TRENDYone | Das Magazin – Augsburg – Juli 2022
Katja Mayer im exklusiven After-Firmenlauf Interview |Kinderfahrradanhänger: Welcher Zweisitzer überzeugt im Test? | Kanuslalom-WM 2022
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GEMEINSCHAFT BLEIBEN ODER AUSTRETEN?<br />
Pro / Contra M25<br />
EINEN KIRCHENAUSTRITT<br />
Die Kirche ist ein Reizthema. Sie wird von inner- und außerkirchlichen Autoren sehr<br />
unterschiedlich bewertet. Während Bistümer die Steuer lieber als eine Finanzierung<br />
der Ausgaben der Gemeinschaft ansehen, bemängeln Kritiker ihren Zwangscharakter<br />
und die mit ihr verbundene fehlende Trennung von Staat und Kirche. Michaela Wuggazer<br />
erläutert uns ihre Argumente gegen einen Kirchenaustritt.<br />
Wie stehen Sie zu einem Kirchenaustritt?<br />
Mit meiner Taufe wurde ich Teil dieser Kirche. Ich bin mit unzähligen anderen Getauften<br />
diese katholische Kirche. Wir sind Kirche. Und so wie ich vor einer Krebsdiagnose<br />
nicht weglaufen werde, so werde ich Teil dieser Kirche bleiben und alles tun, was einer<br />
Gesundung dient.<br />
Was bewegt Ihrer Meinung nach Menschen zu einem Austritt?<br />
Vielen ist die Kirche fremd geworden. Sie sehen „Kirche“ als ein Gegenüber, mit dem<br />
sie nichts mehr anfangen können, von dessen Verhalten sie sich distanzieren. Einige<br />
möchten Kirchensteuer sparen. Andere sind als Teil dieser Kirche verletzt worden.<br />
Sie erleben sich als ausgegrenzt und ohne Hilfe. Sie halten die Diskrepanz zwischen<br />
dem, was gelehrt und dem, was gelebt wird, nicht mehr aus. Liebe, Annahme, Vergebung,<br />
Großzügigkeit und Gerechtigkeit werden zu wenig erfahren. Wandlung ist in<br />
der Katholischen Kirche ein zentrales Geschehen und dennoch wandelt sich zu wenig<br />
zu langsam. Entmutigt von der Trägheit dieses Wandlungsprozesses verlassen auch<br />
engagierte Christen die katholische Kirche, um sich in einer anderen Kirche für die<br />
christliche Botschaft einzusetzen.<br />
Ist es für Sie noch zeitgemäß, für seinen Glauben zu bezahlen, während andere<br />
Glaubensrichtungen dies nicht tun?<br />
Niemand bezahlt für Glauben! Glauben ist Geschenk Gottes. Für die Aufgaben einer<br />
Gemeinschaft müssen nicht nur Zeit und Fähigkeiten, sondern auch Geld bereitgestellt<br />
werden. <strong>Das</strong> wird unterschiedlich organisiert. Steuer ist eine Möglichkeit, für<br />
eine gerechte Verteilung der Lasten zu sorgen: Reiche zahlen viel, Arme nichts, die<br />
dazwischen ihren Einnahmen entsprechend. Man kann darüber streiten, wer diese<br />
Einnahmen verteilt. In der Schweiz bestimmen Gemeindegremien vor Ort über die<br />
Verteilung der Finanzen. Eine interessante Variante. Natürlich kann man den Finanzbedarf<br />
einer Kirche auch rein über freiwillige Abgaben der Einzelnen organisieren, wie<br />
es außerhalb von Deutschland, Österreich und der Schweiz für die Kirche(n) gilt. <strong>Das</strong><br />
führt zu einem intensiveren Kontakt, aber auch zur Dominanz der Reichen und teilweise<br />
zum Druck auf Normalverdienende. Steuer ist demokratischer, finde ich. Und<br />
sie ermöglicht auch Geringverdienenden, sich als gleichwertig und nicht als Almosenempfänger<br />
zu fühlen.<br />
Wie beurteilen Sie die Konsequenzen, die nach einem Austritt erfolgen?<br />
Für viele ist der Ausschluss von Diensten und Sakramenten nichts, das sie vermissen.<br />
Manche kommen wieder zurück, wenn sie von Freunden als Patin, als Pate angefragt<br />
sind. <strong>Das</strong> ist eine neue Chance. Andere werden nachdenklich, wenn sie selbst Kinder<br />
bekommen. <strong>Das</strong>s die Trennung von der katholischen Kirche auch im Tod respektiert<br />
wird, erschreckt manche, die nicht auf eine katholische Beerdigung verzichten möchten.<br />
Eine Rückkehr ist immer möglich. Ein Gespräch vor einem Austritt auch. Für die<br />
Engagierten, die bleiben, sind die Konsequenzen am bittersten. Weniger Kräfte, die<br />
sich einsetzen für eine lebendige, weltoffene Kirche zum Wohl aller.<br />
Name: Michaela Wuggazer<br />
Beruf: Pastoralreferentin (Diözese <strong>Augsburg</strong>)<br />
Bildquelle: Pressestelle Bistum <strong>Augsburg</strong><br />
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