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Katze Wendelstein gemeinsam<br />
mit einem Nördlinger Türmer.<br />
Taubenabwehr – so lautet ganz<br />
nüchtern der Posten im Etat der<br />
Großen Kreisstadt Nördlingen, der das<br />
offizielle Einsatzgebiet von Turmkatze<br />
Wendelstein beschreibt. Seit über elf<br />
Jahren ist sie bei der Stadt Nördlingen<br />
angestellt und hat sich seitdem zu<br />
einer der bekanntesten Mitarbeiterinnen<br />
der Stadt gemausert.<br />
Allein ihretwegen pilgern Jahr für<br />
Jahr unzählige Tourist*innen nach<br />
Nördlingen. Eines Tages im Jahr 2009<br />
entschied sich die dreifarbige Katze<br />
die 350 Stufen bis zur Turmspitze des<br />
Daniels zu erklimmen und nicht mehr<br />
zu gehen, das heißt sie geht schon –<br />
jeden Tag sogar ein paar Mal – sucht<br />
aber immer wieder den Weg bis nach<br />
oben. Den Türmern, also den Wächtern<br />
des Daniels, bleibt seitdem nichts<br />
anderes mehr übrig, als für Kost und<br />
Logis zu sorgen.<br />
Zum 10-jährigen Dienstjubiläum im<br />
Jahr 2019 gratulierte der damalige<br />
Oberbürgermeister Hermann Faul mit<br />
einem Augenzwinkern seiner Mitarbeiterin<br />
höchstpersönlich: „Sie haben mit<br />
großem Arbeitseinsatz und hohem<br />
Verantwortungsgefühl vielfältige Tätigkeiten<br />
übernommen. Für Ihr überragendes<br />
Engagement und Ihre Treue zur<br />
Stadtverwaltung danke ich Ihnen im<br />
Namen aller Beschäftigten und auch<br />
persönlich sehr herzlich.“ Ihren Job in<br />
der Taubenabwehr nimmt Katze Wendelstein<br />
übrigens sehr ernst.<br />
Die St. Georgskirche mit ihrem berühmten<br />
Turm Daniel ist nahezu<br />
vollständig aus Suevit gebaut, einem<br />
Gestein, das vor 14,5 Millionen Jahren<br />
bei einer kosmischen Katastrophe<br />
entstanden ist.<br />
Bereits die Römer haben im Ries und<br />
in der Umgebung Suevit zu Bauzwecken<br />
verwendet. Besonders im<br />
Mittelalter diente das Gestein als<br />
Baumaterial für zahlreiche Gebäude<br />
in Nördlingen, wie zum Beispiel die<br />
St. Georgskirche, Teile des Rathauses<br />
und der Stadtbefestigung. Der für<br />
manch einen etwas mühsame Aufstieg<br />
auf den Daniel lohnt sich nicht<br />
nur um Katze Wendelstein einen Besuch<br />
abzustatten, sondern auch um<br />
das einzigartige Innere des Daniels zu<br />
erkunden. Denn die Architektur des<br />
Daniels hat über die Jahrhunderte<br />
hinweg einiges zu erzählen. In der<br />
auf 35 Meter Höhe liegenden dritten<br />
Ebene des Turms befindet sich noch<br />
heute ein spätmittelalterliches Laufrad,<br />
das Häftlinge einst mit ihrem<br />
Körpergewicht bewegen mussten,<br />
um Lasten auf den Turm zu befördern.<br />
Nicht zu vergessen die auf 66<br />
Meter Höhe liegende Turmstube,<br />
dort wo die Wächter des Turmes und<br />
natürlich Wendelstein zuhause sind.<br />
Diese ist rund um die Uhr von einem<br />
Türmer besetzt: Ein Beruf, den es<br />
nur noch in ganz wenigen Städten in<br />
Europa gibt. „So, G’sell, so“ erschallt<br />
es heute wie damals von hoch oben,<br />
