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E-PAPER LESEN:


moneyeditorial<br />

EDITORIAL<br />

Eigentore in der<br />

ersten Liga<br />

GEORG MECK<br />

Chefredakteur<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />

nicht jeder Geburtstag wird mit gleicher Hingabe gefeiert. Das Jubiläum zur<br />

Erweiterung des Dax von 30 auf 40 Mitglieder zum Beispiel hat keine rauschende<br />

Sause verdient, dazu reicht die Leistung der zehn Aufsteiger nicht.<br />

Am 20.September sind sie nun ein Jahr in der ersten deutschen Börsenliga dabei,<br />

gewonnen haben ihre Aktionäre nichts. Im Gegenteil: Die neue Truppe<br />

hat sich schlechter geschlagen als die 30 Altvorderen. Wer sich gar HelloFresh<br />

oder Zalando ins Netz gelegt hat, hat ein komplettes Eigentor geschossen;<br />

etwa drei Viertel Wertverlust stehen für die Teams zu Buche. „Gurkentruppe“,<br />

schimpft der Fußballfan nach solcher Schmach. Die rühmliche Ausnahme<br />

ist der Diagnostikkonzern Qiagen, der seinen Wert in etwa gehalten hat.<br />

Auch Symrise, Airbus sowie die Porsche-Holding können sich mit überschaubaren<br />

Rücksetzern angesichts des miesen Umfelds sehen lassen. Ansonsten<br />

überwiegen die Enttäuschungen.<br />

Nun mag es sich ungerecht anfühlen, in Zeiten, in denen die Börsen weltweit<br />

nach unten rauschen, einen Strich unter die Performance der Aufsteiger<br />

zu ziehen. Schließlich hat auch der Dax als Ganzes verloren, jedoch weniger<br />

als die Neulinge. Damit bestätigt sich eine Regel, auf die Profis schon länger<br />

hinweisen: Dem Aufstiegsjubel der Akteure auf dem Platz folgt häufig der<br />

Frust der Investoren auf den Rängen. Im Schnitt liegen die Aufsteiger nach<br />

zwölf Monaten 13 Prozent hinter dem Dax, das haben die Vermögensverwalter<br />

von HQ Trust ermittelt, die sich dazu alle Indexänderungen von 1994 bis<br />

<strong>2022</strong> angeschaut haben. Merke: Frischlinge in der ersten Liga sind am ehesten<br />

vor dem Aufstieg einen Kauf wert. In diesem Zeitraum, kurz vor dem<br />

Sprung, entwickeln sich ihre Kurse in der Regel besser als der Markt. Ist der<br />

Aufstieg erst einmal geschafft, ernten die Konzerne Ruhm und Ehre, Marke<br />

wie Manager werden für die Öffentlichkeit sichtbarer. Der positive Effekt für<br />

Aktionäre aber ist dann schon verpufft. Und eines haben wir eh gelernt: Die<br />

Zugehörigkeit zur ersten Liga allein ist noch kein Qualitätsnachweis. Wirecard<br />

lässt grüßen.<br />

Herzlich<br />

Ihr<br />

Aus aktuellem Anlass!<br />

Lesen Sie <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Inflation steigt auf lange nicht mehr erreichte Werte, in<br />

Amerika wie in Europa. Bang blicken die Börsianer auf die<br />

Notenbanken: Kommt die Zinswende doch schneller als bereits<br />

erwartet? Wie geht es weiter mit den Aktienkursen, wenn die expansive<br />

Geldpolitik an ihre Grenzen stößt? Mein Tipp: Sie erfahren<br />

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ab 8.00 Uhr. Wenn Sie <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> nach Bezug wieder im Handel kaufen<br />

möchten: Ein Anruf genügt, und das Abo ist beendet.<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />

Foto: F. Röth<br />

Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />

*inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht<br />

3


moneyinhalt<br />

moneykompakt<br />

6 Week: Was wirklich dran ist an<br />

BMWs Wasserstoff-Strategie<br />

7 Hit & Shit: Wie sich Vizekanzler<br />

Robert Habeck selbst entzaubert<br />

8 Kolumne: Finanzcoach Marco<br />

Richter zu Buffetts Geburtstag<br />

9 Seismograf: Was Korea über die<br />

Weltwirtschaft verrät<br />

98 Andis Börsenbarometer: Warum<br />

ein Blick auf den Kurs-Dax hilft<br />

7. SEPTEMBER <strong>2022</strong> www.money.de<br />

10<br />

Hier spricht Sinn<br />

Deutschlands prominentester<br />

Wirtschaftswissenschaftler,<br />

Hans-Werner<br />

Sinn, über die ausufernde<br />

Inflation, das Dilemma<br />

der Notenbanken sowie<br />

Risiken in der Euro-Zone.<br />

Und: warum Deutschland<br />

Gefahr läuft abzusteigen.<br />

Ein Lese-Muss für<br />

Verbraucher, Arbeitnehmer<br />

und Anleger!<br />

moneytitel<br />

10 Star-Ökonom: Der ehemalige<br />

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn warnt,<br />

dass Deutschland massiv zurückfällt<br />

16 Zuflucht Schweiz: Wie auch<br />

Normal-Anleger von der Stärke<br />

der Eidgenossen profitieren<br />

20 Zuflucht USA: Diese Investments<br />

aus der wichtigsten Volkswirtschaft<br />

gehören in jedes Depot<br />

24 Energieschock-Konter: Diese<br />

klugen Finanzprodukte gleichen<br />

höhere Gas- und Spritpreise aus<br />

28 Kernkraft-Renaissance: Viele<br />

Länder setzen konsequent auf<br />

Atomstrom – diese AGs boomen<br />

31 Überhitzt: Millionen Menschen<br />

heizen mit Öl oder Gas. Die<br />

Auflage, die Kessel zu tauschen,<br />

wird für viele richtig teuer<br />

34 Spar dich reich: Mit diesen<br />

genialen Tipps für den Alltag<br />

bleibt Ihnen viel Geld übrig<br />

„Wir alle werden<br />

ärmer!“<br />

HANS-WERNER SINN, LANGJÄHRIGER<br />

CHEF DES IFO-INSTITUTS<br />

44<br />

Video ab!<br />

Suchen, streamen, profitieren:<br />

wie YouTube zur<br />

zweitwichtigsten Suchmaschine<br />

der Welt wurde<br />

und wie wichtig das Portal<br />

für die Wirtschaft ist.<br />

Und natürlich: Wie Anleger<br />

vom weltweiten Phänomen<br />

profitieren können<br />

36 Klartext: Der Vorsitzende der<br />

Ludwig-Erhard-Stiftung, Roland<br />

Koch, über deutsche Irrtümer beim<br />

Klimaschutz<br />

<strong>37</strong> Chartsignal: So sieht die Kurvenlage<br />

beim Rohstoffindex aus<br />

<strong>37</strong> Börsenwissen: Auf welche Arten<br />

sich die Inflation messen lässt<br />

moneymarkets<br />

38 Mächtige Markt-Akteure: Was<br />

alle Anleger von Staats- und<br />

Pensionsfonds lernen können<br />

4 Titelfoto: W. Stahr/laif<br />

Inhalt: ifo Institut, YouTube, 123RF, Shutterstock<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>


