IM BLICK 2022
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ennser: Wichtig war die Beteiligung<br />
von Expert*innen, die an der Entstehungsgeschichte<br />
des EAG Anteil<br />
hatten, also die fünf Vertreter*innen<br />
des Klimaschutzministeriums,<br />
aber auch Praktiker*innen, wie die<br />
Rechtsanwältin Claudia Hanslik-<br />
Schneider oder Martin Seidl, der als<br />
Berater in der unmittelbar betroffenen<br />
Branche tätig ist.<br />
Das EAG ist Teil eines umfassenden<br />
Gesetzespakets. Der Kommentar<br />
geht nur auf das EAG und jene<br />
Teile des ElWOG ein, die Energiegemeinschaften<br />
betreffen. Eine bewusste<br />
Entscheidung?<br />
Ennser: Das EAG-Paket umfasst<br />
zehn Gesetze. Ein umfassender<br />
Kommentar über das gesamte Paket<br />
hätte sicherlich zeitlich deutlich länger<br />
gebraucht. Wir haben uns daher<br />
entschieden, rasch eine Gebrauchsanweisung<br />
bereitzustellen. Denn das<br />
zentrale Element des Pakets ist die<br />
Neugestaltung des Fördersystems<br />
für erneuerbare Energie, also das<br />
EAG. Auch die Energiegemeinschaften<br />
sind wichtig. Die ersten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften<br />
wurden<br />
ja rasch nach Inkrafttreten des<br />
EAG gegründet. Daher haben wir die<br />
diesbezüglichen Regelungen des El-<br />
WOG auch aufgrund der Praxisrelevanz<br />
aufgenommen.<br />
Als neues Materiengesetz setzt<br />
das EAG das EU-Paket „Saubere<br />
Energie für alle Europäer*innen“ um.<br />
Hätte nicht auch eine Ausweitung<br />
des ElWOG gereicht?<br />
Ennser: Anfangs wurde tatsächlich<br />
überlegt, ob eine Novelle des<br />
Ökostromgesetzes ausreicht. 2017<br />
wurde die „kleine Ökostrom-Novelle“<br />
verabschiedet, danach war die<br />
Rede von einer „großen Ökostrom-<br />
Novelle“. Rasch zeigte sich: Das<br />
wird dem Ausmaß der EU-Anforderungen<br />
nicht gerecht, außerdem<br />
ist das Ökostromgesetz in die Jahre<br />
gekommen. Es war an der Zeit,<br />
mit dem EAG ein komplett neues,<br />
modernes Fördersystem mit einer<br />
eigenständigen gesetzlichen Grundlage<br />
zu schaffen. Beim ElWOG 2010<br />
sind wir gerade dabei, basierend auf<br />
einer EU-Richtlinie das Gleiche zu<br />
tun. Hier schwebt uns eine grundlegende<br />
Neugestaltung des Rechtsrahmens<br />
für das Strommarkt-Design<br />
auf nationaler Ebene vor.<br />
Wo sehen Sie bereits Novellierungsbedarf<br />
des EAG?<br />
Ennser: Das Parlament ist jetzt gerade<br />
dabei, eine Novelle zu verabschieden<br />
in Reaktion auf die Erfahrungen aus<br />
den ersten insbesondere Photovoltaik-Fördercalls.<br />
Die Anpassungen,<br />
die gerade im Parlament behandelt<br />
werden, zielen ab auf Erleichterungen<br />
des Zugangs zu Förderungen<br />
speziell für Private. Ein Thema, das<br />
auch wir im Klimaschutzministerium<br />
gerade stark diskutieren.<br />
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften<br />
(EEG) sind eine wesentliche<br />
Säule des EAG. Wie unterscheiden<br />
sich diese von den Bürgerenergiegemeinschaften<br />
(BEG) im ElWOG?<br />
Hodasz: Der wesentliche Unterschied:<br />
Bei EEG geht es um die lokale Energieversorgung.<br />
Sie sind offen für alle<br />
Energieträger bzw Energieformen, jedoch<br />
nur für erneuerbare. Neben Sonnen-<br />
oder Windenergie können daher<br />
auch Energieträger wie Wasserstoff<br />
oder Biogas zum Einsatz kommen.<br />
EEG können nicht nur bei der Stromversorgung,<br />
sondern auch im Bereich<br />
Wärme oder Mobilität relevant sein.<br />
Die BEG ist auf Strom beschränkt,<br />
egal ob aus erneuerbaren oder fossilen<br />
Energiequellen. Während EEG auf<br />
die Nieder- bzw Mittelspannungsebene<br />
in einem Netzgebiet beschränkt<br />
sind, kann bei BEG netzgebietsübergreifend,<br />
also österreichweit, Strom<br />
ausgetauscht werden. Beide gemeinschaftlichen<br />
Versorgungsmodelle<br />
wollen Bürger*innen für die Energiewende<br />
mit ins Boot holen. Da bieten<br />
sich PV-Anlagen an. Auf der lokalen<br />
Ebene funktioniert das schon sehr<br />
gut. Mit Stand September gibt es bereits<br />
92 EEG in Österreich.<br />
Das EAG lässt offen, welche<br />
Rechtspersönlichkeit eine EEG annimmt.<br />
Was ist eine optimale Konstruktion<br />
mit Blick auf den sozialgemeinschaftlichen<br />
Fokus?<br />
Martin Seidl: Die Frage der Form<br />
einer EEG wurde im Gesetz bewusst<br />
offen gestaltet. Neben den neuen<br />
Möglichkeiten, die Energiegemeinschaften<br />
bieten, hat diese offene<br />
Ausgestaltung auch das große Interesse<br />
positiv unterstützt. Der andere<br />
Punkt: Es gibt dadurch eine große<br />
Bandbreite an möglichen Konstellationen.<br />
Der Einfamilienhausbesitzer<br />
mit einer bestehenden PV-Anlage<br />
hat bei den aktuellen Marktpreisen<br />
vermutlich wenig Interesse, Strom zu<br />
teilen. Teilnehmende einer EEG, die<br />
gemeinsam eine PV-Anlage anschaffen,<br />
sind vermutlich eher bestrebt<br />
Strom zu teilen, als zu vermarkten.<br />
Auch bei Gemeinden ist natürlich ein<br />
anderes Interesse da als bei Einzelnen.<br />
Nichtsdestotrotz sind die hohen<br />
Marktpreise, welche die OeMAG derzeit<br />
vergütet, natürlich interessant für<br />
Anlagen bis 500 kW.<br />
Das EAG schreibt in § 79 vor,<br />
Hauptzweck der EEG darf nicht im<br />
finanziellen Gewinn liegen. Bernd Rajal<br />
und Stefanie Orator-Saghy 1 stellen<br />
9<br />
Interview EAG<br />
1 Rajal, Bernd, Orator-Saghy, Stefanie, Die Rolle der Energiegemeinschaften im österreichischen Energierecht,<br />
NR 2021, 34–42.