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E-PAPER LESEN:
moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
Eigentore in der<br />
ersten Liga<br />
GEORG MECK<br />
Chefredakteur<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />
nicht jeder Geburtstag wird mit gleicher Hingabe gefeiert. Das Jubiläum zur<br />
Erweiterung des Dax von 30 auf 40 Mitglieder zum Beispiel hat keine rauschende<br />
Sause verdient, dazu reicht die Leistung der zehn Aufsteiger nicht.<br />
Am 20.September sind sie nun ein Jahr in der ersten deutschen Börsenliga dabei,<br />
gewonnen haben ihre Aktionäre nichts. Im Gegenteil: Die neue Truppe<br />
hat sich schlechter geschlagen als die 30 Altvorderen. Wer sich gar HelloFresh<br />
oder Zalando ins Netz gelegt hat, hat ein komplettes Eigentor geschossen;<br />
etwa drei Viertel Wertverlust stehen für die Teams zu Buche. „Gurkentruppe“,<br />
schimpft der Fußballfan nach solcher Schmach. Die rühmliche Ausnahme<br />
ist der Diagnostikkonzern Qiagen, der seinen Wert in etwa gehalten hat.<br />
Auch Symrise, Airbus sowie die Porsche-Holding können sich mit überschaubaren<br />
Rücksetzern angesichts des miesen Umfelds sehen lassen. Ansonsten<br />
überwiegen die Enttäuschungen.<br />
Nun mag es sich ungerecht anfühlen, in Zeiten, in denen die Börsen weltweit<br />
nach unten rauschen, einen Strich unter die Performance der Aufsteiger<br />
zu ziehen. Schließlich hat auch der Dax als Ganzes verloren, jedoch weniger<br />
als die Neulinge. Damit bestätigt sich eine Regel, auf die Profis schon länger<br />
hinweisen: Dem Aufstiegsjubel der Akteure auf dem Platz folgt häufig der<br />
Frust der Investoren auf den Rängen. Im Schnitt liegen die Aufsteiger nach<br />
zwölf Monaten 13 Prozent hinter dem Dax, das haben die Vermögensverwalter<br />
von HQ Trust ermittelt, die sich dazu alle Indexänderungen von 1994 bis<br />
<strong>2022</strong> angeschaut haben. Merke: Frischlinge in der ersten Liga sind am ehesten<br />
vor dem Aufstieg einen Kauf wert. In diesem Zeitraum, kurz vor dem<br />
Sprung, entwickeln sich ihre Kurse in der Regel besser als der Markt. Ist der<br />
Aufstieg erst einmal geschafft, ernten die Konzerne Ruhm und Ehre, Marke<br />
wie Manager werden für die Öffentlichkeit sichtbarer. Der positive Effekt für<br />
Aktionäre aber ist dann schon verpufft. Und eines haben wir eh gelernt: Die<br />
Zugehörigkeit zur ersten Liga allein ist noch kein Qualitätsnachweis. Wirecard<br />
lässt grüßen.<br />
Herzlich<br />
Ihr<br />
Aus aktuellem Anlass!<br />
Lesen Sie <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Inflation steigt auf lange nicht mehr erreichte Werte, in<br />
Amerika wie in Europa. Bang blicken die Börsianer auf die<br />
Notenbanken: Kommt die Zinswende doch schneller als bereits<br />
erwartet? Wie geht es weiter mit den Aktienkursen, wenn die expansive<br />
Geldpolitik an ihre Grenzen stößt? Mein Tipp: Sie erfahren<br />
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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />
Foto: F. Röth<br />
Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />
*inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht<br />
3
moneyinhalt<br />