Dieser Text<br />

zeigt evtl. Probleme<br />

beim<br />

Victoria Lergenmüller,<br />

Text an<br />

vr.de/mitglied<br />

Weinhaus Lergenmüller GmbH,<br />

Mitglied seit 2020<br />

48<br />

Dicke Gewinne<br />

Ausgewählte Pharma-Unternehmen bieten Medikamente zur<br />

Behandlung und Linderung von Übergewicht – einem weltweit<br />

zunehmenden Problem. Hier steht, wie Anleger mitverdienen<br />

44 YouTube: Warum der Video-Streamingdienst<br />

immer wichtiger wird<br />

48 Fett weg: Neue Medikamente<br />

gegen Adipositas ermöglichen<br />

hohe Erträge – auch für Anleger<br />

51 Medialer Zweikampf: Fahren<br />

Anleger mit der Sendergruppe<br />

ProSieben oder mit RTL besser?<br />

58 Sportliche Renditen: Diese bieten<br />

risikoreduzierte Sprint-Zertifikate<br />

63 Musterdepots: So reagieren die<br />

Profis auf die steigende Zinsangst<br />

moneydigital<br />

54 Social Trends: Das Klima retten<br />

und gleichzeitig prächtig verdienen<br />

55 Analyse: Wie es beim niederländischen<br />

Chip-Zulieferer ASML steht<br />

dswanlegerschutz<br />

42 Mitgliederversammlung: Hier<br />

das Anmeldeformular für<br />

das jährliche Treffen der DSW<br />

moneydebatte<br />

64 Russland: Über die wirkungsvollsten<br />

Sanktionen spricht laut dem britischen<br />

„Economist“ kaum jemand<br />

70 Peking ohne Ausweg: Der<br />

„Economist“ analysiert, dass Covid<br />

nur eines der Probleme Chinas ist<br />

moneyservice<br />

72 Bestens behandelt: Die<br />

Top-Tarife für die stationären<br />

Zusatzversicherungen<br />

76 Privathaftpflicht in Fair: Die<br />

besten Anbieter dieser Policen<br />

moneyanalyse<br />

81 Fonds<br />

82 Deutsche Aktien<br />

90 Internationale Aktien<br />

96 ETFs<br />

97 Zertifikate<br />

moneyrubriken<br />

3 Editorial<br />

80 Leserbriefe – Impressum<br />

98 Termine<br />

38<br />

Wale der Weltbörsen<br />

Die ganz großen Markt-Riesen<br />

wie Staats- oder Pensionsfonds<br />

geben die Trends vor –<br />

so profitieren Sie davon!<br />

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gehört mir,<br />

weil mir Werte<br />

nicht nur in Euro<br />

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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>


moneytitel<br />

10<br />

Foto: R. Vinogradova/Ifo Institut <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>


