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Donauliebe 2022

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Katze Wendelstein gemeinsam<br />

mit einem Nördlinger Türmer.<br />

Taubenabwehr – so lautet ganz<br />

nüchtern der Posten im Etat der<br />

Großen Kreisstadt Nördlingen, der das<br />

offizielle Einsatzgebiet von Turmkatze<br />

Wendelstein beschreibt. Seit über elf<br />

Jahren ist sie bei der Stadt Nördlingen<br />

angestellt und hat sich seitdem zu<br />

einer der bekanntesten Mitarbeiterinnen<br />

der Stadt gemausert.<br />

Allein ihretwegen pilgern Jahr für<br />

Jahr unzählige Tourist*innen nach<br />

Nördlingen. Eines Tages im Jahr 2009<br />

entschied sich die dreifarbige Katze<br />

die 350 Stufen bis zur Turmspitze des<br />

Daniels zu erklimmen und nicht mehr<br />

zu gehen, das heißt sie geht schon –<br />

jeden Tag sogar ein paar Mal – sucht<br />

aber immer wieder den Weg bis nach<br />

oben. Den Türmern, also den Wächtern<br />

des Daniels, bleibt seitdem nichts<br />

anderes mehr übrig, als für Kost und<br />

Logis zu sorgen.<br />

Zum 10-jährigen Dienstjubiläum im<br />

Jahr 2019 gratulierte der damalige<br />

Oberbürgermeister Hermann Faul mit<br />

einem Augenzwinkern seiner Mitarbeiterin<br />

höchstpersönlich: „Sie haben mit<br />

großem Arbeitseinsatz und hohem<br />

Verantwortungsgefühl vielfältige Tätigkeiten<br />

übernommen. Für Ihr überragendes<br />

Engagement und Ihre Treue zur<br />

Stadtverwaltung danke ich Ihnen im<br />

Namen aller Beschäftigten und auch<br />

persönlich sehr herzlich.“ Ihren Job in<br />

der Taubenabwehr nimmt Katze Wendelstein<br />

übrigens sehr ernst.<br />

Die St. Georgskirche mit ihrem berühmten<br />

Turm Daniel ist nahezu<br />

vollständig aus Suevit gebaut, einem<br />

Gestein, das vor 14,5 Millionen Jahren<br />

bei einer kosmischen Katastrophe<br />

entstanden ist.<br />

Bereits die Römer haben im Ries und<br />

in der Umgebung Suevit zu Bauzwecken<br />

verwendet. Besonders im<br />

Mittelalter diente das Gestein als<br />

Baumaterial für zahlreiche Gebäude<br />

in Nördlingen, wie zum Beispiel die<br />

St. Georgskirche, Teile des Rathauses<br />

und der Stadtbefestigung. Der für<br />

manch einen etwas mühsame Aufstieg<br />

auf den Daniel lohnt sich nicht<br />

nur um Katze Wendelstein einen Besuch<br />

abzustatten, sondern auch um<br />

das einzigartige Innere des Daniels zu<br />

erkunden. Denn die Architektur des<br />

Daniels hat über die Jahrhunderte<br />

hinweg einiges zu erzählen. In der<br />

auf 35 Meter Höhe liegenden dritten<br />

Ebene des Turms befindet sich noch<br />

heute ein spätmittelalterliches Laufrad,<br />

das Häftlinge einst mit ihrem<br />

Körpergewicht bewegen mussten,<br />

um Lasten auf den Turm zu befördern.<br />

Nicht zu vergessen die auf 66<br />

Meter Höhe liegende Turmstube,<br />

dort wo die Wächter des Turmes und<br />

natürlich Wendelstein zuhause sind.<br />

Diese ist rund um die Uhr von einem<br />

Türmer besetzt: Ein Beruf, den es<br />

nur noch in ganz wenigen Städten in<br />

Europa gibt. „So, G’sell, so“ erschallt<br />

es heute wie damals von hoch oben,<br />

