Virtual Characters.indd - Yu-Chung Chen
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einzelnen Aufnahmen bereits beeinträchtigt ist. Die Interpretation einer Dar-<br />
bietung ist bei der Animation nicht nur unterbrochen, sondern auch isoliert<br />
und verstreut. Wo bei der traditionellen Filmaufnahme jede Szene immerhin<br />
noch das Ergebnis eines dynamischen Moments ist, geht die Spontaneität einer<br />
Echtzeit-Gruppeninteraktion bei der Animation verloren.<br />
Im Falle von Davy Jones und Gollum ist die überzeugende Darbietung also<br />
maßgeblich den jeweiligen Schauspielern zu verdanken – daher soll die Nen-<br />
nung des Gollum-Darstellers Andy Serkis an dieser Stelle nachgeholt werden<br />
–, die eine inspirierende, wegweisende und nicht zuletzt auch kontrollierende<br />
Vorlage darstellen. Hier wird auch deutlich, dass die Schauspielerei nicht ein-<br />
fach durch die neue Technologie, Menschen computergrafisch zu animieren,<br />
gefährdet wird. 53<br />
Ein weiterer Aspekt ist, dass Animationen schichtweise entstehen, dabei<br />
mehrfach rezensiert und überarbeitet werden – durchaus auch im Sinne von<br />
übermäßig bearbeitet. Für die stilisierte Darstellung hilft diese Vorgehenswei-<br />
se zwar, die Idee oder Emotion eines jeweiligen Moments möglichst ausdrucks-<br />
stark herauszuarbeiten. Das subtile „Rauschen“ in einer naturalistischen Bewe-<br />
gung, das vielleicht nicht unbedingt die aktuelle Emotion und Botschaft opti-<br />
miert und zielgerichtet ausdrückt, aber ein wichtiger Faktor für die unbewusste<br />
Wahrnehmung der Natürlichkeit ist, wird dabei wortwörtlich glatt poliert und<br />
eliminiert.<br />
Dass Imperfektionen für die Natürlichkeit und gerade Menschlichkeit nötig<br />
sind, das scheint bei der Modellierung und Texturierung schon allgemein an-<br />
erkannt zu sein. Für naturalistische Animationen für realistische Menschen<br />
besteht also offenbar noch Nachholbedarf.<br />
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