INTERVIEW<br />

HANS-WERNER<br />

SINN, 74<br />

WIR ALLE<br />

WERDEN<br />

ÄRMER“<br />

Star-Ökonom Hans-Werner Sinn, Ex-Präsident des Ifo-Instituts,<br />

warnt seit Jahren vor der Inflation. Jetzt ist sie da – und unser<br />

Wohlstand in Gefahr. Ein Gespräch über Fehler der EZB, Irrtümer<br />

der Klimapolitik und die Schuldigen für den Abstieg Deutschlands.<br />

Vita<br />

Hans-Werner Sinn<br />

Deutschlands berühmtester<br />

Ökonom wurde 1948 in<br />

Brake/Westfalen geboren,<br />

von 1999 bis 2016 war er<br />

Präsident des Ifo-Instituts in<br />

München.<br />

Neben Forschung und Lehre<br />

stürzte sich der Wissenschaftler<br />

seit jeher mit Verve in die<br />

wirtschaftspolitische Debatte<br />

und veröffentlichte diverse<br />

Bestseller.<br />

Sein Buch „Die Basar-Ökonomie“<br />

(2005) thematisierte früh<br />

die Lebenslügen des Exportweltmeisters<br />

Deutschland, im<br />

„grünen Paradoxon“ forderte<br />

Sinn schon 2008 eine<br />

illusionsfreie Klimapolitik.<br />

von GEORG MECK<br />

Herr Professor Sinn, Krieg, Inflation, schwacher Euro – ist unser<br />

Wohlstand in Gefahr? Wie alarmiert müssen wir sein?<br />

Hans-Werner Sinn: Ziemlich. Denn während die Euro-Krise<br />

eine Wettbewerbskrise für die südeuropäischen Staaten war,<br />

bei der Deutschland ganz gut herauskam, ist dies jetzt eine<br />

Krise, die das Geschäftsmodell der Bundesrepublik Deutschland<br />

massiv infrage stellt und die zugleich an gesellschaftliche<br />

Verwerfungen der Vergangenheit erinnert, die durch Inflation<br />

hervorgerufen wurden.<br />

Die Hyperinflation von 1923 geht dem 100. Jubiläum entgegen.<br />

Steht uns ähnlich Bedrohliches bevor?<br />

Sinn: Nein, davon kann nicht die Rede sein, so schlimm ist<br />

es nicht. Aber es gilt natürlich der Grundsatz: Wehret den Anfängen!<br />

Jede Inflation fängt mal klein an, wenn man sie nicht<br />

bekämpft.<br />

Die EZB hat die Geldentwertung lange geleugnet, beim Noten banker-<br />

Treffen Ende August in Jackson Hole klang Direktorin Isabel Schnabel<br />

erstmals so, als hätte sie den Ernst der Lage erkannt.<br />

Sinn: Ja, Frau Schnabel hat eine Kehrtwende gemacht, nachdem<br />

sie die Inflationsgefahren lange Zeit massiv heruntergespielt<br />

hatte. Noch im November letzten Jahres hat die EZB-Führung<br />

von einem bloßen Inflationssockel geredet.<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />

11


moneytitel<br />

SCHWEIZ: Geld unter die<br />

Arme und ab über die Berge<br />

SCHWEIZ<br />

Geldentwertung? Nein danke!<br />

Der Euro schmilzt, die Inflation grassiert, die Kaufkraft sinkt! Dagegen lässt sich ankommen:<br />

Wie sich Anleger das Erstarken des Schweizer Franken zunutze machen und ihr Geld retten<br />

von MARC BÄCHLE<br />

Die Welt ist im Krisenmodus! In Osteuropa und im Pazifik<br />

lassen die Atommächte Russland und China mehr<br />

oder minder erfolgreich die Muskeln spielen. Nicht<br />

umsonst steigt deshalb in Deutschland und anderswo wieder<br />

das Interesse für (öffentliche) Bunker. Während es hierzulande<br />

jedoch an den Betonungeheuern mangelt und im Notfall<br />

wohl nur ein Bruchteil der Bevölkerung einen Platz in einem<br />

der Schutzräume bekäme, stellt sich die Sache in der Schweiz<br />

gänzlich anders dar. Dort gibt es für die rund neun Millionen<br />

Eidgenossen etwa 360 000 private und 2300 öffentliche<br />

Schutzräume und damit mehr Platz, als benötigt würde.<br />

Doch nicht nur die Bunkeranlagen stehen für den Sicherheitsaspekt<br />

der Schweiz. Auch bei konservativen Investments<br />

und als Anlaufstelle, um sein Geld zu schützen, gilt das Land<br />

als ein Safe Haven, ein sogenannter sicherer Hafen. Die Grün-<br />

de dafür sind überzeugend: So sind in der Alpenrepublik zahlreiche<br />

Unternehmen beheimatet, die Weltruf genießen und<br />

über solide Geschäftsmodelle und finanzstarke Backgrounds<br />

verfügen. Außerdem ist dort ein volkswirtschaftliches und politisches<br />

Fundament verankert, das sich über die Jahrzehnte<br />

und Jahrhunderte als äußerst sicher und verlässlich erwiesen<br />

hat. Und genau danach suchen viele Anleger, wenn in Zeiten<br />

geopolitischer Spannungen, drohender Rezessionen und globaler<br />

wirtschaftlicher Verwerfungen große Unsicherheit<br />

herrscht. Die Frage lautet daher: Wie kann ich mein erspartes,<br />

hart erarbeitetes Kapital retten? Die ist dann umso drängender,<br />

wenn die Anleger aus der Euro-Zone kommen. Schließlich<br />

geht die Gemeinschaftswährung seit Monaten gegenüber<br />

verschiedenen Währungen auf Tauchstation – vor allem im<br />

direkten Rennen gegen den Schweizer Franken.<br />

16 Foto: Swiss-Image<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>


Der Franken trumpft auf<br />

Das Unterschreiten der Parität von Euro zum<br />

Franken deutete sich schon länger an. Doch seit<br />

Mai <strong>2022</strong> setzte eine Beschleunigung ein.<br />

Quelle: Bloomberg<br />

Die Währungszeitenwende. Der historische Wendepunkt<br />

war am 30. Juni <strong>2022</strong> erneut erreicht, als selbst die Parität<br />