moneykompakt<br />
6 Week: Was wirklich dran ist an<br />
BMWs Wasserstoff-Strategie<br />
7 Hit & Shit: Wie sich Vizekanzler<br />
Robert Habeck selbst entzaubert<br />
8 Kolumne: Finanzcoach Marco<br />
Richter zu Buffetts Geburtstag<br />
9 Seismograf: Was Korea über die<br />
Weltwirtschaft verrät<br />
98 Andis Börsenbarometer: Warum<br />
ein Blick auf den Kurs-Dax hilft<br />
7. SEPTEMBER <strong>2022</strong> www.money.de<br />
10<br />
Hier spricht Sinn<br />
Deutschlands prominentester<br />
Wirtschaftswissenschaftler,<br />
Hans-Werner<br />
Sinn, über die ausufernde<br />
Inflation, das Dilemma<br />
der Notenbanken sowie<br />
Risiken in der Euro-Zone.<br />
Und: warum Deutschland<br />
Gefahr läuft abzusteigen.<br />
Ein Lese-Muss für<br />
Verbraucher, Arbeitnehmer<br />
und Anleger!<br />
moneytitel<br />
10 Star-Ökonom: Der ehemalige<br />
Ifo-Chef Hans-Werner Sinn warnt,<br />
dass Deutschland massiv zurückfällt<br />
16 Zuflucht Schweiz: Wie auch<br />
Normal-Anleger von der Stärke<br />
der Eidgenossen profitieren<br />
20 Zuflucht USA: Diese Investments<br />
aus der wichtigsten Volkswirtschaft<br />
gehören in jedes Depot<br />
24 Energieschock-Konter: Diese<br />
klugen Finanzprodukte gleichen<br />
höhere Gas- und Spritpreise aus<br />
28 Kernkraft-Renaissance: Viele<br />
Länder setzen konsequent auf<br />
Atomstrom – diese AGs boomen<br />
31 Überhitzt: Millionen Menschen<br />
heizen mit Öl oder Gas. Die<br />
Auflage, die Kessel zu tauschen,<br />
wird für viele richtig teuer<br />
34 Spar dich reich: Mit diesen<br />
genialen Tipps für den Alltag<br />
bleibt Ihnen viel Geld übrig<br />
„Wir alle werden<br />
ärmer!“<br />
HANS-WERNER SINN, LANGJÄHRIGER<br />
CHEF DES IFO-INSTITUTS<br />
44<br />
Video ab!<br />
Suchen, streamen, profitieren:<br />
wie YouTube zur<br />
zweitwichtigsten Suchmaschine<br />
der Welt wurde<br />
und wie wichtig das Portal<br />
für die Wirtschaft ist.<br />
Und natürlich: Wie Anleger<br />
vom weltweiten Phänomen<br />
profitieren können<br />
36 Klartext: Der Vorsitzende der<br />
Ludwig-Erhard-Stiftung, Roland<br />
Koch, über deutsche Irrtümer beim<br />
Klimaschutz<br />
<strong>37</strong> Chartsignal: So sieht die Kurvenlage<br />
beim Rohstoffindex aus<br />
<strong>37</strong> Börsenwissen: Auf welche Arten<br />
sich die Inflation messen lässt<br />
moneymarkets<br />
38 Mächtige Markt-Akteure: Was<br />
alle Anleger von Staats- und<br />
Pensionsfonds lernen können<br />
4 Titelfoto: W. Stahr/laif<br />
Inhalt: ifo Institut, YouTube, 123RF, Shutterstock<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>
Dieser Text<br />
zeigt evtl. Probleme<br />
beim<br />
Victoria Lergenmüller,<br />
Text an<br />
vr.de/mitglied<br />
Weinhaus Lergenmüller GmbH,<br />
Mitglied seit 2020<br />
48<br />
Dicke Gewinne<br />
Ausgewählte Pharma-Unternehmen bieten Medikamente zur<br />
Behandlung und Linderung von Übergewicht – einem weltweit<br />
zunehmenden Problem. Hier steht, wie Anleger mitverdienen<br />
44 YouTube: Warum der Video-Streamingdienst<br />
immer wichtiger wird<br />
48 Fett weg: Neue Medikamente<br />
gegen Adipositas ermöglichen<br />
hohe Erträge – auch für Anleger<br />
51 Medialer Zweikampf: Fahren<br />
