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obacht Familienmagazin Juni/Juli 2022

Das Allgäuer Familienmagazin - diesmal mit Zukunft, Ausflugstipps in die Vergangenheit, Kultur und Veranstaltungen, Medientipps, Kino, Mitmachseite, Nachrichten, Terminkalender, Gewinnspiel!

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Zukunft<br />

Zukunft<br />

von Manuela Subba<br />

ZUKUNFT<br />

In welcher Welt werden unsere Kinder leben?<br />

Literacy rate, 1820<br />

Estimates correspond to the share of the population older than 14 years that is able to read and write.<br />

Krise über Krise, man kann sich gar nicht<br />

in Sicherheit bringen vor den ganzen<br />

schlechten Nachrichten, da sieht die<br />

Zukunft doch düster aus – stimmt das?<br />

Oder ist es eine subjektive Empfindung,<br />

die von zu viel Nachrichtenkonsum<br />

herrührt und daher, dass mehr Emotionen<br />

und weniger Fakten unser Denken<br />

steuern?<br />

Als Eltern bleibt es nicht aus, sich Gedanken<br />

um die Zukunft der eigenen Kinder zu<br />

machen. Wie so viele Generationen zuvor<br />

schon möchte auch die jetzige, dass es die<br />

Kinder einmal besser haben, wenigstens gut<br />

sollen sie es haben. Um jedoch beurteilen<br />

zu können, wie Gesellschaft und Umwelt<br />

sich tendenziell entwickeln, ist es nötig,<br />

sich eine größere Zeitspanne als das eigene<br />

Leben anzuschauen.<br />

Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist<br />

und Autor, hat zu diesem Thema aktuell<br />

einen interessanten Vortrag verfasst. In<br />

„Emils Welt“ beschreibt er, wie sein Enkel<br />

Emil, der im Januar 2020 geboren wurde,<br />

einmal leben könnte.<br />

<strong>obacht</strong> konnte von Ranga<br />

Yogeshwar in einem Telefongespräch<br />

dazu mehr erfahren:<br />

„Der Kern dahinter ist, dass wir in einer<br />

Welt leben, die immer schöner und besser<br />

wird. Auf den ersten Blick ist das vielleicht<br />

nicht intuitiv, weil mal das Gefühl hat, man<br />

sieht durch die Medien ganz viele Krisen.<br />

Aber da helfen manchmal Fakten. Es hilft,<br />

sich anzuschauen, was ist in den letzten<br />

hundert Jahren passiert ist, oder in den<br />

letzten zweihundert Jahren. Also gehen wir<br />

zurück ins Jahr 1820 und vergleichen das<br />

mit heute.<br />

Ein Gedankenbeispiel: Nehmen wir mal<br />

an, die Welt würde aus 100 Menschen<br />

bestehen. Im Jahr 1820 haben von den<br />

100 Menschen 84 in extremer Armut gelebt.<br />

16 ging es ein bisschen besser. Heute leben<br />

nicht 84 in extremer Armut, sondern nur<br />

noch 9. Dem Rest geht es sehr viel besser.<br />

Man sieht, wie die Armut im Laufe der Zeit<br />

extrem abgenommen hat.<br />

1820 konnten nur 12 von 100 Menschen<br />

lesen. Heute sind es 86 von 100. Literacy,<br />

die Lese- und Schreibkompetenz, ist nach<br />

oben gegangen. Oder die Demokratien:<br />

Die Zahl der Demokratien ist stetig gestiegen.<br />

1820 war fast überall Monarchie, da<br />

gab es 1 von 100, der in einer Demokratie<br />

lebte. Heute sind es 56. Oder wenn wir<br />

an Kindersterblichkeit denken. 1820 sind<br />

43 von 100 Kindern vor dem sechsten<br />

Geburtstag gestorben. Fast die Hälfte.<br />

Heute überleben die ersten fünf Jahre 96<br />

von 100 Kindern. Auch bei der Schulausbildung<br />

geht der Trend weiter nach oben.<br />

1820 waren 83 von 100 Kindern nicht in<br />

der Schule. Heute sind 86 von 100 in der<br />

Schule.<br />

Das sind globale Zahlen, nicht nur aus<br />

Deutschland. Die Welt wird besser. Das ist<br />

die Kernbotschaft. Wir haben oft das Gefühl,<br />

um Gottes Willen, alles wird schlimmer.<br />

Das Gegenteil ist der Fall. Das Gefühl<br />

täuscht einen.<br />

Ein Auf und Ab gibt es immer wieder. Wir<br />

sind wahrscheinlich die erste Generation<br />

in Europa, die über so einen langen Zeitraum<br />

keinen Krieg erlebt hat. Wenn man<br />

sich das anschaut in der gesamten historischen<br />

Skala, dann war Krieg Alltag,<br />