flöten ging und der Franken den dahinschmelzenden<br />

Euro „überholte“. In der Geschichte des EUR/CHF-Verhältnisses<br />

gab es das bis dahin nur ein einziges Mal, als Anfang<br />

2015 die Schweizer Nationalbank (SNB) die „Frankenfreigabe“<br />

erteilte und den Mindestwechselkurs von 1,20 Franken<br />

für einen Euro auflöste. Damals schnellte der Franken nach<br />

oben und war kurzfristig mehr wert als ein Euro. Doch die<br />

SNB intervenierte und kaufte für Milliardensummen Euros,<br />

um die eigene Währung wieder zu schwächen und der exportorientierten<br />

Schweizer Wirtschaft nicht zu schaden.<br />

Dass die Notenbanker dem Höhenflug des Franken in der<br />

jetzigen Phase etwas entgegensetzen, ist dagegen auszuschließen.<br />

Vielmehr tolerieren sie das Erstarken aus zweierlei<br />

Gründen. Zum einen können die Unternehmen der rohstoffarmen<br />

Schweiz die stark gestiegenen Weltmarktpreise<br />

für Metalle, Öl und Gas (in Dollar) und Importgüter aus der<br />

Euro-Zone besser bedienen. Zum anderen wehren sich die<br />

Schweizer selbst gegen eine gestiegene Inflation. Denn: Die<br />

August-Werte von 3,5 Prozent stellten die höchsten Teuerungsraten<br />

seit 1993 dar. Deshalb wird die SNB voraussichtlich<br />

– wie bereits im Juni – nochmals zum Instrument eines<br />

steigenden Leitzinses greifen, was dem Franken weiteren Rückenwind<br />

verleihen dürfte. Allerdings befindet sich die dortige<br />

Inflation in einer erträglicheren Dimension als in Deutschland<br />

(August: 7,9 Prozent) oder in der Euro-Zone (9,1 Prozent),<br />

wo die Prognosen bereits zweistellige Werte erreichen.<br />

Euro-Abwärtsspirale intakt. Der Trend beim Währungspaar<br />

scheint sich also zu verstetigen. Mehr als ohnehin schon,<br />

schließlich hat der Franken seit mittlerweile über zwei Monate<br />

die Nase gegenüber dem Euro vorn. Das Umtauschverhältnis<br />

zum 31. August: 0,97 Franken für einen Euro. Dass die<br />

Zieht der Schweizer Franken davon?<br />

Der Niedergang des Euro gegenüber dem Franken lässt<br />

sich erklären: Die Schweizer Notenbank steuerte bei<br />

weniger Inflation früher dagegen und setzte den Leitzins<br />

rauf. Das zögerliche Handeln der EZB schwächt den Euro.<br />

Monat<br />

durchschnittlicher<br />

Wechselkurs<br />

EUR/CHF<br />

Inflation in %<br />

(zum Vorjahresmonat)<br />

Leitzinsen in %<br />

Euro-Zone Schweiz Euro-Zone Schweiz<br />

Januar 1,040 5,1 1,6 0,0 – 0,75<br />

Februar 1,046 5,9 2,2 0,0 – 0,75<br />

März 1,024 7,4 2,4 0,0 – 0,75<br />

April 1,021 7,4 2,5 0,0 – 0,75<br />

Mai 1,035 8,1 2,9 0,0 – 0,75<br />

Juni 1,024 8,6 3,4 0,0 – 0,25<br />

Juli 0,987 8,9 3,4 0,5 – 0,25<br />

August 0,969 9,1 3,5 0,5 –0,25<br />

... ... ... ... ... ...<br />

Prognose 2023 0,900 2) 4,5 1) 2,1 1) 1,5 1) 0,75 2)<br />

Quellen: EZB, Schweizer Nationalbank, ZEW, UBS;<br />

1)<br />

Gesamtjahr, 2) Zinsprognose zum Halbjahr 2023<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />

