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Friedemann Burkhardt | Simon Herrmann | Tobias Schuckert (Hrsg.): Stuttgarter Gottesdienst- und Gemeindestudie (Leseprobe)

Gesellschaftliche Pluralisierung und Internationalisierung verändern die Kirchenlandschaft – auch in Deutschland. Zu diesem Wandel bietet die LIMRIS-Studie für die Metropolregion Stuttgart (Bevölkerung: 2,7 Millionen) eine neue, bislang einzigartige Faktenlage. Ihre Brisanz resultiert daraus, dass Zahlen und Erkenntnisse ein signifikant anderes Bild von Kirche und Gottesdienst ergeben, wie es mitgliederbezogene Studien zeigen. Unterstützt durch 85 hochwertige Grafiken und Karten sowie umfangreiche Register macht die Studie Phänomene sichtbar, über die bislang kaum Kenntnisse vorliegen: Die Gesamtheit der Gemeinden in ökumenischer Perspektive und ihrer denominationellen Differenzierung, die Pluralität des Protestantismus, den Pietismus der Gegenwart, internationale Gemeinden und Migrationskirchenbildung unabhängiger Gemeinden sowie die Wirklichkeit des Gottesdienstes und seine Relevanz.

Gesellschaftliche Pluralisierung und Internationalisierung verändern die Kirchenlandschaft – auch in Deutschland. Zu diesem Wandel bietet die LIMRIS-Studie für die Metropolregion Stuttgart (Bevölkerung: 2,7 Millionen) eine neue, bislang einzigartige Faktenlage. Ihre Brisanz resultiert daraus, dass Zahlen und Erkenntnisse ein signifikant anderes Bild von Kirche und Gottesdienst ergeben, wie es mitgliederbezogene Studien zeigen. Unterstützt durch 85 hochwertige Grafiken und Karten sowie umfangreiche Register macht die Studie Phänomene sichtbar, über die bislang kaum Kenntnisse vorliegen: Die Gesamtheit der Gemeinden in ökumenischer Perspektive und ihrer denominationellen Differenzierung, die Pluralität des Protestantismus, den Pietismus der Gegenwart, internationale Gemeinden und Migrationskirchenbildung unabhängiger Gemeinden sowie die Wirklichkeit des Gottesdienstes und seine Relevanz.

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Gr<strong>und</strong>begriffe, Forschungsstand, theoretische F<strong>und</strong>ierung<br />

37<br />

aufzeigen kann <strong>und</strong> darüber hinaus auch manches unerwartetes Ereignis festgehalten<br />

hat.<br />

Im Fokus der <strong>Stuttgarter</strong> <strong>Gottesdienst</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gemeindestudie</strong> stehen christliche<br />

Gemeinden, Kirchen <strong>und</strong> Gemeinschaften, die einen der beiden Hauptgegenstände<br />

der Untersuchung bilden. Da diese Begriffe sowohl umgangssprachlich<br />

als auch in den verschiedenen christlichen Traditionen <strong>und</strong> theologischen sowie<br />

religionswissenschaftlichen Diskursen unterschiedlich verstanden werden,<br />

sollen ihre Bedeutung <strong>und</strong> ihr Verständnis im Folgenden erläutert werden.<br />

1. Die Gemeinde gilt als die gr<strong>und</strong>legende Sozialgestalt christlichen Glaubens<br />

im Sinn der communio sanctorum, die die Gemeinschaft mit Gott <strong>und</strong> mit<br />

Menschen ermöglicht. 9 Bis Mitte des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts galt die parochiale<br />

bzw. lokale Ortsgemeinde als die gr<strong>und</strong>legende Form von Gemeinde, unabhängig<br />

davon, ob es sich um eine landes- bzw. staatskirchliche oder eine freikirchliche<br />

Gemeinde handelte. Seit den Debatten um den missionarischen Gemeindeaufbau<br />

in den 1980er Jahren wird das Verständnis von Gemeinde kontrovers<br />

diskutiert <strong>und</strong> es entstanden neue Formen von Gemeinde. 10 In der Gegenwart<br />

existiert eine Vielfalt von Gemeindeformen 11 in einem Miteinander von Ortsgemeinden<br />

12 eher parochialer Prägung einerseits <strong>und</strong> Funktionsgemeinden<br />

alternativer Gestalt andererseits. Diese Funktionsgemeinden reagieren mit ihrem<br />

spezifischen Profil auf lebensweltliche, soziale, zeitliche oder spirituelle<br />

Bedürfnisse von Menschen in ihrer Umgebung <strong>und</strong> sind meist stark von ihrer<br />

Zielgruppe bestimmt. Ungeachtet der Unterschiede lassen sich gemeinsame<br />

theologische Überzeugungen identifizieren. 13 In theologischer Perspektive steht<br />

die Gemeinde für die gr<strong>und</strong>legende christliche Gemeinschaft, in der sich Gläubige<br />

im Sinn des neutestamentlichen Gemeinschaftsverständnisses zu einer<br />

Lebens-, Lern- <strong>und</strong> Dienstgemeinschaft verbinden. 14 Danach ist eine Gemeinde<br />

durch eine basale Kernidentität in der Beziehung zu Christus gekennzeichnet, 15<br />

9<br />

Vgl. Hauschildt/Pohl-Patalong, Kirche, 271–275; Karle, Praktische Theologie,<br />

117f.<br />

10<br />

Vgl. Kunz/Pohl-Patalong, Aufbruch zu einem neuen Verständnis von Gemeinde, 28.<br />

11<br />

Vgl. Bubmann et al., Gemeinde auf Zeit; Hauschildt/Pohl-Patalong, Kirche, 290–<br />

305; Pohl-Patalong, Kirche bei neuen Gelegenheiten.<br />

12<br />

Zur Bedeutung der traditionellen Ortsgemeinden s. Hauschildt/Pohl-Patalong,<br />

Kirche, 285–290; Karle, Praktische Theologie, 117–126.<br />

13<br />

So z. B. Ralph Kunz <strong>und</strong> Uta Pohl-Patalong im Blick auf neue Formen von Gemeinde,<br />

Dies., Aufbruch, 29.<br />

14<br />

Vgl. Frey, Neutestamentliche Perspektiven, 36f.; Luz, Ortsgemeinde <strong>und</strong> Gemeinschaft<br />

im Neuen Testament, 406.<br />

15<br />

Eine theologische Bestimmung von Gemeinde, die für die zunehmende Internationalisierung<br />

der deutschen Kirchen landschaft offen sein will, kann weder bei kultischen<br />

noch bei ethischen, kulturellen oder institutionellen Merkmalen einsetzen. Vielmehr<br />

muss sie »in der gemeinsamen <strong>und</strong> ursprünglichen Bezogenheit auf Jesus Christus, die<br />

sich in zahlreichen Gestalten geschichtlich realisiert«, ihren Ausgangspunkt sehen, Lienemann,<br />

Die Christenheit in der Weltgesellschaft, 385f. So auch Eberhard Hauschildt,<br />

Ralph Kunz <strong>und</strong> Uta Pohl-Patalong in ihren Bestimmungen theologischer Kriterien <strong>und</strong>

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