wenn der diensthabende Türmer jede<br />
halbe Stunde von 22:00 bis 24:00 Uhr<br />
aus der Turmstube ruft.<br />
Laut Überlieferung stammt die urige<br />
Tradition aus dem Jahr 1440, als eine<br />
Frau am Abend für ihren Mann eine<br />
Kanne Bier besorgen sollte. Am Löpsinger<br />
Tor beobachtete sie, wie eine<br />
entlaufene Sau ihr Hinterteil an einem<br />
Torflügel rieb. Dabei entdeckte sie,<br />
dass das Tor nicht verschlossen war.<br />
Ihr empörter Ruf „So, G’sell, so!“ galt<br />
den Wächtern. Diese gestanden, vom<br />
Oettinger Grafen bestochen worden<br />
zu sein, nachts das Tor nur angelehnt<br />
zu lassen, damit der Graf mit einer<br />
bewaffneten Schar die Stadt erobern<br />
kann. So hatte schließlich der Überlieferung<br />
nach eine Sau Nördlingen<br />
gerettet.<br />
Wer es bis ganz nach oben auf den<br />
Daniel geschafft hat, dem offenbart<br />
sich in luftiger Höhe ein wunderbarer<br />
Blick auf Nördlingen und die Rieslandschaft.<br />
Diese bietet Einheimischen<br />
und auch Tourist*innen unzählige<br />
Freizeit-Möglichkeiten.<br />
Egal ob zu Fuß oder mit dem Rad,<br />
eine Erkundungstour durch den Geopark<br />
Ries ist ein Erlebnis für die ganze<br />
Familie. Die drei Infozentren in Nördlingen,<br />
Oettingen und Treuchtlingen<br />
sowie die fünf Infostellen in Deiningen,<br />
Nördlingen, Monheim, Wemding<br />
und Harburg sind Wissenszentren<br />
und Ausgangspunkte für die Erkundung<br />
des Geoparks. Insgesamt geben<br />
sechs Erlebnis-Geotope unter dem<br />
Motto „Fenster in die Erdgeschichte“<br />
direkten Einblick in die Geheimnisse<br />
der Geologie. Wer nicht auf eigene<br />
Faust den Geopark Ries und seine<br />
beeindruckende Landschaft erkunden<br />
möchte, kann mit zertifizierten<br />
Führer*innen auf eine unterhaltsame<br />
Tour gehen.<br />
Astronauten trainierten im Ries<br />
Besonders interessant ist auch, dass<br />
der Geopark Ries bereits mehrfach<br />
Trainingskulisse für Astronauten war.<br />
Im August 1970 führte die NASA für<br />
die Astronauten der Apollo 14 und 17<br />
Missionen geologische Feldstudien<br />
im Rieskrater durch. Die Astronauten<br />
Alan Shepard, Ed Mitchell, Eugene<br />
Cernan, Stuart Roosa und Joe Engle<br />
trainierten in jenen Tagen an einem<br />
Gesteins-Abbruch in Nördlingen,<br />
genauer gesagt im Holheimer Lindle,<br />
sowie im Oettinger Suevit-Steinbruch.<br />
Der Rieskrater diente dabei als eine<br />
Art geologischer Simulator für die<br />
Impaktkrater des Mondes. Wie von<br />
Zeitzeug*innen überliefert, stand für<br />
die Astronauten aber nicht nur Arbeit<br />
auf dem Programm, sie ließen es<br />
sich bei ihrem Ausflug nach Deutschland<br />
durchaus auch gut gehen und<br />
genossen das „German Weizenbeer“.<br />
Dieses ließen sie sich offenbar auch<br />
im Gasthof Sonne in Wemding<br />
schmecken. Eine Gedenktafel am<br />
Gebäude erinnert noch heute an die<br />
prominenten Besucher.<br />
Die Astronauten der Apollo 14<br />
und 17 Missionen 1970.<br />
50 Landkreis Donau-Ries<br />
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