Anleger mit der Sendergruppe<br />
ProSieben oder mit RTL besser?<br />
58 Sportliche Renditen: Diese bieten<br />
risikoreduzierte Sprint-Zertifikate<br />
63 Musterdepots: So reagieren die<br />
Profis auf die steigende Zinsangst<br />
moneydigital<br />
54 Social Trends: Das Klima retten<br />
und gleichzeitig prächtig verdienen<br />
55 Analyse: Wie es beim niederländischen<br />
Chip-Zulieferer ASML steht<br />
dswanlegerschutz<br />
42 Mitgliederversammlung: Hier<br />
das Anmeldeformular für<br />
das jährliche Treffen der DSW<br />
moneydebatte<br />
64 Russland: Über die wirkungsvollsten<br />
Sanktionen spricht laut dem britischen<br />
„Economist“ kaum jemand<br />
70 Peking ohne Ausweg: Der<br />
„Economist“ analysiert, dass Covid<br />
nur eines der Probleme Chinas ist<br />
moneyservice<br />
72 Bestens behandelt: Die<br />
Top-Tarife für die stationären<br />
Zusatzversicherungen<br />
76 Privathaftpflicht in Fair: Die<br />
besten Anbieter dieser Policen<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe – Impressum<br />
98 Termine<br />
38<br />
Wale der Weltbörsen<br />
Die ganz großen Markt-Riesen<br />
wie Staats- oder Pensionsfonds<br />
geben die Trends vor –<br />
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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>
moneytitel<br />
10<br />
Foto: R. Vinogradova/Ifo Institut <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>
INTERVIEW<br />
HANS-WERNER<br />
SINN, 74<br />
WIR ALLE<br />
WERDEN<br />
ÄRMER“<br />
Star-Ökonom Hans-Werner Sinn, Ex-Präsident des Ifo-Instituts,<br />
warnt seit Jahren vor der Inflation. Jetzt ist sie da – und unser<br />
Wohlstand in Gefahr. Ein Gespräch über Fehler der EZB, Irrtümer<br />
der Klimapolitik und die Schuldigen für den Abstieg Deutschlands.<br />
Vita<br />
Hans-Werner Sinn<br />
Deutschlands berühmtester<br />
Ökonom wurde 1948 in<br />
Brake/Westfalen geboren,<br />
von 1999 bis 2016 war er<br />
Präsident des Ifo-Instituts in<br />
München.<br />
Neben Forschung und Lehre<br />
stürzte sich der Wissenschaftler<br />
seit jeher mit Verve in die<br />
wirtschaftspolitische Debatte<br />
und veröffentlichte diverse<br />
Bestseller.<br />
Sein Buch „Die Basar-Ökonomie“<br />
(2005) thematisierte früh<br />
die Lebenslügen des Exportweltmeisters<br />
Deutschland, im<br />
„grünen Paradoxon“ forderte<br />
Sinn schon 2008 eine<br />
illusionsfreie Klimapolitik.<br />
von GEORG MECK<br />
Herr Professor Sinn, Krieg, Inflation, schwacher Euro – ist unser<br />
Wohlstand in Gefahr? Wie alarmiert müssen wir sein?<br />
Hans-Werner Sinn: Ziemlich. Denn während die Euro-Krise<br />
eine Wettbewerbskrise für die südeuropäischen Staaten war,<br />
bei der Deutschland ganz gut herauskam, ist dies jetzt eine<br />
Krise, die das Geschäftsmodell der Bundesrepublik Deutschland<br />
massiv infrage stellt und die zugleich an gesellschaftliche<br />
Verwerfungen der Vergangenheit erinnert, die durch Inflation<br />
hervorgerufen wurden.<br />
Die Hyperinflation von 1923 geht dem 100. Jubiläum entgegen.<br />
Steht uns ähnlich Bedrohliches bevor?<br />
Sinn: Nein, davon kann nicht die Rede sein, so schlimm ist<br />