wenn der diensthabende Türmer jede<br />

halbe Stunde von 22:00 bis 24:00 Uhr<br />

aus der Turmstube ruft.<br />

Laut Überlieferung stammt die urige<br />

Tradition aus dem Jahr 1440, als eine<br />

Frau am Abend für ihren Mann eine<br />

Kanne Bier besorgen sollte. Am Löpsinger<br />

Tor beobachtete sie, wie eine<br />

entlaufene Sau ihr Hinterteil an einem<br />

Torflügel rieb. Dabei entdeckte sie,<br />

dass das Tor nicht verschlossen war.<br />

Ihr empörter Ruf „So, G’sell, so!“ galt<br />

den Wächtern. Diese gestanden, vom<br />

Oettinger Grafen bestochen worden<br />

zu sein, nachts das Tor nur angelehnt<br />

zu lassen, damit der Graf mit einer<br />

bewaffneten Schar die Stadt erobern<br />

kann. So hatte schließlich der Überlieferung<br />

nach eine Sau Nördlingen<br />

gerettet.<br />

Wer es bis ganz nach oben auf den<br />

Daniel geschafft hat, dem offenbart<br />

sich in luftiger Höhe ein wunderbarer<br />

Blick auf Nördlingen und die Rieslandschaft.<br />

Diese bietet Einheimischen<br />

und auch Tourist*innen unzählige<br />

Freizeit-Möglichkeiten.<br />

Egal ob zu Fuß oder mit dem Rad,<br />

eine Erkundungstour durch den Geopark<br />

Ries ist ein Erlebnis für die ganze<br />

Familie. Die drei Infozentren in Nördlingen,<br />

Oettingen und Treuchtlingen<br />

sowie die fünf Infostellen in Deiningen,<br />

Nördlingen, Monheim, Wemding<br />

und Harburg sind Wissenszentren<br />

und Ausgangspunkte für die Erkundung<br />

des Geoparks. Insgesamt geben<br />

sechs Erlebnis-Geotope unter dem<br />

Motto „Fenster in die Erdgeschichte“<br />

direkten Einblick in die Geheimnisse<br />

der Geologie. Wer nicht auf eigene<br />

Faust den Geopark Ries und seine<br />

beeindruckende Landschaft erkunden<br />

möchte, kann mit zertifizierten<br />

Führer*innen auf eine unterhaltsame<br />

Tour gehen.<br />

Astronauten trainierten im Ries<br />

Besonders interessant ist auch, dass<br />

der Geopark Ries bereits mehrfach<br />

Trainingskulisse für Astronauten war.<br />

Im August 1970 führte die NASA für<br />

die Astronauten der Apollo 14 und 17<br />

Missionen geologische Feldstudien<br />

im Rieskrater durch. Die Astronauten<br />

Alan Shepard, Ed Mitchell, Eugene<br />

Cernan, Stuart Roosa und Joe Engle<br />

trainierten in jenen Tagen an einem<br />

Gesteins-Abbruch in Nördlingen,<br />

genauer gesagt im Holheimer Lindle,<br />

sowie im Oettinger Suevit-Steinbruch.<br />

Der Rieskrater diente dabei als eine<br />

Art geologischer Simulator für die<br />

Impaktkrater des Mondes. Wie von<br />

Zeitzeug*innen überliefert, stand für<br />

die Astronauten aber nicht nur Arbeit<br />

auf dem Programm, sie ließen es<br />

sich bei ihrem Ausflug nach Deutschland<br />

durchaus auch gut gehen und<br />

genossen das „German Weizenbeer“.<br />

Dieses ließen sie sich offenbar auch<br />

im Gasthof Sonne in Wemding<br />

schmecken. Eine Gedenktafel am<br />

Gebäude erinnert noch heute an die<br />

prominenten Besucher.<br />

Die Astronauten der Apollo 14<br />

und 17 Missionen 1970.<br />

50 Landkreis Donau-Ries<br />

Landkreis Donau-Ries<br />

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