Magazin Next 09 2022 142
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<strong>09</strong>‘22 Gesundheit<br />
DAS MAGAZIN FÜR DIE REGION<br />
„Ich will das nicht mehr!“<br />
Emotionales Essverhalten überwinden<br />
Während der Begleitung wenden<br />
sich meine Klienten immer wieder<br />
mit folgenden Impulsen und<br />
Fragen an mich: „Franziska, ich<br />
will das nicht mehr. Ich will diese<br />
Gefühle nicht mehr spüren. Dann<br />
empfinde ich doch immer den<br />
Drang, zu essen!!! Das genau will<br />
ich doch nicht mehr!<br />
Du sagst immer, geh in das Gefühl<br />
rein. Lass es da sein, lass es sich<br />
ausbreiten. Es ist so schmerzhaft,<br />
ich halte es kaum aus. Und trotzdem<br />
soll ich im Gefühl bleiben?<br />
Wie soll ich das tun?“<br />
Ja, ich verstehe dich und vor allem<br />
fühle ich dich. Ich weiß, es ist ganz<br />
schön anstrengend. Du möchtest<br />
alles dafür tun, diese Gefühle nicht<br />
zu spüren. Du kämpfst regelrecht<br />
dagegen an. Du lenkst dich ab,<br />
wahrscheinlich auch mit Essen. Und<br />
genau das, diese Ablenkung, das<br />
Ankämpfen lässt dich in diesen alten<br />
Gefühlen stecken. Du kannst sie<br />
nicht loslassen, wenn du sie nicht<br />
annimmst.<br />
Auf den ersten Blick scheint dieser<br />
Prozess vielleicht unlogisch und<br />
passt so gar nicht mit deinem bisherigen<br />
Handeln und Verhalten<br />
zusammen? Ich kann dich zu 100%<br />
verstehen. Wirklich! Und ich habe<br />
es jahrelang genauso gemacht.<br />
Gegen mich, gegen meine Gefühle<br />
gearbeitet. Und das hat mich immer<br />
weniger lebendiger fühlen lassen,<br />
ich war so unfrei. Damals war der<br />
Zustand für mich normal. Heute<br />
kenne ich die andere Seite und es<br />
ist unglaublich schön, mich frei zu<br />
fühlen.<br />
Wo kommen diese Gefühle, die wir<br />
nicht spüren wollen, denn überhaupt<br />
her? Oft resultieren Sie aus<br />
alten, nicht verarbeiteten Traumata.<br />
Ich spreche bewusst nicht von Erfahrungen.<br />
Bei dem Wort „Trauma“<br />
denken wir immer an die schlimmsten<br />
Ereignisse, die uns passieren<br />
können: Gewalt, ein schwerer Unfall,<br />
Kriegserlebnisse. Dabei ist es so viel<br />
mehr. Ein Trauma ist eine psychische<br />
Ausnahmesituation und die wird<br />
durch überwältigende Ereignisse<br />
ausgelöst. Das Ereignis stellt eine<br />
bedrohende Situation für uns dar, es<br />
geht ums Überleben, physisch UND<br />
psychisch. Und wie belastend oder<br />
bedrohend eine Situation ist, das<br />
entscheidet jeder von uns selbst.<br />
Nur weil ich etliche Male vom Pferd<br />
gefallen und ohne Angst immer<br />
wieder aufgestiegen bin, heißt es<br />
nicht, dass du das genauso tun<br />
musst und keine Angst haben<br />
darfst. Im Gegenteil. Es ist so wichtig,<br />
dass du die aufkommenden<br />
Gefühle wahrnimmst, ihnen Aufmerksamkeit<br />
schenkst und sie nicht<br />
wegdrückst.<br />
Gefühle müssen anerkannt, respektiert<br />
und wahrgenommen werden.<br />
Tun wir dies nicht und funktionieren<br />
einfach weiter, speichert der Körper<br />
sie ab. Er saugt sie auf wie ein<br />
Schwamm und wenn wir in eine<br />
ähnliche Situation geraten, sendet<br />
unser Körper sie direkt an unser Gehirn.<br />
Als Schutzmaßnahme, dass wir<br />
nicht wieder die gleiche Erfahrung<br />
machen. In der Regel drücken wir<br />
sie wieder weg. Wie ein Kaugummi,<br />
auf das wir treten, haften die Gefühle<br />
an uns.<br />
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