es nicht. Aber es gilt natürlich der Grundsatz: Wehret den Anfängen!<br />
Jede Inflation fängt mal klein an, wenn man sie nicht<br />
bekämpft.<br />
Die EZB hat die Geldentwertung lange geleugnet, beim Noten banker-<br />
Treffen Ende August in Jackson Hole klang Direktorin Isabel Schnabel<br />
erstmals so, als hätte sie den Ernst der Lage erkannt.<br />
Sinn: Ja, Frau Schnabel hat eine Kehrtwende gemacht, nachdem<br />
sie die Inflationsgefahren lange Zeit massiv heruntergespielt<br />
hatte. Noch im November letzten Jahres hat die EZB-Führung<br />
von einem bloßen Inflationssockel geredet.<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />
11
moneytitel<br />
SCHWEIZ: Geld unter die<br />
Arme und ab über die Berge<br />
SCHWEIZ<br />
Geldentwertung? Nein danke!<br />
Der Euro schmilzt, die Inflation grassiert, die Kaufkraft sinkt! Dagegen lässt sich ankommen:<br />
Wie sich Anleger das Erstarken des Schweizer Franken zunutze machen und ihr Geld retten<br />
von MARC BÄCHLE<br />
Die Welt ist im Krisenmodus! In Osteuropa und im Pazifik<br />
lassen die Atommächte Russland und China mehr<br />
oder minder erfolgreich die Muskeln spielen. Nicht<br />
umsonst steigt deshalb in Deutschland und anderswo wieder<br />
das Interesse für (öffentliche) Bunker. Während es hierzulande<br />
jedoch an den Betonungeheuern mangelt und im Notfall<br />
wohl nur ein Bruchteil der Bevölkerung einen Platz in einem<br />
der Schutzräume bekäme, stellt sich die Sache in der Schweiz<br />
gänzlich anders dar. Dort gibt es für die rund neun Millionen<br />
Eidgenossen etwa 360 000 private und 2300 öffentliche<br />
Schutzräume und damit mehr Platz, als benötigt würde.<br />
Doch nicht nur die Bunkeranlagen stehen für den Sicherheitsaspekt<br />
der Schweiz. Auch bei konservativen Investments<br />
und als Anlaufstelle, um sein Geld zu schützen, gilt das Land<br />
als ein Safe Haven, ein sogenannter sicherer Hafen. Die Grün-<br />
de dafür sind überzeugend: So sind in der Alpenrepublik zahlreiche<br />
Unternehmen beheimatet, die Weltruf genießen und<br />
über solide Geschäftsmodelle und finanzstarke Backgrounds<br />
verfügen. Außerdem ist dort ein volkswirtschaftliches und politisches<br />
Fundament verankert, das sich über die Jahrzehnte<br />
und Jahrhunderte als äußerst sicher und verlässlich erwiesen<br />
hat. Und genau danach suchen viele Anleger, wenn in Zeiten<br />
geopolitischer Spannungen, drohender Rezessionen und globaler<br />
wirtschaftlicher Verwerfungen große Unsicherheit<br />
herrscht. Die Frage lautet daher: Wie kann ich mein erspartes,<br />
hart erarbeitetes Kapital retten? Die ist dann umso drängender,<br />
wenn die Anleger aus der Euro-Zone kommen. Schließlich<br />
geht die Gemeinschaftswährung seit Monaten gegenüber<br />
verschiedenen Währungen auf Tauchstation – vor allem im<br />
direkten Rennen gegen den Schweizer Franken.<br />
16 Foto: Swiss-Image<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>
Der Franken trumpft auf<br />
Das Unterschreiten der Parität von Euro zum<br />
Franken deutete sich schon länger an. Doch seit<br />
Mai <strong>2022</strong> setzte eine Beschleunigung ein.<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Die Währungszeitenwende. Der historische Wendepunkt<br />