17


moneymarkets<br />

PILLEN, MASSBAND:<br />

Arzneimittel gegen<br />

Fettleibigkeit stammen<br />

allesamt aus der<br />

Diabetologie<br />

ADIPOSITAS<br />

Sein Fett wegbekommen<br />

Zwei Unternehmen stellen vielversprechende<br />

Medikamente im Kampf gegen Adipositas vor.<br />

Eines ist bereits in Europa erhältlich. Die Chancen<br />

von CHIARA HOLZHÄUSER<br />

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) litten im Jahr<br />

2020 weltweit 764 Millionen Menschen an Adipositas.<br />

Vier Jahre zuvor waren es noch knapp 100 Millionen<br />

Menschen weniger. Bis 2030 prognostiziert die WHO einen<br />

Anstieg auf über eine Milliarde Menschen. Als adipös bzw.<br />

fettleibig gilt man ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30.<br />

Trotz der hohen Zahl werden aktuell lediglich zwei Prozent<br />

der Betroffenen medizinisch behandelt. Dabei handelt es sich<br />

bei Fettleibigkeit um eine chronische Krankheit, die mit 13<br />

Krebsformen und Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck,<br />

Herzinfarkten und Schlaganfällen in Verbindung gebracht<br />

wird. Die indirekten Kosten, wie etwa Pflegekosten<br />

oder Therapiekosten für Begleiterkrankungen, werden allein<br />

in Deutschland auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt<br />

und belasten damit Gesundheits- und Sozialsysteme.<br />

Wenn eine Änderung im Lebensstil der Betroffenen nicht<br />

zum erwünschten Ergebnis führt, wird oft auf drastischere<br />

Maßnahmen zurückgegriffen. Wie das „Deutsche Ärzteblatt“<br />

schreibt, werden in Deutschland jährlich etwa 20 000 adipositaschirurgische<br />

Operationen durchgeführt. Eingriffe wie<br />

operative Magenverkleinerungen weisen zwar eine hohe<br />

Erfolgsquote auf, sind jedoch mit Risiken verbunden und<br />

ziehen lebenslange Kontrollen nach sich. Daher wird seit<br />

Langem nach medikamentösen Behandlungsmethoden gesucht.<br />

Der große Durchbruch blieb bisher aber aus.<br />

16 Prozent weniger Gewicht. Novo Nordisk hat jedoch vor<br />

Kurzem mit seinem neuen Medikament Wegovy in Studien<br />

Gewichtsreduktionen von über 16 Prozent nachweisen können.<br />

Das hoch dosierte Semaglutid wird mithilfe von Spritzen<br />

verabreicht und wurde bereits Anfang <strong>2022</strong> in Europa<br />

zugelassen. In geringeren Dosierungen findet Semaglutid<br />

bereits seit 2018 in der Diabetologie Anwendung und wird<br />

als sicher eingestuft. Seit Beginn des Jahres ist es auch zur<br />

Behandlung von Adipositas zugelassen. Bisher erfüllt<br />

Wegovy weitgehend die operativen Gewinnerwartungen, allerdings<br />

hat das Pharma-Unternehmen mit Produktionsproblemen<br />

zu kämpfen. So hatte ein Vertragshersteller die<br />

Belieferung mit Spritzen für die Wegovy-Pens wegen Qualitätsproblemen<br />

vorübergehend eingestellt. Aus diesem Grund<br />

fiel der Umsatz im ersten Halbjahr niedriger aus als erwartet,<br />

was zeitweise auch die Aktie zu spüren bekam.<br />

Weiteres Medikament in der Testphase. Doch Wegovy ist<br />

nicht die einzige Initiative zur Behandlung von Adipositas,<br />

die Novo Nordisk vorweisen kann. Erst kürzlich wurde die<br />

Phase-II-Studie des Medikaments CagriSema für Menschen<br />

48 Foto: Diana Polekhina/Unsplash<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>

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