während Generationen. Wir haben ein unverschämtes<br />

Glück. Trotz dem Krieg in der<br />

Ukraine, alles in Allem. Die Zahl der<br />

Kriegstage ist zurückgegangen. Das ist uns<br />

nur nicht bewusst. Wir vergleichen einen<br />

absolut optimalen Zustand mit dem<br />

Zustand jetzt.<br />

Die Botschaft ist: Es ist immer eine ruckelige<br />

Reise hin zu einer besseren Welt. Das dauert,<br />

und man muss durch das eine oder andere<br />

Tal gehen. Das gilt nicht nur hier für uns<br />

auf der Insel des Wohlstands, sondern das<br />

gilt für die ganze Weltbevölkerung.<br />

Wir haben, und das ist wichtig, Herausforderungen<br />

- wir und die nächste Generation.<br />

Wir müssen etwas tun. Nachhaltigkeit im<br />

breiten Sinne: Klima, Ressourcen, soziale<br />

Umstände. Da muss es unser Bestreben<br />

sein, dass die Welt immer fairer und ausgewogener<br />

wird. Da muss man sagen, hier<br />

könnten wir auch noch viel mehr machen<br />

als wir gerade tun. Aber mit der Zeit bleibe<br />

ich zuversichtlich, dass uns das gelingt.<br />

Als ich ein junger Mann war, da stank der<br />

Rhein nach Chemie uns sonst noch was.<br />

Ich kann mich gut daran erinnern, als<br />

gesagt wurde, das muss man säubern.<br />

Dann ist Klaus Töpfer von der CDU mit<br />

dem Anzug in den Rhein gesprungen, um<br />

zu zeigen, dass das Wasser jetzt ok ist.<br />

Ähnlich war es mit der Luft. Gehen Sie mal<br />

in Gedanken 50 Jahre zurück im Ruhrgebiet.<br />

Da war die Luft unglaublich dreckig, voll<br />

Schwefel. Da muss man sagen, einiges hat<br />

sich schon verändert. Da ist schon einiges<br />

passiert, aber wir sind natürlich nicht am<br />

Optimum. Wir müssen weitermachen. Es<br />

gibt noch viele Dinge, wo wir heute fast<br />

No data 0% 20% 40% 60% 80% 95% 100%<br />

Source: WDI, CIA World Factbook, & other sources<br />

OurWorldInData.org/literacy • CC BY<br />

Note: Specific definitions and measurement methodologies vary across countries and time. See the 'Sources'-tab for more details.<br />

Literacy rate, 2015<br />

Estimates correspond to the share of the population older than 14 years that is able to read and write.<br />

No data 0% 20% 40% 60% 80% 95% 100%<br />

Source: WDI, CIA World Factbook, & other sources<br />

OurWorldInData.org/literacy • CC BY<br />

Note: Specific definitions and measurement methodologies vary across countries and time. See the 'Sources'-tab for more details.<br />

Ranga Yogeshwar<br />

wurde 1959 in Luxemburg als Sohn<br />

eines indischen Ingenieurs und einer<br />

luxemburgischen Künstlerin geboren.<br />

Seine frühe Kindheit verbrachte er<br />

überwiegend in Indien. Nach dem<br />

Abitur in Luxemburg studierte er Experimentelle<br />

Elementarteilchenphysik<br />

und Astrophysik und arbeitete am<br />

Schweizer Institut für Nuklearforschung<br />

(SIN), am CERN in Genf und am<br />

Forschungszentrum Jülich.<br />

Ranga Yogeshwar begann seine journalistische<br />

Laufbahn 1983. Seit 2008<br />

arbeitet Ranga Yogeshwar als unabhängiger<br />

Journalist und Autor. Er zählt zu<br />

den führenden Wissenschaftsjournalisten<br />

Deutschlands und entwickelte und<br />

moderierte zahlreiche TV-Sendungen<br />

u.a. „Kopfball“ (ARD), „Quarks&Co“<br />

(WDR) und „Die große Show der<br />

Naturwunder“ (ARD). Yogeshwar<br />

schreibt regelmäßig Beiträge in den<br />

führenden Zeitungen und ist gern<br />

gesehener Experte in zahlreichen<br />

Talkshows.<br />

Yogeshwar erhielt über 60 Fachpreise<br />

und wurde vielfach ausgezeichnet, so<br />

etwa mit der Ehrendoktorwürde der<br />

Universität Wuppertal, dem Bundesverdienstkreuz<br />

der BRD, dem Verdienstorden<br />

des Landes NRW und dem<br />

Ordre de Mérite du Grand-Duché de<br />

Luxembourg.<br />

Ranga Yogeshwar ist Vater von vier<br />

Kindern, Großvater von drei Enkelkindern<br />

und lebt mit seiner Familie in der<br />

Nähe von Köln.<br />

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