder<br />
besonders gut viele kleine Details merken<br />
können, auch wenn schon Tage und<br />
Wochen dazwischen liegen. (Ebereschen<br />
Grundschule 2021, EZ 13)<br />
Durch das Erzählen der Geschichten<br />
bekommen die Kinder eine Struktur,<br />
wie sie eigene Geschichten aufbauen<br />
können. Sie erhalten Geschichtenvorbilder,<br />
üben sich im Erinnern und<br />
Nacherzählen der Geschichten, die Imagination,<br />
eigene Bilder im Kopf „entstehen<br />
lassen“, wird gefördert. (Campus<br />
Efeuweg 2021, EZ 13)<br />
Zur Märchenauswahl<br />
Bir varmisch bir yokmusch (türkisch),<br />
Schili byli (russisch), once upon a time<br />
(englisch), Mukashi Mukashi ( japanisch),<br />
Era uma vez (portugiesisch)<br />
… – Es war einmal – so beginnen die<br />
Märchen überall auf der Welt. Und der<br />
Anteil von Kindern, die andere Herkunftssprachen<br />
als die deutsche Sprache<br />
mitbringen, liegt in den Klassen und<br />
Gruppen bei meist 70 bis 80 Prozent. So<br />
orientieren sich die Erzähler*innen in<br />
der Auswahl der Märchen an den unterschiedlichen<br />
Kulturkreisen, aus denen<br />
die Kinder und Schüler*innen kommen.<br />
Internationale Märchen und Mythen<br />
öffnen so auch den Zugang zu und die<br />
Neugier auf fremde Kulturen.<br />
In den ersten Erzähleinheiten stehen<br />
Ketten- und Tiermärchen aus aller Welt<br />
im Mittelpunkt und bahnen in kürzeren<br />
Erzählsequenzen den Weg ins lustvolle<br />
Zuhören. Wiederkehrende Motive<br />
und Märchenmuster werden in aller<br />
Welt aufgespürt und geben einen Einblick<br />
in die Wandlungsfähigkeit und<br />
Vielfalt internationaler Märchen. Märchen<br />
mit (kindlichen) Held*innen, die<br />
gewitzt und mutig ihren Weg meistern<br />
und Schwierigkeiten überwinden, stärken<br />
das Vertrauen in die eigenen Kräfte.<br />
Komplexe Zaubermärchen mit einer<br />
Länge von 30 Minuten und mehr sind<br />
am Ende eines Schuljahres der krönende<br />
Abschluss für Erzähler*innen und konzentrierte<br />
Zuhörer*innen.<br />
… sehr abwechslungsreich, ein gutes<br />
Maß an leichter Überforderung, sprachlich<br />
und bei der Komplexität der Erzählung.<br />
Die Kinder sind stolz, wenn ein<br />
Märchen aus ihrem Land/Kulturkreis<br />
erzählt wird. (Gesundbrunnen GS,<br />
2020 EZ 12)<br />
Ich finde die Auswahl super. Von klassischen<br />
deutschen Märchen, die auch<br />
in Varianten erzählt werden, bis hin zu<br />
Geschichten und Märchen aus aller Welt<br />
ist alles dabei. Besonders gefällt mir,<br />
dass zu Beginn die Herkunftsländer/<br />
Bezüge der Kinder abgefragt werden<br />
und teilweise aufgegriffen werden. (Carl<br />
von Ossietzky GS 2021, EZ 13)<br />
Herausforderung Corona-<br />
Pandemie – alternative Formate<br />
Durch die Beschränkungen infolge der<br />
Covid-19-Pandemie musste Erzähl-<br />
Zeit auf Ersatz-Formate ausweichen:<br />
Hörstücke, Live-Videoformate oder<br />
vorab abgefilmtes Erzählen ohne Publikum,<br />
welches dann im Netz eingestellt<br />
wurde.<br />
„Die siebente Sonne darf scheinen“ – Präsentation der Klasse 2d der Märkischen<br />
Grundschule zur Eröffnung der ErzählZeit 14, erarbeitet mit der Erzählerin Sabine<br />
Steglich<br />
Joerg Farys // Die.PROJEKTOREN<br />
24 GS aktuell 158 • Mai 2022