war am 30. Juni <strong>2022</strong> erneut erreicht, als selbst die Parität<br />
flöten ging und der Franken den dahinschmelzenden<br />
Euro „überholte“. In der Geschichte des EUR/CHF-Verhältnisses<br />
gab es das bis dahin nur ein einziges Mal, als Anfang<br />
2015 die Schweizer Nationalbank (SNB) die „Frankenfreigabe“<br />
erteilte und den Mindestwechselkurs von 1,20 Franken<br />
für einen Euro auflöste. Damals schnellte der Franken nach<br />
oben und war kurzfristig mehr wert als ein Euro. Doch die<br />
SNB intervenierte und kaufte für Milliardensummen Euros,<br />
um die eigene Währung wieder zu schwächen und der exportorientierten<br />
Schweizer Wirtschaft nicht zu schaden.<br />
Dass die Notenbanker dem Höhenflug des Franken in der<br />
jetzigen Phase etwas entgegensetzen, ist dagegen auszuschließen.<br />
Vielmehr tolerieren sie das Erstarken aus zweierlei<br />
Gründen. Zum einen können die Unternehmen der rohstoffarmen<br />
Schweiz die stark gestiegenen Weltmarktpreise<br />
für Metalle, Öl und Gas (in Dollar) und Importgüter aus der<br />
Euro-Zone besser bedienen. Zum anderen wehren sich die<br />
Schweizer selbst gegen eine gestiegene Inflation. Denn: Die<br />
August-Werte von 3,5 Prozent stellten die höchsten Teuerungsraten<br />
seit 1993 dar. Deshalb wird die SNB voraussichtlich<br />
– wie bereits im Juni – nochmals zum Instrument eines<br />
steigenden Leitzinses greifen, was dem Franken weiteren Rückenwind<br />
verleihen dürfte. Allerdings befindet sich die dortige<br />
Inflation in einer erträglicheren Dimension als in Deutschland<br />
(August: 7,9 Prozent) oder in der Euro-Zone (9,1 Prozent),<br />
wo die Prognosen bereits zweistellige Werte erreichen.<br />
Euro-Abwärtsspirale intakt. Der Trend beim Währungspaar<br />
scheint sich also zu verstetigen. Mehr als ohnehin schon,<br />
schließlich hat der Franken seit mittlerweile über zwei Monate<br />
die Nase gegenüber dem Euro vorn. Das Umtauschverhältnis<br />
zum 31. August: 0,97 Franken für einen Euro. Dass die<br />
Zieht der Schweizer Franken davon?<br />
Der Niedergang des Euro gegenüber dem Franken lässt<br />
sich erklären: Die Schweizer Notenbank steuerte bei<br />
weniger Inflation früher dagegen und setzte den Leitzins<br />
rauf. Das zögerliche Handeln der EZB schwächt den Euro.<br />
Monat<br />
durchschnittlicher<br />
Wechselkurs<br />
EUR/CHF<br />
Inflation in %<br />
(zum Vorjahresmonat)<br />
Leitzinsen in %<br />
Euro-Zone Schweiz Euro-Zone Schweiz<br />
Januar 1,040 5,1 1,6 0,0 – 0,75<br />
Februar 1,046 5,9 2,2 0,0 – 0,75<br />
März 1,024 7,4 2,4 0,0 – 0,75<br />
April 1,021 7,4 2,5 0,0 – 0,75<br />
Mai 1,035 8,1 2,9 0,0 – 0,75<br />
Juni 1,024 8,6 3,4 0,0 – 0,25<br />
Juli 0,987 8,9 3,4 0,5 – 0,25<br />
August 0,969 9,1 3,5 0,5 –0,25<br />
... ... ... ... ... ...<br />
Prognose 2023 0,900 2) 4,5 1) 2,1 1) 1,5 1) 0,75 2)<br />
Quellen: EZB, Schweizer Nationalbank, ZEW, UBS;<br />
1)<br />
Gesamtjahr, 2) Zinsprognose zum Halbjahr 2023<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong><br />
17
moneymarkets<br />
PILLEN, MASSBAND:<br />
Arzneimittel gegen<br />
Fettleibigkeit stammen<br />
allesamt aus der<br />
Diabetologie<br />
ADIPOSITAS<br />
Sein Fett wegbekommen<br />
Zwei Unternehmen stellen vielversprechende<br />
Medikamente im Kampf gegen Adipositas vor.<br />
Eines ist bereits in Europa erhältlich. Die Chancen<br />
von CHIARA HOLZHÄUSER<br />
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) litten im Jahr<br />
2020 weltweit 764 Millionen Menschen an Adipositas.<br />
Vier Jahre zuvor waren es noch knapp 100 Millionen<br />
Menschen weniger. Bis 2030 prognostiziert die WHO einen<br />
Anstieg auf über eine Milliarde Menschen. Als adipös bzw.<br />
fettleibig gilt man ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30.<br />
Trotz der hohen Zahl werden aktuell lediglich zwei Prozent<br />
der Betroffenen medizinisch behandelt. Dabei handelt es sich<br />
bei Fettleibigkeit um eine chronische Krankheit, die mit 13<br />
Krebsformen und Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck,<br />
Herzinfarkten und Schlaganfällen in Verbindung gebracht<br />
wird. Die indirekten Kosten, wie etwa Pflegekosten<br />
oder Therapiekosten für Begleiterkrankungen, werden allein<br />
in Deutschland auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt<br />
und belasten damit Gesundheits- und Sozialsysteme.<br />
Wenn eine Änderung im Lebensstil der Betroffenen nicht<br />
zum erwünschten Ergebnis führt, wird oft auf drastischere<br />
Maßnahmen zurückgegriffen. Wie das „Deutsche Ärzteblatt“<br />
schreibt, werden in Deutschland jährlich etwa 20 000 adipositaschirurgische<br />
Operationen durchgeführt. Eingriffe wie<br />
operative Magenverkleinerungen weisen zwar eine hohe<br />
Erfolgsquote auf, sind jedoch mit Risiken verbunden und<br />
ziehen lebenslange Kontrollen nach sich. Daher wird seit<br />
Langem nach medikamentösen Behandlungsmethoden gesucht.<br />
Der große Durchbruch blieb bisher aber aus.<br />
16 Prozent weniger Gewicht. Novo Nordisk hat jedoch vor<br />
Kurzem mit seinem neuen Medikament Wegovy in Studien<br />
Gewichtsreduktionen von über 16 Prozent nachweisen können.<br />
Das hoch dosierte Semaglutid wird mithilfe von Spritzen<br />
verabreicht und wurde bereits Anfang <strong>2022</strong> in Europa<br />
zugelassen. In geringeren Dosierungen findet Semaglutid<br />
bereits seit 2018 in der Diabetologie Anwendung und wird<br />
als sicher eingestuft. Seit Beginn des Jahres ist es auch zur<br />
Behandlung von Adipositas zugelassen. Bisher erfüllt<br />
Wegovy weitgehend die operativen Gewinnerwartungen, allerdings<br />
hat das Pharma-Unternehmen mit Produktionsproblemen<br />
zu kämpfen. So hatte ein Vertragshersteller die<br />
Belieferung mit Spritzen für die Wegovy-Pens wegen Qualitätsproblemen<br />
vorübergehend eingestellt. Aus diesem Grund<br />
fiel der Umsatz im ersten Halbjahr niedriger aus als erwartet,<br />
was zeitweise auch die Aktie zu spüren bekam.<br />
Weiteres Medikament in der Testphase. Doch Wegovy ist<br />
nicht die einzige Initiative zur Behandlung von Adipositas,<br />
die Novo Nordisk vorweisen kann. Erst kürzlich wurde die<br />
Phase-II-Studie des Medikaments CagriSema für Menschen<br />
48 Foto: Diana Polekhina/Unsplash<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>37</strong>/<strong>2022</strong>